No. 97
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 11. Dezember
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 1]

Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Schlagsdorf sub Nr. XIV belegene Käthnerstelle c. p. des Käthners Joachim Saß daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Mittwoch, den 16. Januar 1889,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 3. November 1888.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        


Von dem unterzeichneten Amtsgerichte wird hierdurch gemäß Art. 14 des Allgem. deutschen Handelsgesetzbuches zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die im Artikel 13 daselbst vorgeschriebenen Bekanntmachungen auch für die Dauer des Geschäftsjahres 1889 durch die Schönberger Anzeigen, die Eisenbahnzeitung und den deutschen Reichs= und Königlich preußischen Staats=Anzeiger erfolgen werden.

Schönberg, im Fürstenthum Ratzburg,
den 4. December 1888.
Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.        


Auctions=Anzeige.

Am Dienstag, den 18. d. Mts., Vormittags 10 Uhr, sollen auf der Röggeliner Ziegelei circa 70 Cubikmeter alte Stückmauersteine meistbietend gegen sofortige Baarzahlung verkauft werden.
Carlow, den 5. December 1888.

Struck. Landreiter.        


Holz=Auction Nr. 4.

Am Donnerstag, den 20. December cr. Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Wienck zu Sülsdorf nachstehende Holzsortimente aus dem

Schwanbecker Zuschlage

meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden.
    73 Stück geringe Eichen=Enden mit 23,83 Festmet.
    20 Stück eichen Wagendeichseln.
    25 Fuder starkes eichen Durchforstholz.
2 1/2 Fuder eichen Zweigholz.
      4 Stück Weißbuchen=Nutzholz=Enden mit 1,04 Festmet.
    62 Rmet. buchen Kluft.
  112 Rmt. buchen Knüppel.
    23 Fuder buchen Zweigholz.
    30 Fuder ellern Wadelholz I. und II. Cl.
Schönberg, den 9. December 1888.

                                                    Der Oberförster:
                                                    C. Hottelet.


Großherzogliches Hoftheater zu Schwerin.
Zweite Fremden=Abonnements=Vorstellung für die Abtheilung II.
am Dienstag, den 11. December:
Don Juan, Oper in 4 Akten von Mozart.
Anfang 6 Uhr.          Ende 9 1/2 Uhr. Schwerin, den 5. Dezember 1888.                          
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Am Sonntag, den 16. d. M.,
Abends 8 Uhr, wird in Boye'schen Saale eine
Gesangs=Aufführung

von Schülerinnen der beiden ersten Klassen unserer Mädchenschule unter gefälliger Mitwirkung des Männergesangvereins "Teutonia" und einiger Dilettanten stattfinden, wozu hierdurch freundlichst eingeladen wird.
Eintrittsgeld nach Belieben, und soll die Einnahme zu einer Weihnachtsbescheerung armer Kinder verwandt werden.
Schönberg, den 3. Dezember 1888.

J. Carlau. Organist.        


Mein Lager, bestehend aus vielen Neuheiten in Galanterie=, Glas=, Porzellan=, Kurz=, Weiß= und Wollwaaren, halte zur Weihnachtszeit den geehrten Bewohneren Schönbergs und Umgegend billigstens empfohlen.
Spielwaaren und Puppen in reichlicher neuer Auswahl.

C. Klempien, Schönberg, Siemzerstraße.


Zu einer Weihnachtsbescheerung für arme Kinder erbitten wir freundlichst Gaben aus der Gemeinde und ersuchen solche uns gütigst bis zum 20. des Monats zukommen zu lassen.

Kaempffer.                           Langbein.

Schönberg, den 2. December 1888.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 2]

Der Kalender für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1889 ist erschienen und an den bekannten Verskaufsstellen zum Preise von 25 Pf. pro Exemplar zu haben.


Weihnachts-Ausstellung.

Am Sonntag, den 9. ds. Mts. beginnt meine Ausstellung, versehen mit vielen hübschen, zu Festgeschenken passenden Sachen. Mache noch besonders aufmerksam auf eine große Auswahl von Damenwäsche und Schürzen aus guten Stoffen und von dauerhafter Arbeit.
Puppen von den billigsten bis zu den theuersten, angezogen und unangezogen.
Alles zu den billigsten Preisen, bei contanter Zahlung 10 % Rabatt.
Um recht zahlreichen Besuch bittet

                                                    Achtungsvoll
H. Bohnhoff's Ww.


Zur bevorstehenden Festbäckerei empfehle:
Englischen Syrup
in ganz vorzüglich schöner, süßer Waare,

feinstes Weizendampfmehl, Hefemehl, gereinigte Pottasche, Hirschhornsalz, Sucade, Pomeranzenschale, ganze und gemahlenen garantirt reine Gewürze.

A. Zander.        


I a Weizenmehl, Gerstgrütze, Sult. Pflaumen, amerk. Schnittäpfel, Vict. Erbsen, grüne und gelbe Brecherbsen, weiße Schmalzbohnen, Tannenbaumlichte und Bisquits, Wall- und Haselnüsse, engl. Kuchenssyrup, Succade, Orangeat, engl. Salz, Magdebg. Salzgurken, sowie sämmtliche Gewürze empfiehlt

W. Wieschendorf.        


Die Carlshütte=Rendsburg

giebt die Fabrikation von Feuerspritzen auf. Dieselbe hat noch einige

Spritzen

Nr. 2 (größte Nummer) stehen, die ich auf sofortige Bestellung statt 1200 M. für 800 M. abgebe.

Zeichnungen etc. zu Diensten.
Moritz Stein Ratzeburg.
Vertreter der Carlshütte=Rendsburg.


Violinen 6 Mk.

Violinbögen 2 Mk., Violinkästen 5,50 Mk., Notenpulte, Saiten und Musikalien für alle Instrumente. Volks= und Geschichtsbücher zu billigen Preisen.
Gebrauchte Instrumente: 1 Tuba mit 4 Veutilen in F, 1 Militärtrommel, 1 Flügelhorn.

Musikalien-Handlung von E. Putzger,
Lübeck, Beckergrube 27.


Empfehle und halte auf Lager gute Danziger
Futtererbsen
                                                    J. H. Freitag.


Weinblüthen-Duft
von Carl John &, Berlin N. u. Cöln a. Rh.
verbreitet beim Zerstäuben in Zimmern ein erfrischendes feines Aroma, und ist ein liebliches Parfüm für das Taschentuch.
à Flacon Mk. 1,00 und 1,50.
                                                    W. Heitmann. Buchbinder.


Das älteste und größte
Bettfedern-Lager
William Lübeck in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme (nicht unter 10 Pfd.) gute, neue

Bettfedern für 60 Pfg. das Pfund,
vorzüglich gute Sorte Mark 1,25
prima Halbdaunen nur Mk. 1,60, Mk. 2,
reiner Flaum nur Mk. 2,50 und Mk. 3.

Bei Abnahme von 50 Pfd. 5 pCt. Rabatt.
Umtausch gestattet.
Prima Inletstoff zu einem großen Bett (Decke, Unterbett, Kissen und Pfühl),
zusammen für nur 14 Mark.


Brillant-Aufbürstfarben.

Verblichene Kleider= und Möbelstoffe lassen sich durch einfaches Ueberbürsten auf das Schönste wiederherstellen. Vorräthig in Flaschen à 1/2 Liter 25 Pfennig bei

                                                    H. Brüchmann.


Habe einen großen Posten schöne                          
Ferkel und Pölkschweine
billig zu verkaufen.                                                    
                                                    C. Buchholz.


Cognac
der Export-Cie für
Deutschen Cognac Köln a. Rh.,
bei gleicher Güte bedeutend billiger
als französischer.
Ueberall in Flaschen vorräthig
Man verlange stets unsere Etiquettes.
Directer Verkauf nur mit Wiederverkäufern.


Zum Einsetzen künstlicher Zähne

und ganzer Gebisse unter Garantie, sowie auch zum Plombieren und fast schmerzlosem Zahnziehen mit Zahnfleischbetäubung empfiehlt sich ganz ergebenst

                                                    W. Maack,
                                                              Zahntechniker.

NB. Reparaturen werden prompt ausgeführt. D. O.


Epilepsie (Fallsucht) Krampf, Nervenleiden, heilt selbst in den veraltetsten Fällen. (Gewöhnlich in 3 Tagen.) Auch brieflich. Gestützt auf mehr als 20jährige Erfolge.

Ohne Rückfall bis heute.
                                                                              D. Mahler. Specialist,
Nymegen bei Aachen.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 3]

GROSSE
Weihnachts=Ausstellung
in Spielwaaren und Schmucksachen
bei                                                     H. Brüchmann.


Gr. Weihnachtsausstellung
bei Heinr. Pagels, Lübeck.
Das Neueste in practischen, hauswirtschaftl. Maschinen & Geräthen.
Viele reizende Neuheiten in Kunst- & Luxusgegenständen.


Als Weihnachts-Geschenke
empfehle eine große Auswahl in
Bibeln, Gesangbüchern Bilderbüchern, Bilderbögen, Geschichtsbüchern, Brochen, Armbändern, Cigarrentaschen, Visites, Portemonnaies, Colliers, Photogr.=Albums, Seifen, Toiletten=Gegenstände, Stickmuster, Gratulations=Karten, Oblaten, Puppen, Schreibwaaren, u. Kalender für 1889 sowie eine große Auswahl in Spielsachen u. s. w.
Hochachtungsvoll
Wilh. Heitmann, Buchbinder, Schönberg.


Grosse Weihnachts-
Ausstellung
bei Hugo Heincke.


Weihnachtsausstellung

welche ich am Sonntag, den 16. ds. Mts. eröffne, empfehle einem geehrten Publikum von Schönberg und Umgegend eine große Auswahl von selbstgearbeitetem

Confect,

sowie verschiedene Sorten Pfeffernüssen, Kuchen und sonstigem feinen Backwerk.
Um geneigten Zuspruch bittet

Hochachtungsvoll
                                                    L. Jähnig, Conditor.

NB. Frauen zum Hausieren schicke ich in Schönberg nicht und bitte daher das geehrte Publikum mich mit Ihren werthvollen Besuchen zu beehren.                           D. O.


Christbaum=Confect!
(delicat im Geschmack und reizende Neuheiten für den Weihnachtsbaum)
1 Kiste enthält cr. 440 Stück. versende gegen 3 Mark Nachnahme.
Wiederverkäufern sehr empfohlen.

                                                    Hugo Wiese, Dresden,
                                                    Kaulbachstr. 33 I.


Pra. Engl. Salz
Orangeat,
Succade,
Mandel,
Citronen.

sowie sämmtliche Gewürze empfehle in guter Waare

                                                    A. Wigger Nachf.


Haselnüsse
franz. Wallnüsse
empfiehlt                                                    
                                                    A. Wigger Nachf.


Grüne Brecherbsen
empfiehlt                                                    
                                                    A. Wigger Nachf.


Gut ausgesuchte Aepfel!!!

        Grand=Richard,
        Grafensteiner,
        Nonnen,
        Pigeon,
        Traubapfel,
        Winteräpfel u. s. w.

Tafelbirnen, Kochbirnen u. Backobst
zu den billigsten Preisen empfiehlt                          
                                                    J. Koopmann.


Zum bevorstehenden Feste empfehle

braune und weiße Kuchen, braune und weiße Pfeffernüsse, bunte Pfefferkuchen am Tannenbaum, Tannenbaum-Confect in allen Sorten, neuestem Muster und von feinem Geschmack, sowie Marzipan und Dessert.
Die Ausstellung ist eröffnet am Sonntag, den 9. dieses Monats.

                                                    H. Wolgast.
                                                    Bäckerei und Mehlhandlung.


!!! Als passende Weihnachts-Geschenke !!!

Chaiselongues von 36 Mark an,
Lehnstühle von 15 Mark an,
Herren-Divans von 40 Mark an
in großer Auswahl

W. Alberti, Polsterwaaren-Magazin,
Schwerin i/M. Salzstr. 12 Aa.
Nahe dem Theater.
Lieferung franco Bahnhof.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 4]

Zur reichhaltigen
Weihnachts-Ausstellung
ladet ergebenst ein                                                    Emil Hempel,
SCHÖNBERG.                                                              Buchbinder


Gebrüder Barg.
Kohlmarkt 5 Lübeck, Kohlmarkt 5
(ein Haus oberhalb Wilkens Gasthof) empfehlen ihr bedeutend vergrössertes und jetzt vollständig sortirtes Lager in
Tuchen, Buckskins, Paletotstoffen, herren- und Knabenanzügen und Kleiderstoffen
in der größten Auswahl und den neuesten Sachen, Neuheiten in
Besätzen, schwarze Caschmire's und Seidenzeugen,
nur erprobte gute Qualitäten.
Gardinen,
Leinen-Waaren, Bettzeuge, Bettfedern und Daunen,
Woll-& Holländische-Waaren
en-gros und en-detail.
Normal-Unterzeuge,
sowie grösste Auswahl in Winter-Jaquettes, Paletots, Regenmäntel,
für Damen und Kinder.


Stadt-Theater in Lübeck.
Sonntag, den 16. December 1888,
Nachmittags 3 1/2 Uhr:
Extra-Fremden-Vorstellung
Novität. Die sieben Schwaben. Novität.
Volks=Oper in 3 Acten von Millöcker.
(Componist des Bettelstudent etc.)
Preise der Plätze:
I. Rang=Balkon u. Loge Mk. 3,-. - Parquet Mk. 2,50. - II. Rang=Balkon Mk. 1,50. -II. Rang=Loge Mk. 1,25. - Nummer. Parterre Mk. 1,75. - Gallerie Mk. 0,50.

Für Billet=Bestellungen genügt: Stadt=Theater=Bureau, Lübeck (Telephon Nr. 248.)


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 97 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 11. December 1888.


Kaiser Wilhelm hat an den Kaiser Franz Joseph zu dessen 40jährigem Regierungsjubiläum ein in überaus herzlichen Worten abgefaßtes Glückwunschschreiben gerichtet, in welchem nicht nur den Gefühlen der persönlichen Freundschaft Ausdruck gegeben, sondern auch des unerschütterlichen Bundes, welcher die beiden Monarchen verknüpft, mit besonderer Wärme gedacht wird. Eine nicht minder warme Kundgebung ist von Seiten des Königs von Italien erfolgt. Auch der Zar und die übrigen Mitglieder der russischen Kaiserfamilie, die Königin Victoria von England und der Sultan der Türkei haben dem Kaiser Franz Joseph herzlich gehaltene Glückwunschschreiben geschickt.
Der deutsche Reichstag wird nicht nach der jetzigen Session aufgelöst werden. Die Annahme, daß die Regierung die Absicht habe, die Neuwahlen schon im Herbst 1888 stattfinden zu lassen, wird jetzt ganz entschieden für falsch erklärt. Es wird im Gegentheil officiös versichert, die Regierung denke garnicht daran, den Reichstag vor Ablauf seines Mandats aufzulösen, es sei denn, daß besondere Umstände dies nöthig machen sollten. Es soll vielmehr in der ausgesprochenen Absicht der Regierung liegen, die sozial=politischen Gesetze in dieser, beziehungsweise in der nächsten Session, welche im Februar 1890 ihr Ende findet, zum Abschluß bringen zu lassen. Es wird hinzugefügt, daß mit der Invaliditäts=Vorlage, mit den Umarbeitungen des Genossenschafts= und des Krankenenkassen=Gesetzes die Gruppe dieser Gesetzgebung vorläufig eine Erweiterung nicht erfahren werde. Die Weihnachtsferien des Reichstages sollen am 15. December beginnen.
Fürst Bismarck hat auf die Verleihung der theologischen Doktorwürde an den Dekan der theologischen Fakultät zu Gießen nachstehndes Schreiben gerichtet: "Friedrichsruh, den 22. Nov. 1888. Die mir seitens der Universität Gießen erwiesene hohe Gnade hat mich herzlich erfreut und bitte ich Ew. Hochwohlgeboren, den Ausdruck meines Dankes für diesen Beweis wohlwollender Anerkennung dem Herrn Rektor, dem Senat und insbesondere auch den Herren Mitgliedern der theologischen Fakultät übermitteln zu wollen. Eingedenk des Geistes, in welchem die Universität Gießen von dem Landgrafen Ludwig gegründet wurde, ist sie stets eine Vertreterin der Duldsamkeit auf theologischem Gebiete gewesen, und einem Eintreten für duldsames und praktisches Christenthum verdanke ich die mir zu theil gewordene Auszeichnung. Wer sich der eigenen Unzulänglichkeit bewußt ist, wird in dem Maße, in welchen Alter und Erfahrung seine Kenntniß der Menschen und Dinge erweitern, duldsam für die Meinung anderer, v. Bismarck."
Den ersten parlamentarischen Abend hat Graf. Bismarck, der Staatssekretär des Aeußeren, dem Beispiel seines Vaters folgend, gehalten. Er war sehr besucht und es ging lebhaft zu, aber der Alte fehlte doch.
Wiederum werden die deutschen Kapitalisten von den officiösen "Berliner politischen Nachrichten" aufgefordert, die bevorstehende russische Convertirung dazu zu benutzen, zu ihrem baaren Geld zu gelangen und von ihrem Besitz an russischen Werthen so viel wie möglich zu veräußern. Sie würden damit, sagt das officiöse Blatt, nicht nur im eigenen Interesse handeln, sondern auch eine patriotische Pflicht erfüllen, welche fordere, das kein Pfennig deutschen Geldes direkt oder indirekt zur Verfügung gestellt werde, da, wo es sich möglicherweise um Bestrebungen handeln könne, die trotz gegentheiliger Behauptungen eher von allen anderen Empfindungen als von aufrichtiger Neigung für den Frieden Europas beseelt seien.
Die "Berliner politischen Nachrichten", ein anerkannt offiziöses Blatt, sagen über die neue russische Anleihe. Sie sprechen sich auf das Entschiedenste gegen die Beseitigung des deutschen kapitalkräftigen Publikums an der neuen russischen Anleihe aus, da die Convertirung nur den Deckmantel für ganz andere weitreichende Ziele der russischen Politik bilde. Sie weisen auf die Verbrüderung der Panslavisten mit den französischen Patriotenbündlern hin und sagen: es werde mehr als ein Verbrechen, es werde schlimmer als ein Fehler sein, wollte deutsches Capital jetzt, da ihm die Möglichkeit geboten ist, aus den russischen Engagements mit blauem Auge davon zu kommen, durch eine Betheiligung bei der neuen Anleihe den panslavistisch=boulangistischen Zettelungen auf den grünen Zweig verhelfen.
"Spion! Spion!" ruft man in Frankreich, wenn ein Deutscher nur mit der Nasenspitze ins Land hineinguckt, und alle Zeitungen schlagen Lärm. Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in Berlin hat jetzt das deutsche Kerbholz aufgemacht, auf welchem 13 Offiziere stehen. Die allein vom 22. September bis 17. November d. J. ausgewiesen werden mußten. Sie waren angeblich sämmtlich nach Deutschland gekommen, um Sprachstudien zu machen.
Zur Scheidung Boulangers meldet der "Siécle", daß der General dieselbe beantragt habe, weil seine Frau sich geweigert hatte, zu ihm zu ziehen, daß aber jetzt, da die Frau seinem Verlangen nachgeben wolle, der General sich weigere, sie aufzunehmen, und daß sie ihn deshalb durch einen Gerichtsdiener auffordern lassen werde, sie in seinem Haus aufzunehmen.
Im österreichischen Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag die Generaldebatte über das Wehrgesetz begonnen. Dieselbe wird mehrere Tage in Anspruch nehmen, da nicht weniger als 57 Redner zum Wort gemeldet sind.
Der Kaiser von Rußland hat seinem Unterrichtsminister Deljanow aus Anlaß von dessen 50jährigem Dienstjubiläum die Grafenwürde verliehen. Der russische Botschafter in Berlin hat sich nach St. Petersburg begeben, man sagt, um dort über die Opposition zu berichten, auf welche die neue russische Anleihe in Berlin stößt.
Die "Köln. Ztg." bespricht die "militärischen Vorbereitungen" Rußlands und sieht in denselben zwar keine augenblickliche Bedrohung des Friedens, aber eine langsame Mobilmachung größten Stils. Die "Köln. Ztg." schöpft ungeschwächte Friedenszuversicht aus der Thatsache, daß die Staatskunst Bismarks ihre ganze Begabung für die Erhaltung des Friedens einsetzt und deshalb der Orientfrage gegenüber eine vornehme kühle Zurückhaltung beobachtet, ohne die Pflichten gegenüber dem österreichischen Bündniß zu verkennen.
Haben denn die Bulgaren Geld? Ihre Sobranje, d. h. Landesversammlung, hat den Friedensbestand des Heeres von 19 000 auf 28 000 Mann erhöht.
Die neuesten Nachrichten aus Sansibar besagen, daß die deutsche Korvette "Carola" bereits eine mit Sklaven gefüllte Dhau genommen habe. Der Aufstand an der Küste ist nach übereinstimmenden Meldungen aus London, Paris und Berlin im Wachsen begriffen, auch wird, da die Felder nicht haben bestellt werden können und vielfach die Vorräthe vernichtet worden sind, eine Hungersnoth befürchtet.
Ganz kolossale Bar=Ueberschüsse häufen sich in der Staatskasse der Vereinigten Staaten von Nordamerika auf, so daß man beinahe nicht mehr weiß, wohin mit dem Geld. 1887 waren 96 1/2 Mill. Dollar Ueberschuß vorhanden, dies Jahr wird das Plus voraussichtlich 127 Mill. betragen. Der Finanzminister rechnet aus, daß falls keine Zölle und Steuern aufgehoben werden, im Jahre 1900 schon die ganze Staatsschuld der Union von 1393 Mill. Dollars getilgt sein wird. Wenn die Staaten in der alten Welt doch auch so weit wären.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 6]

Schönberg. Der seit dem 1. Dezember d. Js. vermißte Arbeiter Jansen zu Dorf Selmsdorf hat sich in der Holzkoppel des Hauswirths Bruhn daselbst erhängt, woselbst er am Sonntag Vormittags aufgefunden ist. Nachmittags hat die gerichtliche Leichenschau stattgefunden. - Ueber den Verbleib des seit dem 19. v. Mts verschwundenen Schulzenaltentheilers Mett aus Palingen ist bisher nichts ermittelt und bleibt nur anzunehmen, das er in einem Anfalle von Geistesgestörtheit seinem Leben Selbst ein Ende gemacht hat.
- Schönberg. Die Direktion des Stadttheater in Lübeck veranstaltet am nächsten Sonntag, den 16. d. Mts., eine Extra=Vorstellung für auswärtige Theaterbesucher und zwar wird die neue Volksoper von Millöcker, dem populären Componisten des Bettelstudent, "Die sieben Schwaben" zur Aufführung gebracht, welche nach den uns vorliegenden Kritiken der Lübecker Zeitungen daselbst ganz vorzüglich dargestellt werden. So schreibt u. A. die "Lübecker Zeitung" am 1. December: "Die mit größter Sorgfalt seitens des Capellmeister Dr. Prelinger verarbeitete Vorstellung, der Herr Oberregisseur Valdek sein glänzendes Talent für geschmackvolle Inscenirung geliehen, verlief unter Betheiligung der meisten verfügbaren Opern und Schauspielkräfte in der besten und anregendsten Weise, so daß das Publikum in die heiterste Stimmung darob versetzt wurde. Durchschlagend erwies sich der Rundgesang mit dem zierlichen Refrain "Wart a Bisseln, halt a Bisseln"; wahren Jubel unter den Hörern aber erweckte der Vortrag des Couplets mit dem Refrain "um halber Neune." Die sieben Schwaben, die löblichen Stadtknechte von "Stuckert" boten der Menge in ihrer drollig furchtsamen Haltung wiederholten Anlaß zu stürmischen Heiterkeitsausbrüchen, insonderheit durch ihre famose Heldenthat am Schlusse, wo sie dem Feinde selbst den Eingang zur Stadt öffnen. Chor und Orchester walteten frisch und fröhlich ihres Amtes." Wir machen unsere Leser deshalb auf diese Vorstellung ganz besonders aufmerksam und bemerken, daß dieselbe 3 1/2 Uhr Nachmittags beginnt und gegen 1/2 7 Uhr beendet ist, so daß also die Rückkehr von Lübeck sehr bequem zu erreichen ist. Wer einen genußreichen Abend erleben will, dem können wir den Ausflug nach Lübeck zu den sieben Schwaben bestens empfehlen.
Wie man aus Hamburg vom Mittwoch schreibt hatte der Raubmörder Dauth wieder ein langes Verhör zu bestehen. Vorher waren die Frau, Schwester und Schwägerin des Ermordeten vernommen und hatten die demselben geraubten Gegenstände als sein Eigenthum erkannt. Das Taschenbuch des Hülseberg mit den darin befindlichen Schriften will der Verbrecher mit den übrigen fehlenden Gegenständen in die Elbe geworfen haben. Er beharrt dabei keinen Genossen bei der That gehabt zu haben. Seinem eigenen Geständnisse zufolge hat kein Kampf zwischen Hülseberg und ihm stattgefunden. Dauth ist an keiner Stelle seines Körpers verletzt. Schon durch den ersten Hieb, den Dauty seinem Opfer hinterrücks versetzt hat, ist Hülseberg nach der Angabe des Mörders vollständig besinnungslos geworden.
- Die Belohnung von 10 000 Mk. welche die Deutsche Bank in Sachen des großen Postdiebstahls ausgesetzt hatte, sind nunmehr zur Vertheilung gekommen; 5000 Mk. sind auf Hamburg und 5000 auf Berlin entfallen.
Die Verwaltung der in Hamburg ins Leben getretenen Schifffahrtslinie Hamburg=Calkutta hat beschlossen, die Schiffe auf deutschen Werften bauen zu lassen.
- Das Berliner Schloß nimmt sich jetzt abends ungemein imposant aus. Man war gewohnt, den gewaltigen Bau sonst im tiefen Dunkel daliegen zu sehen. Jetzt leuchtet die Front des ersten Stockwerkes weit in die Nacht hinaus. An den Kronen sämmtlicher Säle erstrahlen Glühlichter in fruchtartigen Glocken, und einen effektvollen Gegensatz bildet das Portal zunächst der Kurfürstenbrücke, welches mit bläulichem Bogenlicht erleuchtet ist, in dem die neuen Marmortreppen schneeweiß glänzen.
- Am 9. Dezember feiert der bekannte Oberhofprediger und Generalsuperintendent Dr. Kögel in Berlin sein 25jähriges Jubiläum als Hof= und Domprediger. Er ist 1826 geboren.
- In manche Strecken der Oceane könnte man die höchsten Berge hineinstellen, sie würden nicht herausgucken, denn es giebt Stellen von zwei deutschen Meilen Tiefe. Das englische Kriegsschiff "Egeria" hat diese Messungen gemacht.
- Eine ganze Schachtel voll schöner rother, grüner und gelber Nürnberger Häuser für den Weihnachtstisch kostet nicht so viel, als ein Berliner Haus, noch dazu unter den Linden. Da ist das bekannte alte "Hotel du Nord" ohne alle Einrichtung von der Diskonto=Gesellschaft, welche ihre Dividenden nach Scheffeln mißt, für mehrere Millionen gekauft worden. Der verkaufte Gastwirth ging nur einen Schritt weit und kaufte das "Hotel Meinhardt" für 1 700 000 Mark.
- Nach einer Zusammenstellung über den Betrieb von elektrischer Beleuchtung im zweiten Vierteljahr 1888 waren im Gebrauch in Berlin 23 363 in München 7936, in Hamburg 6560, in Wien 5850 Glühlampen.
- Ein hübsches Geschichtchen, wie der Divisionspfarrer Harnisch in Potsdam seiner Zeit zu seiner Stelle gekommen ist, erzählt die Zeitschrift "Der Bär". Der General Renzel, der die Stelle zu vergeben hatte, liebte allerhand spaßige Reden, und wie Harnisch sich bei ihm zu derselben meldete, sagte er: "Die Stelle kann er nicht kriegen, mein lieber Küraß, die ist schon so gut wie vergeben." "Na," replizirte der Kandidat Harnisch, "dann thut es nichts, General Tornister, dann muß ich mich anderweitig umsehen." "Er ist ja ein Schwerenothskerl," sagte Renzel, "so einen brauche ich aber bei meinen Soldaten, der das Maul auf dem rechten Fleck hat. Er soll die Stelle haben ". So wurde Harnisch Divisionsprediger und General Renzel hat es nie zu bereuen gehabt, ihn dazu gemacht zu haben.
- Eine schauerliche Geschichte hat sich dieser Tage in der Eckernförder Bucht abgespielt; dort wurden der Händler Joachims und der Fischer Mohl von einem orkanartigen Sturm überrascht. Der Sicherheit halber warfen sie den Anker aus; allein das Tau riß den Jochims aus dem Boot und zog ihn in die Fluthen hinab. Verzweiflungsvoll griff der Versinkende nach der ausgestreckten Hand seines Begleiters; in Todesangst erfaßte er sie und hielt sie mit eisernem Griff fast eine volle Stunde krampfhaft fest, nachdem der Tod längst eingetreten war. Nach einer qualvollen Stunde wurde dem Ueberlebenden endlich Hilfe zu Theil; er wurde von dem Griff des Todten befreit, allein sein Zustand ist ein sehr bedenklicher.
- Eine sehr zweckmäßige Polizeiverordnung ist in der Stadt Peitz in der Lausitz in Kraft getreten. Nach derselben ist bei Strafe das Aussuchen und Betasten der Waare in den Bäckerläden verboten und darf die Zutheilung nur seitens der Verkäufer geschehen. Die Veranlassung hierzu ist von den Bäckern selbst ausgegangen.
- In Schwelm wurde bei einer unerwartet vorgenommenen Untersuchung der "Bierdruckapparate" eine solche Ungehörigkeit entdeckt, daß gegen 31 Gastwirthe Strafantrag gestellt werden mußte. Bei 2 Wirthen befand sich in dem Windkessel eine fußhohe Flüssigkeit, welche einen unerträglichen Geruch verbreitete. Auch die Oelfänger waren Stellenweise überfüllt, bis zu zwei Tassen voll, und an vielen Stellen war das Luftzufuhrrohr, welches von außen her die frische Luft zuführen soll, gar nicht angebracht oder innerhalb des Kellers aufgeschlitzt.
- In Elberfeld wurden dem Restaurateur des dortigen Steinbecker Bahnhofes 19 000 Mark gestohlen.
- Die überseeische Auswanderung über deutsche Häfen, über Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam aus Deutschland hat im Monat Oktober ds. Js. 9751 und in der Zeit von Anfang Januar bis Ende Oktober 89 685 Köpfe betragen. Im gleichen Zeitraum der Vorjahre sind ausgewandert: 1887: 9792 bezw. 90 556 ; 1886: 9107 bezw. 70 841 und 1885: 8999 bezw. 100 031 Personen.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 7]

- Die in Fürth an ihrem Hochzeitstage von ihrem Manne erschossene junge Bäckersfrau ist, wie nunmehr feststeht, das Opfer sträflichen Leichtsinns geworden. Der Mann hatte mit einem Revolver der zum "Anschießen" der Hochzeit gedient hatte, gespielt, ohne zu wissen oder vielleicht auch nur zu verstehen, daß derselbe geladen war. Die Kugel war der Frau durch den Mund gegangen.
- In der Donnerstagnacht entstand in dem Weinkeller des Weinhändler Baum in Kreuznach durch den überheizten Kellerofen ein großes Schadenfeuer, wobei über 50 Fässer Wein zu Grunde gingen.
- In Basel wurde eine Dame aus Berlin verhaftet, die eine Obligation der ungarischen Goldrente wechseln wollte. Bei näherer Untersuchung fand man in ihrem Koffer 78 000 Frcs. in Werthpapieren, die aus einem in Nizza vollführten Diebstahl in der Höhe von 90 000 Frcs. herrühren.
- Kaiser Franz Joseph empfing ein in den herzlichsten Ausdrücken abgefaßtes Handschreiben und ein Geschenk des Papstes, nämlich ein herzliches Mosaik=Madonnenbild im Werthe von ca. 30 000 Franks.
- Die mitteleuropäische Sommerfahrplan=Conferenz ist auf den 16. Januar nach Wien einberufen.
- In London ist ein polnischer Jude verhaftet worden, den die Polizei im Verdacht hat, der Frauenmörder zu sein.
- Ein vulkanischer Ausbruch auf der Insel Vuclano (Liparen) steht in Verbindung mit einer unterseeischen Eruption ein Kilometer ostwärts von der Insel, wo unter starker aufschäumender Bewegung der See Steine und Bimstein emporgeschleudert werden.
Das "Berl. Tgbl.," das einen Wandkalender für seine Abonnenten empfiehlt, läßt der Druckfehlerkobold zum Schlusse folgenden Wunsch aussprechen: "Mögen unsere verehrten Leser auf dem Kalender des kommenden Jahres nur "rohe" Tage zu verzeichnen haben!"


Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 97 Seite 8]

Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.


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