[ => Original lesen: 1888 Nr. 93 Seite 1] Die hohen Ehrenbezeugungen, welche dem russischen Thronfolger bei seiner Anwesenheit in Berlin von Seiten des Kaisers erwiesen worden sind, namentlich auch die Theilnahme des Kaisers an der Abendtafel in der russischen Botschaft, ehe der Thronfolger noch hatte Zeit finden können, dem Kaiser und der Kaiserin einen Besuch im Schloß zu machen, werden in Berlin vielfach besprochen und haben in politischen Kreisen großes Aufsehen erregt. Auch die Begleitung des Wagens durch eine Kavallerie=Eskorte bei den Ausfahrten des Thronfolgers ist ungewöhnlich. Es Scheint jedoch, als ob Kaiser Wilhelm II. überhaupt etwas mehr Pracht entfalten wolle als seine Vorgänger. Auch bei der Eröffnung des Reichstages war mehr höfisches Gepränge zu sehen als unter Kaiser Wilhelm I. Der früher nicht übliche Aufmarsch der Schloßgardekompagnie unter Führung mehrerer Offiziere war von der letzten Eröffnung beibehalten worden. Strammen Schrittes marschirte diese, nachdem die Mitglieder des Reichstages dem Thron gegenüber Platz genommen hatten, in den Saal, nahm an der Schmalseite Stellung und die Kommandoworte: "Halt! Front! Richt Euch!" tönten laut durch den Saal. Dann erst betrat der Kaiser unter Vorantritt der Pagen und des gesammten Hofdienstes langsamen Schrittes den großen Saal.
Am 22. November hat der Kaiser den deutschen Reichstag in Person eröffnet. In der Thronrede gedenkt der Kaiser seiner Reisen im Reich, welche ihm die Ueberzeugung gewährten, daß die Reichseinheit tiefe Wurzeln im gesamten Volke geschlagen habe; er erwähnt die Zollauschlüsse von Hamburg und Bremen, sowie die Schweizerische Handels Uebereinkunft, spricht sich sehr befriedigend über die Finanzlage des Reiches aus und begrüßt freudig den wirthschaftlichen Aufschwung. Sei auch der Druck, welcher auf Land und Wirthschaft lastet noch nicht ganz gehoben, so lasse doch die Möglichkeit höherer Verwertung der landwirthschaftlichen Erzeugnisse Besserung erhoffen. Die Rede kündigt Gesetzentwürfe über Genossenschaften und Aenderung der Krankenversicherung, sowie Alters= und Invalidenversicherung an. An das Abkommen Deutschlands und Englands wegen Ostafrika werden sich weitere Verhandlungen mit andern Regierungen und Vorlagen für den Reichstag knüpfen. Die Beziehungen zu allen Regierungen seien friedlich und der Kaiser unausgesetzt für Befestigung des Friedens bestrebt. Mit dem christlichem Glauben und den Pflichten des Kaisers wäre es nicht verträglich, die Leiden selbst eines siegreichen Krieges ohne Noth über Deutschland zu verhängen. Die Besuche bei befreundeten Monarchen bezweckten Verständigung zur Sicherung des Friedens. Das ihm allseitig bezeugte Vertrauen berechtige zur Hoffnung, daß es gelingen werde, den Frieden zu erhalten.
Die Thronrede des Kaisers Wilhelm ist in der Hauptsache eine Friedensbotschaft. Der junge Kaiser, dem so viele kriegerische Neigungen nachgesagt waren, um die Welt zu erschrecken, sagt aller Welt wiederum, daß er alles thun werde und auch die Reisen zu dem Zweck gemacht habe, um dieses Vorurtheil zu zerstreuen und den Frieden zu befestigen. "Meine Bestrebungen, sagt er wörtlich, sind es, den Frieden zu befestigen. Unser Bündniß mit Oesterreich und Italien hat keinen andern Zweck. Die Leiden eines Krieges, und selbst eines siegreichen, ohne Noth über Deutschland zu verhängen, würde ich mit meinem christlichen Glauben und den Pflichten, die ich als Kaiser gegen das deutsche Volk übernommen habe, nicht verträglich finden. Es wird mir und meinen Freunden mit Gottes Hülfe gelingen, Europa den Frieden zu erhalten." Diese Erklärungen machten sofort einen großen Eindruck und können schwerlich ihre Wirkung selbst bei den bösen Nachbar ganz verfehlen. Die Thronrede hat im Deutschen Reich und bei den befreundeten Staaten einen vortrefflichen Eindruck gemacht.
Am Freitag fand im Reichstage die Präsidentenwahl statt. Zum ersten Präsidenten wurde Abg. von Lewetzow mit 271 gegen 10 Stimmen gewählt (1 Zettel für Eugen Richter, 9 unbeschrieben), zum ersten Vizepräsidenten Abg. Dr. Buhl (natlib.) mit 169 gegen 90 Stimmen (87 Zettel sind unbeschrieben, je 1 für Bebel, Eugen Richter, Frhr. von Franckenstein), zum zweien Vizepräsidenten Frhr. von Unruhe=Bomst (freikons.) mit 53 gegen 91 Stimmen. Alle drei Herren nehmen die Wahl dankend an Lewetzow erklärt bei Annahme, daß er in seiner Wahl den Ausdruck alten und neuen Vertrauens erblickt. Zwar vergesse sich nichts so leicht, als die Geschäftsordnung des Reichstages, dessen Präsident habe aber die Aufgabe, weder nach links, noch nach rechts, sondern stets geradeaus zu sehen, (Bravo und Heiterkeit im Centrum) und die Arbeiten zu fördern, jedem Mitgliede des Hauses werde er die gleiche, unparteiische Gesinnung entgegenbringen. Hierzu erbitte er die Geduld, Nachsicht und Unterstützung des Hauses. (Bravo.) - Die Wahl der Schriftführer erfolgt per Akklamation. Damit ist das Bureau konstituiert und wird dem Kaiser hiervon Mittheilung gemacht werden. Das Andenken der verstorbenen Mitglieder des Hauses ehrt der Reichstag durch Erheben von den Plätzen. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr. Erste Etatsberathung.
Der neue Etat, welcher dem Reichstage bereits zugegangen ist, schließt in Einnahme und Ausgabe mit 949 103 987 Mark ab; von den Ausgaben sind 806 425 490 Mk. dauernde, 58 554 615 Mk. einmalige, 84 123 882 Mk. außerordentliche. - Beigefügt ist eine Denkschrift über die Schiffsbauten. In derselben wird ausgeführt, daß die deutsche Marine in ihrem jetzigen Stand nicht den Anforderungen entspricht, welche an sie gestellt werden müssen. Deutschland besitzt kein wirklich ganz zeitgemäßes Schlachtschiff, und wenn auch nicht an den Bau von Riesenschiffen, wie sie Italien herstellt, gedacht werden soll, so sind doch eine Reihe von neuen Panzerfahr=
[ => Original lesen: 1888 Nr. 93 Seite 2]zeugen erforderlich. Es sollen deshalb, außer den bereits im Bau begriffenen Schiffen, neu hergestellt werden 4 Panzerschiffe neuester Konstruktion, 9 Panzerfahrzeuge für die Küstenvertheidigung, 7 Kreuzerkorvetten (geschützte Kreuzer), 4 ungeschützte Kreuzer, 2 Avisos, 2 Torpedodivisionsboote. Diese 28 Schiffe werden im ganzen 116 800 000 Mark kosten und sollen bis 1895 vollendet sein. In der Thronrede ist diese Frage nicht berührt; man darf also daraus, daß auch die Frage der Vermehrung der Artillerie nicht erwähnt ist, nicht schließen, daß daran nicht gedacht wird. Die betreffende Vorlage ist nur noch nicht abgeschlossen.
Zur Ausarbeitung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches und der mit demselben in Verbindung stehenden gesetzgeberischen Arbeiten werden im Etat der Reichsjustizverwaltung für 1889-90 120,000 Mark gegen 225,000 Mark im laufenden Jahre gefordert.
Die Deutsch=Conservativen haben im Reichstag den Antrag betr. den Befähigungsnachweis der Handwerker wieder eingebracht. Von irgend welchem praktischen Resultat dürfte das Vorgehen kaum begleitet sein.
Kaiser Wilhelm legt der feierlichen Vereidigung der Soldaten große Bedeutung bei. Um das kund zu geben, hat er in Potsdam der Vereidigung der Rekruten des ersten Garderegiments zu Fuß und des Gardejäger=Bataillons und dem vorhergehenden Gottesdienst persönlich und mit allen dienstfreien Offizieren sowohl in der Garnisonkirche wie in der katholischen Kirche beigewohnt, was auf die Rekruten einen großen Eindruck gemacht hat. Ebenso hat der Kaiser am Dienstag der Vereidigung der Spandauer Garnison beigewohnt. In seiner Umgebung befanden sich Prinz Heinrich, Graf Blumenthal, General v. Pape und alle fremdländischen Militärbevollmächtigten. Am Dienstag ist der kaiserliche Hof für die Wintermonate von Potsdam in das Schloß nach Berlin übergesiedelt.
Nicht ein nachträgliches Dankschreiben des Kaisers für die Adresse und das Brunnengeschenk ist den städtischen Behörden von Berlin zugegangen, sondern eine an den Kultusminister v. Goßler gerichtete Kabinettsordre, in welcher unter dem Ausdruck der Befriedigung des Kaisers die Genehmigung zur Aufstellung des Brunnens ertheilt wird. Damit ist die Sache wohl erledigt, nur die Moral aus der Geschichte wird nachwirken.
Zwischen Lübeck und Preußen haben seit längerer Zeit Verhandlungen über den Bau eines Elbe=Trave=Kanals geschwebt. Jetzt ist der betreffende Vertragsentwurf im preußischen Finanzministerium unterzeichnet worden.
Mit der Kaiserin Friedrich beging auch an demselben Tage die Königin Margherita von Italien ihr Geburtsfest. König Humbert sandte der Kaiserin aus Monza ein Veilchen=Bouquet mit einem Handschreiben, worin er der Wittwe seines "besten Freundes" herzlich gratulierte.
Der Wehrausschuß in Oesterreich erledigte das neue Wehrgesetz und nahm dasselbe unverändert an.
Die außerordentlich zuvorkommende Aufnahme, welche dem Großfürst Thronfolge in Berlin zu Theil geworden ist, hat in Petersburg einen besonders guten Eindruck gemacht. Speciell wird der Umstand, daß der Generalstabschef Graf Waldersee zum Thronfolger commandirt wurde, anerkennend aufgefaßt. Die "Nowoje Wremja" äußert sich ungemein befriedigend und nennt die Aufnahme des Thronfolgers in Berlin eine Demonstration, entsprungen aus der Absicht Kaiser Wilhelms, nochmals zu beweisen, wie hoch er die Freundschaft Rußlands schätze. Das sei auch ein Beweis, daß der deutsche Kaiser selbst vollkommen frei sei von jedem Gefühle der Erbitterung gegen Rußland.
Die russische Anleihe ist endlich zur Thatsache geworden. Der Czar hat den betr. Ukas am 21. d. M. unterzeichnet. Betrag 500 Millionen, vierprozentig in Gold, tilgbar binnen 81 Jahren. Das Konsortium übernimmt die Anleihe fest zu 83 1/2 %. Vom Uebernahmepreis sind die ersten 15 % am 1. Dezember zahlbar.
Der russische Kriegsminister Wannowsky hat auf Befehl des Zaren ein ernstes Wort mit den in der russischen Armee dienenden bulgarischen Offizieren gesprochen. Es sind ihrer 60 und diesen hat der Kriegsminister kund gethan, daß sie von Neujahr 1889 an entweder ganz in russische Dienste treten oder ihre gegenwärtigen Stellungen aufgeben müßten. Es wird behauptet, daß von den 60 Bulgaren bereits 35 in Sofia beim Prinzen Ferdinand um ihre Wiederaufnahme in die bulgarische Armee nachgesucht hätten, und Prinz Ferdinand solle nicht abgeneigt sein, diesem Wunsch nachzukommen, sofern die betreffenden nicht zum Tod oder zu lebenslänglichem Gefängniß in Bulgarien verurtheilt seien.
Wird der zweite Dezember Napoleonischen Andenkens in Paris noch einmal eine Rolle spielen? Beide feindliche Parteien, die Regierung, welche die Republik halten will, und die Boulangisten und Monarchisten, die sie stürzen wollen, drohen verblümt mit Staatsstreichen, Verhaftungen und anderen schönen Dingen mehr. Das Publikum ist aber mehr neugierig als ängstlich und glaubt den Zeitungen nicht, wie es auch Boulanger auslacht, der bereits erklärt, es thue ihm leid, daß das Komplott Floquets verrathen worden sei, der sogar schon die Gefängnißzellen für die Verbrecher bestellt haben soll!
Kardinal Lavigerie ist in Rom eingetroffen und der Papst wird, wie von dort verlautet, sobald er mit demselben verhandelt haben wird, seine Encyklika über die Sklavenfrage veröffentlichen.
Die Londoner "Pall Mall Gazette", die sich mit Vorliebe sensationeller Enthüllungen befleißigt, stellt ihren Lesern eine neue Ueberraschung in Aussicht. Sie will den Schleier von der systematischen Bestechlichkeit ziehen, die sich in alle Zweige der englischen Lieferungsverwaltungen eingefressen hat. Das Poh=de=Vin=System, welches in der dritte Republik eine so große Rolle spielt, wäre demnach auch in England nicht unbekannt; es heißt dort tipping. Das genannte Blatt will wissen, daß dieses System in England derartig durchgeführt sei, daß kein ehrlicher Mann, der nicht besticht, keine Lieferung erhalten könne. Eine wohlbekannte Firma, die mit öffentlichen Körperschaften in Geschäftsverbindung steht, soll das ganze Land mit einem Bestechungsnetz übersponnen haben, keine Stadt gäbe es, in welcher nicht irgend ein Beamter von ihr bestochen sei und zwar so offen, daß von einem Geheimniß nicht mehr die Rede sein könne.
Die Blockade=Flotte an der ostafrikanischen Küste wird nach einer Zusammenstellung der Daily=News folgende Schiffe zählen: 7 englische Schiffe mit 54 Kanonen und 1541 Mann, 7 deutsche mit 72 Kanonen und 1602 Mann, 2 italienische, von denen jedoch bis jetzt nur der "Dogali" mit 6 Kanonen und 200 Mann bekannt ist, 6 portugisische mit 48 Kanonen und 886 Mann. Außerdem wird ein französisches Kriegsschiff die unter französischer Flagge fahrenden Schiffe überwachen. Das einzige Panzerschiff in der Flotte ist der englische "Agamemnon". Dem britischen Admiral stehen noch 7 weitere Schiffe zur Verfügung, allein dieselben haben besondere Dienste zu leisten. Die hauptsächlich zu bewachende Küste erstreckt sich von der Mündung des Flusses Rovuma bis Kipine, allein es heißt, daß die Küste vom Sambesi bis zu einem Punkt gegenüber Aden, also in einer Länge von 4500 Km. bewacht werden soll. Dazu gehören natürlich viel mehr Schiffe als für die Blokade bestimmt sind, zumal die portugisischen sich auf die Verhinderung des Sklaventransportes auf Schiffen unter portugisischer Flagge beschränken sollen.
Das Gehalt des Gouverneurs von Kamerun soll von 9000 Mark auf 12 000 Mark erhöht werden. - Zur Förderung der auf die Erschließung Central=Afrikas gerichteten wissenschaftlichen Bestrebungen werden auch für nächstes Jahr 150 000 Mark gefordert.
- Schönberg. Jetzt zur Zeit der kürzlich erfolgten Einberufung der Rekruten kommen viele Eltern und sonstige Angehörigen in die Lage, zum erstenmale Briefe und Packete an das Militär zu senden; es erscheint daher angebracht, an die Postvergünstigungen zu erinnern, die unser Militär ge=
[ => Original lesen: 1888 Nr. 93 Seite 3]nießt und diese sind folgende: Ein Brief an einen Soldaten bis zu einem Gewicht bis zu 60 Gramm portofrei, wenn man denselben mit der Bezeichnung "Soldatenbrief. Eigene Angelegenheit des Empfängers", versieht. Das Gewicht eines Packetes kann bis zu 3 Kilogramm, gleich 6 Pfund schwer sein und muß ebenfalls mit dem Vermerk versehen sein: "Soldatenbrief. Eigene Angelegenheit des Empfängers". Das Porto beträgt dann ohne Unterschied der Entfernung 20 Pfg. Schwerere Packete unterliegen den tarifmäßige Portosätzen.
- Schönberg. In Palingen wird seit dem 16. d. M. Morgens der Schulzen=Altentheiler Mette vermißt. Derselbe hat sich am genannten Tage im gewöhnlichen Anzuge aus seiner Wohnung heimlich entfernt und ist seitdem nicht wieder zurückgekehrt. Alles Nachsuchen und Nachforschen von Seiten seiner Angehörigen ist bis jetzt ohne Erfolg geblieben, so daß man vermuthet, er werde sich ein Leid angethan haben.
- Bazaines Wittwe verwahrt sich in den Madrider Zeitungen dagegen, daß sie ihren Mann im Elend verlassen habe, sie sei nur ihrer Kinder wegen nach Mexiko gereist, um diesen eine Erbschaft zu sichern.
- In London ist am Mittwoch Vormittag in einem Zimmer von Georgestreet ein Mordversuch an einer Frau gemacht worden. Die Frau, welche in den Hals geschnitten ist, befindet sich noch am Leben, so gelingt es vielleicht diesmal den Thäter, der zweifelsohne auch die anderen Greuelthaten verübt hat, zu ermitteln.
- Auf der Station Wileika bei der Kreuzung der Bahnen Warschau=Petersburg und Libau=Romny fand ein Zusammenstoß eines Güterzuges mit einem Personenzuge statt. Beide Lokomotiven und Tender gingen total in Trümmer eine größere Anzahl Wagen wurden arg beschädigt, viele Passagiere und Beamte schwer verletzt, von letzteren einige lebensgefährlich. Der Schaden der Bahnverwaltung ist sehr bedeutend.
- In der neuesten Operette in Wien: "Der Liebeshof" welche die Häuser füllt, singt die Gräfin von ihrem Gemahl: "Du bist mir zu poetisch, Du liebst mich zu theoretisch". Und der Journalist singt:
"Ein Tröpfchen Geist, ein Tröpfchen Witz,
Und e' Feder keck und spitz,
E' warmes Herz und e' leichtes Blut,
E' Körnchen Trotz und Uebermuth.
Anzeigen.
In das hiesige Handelsregister Fol. XXI Nr. 34, betreffend die Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt zu Schönberg, ist heute Col. 6 eingetragen:
"Das statutenmäßig ausscheidende erste Mitglied des Directorii der Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt hieselbst, Kaufmann C. J. W. Burmeister zu Schönberg, ist in der am 6. November 1888 abgehaltenen ordentlichen Generalversammlung der Actionäre dieser Anstalt als Mitglied des Directorii wiedergewählt worden und als solches durch die ad [35] act. anliegende notarielle Urkunde d. d. Schönberg den 6. November 1888, welche auch die Erklärung der Annahme der Wahl und Zeichnung des Namens seitens des etc. Burmeister enthält, legitimirt."
Schönberg, den 20. November 1888.
Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
A. Dufft.
Das an Stelle des verstorbenen Halbhufner Heinrich Clasen zu Schlagbrügge der Schulze Jochen Heinrich Ollmann zu Schlagsdorf zum Districtstaxanten für die Vogtei Schlagsdorf ernannt und als solcher am 21. November 1888 beeidigt worden ist, wird den Eingesessenen der Vogtei Schlagsdorf hierdurch bekannt gemacht.
Schönberg, den 22. November 1888.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Antragsmäßig soll über die zu Schlagsdorf sub Nr. XIV belegene Käthnerstelle c. p. des Käthners Joachim Saß daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Mittwoch, den 16. Januar 1889,
Vormittags 10 Uhr,
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 3. November 1888.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Die Stelle eines Registrators ist provisorisch besetzt.
Neubrandenburg, den 21. November 1888.
Der Vorstand der Berufsgenossenschaft für die Unfallversicherung der land= und forstwirthschaftlichen Arbeiter in Mecklenburg=Strelitz.
Hagelschaden=Versicherungs=Verein für Mecklenburg=Schwerin und Strelitz zu Grevesmühlen.
In diesem Jahre sind versichert 2 126 935 Centner Getreide, nach den Preisen vom 15. August und 15. October d. J. zum Werthe von 17 299 610 M. 80 . - Nach Vorschrift des § 35 der Statuten beträgt die beitragspflichtige Summe 13 054 064 M. 75 . - Für die in diesem Jahre stattgefundenen 26 Hagelschäden sind mit Einschluß der Tax= und Administrations=Kosten, abzüglich des Kassenbestandes aufzubringen 69 149 M. und ist hiernach in heutiger Directorial=Versammlung der diesjährige Beitrag auf 56 . pro 100 M. von der beitragspflichtigen Summe festgesetzt. - Nach der Versicherungssumme stellt sich der diesjährige Beitrag auf 40 . und nach den verschiedenen Gefahr=Klassen zwischen 30 4/5 und 56 . pro 100 M. - Nach Vorschrift der Statuten wird solches mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß jedem Mitgliede über die Höhe des zahlenden Beitrags eine besondere Abrechnung zugehen wird.
Grevesmühlen, den 17. November 1888.
Die Direction.
Bekanntmachung.
Wegen mehrfach betriebenen Unfugs auf meinem Acker verbiete ich hiermit das Betreten meines über meinen Acker führenden Feldweges und des über meine Koppel an der Torriesdorfer Grenze in unbefugter Weise eingeführten Schleichsteiges, sowie überhaupt alles Betreten meines Ackers bei Strafe gerichtlicher Ahndung.
Gr. Siemz, den 19. November 1888.
A. Bohnhoff, Hauswirth.
Christbaum=Confect!
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1 Kiste enthält cr. 440 Stück. versende gegen 3 Mark Nachnahme.
Wiederverkäufern sehr empfohlen.
Hugo Wiese, Dresden, Kaulbachstr. 33 I.
[ => Original lesen: 1888 Nr. 93 Seite 4]Der Kalender für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1889 ist erschienen und an den bekannten Verskaufsstellen zum Preise von 25 Pf. pro Exemplar zu haben.
Tivoli-Theater in Lübeck.
Direction Friedrich Erdmann.
Freitag den 30. November 1888
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Theater-Bureau. Lübeck.
Ich bin jeden Donnerstag von 3 Uhr nachmittags an in Carlow, im Gasthause des Herrn Krellenberg, zu sprechen.
Schönberg, den 26. November 1888.
Schrakamp,
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Dr. med. Fr. Dethloff,
pract. Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer,
Schönberg.
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Als Gewinn=Nr. wurden gezogen Nr. 185 das 1., Nr. 119 das 2. und Nr. 220 das 3. Makart=Bouquet. Selbige sind gegen Zurückgabe des Looses bei mir in Empfang zu nehmen.
Schönberg, den 25. November 1888.
Paul Präve. Kunst= u. Handelsgärtner.
Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt eine Empfehlung mehrerer Hamburger Firmen bei.
Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospect des bekannten
Bankhauses Philipp Fürst
in Hamburg bei, worauf wir unsere verehrlichen Leser noch besonders aufmerksam machen.
Hierzu eine Beilage
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1888 Nr. 93 Seite 5]Beilage
zu Nr. 93 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 27. November 1888.
- Der dem Kaiser geschenkte Monumental=Brunnen wird seine Aufstellung auf dem Schloßplatze in Berlin finden. Die Anlage wird 7 Meter hoch, 17 1/2 Meter breit sein.
- Die preußischen Staats=Bahnbeamten erhalten vom 1. April k. J. ab neue Uniform und werden dieselben ähnlich denjenigen der Berliner Schutzmannschaft gehalten sein. Als Grund zu dieser Aenderung in der Bekleidung wird angegeben, daß die bisherige Uniform sich als unpraktisch erwiesen und namentlich z Verwechslungen mit der Militär=Uniform Anlaß gegeben habe.
- Nach dem Militäretat sollen neue Kasernen gebaut werden: Zwei in Potsdam, eine in Allenstein, Deutsch=Eylau, Stettin, Thorn, Spandau, Posen, Hildesheim, zwei Kasernen in Kalk bei Köln.
- Die Frage, ob ein Gastwirth berechtigt ist, einem sich anständig benehmenden Gast die Verabreichung eines Glases Bier zu verweigern, bezw. ob er durch diese Verweigerung sich einer strafbaren Beleidigung schuldig macht, hat bekanntlich schon öfter die Gerichte beschäftigt. Da die Frage vor allem die Gastwirthe selbst interessirt, hatte ein Berliner Gastwirthverein sie auf die Tagesordnung seiner letzten Sitzung gesetzt und einen Referenten damit beauftragt, die zum gerichtlichen Austrag gebrachte Fälle zusammenzustellen. Die Gerichtsurtheile zerfallen in zwei Gruppen. Die größere Zahl bestraft die Weigerung des Wirths, wenn aus ihrer Form die Absicht der Beleidigung hervorgeht; die kleinere Zahl erblickt in der Weigerung des Wirths, an sich schon eine strafbare Beleidigung, wofern nicht der Gast durch sein Benehmen Anstoß erregt oder überhaupt als Skandalmacher bekannt ist. In letzterem Falle ist der Wirth in seiner Weigerung selbstverständlich berechtigt, weil sie von den übrigen Gästen als Wohlthat empfunden wird.
- Die 200jährige Jubiläumsfeier des Bockenheimer Husaren=Regiments begann am Donnerstag um 11 Uhr vormittags mit Parade in der Kaserne. Abends folgte Theatervorstellung und Ball der Unteroffiziere.
- Die Stadt Essen hat eine große Merkwürdigkeit aufzuweisen, durch die sie in ganz Preußen einzig dasteht. Sie besitzt nämlich für die Kommunalwahlen nur einen Wähler erster Klasse, nämlich den Geh. Kommerzienrath Krupp, der als solcher ein Drittel des Stadtverordnetenkollegiums zu wählen hat. Herr Krupp hat sich erst dieser Tage wieder dieser Pflicht unterzogen und 5 Stadtverordnete ernannt.
- In Holzminden traf am Mittwoch ein Blitzstrahl den Thurm der evangelischen Kirche und trotz des kühnen Vorgehens der Feuerwehr war dem verheerenden Elemente an jener unzugänglichen Stelle nicht beizukommen. Erst gegen Mittag wurden die Flammen zum Erlöschen gebracht.
- Aus München wird vom Mittwoch gemeldet, daß dort ein heftiges Gewitter mit Schneesturm getobt habe.
- Im Riesengebirge ist es schon vollständig und unwiderruflich Winter geworden. Die beiden Koppenteiche sind mit Eis bedeckt. Die Eisdecke ist bereits 18 Ctm. stark.
- Der kürzlich verstorbene Herzog Maximilian in Bayern hörte vom Durst der Musikanten erzählen, welcher unlöschlich sein soll. Der Herzog giebt Befehl, ihm die durstigsten Musikanten vorzuführen, und richtig rückt ein Terzett (Geige, Flöte und Contrabaß) an. Sie begannen zu spielen, aßen und tranken dazwischen, bis der Herzog fragte, wie viel denn die drei schon vertilgt hätten. Man zählte die Striche, die der Kellnermeister bei jeder "Halben" gemacht hatte, und siehe da, der Musikant, der am wenigsten getrunken hatte, hatte 89 Glas Bier, der Durstigste aber 94 Halbe. "Allen Respekt!" rief der Herzog, beschenkte die durstige Gesellschaft und entließ sie. Die drei Musikanten aber hatten ihren Durst nicht völlig gelöscht, und tranken auf dem Heimweg "im Thal" noch einige "Stehmaß".
- Man liest seit einigen Wochen von auffallend vielen 50=jährigen Doktorjubiläen. Woraus man sieht, daß die Doktorhüte, obwohl sie anfangs ziemlich teuer, doch die haltbarsten, besten und billigsten sind; denn man frage die bescheidenste Frau, ob sie einen Hut 50 Jahre trägt.
- Wie groß ist ein Bremer Lloyddampfer? fragt der wißbegierige Schweizer, von welchem wir schon erzählt haben, und antwortet sich und uns: "Wenn man z. B. den Kölner Dom umkippen und mit seinen berühmten Thürmen neben einen der großen Lloyddampfer legen könnte, so wären sie nur um ein geringes länger als der Lloyddampfer! Man sieht ihm seine 455 Fuß Länge, 48 Fuß Breite und 35 Fuß Tiefe nicht an. Man merkt auch nicht, wenigstens der Binnenländer, daß er 1168 Passagiere (850 im Zwischendeck und 318 in den Kajüten) und außerdem 200 Mann Besatzung an Bord nimmt, dazu 28 lebende Dampfmaschinen im Leib hat, welche ihn fortbewegen, elektrisches Licht erzeugen, das Steuer regieren, die Pumpen handhaben, alle Hebearbeit besorgen, kurzum die geduldigen Riesensklaven mit einer Kraft von mehr als 8000 Pferdekräfte sind, die das Schiff über den Ozean schieben. Und außer den Menschen und Maschinen müssen doch noch als sehr wichtige Ausrüstung Proviant und Kohlen in seinem ungeheuren Bauch aufgestapelt liegen, von der werthvollen Waarenfracht und von den Postbeuteln gar nicht zu sprechen, deren Beförderung zu einer Hauptaufgabe des Schiffes gehört. Ein solches Schiff kostet rund 4 Millionen Mark, natürlich giebt es auch billigere, aber in den letzten Jahren ist immer eins kostspieliger als das andere gebaut worden nach dem Grundsatz: nur nicht überflügeln lassen.
- Aus Paris wird noch mitgetheilt, daß der Komponist Gounod an seinem früheren Gehirnleiden erkrankt ist.
- Die Pariser Ausstellungs=Gebäude purzeln schon jetzt um, ehe noch irgend etwas vollständig fertig ist. Nachdem am Dienstag die Eckkuppel des Palastes der freien Künste im Ausstellungspalaste eingestürzt war, folgte am Donnerstag noch ein Thorbogen diesem Beispiele. Die Art, wie die Ausstellungsbauten bisher fertiggestellt wurden, flößt vielfach große und wohl auch begründete Besorgnisse ein.
Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.
[ => Original lesen: 1888 Nr. 93 Seite 6]Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.
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