No. 66
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 24. August
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 66 Seite 1]

        Bei Gelegenheit der in diesem Jahre in Berlin stattfindenden akademischen Kunstausstellung beabsichtigt der Senat der Königlichen Akademie der Künste in Berlin eine Lotterie von Kunstwerken, bestehend in Oelgemälden, Skulpturen, Aquarellen etc. zu veranstalten. Auf bezüglichen Antrag hat die unterzeichnete Großherzogliche Landregierung die Genehmigung zum Vertriebe von Loosen dieser Lotterie im hiesigen Lande ertheilt.
        Neustrelitz, den 18. August 1888.

Großherzoglich Mecklenburgische Landesregierung.
F. v. Dewitz.


          Der Vorstand der Hamburgischen Baugewerks=Berufsgenossenschaft hat die unterzeichnete Landvogtei ersucht, von den bei der Versicherungsanstalt dieser Berufsgenossenschaft gegen Bauunfalle versicherten Gewerbetreibenden im hiesigen Fürstenthum, welche nicht wenigstens einen Lohnarbeiter regelmäßig beschäftigen, die Prämien einzuziehen und binnen vier Wochen an das Genossenschaftsbureau einzusenden. Die betreffenden Gewerbetreibenden werden hiervon in Kenntniß gesetzt mit dem Bemerken, daß der Auszug aus der Heberolle vom 17. d. Mts. an auf zwei Wochen zur Einsicht der Betheiligten auf der Landvogtei=Registratur ausliegt und hier auch die Prämienbeträge entgegengenommen werden.
Schönberg, den 16. August 1888
          Großherzoglich Meckl. Landvogtei des Fürstenth. Ratzeburg.

U. Frhr. v. Maltzan.

H. Spieckermann.        


Der Reichs= und Staats=Anzeiger vom 18. August bringt den authentischen Text der von Sr. Majestät am 16. d. M. in Frankfurt a. O. gehaltenen Rede, deren Hauptstelle danach, wie folgt, lautet: Doch Eines will Ich noch hinzufügen, meine Herren, im Hinblick auf den großen Tag, den wir feiern: Es giebt Leute, die sich nicht entblöden, zu behaupten, daß Mein Vater das, was er mit dem seligen Prinzen gemeinsam mit dem Schwert erkämpfte, wieder herausgeben wollte. Wir alle haben ihn gut gekannt, als das wir einer solchen Beschimpfung seines Andenkens nur einen Augenblick ruhig zusehen könnten. Er hatte denselben Gedanken als wir, daß nichts von der Errungenschaft der großen Zeit aufgegeben werden kann. Ich glaube, daß wir sowohl im III. Armeekorps, wie in der ganzen Armee wissen, daß wir lieber unsere gesammten 18 Armeekorps und 42 Millionen Einwohner auf der Wahlstatt liegen lassen, als daß wir einen einzigen Stein von dem, was Mein Vater und der Prinz Friedrich Karl errungen haben, abtreten.
Am 23. d. M. reist der Kaiser zum Ritterschlage des Johanniter=Ordens nach Sonnenburg. Ankunft in Küstrin um 9 Uhr, in Sonnenburg um 10 Uhr vormittags. Von 11-1 ist die Ordensfeier, darauf Diner im Schloß und sodann die Rückfahrt nach Potsdam. - In der ersten Oktoberwoche reist der Kaiser nach München und von da nach Wien.
Der König Oskar von Schweden reist am 28. August von Christiania und am 29. von Malmoe ab und trifft am 30. in Berlin ein. Am 31. August findet die Taufe des jüngsten Prinzen statt, am 1. September wohnt der König einer Parade bei und am 2. tritt er die Rückreise wieder an.
Zar Alexander hat dem Kaiser Wilhelm sein Porträt mit eigenhändiger Widmung übersandt, in welcher er an die schönen Tage von Peterhof erinnert und den Kaiser bittet, das Bild zum Andenken an diese Tage freundlichst entgegenzunehmen.
Im Quirinal in Rom wird emsig für den Besuch Kaiser Wilhelms geschafft. Zahlreiche Arbeiter sind mit der Herstellung der Gemächer beschäftigt, die Kaiser Wilhelm bewohnen wird. Und zwar wird Kaiser Wilhelm nicht den Pavillon "La Palaczina", sondern den Quirinal selbst bewohnen. Der Oberbürgermeister hat einen Fackelzug vorgeschlagen, an dem alle Vereine und 10 000 Soldaten Theil nehmen sollen. An demselben Abend sollen alle Denkmale auf dem Forum romanum bengalisch beleuchtet und zum Schluß auf dem Palatinischen Hügel ein die italienisch=deutsche Allianz versinnbildlichendes Feuerwerk abgebrannt werden. Ferner ist eine Galavorstellung im Theatro Argentina und ein großes Musikfest auf der Piazza d'Espagna in Aussicht genommen. Nicht geringes Kopfzerbrechen verursacht dem Magistrat die Unterbringung der Truppen, welche für eine große Heerschau aus den auswärtigen Garnisonen herangezogen und auf drei Tage in Rom einquartirt werden sollen.
Das Reichs=Gesetzblatt veröffentlicht eine Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die Erweiterung der Festungsanlagen Magdeburg. Auf Grund des § 35 des Gesetzes, betreffend die Be=

[ => Original lesen: 1888 Nr. 66 Seite 2]

schränkung des Grundeigenthums in der Umgebung der Festungen, wird darin bekannt gegeben, daß eine Verstärkung der Fortslinie der Festung Magdeburg durch Anlage von neuen Werken, sowie eine Erweiterung des Rayons dieser Festung in Aussicht genommen ist.
Der Reichskanzler Fürst Bismarck geht nicht nach Kissingen, er kommt aber vor der Hand auch nicht einmal nach Berlin. Er wird dort erst im Spätherbst erwartet und bis dahin werden die Räume seines Palais in der Wilhelmstraße neu hergerichtet, so daß aus diesem Grunde schon an eine Uebersiedelung des Kanzlers für die nächste Zeit nicht zu denken ist.
Graf Moltke nahm auch an dem aus Anlaß der Denkmal=Enthüllung in Leipzig veranstalteten Bürgerfestmahl theil und besuchte abends das Theater.
In Marinekreisen wird, wie es heißt, die Frage der Anlegung eines neuen Kriegshafens bei Danzig erörtert.
An der deutsch=französischen Grenze hätte es bald wieder Spektakel gegeben. Ein hart an der Grenze befindlicher deutscher Gendarmerieposten wurde von zahlreichen auf der andern Seite befindlichen französischen Infanteristen in der gröbsten Weise beschimpft und sogar zum Kampfe aufgefordert. Die deutschen blieben indessen ruhig und ließen die Schreihälse unbeachtet.
Bei dem am Sonnabend aus Anlaß des Geburtstages des Kaisers von Oesterreich am preußischen Königshofe stattgehabten Galadiner, wie bei der folgenden Wasserfahrt trug Kaiser Wilhelm österreichische Uniform. Auf dem Hauptmast des Schiffes wehte die österreichische Kaiserstandarte.
Kaiser Franz Josef von Oesterreich begiebt sich am 25. August von Ischl nach Tegernsee, um dort mit seinem Schwiegervater, dem Herzog Maximilian in Baiern, dessen diamantene Hochzeit zu feiern. Die Kaiserin und die Erzherzogin Valerie, die dieser Tage aus Bayreuth in München eingetroffen sind, begeben sich gleichfalls nach Tegernsee.
Die Kaiserin von Oesterreich und die Erzherzogin Valerie sind am letzten Sonntag in Bayreuth eingetroffen um die letzte Aufführung des "Parsifal" zu sehen.
Aus Berlin wird gemeldet, daß sowohl Graf Kalnoky, der österreichische Minister des Aeußeren, wie Herr Crispi, der italienische Ministerpräsident und Minister des Aeußeren, in nächster Zeit in Friedrichsruh beim Fürsten Bismarck erwartet würden. Ob zu gleiche Zeit, ist noch fraglich.
Der italienische Ministerpräsident Crispi ist am 21. über Hamburg in Friedrichsruh bei dem Fürsten Bismarck eingetroffen.
In Sofia zirkulirt das Gerücht, daß zwischen der Türkei und Bulgarien ein Uebereinkommen getroffen sei, nach welchem Bulgarien der Türkei 30 Millionen Franks zahlen soll, um dafür seine Unabhängigkeit am 18. September zu proklamiren.


Anzeigen.

Unterm heutigen Dato ist in das hiesige Genossenschafts=Register sub. Nr. 3 Fol. 16 eingetragen:

Firma der Genossenschaft:     Gr. Mist= Kl. Mist= Schlag=Sülsdorfer Genossenschafts=Meierei. Eingetragene Genossenschaft.
Sitz der Genossenschaft:     Gr. Mist.
Rechtsverhältnisse der Genossenschaft:     1. Gesellschaftsvertrag vom 15. April 1888 nebst Nachtrag vom 24. Juni 1888.
2. Gegenstand des Unternehmens ist die gemeinschaftliche Verwerthung der von den Kühen der Mitglieder gewonnenen Milch zum höchstmöglichen Preise.
    3. Die zeitigen Vorstandsmitglieder sind: der Hauswirth H. Retelsdorf in Gr. Mist, der Hauswirth H. Oldenburg in Kl. Mist, der Schulze Möller in Gr. Mist.
    4. Alle Bekantmachungen und Erlasse in Genossenschaftsangelegenheiten erfolgen unter der Firma der Genossenschaft und werden vom Vorstande unterzeichnet. Mittheilungen an die Mitglieder werden jedem Einzelnen schriftlich zugestellt. Sonstige Bekanntmachungen Seitens der Genossenschaft werden in den wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg veröffentlicht.

Vorstehende Eintragung wird hiermit öffentlich gemeinkundig gemacht, mit dem Bemerken, daß das Verzeichniß der Genossenschafter jeder Zeit bei dem unterzeichneten Amtsgerichte eingesehen werden kann.

Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg, den
18. August 1888.
Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.        


Unterm heutigen Dato ist in das hiesige Genossenschafts=Register sub. Nr. 4 Fol. 22 eingetragen:

Firma der Genossenschaft:     Rieps=Cronscamper Genossenschafts=Meierei. Eingetragene Genossenschaft.
Sitz der Genossenschaft:     Rieps.
Rechtsverhältnisse der Genossenschaft:     1. Gesellschaftsvertrag vom 8. April 1888 nebst Nachtrag vom 25. Juni 1888.
2. Gegenstand des Unternehmens ist die gemeinschaftliche Verwerthung der von den Kühen der Mitglieder gewonnenen Milch zum höchstmöglichen Preise.
    3. Die zeitigen Vorstandsmitglieder sind: der Hauswirth Hans Redelstorf in Rieps, der Hauswirth Joachim Stein in Cronscamp und der Hauswirth Heinrich Retelsdorf in Rieps.
    4. Alle Bekanntmachungen und Erlasse in Genossenschaftsangelegenheiten erfolgen unter der Firma der Genossenschaft und werden von dem Vorstande unterzeichnet. Mittheilungen an die Mitglieder werden jedem Einzelnen schriftlich zugestellt. Sonstige Bekanntmachungen Seitens der Genossenschaft werden in den Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg veröffentlicht.

Vorstehende Eintragung wird hiermit öffentlich gemeinkundig bekannt gemacht mit dem Bemerken, daß das Verzeichniß der Genossenschafter jeder Zeit bei dem unterzeichneten Amtsgerichte angesehen werden kann.

Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg, den
18. August 1888.
Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.        


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuches über das zu Schönberg an der Siemzerstraße sub. Nr. 202 belegene Wohnhaus c. p. des Putzhändlers Peter Planthaber wird hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protokoll sofort im Termin der Präclusiv=Bescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 15. August 1888.

Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.        


[ => Original lesen: 1888 Nr. 66 Seite 3]

In das hiesige Genossenschafts=Register ist heute ad. Nr. 1, betreffend die Genossenschafts=Meierei in Schönberg i. Mecklenb. Eingetragene Genossenschaft, eingetragen Col. 4:

"Der vom 15. April 1886 datirte Gesellschaftsvertrag ist in § 5 Abs. 2 durch den Beschluß der Generalversammlung vom 8. Juli cr. abgeändert worden."

Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg, den
16. August 1888.
Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.        


Torf=Auction

im Vienser Forste auf dem Woitendorfer Moore am Dienstag, den 28. August 1888 unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über

800 Ruthen Baggertorf.
Beginn der Auction Morgens 9 Uhr.

Rehna, den 21. August 1888.

Großherzogliche Forstinspection.


Torf=Auction
am Sonnabend, den 1. September cr.

unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über 100 Mille Preßtorf.
Versammlung Morgens 9 Uhr auf meinem am Lübseer Wege gelegenen Moore.
Roduchelsdorf, den 23. August 1888.

P. Grevsmühl.       


Gefunden

wurde heute Morgen in der Sabowerstraße ein Portemonnaie mit Inhalt. Der rechtsmäßige Eigenthümer kann es abholen bei

Töpfermeister Ludwig Pauls.        


Als Sedan=Geschenke
für die Schule
empfehle eine große Auswahl in Geschichtsbüchern, Galanteriesachen, Tuschkasten, Schreibmaterialien u. s. w.
                                                    Hochachtungsvoll
                                                    W. Heitmann, Buchbinder.


Fremden-Abonnements-Vorstellungen im Großherzogl. Hoftheater zu Schwerin
während der Spielzeit 1888/89.

Die unterzeichnete Intendantur eröffnet hiedurch wie im Vorjahre für Auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (4 groß. Opern und 2 groß. Schauspieler für welche ein Platz in der Fremdenloge 18 M, im ersten Range 12 M., im Parquet und in der Parquet=Loge 10 M., im II. Rang Balkon und Mitte 6 M., im II. Rang Seite 5 M. kostet. - Für die Reise nach und von Schwerin ist von der Eisenbahn=Verwaltung der einfache Fahrpreis bewilligt. Die Billets werden nicht auf Namen ausgestellt, und sind das Theater=Abonnements= und 6 Eisenbahnbillets gleichzeitig zu nehmen. - Die Anmeldungen müssen bis zum 31. August einschließlich geschehen und werden von

Herrn Hotelbesitzer Spehr zu Schönberg i. M.

freundlichst entgegengenommen.
Spätere Anmeldungen können nur ausnahmsweise berücksichtigt werden und wenn Plätze übrig bleiben. Die Aushändigung der Billets gegen Zahlung des Eintritt= und Fahrpreises für die 6 Vorstellungen erfolgt im September.
Schwerin, den 15. August 1888.

Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Vom 4. April bis heute sind nachstehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:
  1. Vom Hauswirth Tews in Bechelsdorf 1 Pferd 300 M.
  2. Vom Hauswirth Wietfeld in Ziethen 1 Kuh 120 M.
  3. Vom Schulzen Lühr in Lüdersdorf 1 Pferd 100 M.
  4. Vom Arbeitsmann Hamann in Mechow 1 Kuh 135 M.
  5. Vom Hauswirth Oldenburg in Selmsdorf 1 Pferd 300 M.
  6. Vom Hauswirth Ebell in Gr. Mist 1 Kuh 135 M.
  7. Vom Hauswirth H. Retelsdorf in Herrnburg 1 Pferd 400 M.
  8. Vom Zimmermeister Westphal hier 1 Kuh 135 M.
  9. Vom Müller Lohse in Schlutup 1 Pferd 600 M.
10. Vom Hauswirth Ahrendt in Gr. Siemz 1 Kuh 135 M.
11. Vom Hauswirth Kröger zu Lockwisch 1 Pferd 400 M.
12. Vom Hauswirth Schmidt in Lankow 1 Pferd 450 M.
13. Von demselben 1 Pferd 450 M.
14. Vom Hauswirth Claasen Wwe. in Campow 1 Pferd 200 M.
15. Vom Hauswirth Westphal in Kl. Bünsdorf 1 Kuh 135 M.
16. Vom Hauswirth Oldenburg in Zarnewenz 1 Pferd 400 M.
17. Vom Hauswirth Timm in Blüßen 1 Kuh 135 M.
18. Vom Hauswirth J. Boye in Schlagsdorf 1 Pferd 500 M.
Zur Deckung dieser Schäden vernothwendigt sich ein Beitrag von 1 M. pro 100 M. Versicherungssumme und werden unsere Mitglieder ersucht, solchen Beitrag am

Freitag, den 14. September d. J., Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
An dem nämlichen Tage liegt daselbst der letzte Rechnungsabschluß unserer Gesellschaft zur gefälligen Einsicht unserer Mitglieder und sonstiger Interessenten vor.
Schönberg, den 23. August 1888.

Direction des Viehversicherungs=Vereins im Fürstenthum Ratzeburg.
A. Ahrendt.                         Wilh. Heincke.


Mecklenburgische Hagel- und Mobiliar-Brand-Versicherungs-Gesellschaft in Neubrandenburg.

Dem Protocollführer Herrn Freitag zu Schönberg im Fürstenthum Ratzeburg haben wir eine Agentur für unsere Gesellschaft und für die von uns mitverwaltete Mecklenburgische Immobiliar=Brand=Versicherungs=Societät hieselbst übertragen.

Neubrandenburg im August 1888.                                                     Das Directorium.

Unter Bezugnahme auf vorstehende Annonce empfehle ich mich zur Besorgung von Versicherungen bei der Mecklenburgischen Hagel=, Mobiliar= und Immobiliar=Brand=Versicherungs=Gesellschaft zu Neubrandenburg und erkläre mich zur Ertheilung bezüglicher Auskunft gerne erbötig.
Schönberg im August 1888.

                                                    W. Freitag. Protocollführer.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 66 Seite 4]

Programm
für die Sedan=Feier in Schönberg
am Sonntag, den 2. September 1888.

1. Vormittags 10 Uhr: Bekränzung des Kriegerdenkmals.
2. Vormittags 10 1/4 Uhr: Theilnahme an den Vormittags=Gottesdienst.
3. Nachmittags 1 Uhr: Festzug durch die Stadt vom Siemzerthore bis zum Schützenhause.
4. Nachmittags 2 Uhr: Festrede auf dem Festplatze.
5. Nachmittags 2 1/2 Uhr: Beginn des Schießens nach Alfenide=Gewinnen.
6. Nachmittags 2 1/2 Uhr: Beginn der Kinderbelustigungen und der Concerte im Schützenhause und auf dem Festplatze.
7. Abends 7 Uhr: Einmarsch und Abbringen der Fahnen.
8. Abends 8 Uhr: Abbrennen des Holzstoßes auf der Holländer=Koppel.
9. Abends 8 Uhr: Beginn der Festbälle im Boye'schen Saale und im Schützenhause.

Das Sedan-Komite
des Kriegervereins für das Fürstenthum Ratzeburg.


Krieger=Verein
für das Fürstenthum Ratzeburg.

Mit Bezug auf das vorstehende Programm wird den Kameraden des Vereins das Folgende bekannt gegeben:
1. Das Antreten des Vereins erfolgt:

a. zur Bekränzung des Kriegerdenkmals und zum Festgottesdienst um 3/4 10 Uhr Vormittags vor dem Vereinslokale,
b. Zum Ausmarsch nach dem Schützenhause um 1/2 1 Uhr Nachmittags ebendaselbst.

2. Das Concert im Schützenhause ist für Kameraden und deren Familien frei.

3. An Eintrittsgeld zu den Festbällen - gültig für beide Sääle - zahlen die Kameraden für ihre Person à 60 Pfennig (Mecklenburg). und für je eine Dame 30 Pfennig (Mecklenburg). Für weiter einzuführende Damen ist das volle Eintrittsgeld mit 50 Pfennig (Mecklenburg). zu entrichten.

4. Die Vereinszeichen sind anzulegen und ist jeder Kamerad ersucht an der Feier Theil zu nehmen.

Der Vorstand.        


Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 26. August: Tanzmusik
wozu ergebenst einladet                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Heute frische                          
Leber=Wurst
empfiehlt                                                    H. Soltmann.


Ich beabsichtige meine Ländereien nebst Wiesen von jetzt an auf mehren Jahre im ganzen oder parzellenweise zu verpachten. Pächter wollen sich bei mir melden.

J. Voß, Tuchmacher.        


Am Sonnabend, den25. d. Mts. sollen auf dem Neuhofer Felde Rapsschoten aufgebrannt werden.

Amtmann Stæding.        


Gesucht in Schönberg zu Michaelis
ein ordentliches Stubenmädchen.
Näheres in der Expedition der Anzeigen.


Auf dem Hofe zu Kl. Rünz findet zu Michaelis eine Tagelöhnerfamilie Wohnung.

                                                    Rusch.


Erntehandschuhe
von starkem Leder und gut genäht in verschiedenen Sorten sind stets zu haben bei                          
Schönberg.                                                     Emil Jannicke,
                                                                       Handschuhmacher.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 26. August.

        Frühkirche fällt aus
        Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
           Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 8.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 66 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 66 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 24. August 1888.


- Schönberg. Zu der Säbelaffaire, die hier am vorigen Sonntag, nicht im Boye'schen Locale, sondern auf der Straße vorgekommen ist, geht uns von einem glaubhaften Augenzeugen die folgende Berichtigung zu:
Am Sonntag, den 19. d. M. hatte der Männer=Turn=Verein in Schönberg Besuch von dem Männer=Turn=Verein zu Rehna und waren die Turner beider Vereine im Vereinslokale beim Herrn Gastwirth J. Boye in Schönberg zum gemüthlichen Beisammensein versammelt. Zwei Unteroffiziere von der hier in Schönberg einquartierten reitenden Batterie, nahmen Theil an diesem Turnerfeste. Einer dieser Unteroffiziere unterfing sich am Abend gegen 10 Uhr beim Abmarsch der Rehnaer Turner ein Dienstmädchen aus hiesiger Stadt zu belästigen und zudringlich zu werden; dasselbe verbat sich diese Zudringlichkeit zu wiederholten Malen, da aber der Unteroffizier von seiner Belästigung nicht abließ, so gab das Mädchen demselben eine Ohrfeige, worauf der rohe Mensch sein Seitengewehr zog und auf das wehrlose Mädchen einhieb. Ein Schönberger Turner sprang darauf dem Mädchen zu Hülfe und warf den Helden in den Rinnstein und verhaute ihn mit der Faust. Durch diese wohlverdiente Strafe erbost, rannte der Unteroffizier durch den offenen Thorweg in höchster Wuth auf den Boye'schen Hof, wo er den nichtsahnenden Turner Schumacher Breuer antraf, welchen er mit blanker Säbelklinge drohte und auf denselben einhieb, und zwar derartig, daß derselbe lebensgefährlich verwundet wurde. Nach dieser Heldenthat kam der Unteroffizier wieder auf die Straße und prahlte mit seinen Großthaten, indem er mit seiner Waffe um sich schlug, in diesem Momente kam ein Offizier der Batterie und verwies den Unteroffizier zur Ruhe, indem er ihm den Säbel abnahm und den Ruhestörer in sein Quartier beorderte.
- Neustrelitz, 20. August. Vorgestern Nachmittag stattete Se. Königliche Hoheit der Großherzog, Höchstwelcher bekanntlich in Homburg weilt, Sr. Majestät dem Könige von Dänemark in Wiesbaden einen Besuch ab. Se. Maj. hatte den erlauchten Gast am dortigen Bahnhof empfangen und Höchstdemselben auch das Abschiedsgeleit dorthin gegeben.
Den Berlinern steht für die nächsten Tage ein interessantes militärisches Schauspiel bevor; es handelt sich um eine Nacht=Alarmierung der Berliner Garnison oder doch eines Theiles derselben. In den Kasernen werden schon seit einigen Tagen entsprechende Vorbereitungen getroffen und die Mannschaften müssen vor dem Schlafengehen stets ihr Gepäck marschbereit zurechtlegen. In allen Stuben ist für die Beleuchtung gesorgt, damit sich die Mannschaften unverzüglich ankleiden können. Man hofft, daß die Regimenter in wenigen Minuten nach erfolgtem Alarm marschbereit sein werden. Den Befehl zur Alarmierung wird voraussichtlich der Kaiser selbst geben.
- Professor Rudolf Siemering, dem Schöpfer des Siegesdenkmals in Leipzig ist vom König von Sachsen das Komthurkreuz zum Albrechtsorden, von Kaiser Wilhelm der Kronenorden zweiter Klasse verliehen worden. Die philosophische Facultät der Leipziger Universität hat Herrn Professor Siemering das Diplom als Ehrendoctor überreicht.
- Die Kirche gegen die Ponnyfrisur. In die katholische Damenwelt zu Königshütte ist in diesen Tagen ein heilloser Schrecken gefahren, indem der Pfarrer bei der Predigt bekannt machte, der Fürstbischof werde die jungen Damen, welche die Stirn mit den sogenannten "Ponnyhaaren" geschmückt haben, nicht firmen, da die Stirn bei diesem Akte frei sein muß. Wahrscheinlich werden infolge dieser Bekanntmachung große Menge - Pomade gekauft.
- Von der Deutschen Gesellschaft in Montreal in Kanada ist dem Ober=Präsidenten von Westpreußen ein Schreiben zugegangen , worin es heißt: Keine Woche vergehe ohne daß Leute in der denkbar dürftigsten Lage hier eintreffen, sich in ihrer Bedrängniß an die Gesellschaft wenden und ein beredtes Bild der unverantwortlichen Handlungsweise derjenigen Agenten, namentlich der deutschen Seestädte geben, von welchen sie ihre Passagescheine gekauft haben. Bekanntlich verhindert ein Gesetz der Vereinigten Staaten die Einwanderung Mittelloser in den Hafenstädten, und diese Leute werden von den Agenten über Kanada geschickt, von wo aus ihrer Einwanderung in die Vereinigten Staaten kein Hinderniß entgegensteht. Die Entfernung unseres Hafenplatzes von der Grenze der Staaten wird ihnen als so geringfügig geschildert, daß die Leute keinen Anstand nehmen, die Billette via Kanada zu kaufen und bei ihrer Ankunft hier finden sie zu spät aus daß sie noch hunderte von Meilen von ihren Bestimmungsorten entfernt sind.
- Der Zusammenstoß der beiden dänischen Dampfer "Geiser" und "Thingvalla" fand nach genauerer Nachricht am Donnerstag früh 3 1/2 Uhr etwa dreißig Meilen südlich von Sable Island statt. Das Wetter war regnerisch und nebelig, die See war aber verhältnißmäßig ruhig. Der "Geiser" wurde von der "Thingvalla" von der Seite getroffen, sein Steuerbord wurde in zwei Hälften getheilt die am Steuerbord befindlichen Wohnungskajüten wurden zermalmt, mehrere Passagiere fanden in den Betten liegend ihren Tod. Vom Geiser wurden sofort nach dem Zusammenstoß drei Boote ins Wasser gelassen, aber zwei derselben schlugen um, das dritte trieb ab und konnte von den Passagieren nicht erreicht werden. Ertrunken sind 80 Passagiere meist Farmer aus Dänemark, Schweden und Norwegen, 33 Matrosen und 6 Schiffsoffiziere. Eine Mittheilung, die Passagiere seien meist Deutsche gewesen, ist falsch.
- Die japanesische Regierung ist eine gute Kundin Deutschlands. Wie der "Standard" meldet, hat dieselbe beschlossen, 10 Millionen Pfund Sterling, auf 5 Jahre vertheilt zum Ankauf von neuen Panzerschiffen zu verwenden. Da fällt gewiß die eine oder die andere Million für Deutschland ab.
- Von dem räthselhaften "weißen Pascha", der an der Grenze des Sudans aufgetaucht ist, kommt eine neue Nachricht. Nach einer Meldung des Reuterschen Bureaus aus Kairo sind in Suakim Pilger aus Sokoto (Westafrika) angekommen, welche aussagen, auf ihrem Wege durch Bongo, im Gebiet des Bahr=elGhazal, auf eine größere Kolonne von Weißen gestoßen zu sein und mit denselben vier Tage kampirt zu haben. Die Weißen seien mit Remington=Gewehreu bewaffnet gewesen. Die Pilger geben an, Bongo im Februar verlassen zu haben.
- Die Ex=Kaiserin Eugenie erhielt, als sie sich mit Kaiser Napoleon III. vermählte, unter anderen Geschenken von der Stadt Liége ein Spitzenkleid, in das auf feenhaft zartem Grunde eine Legion Veilchen, die Lieblingsblume der Napoleoniden, eingewebt war. Dieses Kleid trug die schöne Spanierin ein einziges Mal in ihrem Leben, nämlich auf dem Wege zum Traualtar. Vor einigen Wochen gelangte die Robe, die einen Werth von mindestens 30,000 Francs repräsentirt, in einer weißen Atlas=Cassette sorgfältig verpackt, an die Adresse der Prinzessin Lätitia in Turin. Die Ex=Kaiserin legte dem Geschenke Zeilen des Inhaltes bei: Sie hatte gehofft, das Gewebe, das sie in dem stolzesten Augenblicke ihres Lebens getragen, der Braut ihres Sohnes anlegen zu dürfen, der Allmächtige wollte es anders; möge das Kleid denn Lätitia an deren Hochzeitstage schmücken, und der Himmel walte, daß ihr

[ => Original lesen: 1888 Nr. 66 Seite 6]

Glück auf festerer Grundlage ruhe, als dies bei der Exkaiserin der Fall gewesen . . ."
- Der Graf v. Alvensleben=Schönborn hatte von einer Frau in Fordon einen von dieser aufgezogenen zahmen Hirsch gekauft, welcher der Frau aufs Wort folgte. In Ostrometzko wurde das zahme Thier in den Thiergarten gesperrt, entkam aber auf bisher unaufgeklärte Weise in die Weichselkämpen. Dem Förster gelang es zwar, das Thier aufzufinden, nicht aber es einzufangen. Da nahm man seine Zuflucht zu der Frau, welcher der Hirsch gehört hatte. Diese rief ihn beim Namen, und sofort fand sich der Hirsch bei ihr ein und folgte ihr wieder freiwillig in die Gefangenschaft.
- Einen Spaziergang durch Europa unternimmt gegenwärtig ein junger Amerikaner, der vorige Woche in München eingetroffen ist. Derselbe fuhr von New=York mit dem Dampfer nach Glasgow, marschirte durch Schottland und England nach London, fuhr von dort nach Paris und wanderte dann in zwölf Tagen von Paris nach Basel. Der Grenzsperre halber mußte er den Umweg über Basel=Zürich nach München machen. Der junge Mann, dem die Tour vortrefflich bekommen ist, gedenkt von München über Salzburg und Tyrol sich nach Italien zu wenden. Glückliche Reise!
- Der Sardellenfang ist dieses Jahr ungeheuer reich. Es sind derartige Massen gefangen worden, daß die Fischer um ihren Fang los zu werden, gezwungen sind, die Sardellen als Mastfutter und Dünger mit drei Franks per Kubikmeter zu verkaufen. Die sämtlichen Fabriken im Bezirk Audirne lehnen jeden Ankauf von Sardellen auch zum niedrigsten Preise infolge ihrer übergroßen Vorräthe ab. Man erwartet infolgedessen eine starke Preisherabsetzung.
- Eine Warnung ergeht in den Blättern für Gesundheitspflege an diejenigen, welche im Freien, in Garten, Feldern u. s. w. zu arbeiten veranlaßt sind. Es ist gefährlich, mit einer noch so kleinen Verletzung an der Hand in der Erde herumzuarbeiten. Denn es ist nachgewiesen, daß in der Erde, besonders in der gedüngten Gartenerde, Fäulniß erregende Pilze (Bakterien) in großer Menge vorhanden sind, welche in eine Wunde gebracht, Blutvergiftung und andere Krankheiten verursachen können.
- Zähes Fleisch wird mürbe, wenn man eine halbe Tasse Brantwein hinzugießt. Nach 10 bis 15 Minuten starken Kochens mit demselben verschwindet der Geschmack des Brantweins gänzlich.
- "Wenn Sie nicht lernen, sich zu beherrschen, werden wir Sie noch wiederholt auf der Anklagebank sehen," meinte der Vorsitzende des Berliner Schöffengerichts zum Kutscher K., der sich wegen zweier Uebertretungen auf der Anklagebank befand. - Angekl.: Vor sein Temperament kann keener, det ick mir noch bedanken soll, wenn sie eenen das Herz aus'n Leibe treten, det kann keener verlangen, so'n Schutzmann muß ooch nich decken, det er dahinten in Persien is, wo die Beamten noch übert Militär jehen, so eener ist ooch man nackigt, wenn er keen Zeich anhat. - Vers.: Angeklagter, mir scheint, Sie ermangeln auch heute der nöthigen Ruhe, um mit Ihnen verhandeln zu können, betragen Sie sich wenigstens vor Gericht so, daß wir nicht nöthig haben, sie in eine Ordnungsstrafe zu nehmen. -Angekl.: Herr Präsident, ick weeß ooch, wat Jehorsam is, un Ordnung muß parirt wer'n, aber wat ick als Kutscher schon mit die Schutzleite for Aerjer jehatt habe, da is't Ende von weg, ick jloobe, die Hälfte haben mir schon in ihr Stammbuch rinjeschrieben, un denn kommen die Strafmandate. Wo soll ick zu all' det Jeld kommen? Da kann ick ja blos für die Polizei arbeeten. Uf Schritt un Tritt verfoljen sie eenen, da führt en Lieutenantsbursche ja det reine Herrenleben jejen. - Vors.: Die Schutzleute thun nur ihre Pflicht und Sie müssen sich den verschiedenen Verordnungen fügen, die die Polizei erlassen hat, das müssen wir Alle. Jetzt zur Sache. Sie sollen am 15. Juni vor einem Neubau in der Amalienstraße Kalk abgeladen, und zwar direkt auf die Straße geworfen haben, Sie können sich doch denken, daß dies nicht gestattet ist. Sie können ja die Passanten bespritzen. - Angekl.: Det bisken reenen Kalch? Aber wat soll ick machen, wenn der Polier sagt, ick soll et da abladen? Un denn verlange ick noch, det der Schutzmann mir jeden herbringt, den ick bespritzt habe, hier sollen sie her. Ick habe nämlich keenen Menschen jesehen - den Schutzmann rechne ick nich - den ick bespritzen konnte, det is man 'ne stille Straße. - Vors.: Also diese Uebertretung geben Sie zu. Nun sollen Sie während des Abladens auch Ihre Pferde gefüttert haben, Sie wissen doch, daß dies ebenfalls verboten ist? -Angekl.: Wo kann ick sämmtliche Jesetzen in'n Kopp haben? So'n Thier hat seinen Hunger so gut wie 'n Schutz - wie der Mensch seinen Durst, ick kann wat Unrechtet nich in finden, wenn ick so'n Thier, wat schwer arbeiten muß, mal den Futternapp umhänge. - Vors.: Jetzt kommen wir zu den Vergehen, Beamtenbeleidigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt, da liegt die Sache schlimmer für Sie. Angekl.: Mehr als den Kopp kann't nich kosten. Mir is't nu janz lineal, ob et nach'n Busch jeht oder nach die Besinge. - Vors.: Angeklagter, Betragen Sie sich anständig und bescheiden, ich rathe es Ihnen. - Angekl: Herr Jerichtshof, jloben Sie man, wenn Sie immerzu tribulirt wer'n und müssen Strafe zahlen, un kriejen vor Jericht Unrecht, dann kommen Sie zuletzt uf'n Standpunkt, det Sie sagen: Nu is mir alles einjal. Ick Sehe ooch schon heite, wie det kömmt. - Vors. Ja, Sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach verurtheilt werden. Aber Ihr Benehmen vor Gericht ist doch auch von Einfluß bei Festsetzung des Strafmaßes. Was erwiderten Sie nun, als der Schutzmann Sie nach Ihren Namen fragte? - Angekl.: Ick sagde "Jut'n Morjen", wo ick ihm eijentlich eene Pille mit stecken wollte, indem er mir natierlich die Tageszeit nich jeboten hatte. - Vors.: Sie sollen auf alle Fragen nur "guten Morgen" gesagt und zuletzt sogar mit der Peitsche nach ihm geschlagen haben. - Angekl.: Sagt der Schutzmann det? So eener nimmt ooch jleich den Mund un beede Backen voll, ick habe blos die Peitsche jenommen un habe blos damit hinten um'n Wajen rumjezeigt, wo er den Namen von meinen Herrn von't Schild runnerlesen konnte. Wenn er sich da jerade hinstellt, wo ick hinzeije, denn kann ick da nich vor. -Vors.: Na, wir haben ja die Zeugen. Wie war es denn nun mit dem Widerstand? - Der Schutzmann wollte Sie zur Wache führen, wozu er zweifellos das Recht hat, warum gingen Sie nicht gutwillig mit? - Angekl.: Jerne jehe ick überhaupt nich nach't Bureau, wenn ick muß, denn muß ick. Der Mann mußte zum minimumsten so ville Verstand cultiviren, det er insehen dhat, det ick meinen Herrn sein Fuhrwerk nich so hülflos uf die Straße lassen kann, von meine Ferde kriegt mir keener weg. - Vors.: Der Schutzmann hat Hülfe geholt und dann ist Ihre Ueberführung nach der Wache bewerkstelligt worden, Sie sind aber mehr geschoben worden, wie gegangen. - Angekl.: Nu natierlich, wat mennen Sie woll, Herr Jerichtshof, wie die vier Schuzleite stolz waren, als sie mir eenen Mann nach die Wache schleppten, manchen Puff haben sie mir jejeben, der nich nöthig war, un wenn ick mir mal umkiekte, wer mir jehauen hatte, denn jung et: Wat? Der Kerl will sich noch widersetzen und contrahaarig sind? un denn gab et wieder so'n gefüllten Fünfpfünder in't Jenicke rin. Schön finde ick det nich, det sage ick frei raus. - Vors.: Wenn Sie sich so widerspenstig benehmen, können Sie nicht erwarten, daß die Schutzleute Sie mit Glacéhandschuhen anfassen.
- Angekl.: Na, waschlederne hatten Sie aber an. Nu möchte ick noch bemerken, det der Schutzmann eenen Mann beim Fuhrwerk hingestellt hat, un der Mann hat 'ne Mark gekriegt, un die Mark habe ick berappen müssen; det ärjert mir am allermeisten, ick will den Schutzmann verklagen, die Mark soll er mir verjütigen - Vors.: Damit werden Sie wohl kein Glück haben, aber das gehört nicht hierher. - Die Verhandlung endete mit der Verurtheilung des Angeklagten zu einer Strafe von drei Tagen Haft und vierzehn Tagen Gefängniß.


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