No. 66
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. August
1878
achtundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1878 Nr. 66 Seite 1][ => Original lesen: 1878 Nr. 66 Seite 23]Uebrigens werden die Ortsvorstände noch besonders auf die sub 6 des vorgenannten Erlasses gegebenen Bestimmungen aufmerksam gemacht und zur genauen Befolgung derselben hiemit angewiesen.
   Schönberg, den 14. August 1878.

Der Vorsitzende der Commission zur Abschätzung der durch die diesjährigen Truppenübungen verursachten Flurschäden.
In Vertretung:
H. Spieckermann.


Politische Rundschau.

Deutschland. Der Gesundheitszustand des Kaisers Wilhelm läßt kaum noch etwas zu wünschen übrig und tägliche längere Spazierfahrten in die prächtige Umgegend von Teplitz üben einen wohlthuenden Einfluß auf die Stimmung des Monarchen aus. Man glaubt sogar Grund zu der Hoffnung zu haben, der Kaiser werde am 24. d. M. der Vermählungsfeierlichkeit in Berlin persönlich beiwohnen.
Fürst Bismarck wird sich demnächst von Kissingen nach Gastein begeben; zur Zeit der Eröffnung des Reichstages gedenkt der Fürst nach Berlin zurückzukehren.
Die Verhandlungen mit der römischen Curie sind, wie anscheinend offiziös verlautet, augenblicklich zu einem Ruhepunkt gelangt. Die Nachricht, es würde zur Fortsetzung derselben ein neuer päpstlicher Nuntius in Kissingen erscheinen, wird als falsch bezeichnet. Vielmehr wollen gut unterrichtete Personen wissen, es würden dieselben in Rom durch einen besonderen Vertrauensmann fortgeführt. Jedenfalls scheint die Erzielung eines bestimmten Resultates in allernächster Zeit noch nicht zu erwarten.
In den letzten Tagen hat sich ein recht lebhafter Schriftwechsel zwischen dem Auswärtigen Amt und der deutschen Botschaft in Konstantinopel bemerkbar gemacht. Wie man hört, ist der einstweilige Vertreter der Reichsregierung, der Geschäftsträger Graf Radolinski, angewiesen worden, bei der Pforte zu erklären, daß eine Nichtachtung der Festsetzungen des Berliner Tractats oder eine verzögerte Ausführung ihrer Erfüllung die größten Gefahren für den Bestand der Türkei nach sich ziehen möchte. Es ist anzunehmen, daß die Räumung von Batum eine directe Folge dieser Vorstellung ist.
Der Justizausschuß des Bundesrathes trat am Freitag zur Berathung des Sozialistengesetzes zusammen. Die Verhandlung beschränkte sich indessen auf eine vorläufige Besprechung und die Bestimmung der Referenten. Der Entwurf hat die Billigung der größten deutschen Regierungen insbesondere der bayrischen Regierung, gefunden; die Annahme desselben seitens des Bundesrathes gilt für unzweifelhaft. Die von der Tabaksenquetekommission beschlossenen örtlichen Erhebungen sollen bis zum 1. October beendet sein. - In der seitens des Reichskanzlers der Heidelberger Conferenz vorgelegten Denkschrift wurden die eventuellen Erträge des Tabaksmonopols auf 80 - 90 Millionen Mark veranschlagt.
Die Ausführung des Unterstützungs=Wohnsitz=Gesetzes erheischt noch immer neue Ergänzungen seitens der Regierungsbehörden. So ist neuerdings von denselben gerügt worden , daß wiederholt von Armen=Verbänden verschiedener Ortschaften Personen, welche erkrankt zugereist kamen, Unterstützungen gewährt wurden, damit dieselben alsbald ihre Reise fortsetzen könnten. Dies steht im Widerspruch mit dem Unterstützungs=Wohnsitzgesetz, nach welchem ausdrücklich vorgeschrieben ist, daß der Armenverband des Ortes, an welchem die Erkrankung sich zuerst zeigt, zur Verpflegung verpflichtet ist. Es sind derartige Abwälzungen der Pflichten auf andere Armenverbände ausdrücklich untersagt worden.
Bei Ausführung von Post= und Telegraphenbauten ist von den Ober=Postdirektionen bezw. den bauleitenden Beamten in mehreren Fällen eine theilweise Verwendung ausländischer Materialien, namentlich von Werksteinen zu den Facaden, von Schiefer zu den Dachdeckungen, von Eisentheilen u. s. w. in Vorschlag gebracht worden. Da bei Bauausführungen dieser Art im Allgemeinen auch Materialien deutschen Ursprungs den Zweck zu erfüllen geeignet sind, so ist vom Generalpostmeister Stephan in einer an die Oberpostdirektionen gerichteten Verfügung bestimmt worden, daß, sofern nicht ganz besondere Verhält=

[ => Original lesen: 1878 Nr. 66 Seite 2]

nisse eine Ausnahme erheischen, zu den bezeichneten Bauten fortan lediglich deutsches Material verwendet werde.
Oesterreich. Die Aufgabe der Occupationsarmee in Bosnien erweist sich als eine überaus schwierige; der Oberstkommandirende, Philippowich, hat in sichere Erfahrung gebracht, daß sich etwa 30 Bataillone regulärer türkischer Truppen den Aufständischen angeschlossen hätten und daß fortwährend große Transporte von Waffen und Munition anlangten und unter die Bevölkerung vertheilt würden. Ebenso ist die Haltung der Serbier zweifelhaft, die an ihrer Grenze ein starkes Beobachtungskorps aufgestellt haben; man befürchtet, daß sich dasselbe im geeigneten Moment aktiv am Kampfe betheiligen wird. Es fragt sich nur, ob es nicht für Oesterreich vortheilhafter wäre, wenn Serbien schon heute die Maske abwürfe, die es jedenfalls später einmal und vielleicht in für Oesterreich minder günstiger Lage abwerfen wird. Klar blickende Politiker sind von allem Anfange an der Ueberzeugung gewesen, daß der Besitz Bosniens für Oesterreich schwerlich für die Dauer haltbar sein dürfte, wenn nicht Serbien zuvor als selbstständiges Gebiet zu existiren aufgehört hat.
Frankreich. Mehrere der Regierung nahestehende Blätter bringen die Nachricht, der französische Gesandte in Kopenhagen habe die Versicherung erhalten, daß von einer Heirath des Prinzen Ludwig Napoleon mit der Prinzessin Thyra gar nicht die Rede sei.
Der Pariser Kutscherstrike ist so gut wie beendet. Die Kutscher vermochten ihre Forderungen nicht durchzusetzen.
England. Am Freitag ist das Parlament unter Verlesung einer Thronrede geschlossen worden. - Es verlautet vielfach, daß der Herzog von Connaught (Prinz Arthur von Großbritanien) nach seiner Vermählung mit der Prinzessin Louise Margarethe von Preußen zum Vicekönig von Irland ernannt werden und mit seiner jungen Gemahlin seine Residenz in Dublin, der Hauptstadt Irlands, nehmen werde. - Ueber die Opfer an Menschenleben, welche die letzte Hungersnoth in Indien erforderte, liegen jetzt amtliche Nachweise vor. Der Unterstaatssekretär Stanhope giebt die Zahl der Verhungerten auf 1,350,000 an! - Nachrichten aus Cypern besagen, daß unter der Bevölkerung der Insel große Mißstimmung herrsche wegen einer Erklärung des Generals Wolesley, daß nur die englische Sprache allein als offizielle Amtssprache anerkannt werden würde.
Italien. Im Vatikan herrschen nach einem intimen Berichte der "Köln Ztg." recht trübe Zustände. Seit Franchi gestorben, ist die Furcht des Papstes vor Vergiftung auf's Aeußerste gestiegen. An seiner Tafel, die er nach der Vorschrift der Hofetiquette besucht, rührt er kaum noch eine Speise an. Sein Bruder selbst geht täglich zur Stadt und bringt ihm Pasteten und fabricirten Truthahn in Gelee unter dem Rocke. Das ist die einzige Nahrung, die er zu sich nimmt. Den Kaffee bereitet Leo sich selbst. Zwei Vergiftungsversuche hat man schon gegen ihn gemacht. Das eine Mal war es ein Glas Wermuth, nach dessen Genuß er sich plötzlich unwohl fühlte. Sein Bruder holte einen Arzt, zu dem er persönliches Vertrauen hat, und dieser gab ein Gegengift. Es waren einige Cardinäle dabei anwesend, die den Bruder des Papstes abhalten wollten, nach Hülfe auszuschicken. Der Bericht schließt mit einer nicht mißzuverstehenden Andeutung, daß der Cardinal Ledochowski die Seele der gegen den Papst gerichteten Conspiration sei.
Rußland. In Petersburg ist schon wieder ein mörderisches Attentat auf einen höheren Beamten verübt worden, das wohl geeignet erscheint, die größte Aufmerksamkeit zu erringen. Als General v. Mesenzow, Chef in der Geheimen Kanzlei des Kaisers, am Freitag Vormittag aus einem Hause an der Ecke des St. Michaelplatzes trat, schossen zwei Individuen mit Revolvern auf denselben. Der General stürzte zur Erde. Die Attentäter bestiegen einen am Platz haltenden Wagen und entflohen. Der General wurde schwer verwundet in seine Wohnung gebracht und verstarb noch am selben Tage. Von den Mördern vermochte die Polizei bisher noch keine Spur aufzufinden. Man vermuthet, daß sie der nihilistischen Partei angehören.


Die Hinrichtung des Attentäters Hödel.

Berlin. Dichte Gruppen umstanden am Freitag Morgen die Litfaßsäulen, an welche ein Plaket geheftet war, das die erfolgte Hinrichtung des Klempnergesellen Emil Heinrich Max Hödel anzeigte. Die Vorbereitungen zur Execution waren vor dem Publikum geheimgehalten worden. -
Bereits Donnerstag Vormittag war dem Hödel in seiner Zelle durch den Stadtgerichtsrath Hollmann mitgetheilt worden, daß durch Allerhöchsten Erlaß die Weisung ergangen sei, der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen, so daß das Todesurtheil am folgenden Tage vollzogen werden müsse. Hödel wurde ein wenig bleich, machte eine zuckende Bewegung und schreckte zurück. Diese innere Bewegung trat aber nur einen Moment zu Tage, dann gewann er seine Kaltblütigkeit wieder, er biß sich auf die Lippen, sagte kein Wort, sondern ließ sich ruhig in seine Zelle zurückführen.
Man stellte ihm jetzt frei, nach althergebrachter Sitte sich für die wenigen Stunden seines Daseins zu wünschen, was er wollte. Er erbat sich Chokolade und trank dieselbe mit großem Behagen, auch Wein und Weißbier genoß er viel; ferner erhielt er gewünschte Bonbons und Cigarren. Auch geschmierte Schrippen begehrte er und vertilgte dieselben mit Heißhunger. - Im Laufe des Nachmittags begehrte er, seine Mutter noch einmal zu sehen und zu sprechen. Dieser Wunsch konnte nicht in Erfüllung gehen, da es zu spät war, seine Mutter noch von Leipzig kommen zu lassen.
Er schrieb alsdann an seine Mutter, bat einen Gefangenwärter, ihm eine Locke abzuschneiden, was dieser that und dieselbe seiner Mutter als letztes Andenken von ihm zu übermitteln. - Nachmittags nach 6 Uhr brachte ein ganz neuer sogen. grüner Wagen den Delinquenten nach dem Moabiter Zellengefängniß; ihn begleiteten 4 Schutzleute und ein Wachtmeister der Schutzmannschaft. Draußen angelangt, wurde er in die Armensünderzelle gebracht, wo ihn der Oberstaatsanwalt v. Luck besuchte. Auf dessen Frage, ob es ihm denn nicht leid thue, ein so scheußliches Verbrechen gegen den Kaiser, seinen Landesherrn, verübt zu haben, antwortete Hödel mit frecher, lachender Miene: "Ich weiß gar nicht, was Sie von mir wollen; was soll mir denn leid thun? Ich weiß ja gar nicht, was ich gethan haben soll." Auch auf weiteres Einreden hatte Hödel nur freche und frivole Antworten.
Als der Geistliche später die Zelle betrat, um den Versuch zu machen, durch geistlichen Zuspruch auf das Gemüth des hartgesottenen Verbrechers einzuwirken, hörte Hödel lächelnd die Worte des Predigers an, hatte aber mehr Aufmerksamkeit für den von ihm produzirten Cigarrendampf als auf den Ernst der Stunde. Inzwischen war auf dem Hofe das Schaffott unter Leitung des Scharfrichters aufgestellt worden; als der Holzblock auf dem Brettergerüst befestigt war, verließen die Scharfrichtergehilfen die Anstalt. Zur Bewachung Hödels während der Nacht wurden demselben zwei Schließer und ein Wächter beigegeben, welche um 12 Uhr in der Nacht sich ablösten. Einen Theil der Nacht verbrachte Hödel rauchend, kurze Zeit schlief er auch.
Morgens um 6 Uhr trat er, von dem Anstaltsgeistlichen geleitet, seinen letzten Gang an. Die alte Ruhe und die alte Frechheit waren wieder da, er war wieder ganz der Hödel aus dem Gerichtssaale und hatte sich wahrscheinlich vorgenommen, mit Eklat aus der Welt zu scheiden. Festen Schrittes ging H. zum Schaffott und musterte mit frecher Miene das zur Hinrichtung erschienene Publikum. Dasselbe zählte etwa 50 Personen, welche um das Schaffott gruppirt waren. Es waren Mitglieder des Staatsgerichtshofes, an der Spitze der Vicepräsident des Kammergerichts Herr von Mühler und der Oberstaatsanwalt von Luck; auch vom Stadtgericht waren mehrere höhere Beamten anwesend. Von Militärpersonen bemerkte man den General von Voigts=Rheetz, von der Berliener Bürgerschaft mehrere Stadträthe, Stadtverordnete und Bezirksvorsteher in ihrer Amtstracht mit Kette angethan, von der Polizeibehörde den Polizeioberst Gerike und mehrere Polizeilieutenants, außerdem einige Nuntien des Königl. Stadtgerichts u. s. w.
Der Untersuchungsrichter wandte sich hierauf an den Scharfrichter Krauts, einen großen und kräf=

[ => Original lesen: 1878 Nr. 66 Seite 3]

tig gebauten Mann von 34 Jahren, der in eleganter schwarzer Toilette und feinster Wäsche und mit weißer Halsbinde erschienen war, indem er ihm die Bestätigungsurkunde des Kronprinzen vor Augen hielt mit den Worten: Ueberführen Sie sich von der Echtheit der Urkunde! Nun übergebe ich Ihnen den Klempnergesellen Emil Heinrich Max Hödel zur Enthauptung!
Der Untersuchungsrichter, Stadtgerichtsrath Hollmann nahm hinter einem vor dem Schaffott aufgestellten Tische Stellung, während der Delinquent vor diesen Tisch durch den Geistlichen, den Inspektor des Zellengefängnisses und zwei Wärter geleitet wurde. Hödel trug denselben grauen Anzug, mit dem er am Tage des Attentates, mit dem er auch bei der Gerichtsverhandlung bekleidet war. Mit erhobener Stimme verlas der Untersuchungsrichter alsdann das Urtheil und die Bestätigungsurkunde desselben, welche von Homburg, 8. August, datirt und von dem Kronprinzen unterzeichnet ist. Bei der Vorlesung des Datums dieses seines Todesurtheils spie der Verbrecher aus und rief nach beendeter Vorlesung ein vernehmliches "Bravo!"
"Kommen Sie", sprach der Scharfrichter; da sprang Hödel förmlich die drei Stufen zum Schaffott hinauf und legte Rock und Weste ab. In diesem Augenblicke ertönte das Armensünderglöcklein in der Anstalt. Mit unbeschreiblicher Frechheit blickte Hödel nach diesem Glöcklein hinauf und lächelte höhnisch den Anwesenden zu. Dann warf er die Hosenträger ab, einen Knopf des Oberhemdes konnte er nicht schnell lösen, einer der Scharfrichtergehilfen zog ihm das Hemd von hinten herunter, so daß der Oberkörper bis über die Brust entblößt war. Dann rief der Verbrecher laut: "Es lebe die Kommune." Dies waren seine letzten Worte.
Die vier Gehülfen des Scharfrichters schnallten dem Verbrecher die Arme um den Block, die Füße fest zusammen und legten den Kopf in den Einschnitt des Blockes, das Gesicht nach unten, indem sie den Hinterkopf mit einem handbreiten Gurt festschnallten, so daß der Delinquent den Kopf nicht bewegen konnte. Jetzt öffnete der Scharfrichter ein sauberes Futteral mit der Jahreszahl 1878 in Golddruck darauf, nahm das Richtbeil, ein Schlag - da lag der vom Rumpf getrennte Kopf; der Körper zuckte nach der Exekution kaum mehr. Ein bereitstehender Sarg nahm sofort den Körper auf, derselbe wurde alsbald in das bereitete Grab am Zellengefängniß gesenkt. Die Dauer der Exekution, Vorbereitung und Enthauptung, währte selbst kaum drei Minuten.
Der Scharfrichter Krauts hatte seines traurigen Amtes mit Geschick gewaltet. Nach der Hinrichtung reichten ihm der Vicepräsident des Kammergerichts v. Mühler, der Oberstaatsanwalt v. Luck, der Untersuchungsrichter Hollmann u. A. die Hand.
Es war etwa 15 Minuten nach 6 Uhr, als Alles vorüber war und alle Zeugen der Hinrichtung sich entfernt hatten.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Subhastation des zu Schönberg neben der Kirche sub Nr. 213 belegenen Wohnhauses c. p. des Kaufmanns Julius Schweigmann steht ein neuer Verkaufstermin auf

Mittwoch den 28. August d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

und ein anderweitiger Ueberbotstermin auf

Freitag den 20. September d. J.
Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte an, wozu Kaufliebhaber mit dem Bemerken hiemit geladen werden, daß die Verkaufsbedingungen jederzeit auf der Gerichts=Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Schönberg, den 12. Juni 1878.

Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Nachdem laut hohen Publicandi vom 28. Juni v. J. (Regierungsblatt 1877 Nr. 17) die dort genannten, bei der Stadt Rehna belegenen, zum Dominialgebiet gehörenden Grundstücke und Flächen aus dem Dominialnexus ausgeschieden und der Stadt Rehna einverleibt worden, werden zum Zwecke der Anwendung der Stadtbuchgesetzgebung auf jenes zu Stadtrecht übergegangene Amtsgebiet in Gemäßheit deßfallsiger Ermächtigung des hohen Großherzoglichen Justiz=Ministerii zu Schwerin durch das gegenwärtige, mit präclusivischer Wirkung versehene, jede Restitution ausschließende Proclam alle diejenigen, welche

1) bezüglich der nachbenannten, im Freien oder Nutzeigenthum von Privatpersonen befindlichen Grundstücke, nämlich
a) der resp. an Bäckermeister Grevsmühl und Steinhauer Parbs verkauften Ackerstücke an der Hof=Nesower Scheide;
b) der resp. dem Maurermeister Meyer und Schänkwirth Müller gehörenden Wohnhäuser und Bauplätze an der Amtsstraße und Chaussee;
c) der resp. dem Kaufmann Rieck und dem Brauer Jacobs zu freiem, resp. Nutzeigenthum zustehenden Gartenparcelen auf dem Kruge;
d) der Wohnhäuser c. p. des Zimmergesellen Ditz, resp. des Tagelöhners Freytag auf dem Kruge;
e) des Ackerstücks des Schustermeisters Sternberg am Grevesmühlener Wege;
f) des Begräbnißplatzes der vereinigten jüdischen Gemeinden zu Gadebusch, Grevesmühlen und Rehna;
g) des im Nutzeigenthum der Färber Schottschen Erben und des Tischlers Elwert jun. stehenden Fischergartens;
h) der an den Tabackspinner Burmeister und die folgenden Hausbesitzer an der Mühlenstraße bis zum Kaufmann Kindt einschließlich überlassenen Parcelen des früheren Namengartens.
in die II. oder III. Rubrik des Stadtbuchs gehörende dingliche Rechte, mit Ausnahme der sich aus den Grundbriefen ergebenden,
2) bezüglich sämmtlicher übrigen im obgedachten hohen Publicando vom 28. Juni v. J. aufgezählten, im landesherrlichen Eigenthum verbleibenden, resp. im freien oder Nutzeigenthum der Cämmerer, der Kirche oder des deutschen Reiches befindlichen Grundstücke in die II. Rubrik des Stadtbuchs gehörende dingliche Rechte, soweit solche sich nicht aus den Grundbriefen ergeben,
in Anspruch nehmen, hiedurch vorgeladen, solche Rechte in dem auf

Mittwoch, den 28. August d. J.,
Vormittags 11 Uhr,

vor uns anberaumten Termine genau anzumelden und rechtsgenüglich zu bescheinigen unter dem einfür allemal angedroheten Nachtheile des Ausschlusses mit denselben.
Zugleich wird hiemit bekannt gemacht, daß mit dem Tage der Veröffentlichung dieses Proclams die Stadtbuchgesetzgebung für das zu Stadtrecht übergegangene Amtsgebiet in Kraft tritt und daher fortan dingliche Rechte aller Art mit den in der revidirten Stadtbuchordnung § 1 Nr. 2 und § 2 am Schlusse angegebene Ausnahmen nur durch Eintragung in das Stadtbuch begründet werden können.
Rehna, den 6. Juni 1878.

Bürgermeister und Rath.


Verkaufs=Anzeige.

Am Freitag den 30. August d. J., Vormittags von 11 Uhr ab, sollen auf der Winkenwerder'schen Hofstelle in Lüdersdorf nachstehende abgepfändete Gegenstände öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlungen verkauft werden:

2 Pferde und 1 Arbeitswagen.
Schönberg, den 19. August 1878.

Kutzbach, Landreiter.     


Statt besonderer Meldung erlauben wir uns ganz gehorsamst anzuzeigen, daß uns heute zwei gesunde Mädchen geboren wurden.
Hof Lockwisch den 16. August 1878.

Th. Hempel und Frau.     


[ => Original lesen: 1878 Nr. 66 Seite 4]

Ausverkauf!

Wegen Verlegung meines Geschäftes pr. Ende September d. J. nach meinem neuerbauten Hause

obere Holstenstraße Kohlmarkt 274

beabsichtige ich eine Räumung meines gesammten reichhaltigen Lagers, als:

Kleiderstoffe, schwarze und couleurte Seidenzeuge, schwarze ganz wollene und halbwollene Caschmires, Cattune, Perçales, karrirte Baumwollzeuge, Bettdrelle, Leinen, Halbleinen, Flanelle, Gardinen, Dammaste etc.
ferner:
Jackettes, Fichus, Umschlagtücher, Pariser Longchales, Regenmäntel. diverse Unterröcke u. Tischdecken,
sowie
Buckskins u. Regenmäntelstoffe.

Ich verfehle nicht, meine werten Kunden, sowie ein geehrtes Publikum auf diese günstige Gelegenheit zu einem billigen Einkauf aufmerksam zu machen, da die Preise ganz bedeutend ermäßigt sind.
Proben können nicht abgegeben werden.
Preise pr. comptant.

                          Eduard Jappe, Lübeck,
                          Schüsselbuden 226.


Herren=Artikel= u. Reise=Effecten=Handlung
Werner Werner, Lübeck,
797 Breitestrasse 797,
im Hause der Commerzbank, Eingang von der Johannisstraße.
Anfertigung von Herrengarderobe nach Maaß.


Für die vielen Glückwünsche zu unsrer silbernen Hochzeit, sagen wir unsern besten Dank.
Schönberg den 18. August 1878.

H. Bremer und Frau.     


Zur Deckung der Brandschäden, der Instandhaltung der Löschanstalten und zu den Verwaltungskosten ist ein Beitrag von 12 1/2 Pf. für Cl. I., 16 2/3 Pf. für Cl. II. und 20 5/6 Pf. für Cl. III. erforderlich, welches den Mitgliedern der Feuerassecuranz=Societät im Fürstenthum Ratzeburg hiermit angezeigt wird.
Der Zahlungstag wird den einzelnen Ortschaften noch besonders bekannt gemacht.
Schönberg, den 14. August 1878.

Die Direction der Feuerassecuranz=Societät im Füstenthum Ratzeburg.
F. Fick.      F. Stüve.


Sedanfeier in Ratzeburg.

Auch in diesem Jahre wird hier am 2. und 3. September eine nationale Erinnerungsfeier stattfinden. Wir werden weder Mühe noch Kosten scheuen, die diesjährige Feier zu einer die früheren an Würde und Glanz wo möglich noch übertreffenden zu gestalten, und fordern deshalb die Bevölkerung Ratzeburgs und der Umgegend zu zahlreicher Betheiligung auf.

Das Fest=Comite.     


Weiße Korbweiden
empfiehlt                                                    
                                                    C. Benthien,
                                                    Lübeck, Fünfhausen.


Pferd Am Mittwoch den 21. dieses Mts. Mittags treffe ich mit einem Transport Pferd
Hannöverscher Säugefüllen
ein, Kaufliebhaber freundlichst einladend.                                                    
                                                    Bernhard Schleuss.
                                                    Schönberg.


Auf dem Hofe Lockwisch wird am Mittwoch den 21. August d. J. Rappstroh verbrannt.


Breitestraße 804.      Friedr. Matz,      Breitestraße 804.
Lübeck.
Lager von
Tapeten und Decorationsgegenständen,
Rouleaux,
Gold- und Politurleisten,
Teppichen und Cocosmatten,
Wachstuch und Ledertuch.


Soeben erschien in L. Körner's Verlag, Berlin, Friedrichstraße 235:

Rettung von Trunksucht
und Beseitigung ihrer schrecklichen Folgen.

Ein Wort zur Warnung und Beruhigung aller derjenigen, welche von diesem Laster geheilt und wieder in sichern Besitz von Gesundheit gelangen wollen. - Gegen Einsendung von 50 Pfennig (Mecklenburg). in Briefmarken wird dieses Werkchen jedem franko zugesandt.


Am Sonntag und Montag, den 1. und 2. September, wird bei mir ein

Scheibenschießen
nach Gewinnen
stattfinden, und lade ich meine geehrten Gönner zu recht reger Betheiligung hierdurch freundlichst ein.
Ein Satz von 3 Schüssen, auf den nur 1 Gewinn fallen kann, kostet 1 M. Büchsen sowie auch Schießbedarf werden von mir geliefert.

H. Tretow.          
Bäckermeister und Krüger     
in Demern.         


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M0,90 .
Tauben d. St. M0,40 .
Hühner d. St. M1,40 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,90 .
Küken d. St. M0,80 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .
Eier 6 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,50 .


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen20 M -Pfennig  bis 21 M -Pfennig.
Roggen13 M -Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Gerste14 M -Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Hafer13 M 50Pfennig  bis 14 M -Pfennig.
Erbsen14 M -Pfennig  bis 16 M 50Pfennig.


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1878 Nr. 66 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 66 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 20. August 1878.


Die Wege des Schicksals.
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1878 Nr. 66 Seite 6]

Die Wege des Schicksals.
[Fortsetzung.]


- Prinz Heinrich von Preußen der sich dem deutschen Flottendienst widmet, wird nächstens auf einem Kriegsschiffe Deutschland verlassen, um eine 2jährige Seereise zu machen, welche ihn auf die Meere aller Erdteile führen wird. Er ist erst 16 Jahre alt, wird aber einst Admiral der deutschen Flotte werden.
Auf Einladung der französischen Regierung begeben sich im nächsten Monat preußische Offiziere unter Führung des Generalmajors von Loe zur Theilnahme an den französischen Herbstmanövern nach Paris. Es geschieht dies zum ersten Male seit dem Kriege, obwohl sich schon seit Jahren französische Offiziere bei den preußischen Manövern eingefunden hatten.
- Ein Seitenstück zum General "Staff". Die Gironde theilte vor einiger Zeit mit, daß ein berühmter Münchener Bildhauer "de Fach" sich um die Ausstattung des deutschen Kunstsalons in der Pariser Weltausstellung verdient gemacht habe.
- Große Noth herrscht in Berlin unter den Tausenden von verschämten Armen, die sich um keine öffentliche Unterstützung bewerben wollen oder können. Es sind unter ihnen namentlich viele unverheiratete ältere Damen, die Wittwen und Töchter höherer Beamten und Offiziere, die nach dem Tode der Gatten und Väter hülflos oder doch in den ärmlichsten Verhältnissen zurückbleiben und sich nun ihr tägliches Brod selber verdienen müssen. Die Noth in diesen stillen Familien ist oft groß; denn Stiftungen zu ihren Gunsten giebt es wenige im Verhältniß zu dem großen Bedürfniß.
- Michael Reese, ein Bayer aus Wallerstein war vor langen Jahren nach Amerika gegangen und in Californien ein vielfacher Millionär geworden. Ein Weib hatte er nicht genommen, entweder weil er nicht die rechte Zeit oder nicht das rechte Weib fand, und auf einmal überfiel ihn das Heimweh und verließ ihn nicht wieder. Eines schönen Tages neulich fand er sich in Wallerstein ein, wo ihm mehre Schwestern lebten, und sein erster Gang war zu den Gräbern seiner Eltern. Es war auch sein letzter; denn kaum war er still heimgekehrt, so traf ihn der Schlag und er starb. Seine Schwestern müssen nun sehen, wie sie mit dem vielen Geld fertig werden.
- Die Amerikaner wissen, was sich schickt. Da ihnen vor Jahren eine berühmte preußische Regimentsmusik unter Saro einen musikalischen Besuch machte und Geld und Lorbeeren sammelte, so haben sie jetzt ihre beste Militairmusik zum Gegenbesuch herüber geschickt. Es sind 62 Mann des 22. Regiments in New=York unter dem Commando ihres Kapellmeisters Gilnore. Die ersten Conzerte werden sie in Berlin und Leipzig geben.
- Auf der Fahrt von Homburg nach der Saalburg waren die Postpferde durchgegangen und der deutsche Kronprinz und Gemahlin etc. setzten den Weg zu Fuß fort. Da kam ein Bauer gefahren mit zwei Kühen vor seinen Leiterwagen, um Holz zu holen. Lieber Mann, sagte die Kronprinzessin, dürfen wir mitfahren? Er lachte und nickte; denn er hielt es für Scherz. Die Prinzessin stieg aber auf den Wagen und setzte sich auf ein Gebund Grünfutter; der Kronprinz, im Sommeranzug, schritt plaudernd neben dem Bauer her. Als dieser die Pfeife wegsteckte, sagte er, rauchen sie doch, ich rauche ja auch. Und wie gehen ihre Geschäfte? - "Ei nun, antwortete der Bauer, wie's beim'e orme Bauer geht, viel Steuern und schlechte Geschäfte; wann mer vier Kinner hot, do hat mer sei Last, deß man ewe durchkömmt." - "Nun, trösten Sie sich mit mir, ich hab ja deren acht," sagte der Kronprinz. Oben auf der Saalburg angekommen, erhielt der erstaunte Fuhrmann, der keine Ahnung hatte, wen er gefahren, 20 Mark und seine ihm begleitende Magd 10 Mark Trinkgeld. Gleichzeitig mit dem Leiterwagen kam auch die inzwischen herbeigeholte königliche Equipage auf der Saalburg an.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD