No. 47
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. Juni
1876
sechsundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1876 Nr. 47 Seite 1]

Politische Rundschau.

Mecklenburg. Am 16. Juni, Vormittags 11 Uhr, wurde die Leiche des verstorbenen K. russischen Contre=Admirals v. Bock, Hofmarschalls Sr. K. H. des Großfürsten Wladimir von Rußland, in feierlichem Zuge vom Großherzoglichen Schlosse in Schwerin nach dem Bahnhofe übergeführt, um von da in Begleitung der nächsten Leidtragenden nach Petersburg gebracht zu werden. Ein Bataillon des 89. Regiments und eine Batterie der Schweriner Artillerie=Abtheilung mit den Musikcorps waren zur Trauerparade kommandirt. Vier Offiziere trugen die Orden des Verstorbenen unmittelbar vor dem Leichenwagen, der, mit Pferden aus dem Großherzoglichen Marstalle bespannt, den reichbekränzten Sarg trug. Hinter dem Sarge folgen drei Söhne des Verstorbenen, entblößten Hauptes zu Fuß; dann kamen der Großfürst Wladimir und der Großherzog zu Pferde, welchem sich die gesammte Generalität und alle höheren Offiziere zu Pferde anschlossen. Die Straßen, durch welche der Leichenzug unter Militär=Choralmusik sich bewegte, waren von Menschenmassen besetzt. Auf dem Platze am Bahnhofe bildete das Militär Spalier. Die hohen Herrschaften und das Gefolge geleiteten die Leiche bis zu dem Bahnzuge, der zur Abfahrt bereit stand. Dieselbe ging zunächst nach Lübeck, von wo sie zu Schiff nach Rußland weiter befördert werden wird. Die Leiche ist von Schweriner Aerzten einbalsamirt worden.
Deutschland. Kaiser Wilhelm ist am 14. Juni in Bad Ems, Fürst Bismarck in Bad Kissingen als Kurgast angekommen. Beide, Kaiser und Kanzler, haben vor ihrer Abreise täglich mit einander verhandelt. Der Kaiser wurde auf dem Bahnhofe in Ems von dem Kaiser Alexander und in sein Absteigequartier geleitet; sie bleiben 3-4 Tage beisammen, dann erst reist Kaiser Alexander und trifft vielleicht auf der Heimreise in Böhmen mit dem Kaiser Franz Joseph zusammen. Fürst Bismarck hat auf der oberen Saline, etwa 3/4 Stunde von Kissingen, Wohnung genommen, der König von Bayern hat ihm wieder 6 Pferde und 4 Wagen mit der nöthigen Bedienung geschickt.
Der Kaiser hat für die Dauer der Abwesenheit des Reichskanzlers zum Stellvertreter desselben in der Leitung des Reichsamtes den Präsidenten des Reichskanzleramtes Hofmann ernannt.
Von unerwarteten Ereignissen abgesehen haben wir in nächster Zeit schwerlich große Dinge im Orient zu erwarten. Die Großmächte wollen dem neuen Sultan Zeit lassen, sich mit den Aufständischen zu verständigen und mit seinen Reformen aufzutreten. Den Aufständischen in Bosnien und der Herzegowina ist von dem Sultan eine Amnestie mit einer Frist von 6 Wochen verkündigt, um mit den türkischen Behörden zu verhandeln. Während dieser Zeit erfolgt eine Einstellung der militärischen Hin= und Herzüge, nur die kleine Festung Niksich wird verproviantirt. Den Serben und Montenegrinern ist in dieser Zeit Ruhe auferlegt.
Zwei Dinge vor allen anderen haben seit mehreren Tagen allenthalben die Aussichten und die Stimmung erhellt und gehoben 1) die friedliche Wendung in den orientalischen Händeln und 2) die anhaltenden und ergiebigen Regenspenden. Aus der Nähe und Ferne kommen Nachrichten von den Wundem, welche die warmen Regengüsse in Wald und Wiese, Garten und Flur gethan haben; in Stadt und Land athmet alles nach banger Sorge wieder hoffnungsvoll auf; denn wie auch die Menschen, Stände und Völker durch Politik und Leidenschaften getheilt sind, ein Mißjahr empfinden sie alle als gemeinsames Unglück, eine halbwegs gesegnete Ernte als gemeinsame Freude und Erhebung. Und was den Frieden betrifft, so verkündigen ihn am zuversichtlichsten die Engländer, die am meisten geneigt schienen, es auf einen furchtbaren Krieg ankommen zu lassen, um den russischen Plänen auf Constantinopel entgegenzutreten.
Auf Gibraltar sind die Blaujacken von unserem deutschen Panzergeschwader und die Bootsleute der Festung hintereinander gekommen und haben sich blutige Köpfe angethan. Erst war's ein Einzelkampf zwischen einem deutschen Matrosen und einem, bald ein Drei= und Sechskampf und zuletzt entbrannte das Gefecht auf der ganzen Linie; die Deutschen kämpften mit ihren Messern, die Fremden mit Ruderstangen und Bootshaken. Zwei Kompagnieen englisches Militär mußten mit gefälltem Bajonnett einschreiten und den Platz räumen, nachdem zu guterletzt mehr als 20 deutsche Matrosen in das Wasser gedrängt worden waren. Ertrunken ist keiner, verwundet mancher, in Prison sind alle Betheiligte. Es liegen bis jetzt nur englische Berichte vor, die vorsichtig aufzunehmen sind. Admiral Batsch war auch am Lande und von dem Gouverneur festlich bewirthet worden.
Die Sozialdemokraten werden nun doch noch in den Tagen vom 20.-23. August ihren Congreß in Gotha abhalten. Die sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten (Bebel, Geib, Hasenclever, Hasselmann, Liebknecht, Motteler, Reimer und Vahlteich) haben ihre Parteigenossen dazu eingeladen und folgende Tagesordnung festgestellt: 1) die Thätigkeit der sozialistischen Reichstagsabgeordneten; 2) Gang und Stand der sozialistischen Sache in Deutschland; die bevorstehenden Reichstagswahlen; 4) Feststellung der sozialistischen Candidaturen; 5) die sozialistische Organisation; 6) die Partei=Presse - Auf einer Versammlung in Neuhausen bei München entwickelte ein Herr Weigel das sozialistische Programm: Direkte und geheime Wahl, Wahlberechtigung für jeden 20jährigen, Abschaffung des stehenden Heeres, Volkswehr, Entscheidung über Krieg und Frieden durch das Volk, keine Ausnahmsgesetze (?) für die Arbeiter (?). Zum Schluß machte Herr Weigel die denkwürdige Enthüllung: "Wenn ein Mensch dumm ist, so kommt es meist daher, weil er seinen Verstand nicht entwickelte" (ungefähr so wie die Armuth von der Poverté herkommt). Als Arznei empfahl er Folgendes : "Studiren Sie fleißig unser Programm und wo sie Aufklärung brauchen, stehe ich zu Diensten."
Türkei. Das Hauptkennzeichen eines guten Muhamedaners ist in neuer Zeit nicht der Turban oder der Fez, sondern die Pump=Hose, wie man an

[ => Original lesen: 1876 Nr. 47 Seite 2]

Abdul=Aziz und seinem Vasallen, dem egyptischen Khedive, gesehen hat. Und in diesem Haupstücke wirds der neue Sultan Murad beim Alten lassen. Er hat seine weiteste Pumphose angezogen und hofft, daß 1) der Khedive, der in diesen Tagen ihm eigenhändig in Konstantinopel huldigt und 2) John Bull ihm die Taschen füllen wird. Der Khedive wird vielleicht um Lebens und Sterbens willen, obwohl er selber in Nöthen ist, ein Uebriges thun; ob Englands Freundschaft zu einer nachhaltigen Anleihe ausreichen wird, muß sich zeigen. Soldaten und Beamte in der Türkei haben seit Jahren keinen Sold erhalten; man wird sie auch in der constitutionellen Türkei nicht entbehren können und Constitutionen, auch die besten, kosten heidenmäßig viel Geld.
Aus Konstantinopel kommen Meldungen von einer neuen blutigen Katastrophe. Zwei Hauptbetheiligte an dem dortigen Thronwechsel sind durch ein Mord=Attentat um's Leben gekommen. Die Minister waren in der Nacht zum 16. Juni bei Midhat Pascha zur Berathung versammelt, als ein vor Kurzem abgesetzter Offizier, mit einem Revolver bewaffnet, in das Berathungszimmer trat und den Kriegsminister sowie den Minister des Auswärtigen tödtete und den Marine=Minister schwer verwundete. Außerdem wurde noch ein Adjutant des Großvezirs und ein Diener Midhat Paschas getödtet. Der Offizier ist verhaftet. Die That wird als eine Art der Rache wegen der Entthronung des Sultans Abdul=Aziz angesehen. Der Mörder ist durch den Strang hingerichtet.
Spanien. Der spanische Senat hat in seiner letzten Sitzung den Art. 11 der Verfassung, betreffend die Toleranz in Religionssachen, mit 30 gegen 14 Stimmen genehmigt.
Es wird jetzt officiell bestätigt, daß sich Don Carlos in Mexiko befindet.
Afrika. Der König von Dahomey soll, den letzten Nachrichten von der Westküste Afrikas zufolge, sich nun doch entschlossen haben, die Buße, welche ihm wegen Mißhandlung eines Engländers zu Waidah auferlegt wurde, zu entrichten und die geforderten 500 Faß Palmöl zu liefern.


- Der diesjährige Wonnemonat Mai war der kälteste und unfreundlichste seit etwa 30 Jahren. Die Temperatur betrug im Mittel 9.05 Grad und blieb mehr als 2 1/2 Grad hinter dem Durchschnitt des Mai von 11.75 Grad zurück. Der zweitkühlste Mai seit etwa 30 Jahren war der des Jahres 1866 mit einer mittleren Temperatur von 9.20 Grad. Der wärmste Mai war im Jahre 1858 mit 15.33 Grad.
- Die Pessimisten haben für die jetzt herrschende Hundstagshitze eine neue Abkühlungsmethode erfunden. Sie behaupten, unser Erdball gehe einer neuen Eisperiode mit Riesenschritten entgegen, welche in etwa 7000 Jahren ganz Europa vergletschern werde, so daß nur noch Pelzthiere die Königreiche und Kaiserthümer und sogar die Republiken der Gegenwart beherrschen würden (Es wehte eben damals russischer Wind, direkt aus Sibirien, richtige Knutenluft wegen der orientalischen Frage.) Die Optimisten aber trösten sich mit der Chronik des alten Felbrig, welcher z. B. berichtet: Im Jahre 1606 war der ganze Sommer so kalt und widerwärtig von Anfang bis Ende, daß sich Pest und rothe Ruhr einstellten. Dagegen wars im Jahre 1611 so warm, daß schon im Hornung kein Reif mehr fiel, im April aber das Getreide vor Hitze verdorrte. 1615 schneite es Ende Mai mit Gewitter und Sturm. (In demselben Jahre wurde eine Kindsmörderin gesäckt, d. h. mit einem Sack in der Elster ersäuft - ein kräftigeres Zuchtmittel als 6 Monat Zuchthaus.) 1621 hielt starker Frost bis Pfingsten an. Dagegen blühten 1628 die Bäume im December und 1628 quackten die Frösche im December. Im Jahre 1662 wieder am Pfingstdienstag tiefer Schnee u. s. w. Also es ist alles schon dagewesen, sagt Rabbi Akiba, und nützt nichts, auf das Wetter zu zanken.
- Der Prinz von Wales soll (Fränk. Courier) im Kurhaus in Kissingen 24 Zimmer für sich bestellt haben, um sich von den Strapazen der indischen Reise zu erholen.
- Am Schlimmsten haben die Ueberschwemmungen in der Schweiz gewüthet. Zahlreiche Eisenbahnen wurden unfahrbar, zahlreiche Brücken und industrielle Bauten und Anlagen zerstört, viele Menschenleben gingen verloren, der Postverkehr hörte auf. In Zürich trat der See in die Stadt und die Anlagen, was seit 1804 nicht mehr geschehen. Im Canton Thurgau erreichte das Wasser die nie gesehene Höhe von etwa 25 Fuß über dem Normalstand (?). Namenloser Jammer, unabsehbarer Schaden. Seit vorgestern sind die Wasser im Fallen, auch im südlichen und westlichen Deutschland.
- In Saarbrücken, durch die Schlacht am Spicherer Berge Jedermann bekannt, schlug neulich ein Händler seine fliegende Bude auf und versteigerte alle möglichen Waaren vier geschlagene Wochen lang. Als er aber lachenden Mundes von dannen ziehen wollte, überreichte ihm die Behörde einen Communal=Steuer=Zettel von 60 Thalern und bat um gleichgefällige Bezahlung. Sein Gesuch um Conzessionirung als Auktionator wurde ihm abgeschlagen.
- Arm, alt und müd ist am 7. Juni in Freiburg an der Unstrut die Wittwe des Turnvaters Jahn gestorben, nachdem sie ihren Mann 26 Jahre überlebt hatte. Die Sammlungen unter den Turnern, um ihr einen sorgenlosen Lebensabend zu bereiten, kamen verspätet.
- 80-90 Jahre Alter sind nichts. Frau Dodd in Philadelphia ist 116 Jahre und hat auf eigenen Beinen die Ausstellung besucht. Weil sie ihre beiden Kindlein derweil nicht allein und ohne Aufsicht lassen kann, nahm sie sie in die Ausstellung mit, obwohl nicht zu halben Preisen; denn die eine ist 83, die andere 94 Jahre alt.
- Das Edelweiß gedieh sonst nur, wie man glaubte, auf den hohen Alpen. Vor mehreren Jahren verpflanzte es ein unternehmender Pfarrherr in seinen Garten in Altendorf in Schlesien und es gedieh und blüht jetzt wunderschön. Die Berliner, die noch viel unternehmender sind, hoffen jetzt auch das Alpenglühen auf ihrem Kreuzberg einheimisch machen zu können.
- Ein in Frankfurt vor Gericht als Zeuge vernommener Metzgermeister erklärte stolz, er verkaufe täglich 8 Centner Ochsenfleisch, was jährlich eine Herde von etwa 420 Ochsen ausmacht.
- In Paris ist zwischen zwei Engländern, dem Sir Frenley und Sr. Laratley, eine ebenso originelle als zeitgemäße Wette abgeschlossen worden. Der Erstere wette um 100,000 Fr., daß keiner der gegenwärtig herrschenden Souveraine Europas das Ende der Insurrektion in der Herzegowina erleben werde. Sir Laratley hatte die Wette gehalten und Sir Frenley hat die angebotene Wettsumme, im Falle auch er den Ausgang der Insurrektion nicht erleben sollte, seinen einstigen Erben zur Zahlung übertragen.
- Ein Pariser Feulletonist der "Schles. Ztg." schreibt: Die Pariser Bekleidungskünstler denken schon an die nächste Wintermode, ja sie haben dieselben schon festgestellt. Sie haben gefunden, daß alle bisherigen Kleidungsstücke der Damen noch nicht eng und anliegend genug gewesen, die Formen des Körpers nicht genug hervortreten lassen. Deshalb ist beschlossen worden im hohen Rathe, daß im nächsten Winter die Damen Cürasse aus gold= und silberbesticktem Ziegenleder zu tragen haben. Der Schooß, die Röcke sollen dabei so eng und reducirt als nur möglich werden. Kurz, wir kehren zu der ersten Republik zurück, wo man die antikrepublikanische Einfachheit fast bis zur Kleiderlosigkeit trieb. Das Kaiserreich hatte durch die Crinoline den Umfang der Damen bis ins Ungeheuerliche, Lächerliche gesteigert, die Republik droht nun die Enge und "Anliegenheit" jedenfalls bis auf das Aeußerste zu treiben.


Anzeigen.

Auf Antrag der Erben des wailand Bäckermeisters Friedrich Düßler haben wir zum öffentlich

[ => Original lesen: 1876 Nr. 47 Seite 3]

meistbietenden Verkaufe der zu seinem Nachlasse gehörenden Grundstücke, nämlich

1) des Wohnhauses in der Bülower=Straße Nr. 46 und
2) das Ackerstück am Brützkower Wege Nr. 293

Termin auf

Mittwoch, den 28. dieses Monats,
Vormittags 11 Uhr,

anberaumt, wozu wir Kaufliebhaber einladen mit dem Bemerken, daß nur dieser eine Termin stattfinden wird und daß die Verkaufsbedingungen in demselben regulirt werden sollen.
Rehna, den 3. Juni 1876.

Bürgermeister und Rath.


Auction.

Am Sonnabend den 24. Juni c., Morgens von 10 Uhr an, soll im Kruge zu Rieps in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

Mannskleidungsstücke, 1 zweischläfriges Bett, 11 Bolzen flächsen Leinen, 15 Bolzen heeden Leinen, 1 Lade, 1 Kiste, 1 Tisch, 1 Bettstelle, 1 Rest Brennholz etwas Haus= und Küchengeräth, Speck, 1 Ziege.
Schlagsdorf, den 12. Juni 1876.

Krüger, Landreiter.     


Verkaufs=Anzeige.

Am Montag den 29. Juni d. J., Vormittags von 11 Uhr ab, sollen in Herrnburg beim Schulzen Grieben

3 Kühe, 1 zweijährige Starke und 1 Stuhlwagen
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden.

Schönberg.                                                     Kutzbach, Landreiter.

Verpachtung.

Die Landstelle, 4 bis 5 Last Acker mit Wiesen und bedeutendem Torfmoor, des verstorbenen Hauswirths Oldenburg in Herrnburg, Amt Schönberg, eine Stunde von Lübeck entfernt, soll von Seiten der Vormünder unter sehr günstigen Bedingungen mit Inventar auf 12 Jahre im Ganzen oder parcellenweise am 21. Juni
an Ort und Stelle öffentlich verpachtet werden.
Die näheren Bedingungen sind vorher bei den unterzeichneten zu erfahren.

Herrnburg bei Lübeck.                                                    E00398.
J. Hagen.        P. Grube.
Vormünder der
Oldenburg'schen Minorennen.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.
Während des Johannistermins
vom Sonnabend den 24. Juni d. J.
bis
Sonnabend den 1. Juli d. J.
ist die Anstalt
täglich
von 7 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
geöffnet.

Das Directorium.


Die Lübecker Bank vergütet für bei ihr belegte Gelder bis auf Weiteres
4 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
3 1/2 % bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 % bei dreimonatlicher Kündigung. Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als M. 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1876.

Lübecker Bank.     


Statt jeder besonderen Meldung.

Es hat dem Herrn über Leben und Tod gefallen, meinen ältesten Sohn Christian, Inspector zu Boddin bei Wittenburg, nach einer nur 12=stündigen Krankheit in seinem 29sten Lebensjahre von dieser Welt abzurufen.
Auf's Tiefste betrauert von seiner Mutter und Geschwistern.

Louise Saß geb. Steger,
verwittwete Postmeisterin.

Schönberg, den 17. Juni 1876.


Todes=Anzeige.

Am 17. d. Mts. endete ein sanfter Tod die langen und qualvollen Leiden unserer lieben Tochter und Schwester, Dorothea Voß.
Schmerzlich betrauert von ihren Eltern und Geschwistern.

Schönberg.                                                     C. Voß und Frau.


Die
Großherzog Georg-Stiftung,

welche ihren Mitgliedern im Alter, von 60 Jahren an, eine mit der Vereins=Casse wachsende jährliche Einnahme gewährt, bringe ich den Bewohnern des Fürstenthums Ratzeburg hierdurch in Erinnerung.
Die Mitgliedschaft wird durch geringe Beiträge erworben.
Anmeldungen zur Aufnahme, welche alljährlich in den letzten 8 Tagen vor dem Johannistermine geschieht, nehme ich entgegen, und wie ich zu jeder Zeit Auskunft darüber gern ertheile, so sind auch die Statuten bei mir unentgeltlich zu haben.
Schönberg, den 15. Juni 1876.

G. Grapow.     


Drains

von Nr. 1 bis 6 sind wieder aus der Ziegelei des Herrn A. Capell=Hammer eingetroffen und empfiehlt solche

W. Holldorff,       
Schönberg i. M.     


Haar=Arbeiten.

Den geehrten Stadt= und Landbewohnern empfehle von jetzt an alle Sorten Haararbeiten, als:

Flechten, Chignons, Armbänder, Uhrbänder u. s. w., sowie Frisirwolle

in allen Farben zu billigen Preisen. Von ausgekämmtem Haar werden Flechten und andere Gegenstände prompt und gut angefertigt.
Schönberg, den 15. Juni 1876.

H. Ratzeburg.     


Original Frister & Rossmann
Nähmaschinen

mit Tisch (Wheeler & Wilson System) von Rmk. 75,00 an

Handnähmaschinen

mit Untersatz von Rmk. 25,00 an

Original Singer
Nähmaschinen zum Fabrikpreise
empfiehlt

Carl Haase.     

Ratzeburg 1876.


Amerikanische Burdick & Kriby
Getreide- und Gras-Mähmaschinen,
sowie
eiserne Pumpen

in jeder Größe, billiger als hölzerne, empfiehlt zu bedeutend herabgesetzten Preisen

Die Maschinen=Anstalt von
J. Arndt, Lübeck,
Fleischhauerstraße 70.


Mais und Futter=Hafer

empfiehlt

W. Holldorff.     


[ => Original lesen: 1876 Nr. 47 Seite 4]

Das Quartal der Schuhmacher=Zunft findet am

Montag den 26. Juni d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

im Locale der Frau Gastwirthin Boye hier statt, und laden wir sämmtliche Stadt= und Landmeister unserer Zunft hierzu ein.
Gleichzeitig fordern wir alle diejenigen Mitglieder, welche mit ihren Beiträgen an die Lade noch im Rückstande geblieben sind, hiermit auf, dieselben bei Vermeidung von executivischen Maßregeln schleunigst an uns einzuzahlen.
Schönberg, den 19. Juni 1876.

Die Aelterleute.     


Jeden Bandwurm

entfernt in 3-4 Stunden vollständig schmerz= und gefahrlos; ebenso sicher beseitigt Bleichsucht, Trunksucht, Magenkrampf, Epilepsie, Veitstanz und Flechten - auch brieflich:

Voigt, Arzt zu Croppenstedt.     


Auf dem Hofe Neuhof (bei Ratzeburg) werden zu Michaelis

2 Deputat=Pferdeknechte, sowie
1 Schäfer
gesucht; auch können daselbst
Tagelöhner bei gutem Verdienst
Wohnung finden.


Fried. Matz.
Lübeck,
Breitestrasse 804.
Lager von Tapeten, Borden, Goldleisten Rouleaux & Teppichen.


Bekanntmachung.

Ich habe vor kurzer Zeit aufgefunden, daß über meine beiden Weidekoppeln ein Richtsteig, von Niendorf nach Petersberg und wahrscheinlich nach der Lockwischer Mühle hin, angelegt worden ist. Daß nun hierdurch die Ruhe des Viehes gestört wird und großer Schaden entstehen kann, muß doch jeder bedenken, der das unbefugte Gehen betreibt.
Da ich das Betreten nicht länger dulden kann, so bitte ich nochmals dringend, solches zu unterlassen und werde Jeden, der darauf betroffen wird, dem Gerichte anzeigen.

Hauswirth Tews, Bechelsdorf.     


Zur bevorstehenden Erndte empfehle ich

Mähmaschinen

aller Art, als:

Buckey, Burdik, Champion, Gülich'sche, Hornsby'sche, Jonston'sche Leader, Little Champion,
Peerles-Russel, Samuelson'sche

und andere mehr; viele davon habe auf Lager und stehen zur Ansicht, wie auch

Heuwender und Pferdeharken
bester Construction.                                                     (H02146b.)

Lw. Warncke, Mölln i. L.


Für einen Hof in der Nähe Schönbergs suche ich zu Michaelis mehrere

Tagelöhner=Familien.

Weitere Auskunft zu ertheilen bin ich gerne bereit.

W. Holldorff.
Schönberg.


Beim Feuer in Pogetz ist mir ein ledernes Feuereimer abhanden gekommen, in demselben ist mein Name eingenäht. Der jetzige Inhaber wird ersucht, mir dasselbe wieder zuzustellen.

Hauswirth Freitag in Pogetz.


Segelschiff     Täglich frischen Kalk
und echt englischen
Portl.=Cement
bei
W. J. Heymanson,
Lübeck.


Besten
Matjes=Hering
empfiehlt                           J. Ludw. D. Petersen
                                                     in Schönberg.


Einem geehrten Publico zeige ich hiermit ergebenst an, daß ich im Hause des Barbier Fick hieselbst, Siemzerstraße Nr. 186, ein

Friseur=Geschäft

eröffnet habe; auch verfertige ich Flechten von ausgekämmten Haaren, halte auch Wallwolle, Haarnadeln u. s. w. zu den billigsten Preisen, und verspreche jede mir übertragene Arbeit schön und nach Mode der Neuzeit billig und prompt zu liefern.

Friedericke Hundt,
Friseurin in Schönberg.


Am Montag und Dienstag, den 3. und 4. Juli d. J., findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach Gewinnen (Mobilien) statt, wozu ich meine Freunde und Gönner hiermit ergebenst einlade.
Am ersten Tage

große Tanzmusik.

Schlagsdorf, den 19. Juni 1876.

J. Lühr, Gastwirth.


Bekanntmachung.

Alle Diejenigen, welche dem verstorbenen Cigarrenfabrikanten und Gastwirth Peter Schlatow zu Carlow noch Schulden, werden aufgefordert, diese ihre Schuld binnen vier Wochen bei dem Unterzeichneten zu berichtigen.
Kuhlrade, den 19. Juni 1876.

Schulze Kreutzfeldt.     



Gichtwatte
lindert sofort und heilt schnell                           (H. 6242)
Gicht und Rheumatismen
aller Art, als: Gesichts=, Brust=, Hals= und Zahnschmerzen, Kopf=, Hand= und Kniegicht, Gliederreißen, Rücken= und Lendenweh.
In Paketen zu 1 M. und halben zu 60 [Symbol Pfennig] bei
Wilh. Heincke in Schönberg.


Hiemit erlaube ich mir die ergebene Anzeige, daß ich, nach erfolgter glücklicher Entbindung von einem Mädchen, nunmehr so weit wieder hergestellt bin, daß ich meinen Geschäften als Hebamme wieder nachgehen kann.
Schönberg den 8. Juni 1876.

Marie Eckmann,     
Hebamme.        


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen20 M -Pfennig  bis 24 M -Pfennig.
Roggen18 M -Pfennig  bis 20 M -Pfennig.
Gerste16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer18 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Erbsen16 M 50Pfennig  bis 19 M 50Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,05 .
Enten d. St. M1,80 .
Hühner d. St. M1,80 .
Tauben d. St. M0,45 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,82 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,10 .
Eier 6 St. für M0,30 .
Kirschen pr. 500 Gr. M1,20 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 47 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 47 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 20. Juni 1876.


- Zur hohen und höchsten Politik gehört es, dem deutschen Handel den Weltmarkt zu eröffnen und eine empfindliche Lücke zu schließen. In dem reichen Indien ist die deutsche Schifffahrt durch die englische Herrschaft von den Häfen vollständig ausgeschlossen. Seit Jahren ist in den Listen der in Bombay, Calcutta etc. verkehrenden Schiffe kein deutsches Schiff zu finden, lauter englische, hin und wieder ein französisches, amerikanisches oder italienisches. Das möge den Verfechtern der englischen Herrschaft in Indien zur Belehrung dienen, welche sagen: sie komme auch Deutschland zu gut, weil hie und da auch irgend einem deutschen Haus ein Plätzchen vergönnt ist, um die Brosamen aufzulesen, welche von der reichen indischen Tafel fallen. Nur dort, wo England nicht unbeschränkt herrscht, findet der deutsche Handel, findet die deutsche Handelsflotte noch Märkte und Verwendung. Deshalb ist es sehr wichtig, daß die deutsche Regierung ernstlich und wirksam darauf bedacht ist, den Interessen des deutschen Handels und der deutschen Schifffahrt in den chinesischen Gewässern ihr Augenmerk zuzuwenden. Singapore ist der einzige Hafen des indischen Meeres, der eine Ausnahme von dem Gesagten macht, weil es ein Knotenpunkt der großen Verkehrsstraßen im fernen Osten ist, und dort kehren auch fleißig die deutschen Kauffahrer ein. Das ist ein Stück aus der deutschen Zukunfts=Politik, die in der Gegenwart anheben muß.
- Die Abtretung der Insel Helgoland seitens Englands an Deutschland soll in der That schon seit Monaten Gegenstand der Verhandlungen sein, zu denen die Helgoländer selbst die erste Veranlassung gegeben hätten. Wegen der ihnen angeblich zugesicherten Privilegien, die England nicht anerkenne, sei schon seit längerer Zeit eine gewisse Spannung entstanden, welche in England auf den Gedanken geführt habe, die Insel an Deutschland abzutreten. Ein solcher Entschluß läßt vermuthen, daß man nicht Ursache hat, auf den Besitz des von Jahr zu Jahr mehr zerbröckelnden Eilandes besonderes Gewicht zu legen, und daß auch die anscheinend günstige Lage desselben zwischen den Mündungen der Elbe, der Eider, der Weser und der Jade wegen Mangels eines schützenden Hafens keine hervorragende militärische Bedeutung hat. Im Jahre 1807 wurde die Insel den Dänen von den Engländern entrissen, 1871 hatte sie 1913 Einwohner. Der Werth der Einfuhrartikel aus England betrug 1873 55 Pfd. Sterl.; Ausfuhr von Helgoland nach England findet gar nicht statt. Die Einnahmen von der Insel sind in der englischen Staatsrechnung von 1873 mit 7363 Pfd. Sterl. und die Ausgaben für die Verwaltung derselben mit 8530 Pfd. Sterl. aufgeführt, sodaß sich ein Zuschuß von 1167 Pfd. Sterl. nöthig machte. Der Gouverneur hat einen Jahresgehalt von 500 Pfd. Sterl. zu beziehen und der Regierungssecretär 120 Pfd. Sterling. Für Deutschland dagegen ist der Besitz Helgolands eine Ehrensache und es wird gern die mit freundlicher Miene dargebotene Hand ergreifen, ohne sich weiter um die inneren Triebfedern der Bereitwilligkeit Englands zu bekümmern.
- In Ems hatte der telegraphische Verkehr in den letzten Wochen so zugenommen, daß die auf der dortigen Station seit der Anwesenheit des Kaisers Alexander beschäftigten Telegraphisten zur Bewältigung der ankommenden und abgehenden Depeschen nicht mehr ausreichten, und in den jüngsten Tagen neue Kräfte herangezogen werden mußten.
- Aus der Nordschweiz und dem südlichen Theil Württembergs kommen Nachrichten von bedeutenden Ueberschwemmungen, durch welche am 12. d. M. Häuser, Brücken und Eisenbahnanlagen zerstört wurden. Die Fahrt auf der württemberg. Süd= und Allgäubahn war unterbrochen. Der Wasserstand des Rheins bei Basel betrug 18 Fuß über dem Durchschnittswasserstand. Zürich war mit der Ostschweiz ohne Eisenbahnverbindung; bei Kurzdorf sind 4 Menschen ertrunken. Aus mehreren Dörfern Thurgaus wurde geflüchtet.
- Man schreibt dem "Schw. Merk." von Leipzig: Soeben wird die hiesige musikalische Welt der ausübenden Künstler durch eine Notiz aus Peterburg in nicht geringe Aufregung versetzt. Sämmtliche Regimenter der kaiserlich russischen Armee sollen vollständige Musikbanden erhalten. Diese Neuorganisation erfordert eine enorme Menge von Messing= und Blasinstrumenten, die kaum von Rußland allein so rasch zu beschaffen wären und zu deren Lieferung daher deutsche und englische Häuser mit Aufträgen versehen wurden. Noch weit größere Schwierigkeit verursacht die Besetzung all der 300 Kapellmeisterstellen in diesen Regimentsmusiken. Man hat dabei vorzugsweise auf Deutschland gesehen, und speciell in Leipzig die Werbetrommel zu rühren begonnen. Wie es heißt, ist die Petersburger Musikalienhandlung M. Bernach mit der Beschaffung sowohl der Instrumente als der Musikdirektoren vorzugsweise oder ausschließlich betraut worden.
- Die 18 Ambosschläger, welche Richard Wagner zu seinen Theatervorstellungen braucht, sind schon tüchtig an der Arbeit. Jüngere Lehrer in Bayreuth haben diese musikalische Leistung übernommen und halten sehr fleißig ihre Proben. Zur Darstellung der Gnomen sind 30 kleine junge Männer aus der Stadt ausgewählt worden. Die Lokalblätter veröffentlichen ein Handschreiben des Componisten an den Bürgermeister, worin der erstere der Stadt seinen Dank für die hülfreiche Unterstützung seines Unternehmens zu erkennen giebt.
- Ein großer Augenblick steht Europa bevor. Victor Hugo, der auf Stelzen schreitende französische Dichter, eilt nach Italien auf die Ziegeninsel, um den Stelzfuß Garibaldi einmal an sein großes Herz zu drücken. Wir hörens schon: Frankreich und Italien - zwei Herzen und ein Schlag!
- Die Chinesen studiren jetzt eifrig den deutsch=französischen Krieg von 1870. Zwei Mandarinen, Wang=tau und Tschang=sing=leang, haben ihn beschrieben in 8 Bänden. Sehr ausführlich sind die Vorgänge in Ems zwischen dem König Wilhelm und dem Franzosen Peen=nit=ethi (Benedetti) und die Schlacht von Sze=tan beschrieben. Der alte Moltke kommt gut weg und kann sich auf einen chinesischen Knopf oder Sonnenschirm gefaßt machen. Zum Schluß sind die beiden chinesischen Geschichtsschreiber so freundlich, zwischen dem jetzigen Zustand Europas und dem Chinas vor 2500 Jahren eine große Aehnlichkeit zu finden. So herrlich weit haben wirs schon gebracht, daß wir nur noch 2500 Jahre hinter dem himmlischen Reich zurück sind.
- Die vornehme Gesellschaft in London flüstert sich ein freudiges Familienereigniß zu - die Verlobung des Herzogs von Connaught mit der Prinzeß Friederike, Tochter des Königs Georg von Hannover.
- Zur Verbrecherstatistik. Im Stuttgarter Pönitentiarhause befinden sich zur Zeit unter 115 Gefangenen allein 17 Mörder, die zum Tode verurtheilt, aber vom Könige zu lebenslänglichem Zuchthause begnadigt worden, und außerdem noch 31, die wegen Mordversuchs oder Todtschlags, und 23, die wegen Brandstiftung zu schwerem Kerker verurtheilt sind.
- Die Berliner greifen immer öfter gegen junge und alte Bengel und Nichtsnutze auf der Straße kurzer Hand zur Selbsthülfe. Als neulich z. B. ein Malerlehrling einer jungen Dame das seidene Kleid aus reiner Bosheit voll Oelfarbe goß und sich noch patzig machte, fielen die Leute über ihn her und bearbeiteten ihn gründlich mit ihren Stöcken. Diese Fälle wiederholen sich täglich.

[ => Original lesen: 1876 Nr. 47 Seite 6]

- Die Bayern sind mitunter etwas derb. Sie sprachen so lang und so laut davon, daß die Metzger mit den Ochsen gleichen Schritt halten müßten, daß die ersteren sich endlich z. B. in Nürnberg entschlossen, den Preis des Rindfleisches bedeutend herabzusetzen.
- In Breslau ist der Schleppe eines Damenkleides wieder ein Menschenleben zum Opfer gefallen. Beim passiren einer Straßenecke wurde die Schleppe einer jungen, den höheren Ständen angehörenden Dame von einem Wagenrade erfaßt, die Trägerin des Kleides stürzte auf das Pflaster und das Hinterrad des schwer beladenen Bierwagens ging ihr über den Kopf. Die Unglückliche fand auf der Stelle ihren Tod.
- Eine hübsche reiche Newyorker Wittwe hatte nicht übel Lust, wieder zu heirathen. Um ihr Schicksal nicht mit Ungeduld erwarten zu brauchen, ging sie zu einer Geisterseherin, die bekanntlich waschächt in Amerika ungehindert umherlaufen. Dieselbe ließ sich die Wünsche erzählen, befragte den Geist irgend eines todten Großvaters und weissagte: "In drei Tagen kommt Dein Zukünftiger!" Richtig! Er kam! Er gefiel der Wittwe, er stimmte mit der Beschreibung der Großvaterleiche, sie heirathete ihn. Nach acht Tagen war er mit ihrem Gelde verschwunden. Merkwürdigerweise war er - der Sohn der Geisterseherin!
- Um ein altes, unbrauchbar gewordenes Schiff mit Vortheil los zu werden, ergriff ein Rheder der nordamerikanischen Seen ein noch nicht dargewesenes Auskunftsmittel! Er trat mit den Eigenthümern der Hotels in der Nachbarschaft des Nigarafalles in Unterhandlung und verkaufte ihnen das Schiff, um es über die Wasserfälle stürzen zu lassen. Dieses Ereigniß wurde in allen Zeitungen angekündigt und die Lärmtrommel gewaltig gerührt. Die Wirkung blieb nicht aus. Schon mehrere Tage vor dem Spektakel brachten sämmtliche Verkehrsmittel Tausende von Neugierigen an den Schauplatz. Die Gasthöfe machten glänzende Geschäfte, und viele der Schaulustigen, denen es nicht mehr gelang, Unterkunft zu finden, waren genöthigt, unter Zelten zu campiren. Am bestimmten Tage wurde der "Michigan", dies war der Name des zu opfernden Schiffes in die Mitte der Strömung geschleppt. Nach dem Programme wurden auch verschiedene Thiere auf demselben untergebracht, 1 Büffel, 3 Bären, 2 Füchse, 1 wilde Katze, 1 Hund, 1 Hauskatze und ein halbes Dutzend Gänse. In den Raaen hatte man mehrere Puppen placirt, welche die Bemannung vorstellen sollten, um den Eindruck noch zu erhöhen. Bevor die Anker gekappt wurden, löste man die Bande, mit welchen die Thiere gefangen gehalten waren. Als nun der "Michigan" in die erste Strömung gerieth, sprangen 2 der Bären über Bord und gelangten schwimmend an das Ufer. Der dritte kletterte an einem Mast empor, wie wenn er über den Lauf des Schiffes Rechenschaft geben wollte. Die anderen Thiere rannten in wilder Aufregung von einem Ende des Schiffes zum andern, wie es Menschen in gleich verzweifelter Lage gethan haben würden, während das Schiff majestätisch die Strömung durchschnitt. Bei der dritten Strömung stieß es an einen Fels, drehte sich und neigte sich auf die Seite, wobei der Mast brach und mit ihm der Bär auf Nimmerwiedersehen ins Wasser fiel. Trotzdem blieb der "Michigan" in der Strömung, bis er zu dem sogenannten Hufeisenfall kam, von wo er in den schäumenden Abgrund unter die Cascade stürzte und in tausend Trümmer zerschellte. Von den an Bord befindlichen Thieren kam keins mehr an die Oberfläche, mit Ausnahme der Gänse, welche bald auftauchten und sich die Federn putzten, wie nach einem heftigen Platzregen. Auch eine der Puppen wurde bald darauf in fast unversehrtem Zustande aufgefunden, während die anderen spurlos verschwunden blieben. Die Scene gewährte ein höchst aufregendes Schauspiel und als das Schiff von den Wellen verschlungen wurde, brachen die Zuschauer an den Ufern in dröhnendes Beifallsklatschen aus.
- In Nürnberg erhob sich Herr Lupus, ein wohlbestallter, viel besuchter Gastgeber, Erfinder der delikaten Bratwurst Süddeutschlands, jüngst von seinem Sitze und verkündete, aufgefordert von einem lustigen Schalke, er gehe die Wette ein, eine Viertelstunde die Wanduhr betrachtend, mit dem Zeigefinger der rechten Hand den Bewegungen des Perpendikels zu folgen und ohne rechts und links zu blicken, zu dem Takte derselben immer "geht er hin", "geht er her!" zu sprechen. Ein Faß Bier galt die Wette, und Herr Lupus begann sein eintöniges: "geht er hin, geht er her!" mit den vorgeschriebenen Zeigefingerbewegungen. Unterdeß stahl sich der die Wette eingefädelnde Spaßvogel in die Küche zu der Frau Wirthin und theilte ihr mit betrübter Miene mit: er glaube, ihr Mann sei närrisch geworden, sie möge nur selbst ins Zimmer gehen und seine "Streiche" mit anschauen. Ins Zimmer getreten schlug Frau Lupus, die von der Wette natürlich kein Wort erfahren, die Hände über den Kopf zusammen, als sie ihren Ehemann so vorfand. "Ach, Fritz, was ist denn Dir passirt? Hör doch auf mit den Dummheiten!" - (Fritz unbeweglich: "geht er hin, geht er her!") "Ach, du mein Gott, leg Dich doch zu Bett." (Fritz immerfort: "geht er hin, geht er her!") "Hab' mir's aber schon lange gedacht, seit einiger Zeit war's nicht ganz richtig mehr mit ihm." (Fritz: "geht er hin, geht er her!") "Gott, meine Herren, helfen Sie mir doch, meinen Mann zu Bette bringen." (Fritz: "geht er hin, geht er her!") Zur Magd: "Und Du, Rosine, laufe schnell, Herrn Doctor Döderlein zu holen." (Fritz: "geht er hin, geht er her!") "Ach Gott, mein Mann, mein armer Mann !" Sie reißt ihn an den Schultern, daß er das Gleichgewicht verliert. Da übermannte ihn der Zorn, Vorwürfe gegen seine Frau entfuhren seinem Munde; er war aus der Rolle gefallen. Das Faß Bier war verloren und das Gelächter der Gäste erhielt er in den Kauf.


Wat kan'n nich all vergäten!
Dei Pächter Bohm weir in dei Stadt;
Hei har dor väl Geschäften hatt
Bi'n Kopmann un bi sin'n Afkaten
Un har nu werrer anspan'n laten.
Dei Wagen stünn all vor dei Dör,
Dei dicken Mähren all dorvör,
Dei kratzt un trampelt mit dei Bein,
As kunn's dei Faurerkrüff all seihn.
Dei Kutscher sitt all up den Buck
Un drinkt den letzten lütten Schluck.
Dann kümmt dei Herr ut Gasthus rut
(Hei seig man'n bäten däsig ut)
Un geit nu an den Wagen ran
Un seggt tau sinen Knecht Johann:
"Hest Du nu all'ns uk taurecht,
Wat ik hüt morgen Di hef seggt?
Mi is't, as har ik wat vergäten."
Hei steit un sinnt nu noch'n bäten
Un fragt: "Wat sär ik noch hüt morgen
Wat ik hüt all'ns muß besorgen?"
"O," seggt Johann, "wat sull uns fählen?
Wi wält nu man nich langer nälen.
Ik bün nu all'n Stun'n parat
Un holl hier lang naug up dei Strat."
Ull Bohm stigt up un sett sik dal
Un seggt: "Dat is mi doch fatal;
Mi is't so narrschen in'n Sinn,
As müß ik morgen werrer rin."
So feurt nu uns oll Pächter Bohm,
As ümmer, uk hüt half in'n Drom
Up sinen Hof, vör sine Döhr.
Sin Kinner stün'n all all dorvör
Un reipen: "Hest uns wat mitbröcht?"
Uns Bohm langt in dei Tasch un söcht;
Donn fragt em sin lütt klauk Sophie:
"Uns Mudder is ja nich bi Di?"
Donn fohrt oll Bohm mit mal tauhöcht
Un kiekt, as har dei Schlag em rögt.
"Sühst nu, Johann, Du wußt nich wäten,
Hürst nu, wi heft dei Ollsch vergäten."
                                                    D. H.


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