[ => Original lesen: 1876 Nr. 35 Seite 1] Politische Rundschau.
Deutschland. Sr. Maj. der Kaiser ist bereits gestern von Wiesbaden nach Berlin zurückgekehrt. Am nächsten Donnerstag wird der Besuch des Kaisers von Rußland in Berlin erwartet, der nur einen Tag wegen des preußischen Bußtages hinausgeschoben ist. In der Begleitung des russischen Kaisers wird sich auch der Reichskanzler Fürst Gortschakoff befinden. Zu gleicher Zeit erwartet man in Berlin auch den österreichischen Reichskanzler Grafen Andrassy auf besondere Einladung; und es werden wahrscheinlich wichtige Konferenzen in Betreff der türkischen Verwickelung stattfinden.
Am Montag ist dem "Reichsb." zufolge der Präsident des Reichskanzleramtes Dr. Delbrück, der einen längeren Urlaub genommen hat und am 1. Juni die Geschäfte seinem Nachfolger, dem bisherigen hessischen Ministerpräsidenten Geh.=R. Hofmann übergeben wird, mit seiner Gemahlin nach Paris abgereist.
Mecklenburg=Schwerin. Nach Angabe der "R.=Ztg." ist das Schulgeld an den Großherzoglichen Gymnasien und Realschulen für die drei oberen Klassen auf jährlich 90 M., für die drei unteren Klassen auf jährlich 80 M. erhöht worden, während dasselbe bisher an den Gymnasien für Kl. VI. 56 M., V. 60 M., IV. 66 M., III 72 M., II. 87 M. und I. 96 M. betrug. Diese Maßregel hat wahrscheinlich nicht sowohl eine Erhöhung der Gesammteinnahme an Schulgeld, die nicht sehr bedeutend sein wird, als vielmehr den Zweck im Auge, die höheren Schulen von der großen Zahl solcher Schüler zu befreien, welche ohne besondere Begabung nur die niederen Klassen füllen und ohne das Ziel der Schule erreicht zu haben, dieselbe wieder verlassen. Solche Schüler sind zu ihrem eigenen Schaden in jeder höheren Schule ein bloßer Ballast, der mit fortgeschleppt werden muß und die fähigeren Schüler am schnelleren Fortkommen hindert. Wir sagen: zu ihrem eigenen Schaden, denn das bischen Latein, Französisch und Englisch oder Griechisch, das sie in der Quarta oder Tertia gelernt haben, nützt ihnen nicht nur fürs Leben gar nichts und ist nur da, um möglichst bald vergessen zu werden, sondern es bläht sie auf, wie alle halbe Bildung, und hindert sie, sich ein für sie viel wichtigeres Wissen und Können im Lesen, Schreiben, Rechnen u. s. w. fest und sicher anzueignen. Eltern, welche nicht von vorne herein die Absicht haben, ihre Kinder die ganze Schule durchmachen zu lassen, ist darum nicht dringend genug zu rathen, doch ja von kleinlicher Eitelkeit abzusehen und ihren Kindern, wenn sie anders deren Bestes wollen, eine für sie völlig ausreichende und nothwendige Bildung in einer Bürgerschule zu gewähren. Wenn also jene Maßregel im Schwerinschen dem genannten Zwecke dienen soll, so ist dieselbe nur mit Freuden zu begrüßen. Daß dabei, wie es auch wahrscheinlich geschehen ist, für begabte Schüler, deren Eltern nicht die nothwendigen Mittel besitzen, an jeder Schule Freistellen geboten werden müssen, versteht sich von selbst.
Preußen. Das Herrenhaus tritt am 15. d. wieder zusammen.
Im Abgeordnetenhause hat am Sonnabend die zweite und schon am Dienstag die dritte Lesung der Eisenbahnvorlage stattgefunden. Das Gesetz, durch welches das Ministerium ermächtigt wird, dem Reiche die preußischen Staatsbahnen anzubieten, wurde schließlich mit 216 gegen 160 Stimmen angenommen.
Der Generalsuperintendent Dr. Büchsel hat in einer an die Geistlichen seiner Diözese gerichteten Ansprache in trefflichster Weise den Verfall des kirchlichen Lebens besprochen, der gerade jetzt außerordentlich groß ist, und der durch die neueren Gesetze nicht herbeigeführt, sondern nur offenbar geworden ist. Besonders beherzigenswerth dürften daraus folgende Worte sein: "Unsere Zeit drängt immer mehr zur Entscheidung, und das entweder= oder wird für Die keinen Raum haben, die weder kalt noch warm sind. Wie jetzt schon die Kirchen ziemlich verlassen stehen, in denen sich der Unglaube hinter Phrasen und biblisch klingenden Wendungen verbirgt, so wird auch diese Richtung in der Bewegung der Zeit untergehen. Es handelt sich der Welt gegenüber jetzt nicht um theologische Streitfragen, sondern um die Frage: ob es überhaupt einen lebendigen Gott gibt, ob der Mensch eine unsterbliche Seele habe, und ob es ein ewiges Gericht gibt" u. s. w.
Der entthronte König Georg von Hannover hat sein Wiener Domizil aufgegeben und soll Pariser Blättern zufolge auch die hannoversche Silberkammer von Wien nach Paris übergeführt haben.
Württemberg. Für die vom 9.-11. August 1877 stattfindende Feier des vierhundertjährigen Jubiläums der Universität Tübingen hat die zweite Kammer mit großer Mehrheit 50,000 M. bewilligt.
Oesterreich. Seit längerer Zeit bestanden zwischen den beiden Hälften der österreichisch=ungarischen Monarchie sehr schwierige Differenzen; und es schien eine Zeit lang, als würden auch die langwierigen Konferenzen der österreichischen und ungarischen Minister nicht zu einem Ausgleich führen. Doch soll nunmehr hauptsächlich durch das persönliche Eingreifen des Kaisers Franz Joseph selbst in allen Punkten eine vollständige Einigung erzielt sein.
Spanien. Die Regierung scheint durchaus fest entschlossen zu sein, die Fueros der baskischen Provinzen abzuschaffen und will keine Diskussion dieser Sache zulassen. Wenn dieselbe nur die Macht hat, etwa entstehende Unruhen im Keime zu ersticken, so wird die Abschaffung jener alten Vorrechte gewiß auch das geeignete Mittel sein, den unruhigen Basken den Karlismus zu verleiden. Mit Nachgiebigkeit und Milde, die ihr natürlich sofort als Schwäche und Furcht ausgelegt werden würde, richtet sie nichts aus und gewinnt sie die Basken doch nicht für sich.
Türkei. Die Aufständischen haben, wenn man offiziellen türkischen Berichten glauben darf, in der vorigen Woche Unglück gehabt und sind von Mukhtar Pascha geschlagen worden, sodaß es denselben endlich nach langen vergeblichen Kämpfen
[ => Original lesen: 1876 Nr. 35 Seite 2]und schweren Niederlagen, die von türkischer Seite allerdings nicht zugestanden werden, gelungen wäre, die Festung Niksic zu verproviantiren. Uebrigens soll sich Mukhtar Pascha Montenegro gegenüber schlimmer Täuschung schuldig gemacht haben, wodurch dieses sehr erbittert erscheint.
- Der Postanweisungsverkehr Deutschlands hat den Englands bereits überholt. Die deutsche Reichspost besorgte 1874 nicht weniger als 19 Mill. Stück Postanweisungen im Betrage von 765 Mill. Mark; die englische Post 16 Mill. Stück im Betrage 520 Mill. Mark. Im Jahre 1875 ist der deutsche Postanweisungsverkehr auf 23 Mill. Stück mit 1238 Mill. Mark gestiegen. Die Zahlen aus England liegen noch nicht vor. Der deutsche Tarif ist erheblich billiger als der englische, - ein nicht zu verachtender Wink für die Herabsetzung des Tarifs für telegraphische Depeschen.
- Der bekannte Berliner Bankier Gerson v. Bleichröder soll zum Freiherr v. Gütergotz ernannt worden sein. Schön ist der Name nicht und die Berliner werden immer in Versuchung sein, ihn anders auszusprechen, aber er hat eine gediegene Grundlage, nämlich das große Gut Gütergotz, welches Bleichroder s. Z. dem Kriegsminister v. Roon abgekauft hat. Ein Anstoß für Herrn v. Bleichröder waren damals nur die zwei französischen Kanonen, die vor dem Schlößchen standen und die der Kriegsminister von dem Kaiser geschenkt bekommen hatte. Da sie aber nicht mit verkauft und schnell beseitigt wurden, so kam der Kauf zu Stande.
- Das neulich auch von uns erwähnte Gedicht aus dem Jahre 1840: Der Oberrhein ist nicht vom Kaiser Wilhelm. Der Kaiser selber wünscht, daß Niemand darüber in Zweifel sei.
- Das Glück war einmal nicht blind, sondern hat das große Loos der preußischen Lotterie vielen kleinen Leuten zugeworfen, von denen jeder wenigstens 1000 Thaler bekommt. Das ganze Loos beträgt 50,000 Thlr.
- Den lebhaften Verkehr zwischen Rüdesheim und dem gegenüberliegenden Bingen vermittelt das Dampfboot Luise. Am 30. April Nachmittags platzte der Kessel und richtete großes Unglück an. 30 Personen sollen verunglückt sein, 4 Leichen sind Abends im Rhein aufgefischt worden.
- In Marocco ist Unerhörtes geschehen. Ein Muhamedaner, Sidi=el=Hadschi=Abdel=Soram, der direct vom Propheten Muhamed abstammt, hat eine Christin, die Engländerin Miß Kean geheirathet. Er bekleidet das hohe Amt eines Sheriffs und sie war Erzieherin in der Familie des englischen Generalconsuls. Sie gefiel ihm und er ihr so gut, daß sie über alle Hindernisse und Vorurtheile hinwegvoltigirten, aber sie war klug genug, sich 1) eine Mitgift von 100,000 Franks und 2) für den Fall seines Todes 300,000 Franks sicher stellen zu lassen und 3) zu bedingen, daß die früheren Frauen das Haus zu verlassen haben. Das Räthsel ist, ob sie Christin geblieben. Sidi=Hadschi ist übrigens auch in anderen Dingen ein Mann von Bildung und ohne Vorurtheil: er trinkt Wein, ißt Schinken, raucht Cigarren und leert ein Glas Champagner in einem Zuge. Seine junge kluge Frau hofft durch ihr Beispiel und ihren Einfluß für die Eroberung Afrika's mehr zu thun, als die berühmten Afrika=Reisenden Livingstone, Baker, Barth, Nachtigal, Schweinfurt und andere Pioniere der Kultur zusammen.
- Französische Fünffranksstücke, die fast dieselbe Größe wie unsere Fünfmarkstücke, aber nur einen Werth von 4 Mark haben, sind neuerdings vielfach als Fünfmarkstücke bei Zahlungen eingeschmuggelt worden. Man sei also um so mehr auf der Hut, als der Unterschied nur bei großer Aufmerksamkeit zu entdecken ist.
- Kaiser Wilhelm ist auf dem Throne nichts weniger als ein Romantiker, aber in der Jugend hat er auch der goldenen Romantik gehuldigt. Als 1813 die Deutschen zum ersten Mal nach Paris zogen, war auch der junge Prinz Wilhelm dabei und lag in Dizier in einem guten Hause in Quartier. Das hübsche und muntere Töchterchen des Hauses, Fräulein Varnier, gefiel ihm gar gut und als er abmarschirt war, fand das Fräulein in einer Fensterscheibe des Prinzenstübchens die Worte auf französisch eingeschnitten: "Ich liebe Dich. Prinz Wilhelm." Fräulein Varnier vergaß den liebenswürdigen Prinzen nicht, und als 57 Jahre später, im August 1870, wieder preußische Offiziere bei ihr einquartirt wurden, zeigte die Matrone ihnen stolz und begeistert die Fensterscheibe, die sie wie ihr Auge gehütet hatte. Die Offiziere plauderten darüber und dadurch erfuhr König Wilhelm, daß Frl. Varnier noch lebe. Er konnte sich zwar nicht bei ihr einquartiren, besuchte sie aber. Angelique, sagte er scherzend, Sie haben geplaudert, ich bin im Munde aller meiner Offiziere! - Gnade, Gnade, Sire, antwortete die Matrone, mein Herz strömte über von alten Erinnerungen, als ich die ersten Preußen sah. Der König schüttelte ihr lächelnd beide Hände und sagte: Lassen Sie das, meine Offiziere werden mir meine Knabenliebe nicht übel deuten und vergessen habe ich Sie niemals. -
Anzeigen.
Der Neubau eines Küster= und Organisten=Wohnhauses hieselbst soll mit Lieferung aller Materialien in Entreprise an einen zuverlässigen Unternehmer vergeben werden. Riß und Anschlag, sowie die näheren Bedingungen können in der hiesigen Amtsregistratur eingesehen werden, und sind die schriftlichen Offerten
bis zum 12. d. M.
hierher einzureichen.
Schönberg, den 3. Mai 1876.
Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.
Der unten signalisirte Schustergeselle Carl Schneider aus Naumburg a. d. Saale hat sich am 25. März cr. von hier entfernt, und zwar mit Zurücklassung eines Theils seiner Effecten in seiner Miethswohnung. Derselbe ist der Unterschlagung (§ 246 des St.=G.=B.) dringend verdächtig, und bitten wir daher alle s. t. Behörden, auf ihn zu vigiliren, ihn im Betretungsfalle zu verhaften und an uns einzuliefern.
Schönberg, den 26. April 1876.
Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
A. Dufft.
Signalement:
Größe: circa 5 Fuß.
Alter: circa 27 Jahre.
Haare: lang und dunkelblond.
Stirn: gewöhnlich.
Augen: blau.
Augenbrauen: stark und dunkelblond.
Nase: gewöhnlich.
Mund: do.
Zähne: gesund.
Bart: Backenbart und kleiner dunkelblonder Schnurbart.
Statur: gedrungen.
Gesicht: rund.
Kinn: do.
Bei seiner Entfernung war etc. Schneider bekleidet mit einem schwarzen breitkrämpigen Hut, einem bräunlichen Winterüberzieher, einer hellgrauen Hose und einem Paar Stiefeln, deren Absätze schon ziemlich weggetreten waren.
Der Joachim Heinrich Wiese, geboren am 22. Mai 1853 zu Rieps, hiesigen Fürstenthums, außerehelicher Sohn der Christine Elisabeth Wiese aus Rieps, nun verehelichten Arbeitsmann Fuhst in Lüdersdorf, welcher sich bisher zur Erfüllung seiner Militairpflicht nicht gestellt und ohne Erlaubniß das Gebiet des deutschen Reiches verlassen hat, wird in Gemäßheit der Verordnung vom 23. December 1870, betreffend das Verfahren gegen ausgetretene Militärpflichtige etc., edictaliter hierdurch geladen, in dem auf Dienstag den 20. Juni d. J., Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Justiz=Amte anstehenden Termine sich einzufinden, unter dem Nachtheil,
[ => Original lesen: 1876 Nr. 35 Seite 3]daß er im Fall seines Ausbleibens in dem anberaumten Termine dem Befinden nach des angeschuldigten Vergehens für überführt angenommen und gegen ihn auf die gesetzliche Strafe wird erkannt werden.
chönberg, den 27. Januar 1876.
Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
A. Dufft.
Holzverkauf.
Am Dienstag den 9. Mai, Morgens 9 Uhr, sollen im Kruge zu Schlagresdorf*) nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:
1) aus dem Schlagbrügger Holze
3 Rmtr. eichen Knüppel,
4 Fuder eichen Durchforstungsholz I. Cl.,
86 Rmtr. buchen Kluft, Olm und Knüppel,
10 Fuder buchen Zweigholz III. Cl.,
1 Rmtr. aspen Kluft,
49 do. fichten Kluft und Knüppel;
2) aus dem Lanckower Holze
3 Rmtr. buchen Olm und Knüppel,
18 do. kiefern Kluft;
3) aus dem Bahlen
1 Rmtr. buchen Olm,
188 do. kiefern Kluft und Knüppel,
22 do. ellern do.
4) aus dem Garnsee
25 Stück eichen Wagendeichsel,
8 Fuder do. Durchforstungsholz I. Cl.,
42 Rmtr. buchen Kluft, Olm und Knüppel,
11 do. kiefern Kluft und Knüppel;
5) beim Forsthof Schlagbrügge
2 Stück eichen Blöcke.
Die Bedingungen werden vor der Auction bekannt gemacht.
Schönberg, den 1. Mai 1876.
Der Oberförster.
C. Hottelet.
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*) Nicht Schlagsdorf, wie irrthümlich in voriger Nummer berichtet sondern Schlagresdorf.
Kampfgenossen=Verein 1870/71.
Am Sonntag, den 14. Mai d. Js.,
Nachmittags 3 Uhr,
Versammlung
im Vereinslokale.
Neuwahl des Vorstandes.
Schönberg. Der Vorstand.
Am Mittwoch, den 10. Mai d. J., Abends 8 Uhr, Vorversammlung der Vorstandsmitglieder.
Feuerversicherungsbank für Deutschland zu Gotha.
Nach dem Rechnungsabschlusse der Bank für 1875 beträgt die Ersparniß für das vergangene Jahr
77 Procent
der eingezahlten Prämien.
Jeder Banktheilnehmer in hiesiger Agentur empfängt diesen Antheil nebst einem Exemplar des Abschlusses vom Unterzeichneten, bei dem auch die ausführlichen Nachweisungen zum Rechnungsabschlusse zu jedes Versicherten Einsicht offen liegen.
Denjenigen, welche beabsichtigen, dieser gegenseitigen Feuerversicherungs=Gesellschaft beizutreten, giebt der Unterzeichnete bereitwilligst desfallsige Auskunft und vermittelt die Versicherung.
Schönberg, den 4. Mai 1876.
Wilh. Schrep.
Agent der Feuerversicherungsbank f. D. zu Gotha.
Die Gesammt=Einnahme des Concertes zum Besten der Ueberschwemmten betrug. M. 85 52
Nachdem die Insertionskosten gütigst erlassen, betrug die Ausgabe M. 4 40
Reinertrag M. 81 12
die bereits an das Central=Comite in Schwerin eingesandt sind.
Schönberg, den 5. Mai 1876.
Die Committe.
Meinen tiefgefühlten herzlichen Dank sage ich und im Namen meiner Kinder Allen, die heute meiner braven Frau das Geleite zu ihrer Ruhestätte gegeben haben.
Schönberg, den 1. Mai 1876.
G. Dufft, Advocat.
Für Boitzenburg
habe ich ferner von Herrn Herold=Domhof=Ratzeburg 6 M. erhalten.
Weitere Gaben nimmt gerne entgegen
Schönberg. Fr. W. Konow.
Ich erlaube mir hiermit die Anzeige zu machen, daß ich mein
Friseur-Geschäft
unverändert fortsetze. Bestellungen werden bei meiner Mutter, der Hebamme Söhlbrandt, wohnhaft bei der Conditorwittwe Greiff in der Siemzerstraße entgegen genommen.
Schönberg, April 1876.
Marie Sparkuhl.
Man biete dem Glücke die Hand!
375,000 R.-Mark
Haupt-Gewinn im günstigen Falle bietet die allerneueste grosse Geldverloosung, welche von der hohen Regierung genehmigt und garantirt ist.
Die vortheilhafte Einrichtung des neuen Planes ist derart, dass im Laufe von wenigen Monaten durch 7 Verloosungen 43,400 Gewinne zur sichern Entscheidung kommen, darunter befinden sich Haupttreffer von eventuell R.-M. 375,000, speciell aber
1 Gewinn à M. 250,000,
1 Gewinn à M. 125,000,
1 Gewinn à M. 80,000,
1 Gewinn à M. 60,000,
1 Gewinn à M. 50,000,
1 Gewinn à M. 40,000,
l Gewinn à M. 36,000,
3 Gewinne à M. 30,000,
1 Gewinn à M. 25,000,
5 Gewinne à M. 20,000,
6 Gewinne à M. 15,000,
7 Gewinne à M. 12,000,
11 Gewinne à M. 10,000,
26 Gewinne à M. 6000,
55 Gewinne à M. 4000,
200 Gewinne à M. 2400,
412 Gewinne à M. 1200,
621 Gewinne à M. 500,
700 Gewinne à M. 250,
21,350 Gewinne à M. 138
etc. etc.
Die Gewinnziehungen sind planmässig amtlich festgestellt.
Zur nächsten ersten Gewinnziehung dieser grossen vom Staate garantirten Geldverloosung kostet
1 ganzes Original=Loos nur Mark 6,
1 halbes Original=Loos nur Mark 3,
1 viertel Original=Loos nur Mark 1 1/2
Alle Aufträge werden sofort gegen Einsendung, Posteinzahlung oder Nachnahme des Betrages mit der grössten Sorgfalt ausgeführt und erhält Jedermann von uns die mit dem Staatswappen versehenen Original-Loose selbst in Händen.
Den Bestellungen werden die erforderlichen amtlichen Pläne gratis beigefügt und nach jeder Ziehung senden wir unseren Interessenten unaufgefordert amtliche Listen.
Die Auszahlung der Gewinne erfolgt stets prompt unter Staats-Garantie und kann durch directe Zusendungen oder auf Verlangen der Interessenten durch unsere Verbindungen an allen grösseren Plätzen Deutschlands veranlasst werden.
Unsere Collecte war stets vom Glücke begünstigt und hatte sich dieselbe unter vielen anderen bedeutenden Gewinnen oftmals der erste Haupttreffer zu erfreuen, die den betreffenden Interessenten direct ausbezahlt wurden.
Voraussichtlich kann bei einem solchen auf der soliden Basis gegründeten Unternehmen überall auf eine sehr rege Betheiligung mit Bestimmtheit gerechnet werden, und bitten wir daher, um alle Aufträge ausführen zu können, uns die Bestellungen baldigst und jedenfalls vor dem 15. Mai d. J. zukommen zu lassen.
Kaufmann & Simon,
Bank- u. Wechsel-Geschäft in Hamburg
Ein- und Verkauf aller Arten Staatsobligationen, Eisenbahn-Actien und Anlehensloose.
P. S. Wir danken hierdurch für das uns seither geschenkte Vertrauen und indem wir bei Beginn der neuen Verloosung zur Betheiligung einladen, werden wir uns auch fernerhin besteben, durch stets prompte und reelle Bedienung die volle Zufriedenheit unserer geehrten Interessenten zu erlangen.
D. O.
[ => Original lesen: 1876 Nr. 35 Seite 4]Der Selmsdorfer Armenbehörde ist aufgegeben worden, den aus seiner bisherigen Wohnung ausgewiesenen und nun obdachlos gewordenen Arbeitsmann H. Wegner in Selmsdorf wieder unterzubringen. Alle Bemühungen, diesen Auftrag zu erfüllen, sind ganz erfolglos geblieben. Daher richte ich an diejenigen Hausbesitzer unseres Fürstenthums, welche dem H. Wegner Obdach gewähren können und wollen, öffentlich die dringende Bitte, mir dies baldigst mitzutheilen und zugleich den dafür zu zahlenden Preis zu bezeichnen.
Im Namen der Selmsdorfer Armenbehörde
H. Ohl, Pastor.
Selmsdorf, 30. April 1876.
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den 18. und 19. Mai,
findet bei mir ein
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Aufforderung.
Sämmtliche Maurer der hiesigen Krankenkasse müssen am
Sonntag den 7. Mai
als am 2. Ladentag, Nachmittags 2 Uhr, persönlich erscheinen.
Schönberg, Mai 1876.
Die Altgesellen und Vorstand.
Eintragungen in die Standes=Register
des Standesamtsbezirks Schönberg.
Geboren. D. 18. April dem Fischer Heinrich Körner zu Gr. Bünsdorf eine Tochter. - D. 22. dem Viceschulzen Hagen zu Rupensdorf eine Tochter. - D. 21. dem Anerben Kleinfeldt zu Lockwisch eine Tochter. - D. 27. eine uneheliche Tochter zu Schönberg. - D. 26. dem Schneidermeister Ollrogge zu Resdorf eine Tochter.
Gestorben. D. 24. April Johanna Sophie Christiane Kindler geb. Hahn, Advocatenfrau zu Schönberg, 56 J. 4 M. alt. - D. 25. Johann Heinrich Ernst Wolgast, Korbmacher zu Schönberg, 50 J. 2 M. alt. - D. 25. Charlotte Luise Friederike Dufft geb. Harnack, Advocatenfrau zu Schönberg, 78 J. alt. - D. 28. ein todtgeborner Knabe. - Anna Marie Otto, geb. Schröder, Schneidermeistersfrau zu Schönberg, 41 J. 2 M. alt. - D. 29. Marie Engel Arndt, Hauswirthsanerbentochter zu Sabow, 1 J. 2 M. alt. - Marie Franziska Borchert, geb. zu Oldisleben in Sachsen=Weimar, 1 J. 1 M. alt. - D. 1. Mai Johann Heinrich Törper, Productenhändler zu Schönberg, 46 J. 2 M. alt. - D. 2. Hauswirthsaltentheiler Jochen Möller zu Lindow, 76 J. 5 M. alt.
Angeordnete Aufgebote. Kaufmann Johann Heinrich Friedrich Dühren zu Oldesloe und Wilhelmine Marie Elise Neumann zu Roggendorf. - Maschinenbauer Johann Joachim Friedrich Eckmann zu Schönberg und Margarethe Catharine Elisabeth Mengel zu Lübeck. - Kaufmann Franz Heinrich Friedrich Lundwall und Helene Marie Elisabeth Wigger, beide zu Schönberg. - Ziegler Friedrich Ferdinand Wilhelm Johann Kramer und Anna Marie Elisabeth geschied. Sparkuhle geb. Claasen, beide zu Schönberg. - Hans Heinrich Wigger, Pferdehändler zu Gr. Bünsdorf, und Catharine Marie Elisaheth Bohnhoff zu Kl. Bünsdorf.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 7. Mai.
Früh=Kirche: Pastor Fischer.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.
Getreide=Preise in Lübeck. |
Waizen | 17 | M | - | |
bis | 22 | M | - | . |
Roggen | 16 | M | 50 | |
bis | 17 | M | - | . |
Gerste | 15 | M | - | |
bis | 16 | M | - | . |
Hafer | 17 | M | - | |
bis | 17 | M | 50 | . |
Erbsen | 16 | M | - | |
bis | 19 | M | - | . |
Wicken | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Buchwaizen | 14 | M | - | |
bis | 15 | M | - | . |
Winter=Rappsaat | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Winter=Rübsen | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Schlagleinsaat | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Markt=Preise in Lübeck. |
Butter pr. 500 Gr. M | 1,10 . |
Hühner d. St. M | 1,50 . |
Tauben d. St. M | 0,50 . |
Schinken pr. 500 Gr. M | 0,75 . |
Schweinskopf pr. 500 Gr. M | 0,45 . |
Wurst pr. 500 Gr. M | 1,05 . |
Eier 7 St. für M | 0,30 . |
(Hierzu eine Beilage.)
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1876 Nr. 35 Seite 5]Beilage
zu Nr. 35 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 5. Mai 1876.
- Das 10. Heft des vom preuß. Generalstab herausgegebenen Werkes: "Der deutsch=französische Krieg 1870-71" umfaßt die Ereignisse von Sedan bis zur Einschließung von Paris, ferner die Einnahme von Tours und die Belagerung von Straßburg. Den politischen Ereignissen, welche dem Tag von Sedan in Paris folgten, widmet das Generalstabswerk nur wenige Worte. Mit kurzen aber markigen Zügen wird der Zusammenbruch des Kaiserreichs und die feige Flucht seiner Vertreter geschildert. Besondere Beachtung verdient jedoch jene Stelle dieses Abschnittes, worin von dem Auftreten der kaum gebornen Republik als kriegführenden Macht gesprochen wird. "Alle dem Kaiserthum entsprossenen Einrichtungen der inneren Verwaltung," heißt es Seite 32, "welche zu den neuen Verhältnissen nicht mehr paßten, wurden von Grund aus beseitigt, aber gleichzeitig auch mit rastloser Thätigkeit und einem den Franzosen eigenthümlichen praktischen Sinn alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die zur Fortsetzung des Krieges erforderlichen Mittel zu beschaffen. Ueber das nächste Marschziel des deutschen Heeres, welches bei Sedan gefochten hatte, herrschte in Paris kaum ein Zweifel. Regte sich auch an einzelnen Stellen noch die Hoffnung, daß die Deutschen es nicht wagen würden, nach dem Sturze des Kaiserreichs den Kampf gegen die Republik fortzuführen, so war es doch dem größeren Theile der Bevölkerung von vornherein klar, daß man dem Vormarsche des Siegers kein Hinderniß entgegenzusetzen vermochte und daß preußische Ulanen binnen Kurzem vor den Thoren von Paris erscheinen konnten. Es galt daher, zunächst die Vertheidigungs=Fähigkeit der Hauptstadt zu erhöhen und aus den zum Waffendienst geeigneten Einwohnern eine Truppe zu bilden, welche im Stande war, wenigstens hinter Wall und Mauer einem Angriff entgegenzutreten. Die Regierung empfand bei Ausführung dieser schwierigen Aufgaben eine wirksame Unterstützung an der rückhaltlosen Opferwilligkeit der gesammten Bevölkerung." - Durch diese Anerkennung der Vorzüge des französischen National=Charakters, sowie des Patriotismus und der Opferfreudigkeit der Pariser ehrt der Sieger sich und den ehemaligen Gegner in gleicher Weise, und werden diese wenigen Worte gewiß nicht verfehlen, in Frankreich die lebhafteste Genugthuung hervorzurufen.
- In Rom und Neapel, in Petersburg und Moskau, in New=York und Philadelphia, in St. Francisco und Rio Janeiro, in Constantinopel und Alexandrien, in Stockholm und Copenhagen, in Pecking, Bombay und Madras weiß man jetzt, wie wichtig der deutsche Reichseisenbahn=Plan ist; denn die Augsburger Allg. Ztg., die überall hin kommt, hat den betr. Verhandlungen in dem preuß. Landtage in ihrer jüngsten Nummer 14 von ihren 16 gewichtigen Spalten gewidmet. Die ganze übrige Welt hat mit 2 Spalten vorlieb nehmen müssen.
- Merkwürdige Leute sind die Franzosen, man muß Respekt haben vor ihrem Geist, ihrer Thätigkeit, ihrer Unternehmungslust, Sparsamkeit und Wohlhabenheit. 5 Milliarden haben sie durch den Krieg im eigenen Land verloren, 5 Milliarden haben sie uns Deutschen zahlen müssen, Elsaß haben sie verloren und ein Stück Lothringen und doch sind sie wieder oben auf. Im ersten Vierteljahr 1876 haben sie 30 Millionen mehr Steuern aufgebracht als veranschlagt war, was im Jahr einen Ueberschuß von 120 Millionen für den Finanzminister macht und dieser Ueberschuß kommt fast ganz aus den indirecten Steuern. Sie arbeiten jetzt schon für die Industrieausstellung 1878, die viel großartiger werden soll, als die von 1867, das Gebäude kostet 45 Mill., während das von 1867 25 Mill. gekostet hat. Die Stadt Paris putzt sich aus eigener Tasche noch besonders für die Gäste auf, sie baut zwei neue Prachtstraßen und besteuert sich dafür mit 120 Mill. Fr. Das soll ihnen Jemand nachmachen!
- Im Laufe dieses Jahres steht eine großartige Festlichkeit der Vereinigten Staaten Nordamerikas bevor. Am 4. Juli 1876 feiert das Land den Gedenktag der vor 100 Jahren stattgehabten Befreiung aus der Herrschaft Englands. Da wird denn wieder zur Feier des Tages ein wichtiges Werk unter dem Donner einer gewaltigen Explosion vollzogen werden, das an Großartigkeit einzig in der Welt dastehen soll. Es werden an dem Festtage eine Reihe von gewaltigen Felsen, welche in der Nähe von New=York im Meere liegen, und von der östlichen Seite die Schifffahrt hemmen, gesprengt werden. Seit dem Jahre 1869 arbeitet man nun an den Bohrungen unter Wasser welche mit Sprengmaterial gefüllt werden müssen, um diese Massen mit einer Explosion zu vertilgen und den östlichen Eingang in den Hafen von New=York herzustellen. Die Kosten der bisherigen Bohrungen betragen bis jetzt etwa 3/4 Mill. Dollars. Nunmehr stehen 28 Schachte da, von welchen der größte eine Länge von 200 Fuß hat. Von diesen Schachten aus laufen nach allen Richtungen hin an 30,000 kleinere Bohrungen, die in ihrer Gesammtlänge fast eine halbe deutsche Meile betragen. Die Umsicht, mit welcher diese unter Wasser bis auf den Meeresgrund in einer Tiefe von mehr als einigen 30 Fuß ausgeführten Bohrungen geleitet wurden, wird wohl hinlänglich durch den Umstand characterisirt, daß dabei auch nicht ein einziger Unfall von Bedeutung vorgekommen ist. Die Schachte, die Kammern und die Bohrlöcher bilden die Minen, welche, mit Sprengpulver gefüllt und im gleichen Moment mit einem Male entzündet, das kolossale Werk vollenden sollen. Nicht weniger wie 40,000 Pfund Nitro=Glycerin bilden in den Kammern die Hauptladung; über das in den Bohrlöchern anzuwendende Sprengpulver - Dynamit oder ein anderes Präparat, "Kredock" genannt, und als noch wirkungsvoller geschildert - wird erst durch Experimente entschieden werden. Es steht jedoch so viel fest, daß bisher noch niemals in der Welt auch nur der 50. Theil von solcher Masse Explosionsstoffen mit Einem Male entzündet worden ist! selbstverständlich wird diese Entzündung nur auf elektrischem Wege bewerkstelligt werden. Es sind bereits die Leitungen dazu angebracht, welche mehrere Meilen betragen, und die magnet=elektrischen Apparate dazu werden den gewaltigsten Maßstab annehmen den man bisher kennt. Von dem gewaltigen Stoß, den diese Sprengung verursachen wird, hat man freilich noch gar keine Vorstellung. Auch über die Wirkung einer solch' plötzlichen Entzündung und die Gewalt, mit welcher die heißen Gase in die Atmosphäre eindringen werden, ist man bisher ohne alle Erfahrung.
- Tirol ist neuerdings wieder von großen Ueberschwemmungen betroffen worden. Aus Meran vom 24. v. M. schreibt man der Augsburger Allg. Ztg.: Seit beinahe 14 Tagen strömt der Regen mit nur geringen Unterbrechungen fast beständig danieder, und die vielen fremden Kurgäste, welche hierher eilten, um die in Büchern hochgepriesene Pracht des Meraner Frühlings zu genießen, wandeln mißmuthig und enttäuscht in Regenströmen und heftigen Windstößen umher oder wenden eiligst dem ungastlichen Orte wieder den Rücken. Diese Regenfluthen haben schon gar arge Verwüstungen im Hochgebirge angerichtet; mehreren Bauernhöfen wurden die Ackerfelder zerstört oder herabgeschwemmt. Brücken wurden durch die wildtosenden Berggewässer fortgerissen, die Kirche zum "Einsiedler" unweit Meran ist durch mächtige Felsblöcke, die herunterrollten, arg zerstört und die Straßen von hier nach Botzen und nach dem Vinschgau wurden gestern durch Schneelawinen theilweise unwegsam gemacht, so daß der Verkehr sehr gehemmt war. Die bösen Folgen der unver=
[ => Original lesen: 1876 Nr. 35 Seite 6]ständigen Waldverwüstungen auf allen Gebirgen von Südtirol zeigen sich durch alle solche Vorkommnisse jetzt immer deutlicher.
- Die Gutsbesitzer und Landwirthe in Niederbaiern werfen sich in neuerer Zeit mit Energie auf die Hühnerzucht und wissen warum. Im Jahre 1874 haben die Niederbaiern 41 1/2 Millionen Eier ins Ausland verschickt.
- Ein Lehrer in Braunschweig war eines abscheulichen Verbrechens beschuldigt und verhaftet worden. In der Voruntersuchung stellte sich indeß seine vollständige Schuldlosigkeit heraus, es wurde ihm dies von der Staatsanwaltschaft bezeugt und er in seine Classe wieder eingeführt.
- Der Lehrer Schella in Hatzfeld in Hessen hat sein Clavier um 10,000 Knödel verkauft. Weil er aber so viel Knödel auf einmal nicht essen kann und sie gewärmt nicht so gut schmecken, so müssen die Knödel in Portionen von 20 Stück geliefert werden und zwar wöchentlich 3 Portionen und jeder Knödel muß 6 Centimeter im Umfang haben. Seine Schulkinder rechnen jetzt aus, wie alt ihr Lehrer werden muß, um die Knödel zu verzehren.
- Unter den Berliner Hauswirthen gibt es auch noch gute Leute, sowie es in der That in Berlin auch noch Häuser gibt, die in der Gründer=Periode ihre Besitzer nicht gewechselt. Der bekannte frühere Beamte des Finanz=Departements, Herr Knoblauch, besitzt ein Haus in der Grenadierstraße 49 und läßt dasselbe, da er außerhalb wohnt, von einem Miether verwalten. Er steigert Niemand, und bei ihm gibt es noch nach der guten, alten Sitte Wohnungen von 3 Stuben und Zubehör für 120 Thaler. Er widersteht auch unverdrossen allen Verkaufs=Gelüsten, und selbst die ansehnlichsten Offerten machten ihn nicht wankend. Zu seinem Hause gehört ein Garten. In dem Garten ist ein Baum. Auf diesem Baum, den der alte Herr noch alle Jahre besucht, hat einstmals der siebenjährige Knoblauch mit seinen Freunden einen äußerst frohen Geburtstag gefeiert, und so lange dieser Baum steht, wird das Haus nicht verkauft.
- Die "Jenaische Ztg." nannte kürzlich Gelehrsamkeit eine Banknote, welche nur da gebraucht werden kann, wo sie gilt, also mit anderen Worten: Gelehrsamkeit ist keine gute, sondern eine wilde Banknote! - Nicht uninteressant ist es, wenn man mit obiger Erklärung einen Ausspruch von Lessing zusammenhält. Letzterer sagt: "Der aus Büchern erworbene Reichthum fremder Erfahrung heißt Gelehrsamkeit, eigene Erfahrung ist Weisheit, - das kleine Kapital von dieser ist mehr werth, als Millionen von jener!" - Also eine sehr böse, eine sehr wilde Banknote.
- Die Preußen kommen nicht in den Himmel. In Altmünsterol im Elsaß kam am Charfreitag im Laufe eines Tischgespräches Folgendes vor: "Im Anfange, als die deutschen Beamten in Folge errichteter Grenzstation nach hier zogen, waren solche genöthigt, sich bei den Bauern einzumiethen und auch bei diesen die Kost zu nehmen: Da die ganze Gegend hier katholisch ist, so kamen an Freitagen nur Mehlspeisen und dürres Obst etc. auf den Tisch, Gerichte, welche für einen leeren Magen nicht viel taugen. Die Beamten baten daher die Hausfrau, sie möge ihnen an diesem Tage die gleiche Kost wie an Wochentagen geben, d. h. ihnen Fleisch vorsetzen. Die ängstliche Frau hatte nun nichts Eiligeres zu thun, als zum Pfarrer des Dorfes zu laufen und diesen zu befragen, ob sie es auf ihr Gewissen nehmen könne, ihren Herren auf Verlangen Fleisch vorzusetzen. Der Pfarrer beruhigte die Frau mit den Worten: "Geben sie ihnen an Freitagen ganz ruhig Fleisch zu essen, die Preußen kommen ja doch nicht in den Himmel."
- Vor dem Schwurgericht in Beuthen in Oberschlesien steht der Räuberhauptmann Elias mit 29 Genossen, der schlesische Hiesel. Er sieht aus, wie ein behäbiger Philister aus dem Handwerkerstand, ist aber ein schlauer und kühner Geselle, der viele Jahre lang das Land unsicher machte und niemals gefangen werden konnte, so daß das Volk sagte, er könne sich unsichtbar machen; seine Genossen und Hehler in Dorf und Stadt wußten's aber besser. Seine besten Spione und Gehülfen waren 11 Weiber, die unter den Angeklagten sitzen; er hielt unter seiner Bande strenge Zucht und schoß einen Spießgesellen, der ungehorsam war, auf der Stelle todt. Am 25. Oktober v. J. gelang es endlich ihn festzunehmen und bald auch seine Genossen. Die Anklage erstreckt sich auf 30 Personen und 39 Verbrechen, der Zeugen sind 223. Die Verlesung der deutschen Anklageschrift dauerte 4 Stunden, der polnischen 5 Stunden, die Verhandlungen müssen zum großen Theil in beiden Sprachen geführt werden. In der Mittagspause wurde ein großer Holzbottich mit Reisbrei hereingebracht, den die 30 Angeklagten auflöffelten. Die Männer und Weiber lachten und lärmten dabei und Elias sagte polnisch zu einem Spießgesellen auf den Berichterstatter zeigend: Siehst Du, der arme Kerl muß so viel über uns schreiben!
- Der preuß. Herr Amtmann, zu dessen Bezirk das Dorf S. gehörte, hatte der dortigen Gemeinde aufgegeben, einen neuen Weg in ihrer Flur anzulegen, erfuhr aber nach einiger Zeit, daß noch gar kein Anfang gemacht sei, und man überhaupt keine Lust dazu habe. Er ließ deshalb den Schulzen kommen und sagte ihm in nicht gerade freundlichem Tone: "Schulze, jetzt habe ich die Geschichte satt! Wenn die Dorfschaft den Weg nicht gutwillig anlegen will, so muß ich einschreiten! Persuadiren Sie doch die Bauern!" Innerlich entrüstet über die ihm gemachte Zumuthung trat der Schulze den Rückweg an, denn er hielt das "Persuadiren" für eine empfindliche Maßregel, die gar nicht weit vom Prügeln entfernt sei, und dachte bei sich: Was zu arg ist, ist zu arg. Daheim hielt er alsbald eine Gemeindeversammlung und schloß seinen Vortrag mit den Worten: "Leute, es ist nichts zu machen; wenn ihr den Weg nicht herstellen wollt, so muß ich euch auf Befehl des Herrn Amtmanns perschwadiren, so leid mir's auch thut." Da sahen sich die Bauern verlegen an. "Perschwadiren?! Nein, perschwadiren lassen wir uns nicht; da wollen wir lieber den Weg machen!" Und der Weg wurde gebaut, ohne daß es zum Perschwadiren kam.
Schützt und hegt die insectenfressenden Vögel!
Es ist allgemein bekannt, welchen Schaden die Insecten den Wiesen, Feldern, Gärten und Wäldern zufügen. Es sind besonders die Engerlinge (auch Uhlwürmer genannt), aus denen die Maikäfer entstehen. Ferner erinnere man sich bezüglich der Waldschädlinge an jenen Wickler, der fast regelmäßig im Mai dem eben grünenden Eichenwalde durch seinen Fraß ein vollständig winterliches Ansehen gibt, an den Fichtenspinner u. s. w. Alle durch Menschenhände getroffenen Anordnungen gegen dieselben haben sich bis jetzt als nutzlos erwiesen. Warum? Weil man die Hauptfeinde derselben, unsere natürlichen Verbündeten, die insectenfressenden Vögel nicht schont. Mit Recht sagt Tschudi: Ohne die Vögel wäre kein Landbau, keine Vegetation möglich; sie verrichten eine Arbeit, welche Millionen Menschenhände nicht halb so gut oder vollständig ausführen würden. Es sind vorzugsweise die Staare, Meisen, Fliegenschnäpper u. s. w., welche uns am behülflichsten sind. Sie bauen ihre Nester in hohle Bäume und heißen daher Höhlenbrüter. Da man aber die alten Bäume nicht mehr schont sondern abhaut und durch junge ersetzt, so fehlt diesen Vögeln die Gelegenheit, bei uns ihre Nester zu bauen. Damit sich jedoch diese nützlichen Thierchen, besonders die Staare, bei uns recht zahlreich einheimisch machen und vermehren, kommt man ihnen durch künstliche Brutkästchen zu Hülfe. Dergleichen werden für Staare, Meisen u. s. w. nach Vorschrift des verstorbenen Dr. Gloger in der Holzwaaren=Fabrik von H. E. Frühauf in Schleusingen zu einem sehr billigen Preise geliefert.
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