No. 56
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. Juli
1875
fünfundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1875 Nr. 56 Seite 1]

Publicandum.

In Gemäßheit der Bestimmungen des § 2 der Ausführungs=Verordnung zum Reichs=Impf=Gesetz vom 8. April 1874 wird hiedurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die im hiesigen Fürstenthum bestehenden 3 Impfbezirke in die unten bezeichneten einzelnen Districte abgetheilt, und nach Genehmigung hoher Landesregierung zu Impf=Aerzten für die Impf=Bezirke bestellt worden sind:

1. für den I. Impfbezirk Schönberg,
(östlich)

der Herr Landphysicus Rath Dr. Marung zu Schönberg.

2. für den II. Impfbezirk Schönberg
(westlich)

der Herr Dr. M. Marung zu Schönberg.

3. für den III. Impfbezirk Domhof=Ratzeburg.

der Herr Dr. Arndt zu Domhof.

I. Impf=Bezirk.
Impf=Distrikte:

1. Schönberg (Impf=Ort) für
Schönberg, östlicher Stadttheil, sowie Amtsgebiet und Mühle,
Gr. Bünsdorf,
Kl. Bünsdorf,
Rabensdorf (Hof und Dorf),
Sabow.
2. Menzendorf (Impf=Ort) für
Menzendorf (Hof und Dorf),
Blüssen,
Grieben,
Lübseerhagen,
Papenhusen,
Retelsdorf,
Rodenberg,
Rottensdorf,
Rüschenbeck.
3. Gr. Siemz (Impf=Ort) für
Gr. Siemz,
Falkenhagen,
Lindow,
Kl. Siemz,
Törpt.
4. Carlow (Impf=Ort)
Carlow,
Cronscamp,
Klocksdorf,
Kuhlrade,
Maurinmühle,
Neschow,
Ollndorf,
Pogetz,

[ => Original lesen: 1875 Nr. 56 Seite 2]

Raddingsdorf,
Sahmkow,
Stove (Hof und Dorf).
5. Demern (Impf=Ort) für
Demern (Hof und Dorf),
Gr. Rünz,
Kl. Rünz,
Röggelin,
Schaddingsdorf.

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II. Impf=Bezirk.
Impf=Distrikte:

1. Schönberg (Impf=Ort) für
Schönberg, westlicher Stadttheil,
Bauhof, Ziegelei und Chausseehaus,
Kleinfeld,
Malzow.
2. Zarnewenz, (Impf=Ort) für
Zarnewenz (Hof und Dorf),
Schwanbeck und Siechenhaus,
Sülsdorf (in der Vogtei Schönberg),
Teschow.
3. Selmsdorf (Impf=Ort) für
Selmsdorf (Hof und Dorf),
Bardowiek,
Hohemeile,
Lauen.
4. Petersberg (Imp=Ort) für
Petersberg,
Bechelsdorf,
Lockwisch (Hof und Dorf),
Niendorf,
Rupensdorf,
Wahlsdorf,
Westerbeck.
5. Herrnburg (Impf=Ort) für
Herrnburg,
Duvennest,
Lenschow,
Lüdersdorf,
Palingen,
Wahrsow (Hof und Dorf).
6. Rieps (Imp=Ort) für
Rieps,
Boitin=Resdorf,
Heiligeland,
Gr. Mist,
Kl. Mist,
Schlag=Resdorf,
Sülsdorf (Vogtei Schlagsdorf),
Thandorf,
Wendorf.

--------------------
III. Impf=Bezirk.
Impf=Distrikte:

1. Ziethen (Imp=Ort) für
Ziethen,
Bäk,
Domhof und Palmberg,
Lankow,
Mechow (Hof und Dorf),
Römnitz,
Wietingsbeck.

[ => Original lesen: 1875 Nr. 56 Seite 3]

2. Schlagsdorf (Impf=Ort) für
Schlagsdorf (Hof und Dorf)
Campow,
Hoheleuchte,
Gr. Molzahn,
Kl. Molzahn,
Neuhof,
Schlagbrügge.
3. Mannhagen (Impf=Ort) für
Mannhagen mit der Mühle,
Hammer mit den Mühlen,
Panten,
Walksfelde.

Schönberg, den 14. Juli 1875.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.      H. Wohlfahrt.      F. v. Dewitz.      v. Arnim.


Anzeigen.

Es wird hierdurch in Erinnerung gebracht, daß das Sandabfahren aus der herrschaftlichen Sandgrube auf dem hiesigen Palmberge bei Strafe verboten ist, und da sich das Sandabfahren in jüngster Zeit wiederholt hat, so wird zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß gegen die Zuwiderhandelnden die Bestimmungen des Strafgesetzbuches im § 370 sub 2 in Anwendung gebracht werden sollen.
Schönberg den 10. Juli 1875.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


Der in Nr. 53 d. Bl. enthaltene Artikel "zum Schützenfest" - 2 Tage vor dem Feste abgelassen und in unsere bereits beflaggte und bekränzte Stadt geworfen - sowie der in Nr. 55 weiter erschienene bezügliche Artikel haben allgemeinen Unwillen erregt, insofern sie darnach angethan schienen, unsere Festesfreude herabzustimmen und die Erinnerung an den diesjährigen Königschuß zu trüben. Daß dies nicht gelungen, haben wir nur der Erwähnung zu verdanken, daß der anonyme Einsender kein Schönberger Kind sein könne, sonst hätte er - in besserer Würdigung der bestehenden Verhältnisse - nicht so vorlaut geurtheilt. Daß übrigens unser Königschuß nicht ohne reellen Hintergrund ist, kann derselbe aus unserem erst kürzlich Allerhöchst neu bestätigten Schützenprivilegio ersehen.
Dem geehrten Einsender aber der M. M. unterzeichneten "Entgegnung" sagen wir unsern aufrichtigsten Dank für das Interesse, mit welchem er sich der Königschußsache angenommen.

Kapitän, Schaffner und Chargirte der Schönberger Schützenzunft.


E. Stiller's Maschinen-Niederlage in Lübeck,
Nr. 483 an der Trave bei der Engelsgrube,
hält vorräthig und empfiehlt:
Universal-Säemaschinen, 3 schaarige Saat- und Acker-Pflüge, verbesserte Royal-Mähmaschinen, Kirby, Grasmäher, und Stahl-Hungerharken.
Viehwagen mit Gallerie, Häcksel- und Rübenschneider, Lawrencer Milchkühler, Lefeldts rotirende Butterfässer- und Käsepressen, Dänische Butterkneter, Radelsortir-Cylinder, verstellbare Korncylinder, Kalbfütterer, eiserne Ferkel- und Schweinetröge, sämmtliche neuester Construction.


Vor etwa 14 Tagen sind meine Gänse auf ruchlose Weise gepflückt worden; wer mir den Thäter so angiebt, daß ich ihn gerichtlich belangen kann, erhält eine Belohnung von 15 Mk.

P. Grevsmühl,
Hauswirth in Sabow.


Am Montag und Dienstag den 26. und 27. Juli findet zu Dassow ein

Gewinnschießen,

am 27. noch eine Verloosung von nützlichen Gegenständen statt. Loose dazu sind auf dem Festplatze an beiden Tagen, am 27. jedoch nur bis 3 Uhr Nachmittags zu haben, indem später die Verloosung beginnt. Zu recht zahlreicher Betheiligung ladet freundlichst ein

Das Kommitte.     


Zum
diesjährigen großartigen
Schützenfeste
am 26. und 27. Juli

laden ergebenst ein

die Aelterleute
A. Behrmann.       C. Wolff.

Rehna, den 15. Juli 1875.


Agenten

oder solche Personen, die hierzu die Eigenschaft besitzen, werden zum Verkaufe von Anlehnsloosen und Staatspapieren gegen monatliche Terminzahlung für alle größeren Orte von einem Berliner Bankhause gesucht.
Die Provisionsbedingnisse sind sehr günstig.
Offerten sub Chiffre G. A. 552 befördert die Annoncen=Expedition von Haasenstein & Vogler in Berlin S. W.         (H 12686)


Die in unserm heutigen Blatte befindliche Gewinn-Mittheilung des Herrn Laz. Sams. Cohn in Hamburg ist ganz besonders zu beachten. Dieses Geschäft ist bekanntlich das älteste und allerglücklichste, im Jahre 1874 wurde schon wieder das grosse Loos bei ihm gewonnen, und hat dieses Haus schon früher den bei ihm Betheiligten die grössten Hauptgewinne von R-M. 360,000, 270,000, 246,000, 225,000, 183,000, 180,000, 156,000, oftmals 150,000, 90,000, sehr häufig 80,000, 60,000, 48,000, 40,000, 36,000 R.-M. etc. etc. ausbezahlt, wodurch viele Leute zu reichen Capitalisten geworden sind. Es sind nun wieder für einen kleinen Einsatz grosse Capitalien zu gewinnen bis zu ev. 375,000 R.-M. Auch bezahlt dieses Haus durch seine weitverbreiteten Verbindungen die Gewinne in jedem Orte aus. Da eine grosse Betheiligung zu erwarten ist, möge man dem Glücke die Hand bieten und sich vertrauensvoll an die Firma Laz. Sams. Cohn in Hamburg wenden, bei der man gewissenhaft und prompt bedient wird.


Großes Concert
am Sonntag den 25. Juli (Nachmittags)
im Garten der Frau Gastwirthin Boye zu Schönberg,

wozu die Bewohner von Stadt und Land ergebenst eingeladen werden.

Entree à Person 25 Pfennige.
Abends Illumination des Gartens.

Die Vereinsmusiker.     


[ => Original lesen: 1875 Nr. 56 Seite 4]

Gesucht wird zu Michaelis dieses Jahres ein ordentliches Mädchen in der Küche gegen guten Lohn nach Uebereinkunft von

G. Creutzfeldt.     

Lockwischer Mühle.


Das große Loos von 246,000 R.Mark (Lübeck) wurde im Jahre 1874 bei mir gewonnen.
Laz. Sams. Cohn.

Auf
No. 456
ist bekanntlich wiederum im Jahre 1874
das große Loos und Prämie
von 246,000 R.= Mk. mit der Devise
Glück und Segen bei Cohn!

laut amtlicher Gewinnliste, wie schon so oft, abermals bei mir gewonnen worden; überhaupt habe in den Gewinnziehungen im vorigen Jahre meinen geehrten Interessenten die Gewinnsumme von über 1 Million 350,000 R.=M. laut amtlichen Gewinnlisten baar ausbezahlt.
Die vom Staate Hamburg garantirte große, interessante und weil bekannte Geld=Lotterie von über 7 Millionen 650,000 R.=M. ist diesmal wiederum mit außerordentlich großen und vielen Gewinnen reichlich ausgestattet; sie enthält nur 78,700 Loose, und werden in wenigen Monaten in 6 Abtheilungen folgende Gewinne sicher gewonnen, nämlich: 1 großer Haupt=Gewinn u. Prämie ev. 375,000 Rm., spec. Rm. 250,000, 125,000, 80,000, 60,000, 50,000, 40,000, 36,000, 3 mal 39,000, 1 mal 24,000, 2 mal 20,000, 1 mal 18,000, 8 mal 15,000, 8 mal 12,000, 12 mal 10,000, 34 mal 6000, 4 mal 4800, 40 mal 4000, 2 mal 3600, 203 mal 2400, 4 mal 1800, 410 mal 1200, 510 mal 600, 10 mal 360, 597 mal 300, 4 mal 240, 19300 mal 131, 17541 mal 120, 60, 48, 24, 18, 12 und 6 Rm.
Die Gewinnziehung der 2ten Abtheilung ist amtlich auf den 14. und 15. Juli d. J. festgestellt zu welcher das
ganze Original=Loos nur 12 Rm. od. 4 Thlr.,
halbe Original=Loos nur 6 Rm. od. 2 Thlr.
viertel Original=Loos nur 3 Rm. od. 1 Thlr.
kostet. Diese mit Staatswappen versehenen Original=Loose sende ich gegen Einsendung des Betrages oder gegen Postvorschuß selbst nach den entferntesten Gegenden den geehrten Auftraggebern sofort zu. Ebenso erfolgen die amtliche Gewinnliste und die Gewinngelder sofort nach der Ziehung an jeden der bei mir Betheiligten prompt und verschwiegen. Durch meine ausgebreiteten Verbindungen überall kann man auch jeden Gewinn in seinem Wohnort ausbezahlt erhalten.
Jede Bestellung auf diese Original=Loose kann man auch einfach auf eine Post=Einzahlungskarte machen.

Laz. Sams. Cohn.
in Hamburg,
Hauptcomptoir, Bank= u. Wechselgeschäft.


Aber, lieber, guter Onkel, warum sich denn gleich so schrecklich ärgern?! Nun ja, ich gebe gerne zu, daß es für einen Mann von ihrer Weisheit und Erfahrung höchst unangenehm ist, wenn ihm öffentlich nachgewiesen wird, daß er über eine Sache kühnlich abgeurtheilt hat, von deren Bedeutung er keine Ahnung hat. Aber so gleich außer sich zu gerathen, das war nicht nöthig, Onkelchen. Oder nennen Sie es nicht außer sich gerathen, wenn ein Mann, wie Sie, dem doch dialektische Gabe zu Gebote zu stehen scheint, statt zu beweisen, mit Gemeinplätzen wie wild um sich wirft? Denn das werden Sie selbst, wenn Sie erst wieder etwas zu ruhigem Blute kommen, erkennen, daß Phrasen wie: "erst lesen, dann denken" - "bei vielen Worten wenig Inhalt" - "Ehrentage, was ich mir davor koofe" - "keine Redensarten" u. dgl. mehr die allergewöhnlichsten, nichtssagendsten Gemeinplätze sind, die eben Jeder, der die nöthige Dreistigkeit dazu besitzt, Jedem in das Gesicht schleudern kann, auch wenn er nicht den geringsten Grund dazu hat. Wenn ich aber so böse wäre, guter Onkel, wie Sie, so würde ich Ihnen alle Ihre Insulten mit vollem Rechte und in gerütteltem und geschütteltem Maße zurückgeben. Um Ihnen aber einen Beweis meines guten Herzens zugeben, will ich mich darauf beschränken, Ihren freundschaftlichen Rath mit einem dito zu erwiedern: Unterlassen Sie künftig diese Art des öffentlichen Auftretens, die Sie in so selbstgefälliger Weise "Lectionen ertheilen" zu nennen belieben - damit haben Sie kein Glück. Sie werden auch in Zukunft nichts weiter damit erreichen, als, wie in diesem Falle, allgemeine Mißbilligung. Und nun Finale! Nachdem ich auf Ihren persönlichen Angriff (daß mein erster Artikel nur die Sache betraf, und nicht auf Ihre Peson gemünzt war, wissen Sie) mit einer persönlichen Abwehr geantwortet habe, schließe ich mich Ihrem Wunsche an, daß nunmehr die Sache abgethan sei. Die Schützenfeste werden trotz ihrer reformatorischen Bestrebungen in der jetzigen Form noch lange bleiben, ja im Gegentheil sich immerfort heben - die Schönberger Schützenzunft z. B. hat in diesem Jahre um 70 Mitglieder zugenommen, und ihre Finanzen sind trotz größerer Ausgaben so glänzend wie noch nie; auch kann ich Ihnen zur Beruhigung wegen Ihrer freundschaftlichen Bedenken im Namen aller im Kugelregen erprobten Kampfgenossen versichern, daß wir sämmtlich an "solchen Späßen" nicht bloß großen Gefallen finden, sondern auch, so Gott will, noch manch liebes Jahr außer dem Sedanfeste unsern Königschuß mitfeiern werden. Aber mit Ihnen weiter über diese Angelegenheit zu disputiren, nützt nichts. Unsere beiderseitigen Anschauungen darüber sind so grundverschieden, daß, sobald ich mir vergegenwärtige, einen wie verschwindenden, ja eher negativen Eindruck Ihre gesammten Auseinandersetzungen auf mich gemacht haben, weder der Raum d. Bl. noch die Geduld der Leser so lange ausreichen würde, bis daß wir zu einer Verständigung in der Sache kämen. Es bliebe uns also für unsere literarischen Productionen nichts weiter übrig, als in dem von Ihnen angeschlagenen persönlichen Tone fortzufahren und vor dem Publikum ein Turnier mit Malicen aufzuführen; und das, denke ich, sind doch Vergnügungen, mit denen wir uns in unsern jüngeren Jahren abgefunden haben, und die den Lebensstellungen, die wir jetzt einnehmen, nicht entsprechen.
Und damit, gute Nacht, cher oncle, schlafen Sie wohl!


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen17 M 75Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Roggen15 M -Pfennig  bis 15 M 60Pfennig.
Gerste14 M 40Pfennig  bis 15 M -Pfennig.
Hafer16 M 30Pfennig  bis 17 M 10Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,20 - 1,28 .
Hühner d. St. M1,35 - 1,50 .
Küken d. St. M0,75 - 1,20 .
Tauben d. St. M0,30 - 0,45 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 - 0,82 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,38 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,05 .
Eier 6 - 7 St. für M0,30 .
Kartoffeln, alte pr. 10 Lit. M0,30 .
junge pr. 10 Lit. M0,30 - 0,45 .
Hamb. Blumenkohl d. Kopf M0,38 - 0,45 .
Hamb. Kirschen pr. 500 Gr. M0,12 .


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1875 Nr. 56 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 56 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 20. Juli 1875.


Politische Rundschau.

Mecklenburg. Die vom 18. bis 26. September in Mecklenburg stattfindenden Kaiser=Manöver werden, wie wir vernehmen, dadurch noch besonders an Glanz gewinnen, daß sich ihnen eine große Flottenrevue anschließt. Das große Panzergeschwader, welches vor Kurzem bei Swinemünde vor den Augen des Kronprinzen allerhand Gefechts= und Landungsmanöver ausgeführt, wird durch die in diesen Tagen in Wilhelmshaven (von England) erwartete Panzerfregatte "Deutschland" verstärkt und in einem mecklenburgischen Hafen (muthmaßlich Wismar) vom Kaiser inspicirt werden. Augenblicklich liegt das Panzergeschwader im Hafen von Travemünde und bietet den dortigen Badegästen einige Abwechselung in dem eintönigen Badeleben.
Wie verlautet werden die Regiments=Exercitien des 2. Hanseatischen Infanterie=Regiments Nr. 76 in der Zeit vom 20.-27. August auf der Palinger Haide stattfinden.
Das Fürstenthum Ratzeburg wird beim diesjährigen Herbstmanöver abermals nicht ohne Truppendurchzüge und Einquartierungen davon kommen. So wird in Schönberg am 28. August auf 2 Tage der Regimentsstab und das 1. Bataillon des Hanseatischen Infanterie=Regiments Nr. 76 (ca. 620 Mann), die übrigen Bataillone für dieselben Tage in den Ratzeburger Dörfern einquartiert werden.
Deutschland. Der deutsche Kaiser ist am 15. Juli Nachmittags mit dem Kaiser von Oesterreich in Ischel eingetroffen. Letzterer war dem Kaiser Wilhelm bis Strobel entgegengefahren. Die Begrüßung beider Monarchen in Strobel war eine sehr herzliche. Um 3 Uhr fand in der Kaiserlichen Villa zu Ischel ein Diner statt, an welchem u. A. auch der Großherzog von Toscana theilnahm. Am 16. Juli hat Kaiser Wilhelm die Reise nach Gastein fortgesetzt.
Wie in früheren Jahren, ist auch jetzt wieder die Einrichtung getroffen, daß während der Abwesenheit des deutschen Kaisers jeden Abend ein eigener Cabinetsbote mit den im Laufe des Tages eingegangenen Briefen und Schriften von Berlin dahin eilt, wo sich der Kaiser befindet, und nach kurzem Aufenthalt mit den inzwischen erledigten Schriftstücken zurückkehrt. Diese regelmäßige Verbindung, welche durchaus keine Unterbrechung im Geschäftsgange aufkommen läßt, wird auch während des Kurgebrauchs in Gastein unterhalten.
Der "Reichsanzeiger" bemerkt über die Reise des Kaisers durch Baiern, daß die irrthümlicherweise auch von Berliner Blättern als bevorstehend gemeldete Begegnung des Kaisers mit König Ludwig bei der diesjährigen Reise des Kaisers überhaupt von keiner Seite in Aussicht genommen sei, der Kaiser habe vielmehr von vornherein ein strengstes Incognito zu bewahren gewünscht. "Die Nordd. Allg. Ztg." welche gleichfalls eine Begegnung der beiden Monarchen angekündigt halte, erklärt nunmehr, daß eine derartige Begegnung, welche sie auf Grund einer Privatnachricht vorausgesetzt, diesmal nicht in Aussicht genommen war.
Nach den bis jetzt bekannten Wahlresultaten zu den Urwahlen zum bairischen Landtage haben in den Städten die Liberalen ihre Candidaten mit großer Mehrheit durchgebracht. Die Wahlresultate aus den Landgemeinden sind noch nicht bekannt.
In München will man aus sicherer Quelle erfahren haben, daß der deutsche Kronprinz als Generalinspektor der 4. deutschen Armee in diesem Jahre die Inspektion des ersten bayrischen Armeencorps vornehmen werde.
Am 1. September d. J. treten die 25=Thalernoten der preußischen Bank außer Verkehr und werden später nur noch bei der Berliner Hauptkasse der Bank bis zum Ablauf des Jahres an Zahlungsstatt angenommen.
Auf Grund des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung § 83 hat der Bundesrath unterm 22. Juni eine Ausführungs=Verordnung erlassen, welche im Centralblatt für das deutsche Reich veröffentlicht wird. Derselben sind die Formulare für die Standesbeamten beigefügt.
In Lothringen haben 64 Gemeinden, die auf ein Gebiet von 30 Quadratmeilen zerstreut sind, Kriegsentschädigung erhalten. Zur Einschätzung der Beschießungsschäden etc. waren sechs Commissionen eingesetzt, wovon zwei sich in Metz befanden und je eine ihren Sitz zu Diedenhofen, Bitsch, Pfalzburg und Marsal hatte. Allein von den beiden Metzer Commissionen wurden in runder Summe 25 Mill. für Kriegsschäden und 20 Mill. für Kriegsleistungen angewiesen. Die Zahlungen wurden aus Reichsfonds geleistet.
Zur Warnung für Auswanderungslustige theilen wir unsern Lesern mit, daß in einem an das britische auswärtige Amt gerichteten amtlichen Rapport aus Washington erwähnt wird, daß im Jahre 1874 ungefähr 44,000 Einwanderer mangelnder Beschäftigung halber aus den Vereinigten Staaten nach Europa zurückgekehrt sind.
Oesterreich. Das Testament des verstorbenen Kaisers Ferdinand von Oesterreich datirt aus dem Jahre 1858. Seitdem wurde es nur geringfügig geändert. Kaiser Franz Joseph tritt in den Besitz sämmtlicher Herrschaften und des beweglichen Vermögens, ausgenommen eine Herrschaft in Niederösterreich, welche Erzherzog Franz Karl, der sich dieselbe schon zur Zeit der Abdication ausbedungen hatte, übernimmt. Die Kaiserin Maria Anna verbleibt definitiv in Böhmen. Das Testament enthält keine besonderen Legate.
In der Herzegowina, hart an der österreichischen Grenze ist wieder einmal eine jener blutigen Raufereien zwischen Christen und Türken ausgebrochen, wie sie dort landesüblich sind. Nur scheint diesmal die Sache etwas größere Verhältnisse angenommen zu haben. Ob man von einem förmlichen Aufstand sprechen kann, ist noch ungewiß. Mehrere österreichisch Compagnieen sind zum Schutz der österreichischen Grenzen nach der obern Marenta beordert worden, und die türkische Regierung hat ihrerseits Truppen nach dem unruhigen Bezirk abgesendet. Man ist eben immer ängstlich, wenn in einer an Zündstoff so überreichen Gegend eine Flamme ausschlägt.
Frankreich. Die Jesuiten und ihre Freunde in der Nationalversammlung in Frankreich haben mit ganz anständiger Mehrheit die Freiheit des höheren Unterrichts durchgesetzt. Das heißt, die höheren Unterrichtsanstalten (die unteren sind's schon länger) sind in ihre Hände gegeben. Die Grundlage des Gesetzes "der freien Unterrichtsanstalten" sind Syllabus und Encyclica. Es ist ein ungeheurer Sieg der Jesuiten und ihrer Helfershelfer und eine Niederlage aller Errungenschaften seit 1789.


- Zwei Brüder, Bauern in Schöneberg bei Berlin, und reich geworden dadurch, daß die Residenz immer näher an die dortige Flur hinanrückte und sie ihre sandigen Grundstücke zu ungeheueren Preisen verkaufen konnten, haben ihren Eltern, die vor Jahren gestorben sind, und dürftig gelebt haben, auf dem Schöneberger Kirchhof ein Denkmal gesetzt im Werth von 12000 Thlr., schöner als irgend ein Grabmonument auf den Kirchhöfen in Berlin.
- Auf einer Polizeistation in London erschien vor einigen Tagen Mr. Pommer, ein gewesener Kaufmann, der sich zur Ruhe gesetzt, und machte die Anzeige, daß ihm sein Weib davongelaufen sei. "Well", sagte der anwesende Beamte, nachdem er die näheren Umstände der Flucht gehört, "wir wollen es versuchen, sie festzunehmen." "Nein, nein!" rief der Kläger. "Deshalb bin ich nicht gekommen; ich möchte nur, das sie fortwährend polizeilich verfolgt, aber nie erwischt wird. So lange dieser Zustand anhält, würde ich den Detectives jährlich 50 Pfund zahlen. Aber nicht erwischen!"


[ => Original lesen: 1875 Nr. 56 Seite 6]

Balthasar Scharfenberg,
oder
Ein mecklenb. Dorf vor zweihundert Jahren.
(Fortsetzung.)


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