No. 32
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 21. April
1868
achtunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1868 Nr. 32 Seite 1]

Mit der heutigen Nummer wird Nr. 7 des Bundes=Gesetzblattes versandt.


- Der zweite Handwerkertag in Dresden einigte sich in seiner 2. Sitzung am 17. April über folgende Petition an den Reichstag:
"Aufrechthaltung einer geregelten Lehrzeit, einer Gesellen= und Meisterprüfung, und die Verbindlichkeit des Eintritts in eine Zunft als Bedingung zur Ausübung eines selbstständigen Gewerbebetriebs. Die Zunftämter würden daher auch ferner die Ein= und Ausschreibung der Lehrlinge, die Prüfung der Gesellen und jungen Meister besorgen, die Conflicte der Lehrlinge und Gesellen mit dem Meister zu schlichten haben u. s. w. Wir fordern ferner, daß die strengere Abgrenzung der einzelnen Zünfte, die Quelle aller bisherigen Competenzconflicte, in jener Sphäre hinweggeräumt, dagegen die Vereinigung verwandter Gewerbe zu einer großen Zunft hergestellt; das Meisterstück sei einfach und den täglichen Bedürfnissen entsprechend, und gelte, wenn auch nur für einen Zweig der Zunft abgelegt, als für die Gesammtzunft geliefert; das Ein= und Ausschreibegeld für die Lehrlinge, sowie das Meistergeld sei gering; über die Unterweisung und Haltung der Lehrlinge, über den Besuch der Handwerkerschule, über Arbeitszeit und Lohnverhältnisse der Gesellen, werden besondere Verordnungen unter Berücksichtigung der localen Verhältnisse erlassen. Endlich fordern wir vorzugsweise: die Errichtung von Gewerbekammern und Gewerbegerichten."
- Dänemarks Kriegsminister hat eine Erholungsreise (wie er sagt) von einigen Tagen nach Paris gemacht und ist dann direct nach Copenhagen zurückgekehrt. Kein Zweifel, daß in Paris an dem preußisch=dänischen Streithandel, von dem neuerdings in Betreff der Rückgabe Nordschleswigs wieder zu lesen war, gesponnen ist. Der Moniteur schweigt. Was er in Wahrheit leistet, davon gibts ein neuestes wahrhaft klassisches Beispiel. Minister Pinard erzählt in demselben, die Jugend Frankreichs habe sich mit wahrem Feuereifer zur Mobilgarde gedrängt. Genau 14 Tage vorher konnte er nicht umhin, von den großen Crawallen in den größten Städten Südfrankreichs zu erzählen, den größten Crawallen seit der Revolution.
- Die alle Welt interessirende Anklage gegen den nordamerikanischen Präsidenten Johnson umfaßt zwei Hauptpunkte 1) die ungesetzliche Absetzung des Kriegsministers Stanton und 2) die Verunglimpfung des Congresses durch zahlreiche öffentliche Reden des Präsidenten. Die Antwort Johnsons geht dahin, daß Stanton von Lincoln ernannt worden und dieser selbst nach der Amtsbill von ihm entlassen werden konnte; lasse die Bill eine andere Auslegung zu, so hätten die Gerichte darüber zu entscheiden; er selbst habe der Verfassung wie den Gesetzen zu gehorchen und wo diese in Conflict gerathen, könne er unmöglich beide zugleich vollziehen. Was seine Reden betrifft, so behauptet der Präsident, darin nie die Gesetzmäßigkeit des Congresses bestritten zu haben; wie jeder andere Bürger habe er aber auch das Recht freier Meinungsäußerung. Die kluge Mäßigung Johnsons macht einen guten Eindruck. Man spricht schon von einem Nachfolger des Präsidenten, der bereits von Stellenjägern umlagert wird. Die Zahl der Beamtenstellen, über die ein Präsident verfügt, soll 80,000 betragen.
- Kaiserin Elisabeth von Oesterreich harrt in der Burg in Ofen ihres schweren Stündleins; der Kaiser und die Ungarn wünschen, daß sie eines Knäbleins genese. Papst Pius hat durch die Königin Marie von Neapel, der Schwester der Kaiserin, eine Reliquie gesandt, ein Knäblein aus Wachs, in dessen Hinterkopfe drei Knöcheln eines Heiligen angebracht sind. Es ist ein starkes Stück dies wächserne Knäblein, das in der letzten Woche des letzten Monats helfen soll, daß ein Knäblein geboren werde.
- Ein Pfarrer schlägt im Hinblick auf die Noth in Ostpreußen vor, es möge die Ebene Esdrelon am Berge Carmel in Palästina gekauft werden, um daselbst eine Colonie für die Ostpreußen anzulegen.
- Die Lübeck=Kleinen Eisenbahn=Gesellschaft genehmigte in ihrer am 17. April abgehaltenen Generalversammlung den Vertrag über die Abtretung der Bahn an die mecklenburgische Regierung. Letztere nimmt die Eisenbahn=Bauarbeiten sofort wieder auf und vollendet sie vor Ablauf 1868. Die Lübeck=Kleinen Eisenbahn=Gesellschaft beschloß hierauf ihre Auflösung und Liquidation.
- Der König von Bayern wird in diesem Sommer nach Egypten reisen, um seine angegriffene Gesundheit zu stärken.
- Der Papst hat beim Eintritt in die Charwoche vom Balkon der Peterskirche urbi & orbi seinen päpstlichen Segen gespendet, am Gründonnerstag 13 Priestern die Füße gewaschen und sie bei Tische bedient.
- Bei dem deutschen Bundesschießen in Wien werden sich diesmal auch norwegische Scharfschützen betheiligen und mit den Schweizern und Tyrolern um den Preis ringen. Es wird überhaupt mehr geschossen und weniger gesprochen werden als auf den früheren Festen. Doch wird's an Wein und Trinksprüchen nicht fehlen. Die Preisrichter haben 38 Sorten Bordeauxweine, 20 Sorten Moselweine, 34 Sorten Rheinweine und 46 Sorten französischen Champagner prüfen müssen und haben sich dieser Prüfung mit hingebender Thätigkeit gewidmet und nach drei Tagen ihr Unheil abgegeben und veröffentlicht.
- Die algerischen Blätter erzählen eine ganze Reihe von Fällen von Menschenfresserei aus Hunger. So berichtet das "Echo d'Oran", daß zwei Frauen vom Stamm der Tiaret, in der Nähe von Mostaganem, nachdem sie lange gegen die Noth angekämpft und die letzten Hülfsmittel erschöpft hatten, unter sich einen Vertrag schlossen, ihre Kinder zu essen. Das Loos sollte entscheiden, welche der beiden Frauen zuerst ihren Eingebornen schlachte. Als das erste

[ => Original lesen: 1868 Nr. 32 Seite 2]

Opfer nun verzehrt war, sollte die Mutter, welche früher so glücklich gewesen, ein weißes Loos zu ziehen, der Verabredung gemäß ihr Kind tödten. Sie weigerte sich; es kam zu heftigen Erörterungen, und schließlich legte die Frau, deren Kind bereits geschlachtet und verzehrt worden war, den Streit dem Bureau Arabe zur Entscheidung vor, wodurch die Sache bekannt wurde. In Tebessa scharrten die Weiber die Leichen ihrer verhungerten Kinder aus und verzehrten sie. In der Gegend von Tiaret sind französische Soldaten verschwunden, welche von den arabischen Bauern geschlachtet und aufgefressen worden sein sollen.
- Fritz Reuter hat kürzlich auf Verlangen eines alten Jugendfreundes , der sich veranlaßt fühlte, dem Grafen Bismarck einen fetten Puthahn zu übersenden, das folgende Gedicht als Begleitschreiben gedichtet:

An den Herrn Grafen Bismarck as em en Kuhnhahn ut de Provinz Posen präsentirt würd.

As hei up sin twei Beinen
Up minen Hof spazirt,
Dun süll en Jeder meinen,
En Franzmann wir dat Dirt.

Grad as en Franzmann bullert
Uem unsern dütschen Rhin,
so hett he rümmer kullert,
As wir de Welt all sin.

Krus plus't hei sick tau Höchten
Un trampelt mit de Bein,
Mit Jedem wull hei fechten,
Dei em mal scheiw anseihn.

Un dickdauhn was sien Lewen,
Stolz släug sin Rad hei rund:
Doch Murjahn müßt sick gewen
Un 't was en dullen Hund.

Nu is vörbi sin Prahlen,
Doch Franzmann prahlt noch fett,
Den ward sick Einer halen,
Dei Thän tum Bieten hätt.

Du hest s' und warst nich liden,
den Franzmann sine Nück;
Dat sünd jetzt annre Tiden,
Un't hett en annern Schick.

Un lat di dat nich beiden!
Brock em wat in de Supp;
Un blift hei unbescheiden
Denn fritt em up!

Un twei olle Burßen, dei wünschen di hüt
Tau Kuhnhahn un Franzmann den besten Appetit.


Das schöne Annerl.
[Erzählung]
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1868 Nr. 32 Seite 3]

Das schöne Annerl.
[Erzählung]
[Fortsetzung.]


Anzeigen.

Am Montag den 27. April, Morgens von 9 Uhr an, soll im Hause des Krügers Hecht in Schlagsdorf in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:
Frauenkleidungsstücke, 3 1/2 Bolzen flächsen Leinen, 5 Bolzen heeden Leinen, 47 1/2 Pfund Flachs und 1 Koffer.
Schlagsdorf, den 18. April 1868.
Krüger.


Vermischte Anzeigen.

Von den in der Stadt Schönberg arbeitenden Handwerksgesellen ist die Gründung einer allgemeinen Krankenkasse unter den sämmtlichen Gesellen des Fürstenthums Ratzeburg, beschlossen, die Statuten sind entworfen und obrigkeitlich von der Großherzoglichen Landvogtei genehmigt und bestätigt worden.
Nach diesen Statuten ist jeder in Arbeit stehende und in Arbeit tretende Handwerksgeselle, insofern er nicht einer Brüderschaft mit Krankenlade angehört, verpflichtet, dieser allgemeinen Krankenkasse beizutreten.
Es werden nun alle und jede Gesellen (mit Ausnahme der eben gedachten) aus der Stadt Schönberg sowohl, als auch die auf dem platten Lande arbeitenden, hiemit geladen, sich am Sonntag den 3. Mai d. Js., Nachmittags 3 Uhr, im Hause der Gastwirth=Wittwe Krüger hieselbst einzufinden, um

1. den Inhalt der obrigkeitlich bestätigten Statuten zu vernehmen,
2. die allgemeine Krankenkasse zu constituiren,
und
3. die Wahl des Vorstandes vorzunehmen.
Schönberg, den 19. April 1868.
Im Namen der betreffenden Schönberger Gesellen:
H. Sievers.


Mein Lager von Tapeten und Borden, sowie von Rouleaux in vielen geschmackvollen Mustern empfehle ich dem geehrten Publikum zur Abnahme bestens.
Maler Wolgast.


Einen Phaeton mit Verdeck hat zu verkaufen Sattlermeister Bockwoldt in Schönberg.


Zu Michaelis ist in meinem Hause eine obere Wohnung mit zwei Stuben, Kammer und Küche, sowie Bodenraum zu Holz und Torf, Stall und etwas Gartenland zu vermiethen.
Schlossermeister Hagen.


Wohnungsveränderung.
Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich von nun an in der Siemzerstraße Nr. 148 bei der Wittwe Renzow wohne. Indem ich meinen geehrten Kunden und Gönnern für das bisherige Vertrauen herzlich danke und bitte , dasselbe auch in meiner jetzigen Wohnung mir nicht zu entziehen, halte ich mich auch fernerhin bestens empfohlen.
H. Renzow, Schneidermeister.


Theater in Rehna.
Mittwoch den 22. April 1868: "Dir wie mir", oder: "Dem Herrn ein Glas Wasser", Lustspiel in 1 Akt von Roger. - Hierauf: "Der Weiberfeind", Lustspiel in 1 Akt von Görner. - Zum Schluß: "Die Candidatenwahl", oder: "Der gerade Weg, der beste".
Freitag den 24. April: "Er ist nicht eifersüchtig", Lustspiel in 1 Akt von A. Elz. - Hierauf: "Hohe Gäste", Schwank in 1 Akt von Belly. - Dann: "Die weiblichen Helden", oder: "Husar und Grenadier", Lustspiel in 1 Akt von Marsano. - Zum Schluß: "Des Künstlers Erdenwallen", oder: "Sechs Tage aus dem Leben eines Schauspielers" in 7 lebenden Bildern.
Kassenöffnung 6 1/2 Uhr. Anfang 7 1/2 Uhr.
C. Hocke.


[ => Original lesen: 1868 Nr. 32 Seite 4]

In Folge des von dem landwirthschaftlichen Vereine für das Fürstenthum Ratzeburg unter dem 13. Februar d. J. erlassenen Aufrufs sind für die Notleidenden in Ostpreußen gesammelt und eingegangen:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereines hat diese Gaben während der Zeit vom 20. Februar bis 11. März d. J. dem Hülfsvereine für Ostpreußen übersandt und von Letzterem über die Einsendungen eine Generalquittung erhalten, welche wörtlich also lautet:

"Der unterzeichnete Ausschuß bescheinigt hierdurch dankend den richtigen Empfang der von dem landwirthschaftlichen Vereine zu Schönberg im Fürstenthume Ratzeburg gesammelten und an den Schatzmeister des Hülfsvereins eingesandten Beiträge, über welche derselbe bereits im Einzelnen quittirt hat, im Gesammtbetrage von 1100 Taler (Mecklenburg), buchstäblich Elfhundert Thalern.
Der Ausschuß des Hülfsvereins für Ostpreußen:
i. A.: G. v. Bunsen, Schriftführer.
(General=Quittung Nr. 5359.)

Indem der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins dies erfreuliche Resultat der Sammlung hiemit zur öffentlichen Kenntniß bringt, ergreift er die Gelegenheit, den Einwohnern des Fürstenthums Ratzeburg für die Bereitwilligkeit, mit welcher sie in Veranlassung des beregten Aufrufes zur thatkräftigen Unterstützung der Notleidenden in Ostpreußen beigetragen haben , den herzlichsten Dank des Vereins auszusprechen.
Schönberg, den 19. April 1868.

F. Graf Eyben.


In letzter Zeit ist mir wiederholt Holz aus meiner Holzkoppel gestohlen worden. Ich habe mich deshalb veranlaßt gesehen, dem Hrn. Förster Joachimi die Aufsicht über meine Holzkoppel zu übergeben, der alle unbefugt darin Betroffenen dem Amte zur Bestrafung überliefern wird.
Hauswirth Freitag in Pogetz.


Meteorologische Beobachtungen.
1868
April
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
17.
18.
19.
20.
34.86
36.27
35.03
29.26
2.5
1.2
2.3
3.8
7.4
6.9
5.6
10.5
NNO
ONO
NNO
OSO
1
1
0
1
heiter.
wolkig.
trübe.
wolkig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund14 - 14 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund14 - 14 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St.24 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.16 - 20 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 6 Schilling (Mecklenburg).
Spickgans, d. St.24 - 32 Schilling (Mecklenburg).
Flickgans, d. St.24 - 28 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfd.8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfd.5 - 5 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfd.10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 7 St.4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß7 - 8 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weizen28 - 28Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen21 - 22Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Gerste16 - 16Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Hafer13 - 13Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen18 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken14 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen15 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat20 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Hiezu Officieller Anzeiger Nr. 15


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit von L. Bicker in Schönberg.


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