No. 59
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 24. Juli
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 59 Seite 1]

Steckbrief.

Der Knecht Johann Laudi, genannt Kessin, aus Selmsdorf, 42 Jahre alt, 5 Fuß 4 1/2 Zoll groß, mit braunen Haaren und bekleidet mit grauwollener Hose, schwarzenglischledernem Rock und schwarzer breitdeckliger Pelzmütze, sowie mit dem besonderen Kennzeichen einer scheinbar unheilbaren Wunde am rechten Schienbein, welcher bereits wegen Herumtreibens, wegen wiederholter Diebstähle und Brandstiftung bestraft, am 23. Januar c. aus der Strafanstalt Dreibergen entlassen und bei seinem Eintreffen hier in einen Dienst gewiesen wurde, hat diesen Dienst jetzt heimlich verlassen und sich so der polizeilichen Aufsicht entzogen.
Wir ersuchen daher alle Behörden, auf den Kessin vigiliren und denselben im Betretungs=Falle uns zuführen zu lassen.
Schönberg, den 19. Juli 1866.

Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


- Aus Paris überrascht uns die Nachricht von dem nahen Frieden zwischen Preußen und Oestreich. Wenigstens hat Oesterreich in eine 5tägige Waffenruhe gewilligt, um während dieser Zeit über die Grundlagen des Friedens zu verhandeln. Kaiser Franz Joseph tritt auf Preußens Verlangen aus dem deutschen Bunde und läßt Deutschlands Neugestaltung ungestört.
- An diesem Entschluß Oestreichs mag die Haltung Baierns ihr gut Theil beigetragen haben. Prinz Carl, der baierische Oberbefehlshaber, kam nämlich persönlich nach München, um dem Könige den Frieden zu empfehlen, die Preußen träten überall mit Ueberlegenheit auf und es sei schad um jeden unnütz vergossenen Tropfen Soldatenblut. Der König selbst soll sich ungern in den Krieg haben hinein drängen lassen, und das Volk sagt Amen zu dem Frieden, zumal im Hinblick auf die Kriegführung. Die Priester allein können keinen Krieg führen; denn sie haben von weiland Thomas Münzer die weiten Aermel nicht geerbt, in denen man die Kugeln unschädlich auffängt. So soll Baiern in Wien zum Frieden drängen.
- Wenn es an der Donau=Linie zu einer Schlacht kommt, so wird sie furchtbarere Dimensionen annehmen, als alle Kämpfe, welche dieser Feldzug seit seinem Beginn aufzuweisen hat, denn Preußen concentrirt seine ganze Macht, um eine Entscheidungsschlacht in der Nähe Wien's zu schlagen und auf österreichischer Seite ist man sich des großen, schicksalsschweren Moments bewußt und es wird daher alle Kraft aufgeboten, welche die Monarchie noch zu retten im Stande ist.
- Nach Wiener Blättern sind die Preußen bereits im Anzuge auf Stockerau (etwa 3 Meilen von Wien), da die Oesterreicher Oberhallbrunn nach kurzem Kampfe geräumt haben.
- Officielle Nachrichten melden aus Wien über ein Seegefecht bei Lissa: Am 20. Juli Nachmittags griff die österreich. Flotte die aus 23 Fahrzeugen, darunter 12 Panzerfregatten, bestehende italienische Flotte an. Nach einem heftigen Kampfe wurden 2 italienische Panzerfregatten vernichtet und die italienische Flotte in die Flucht geschlagen. Lissa ist von den Italienern befreit.
- S. K. H. der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin ist am 18. Juli Abends spät mit zahlreichem Gefolge in Leipzig eingetroffen und im Hotel de Prusse abgestiegen. Zahlreiche Volksmassen belagern das Hotel von früh bis spät, um alle Bewegungen des hohen Herrn zu beobachten. Seit Ankunft des Großherzogs herrscht reges Leben; Ordonnanzen zu Fuß und zu Pferde fliegen nach allen Seiten und begann am 20. Juli früh bereits der Abmarsch der in Leipzig und Umgegend zusammengezogenen Reservedivision in der Richtung nach Zwickau, von wo aus sich solche, wie vermuthet wird, nach Hof und Eger weiter bewegen wird.
- In Geitheyn belegte mecklb. Militair sächsisches Kriegsmaterial mit Beschlag, bestehend in einigen Scheffeln Hafer, sowie entsprechenden Quantitäten Heu und Stroh. In der Stadt Rochlitz wurden noch größere Vorräthe als in Geitheyn, wie auch einige Waffen mit Beschlag belegt.
Sämmtliche Frankfurter Besatzungstruppen verließen am 21. die Stadt, um mit dem ganzen preußischen Corps südwärts zu ziehen. Die Besatzung wird fernerhin von den vierten Bataillonen in der Stärke von zehn Bataillonen und einer Batterie gebildet und unter dem Befehl des Obersten v. Kortzfleisch stehen. - Frankfurt soll eine weitere Kriegs=Contribution von 25 Millionen Gulden zahlen. Die Vertretung der Stadt soll sich aber außer Stande erklärt haben, dieselbe zu beschaffen. - Der preußische Landrath v. Diest hat die Civil=Verwaltung von Nassau, Frankfurt und den übrigen von Preußen besetzten Landestheilen übernommen.
- Die Gefechte in und um Kissingen waren

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sehr hartnäckig und blutig, weit blutiger als die Erstürmung der Düppeler Schanzen. Die Podewils=Gewehre der Baiern und ihre Artillerie sollen von großer Wirkung gewesen sein. Die Bayern rühmen vor allen die preußische Cavallerie. Im Kurhaussaal, unter den Kolonaden, in Privathäusern und in dem Dörfchen Winkels, wo der Hauptkampf stattfand und auch der baierische General Zoller fiel, liegen die Verwundeten massenweis. Ein Apothekergehülfe wurde von einer Kugel am Fenster getödtet. Zusammengeschossen ist der Kirchthurm, mehrere Wohnhäuser, darunter der "Bayerische Hof" sind stark mitgenommen, noch schlimmer der Kurgarten, in welchem die preuß. Cavallerie in der Nacht nach dem Treffen ihr Bivouac aufschlug. Ein Hausknecht erschoß einen preuß. Soldaten und brachte die Gefahr furchtbaren Unglücks über die Stadt. Außerordentlich tapfer haben sich baierische Jäger in dem Gottesacker nach Winkels zu geschlagen; als das Häuflein bis auf wenige zusammengeschmolzen war, boten die Preußen dem blutjungen Lieutenant Pardon an, er antwortete mit einem Revolverschuß und sank in demselben Augenblick von feindlichen Kugeln durchbohrt nieder. Die Preußen sind seines Ruhmes voll. An Pflege fehlt es den Verwundeten nicht, die Königin=Mutter hat u. a. 15 Diaconissinnen gesandt.
- Die berühmten "Drei Mohren" in Augsburg thun ihre Schuldigkeit: sie tragen seit einigen Tagen die schwarz=roth=goldenen Farben. Der Bundestag hat nämlich bei ihnen sein Zelt aufgeschlagen.
- Am 5. Juli war der alte Wrangel, ein 83jähriger Freiwilliger, im preußischen Hauptquartier angekommen, wo er sogleich beim König eine Audienz erhielt.
- Auf Befehl des preußischen Civil=Commissärs ist vom Finanzministerium in Hannover die Ausfuhr von Pferden, sowie die Durchfuhr von Waffen, Kriegs=Munition, Salpeter etc. über die Zollgrenzen des Königreichs hinaus verboten.
- Die Manuscripte der kaiserlichen Hofbibliothek sind von Wien nach Gratz gebracht worden.
- An Betten muß es in Horsitz sehr gemangelt haben. In der Nacht nach der großen Schlacht kam Graf Bismarck allein in diesem großen Dorfe an, wo man keineswegs daran gedacht hatte, Wohnungen für das preußische Hauptquartier einzurichten, da dasselbe Morgens sich noch in Gitschin befand. Bismarck war halb todt vor Hunger und Ermattung, alle Häuser waren geschlossen, Brod gab's nicht mehr und kaum fand man etwas Stroh, um die Verwundeten darauf zu betten. Der Ministerpräsident sah sich deshalb genöthigt, auf dem Straßenpflaster des Marktplatzes ohne Kissen und mit leerem Magen den glücklichen Schlaf eines Siegers zu schlafen.
- In Folge höherer Verfügung sollen die sich in Preußen befindenden Kriegsgefangenen zu Feldarbeiten überlassen werden. Die Bedingungen, unter welchen dies geschehen soll, können in den Landrathsämtern eingesehen werden.
- Am vergangenen Donnerstag sind in Berlin große Partien Gewehre und sonstige Waffen, Tornister, Schanzzeug und anderes Feldgeräth, welche Gegenstände von den preußischen Truppen theils erbeutet, theils auf den Schlachtfeldern aufgelesen wurden, mit der niederschlesisch=märkischen Bahn angekommen und auf großen Wagen nach dem Zeughause gefahren worden. Es befindet sich auch ein vollständiger Feld=Altar eines österreichischen Infanterie= Regiments darunter; derselbe besteht aus einem großen Kasten, welcher die vollständigen katholisch=kirchlichen Geräthe, zum Theil sehr werthvoll, für den gottesdienstlichen Gebrauch im Felde enthält.
- Das nassauische Hof=Weinlager ist vor unberufenen Liebhabern nach Straßburg gerettet worden; es soll eine Million Franks werth sein.
- Die Kronprinzessin von Preußen hat für 200 Thlr. Bandagen, Unterlagen, Gummi=Kissen, Gummi=Beutel nebst einer großen Partie gebrauchter Leinwand an das Kriegs=Lazareth zu Langensalza abgeschickt; außerdem hat sie dem Berliner Hülfsverein für die Armee im Felde 1000 Thaler überreichen lassen.
- Beim Central=Comite für die Verwundeten in Berlin sind bis jetzt 139,219 Thlr. eingegangen.
- In Preußen ist der Befehl ertheilt worden, acht neue Reserve=Batterien zu formiren und deren Organisation bis zum 26. d. Mts. zu vollenden.
- Durch das preußische Kriegsministerium ist angeordnet, daß sämmtliche Landwehr=Offiziere, welche bei Beginn der Mobilmachung auf Grund von Reclamationen königlicher Behörden etc. von einer Einberufung befreit wurden, sich jetzt schleunigst zu den Fahnen zu begeben haben und nur in den allerdringendsten Fällen davon Abstand genommen werden kann.
- (Stoff Moratory) Der N. P. Z. wird aus Paris geschrieben: Bereits seit mehreren Wochen haben die italienischen Blätter auf die Erfindung eines Herrn Moratory aufmerksam gemacht, welche darin besteht, den leichtesten Stoff kugelfest zu machen. Herr Moratory befindet sich in Paris. Das hiesige Artillerie=Comite hat Versuche angestellt, die ein wahrhaft überraschendes Resultat gemacht haben. Denken Sie sich einen so leichten Stoff, daß die Bekleidung eines Mannes - Brust und Rücken - nur zwei Pfund wiegen, und von dem eine Gewehrkugel abprallt! In Folge des Berichts über die angestellten Versuche wird Herr Moratory morgen vom Kaiser empfangen werden. Ich habe den Versuchen beigewohnt. Es ist in der That fast unglaublich.
- In dem Kampfe bei Kissingen wurde ein Reiter der bayerischen "leichten" Cavallerie von den Preußen gefangen genommen und spaßeshalber wegen seiner Corpulenz gewogen. Das Gewicht desselben stellte sich auf 212 Pfd. heraus. Wie viel wiegt nun erst ein "schwerer" bayerischer Reiter?
- Der preußische König hat einen Feldwebel von den Garde=Füselieren, der sich bei Königsgrätz besonders auszeichnete, zum Lieutenant gemacht und ihm mitgetheilt, daß er auch für die andern Mittel sorgen werde, die sein neuer Stand erfordern werde.
- In Troppau war ein zum Ausschauen geeigneter hoher Thurm mit einem preußischen Militairposten besetzt und beim Abmarsche der preußischen Truppen war die Ablösung dieses Postens vergessen worden; seiner Verhaftung widersetzte er sich durch die erfolgreiche Vertheidigung der kleinen, zu seinem Standpunkte führenden Treppe und hat bis heute (am 17.) früh noch oben Posten gestanden, zuletzt aber gedroht, wenn man ihn nicht freien Abzug garantire oder sofort Essen hinauf schicke, so werde er vom Thurme aus Jeden, der den Marktplatz betrete, todtschießen. Es war ein mannhafter Preuße vom 62. Regiment. Troppau ist inzwischen wieder von preußischen Truppen besetzt.
Ob Hr. v. Beust in politischen Angelegenheiten nach Paris gereist ist, weiß man in Wien nicht, so viel aber weiß man, daß er das gerettete Vermögen des Königs von Sachsen aus der österreichischen Hauptstadt in die sicheren Keller des Hauses Rothschild überführt hat.
- Wie schon früher in Hamburg, so ist dieser Tage auch das hannover'sche Postamt in Bremen von Preußen übernommen worden; ebenso ist das in Hamburg befindliche Thurn= und Taxis'sche Postamt fernerhin preußisch.
- Im militärischen Laboratorium zu Bromberg werden seit Beginn des Krieges ungeheuere Massen von Patronen angefertigt, die von Zeit zu Zeit in großen Sendungen nach dem Kriegsschauplatze befördert werden. Mit der Anfertigung der Patronen sind über 200 Frauen einberufener Landwehrmänner beschäftigt, von denen jede einen Tageslohn von 8 Sgr. erhält.
- Die Wiener Listen geben den Verlust der Oesterreicher und Sachsen auf 80,000 Mann an nebst 238 Geschützen und dem dazu gehörigen Train und Fuhrwerk.
- Pariser Blätter enthalten einen Aufruf in deutscher und französischer Sprache zur Unterstützung

[ => Original lesen: 1866 Nr. 59 Seite 3]

der in Deutschland verwundeten Krieger, seien es Oesterreicher, Preußen oder andere Deutsche.
- In Wiener Vorstädten erzählt man sich, die Preußen hätten beim Vorrücken in Böhmen die Telegraphenleitungen "umgedreht" und so seien die nach Wien bestimmten Depeschen von der Nord=Armee nach Berlin gelangt und hätten Alles, namentlich den geheimen Benedek'schen Schlachtplan, verrathen.
- Als nach dem Gefecht bei Skalitz einige preußische Militär=Aerzte das Schlachtfeld nach Verwundeten absuchten, fanden sie in einem Graben, der halb mit Wasser gefüllt war, auch einen verwundeten österreichischen Fähnrich, dem sie ihre Hülfe anboten. Derselbe bat aber inständig, ihn liegen zu lassen, weil die Kühle des Wassers ihm die erwünschte Linderung seiner Schmerzen gewähre. Nach einiger Zeit kehrten die Aerzte an denselben Ort zurück und fanden den Fähnrich todt. Als sie die Leiche herauszogen, lag unter derselben die Fahne.
- Zu manchen Zügen wohlthuender Art bei den Schrecknissen des Krieges haben wir aus dem Munde eines preußischen Landwehrmannes folgende zwei in der Schlacht bei Langensalza vorgekommene Fälle zu berichten: Als der Kampf an einer Stelle etwas ruhte, fand dieser Soldat einen am Fuße stark blutenden hannover'schen Dragoner. Er fragte ihn: "Kamerad, was fehlt Dir?" - "Eine Kugel hat mich am Fuße getroffen und ich kann nicht fort." Darauf kniete der Landwehrmann nieder, nahm etwas Verbandmittel, welche er von der Heimath mitgenommen, und verband seinen Feind. - Derselbe Krieger erzählte auch als Gegenstück, daß ein Hannoveraner einen preußischen Landwehrmann in der Hitze des Gefechts zu Boden geworfen hat und diesen mit dem Bajonnet erstechen wollte. Da rief der Preuße mit Schmerz: "Bruder, ich habe sechs Kinder!" und der Hannoveraner zog sein Gewehr zurück.
- In der vorigen Woche besuchte ein Bauer das Zeltlager bei Korlin und kaufte dort von einem Gefangenen eine sehr gute Uhr (wie der Bauer sagt, ist es eine goldene gewesen) für 6 1/2 Thaler. Der Bauer hatte das beste Geschäft bei dem Handel gemacht und mußte daher auch den Weinkauf geben. Käufer und Verkäufer gingen nun in eine der Trinkbuden, wo noch mehrere Oesterreicher sich befanden, und leerten gemüthlich ein Glas nach dem andern. Von einem guten Freunde zum Heim gehen aufgefordert, will der Bauer erst sehen, was es an der Zeit ist, langt in die Tasche und will seine eben gekaufte Uhr hervorholen, aber welcher Schreck! - die Uhr ist fort. Er greift nun in die andere Tasche, wo doch seine alte Uhr sein muß, aber auch diese Tasche ist leer und indem er sich nun voll Verwunderung betrachtet, bemerkt er, daß ihm zwei durchschnittene Uhrbänder auf der Brust hängen. So war denn der Bauer der Geprellte und mußte noch die Zeche bezahlen.
- In Piacenza (Italien) ist am 14. d. eine Pulver= und eine Patronen=Fabrik in die Luft geflogen. Die Explosion war schrecklich; Alles wurde zerstört. Sechzig junge Frauen, welche die Patronen anfertigten, sind unter den Trümmern begraben. Militär und Bürger, die dort arbeiteten, sind ebenfalls umgekommen. Man kennt noch nicht die Zahl der Todten und Verwundeten.
- Bei der Anwesenheit des Hauptquartiers der ersten preußischen Armee auf Schloß Muskau hatte der Stallmeister Hammelmann den Prinzen Friedrich Carl öfter ausgefahren und zwar mit acht Pferden lang vom Bock. Der Prinz hatte von der Geschicklichkeit dieses Stallmeisters gehört und wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen. Mit sichtlichem Vergnügen im Wagen stehend, verfolgte der ritterliche Prinz den schlanken Trab der feurigen Renner, die auf ein kaum merkbares Zeichen ihres Herrn die schwierigsten Evolutionen auf engstem Raum mit bewundernswerther Eleganz und Sicherheit ausführten. Nach Beendigung der Fahrt sprach der Prinz seine Anerkennung aus und bemerkte, daß er so noch nie gefahren sei. Und als nun der Stallmeister ehrerbietigst erwiderte, daß er es für das höchste Glück erachten würde, könnte er Se. K. Hoheit achtspännig nach Wien hineinfahren, bemerkte der Prinz lächelnd: "Da hinein werden wir bald reiten!"
- Aus dem Lazareth in Berlin. Eine Frau hatte die Ankunft ihres verwundeten Mannes erfahren, eilte zu ihm und fand ihn blaß und elend in Decken gehüllt. Mein armer Mann, rief sie schluchzend, gib mir doch wenigstens die Hand. Du gutes Weib, sagte er schmerzlich lächelnd, das kann ich nicht und nie wieder, meine beiden Hände liegen drinnen in Böhmen auf dem Schlachtfeld. - Ein Verwundeter erzählte: Von einer Kugel in die Hüfte getroffen, schleppte ich mich mühsam hinter ein Bauernhaus, wo ich bewußtlos niedersank. Ein Zerren an meiner Uniform erweckte mich wieder. Ein Bauer wollte mich ausplündern und als er sah, daß ich noch lebe, griff er zur Mistgabel, um mich zu massakrieren. Ich hielt ihm mein Gewehr entgegen und rief um Hülfe; zwei Kameraden sprangen um die Ecke, stießen ihn mit dem Bajonnett nieder und trugen mich zum Verbandplatz.
- Die gallischen und deutschen Hühner können kaum so viel Eier legen, als die Engländer vertilgen. Im vorigen Jahre wurden in England ungefähr eine Million Eier täglich eingeführt, in den fünf ersten Monaten dieses Jahres 196 Millionen, im Mai allein 56 Millionen Eier.
- Am 15. Juli war in Paris ein so furchtbares Gewitter, wie es Paris noch nicht erlebt. Die ganze Stadt war in tiefe Dunkelheit versetzt und die Straßen in strömende Bäche verwandelt.
- Ein gutes Mittel, Ratten zu vertilgen, ist nach englischer Angabe: Man mischt Ochsengalle und Bernsteinöl zu gleichen Theilen durcheinander, fügt dazu seine Hafergrütze und Mehl und zwar so viel, daß ein Teig entsteht. Man formt daraus Pillen und legt diese in die Mitte des Zimmers, welches von den Ratten heimgesucht wird. Die Pillen bilden ein unwiderstehliches Anziehungsmittel für die Ratten, die sie mit höchster Begierde fressen, aber bald einen heftigen Durst darnach bekommen. Man stellt einige Schüsseln mit Wasser dabei, wovon die Ratten so lange Saufen, bis sie an Ort und Stelle crepiren. Die Mittel würde, wenn es sich bewährt, dem Giftlegen vorzuziehen sein.


Für die verwundeten Krieger sind seit dem 16. d. Mts. bei mir eingegangen: 2 Thlr. 8 Sch. aus Kloksdorf, 2 Thlr. aus Sülsdorf, 2 Thlr. aus Cronscamp, 1 Thlr. 16 Sch. aus Neschow, 4 Thlr. 24 Sch. aus Schaddingsdorf, 4 Thlr. aus Teschow, 4 Thlr. aus Samkow und 4 Thlr. 16 Sch. aus Schönberg nebst mehreren Paqueten Leinwand und Charpie aus Sülsdorf, Petersberg, Samkow, Kloksdorf und Schönberg. Zur speciellen Verwendung für die Verwundeten in Thüringen durch Fritz Reuter: 2 Thlr., 1 Thlr. und 22 Thlr. aus Schönberg, letztere als Ertrag eines Concerts der Vereins=Musiker; außerdem ein Paquet Leinwand und Charpie aus Schönberg.
Schönberg, den 23. Juli 1866.
Dr. Marung.


Anzeigen.

In Sachen, betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die auf der Baeck belegene Büdnerstelle c. p. des Zimmergesellen Johann Wöhlert, giebt Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg auf das am 17. d. Mts. abgehaltene Liquidations=Protokoll, nachdem die gehörige Bekanntmachung der Proclamata zu den Acten docirt worden, hierdurch den

Bescheid:

daß alle Diejenigen, welche sich sowenig in dem am 17. d. Mts. stattgehabten Liquidations=Termine, als bis jetzt gemeldet haben, mit ihren etwaigen Ansprüchen an die Zimmergeselle Wöhlert'sche Büdnerei c. p. hierdurch präcludirt sein sollen.

Von Rechts Wegen!

Schönberg, den 18. Juli 1866.
C. L. v. Oertzen.
(L.S.) A. Dufft.


[ => Original lesen: 1866 Nr. 59 Seite 4]

Verkaufsanzeigen.

Zufolge gerichtlichen Auftrags werde ich die zur Concursmasse des hiesigen Erbmüllers Carl Lampe gehörigen Gegenstände, als

Sophas, Tische, Stühle, Commoden, Schränke, Spiegel, Bettstellen und Betten, Leinenzeug, Kleidungsstücke, Gold= und Silbersachen, Haus= und Küchengeräth, 2 Kühe, 15 Hühner und 1 Hahn, ca. 250 fast neue Säcke, 1 Pungenwagen, 2 Decimalwaagen mit vollständigen Gewichten, englische und rheinische Bicken, Mühlenkämme, diverse Mehlkisten u. a. m.
am Donnerstag den 26. d. M. und event. am folgenden Tage jedesmal von Morgens 9 Uhr an im Lampe'schen Wohnhause öffentlich meistbietend gegen sofortige Baarzahlung verkaufen, wozu ich Kaufliebhaber einlade.
Rehna den 9. Juli 1866.
D. Bruse, Gerichts=Actuar.


Einem geehrten musiktreibenden Publicum Schönberg's und Umgegend empfehle ich mein sehr wohl assortirtes seit 30 Jahren bestehendes und bis auf die neueste Zeit fortgeführtes
Musikalien-Leih-Institut
unter nachstehenden billigen Abonnements-Bedingungen bestens.
Jeder Theilnehmer zahlt:
a) Für 4 Werke jährlich 1 Taler (Mecklenburg) 17 1/2 Sgr. b) Für 8 Werke jährlich 3 Taler (Mecklenburg) 6 Sgr.
c) Wer jährlich 4 Taler (Mecklenburg) zahlt erhält 6 Werke zum Umtausch und für 2 Taler (Mecklenburg) Musikalien als Eigenthum.
d) Wer jährlich 6 Taler (Mecklenburg) zahlt erhält 8 Werke zum Umtausch und für 4 Taler (Mecklenburg) Musikalien als Eigenthum etc. etc.
Die Musikalien können nach Belieben gegen andere vertauscht werden.
= Ein Abonnement kann täglich beginnen. =
Ein completter Catalog wird gerne zur Ansicht versandt und stehen darin verzeichnete Musikalien, den geehrten Abonnenten zu Gebote. Durch Aufnahme neu erscheinender Werke wird das Leih-Institut fortdauernd vergrössert.
Sehr wünschenswerth und zweckmässig ist es, bei Umwechselung der Noten ein recht reichhaltiges (wenigstens die doppelte Anzahl der gewünschten Hefte) Verzeichniss der gewünschten Musikalien einzureichen und die speciell gerne zu erhaltenden Werke gefälligst zu unterstreichen. Durch dieses einfache und bei einem Leihinstitute, wenn auch alle guten und gangbaren Werke in vielen Exemplaren vertreten sind, durchaus wünschenswerthe Verfahren, wird jeder Abonnent stets die von ihm gewünschten Musikalien bekommen.
Um recht lebhafte Benutzung meines Leihinstitutes unter Zusicherung der promptesten Bedienung bittend, zeichne
Hochachtungsvoll
F. W. Kaibel's Kunst- und Musikalien-Handlung.
(Carl Ludwig Kaibel.)
Auswahlen neuer oder älterer Compositionen in jedem Genre werden mit Vergnügen jeder Zeit versandt und die billigsten Preise berechnet!


Erntehandschuhe sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.


(Eingesandt.) Am 20. d. Abends hatte ich das Vergnügen, im Garten der Frau Boye dahier der Harmonie=Musik zum Besten der im Felde verwundeten Krieger beizuwohnen. Das vereinigte Musik=Corps gab sich alle Mühe, dem Publikum einen außergewöhnlichen Genuß zu verschaffen und ist hauptsächlich der Entré=Marsch aus der Loreley hervorzuheben, welcher recht brav ausgeführt wurde. Leider war der Besuch ein ziemlich schwacher, was wohl der ungünstigen Witterung zuzuschreiben sein dürfte. Es ist nur zu wünschen, daß bei ferneren Productionen die Mühe dieses wackeren Musik=Corps durch zahlreicheren Besuch gelohnt würde.
Ein Musiker aus Weimar.


Köster's Hôtel.
Mittwoch den 25., Donnerstag den 26. und Freitag den 27. Juli
Concert
der Gesellschaft Knebelsberger aus Unter=Steyermark. - Die Vorträge sind National=Quintette, sowie Solo für Sopran, Alt und tiefen Baß; ferner Solo's auf der Cither, Philomele, Violin und dem Holz= und Stroh=Instrument.
Anfang Abends 7 Uhr.
Entré: Herren 8 Schilling, Damen 4 Schilling.
Bei günstiger Witterung im Garten, im andern Falle im Local.


Ich mache hiemit die ergebenste Anzeige, daß ich nun mein Geschäft eröffnet habe und reines Roggen=, feines und grobes, sowie Kaffee= und Thee=Brod fortwährend zu haben ist.
Hausback Dienstags, Donnerstags und Sonnabends.
Indem ich mich einem geehrten Publikum bestens empfehle, bitte ich um geneigten Zuspruch.
Schönberg, den 23. Juli 1866.
Wolgast, Bäckermeister.


Drain=Röhren sind vom Freitag den 27. Juli an wieder in allen Weiten auf meiner Ziegelei zu haben.
Zieglermeister Tretow vor Schönberg.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Juli
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
20.
21.
22.
23.
33.26
34.86
36.25
37.01
7.0
9.0
10.8
11.2
14.8
15.3
15.3
17.4
W
NW
WNW
WNW
1
1
2
1
wolkig.
zieml. heiter.
-
heiter.

Am 20. 6, am 21. 20 Czoll Regen auf 1 Qfuß.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund12 1/2 - 13 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund13 - 14 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St.16 - 20 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken d. St.8 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund7 1/2 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfund4 1/2 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 8 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß7 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Blumenkohl d. Kopf4 - 6 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Kirschen d. Pfund2 - 3 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen17 - 19Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen13 - 13Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 - 12Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Hafer10 - 11 Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Rübsen.-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Hiezu eine Karte des Kriegsschauplatzes. [nicht in der Vorlage vorhanden]


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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