No. 70
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 12. September
1865
fünfunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1865 Nr. 70 Seite 1]

Alle im Jahre 1844, und zwar vom 1. Januar bis 31. December, beide Tage einschließlich, gebornen jungen Leute männlichen Geschlechts werden, um Zwecks der bevorstehenden Militair=Aushebung angeschrieben zu werden, hiermit geladen, am Freitag, den 15. September, Morgens 9 Uhr vor Großherzoglicher Landvogtei zu erscheinen, zugleich auch angewiesen, unfehlbar ihre Taufscheine mitzubringen.
Für diejenigen jungen Leute, welche auf Wanderung oder sonst behindert sind, am gedachten Tage persönlich zu erscheinen, muß einer der Angehörigen, oder der Vormund sich einfinden und den Taufschein produciren.
Schönberg, den 28. August 1865.
Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben. C. L. v. Oertzen. Seip.


- Durch die Gasteiner=Convention soll Rußland am meisten zum Nachdenken darüber bestimmt worden sein, welche Folgen die Festsetzung Preußens in den Herzogthümern haben könnte. Vornehmlich fürchtet man in Rußland die Schöpfung einer deutschen Flotte, welche der russischen an Zahl und Kraft gleich sein und daneben die Schlüssel zur Ost= und Nordsee haben würde. Doch glaubt man nicht, daß Rußland den Gang der Dinge in den Herzogthümern beeinflussen werde.
- In Paris spricht man von einem Vertrag, der gelegentlich der Flottenfeste zwischen Frankreich und England abgeschlossen sei, in welchem sich die beiden Mächte verbindlich gemacht haben sollen, zwei Jahre hindurch zwei Flotten von derselben Stärke immer unter Waffen zu halten. Vielleicht soll diese Drohung in erster Reihe an Amerika gerichtet sein, da England ebenso für Canada, wie Frankreich für Mexiko besorgt ist.
- Das Rupfen lebendiger Gänse. Eine weitverbreitete und von einem großen Theile unserer ländlichen Bevölkerung gewohnheitsmäßig betriebene Thierquälerei ist die des Rupfens der lebenden Gänse, welches bekanntlich geschieht, um sogn. lebendige Federn zu erhalten, weil man dieselben für besser als die von todten Thieren genommenen hält. Wir wollen ganz davon absehen, da vielfach auch noch die betrügerische Absicht damit verbunden ist, dem späteren Käufer der Gänse diese vorweggenommenen Federn zu entziehen; wir wollen auch nicht gegen den Wahn der größeren Leichtigkeit und Elasticität der lebendigen Federn zu Felde ziehen, da sich gegen solche ererbte Vorurtheile nur mit wenig Aussicht auf Erfolg kämpfen läßt. Aber auf das Unmenschliche und Unbarmherzige dieses Gebrauches wollen wir einmal aufmerksam machen. Daß derselbe eine Unbarmherzigkeit, ein Mißbrauch mit der dem Menschen über die Thiere verliehenen Gewalt ist, dürfte sich doch auch der Unwissendste eigentlich selbst sagen; denn was ist die Feder des Vogels anders, als ein dem Haare des Menschen und der Säugethiere ähnliches Gebilde der Oberhaut, dessen Ausrupfen dem Menschen und Thiere gleich schmerzhaft ist? - Wir glauben, es bedarf nur dieser kurzen Bemerkung, um jeden besser denkenden Menschen, jede Hausfrau von den scheußlichen Martern der Gänse abzuschrecken.
- Abd=El=Kader hat in Paris eine Menge geputzter Puppen eingekauft, um sie seinen Frauen mitzubringen, damit sie sich die Zeit im Harem vertreiben können. Seine jüngste Frau ist 14 Jahre alt. Der Emir wird in diesen Tagen seine Heimreise nach Beirut antreten. In Paris feierte ihm zu Ehren die Freimaurerloge zum großen Orient ein Fest, an welchem Türken, Juden, Heiden und Christen Theil nahmen.
- In Bozen in Tyrol klebte der 16jährige Lehrling einer Buchhandlung, H. Kerber, ein Baumblatt an die Wand eines Kruzifixes, schoß dreimal mit der Pistole darnach und traf zweimal das Kreuz. Er wurde zu 8 Monaten Gefängniß verurtheilt.
- Man erzählt, der Kaiserin Eugenie habe jeder Tag im Hotel Bellevue in Neuenburg in der Schweiz 30,000 Franken gekostet. Da kommen wir Andern, die wir incognito reisen, doch besser weg, obgleich die Wirthe auch manchmal rechnen, als hielten sie uns für verkappte Prinzen und Prinzessinnen.
- Ein junger Mann in Wien hatte eine unerwartete reiche Erbschaft gemacht; er lud seine Freunde zur Feier ein und es ging hoch und lustig her. Ein Glas dem todten Onkel! rief ein Gast. Da klopfte es an die Thür - einmal - zweimal - dreimal. Herein! Herein tritt eine weiße Gestalt und schreitet im Geisterschritt, das Gesicht und die eine Hand gegen den Gastgeber erhoben, dicht an den Tisch heran. Mein Onkel! ruft der junge Mann todtenbleich und sinkt ohnmächtig zusammen. Seit Wochen liegt er am Nervenfieber und Niemand konnte ihm bis jetzt sagen, daß der Onkel von einem Freunde, einem Schauspieler gespielt worden war.

[ => Original lesen: 1865 Nr. 70 Seite 2]

- Hat Jemand von unsern Lesern mit den Herren Rhabbulet u. Co. in London zu thun gehabt? oder mit Flint u. Co., Ledon u. Co., Gordon u. Co. u. s. w.! - Hoffentlich nicht! Es ist alles eine und dieselbe Compagnie - von Spitzbuben. Die Compagnons heißen Jordan und Barthe und sind Schwindler, die unter obigen Adressen zahllose Briefe nach Deutschland etc. schickten, Agenten suchten, sich zu Vermittlern erboten u. s. w. Alles Geld, das ihnen als Anzahlung oder Caution geschickt wurde, alle Waarenproben etc. sind verloren - und müssen viele in die Falle gegangen sein; denn als man die Schwindler verhaftete, fand man bei ihnen 5000 Briefe aus Deutschland, Frankreich etc. sogar ein deutscher Bischof hat sich von den schlauen Betrügern um ein paar hundert Thaler beschwindeln lassen.
- In Indiana laufen die Salomons auf der Straße herum. Zwei Eheleute liefen zum Richter, um sich scheiden zu lassen, auf der Straße zankten sie sich um den einzigen Sprößling ihrer Ehe, einen Knaben; der Vater zog ihn gewaltsam zu sich heran, die Mutter hielt ihn ebenso energisch fest. Es gab einen Skandal. Da trat ein Polizeimann, ein Irländer, heran: Madame, gebot er, lassen Sie den Knaben los und treten Sie 10 Schritte nach dieser Richtung; und Sie, mein Herr gebot er dem Vater, lassen Sie den Knaben auch los und gehen Sie 10 Schritte nach jener Richtung, wem der Knabe freiwillig nachläuft, dem soll er vorläufig gehören! - So geschah es und der Knabe lief der Mutter nach. Die Umstehenden klatschten dem weisen Polizeimann Beifall zu.
- Fast am Ende einer Fahrt von San Francisco nach Portland hat der Dampfer Brother Jonathan am Cap Lincoln Schiffbruch gelitten. Zwei= bis dreihundert Passagiere hatte er am Bord, die mit Ausnahme von 15 alle umgekommen sind.
- Die diesjährige Ernte ist beschafft und man hat gefunden, daß in Mecklenburg nicht die Hälfte der Fuderzahl an Korn, als im vorigen Jahre eingefahren ist. Wenn manche Wirthschaften in günstigen Jahren früher 5-600 Scheffel Korn pro Last geerntet haben, so wird in diesem Jahre ein Ertrag von 400 Scheffeln pro Last ein seltener sein. Klee und Heu wird verhältnißmäßig auch lange nicht zur Hälfte als im vorigen Jahre in den Wirthschaften angetroffen werden. Die Kartoffeln, obgleich deren Kraut an den meisten Stellen noch grün ist, werden in manchen Wirthschaften schon aufgenommen. In Westpreußen sind sie in Folge starker Regengüsse schon krank geworden, aber dennoch sind die dort auffällig niedrigen Kornpreise bis jetzt nicht gestiegen. Das frühzeitig gesäete Winterölgewächs ist in Mecklenburg gut aufgelaufen.
- Ein Amerikaner hat einen Ballon erbaut, der den Riesenballon Nadars noch übertrifft. Das Luftschiff ist mit Apparaten für das Aufsteigen, für das Herablassen und für die Lenkung versehen. Er mißt 387 Fuß im Umfange, enthält 700,000 Kubikfuß Gas und trägt eine Last von 22 Tonnen. Der Erfinder gedenkt in 50-60 Stunden damit die Reise über den atlantischen Ocean zu machen.
- Vor einiger Zeit verließ ein französisches Schiff einen Hafen Brasiliens mit einer Ladung Kaffee nach Havre. Während der Verladung benutzte ein junger Neger, der Sclave eines Pflanzers, die Gelegenheit, sich im Schiffsraume zwischen den Kaffeeballen zu verbergen. Als das Schiff die Anker gelichtet und in See gestochen war, vernimmt man ein klagendes Geschrei und entdeckt den jungen Neger zwischen den Ballen, der um Gnade und die Gunst bittet, ihn mitzunehmen. Man gab ihm als Küchenjunge Beschäftigung, und als das Schiff in Havre ankam, verschaffte die Schiffsmannschaft ihm eine Stelle als Koch. Bald zeichnete derselbe sich durch Thätigkeit und Geschicklichkeit aus, und nach kurzer Zeit ging er nach Paris, wo er eine sehr vortheilhafte Stellung in einem großen Hause erhielt. Gegenwärtig ist er beim Ministerium mit der Bitte eingekommen, französischer Bürger und getauft zu werden.


Die Frau des Geschworenen.
[Erzählung]
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1865 Nr. 70 Seite 3]

Die Frau des Geschworenen.
[Erzählung]
[Fortsetzung.]


Vermischte Anzeigen.

Bekanntmachung.
Das diesjährige Missionsfest in unserem Fürstenthum wird in der Kirche zu Schlagsdorf am Mittwoch, den 13. d. M., gefeiert werden und der Gottesdienst um 10 Uhr Morgens anfangen. Es werden alle Freunde der Missionssache von nah und fern freundlich eingeladen.
Nach Beendigung des Gottesdienstes wird bei Herrn Siebenmark ein einfaches Mittagessen (á Person 16 Schilling (Mecklenburg)) bereitet sein und eine Nachmittagsfeier stattfinden.
Der Vorstand des Missionsvereins.


Lager von billigen Tapeten von 4 Schilling (Mecklenburg) an per Stück, auch Borden u. Fenster=Rouleaux bei C. Schwedt.


[ => Original lesen: 1865 Nr. 70 Seite 4]

Nicht Freitag, den 15., sondern Morgen, Mittwoch, den 13. September
Großes Gartenfest mit
Harmonie=Musik, Volksbelustigungen und Illumination.
Entrée à Person 4 Schilling (Mecklenburg). - Kinder die Hälfte.
Anfang 5 Uhr.
Freunde des geselligen Vergnügens sowohl in der Stadt wie auf dem Lande werden freundlichst eingeladen durch
Gastwirthin Boye.


Das steigende Interesse, welches sich der Nähmaschinen=Manufactur zuwendet, und besonders um Gelegenheit zu finden, die beiden bisher bewährtesten amerikanischen Constructionen der Singer und Wheeler & Wilson's Manufactoring Company nebeneinander kennen zu lernen und vergleichen zu können, veranlaßte uns, noch die Vertretung der Letzteren zu übernehmen.
Durch die Verwendung beider Maschinen in unserer Fabrik und in Folge der dadurch gesammelten Erfahrungen, hatten wir Gelegenheit, die Vorzüge jeder einzelnen Construction kennen zu lernen, so daß wir bei Anschaffung einer Maschine, sei es für den Familien=Gebrauch, oder für einen besondern Arbeitszweck, die Anleitung zur richtigen Wahl der betreffenden Construction geben könnten.
Wir empfehlen demnach diese beiden Maschinen unter vollkommener Garante für deren Leistungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit.

Näh-Maschinen
für den
Familien=Gebrauch.
Zum Nähen
in
Tuch, Buckskin, Doublestoffen,
Weißzeug,
sowie
Kleiderstoffen
in
Seide, Wolle, Baumwolle,
als auch
Mull, Gaze
etc.
Familien-Nähmaschine von Singer Zum
Steppen,
Litzeneinnähen,
Litzenaufnähen,
Faltennähen,
Einfassen,
Säumen,
Kräuseln
etc.
Wheeler & Wilson's
Manufacturing Company.
New-York.
Fabrik=Preise.
   The Singer
Manufacturing Company.
New-York.
Fabrik=Preise.
Maschine zum Familien=Gebrauch und Weiß=
näherei Taler (Mecklenburg) 55.
Dieselbe besonders ausgestattet Taler (Mecklenburg) 60.
Maschine für Schneider Taler (Mecklenburg) 65.
   Littera A. Familien=Maschine. Taler (Mecklenburg) 70.
Kleine Maschine für Schneider Taler (Mecklenburg) 70.
Große do. für do. Taler (Mecklenburg) 105
Maschine für Schuhmacher Taler (Mecklenburg) 108.

Maschinen mit Deckel, sowie mit auseinanderzulegendem Kasten, mehr oder weniger verziert, kosten entsprechend mehr.
Die gründlichste Anweisung im Nähen auf beiden Maschinen wird Reflectirenden gratis ertheilt.
Böning & Oldermann, Lübeck, Schüsselbuden Nr. 200.


Morgen Mittwoch den 13. Septbr., Morgens 9 Uhr, werden auf dem Hoffelde zu Stove Rappsschooten verbrannt.
Amtmann Kaiser.


Militair-Stellvertreter
für Hamburg werden fortwährend unter ganz besonders günstigen Bedingungen engagirt durch J. Hollander & Co., neust. Fuhlentwiete 9. in Hamburg.
Es wird gebeten, genau auf die Adresse zu achten.


Nach Eröffnung der Lübeck=Hamburger=Eisenbahn halte ich mein Speditionsgeschäft unter prompter und billiger Bedienung bestens empfohlen.
Carl Amann.
Lübeck im August 1865.


Meteorologische Beobachtungen.
1865
Septbr
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
8.
9.
10.
11.
38.48
38.00
38.02
38.20
9.8
9.0
9.0
14.0
22.6
22.3
17.0
16.0
OSO
SW
SW
WNW
0
1
2
3
völl. heit.
heiter.
trübe.
wolkig.


Markt=Preise in Lübeck.
(Nach Angabe des Marktvogtes.)
Butter, Meckl. d. Pfund Pf.15 - 15 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Eier 8 u. 9 St. für4 Schilling (Mecklenburg),
Hasen d. St.32 - 36 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.12 - 20 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.12 - 18 Schilling (Mecklenburg),
Küken d. St.5 - 8 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln d. Faß.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).


Getreide= und Markt=Preise in Lübeck
Weitzen-Taler (Mecklenburg)52 - 74Schilling (Mecklenburg)
Roggen-Taler (Mecklenburg)44 - 48Schilling (Mecklenburg)
Gerste-Taler (Mecklenburg)36 - 40Schilling (Mecklenburg)
Hafer Taler (Mecklenburg)30 - 35Schilling (Mecklenburg)
ErbsenTaler (Mecklenburg)52 - 64Schilling (Mecklenburg)
WickenTaler (Mecklenburg)- -Schilling (Mecklenburg)
BuchweizenTaler (Mecklenburg)40 - 46Schilling (Mecklenburg)
Winter=RapsaatTaler (Mecklenburg)28 - 29Mark (Lübeck)
RübsenTaler (Mecklenburg)27 - 28Mark (Lübeck)
SchlagleinsaatTaler (Mecklenburg)18 - 19Mark (Lübeck)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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