[ => Original lesen: 1865 Nr. 64 Seite 1] - Schloß Rumpenheim (bei Frankfurt a. M.), d. 14. August. Der seit einigen Wochen hier versammelte zahlreiche Familienkreis Fürstlicher Herrschaften ward vorgestern durch die Ankunft des Prinzen und der Prinzessin von Wales erfreut, welche dem Vernehmen nach bis zum 24. d. M. hier verweilen und sich dann nach Koburg begeben werden. Tags zuvor war der Herzog von Cambridge, K. H. ebenfalls direkt von London hier angelangt. Der hier verweilende Großherzog von Mecklenburg=Strelitz versammelt einen großen Theil der Herrschaften zu einem Feste in Wiesbaden, wohin außer obigen Herrschaften, der Großherzogin, dem Erbgroßherzog und der Herzogin Caroline von Mecklenburg=Strelitz, auch die Herzogin von Cambridge, der Landgraf Wilhelm und der Prinz Friedrich Wilhelm von Hessen mit seiner Gemahlin Anna, gebornen Prinzessin von Preußen, Prinzeß Mary von Großbritanien, Prinzeß Hilda zu Anhalt sich begeben werden. Der Herzog und die Herzogin von Nassau werden in diesen Tagen hier erwartet.
- Das Nähere über die Gasteiner Verhandlungen des Grafen Blome und über deren Resultate soll bis nach der Zusammenkunft der Monarchen am 19. d. geheim gehalten werden. Was schon jetzt über den Gasteiner Vertrag verlautet, läßt erkennen, daß die Erwartungen, welche davon gehegt werden, viel zu hoch gespannt sind. Der eigentliche Kern der schleswig=holsteinischen Sache, die Preußischen Forderungen und die sonstigen Bedingungen zu endgültiger Lösung der Frage, soll bei diesen Verhandlungen garnicht berührt worden sein. Es handelte sich lediglich darum, den unmittelbar drohenden Bruch abzuwenden und dazu war augenblicklich kein anderes Mittel zur Hand, als die Umgestaltung der obersten Verwaltung in den Herzogthümern. Diese Umgestaltung allein soll denn auch der Gasteiner Vertrag zum Gegenstande haben. Man hat sich bemüht, dahin zu wirken, daß künftig Meinungsverschiedenheiten zwischen den Commissarien beider Mächte in Holstein mit einigem guten Willen leicht vermieden werden können.
- Kaiser Maximilian hat seinen Cabinetschef selbst nach Washington geschickt, um das dortige Cabinet dem neuen Kaiserreiche geneigter zu machen, er hat dort aber keine günstige Aufnahme gefunden, indem er nicht einmal empfangen wurde. Wenn auch der Präsident Johnson selbst nicht für den Krieg mit Mexico ist, so will doch die öffentliche Meinung dem neuen Kaiserreiche nicht wohl; die amerikanischen Zeitungen stellen dem Präsidenten die Alternative: entweder abzudanken oder den Krieg gegen Mexico zu beginnen.
- Noch in einer andern Gegend der nordamerikanischen Republik werden die Waffen in Anspruch genommen. Die Indianer des Westens treten derartig feindlich an den Grenzen auf, daß der Kriegsminister es für nöthig befunden hat, starke Truppencorps abzusenden. Alle Stämme von Canada herab bis zum Golf haben sich gegen die Weißen verbündet. In Minnesota hat der Krieg bereits ernstlich begonnen, der natürlich mit der gänzlichen Ausrottung der Ureinwohner des Landes endigen wird.
- Der gefangene Jefferson Davis hat in seinem Gefängniß sehr gealtert; an dem einen Auge ist er fast ganz blind, das andere ist ebenfalls geschwächt. Uebrigens wird er ganz anständig behandelt. Er steht in der Regel um 5 Uhr früh auf und nimmt ein Bad von Seewasser. Dann liest er in der Bibel bis 9 Uhr, wo ihm ein amerikanisches Frühstück gebracht wird, Thee, Eier, Beefsteak und geröstetes Brod. Dann zündet er sich eine Pfeife an und schaut stundenlang zum Fenster hinaus. Nach dem Nachtessen geht er sogleich zu Bette. Nur die beständige Wache in seinem Zimmer ist ihm höchst lästig, da diese Befehl hat, stets auf und ab zu gehen. seit er die Nachricht von der Hinrichtung der Mordgenossen vernahm, ist er sehr unruhig.
- In Egypten hat die Cholera furchtbar aufgeräumt. Es sind in Alexandria, das 200,000 Einwohner zählt, 12,000, in Kairo mit einer Bevölkerung von 400,000 Menschen 30,000 und in dem übrigen Egypten 40,000 gestorben. Binnen 40 Tagen 82,000 Menschen.
- Außer dem neuentdeckten Junotempel ist in Pompeji ein Haus blos gelegt worden, das einem Millionär gehört haben muß. Die Möbeln sind von Elfenbein, Bronze und Marmor. Im Triclinium sind die Lagerstätten besonders reich ausgestattet, die Wände mit den schönsten Frescomalereien geziert und der Estrich mit Mosaik ausgelegt, deren Mittelstück eine üppig servirte Tafel vorstellt. In der Mitte des Gemachs fand sich ein Tisch von seltenem Holze, eingelegt mit ciselirtem Gold, Marmor und Lasurstein. Auf demselben standen Amphoren, in denen noch etwas Wein enthalten war und einige Trinkgefäße aus Onyx.
- Der Weinstock zeigt die erfreulichsten Erscheinungen, sowohl in Deutschland wie in Frankreich, überall verspricht man sich einen nach Quantität und Qualität ausgezeichneten Ertrag. In Frankreich besonders hat man nur eine Sorge nämlich wo man all die nöthigen Fässer hernehmen solle. Dort wie in deutschen Weingegenden wird die Lese so ungewöhnlich früh stattfinden können, wie seit vielen Jahren nicht.
- Das Wiener "Fr.=Bl." bringt als das Originellste im Gebiete der Reclame die nachfolgende Etiquette eines Papiers, in welches Cigarren eingepackt werden. Oben sitzt ein Liebespaar in romantischer Gegend, darunter befinden sich die Verse:
|
Julie: |
Geliebter, sprich, welch wundervoller Duft |
|
|
Durchwürzt heut' dieses Gartens Luft? |
|
Romeo: |
O, Julie, nicht Rosen sind es, nein! |
|
|
Es können nur Cigarren, die ich rauche, sein. |
|
Julie: |
Wer liefert, Theurer, Dir dies edle Kraut? |
[ => Original lesen: 1865 Nr. 64 Seite 2]
|
Romeo: |
O Julie, zu Allen sag' ich's laut: |
|
|
Emanuel Oderki kann allein |
|
|
Verkäufer solcher edlen Blätter sein. |
- Der "Great Eastern" ist am Morgen des 17. August in Crookhapen in Irland eingelaufen. Das atlantische Kabel brach am 2. August, als man, um eine entdeckte Fehlstelle auszumerzen, mit dem Zurückwinden in das Schiff beschäftigt war. Der erste Versuch, das gerissene Ende aus der Tiefe des Oceans heraufzufischen, war schon fast gelungen, als das Kabel von Neuem riß. Alle weiteren derartigen Versuche, die bis zum 11. d. M. fortgesetzt wurden, blieben resultatlos. Der "Great Eastern" beabsichtigt, mit besseren Apparaten zur Auffischung des Kabels ausgerüstet, aufs Neue in See zu gehen. Die Berichte der Sachverständigen, welche die Expedition begleiteten, lauten günstig und zuversichtlich. Die Kabel=Actien wurden mit 75 pCt. Verlust verkauft.
- Das Kabel besteht aus einem feinen Geflecht von Kupferfäden, nicht stärker als ein gewöhnliches Zündhölzchen. Dieses Geflecht von Kupfer wollen wir die "Seele des Kabels" nennen, weil dies die eigentliche Leitung ist. Sie muß zwei Bedingungen erfüllen. Erstens muß sie völlig ununterbrochen durch die ganze Strecke sein, weil jeder Ritz, und ließe er auch nur eine Lücke von der Dicke eines Haares offen, sofort den elektrischen Strom unterbrechen würde. Zweitens muß die "Seele" vollkommen isolirt von einem Ende bis zum anderen sein, so daß auf der ganzen Strecke nicht eine Spur von Wasser an dieselbe dringen kann. Geschähe dergleichen, so würde der elektrische Strom diesen Nebenweg ins Meer einschlagen und nicht bis ans andre Ende des Kabels gehen, wo er seine telegraphische Botschaft abzustatten hat. Diese kupferne Seele des Kabels ist nun, um sie zu isoliren, von einer Schicht von Gutta=Percha umschlossen, etwa in der Stärke und in der Form, wie die Seele einer gewöhnlichen Bleifeder von der Holzschale. Gutta=Percha aber wird im Wasser mit der Zeit mürbe und zerreiblich und darum wird diese Umhüllung nochmals dick umwickelt mit Werg und Leinwandstreifen, die in verschiedenen Fetten gut getränkt sind. Das Kabel wächst dadurch von der Stärke einer Bleifeder zu der Dicke eines Daumens. - Dieser Schutz ist indessen doch noch nicht genügend, die "Seele" vor Ungemach zu bewahren. Fettarten sind eine willkommene Speise für Würmer und sonstige Meerbodenbewohner. Das Kabel muß eine ungenießbarere und auch wegen der nöthigen Tragkraft seines eigenen Gewichtes beim Legen eine stärkere Schale bekommen, und diese wird ihm nun endlich durch eine starke Umwindung von eisernen Drähten gegeben, die von der Stärke eines mäßigen Federhalters um die Fettumhüllung herumgewunden ist, so daß das Kabel nunmehr wie ein eiserner Strick von der Dicke eines Wanderstabes aussieht.
- Dieser Tage ging in Antwerpen ein 15jähriger Knabe, der Vater und Mutter verloren und von seiner 22jährigen Schwester ernährt ward, am Rande des Hafenbassins spazieren und erblickte plötzlich eine sehr dicke Brieftasche. Er nahm sie auf, öffnete sie und fand sie mit Banknoten angefüllt; auf der ersten Seite stand der Name des Besitzers, nämlich Capitain B. aus Bremen. Nachdem er sich angelegentlichst nach diesem erkundigt, fand er ihn endlich und überreichte ihm eine halbe Stunde später seine Brieftasche, welche nicht weniger als 50,000 Fr. in Bankbillets enthielt, die der Capitain aus dem Verkauf seines Schiffes in Holland gelöset. B. holte am anderen Morgen den Knaben ab, um ihn zu adoptiren und in seine Heimath mitzunehmen, während er dessen Schwester eine Pension aussetzte.
Der Brandstifter. [Erzählung] (Fortsetzung und Schluß.)
[ => Original lesen: 1865 Nr. 64 Seite 3]Der Brandstifter. [Erzählung] [Schluß.]
[ => Original lesen: 1865 Nr. 64 Seite 4]Bekanntmachung.
Eine nochmalige Hebung der Armensteuer zum vollen Beitrag hat sich als nothwendig ergeben. Die Bewohner des Schönberger=Armendistrictes werden daher aufgefordert, solche an die resp. Armenvorsteher zu berichtigen.
Die Armen=Behörde.
Schönberg, den 21. August 1865.
Nach Eröffnung der Lübeck=Hamburger=Eisenbahn halte ich mein Speditionsgeschäft unter prompter und billiger Bedienung bestens empfohlen.
Carl Amann.
Lübeck im August 1865.
Nach längerem Leiden starb heute Mittag 12 Uhr sanft und Gott ergeben unser guter, vielgeliebter Bruder Ludwig Callies zu Dassow im 65. Lebensjahre, und zeigen wir diesen für uns sehr herben und unersetzlichen Verlust den vielen Freunden und Bekannten des Verblichenen mit tiefbetrübten Herzen hiemit gehorsamst an.
Dassow und Klütz, den 12. August 1865.
Gottl. Callies zu Dassow,
Joachim u. Adolph Callies zu Klütz.
Allen, die unserer lieben Tochter Amalie am heutigen Tage das Geleite zu ihrer letzten Ruhestätte gegeben haben, sagen wir unsern tiefgefühlten Dank.
J. P. H. Speer und Frau.
Schönberg, den 21. August 1865.
Der L. W. Egers'sche Fenchel=Honig=Extract
ist das lieblichste, aus dem edelsten Blumenhonig (mel horteuse) der Fenchelpflanze und vielen heilsamen Säften mit größter Gewissenhaftigkeit bereitete für Magen, Lunge, Unterleib und Blut vortheilhafteste und unschädlichste
Genußmittel für alle Kranke,
welches selbst bei solchen sich wunderbar bewährte, die durch alle möglichen Kuren vergeblich Hülfe gesucht hatten. Bei Hals=, Brust= und Lungenleiden, Katarrh, Husten, Heiserkeit, Verschleimung etc. nehme man ihn theelöffelweise für sich oder als Zusatz zu warmen Getränken. Bei Keuchhusten, Bräune u. a. Kinderkrankheiten giebt man ihn erwärmt. Kinder nehmen ihn für ihr Leben gern.
Magenschwäche und Magenkrampf
beseitigt er sicher, in kleinen Gaben genossen. Bei Hämorrhoidal= und Unterleibs=Leiden, Appetitlosigkeit, Verstopfung, Hypochondrie, Blutarmuth, Bleichsucht, bei Hysterie, Abzehrung, Nervenleiden und Schwäche nimmt man ihn rein für sich in gutem Trinkwasser aufgelöst. In größeren Gaben bewirkt er eine leichte Leibesöffnung. Gebrauchsanweisung gratis, worin viele streng wahrheitsgetreue Atteste und Anerkennungen zu finden, auch das Allerhöchste Dankschreiben Sr. Majestät des Königs Wilhelm I. von Preußen. Schließlich ist noch vor dem unverschämten Nachahmungs=Schwindel, der mit dieser gesegneten Erfindung getrieben wird, sehr zu warnen. Man achte genau auf die Flaschen mit Siegel und Facsimile des Erfinders L. W. Egers in Breslau, Messergasse 17, zum Bienenstock, und dessen alleinige Niederlage bei C. Sievers in Schönberg.
Die Mitglieder unseres Vereins, werden hiemit ersucht sich am Montag, den 28. August Nachmittags 3 Uhr, zur Rechnungsablage und Vorstandswahl, beim Lagerhalter J. Wagner hieselbst einzufinden.
Schoenberg, den 17. August 1865.
Der Vorstand des hiesigen Ledervereins.
Die Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank in Schwerin
schließt Lebensversicherungen, Leibrentenversicherungen, Kapital=Einlage=, Darlehns= und alle sonstigen Geld=, Inkasso= und Kommissions=Geschäfte durch die unterzeichnete Agentur zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospekte (Nr. I. für Lebensversicherungen, Nr. II. für Leibrentenversicherungen, Nr. III. für Spar=Bank=Geschäfte) sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt. Die in den letzten drei Jahren zur Vertheilung zurückgestellten, mittleren Dividenden der Lebensversicherten betragen respective 36 %, 40 % und 36 % der eingezahlten Prämie.
Agentur Schönberg.
J. P. Bade.
Am 28. werde ich beim Herrn Gastwirth Seeler in Sahmkow und am 29. August bei der Frau Gastwirthin Boye in Schönberg meine Hannoverschen Voll= und Halbblutfüllen zum Verkauf stellen, wozu ich die Herren Landleute ergebenst einlade.
Hochachtungsvoll Fr. Beckmann.
Pr. Jesar, den 18. August 1865.
Gelbe Gurken à Stück 1 , grüne 7 Stück für 2 , festen Sommer = und Winter=Kohl 4 Köpfe für 2 , empfiehlt Bäckermeister Oldenburg.
Einladung.
Zu dem am Montag und Dienstag, den 28. und 29. August d. J. bei mir stattfindenden
Scheibenschießen
wo nachstehende Gewinne verschossen werden:
1. ein Paar schottische Eggen, 2. ein eiserner Pflug, 3. eine Commode, 4. ein Tisch, 5. ein kupferner Theekessel, 6. eine Kaffeemaschiene, 7. ein Stuhl, 8. ein Stuhl;
lade ich alle meine geehrten Freunde und Gönner hiedurch ganz ergebenst ein.
Das Loos von 3 Schüssen kostet 16 Schillinge.
Ergebenst J. Ahrendt. Neschow, im August 1865.
NB. Es stehen bei mir Büchsen zum Gebrauch, jedoch kann auch jeder Theilnehmer mit eigener Büchse schießen.
Meteorologische Beobachtungen in Schönberg. |
1865 Aug. |
Barometer |
|
Wärme |
|
Wind |
Stärke |
|
Paris. Lin. 300 + |
niedrigste °R. |
höchste °R. |
|
|
|
|
18. 19. 20. 21. |
33.30 34.14 35.35 34.26 |
9.8 8.7 8.2 7.6 |
15.8 14.7 15.4 14.2 |
WSW NW W S |
1 1 1 0 |
wolkig. - - trübe. |
Getreide= und Markt=Preise in Lübeck |
Weitzen | - |  | 50 - 58 |  |
Roggen | - |  | 46 - 48 |  |
Gerste | - |  | 36 - 40 |  |
Hafer | |  | 34 - 36 |  |
Erbsen | |  | 50 - 52 |  |
Wicken | |  | - - |  |
Buchweizen | |  | 44 - 46 |  |
Winter=Rapsaat | |  | 27 - 28 |  |
Rübsen | |  | 26 - 27 |  |
Schlagleinsaat | |  | 17 - 18 |  |
Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.
|