No. 91
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. November
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 91 Seite 1]

Bekanntmachung.

                    Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Aushebung der Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung des hiesigen Aushebungsbezirks (Schiffermusterung) pro 1894 stattfindet

am Mittwoch, den 5. December d. Js.,
Morgens 10 Uhr,
in Wismar

im Alde'schen Locale "Zur Insel" vor dem Lübschen Thore.
                  Zu dem gemachten Termin haben sich bei Vermeidung der im §. 26, 7 der Wehr=Ordnung angedroheten Strafen einzufinden alle Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung aus dem hiesigen Aushebungsbezirke, welche im Jahre 1874 und früher geboren und mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehen sind.
                  Es wird bemerkt, daß nach §. 23,2 der Wehrordnung zu rechnen sind:

1. zur seemännischen Bevölkerung.
a. Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche mindestens ein Jahr auf deutschen See=, Küsten= oder Haff=Fahrzeugen gefahren sind;
b. See=, Küsten= und Haff=Fischer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbsmäßig betrieben haben;
c. Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren sind;
d. Maschinisten, Maschinistengehülfen und Heizer von See= und Fluß=Dampfern.
2. zur halbseemännischen Bevölkerung:
e. Seeleute, welche als solche auf deutschen oder außerdeutschen Fahrzeugen mindestens 12 Wochen gefahren sind;
f. See=, Küsten= und Hafffischer, welche die Fischerei zwar weniger als ein Jahr aber gewerbsmäßig betreiben.
                  Schönberg, den 12. November 1894.

Der Civilvorsitzende der Ersatz=Commission des Ausbebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Die Vereidigung der Rekruten der Garnisonen Berlin, Spandau und Charlottenburg hat nunmehr am Donnerstag auf dem großen Platz zwischen dem königl. Schloß und dem Lustgarten in Gegenwart des Kaisers stattgefunden. Nach Beendigung der Feier hat der Kaiser folgende Ansprache an die Rekruten gehalten: "Nach dem mir soeben geleisteten Eid begrüße ich Euch als meine Soldaten. Wenn Ihr gute Soldaten sein wollt, so müßt Ihr auch gute Christen sein und Religion im Herzen tragen. Als Soldaten meiner Garde ist Euch ein besonderes Ehrenkleid gegeben worden; vergesset nicht, daß Ihr den Rock Eures Königs tragt; haltet den Rock in Ehren und bedenkt, daß Ihr den Vorzug genießt, den Dienst unter meinen Augen zu thun und daß Ihr mit Euerem Eintritt in das Heer etwas Vornehmes geworden seid. Blicket jetzt auf die Fahnen, die vor Euch stehen, und an die sich eine ruhmreiche Geschichte knüpft: lasset sie nie beleidigen. Gedenket der Standbilder der Könige und Führer, die auf Euch herniederschauen, denkt an Euren Eid, dann werdet Ihr gute Soldaten sein. Vergesset nie, daß Ihr berufen seid zu Vertheidigern unseres Vaterlandes, daß Ihr verpflichtet seid, Ordnung und Religion im Land zu schützen. Nun geht hin, thut Euern Dienst, der auf meinen Befehl Euch gelehrt wird!" Nach dieser Rede hat der kommandirende General des Gardecorps, Generallieutenant von Winterfeldt, ein dreimaliges, von den Officieren und Mannschaften begeistert aufgenommenes Hurrah! auf den Kaiser ausgebracht.
- Wie nach der "B. Z." verlautet, bereitet man in Island eine Adresse an den Kaiser vor, die nichts Geringeres bezweckt, als eine Einladung Sr. Majestät zu einem Besuch des märchenhaften Sagenlandes. Der Isländer Dr. Jon Stefansson weilt zur Zeit in Berlin, um in dieser Angelegenheit eine Audienz beim Kaiser nachzusuchen.
- Nach der "National=Zeitung" bestätigt es sich, daß in der am 5. Dezember beginnenden Reichstagssession zunächst nur die Umsturzvorlage eingebracht wird. Der Etat würde demnach erst im Januar vorgelegt werden.
- Die Vorlage zur Bekämpfung der Umsturzpropaganda steht vor: Die Bestrafung der Verherrlichung von Verbrechen, der Bedrohung und der Anstiftung von Militärpersonen zum Ungehorsam; ferner bringt sie eine Umgestaltung der Paragraphen 130 und 131 des Strafgesetzbuchs gegen die Störung des öffentlichen Friedens. Preßerzeugnisse können, wenn sie unter dieses Gesetz fallende Artikel enthalten, vorläufig beschlagnahmt werden.
- Ueber die Eröffnung der Reichstagssession wird folgendes aus Berlin berichtet: An dem

[ => Original lesen: 1894 Nr. 91 Seite 2]

festgesetzten Tage, dem 5. Dezember, wird nach dem üblichen Gottesdienst die Eröffnung mit der Thronrede des Kaisers im Rittersaal des königlichen Schlosses erfolgen und sodann die Schlußsteinlegung und Einweihung des neuen Reichstagsgebäudes durch den Kaiser stattfinden. Am Nachmittag wird dann die erste formelle Sitzung im alten Reichstagshause mit Namensruf abgehalten werden. Am Abend wird ein Bankett der Reichsbehörden und der Abgeordneten veranstaltet, wozu von verschiedenen Seiten angenehme Spenden von Genußmitteln angemeldet sind. Am folgenden Tage wird die erste ordentliche Sitzung mit der Präsidentenwahl stattfinden.
- Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe soll nach Angabe der "Köln. Ztg." die Absicht haben, demnächst den Fürsten Bismarck aufzusuchen, um "dessen Rath und Sachkenntniß nicht unverwerthet zu lassen." Man hoffe auf Anbahnung besserer Beziehungen, da man annehme, daß sich die Abneigung desselben nur auf den Grafen Caprivi bezogen habe. Der Entschluß Hohenlohes, dessen Beziehungen zu Bismarck niemals abgebrochen waren, soll vom Kaiser gebilligt sein.
- Nach der Einnahme der Naukluft durch Major Leutwein hat der kühne Hottentottenhäuptling Hendrik Witboi sich endlich für besiegt erklärt und um Frieden gebeten, den ihm Major Leutwein auch unter ehrenhaften Bedingungen gewährt hat. Witboi wird in den Dienst der deutschen Regierung genommen und zwar mit einem Jahresgehalt von 2000 Mark. Für die Kenner der dortigen Verhältnisse erscheint die Milde der deutschen Entschließung als ein Anzeichen, daß sich Witboi den deutschen Interessen vollkommen zur Verfügung stellen wird.
- Die Trauung des Zaren Nikolaus mit der Prinzessin Alix von Hessen findet bestimmt in aller Stille am 22. November statt.
- Der russische Minister des Auswärtigen hat an die Vertreter des Zarenreichs im Ausland ein Rundschreiben gerichtet, in welchem versichert wird, daß Zar Nikolaus II. fest entschlossen sei, den Bahnen seines verewigten Vaters zu folgen. Er werde seine Kräfte dem Wohlstand Rußlands im innern widmen und nirgends abweichen von der friedlichen, loyalen und festen Politik, welche so sehr zur allgemeinen Beruhigung beitrage. Rußland werde, seinen Traditionen getreu, die freundschaftlichen Beziehungen zu allen Mächten pflegen; in der Achtung vor dem Recht der gesetzlichen Ordnung sei die beste Gewähr für die Ruhe der Staaten zu erblicken.
- Der Leibarzt des verstorbenen Zaren, Prof. Sacharjin , ein anerkannt tüchtiger Arzt aber seines wunderlichen Wesens wegen wenig beliebt, erhielt gegenüber den vielfachen Verleumdungen im russischen Volke, die ihm geradezu Schuld an dem Tode des Zaren gaben, eine Ehrenrettung von höchster Stelle. Kaiser Nikolaus verlieh ihm nämlich eine wertvolle Tabatière mit dem Portrait des Kaisers Alexander.
- Die mit 120 000 Franken Reisegeld ausgestattete französische Militärcommission, welche die französische Regierung bei der Leichenfeier in Petersburg vertreten soll, ist am Dienstag Abend so geräuschvoll wie möglich von Paris abgereist. Die Blumenspenden, welche der Mission, deren Chef der General de Boisdeffre ist, anvertraut sind, füllten vier Gepäckwagen. Ein Riesenkranz, den die Abgeordneten und Senatoren vereint anfertigen ließen, ist erst am Mittwoch abgegangen. Er mißt drei Meter im Durchmesser und kostet 2000 Franks. Um das Zeichen der Trauer des französischen Parlaments möglichst dauerhaft zu gestalten, war man so praktisch, hauptsächlich Porzellanblumen zu dem Kranz verwenden zu lassen. Ein besseres Symbol für die "Echtheit" ihrer Gefühle hätten die Herren Senatoren und Deputirten wohl kaum finden können.
- Am Donnerstag trafen in Petersburg der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen, der Großherzog von Hessen, der Prinz Albert von Sachsen=Altenburg mit Gemahlin, der Herzog von York und die bayerische Deputation ein. Dieselben wurden vom Kaiser, den Großfürsten, den Ministern und Würdenträgern am Bahnhof empfangen.
- Das rumänische Königspaar beging am Donnerstag den Tag seiner silbernen Hochzeit. König Karl, aus dem Hause Hohenzollern, ist geboren zu Sigmaringen am 8. April 1839, Königin Elisabeth, eine geborene Prinzessin zum Wied, am 17. December 1843. Die Ehe ist kinderlos. Mutmaßlicher Thronfolger ist der zweite Sohn des ältesten Bruders des Königs, Prinz Ferdinand, der durch königliches Decret vom 18. März 1889 den Titel Prinz von Rumänien führt.
- Der deutsche Botschafter in London Graf Haßfeld, ist nach Berlin berufen worden, wo der chinesische Gesandte im Auswärtigen Amt vor einigen Tagen eine aus Pecking ihm telegraphisch zugestellte "Anregung" überreicht hat, die Vorschläge zur Friedensvermittelung zwischen China u. Japan enthält. Daß man in Berlin den Wunsch hat, über diese Aktion zunächst den Botschafter in London zu hören, ist leicht verständlich.
- Der Tsungli=Yamen bat aufs Neue fast kniefällig die Gesandten Großbritanniens, der Vereinigten Staaten, Deutschlands und Frankreichs um Vermittelung mit Japan. China würde den Frieden fast um jeden Preis erkaufen. Es heißt, das alle Gesandten erwidert haben, die Chinesische Regierung möge direkt mit Japan in Verhandlung treten.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Falkenhagen sub Nr. 1 belegene Büdnerei c. p. des Schmiedemeisters Heinrich Stenz daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 27. November d. Js.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Schönberg, den 11. September 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


In Sachen betreffend das Hypothekenbuch über die zur Baek belegene Pfaffenmühle c. p. des Mühlenbesitzers Johannes Möller wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidationsprotokoll sofort im Termin der Praeclusiv=Abschied erlassen und verkündet ist.
Schönberg, den 12. November 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig werden hiermit alle und jede, welche an dem angeblich verloren gegangenen Hypothekenschein über das Fol. VI der zweiten Hauptabtheilung des Hypothekenbuchs über das allhier an der Marienstraße belegene Wohnhaus c. p. des Landphysicus Dr. med. Max Marung auf den Namen der Hauswirthswittwe Maack in Rupensdorf eingetragene Kapital der 350 Thlr. Pr.=Cour. gleich 1050 M. annoch Ansprüche und Forderungen haben möchten, hierdurch aufgefordert solche spätestens in dem auf

Montag, den 26. November d. J.
Vormittags 10 Uhr

anberaumten Termin vor unterzeichnetem Amtsgerichte, unter Vorlegung der bezüglichen Urkunden, anzumelden unter dem Rechtsnachtheil, daß die Kraftloserklärung des vorstehend bezeichneten Hypothekenscheins erfolgen wird.
Schönberg, den 11. September 1894.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 91 Seite 3]

Zur Ausloosung der aus dem hiesigen Gerichtsbezirk gewählten Hauptschöffen für die ordentlichen Sitzungen im Geschäftsjahr 1895 ist die öffentliche Sitzung auf

Mittwoch, den 28. November 1894
Vormittags 10 Uhr

im hiesigen Gerichtsgebäude, Sessionszimmer I, angesetzt, was hierdurch bekannt gemacht wird.
Schönberg, den 13. November 1894.

Der Erste Amtsrichter
beim Großherzogl. Amtsgerichte.
G. Horn.


Steckbrief.

Gegen den Scharwerker Wilhelm Schmidtky, geboren am 17. Januar 1862 zu Budweitschen, zuletzt in Neuhof in Arbeit, welcher flüchtig ist bezw. sich verborgen hält, ist die Untersuchungshaft wegen Unterschlagung verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften, in das nächste Gerichts=Gefängniß abzuliefern und hierher zu den Akten 146/94 alsbald Nachricht zu geben.
Beschreibung: Größe mittel, Haare und Augen dunkel, aufgeworfene Lippen, gelbe Gesichtsfarbe und kleiner dunkelbrauner Schnurrbart. Der p. Schmidtky führt vermuthlich die unterschlagenen Gegenstände, als: einen schon abgetragenen Ueberzieher, welcher mit schwarzem Satin gefüttert ist und schwarz überzogene Knöpfe hat, sowie einen glatten, grauen Handstock mit gebogener Krücke bei sich.
Schönberg i. Meckl., 19. November 1894.

Der Amtsanwalt.
A. Dufft.


Holz=Auction Nr. 1.

Am Mittwoch den 21. Novbr. Morg. 10 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf folgende Holzsortimente öffentlich meistbietend verkauft werden:

Wahrsower Tannen Abth. 9 und 11.

ca.   16 Rmtr. Kiefern Kluft.
ca. 280 Rmtr. Kiefern Knüppel.
Das Holz ist nummerirt von 216 bis 450.
Schönberg, den 14. Novbr. 1894.

                                                    Der Oberförster: C. Hottelet.


Einem geehrten hiesigen und auswärtigen Publikum erlaube ich mir hiermit ergebenst anzuzeigen, daß ich am heutigen Tage ein

Fettwaaren=Geschäft

Sabowerstraße Nr. 27 in der Nähe des Marktes errichtet habe.
Ich führe sämmtliche frische und geräucherte Wurstwaaren, sowie Ausschnitt aller Art von geräucherten Schinken, Rauchfleisch u. s. w. außerdem Speck, Schinken, Butter, Schmalz, Anchovis, Rollmops, Harzer, Schweizer, Holsteiner, Pilsener Käse u. s. w. Es wird hinfort mein eifrigstes Bestreben sein, durch gute Waare und reelle Bedienung die Zufriedenheit meiner werthen Gönner und Abnehmer zu erwerben und empfehle mich mit dieser Versicherung den geehrten Bewohnern der Stadt und Umgegend bestens.

                                                    A. Reuter.
Schönberg, d. 14. Nov. 94.                                                    


Tagelöhnerfamilien
werden zu Ostern 1895 auf Bauhof=Schönberg
gesucht.


3600 MARK
kann jedermann verdienen. Offerten unter Verdienst an die Deutsche Börsen-Ztg.,
Berlin-Niederschönhausen.


Pferd       Ein Transport großer russischer und ostpreußischer Pferde steht in "Stadt Lübeck" hieselbst billigst zum Verkauf.
Bogas.


Das von mir seit 4 Jahren betriebene Zimmereigeschäft nebst Holzhandlung gebe ich am 1. Januar 1895 an die Frau Zimmermeister Johanna Westphal zurück. Indem ich für das mir in dieser Zeit geschenkte Vertrauen bestens danke, bitte ich dasselbe auf meine Nachfolgerin übertragen zu wollen.

                                                    K. Giersdorf.

Bezugnehmend auf vorstehende Annonce setze ich vom 1. Jan. 1895 an das von Herrn Giersdorf betriebene Zimmereigeschäft nebst Holzhandlung unter Leitung des Herrn Zimmermeister Schlie fort. Ich bitte das Herrn Giersdorf sowie meinem verstorbenen Manne geschenkte Vertrauen auch auf mich übertragen zu wollen.

                                                    Johanna Westphal, Wittwe.


Mein seit Jahren als sehr ausgiebig bekanntes
Maschinenöl empfehle billigst                                                    
                                                    H. Brüchmann.


Ia. russischen Caviar
grobkörnig und mild
empfiehlt                          
                                                    Aug. Spehr.


Bergmann's Schuppen-Pomade

beseitigt schon nach dreimaligem Gebrauch alle lästigen Kopfschinnen und wird für den Erfolg garantirt.

------- à Fl, M. 1,- bei -------
                                                    H. Brüchmann.


Stassfurter Kainit
empfiehlt billigstens                                                     Aug. Spehr.


Besten weißen Honig
Pfund 65 Pfg.
bei                                                     H. Brüchmann.


Schon am 3. u. 4. Dezember 1894
Gewinnziehung der
Grossen Geld-Lotterie
Haupttreffer evtl. 500.000 Mk.
u s. w. u. s. w. baares Geld
Originallose á 4,40 Mk.

Porto und Liste 30 Pf. extra empfiehlt und versendet die

Haupt-Agentur
Josef Scholl, Niederschönhausen b. Berlin.


Ich suche zu sofort                          
ein kleines Kind
in Kost und Pflege zu nehmen.
Schönberg,                                                     Frau Meyer
                                                                       Siemzerthor 159.


Habe noch circa 50 bis 60 Pfund
Federn lebender Gänse
zu verkaufen.
                                                    H. Lenschow
                                                    in Petersberg.


Magdeburger
Sauerkohl
empfiehlt billigstens                                                     Aug. Spehr.


Gartenbauverein.
Versammlung am Mittwoch d. 21. d. M. abends 8 Uhr in Hotel Stadt Lübeck.
1. Bericht der Revisoren u. Wahl eines Kassiers.
2. Probe von Obstweinen.
                                                    Der Vorstand.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 91 Seite 4]

Herr Reichstagsabgeordneter R. Nauck
wird seinen Wählern über die abgelaufene Reichstagssession Bericht erstatten, zu dessen Entgegennahme dieselben
am Freitag, d. 23. Nov. 1894, Nachmittags 2 1/2 Uhr,
in das Boye'sche Gasthaus in Schönberg eingeladen werden. Die Vorstände des conservativen Wahlvereins und des Bezirksvereins des Bundes der Landwirthe.
J. Ollrogge,                                                    A. Kaiser,
Niendorf.                                                    Stove.


In der unterzeichneten Expedition ist zu haben:                          
Gesinde-Ordnung                          
                          für das Fürstenthum Ratzeburg.
~~~~~~~~~~~~
===== Preis geheftet 30 Pfg. =====
Schönberg.                          Expedition der Wöchentlichen Anzeigen für das
                                                               Fürstenthum Ratzeburg.


Aussteuer=Magazin für Haus und Küche
in Emaille, Porzellan, Steingut, Glas=, Thonwaaren u. s. w.
in reichhaltigster Auswahl bei                                                     H. Brüchmann.


Zu dem am Mittwoch, den 21. November d. J. bei mir stattfindenden

Landmannsballe

erlaube ich mir, die Herren Hauswirthe hierdurch höflichst einzuladen.

Schönberg.                                                     J. Boye.


Lanolin-Schwefelmilchseife

nach den neuesten Forschungen ist diese Seife überraschend in ihrer Wirkung gegen alle Hautunreinigkeiten als Mitesser, Blüthchen, Röthe des Gesichts, Hautschärfe etc. und giebt der Haut einen zarten, blendendweissen Teint. Vorräthig à Stück 50 Pfg. bei

                                                    H. Brüchmann.


Prima belgische Stearinlichte
á Pack 50 Pfg. á Pfund 70 Pfg.
Apollolichte
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in Packungen von 4, 5 und 6 Stück sowie Kronenkerzen
empfiehlt                                                    Aug. Spehr.


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Fleischhackmaschinen
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Gewerbeverein.
Am Freitag den 23. November Abends 8 Uhr
Generalversammlung
im großen Boye'schen Saale.

Vortrag: "Die Reise um die Welt," veranschaulicht durch Nebelbilder. Außerdem einige Effect= und Verwandlungsbilder.

Eintritt für Erwachsene 25 Pf. für Schulkinder 10 Pf.


Caroline Piengeler.
Heinrich Möller.
Verlobte.
Duvennest.                                                     Bardowick.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 53-55 M., große Schweine 53-55 M., Sauen 40-50 M., Kälber 50-80 M. per 100 Pfund.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 91 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 91 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 20. November 1894.


- Schönberg. Auf die am Freitag den 23. d. Mts. im großen Boye'schen Saale stattfindende Generalversammlung des Gewerbevereins möchten wir unsere Leser an dieser Stelle noch besonders aufmerksam machen. Der Vortrag "die Reise um die Welt", veranschaulicht durch vorzügliche Nebelbilder, hat in anderen Gewerbevereinen großen Beifall gefunden.
- Ratzeburg. Nachdem die Streitfrage über das Besitzrecht des Ratzeburger Sees zwischen dem Lübecker Staat und dem Kreise Lauenburg entschieden ist, dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, daß die mecklenburgische Regierung Anrechte auf Theile des Sees geltend machen wird. Nach alten Urkunden soll das Wasser, das auf beiden Seiten vom mecklenburgischen Gebiet begrenzt ist, also der Theil von der Domapotheke bis zum Baeker Holz einerseits und von der Domkaserne bis zum Schwalbenberg andererseits, zu Mecklenburg gehören. Desgleichen würde Lauenburg auf der Strecke bis Campow das Wasser bis zu einer bestimmten Tiefe abtreten müssen. Der Verlust würde hauptsächlich darin bestehen, daß dann der beste Rethschnitt für unsern Kreis verloren gehen würde. Wie die "L. A." hören, sollen von Vertretern der mecklenburgischen Regierung bereits Messungen vorgenommen sein.
- An die Opferfreudigkeit der wohlthätigen Kreise Berlins haben sich die Bürger der Stadt Kulm gewendet. In Kulm hat der Kassirer des dortigen Vorschußvereins 300 000 Mark unterschlagen und sich alsdann das Leben genommen. Die Mitglieder des Vereins, mehr als hundert Bürger der Stadt, meist kleine Handwerker und Beamte, sind für den unterschlagenen Betrag haftbar gemacht worden und dadurch in eine überaus traurige Lage gekommen. In einzelnen Fällen sind schon die Mobilien abgepfändet und die Grundstücke der betroffenen Mitglieder subhastirt worden. In redlicher Arbeit ergraute Männer haben Alles verloren. Man hofft nun, in Berliner Kreisen Wohlthäter zu finden, die durch Zahlung größerer und kleinerer Summen die Noth wenigstens etwas lindern.
- Der Gewinner des großen Looses der Antwerpener Ausstellungs=Lotterie ist der Jagdaufseher Gabriel Daubain in Sivry (Hennegau). Der Gewinn besteht in einem Brillantschmuck im Werth von 100 000 Frks.
- Im Reichskanzlerpalais werden seit acht Tagen sämmtliche Zimmer der beiden Seitenflügel, die bisher unter dem Grafen Caprivi, gerade wie unter dem Fürsten Bismarck unbewohnt blieben, neu hergerichtet. Sie bestehen aus etwa 30 Zimmern, deren einige nur nothdürftig möblirt sind. Es heißt, Fürst Hohenlohe beabsichtige alle diese Räumlichkeiten in Gebrauch zu nehmen, sie erhalten auch neue Einrichtungen.
- Ueber neue sensationelle Bühnenwerke schreibt man aus Berlin: S. M. der Kaiser arbeitet gegenwärtig an einer einaktigen Oper, über deren Namen und Stoff noch tiefstes Geheimniß beobachtet wird, und der Hohenzollern'sche Hausdichter Wildenbruch an einem neuen gleich zwei Abende füllenden historischen Drama.
- Vor mehr als 30 Jahren war in Witten ein junger Mann zu langjähriger Zuchthausstrafe wegen Totschlags verurtheilt worden. Dieser Tage hat nun der damalige Hauptbelastungszeuge auf dem Totenbett eingestanden, daß er die That begangen habe.
- In Gleinitz bei Laibach ist in dem Hause einer 70jährigen Wittwe vor kurzem das Nest einer Diebesbande aufgedeckt worden, die seit zwei Jahren Laibach und Umgegend unsicher gemacht hat. Alle Räumlichkeiten waren voll gestohlener Sachen, Gold= und Silberwaaren, Meßgewändern und Gräberschmuck, so daß fünf Leiterwagen zum Fortschaffen nothwendig waren. Die Witwe und sechs Mitglieder der Bande sind dem Gericht eingeliefert.
- Für Besitzer von Stammseideln ist eine dieser Tage in der Revisionsinstanz erfolgte Entscheidung des Strafsenats des Kammergerichts in Berlin von Wichtigkeit. Der in Betracht kommende Thatbestand ist in Kürze folgender: Bei dem Gastwirth K. waren bei einer Revision der Schankgefäße fünf Stammseidel, welche verschiedenen Gästen des Wirths gehörten und weder den Füllstrich noch eine Angabe über den Inhalt enthielten, mit Beschlag belegt worden. Gegen den polizeilichen Strafbefehl, welcher auf 6 Mark Strafe und Einziehung der betreffenden Gefäße lautete, beantragte K. richterliche Entscheidung, worauf das Schöffengericht nur die Geldstrafe bestätigte, aber die Einziehung der Gefäße aufhob. Auf die Berufung des Amtsanwalts, welche sich lediglich gegen die Freigabe der Gefäße richtete, hob die zuständige Strafkammer aber die Vorentscheidung auf und gab nur eines der beschlagnahmten Gefäße, welches 3 1/2 l hielt, frei, indem sie nämlich der Ansicht war, daß ein Seidel von einem so mächtigen Innern gar nicht mehr unter die Schankgefäße zu rechnen sei. K. legte nun wegen Einziehung der vier anderen Seidel Revision ein. Diese wurde von der Oberstaatsanwaltschaft für unbegründet erachtet, da das den Rauminhalt der Schankgefäße betreffende Gesetz vom 20. Juli 1881 in Bezug auf Stammseidel keine Ausnahme mache, und in gleichem Sinne erkannte denn auch der Senat auf Zurückweisung der Revision.
- Am Sonnabend wurden auf dem Markt in München über 13 000 Stück Martinsgänse verkauft. Der Preis bewegte sich zwischen 3,50 - 6 Mark für das Stück.
- Die Königsschlösser in Bayern wurden während des heurigen Sommers, der sich nicht durch konstant günstiges Wetter auszeichnete, von 56 331 zahlenden Personen besichtigt, und zwar Herrenchimsee von 28 612, Linderhof von 6673, Hundingshütte von 1358, Neuschwanstein von 11 011, Hohenschwangau von 7670 und Schachenhaus von 1027 Personen. Gegen das Vorjahr blieb die Besucherzahl um 1119 zurück.
- In Wilda (Posen) vollendete am Freitag die Wittwe Katharina Karasinska, die sich mit ihrer jüngsten Tochter, einer armen Waschfrau, kümmerlich durchs Leben schlägt, ihr 105. Lebensjahr; sie wurde am 9. November 1789 geboren.
- Aus Ostrowo wird gemeldet: Der 21jährige Wirthssohn Adalbert Nowicki aus Gorzupia, der am 16. April vom Schwurgericht zum Tode verurtheilt wurde, weil er gemeinschaftlich mit seinem Vater auf dem Wege von Roschki nach Gorzupia den Wirthschaftsbesitzer Szczotta und dessen Frau, mit denen die Nowickis in Feindschaft lebten, meuchlings erschossen hatte, wurde am Dienstag früh vom Scharfrichter Reindel aus Magdeburg hingerichtet. Der alte Nowicki, welcher gleichfalls zum Tode verurtheilt war, ist zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt worden.
- Vermummte Banditen drangen vor einigen Tagen in das Schloß der Baronin Franlieu in Saint=Maur ein, knebelten die Schloßfrau und deren Dienerin und raubten das Schloß aus. Die Räuber schleppten das werthvolle Silberzeug und Juwelen, sowie 15 000 Franks Bargeld mit. Die Geknebelten wurden erst 14 Stunden nach dem Raube aus ihrer Lage befreit. Die Banditen waren spurlos verschwunden.
- Im Indianergebiet ist es dem Kapitän Charles Bock gelungen, an der Spitze von 20 be=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 91 Seite 6]

rittenen Indianerpolizisten einen Theil jener berüchtigten Räuberbande abzufangen, die unter Führung eines gewissen Cook zahlreiche Verbrechen begangen, ganze Städte ausgeplündert und Eisenbahnzüge überfallen hat.
- Aus den letzten Lebenstagen des Kaisers Alexander III. werden von dem russischen Berichterstatter eines Berliner Blattes nach den Mittheilungen eines hohen Würdenträgers, der nächster Zeuge der Tragödie in Livadia gewesen ist, folgende ergreifende Scenen wiedergegeben:
Als an dem Todestage der bekannte Protopresbyter Johann von Kronstadt an dem Zaren die letzte Oelung vollzog und dabei die verordneten Gebete verlas, brach die Fassung des greisen Priesters zusammen. Derselbe weinte laut und die einzelnen Worte des Gebetes entrangen sich hysterisch seinem Mund. Da sagte der Zar zu ihm: "Nun, Vater, Sie können nur solche Kranke wie mich, die gute Nerven haben, zur letzten Reise fertig machen; andere würden Sie ganz zerrütten." Mit Aufbietung aller Kräfte gewann der Priester seine Selbstbeherrschung einigermaßen wieder, seine Nervenerregung aber blieb trotzdem eine so hochgradige, daß er die schauerlichen Worte des letzten Sterbegebetes mit überlauter Stimme hervorstieß. Die Kaiserin und der Thronfolger flüsterten ihm mehrmals zu: "Leiser, Vater, leiser!" Der mit dem Tode ringende Zar vernahm diese Worte und sagte: "So laßt ihn doch!"
Einige Stunden vor seinem Tode hat der Kaiser geäußert: "Ich habe nichts bei Gott zu bitten; ich habe immer nach seinen Gesetzen gehandelt, aber Du, Mascha (zur Kaiserin gewandt), lächle mir mit Deinem Lächeln, das mit seinem Glanz mein ganzes Leben erhellt hat." Man kann sich das traurige Lächeln vorstellen, mit dem die Kaiserin diese Worte des über Alles geliebten Gemahls beantwortete.
Eine andere Szene, die gleichfalls sich kurz vor dem Tode des Zaren abspielte, zeigt, mit welcher zärtlichen Sorgfalt der Zar bis zum letzten Atemzug darauf bedacht war, seiner Gattin alles Trübe zu ersparen. Die Kaiserin wollte dem Zaren seine Arznei reichen, verschüttete aber in ihrer Aufregung den ganzen Inhalt des Löffels auf die Decke, ohne daß sie es merkte, und reichte dem Zaren den leeren Löffel. Der an der anderen Seite der Chaiselogne befindliche Thronfolger wollte einen anderen Löffel ergreifen und die Medizin noch einmal eingießen, der Zar schob ihn aber mit einer langsamen Handbewegung zurück, führte den ihm von der Kaiserin gereichten leeren Löffel zum Mund und sagte mit seinem freundlichen Lächeln zur Kaiserin: "So, Mascha, jetzt habe ich eingenommen, jetzt geh' und ruhe Dich selbst etwas aus." Als die Kaiserin das Zimmer verlassen hatte, wandte sich der Kaiser an den Thronfolger mit den Worten: "Jetzt kannst Du mir die Medizin geben, Kolja" ("Kolja" - Kosenamen für Nikolai, wie "Mascha" für Maria.) Der Thronfolger that das, war aber auch so erregt, daß er den Löffel, den der Kaiser ihm zurückgab, auf die Bettdecke fallen ließ. Der Zar ergriff den Löffel, betrachtete ihn lange und preßte ihn dann in der Faust zusammen. Darauf gab er den zusammengepreßten Löffel dem Thronfolger zurück und sagte nur: "Ich habe immer diese flachen Arzneilöffel nicht geliebt!"
- Von der Prinzessin Alix von Hessen, der Braut des jungen Kaisers Nikolaus, weiß der St. Petersburger Gewährsmann der "Kölnischen Ztg." zu berichten, daß sie in den russischen Hofkreisen einen vortrefflichen Eindruck gemacht habe. Nicht wenige, und darunter sehr einflußreiche Mitglieder derselben, sind der Verbindung mit der deutschen Prinzessin sehr abgeneigt gewesen. Aber sie hat durch den jugendlichen Reiz ihrer Erscheinung, durch ihr offenes, liebenswürdiges Wesen und in Folge ihrer nicht zu verkennenden Neigung zu dem zukünftigen Gemahl es schnell verstanden, alle Herzen zu gewinnen. Die näheren Umstände ihres Uebertritts werfen ein Licht auf die Charakterfestigkeit. Man hat bereits gehört, daß die Prinzessin sich geweigert hat, wie es sonst für die Annahme des orthodoxen Glaubens erforderlich ist ihr früheres Bekenntniß in dem Sinn abzuschwören, daß es als irrig, verdammenswerth u. s. w. bezeichnet werde. Sie hatte erklärt, daß ihr Uebertritt aus Liebe zu ihrem künftigen Gatten geschehe. Der heilige Synod hatte sich auf Wunsch des Kaisers mit diesen Einschränkungen einverstanden erklärt. Später wurden ihr doch, wie es der Brauch erfordern soll, eine Reihe von Erklärungen zur Unterschrift vorgelegt, die, zumeist dogmatischer und subtil=religiöser Art, immer noch Sätze enthalten, die zu inneren Zweifeln Anlaß gaben. Da soll die Prinzessin die Feder genommen, das Schriftstück kreuz und quer durchstrichen und mit fester Hand darunter geschrieben haben: "Ich nehme den orthodoxen Glauben an." Wenn diese Nachricht sich bestätigt, was wir hoffen wollen, kann es uns allen nur doppelt leid thun, daß wir die tapfere Prinzessin verloren haben!
- Personen, welche Gelegenheit gehabt haben, Zeugen der traurigen Vorgänge in Livadia zu sein, versichern übereinstimmend, daß Kaiser Nikolaus II. gleichsam über Nacht ein anderer geworden sei. Von dem jugendlichen Thronfolger, der es liebte, mit seiner Umgebung kleine und große Dinge zu besprechen, hier und dort um Rath zu fragen, sei kaum eine Spur mehr übrig geblieben. Der junge Zar sei schweigsam und verschlossen geworden, er erwäge mit sich selbst seine Pläne und verkünde dann der erstaunten Umgebung, die sich über die Metamorphose noch immer nicht beruhigen können, seine Befehle, die an Deutlichkeit und Bestimmtheit nichts zu wünschen übrig lassen. Dabei zeige sich bei kleinen und großen Dingen, daß der junge Selbstherrscher sehr vorsichtig und kritisch abwägend vorgehe, daß er keineswegs gewillt sei, irgend einer einzelnen Persönlichkeit einen besonderen Einfluß auf sich zu gestatten. Wenn es nur so bleibt!
- Das kranke Pferd. Aus Elsaß=Lothringen erzählt man folgende fröhliche Dorfgeschichte: Ein Bauer kam eines Morgens in seinen Stall und fand sein Pferd am Boden liegend und schnaufend, als ob er "umstehen" (verenden) sollte. Hilfe war vergeblich. Da endlich kam die alte Annemarie auf das richtige. "Des isch nix annersch, d'r Schimmei isch verhext!" und alsdann wurde zur Bannung des Zaubers geschritten. Der Schimmel erhielt eine Schnur mit 9 Knoten um den Hals, der Stallbesen wurde innen verkehrt hinter die Thür gelehnt, drei Büschel Hexenkraut aufgehängt und zuletzt noch ein Stück Aermelfutter der Geisterbannerin an die Stallthür genagelt. Das mußte helfen. Und richtig, als man am anderen Morgen zusah, stand der Gaul wieder frisch auf den Beinen und schnoberte munter in der Krippe. D' Annemejt kann doch ebbs," sagten die Leute, hinterher kamen sie erst darauf. Als einer zufällig in die Scheune trat, fand er dort die "Bütt" mit dem "Moscht" halb geleerrt, der Gaul war tags vorher als er wie gewöhnlich im Hofe herumlief, darüber geraten. "Un m'r merkts em hitt au an," sagte sein Hüter der Toni, "d'r Schimmel mueß e famose Katzenjammer han, er hett scho dri Kiewel voll Wasser g'soffe."
- Schuster adje! Die leidige Konkurrenz der Großindustrie verdrängt das Handwerk der Schuhmacher immer mehr von der Bildfläche des Gewerbewesens. Sogar der Flickschuster erhält jetzt eine empfindliche Konkurrenz. Zur Zeit wird "am Rindermarkt" in München eine größere mechanische Flickschusterei errichtet, welche die Flickarbeit, sowie das Doppeln sofort an der eingebrachten Arbeit vornimmt, sodaß der Kunde, wenn er nur ein paar Schuhe hat, auf seine Schusters=Rappen warten kann.
- Eine hölzerne Kaiserkrone hat der Aufseher F. Eckelmann aus Lohe vor kurzem dem Kaiser übersandt. Das Kunstwerk, aus 507 Weidenhölzern und einem Kiefernholz gefertigt, wobei die Hölzer weder genagelt noch gebunden sind, hat die Anerkennung Kaiser Wilhelms gefunden und es sind Herrn Eckelmann 30 Mark als Gnadengeschenk aus der Privatschatulle des Monarchen gesandt worden. Herr Eckelmann hat an dem Kunstwerk volle 3 Monate gearbeitet.


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