No. 87
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. November
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 87 Seite 1]

† Zar Alexander III.

Der Tod hat endlich den furchtbaren Leiden des Zaren gnädig ein Ende gemacht, am Donnerstag Nachmittag um 2 Uhr 15 Minuten ist Kaiser Alexander III. in Livadia verschieden. Hat der Zar, als er noch in strotzender Kraft auf der Höhe der Macht gestanden hat, gerade bei uns in Deutschland, das er durch seine politische Haltung mehr als einmal zu demüthigen versucht hat und dem er niemals freundlich gesinnt gewesen ist, sich nur geringer Sympathien zu erfreuen gehabt, so ist dies seit dem Beginn seiner schweren Erkrankung vergessen gewesen, denn wir alle haben menschlich mit ihm gefühlt und gern haben wir es gesehen, daß einer unserer tüchtigsten Professoren an das kaiserliche Krankenbett geeilt ist, um wenigstens die letzten Wochen und Tage des Kaisers durch die Anwendung seiner Kunst und seines Wissens noch zu erleichtern.
Zar Alexander III. war am 26. Febr. 1845 als zweiter Sohn Kaiser Alexanders II. und dessen erster Gemahlin, geb. Prinzessin Marie von Hessen und bei Rhein, geboren und erst durch den frühzeitigen Tod seines älteren Bruders war er zum Großfürsten=Thronfolger aufgerückt, um nach der Ermordung seines Vaters durch die Nihilisten am 1./13. März 1881 die Regierung zu übernehmen. Von dem selten liebenswürdigen, offenen und heiteren Wesen seines Vaters hatte er wenig geerbt und auch die politischen Ansichten dieses gütigen und aufgeklärten Mannes haben sich nicht in ihm wieder gefunden. Zwar ist es Thatsache, daß Alexander III. ein ausgezeichneter Gatte und Familienvater war, sagt man ihm in Rußland doch allgemein nach, daß er alle Tugenden eines russischen kleinen Mannes in hohem Grade besessen habe, als "Selbstherrscher aller Reußen" aber war er hart und unnahbar, eigenwillig und eigenmächtig bis zur Krankhaftigkeit und nur einem Einfluß zugänglich, und gerade dieser war kein günstiger, dem des Oberprokurators des heiligen Synods, des vielgenannten Pobjedonoszew. Trotzdem wird die Trauer um Alexander III. wenigstens beim eigentlichen russischen Volk tief und aufrichtig sein, denn der gewöhnliche Russe, der ja den Zaren als solchen schon wie einen Gott zu verehren gewöhnt ist, hat an diesem merkwürdigen Mann und widerspruchsvollen Charakter innig gehangen und gerade sein barsches, unnahbares Wesen, das in staatlichen und politischen Angelegenheiten keine Rücksichten, keine Milde und kein Nachgeben gekannt hat, hatte ihm im russischen Volk nicht nur große Achtung, sondern sogar auch einen hohen Grad von Liebe und Zuneigung erworben, da sein Gerechtigkeitssinn über jeden Zweifel erhaben war. So wird das Bild Alexanders III. als düstere, fast fanatische Erscheinung unter den Selbstherrschern des unermeßlichen russischen Reiches stehen, um vor allem von dem seines Vaters, der ja bekanntlich kurz vor seinem Tod nahe daran gewesen ist, sein Volk mit einer Constitution "zu beglücken", unvortheilhaft abzustechen; als Mensch und Familienvater aber wird auch sein erbittertster Feind ihm Schlimmes nicht nachzusagen vermögen. Kaiser Alexander III. ist ruhig und gefaßt gestorben. Das ist kein Wunder, denn er hat selbstbewußt gelebt.
Wesentlich freundlicher tritt uns sein Sohn, der neue Zar, Kaiser Nikolaus entgegen, der jetzt erst im 26. Lebensjahr steht. Während Alexander III. eine dänische Prinzessin zur Gemahlin erwählt hatte, ist dieser wieder der alten Tradition des russischen Kaiserhauses gefolgt, sich seine Gemahlin von einem deutschen Fürstenhof, und zwar wiederum vom hessischen Hof zu holen. Er scheint nach all dem, was seit der in Coburg erfolgten Verlobung über die Prinzessin bekannt geworden ist, auf eine starke, ernste Natur gestoßen zu sein. Und so kann denn unser Wunsch für den neuen Zaren nur der sein: Möge die Ehe und das Leben in der Familie für Kaiser Nikolaus sich nicht minder glücklich wie für seinen Vater gestalten, möge seine Herrschaft in Rußland selbst aber und ebenso sein Verhalten in der europäischen Politik von anderen, hochherzigeren Gesinnungen zeugen, als dies bei Alexander III. der Fall war!


- Wie die Berliner "Neueren Nachrichten" melden, soll jetzt die Errichtung eines Nationaldenkmals für den Generalfeldmarschall Moltke angeregt werden. Solange Graf Caprivi am Ruder gewesen sei, sagt das genannte Blatt, hätten sich hohe militärische Persönlichkeiten vergeblich darum bemüht. Zwischen Caprivi und Moltke hätte stets eine große Abneigung bestanden, sodaß der Letztere mit dem Abschied gedroht habe, als der Kaiser Friedrich s. Z. Caprivi zum Adlatus Moltkes an der Spitze des Generalstabs ernennen wollte. Aus dieser Mittheilung geht hervor, daß sich auch in Militärkreisen starke Antipathien gegen den abgetretenen Reichskanzler geltend gemacht haben.
- Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe=Schillingsfürst hat bereits die Diensträume des Reichskanzlerpalais bezogen. Graf v. Caprivi, dem aus Anlaß seines Rücktritts zahllose Sympathiebeweise und Danksagungen zugegangen sind, verläßt Berlin in aller Stille. Wie verlautet, wird er sich im Posenschen niederlassen, wo er sich von dem erübrigten Theil seines Reichskanzlergehalts "ein Ar und einen Halm" gekauft hat. Privatvermögen besitzt der verabschiedete Reichskanzler nicht.
- In den Reichslanden sprechen die Zeitungen fast ohne Unterschied ihr Bedauern über den Weggang des Fürsten Hohenlohe aus, wobei sie seinem milden, versöhnlichen und dennoch zielbewußten Regiment Anerkennung zollen.
- Die Ernennung des Fürsten Hohenlohe=Langenburg zum Statthalter findet in der Straßburger Presse eine freundliche Aufnahme. Besonders angenehm berührt der Umstand, daß Hohenlohe Süddeutscher ist.
- Ueber das Lebensalter der preußischen Staatsminister wird aus Berlin gemeldet: Fürst Hohenlohe zählt 75, v. Schelling 70, Miguel 65, Thielen 62, Bosse 62, v. Boetticher 61, Bronsart v. Schellendorf 61, v. Koeller 54, v. Marschall 52, v. Berlepsch 51 Jahre.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 87 Seite 2]

- In der Angelegenheit der Oberfeuerwerksschüler wird, wie die "Post" mittheilt, in etwa 8 bis 14 Tagen das Kriegsgericht zusammengetreten, so daß die endgültige Erledigung dieses Vorfalls nicht mehr lange auf sich warten lassen dürfte. Um ähnlichen Vorkommnissen vorzubeugen, wird eine entsprechende Veränderung in der Organisation der Oberfeuerwerkerschule in Erwägung gezogen.
- Als Vertreter bei den Trauerfeierlichkeiten in St. Petersburg wird Kaiser Wilhelm seinen Bruder, den Prinzen Heinrich, dorthin entsenden. Voraussichtlich wird Prinz Heinrich von Kiel aus an Bord der Yacht "Hohenzollern" die Reise nach St. Petersburg machen. Die Prinzessin Alix von Hessen, die Braut des neuen Zaren Nikolaus II., soll ihrem Bruder, dem Großherzog von Hessen, vor ihrer Abreise nach Livadia, wie der "Frankf. Zeitung" aus Darmstadt gemeldet wird, versprochen haben. Sich nicht eher trauen zu lassen, als bis er, der Großherzog, in St. Petersburg eingetroffen sein werde.
- Betreffs der Hochzeit des Großfürsten Thronfolgers mit der Prinzessin Alix soll der Zar, als er von der Familie gedrängt wurde, die Vermählung zu beschleunigen, geäußert haben: "Ich wünsche, daß die Hochzeit in festlicher Weise stattfindet, bessert sich mein Zustand, so soll die Vermählung in üblicher Weise gefeiert werden, muß ich aber sterben, so wird nicht viel Zeit erforderlich sein, Nikolaus und Alix zu vereinigen."
- In dem in Petersburg am Freitag ausgegebenen Manifest des Kaisers Nikolaus heißt es:
"Das Leid des Kaisers ist auch das Leid des Volkes. Die Kraft Rußlands liegt in der Einigkeit des Volkes mit dem Kaiser." Weiter heißt es in dem Schriftstück: Der Kaiser gedenke in dieser feierlichen Stunde des Vermächtnisses seines Vaters und lege gleichzeitig das heilige Gelübde ab, als einziges Ziel die friedliche Entwickelung, die Macht und den Ruhm Rußlands, sowie die Beglückung Rußlands, sowie die Beglückung der Unterthanen zu haben. Großfürst Georg werde solange Thronfolger sein, bis die noch einzugehende Kaiser=Ehe mit der Prinzessin Alix von Hessen mit einem Sohne gesegnet werde.
- In Livadia wurde trotz der hemmenden Bestimmungen des Hausgesetzes der unverehelichte Thronfolger sofort von der kaiserlichen Familie als Kaiser anerkannt und empfing sofort den Eid der Treue.
- Der Kronprinz von Schweden hat am vorigen Dienstag die Rückreise von Baden=Baden nach Schweden angetreten. Die Krankheit seiner Gemahlin besteht in Nervenschwäche und Blutmangel, auch ist die frühere Lungenkrankheit noch nicht ganz beseitigt. Die Aerzte rathen zu einem Aufenthalt im Süden und auch in den nächsten Jahren müsse die Kronprinzessin den Winter in südlicherem Klima zubringen.
- Im Schlosse Pelesch fand am Dienstag unter großem Zeremoniell die Taufe der neugeborenen Prinzessin von Rumänien statt. Anwesend waren der König und die Königin, die Herzogin von Coburg, die Minister, die Vertreter der fremden Mächte und viele Würdenträger. Taufpatin war die Königin, den Taufakt vollzog der Erzbischof Metropolit Ghenadius.
- Das chinesische Kriegsministerium macht die verzweifeltsten Anstrengungen, neue Truppenmassen zur Verteidigung der Hauptstadt heranzuziehen. Der Vizekönig von Nanking, der schon 20 000 Mann ruranische Truppen ins Feld gestellt hat, erhielt den Befehl, weitere Bataillone von Shanghai nach Tientsin zu schaffen. Der Vizekönig sammelte daraufhin mehrere Bataillone. Als aber der Vormarsch beginnen sollte, weigerten sich die Soldaten zu marschieren. Sie sagten ihren Offizieren, daß sie seit Monaten keine Löhnung empfangen hätten und sie nicht eher einen Schritt weitermarschieren würden, bis Sie den rückständigen Sold erhalten hätten.
- Dem "New=York Herald" wird aus Shanghai gemeldet, daß der Tod der jungen Kaiserin von China auf Selbstmord zurückzuführen ist. Dieselbe habe stets unglücklich mit dem Kaiser gelebt, und als derselbe ihr letzthin öffentlich eine "Ohrfeige" verabreichte, habe die Kaiserin Gift genommen.
- Das Schwurgericht in Altona verurtheilte den Grünwaarenhändler Blanck wegen Ermordung seiner früheren Geliebten, der Frau Bruhn, zum Tode.
- Ganz Süd=Belgien, die Provinzen Lüttich und Namur, stehen unter Wasser, das im flachen Lande 1 Meter Höhe erreicht hatte. In der Nähe von Tournai wurden drei große Fabriken weggerissen, 18 andere überschwemmt. Mehrere Personen sind ertrunken. Das Wasser ist noch immer im Steigen. Infolge der Ueberschwemmung ertrank in Tourcoing eine ganze Familie, bestehend aus sieben Personen, die sich nicht rechtzeitig retten konnten. Die meisten Städte des Norddepartements stehen gleichfalls unter Wasser, der Eisenbahnverkehr ist eingestellt.
- Das Geschlecht der Hohenlohe darf sich an historischer Bedeutung kühn über viele der regierenden deutschen Fürstenhäuser stellen. In den Reichsfürstenstand zwar sind die einzelnen Linien des Hauses erst im Jahre 1764 erhoben worden. Jedoch bemerkt das damals ausgestellte Diplom selbst, daß es sich nur um eine Erneuerung der Fürstenwürden handle, da die fürstliche Abstammung des Hauses aus dem französischen Herzogsgeschlechte diplomatisch erwiesen sei. Die Hohenlohe sind in der That eines der ältesten reichsunmittelbaren Geschlechter. Als Urahnherr gilt Herrmann der Erlauchte, der mit Adelheid, der Wittwe des Herzogs Heinrich von Franken und Mutter des ruhmvollen Kaiser Conrad II., vermählt war. Die Hohenlohe stehen also in nahester Verwandtschaft zu einem der tüchtigsten Kaisergeschlechter Deutschlands. Herrmanns Sohn wählte zu seinem Wohnsitze die zwischen Uffenheim und Rothenburg an der Tauber belegene Burg Hochloch, Hohenloch oder Hohenlohe, nach der sich seit dem 12. Jahrhundert das ganze Geschlecht nennt und der auch der Wappenspruch der Familie: Orimur ex flamma angepaßt ist. Obwohl es schon damals mehrere Linien gab, so unterscheidet man doch erst seit 1231 die beiden Zweige Hohenlohe=Hohenlohe, der auf dem Stammschloß, und Hohenlohe=Brauneck, der auf Brauneck residirte. Als letzterer 1390 erlosch, wurde der ganze Besitz vereinigt, durch ein gemeinsames Hausgesetz verbunden, und das Geschlecht besteht nunmehr bis heute aus zwei Hauptlinien, der von Neuenstein und der von Waldenburg. Daß das Geschlecht der Hohenlohe nach dem Zerfalle Deutschlands nicht ein souveränes Haus vom Rang unserer Mittelstaaten geworden ist, gereicht ihm zur Ehre; denn es verschmähte es, vor den Marschällen und Dienern Napoleons zu kriechen, um einen möglichst großen Bissen zu erhaschen, und es verkettete sein Schicksal mit dem Geschick Preußens. Nach dem Reichsdeputationshauptschluß von 1803 sollte das Haus Hohenlohe drei Virilstimmen im Reichsfürstenrath erhalten. Doch schon die Rheinbundacte von 1806 zerteilte es unter die Rheinbundstaaten. Der unglückliche Feldherr von Jena und Prenzlau war der in Slawenitz begrabene Hohenlohe=Oehringen. Aber der mit dem alten Reiche erlöschende Glanz des Hauses erhob sich von neuem mit der Erhebung Deutschlands.
- Der erste Hohenlohe im Dienste der Hohenzollern fiel ein Freund des Kurfürsten Friedrich I., in der Schlacht am Cremmer Damm gegen den märkischen Adel.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Gr. Rünz sub Nr. III belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Joachim Lüttjohann daselbst wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidationsprotokoll sofort im Termin der Praeclusivabschied erlassen und verkündet ist.
Schönberg, den 1. November 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 87 Seite 3]

Oeffentliche Versteigerung

Freitag, den 9. November d. J. Vormittags 11 Uhr sollen in Herrnburg:

1 Sopha, 1 Kleiderschrank, 1 Kommode, 1 Tisch, 1 Küchenborte, 4 Rohrstühle, 1 Theeschrank, 1 Spiegel, 1 Waschbalge, 1 Schiebkarren, etwas Brennholz, Kiepenholz, Manneskleidungsstücke u. a. m.
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
Versammlung der Käufer beim Schulzen Grieben in Herrnburg.
Schönberg, den 3. November 1894.

                                                    C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Bei der diesjährigen Ausloosung von Schützenhaus=Antheilscheinen wurden folgende Nummern gezogen:

365. 331. 311. 354. 268. 207. 121. 368. 196. 138. 171. 282.
                                                    Der Vorstand der Schützenzunft.
Schönberg, d. 5. Nov. 1894.                                                    


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Schönberg.                                                     Wilhelm Schrep, Stadtsekretair.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 87 Seite 4]

In der unterzeichneten Expedition ist zu haben:                          
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Zu dem am Mittwoch, den 21. November d. J. bei mir stattfindenden

Landmannsballe

erlaube ich mir, die Herren Hauswirthe hierdurch höflichst einzuladen.

Schönberg.                                                     J. Boye.


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Gesangverein "Teutonia".

Zu unserem am Donnerstag den 8. November cr. stattfindenden

Sängerball

im Lokale des Herrn Boye laden wir hierdurch ergebenst ein.

Einführung durch Mitglieder.
Eintritt frei. Tanzschleife 1 M.
Schönberg, den 5. November 1894.                          
                                                    Der Vorstand.


Am Freitag den 9. November                          
Landmannsball
wozu freundlichst einladet                                                    
                                                    H. Tretow.
                                                    Demern.


Hiermit sagen wir unsern herzlichen Dank für die vielen Gratulationen und Glückwünsche an unserem Hochzeitstage.

                                                    Kähler und Frau geb. Fick.
                                                    Törpt.


Für die vielen Glückwünsche zu unserer Hochzeit sagen ihren herzlichen Dank

                                                    Wilh. Maaß u. Frau.

Kl. Siemz, den 5. November 1894.


Heute Nachmittag 4 Uhr entschlief sanft nach langen, schweren Leiden unsere liebe Mutter und Schwiegermutter, die Lehrerwittwe

Eulalie Wegner,

im 53. Lebensjahre. Tief betrauert von den Hinterbliebenen

                                                    Adolf Wegner.
                                                    Bertha Wegner.
                                                    Heinrich Karsten u. Frau
                                                                       geb. Wegner.

Schönberg, d. 4. 11. 1894.
Die Beerdigung findet am Donnerstag d. 8. d. M. Nachmittags 3 Uhr statt.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 87 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 87 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 6. November 1894.


Der Kampf "gegen den Umsturz".

Ueber all die wichtigen Personalfragen, die in den letzten Tagen in Berlin erledigt worden sind, hat man die sachlichen Gegensätze, die in den letzten Wochen aller Aufmerksamkeit in Anspruch genommen und jene Vorgänge mit herbeigeführt haben, fast vergessen. . Da sie voraussichtlich sehr bald wieder in den Vordergrund treten werden, erscheint es angezeigt, den Stand der Dinge sich kurz zu vergegenwärtigen. Der Vorschlag des bisherigen Ministerpräsidenten, des Grafen Eulenburg, der nach einer allerdings unbestätigt gebliebenen Meldung die Abänderung des Reichstagswahlrechts event. durch einen Beschluß des Bundesraths bezweckt haben soll, dürfte zunächst wohl ad acta gelegt sein. Dagegen soll ja Graf Caprivi die Zustimmung der leitenden Minister der Bundesstaaten zu seinen Vorschlägen bezüglich mehrerer Abänderungen der Strafgesetzgebung erhalten haben. Ein freisinniges Blatt der Reichshauptstadt glaubt hierüber Mittheilungen machen zu können, die im wesentlichen mit den vor einiger Zeit schon erwähnten Angaben eines rheinischen Blattes übereinstimmen. Darnach sollen die erwähnten Aenderungen in einer schärferen Fassung der §§ 110, 111, 126, 130 und 131 des Reichsstrafgesetzes und des § 10 des Dynamitgesetzes bestehen. Die angeführten Paragraphen des Reichsstrafgesetzbuches, die sämmtlich unter die Abschnitte "Widerstand gegen Staatsgewalt" und "Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung" fallen, haben folgen den Wortlaut:
§ 110. Wer öffentlich vor einer Menschenmenge, oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen Darstellungen zum Ungehorsam gegen Gesetz oder rechtsgültige Verordnungen oder gegen die Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen auffordert, wird mit Geldstrafe bis zu 600 Mark oder mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft. § 111. Wer auf die vorbezeichnete Weise zur Begehung einer strafbaren Handlung auffordert, ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn die Aufforderung die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge gehabt hat. Ist die Aufforderung ohne Erfolg geblieben, so tritt Geldstrafe bis zu 600 Mark oder Gefängnisstrafe bis zu 1 Jahr ein. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maß nach, keine schwerere sein als die auf die Handlung selbst angedrohte. § 126. Wer durch Androhung eines gemeingefährlichen Verbrechens den öffentlichen Frieden stört wird mit Gefängniß bis zu 1 Jahr bestraft. § 129. Die Theilnahme an einer Verbindung zu deren Zwecken oder Beschäftigung gehört, Maßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von Gesetzen durch ungesetzliche Mittel zu verhindern oder zu entkräften, ist an den Mitgliedern mit Gefängniß bis zu 1 Jahr zu bestrafen, an den Stiftern und Vorstehern der Verbindung mit Gefängniß von 3 Monaten bis zu 1 Jahr zu bestrafen. Gegen Beamte kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von 1-5 Jahren erkannt werden. § 130. Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen in der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander öffentlich aufreizt, wird mit Geldstrafe bis zu 600 M. oder mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft. § 131. Wer erdichtete oder entstellte Thatsachen, wissend, daß sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich behauptet oder verbreitet, um dadurch Staatseinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit verächtlich zu machen, wird mit Geldstrafe bis zu 600 Mark oder mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft.
§ 111 soll einen Zusatz erhalten, nach dem auch die Verherrlichung begangener Verbrechen bestraft wird. Die größten Schwierigkeiten soll, wie berichtet wird, die Abänderung des § 131 machen, doch wird auf diesen Paragraphen besonders Nachdruck gelegt.


- Eingesandt. Daß Bahnverbindung - mit beziehungsweise nach einer größeren Stadt für das Geschäftsleben einer in der Nähe der größeren Stadt gelegenen kleineren Landstadt glücklich und vortheilhaft sei, ist vielfach bestritten. Wir Schönberger dürften indessen bisher kaum Veranlassung haben, die Bahnverbindung nach Lübeck zu beklagen; ausschlaggebend wirkt, daß Schönberg Eisenbahnstation ist für ein großes Hinterland vom Norden und vom Süden, und namentlich von Rehna=Gadebusch und Umgegend. Dies wird sich jetzt ändern. Mit der aus Schwerin kommenden Nachricht, daß die Bahn Schwerin=Gadebusch=Rehna gesichert sei, wird für Schönberg die Eisenbahnfrage ebenfalls wieder akut (?) oder vielmehr hoffnungslos zu Grabe getragen. Daß Rehna nicht Endpunkt bleiben kann und bleiben soll, ist beschlossene Sache. Die Direction der Mecklenb. Friedrich=Franz=Eisenbahn muß und will von Rehna aus den Anschluß nach Lübeck zu erreichen suchen, aber sie wird natürlich dort bauen, wo sie auf Landeshülfe rechnen kann d. h. auf Schwerinschem Gebiet, also nach Grevesmühlen - allenfalls nach der Landesgrenze bei Grieben. Der gewählte Anschlußpunkt wird weiter den Anschluß vom Klützer Winkel bestimmen, denn die Friedrich=Franz=Bahn wird nicht alle paar Kilometer Anschlußstationen haben wollen. Wir fürchten, daß schon die Concurrenz der Häfen Wismar und Lübeck in Schwerin dafür Stimmung machen wird, die zu wählende Anschlußstation mehr nach Osten zu verschieben. Ausschlaggebend dürfte aber die Unmöglichkeit werden, für die Strecke im Fürstenthum Landeshülfe zu bekommen. Schönberg würde umgangen, das Hinterland abgeschnitten. Das ist noch niemals bestritten, daß eine kleine Landstadt zurückgeht, wenn der Verkehr der ganzen Umgebung künstlich der nahe gelegenen Großstadt zugeführt wird.
Die Schönberger hausgesessenen Bürger wollen sich das recht klar machen, wenn die von ihnen gewählten Vertreter der zielbewußten Berufsgenossen halber den Muth nicht finden, für Schönberg einzutreten. Auch die nicht Hausgesessenen werden sich der intelligenten Bevormundung schwerlich entziehen können. Vergebliche Liebesmühe!
Wir haben eine neue Gesinde=Ordnung. Ob die Fürstenthümler über deren neue Bestimmungen sich wohl ebenso aufregen, wie über die neue Schornsteinfeger=Ordnung? Beide Verordnungen wären vermuthlich der Landesvertretung vorgelegt, um sie den hiesigen Verhältnissen anzupassen. Das wäre wohl gewesen, aber es war nicht. Auf wen wollen sie nun schelten?
Und wie steht es mit der Landesanleihe für den Bau eines Herbergs=Vereins=Hauses? Oder will man mit einigen Tausend Mark, die à fond perdu für Aktien von einzelnen gespendet werden sollen, wirklich bauen?
Und wie steht es mit der Aufbesserung der Lehrergehälter?
Und wie steht es mit dem Bau des Krankenhauses?
Und wie steht es mit der Chaussee nach Carlow?
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- Die Errichtung eines Berliner Meßpalastes wurde in der Generalversammlung der Vereinigung von 1893 beschlossen.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 87 Seite 6]

- In der "Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege" in Berlin haben am vorigen Freitag zwei Mitarbeiter des Professors Behring, Dr. Ehrlich und Dr. Wassermann, über die Gewinnung und die Anwendung des Diphtherie Heilserums Vortrag gehalten. Aus den Ausführungen Beider folgt, daß die Einspritzungen mit dem Serum nur dann sicher wirken, wenn es sofort nach dem Ausbruch der Krankheit angewendet werde. Auch sind sie erfolglos bei Folgekrankheiten, wie Nierenentzündung und Herzschwäche. Auch septische Fälle werden durch sie nicht berührt. Gegen die Krankheit können gesunde Kinder ca. 2 Monate immunisirt werden. Damit bestätigen sich die Voraussagen, die vor übertriebenen Hoffnungen warnten, obschon die sichere Heilung frischer Fälle und die zeitweise Immunisirung einen ungeheuren Erfolg darstellen.
- Der Obermedizinalausschuß in München begutachtete die Fortsetzung der Versuche mit Diphtherie=Heilserum in Kliniken und bei Privatärzten. Da das Mittel ausgegangen ist, soll die Regierung gebeten werden, lediglich zu Versuchszwecken Heilserum in München herstellen zu lassen. Demnächst tritt eine Conferenz im kaiserlichen Gesundheitsamt zusammen. Es scheint die Absicht vorhanden, ein gemeinsames Vorgehen in den Einzelstaaten über das Heilmittel zu erzielen.
- Frau Rosalie Hertzog, die Wittwe des Begründers des Welthauses Rudolf Hertzog in Berlin, hat am Mittwoch dem Oberbürgermeister Zelle die Summe von 50 000 Mk. überreicht mit dem Ersuchen, dieselbe nach vollständig freiem Ermessen des Magistrats im Interesse der Armen Berlins zu verwenden.
- In Halle a. S. hat ein Fräulein Räser ihr gesammtes Vermögen, bestehend in einem Hausgrundstück und 150 000 Mk., der Stadt zur Errichtung eines städtischen Waisenhauses vermacht.
- Der Kaiser ließ der 15jährigen Tochter des Bahnhofsvorstehers in Friesack, welche ihm unter Aufsagung eines Gedichtes bei der Ankunft dortselbst gelegentlich der Denkmalsenthüllung einen Blumenstrauß überreicht hatte, zum Andenken ein massiv goldenes Medaillon, auf dem in schwarzer Emaille der Reichsadler angebracht ist, übersenden. Bei der Abfahrt von Friesack hatte sich der Kaiser noch extra nach dem Namen des Kindes erkundigen lassen.
- Am Dienstag voriger Woche hat in aller Stille die Familie Bismarck die Feier der goldenen Hochzeit der einzigen Schwester des Fürsten Bismarck, Francisca Angelika Malvine (geb. den 29. Juni 1827), die seit dem 30. Oktober 1844 mit dem königlichen Kammerherrn und Mitglied des preußischen Herrenhauses, Oskar v. Arnim=Kröchlendorff, vermählt ist, begangen.
- Der Münchener Corpsphilister=Verein gedenkt in Verbindung mit den dortigen sieben Corps der Universität und allen dortigen studirenden Inaktiven des Kösener Corpsverbandes die Feier des 80. Geburtstages des Fürsten Bismarck durch einen imposanten Commers zu begehen. Bismarck ist bekanntlich selbst Corpsphilister, indem er in Göttingen dem Corps Hannovera angehörte, dessen Consenior er vor 60 Jahren war.
- Die Berliner Polizei sucht eifrig nach einem unbekannten Witzbold, der sich den nichtsnutzigen Scherz gemacht hat, sogleich nach dem Bekanntwerden der Entlassung des Reichskanzlers Grafen Caprivi bei zahlreichen Lohnfuhrwerksbesitzern unter dessen Namen große Möbelwagen zu bestellen, die dessen Inventar aus dem Reichskanzleramt abholen sollten. So erschienen zur selben Stunde dreizehn verschiedene riesige Möbelwagen in der Wilhelmstraße, um Caprivis sehr bescheidenen Junggesellen=Hausrath einzupacken, worüber großer Halloh entstand.
- Die Einziehung von Reservisten zu Uebungen wird bei den Infanterie=Regimentern diesmal auch während des bevorstehenden Winters stattfinden. Jedoch sollen diese Uebungen sich nicht länger als 10 bis 14 Tage erstrecken, der Schwerpunkt wird hauptsächlich auf die Schießfertigkeit der Mannschaften gelegt werden. Daneben sollen noch Felddienstübungen besonders abgehalten werden, während vom Paradeexercieren gänzlich Abstand genommen werden wird.
- "Ich ersuche das verehrliche Gericht um einen Vertheidiger, da ich der deutschen Sprache nicht genügend mächtig bin, um mich mit dem Gericht zu verständigen", lautete der Inhalt eines Briefes, den ein vielfach vorbestrafter Arbeiter in Hamburg, da er sich wieder gegen eine Anklage wegen Diebstahls zu rechtfertigen hatte, vor einigen Tagen an den Vorsitzenden der Strafkammer übersandte. Vor Beginn der Verhandlung machte der Vorsitzende den Angeklagten darauf aufmerksam, daß es sonderbar erscheine, wenn er plötzlich kein Deutsch verstehen wolle, da er doch schon häufig mit den deutschen Gerichten in Konflikt gerathen und sich stets sehr gut ohne Verteidiger verständigt habe. Der Angeklagte erwiderte, daß er das Hochdeutsche meine, worauf der Vorsitzende im schönsten Hamburger Platt erwiderte: "Datt deit niks, ick spräk ganz prächtig platt, wi Beiden wöllt woll mit enanner torecht kamen." Und sie kamen auch Beide sehr schön zurecht und der Angeklagte auf 18 Monate ins Zuchthaus.
- In einer in der Nähe der Stadt Yonköping gelegenen Irrenanstalt ist am Mittwoch während eines starken Sturmes Feuer ausgebrochen und hat sich so schnell verbreitet, daß 15 von den Insassen verbrannt sind und nur 3 haben gerettet werden können.
- Viele ausgewiesene Anarchisten aus Belgien, Frankreich und Deutschland langten soeben in Folkestone (England) an. Die Polizei beobachtet dieselben scharf.
- Wie ein Berliner Blatt mittheilt, soll sich unter den erlauchten Persönlichkeiten, denen der Kaiser seine Composition "Sang an Aegir" schon vor Wochen hat zustellen lassen, auch der russische Thronfolger (jetziger Zar) befinden, der bekanntlich für Musik sehr schwärmt und in seinen Mußestunden selbst als begabter Dilettant wirkt. Die Zustellung erfolgte bereits im Sommer, also lange vor Ausbruch der Krankheit des verstorbenen Zaren, und zwar nicht gedruckt, sondern handschriftlich. Es wird bei dieser Gelegenheit bemerkt, daß der Kaiser eine sehr charaktervolle, klare und deutliche Notenschrift besitzt, um die ihn mancher praktische Tonkünstler beneiden dürfte.
- Aus Wien wird gemeldet, daß durch die Kapelle des 3. Infanterie=Regiments der "Sang an Aegier" im Saale des Hotels "Habsburg", welcher aus diesem Anlasse dicht gefüllt war, zur erstmaligen Aufführung gelangte. Das Tonwerk erntete stürmischen Beifall und mußte wiederholt werden.
- Erleuchtung des Reichshauses in Berlin. Die Innenräume des Reichshauses erstrahlten am Montag abend in electrischem Lichtglanz. Es wurde nämlich von dem Baurath Heger und dem Baumeister Wittig unter Zuziehung von Collegen und Electrotechnikern eine Probe der Beleuchtung vorgenommen. Dieselbe fiel im Ganzen zu großer Zufriedenheit aus, nur in den verschiedenen Lesesälen fand man noch eine Verstärkung des Lichtes nothwendig und werden dazu die erforderlichen Anordnungen getroffen. Der größte Theil der Räume wurde erleuchtet und besucht, nur der Sitzungssaal blieb von der Prüfung ausgeschlossen. In der hellen Beleuchtung kam überall die vornehme Wirkung der architektonischen Gestaltung und des bildhauerischen Schmuckes zu hoher Geltung; bei dem langgestreckten Restaurationssaal trat die Wahrnehmung hervor, daß die Deckenmalerei mit ihrem hellgrünen Rankenwerk und dem heraldischen Schmuck in der künstlichen Beleuchtung eine weit ruhigere Stimmung zeige, als bei hellem Tageslicht.
- Vor wenigen Tagen vermählte sich in Interlaken (New=Jersey) der Menageriedirektor Jonathan Smith mit der Löwenbändigerin Mary Meykort. Das Brautpaar hatte den Einfall, sich im Löwenkäfig trauen zu lassen, in Gegenwart von sechs Löwen, die sich während der feierlichen Handlung sehr anständig benahmen. Der Pfarrer blieb draußen vor der Käfigthür stehen.


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