No. 86
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. November
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 1]

       Aus Anlaß des Wiederauftretens der Diphtheritis im hiesigen Fürstenthum und insbesondere in der Stadt Schönberg bringt Großherzogliche Landvogtei die in der Bekanntmachung vom 2. December 1886 getroffene Bestimmung:

daß Kinder aus einem Hause, in welchem Diphtheritis=Kranke sind, die Schulen nicht besuchen dürfen.
hiemit in Erinnerung.
                    Schönberg, den 26. Oktober 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


        Großherzogliche Landvogtei nimmt Veranlassung, auf die heute in dem Offiziellen Anzeiger publicirte und mit dem 15. November in Kraft tretende neue Gesinde=Ordnung vom 16. October besonders hinzuweisen. Unter anderem sind die Dienstherrschaften abweichend von dem bestehenden Recht in Zukunft verpflichtet, den Dienstboten in Erkrankungsfällen für den Zeitraum von 14 Tagen Arzt und Arznei zu gewähren, was von den Armenbehörden zu berücksichtigen sein wird.
                  Schönberg, den 2. November 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


        - Nr. 20 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" pro 1894 enthält:
      II. Abtheilung.

Bekanntmachung, betreffend die Ausführung des Reichsstempelgesetzes vom 27. April 1894.


        - Nr. 21 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" pro 1894 enthält:
        I. Abtheilung.

(1.) Gesinde=Ordnung für das Fürstenthum Ratzeburg.

      II. Abtheilung.

(2.) Bekanntmachung, betreffend Abänderung des §. 8 Absatz 2 der Instruction für die Standesbeamten vom 14. August 1875.
(3.) Bekanntmachung, betreffend die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pro Monat September 1894.

    III. Abtheilung. Dienst= etc. Nachrichten.


- Der "Reichs= und Staatsanzeiger" macht amtlich den Personalwechsel in den Aemtern des deutschen Reichskanzlers, preußischen Ministerpräsidenten und Ministers des Innern, wie folgt, bekannt:
Seine Majestät der Kaiser und König haben Allergnädigst geruht:
dem Reichskanzler, Staatsminister und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, General der Infanterie, Grafen von Caprivi unter Verleihung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler mit Brillanten,
sowie dem Präsidenten des Staatsministeriums und Minister des Innern Grafen zu Eulenburg unter Belassung des Titels und Ranges eines Staatsministers, sowie unter Verleihung des Kreuzes und des Sterns der Großkomthure des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Brillanten die nachgesuchte Entlassung aus ihren Aemtern zu ertheilen.
Allerhöchstihren Statthalter in Elsaß=Lothringen Fürsten zu Hohenlohe=Schillingsfürst, Prinzen von Ratibor und Corvey, zum Reichskanzler, Präsidenten des Staatsministeriums und Minister der auswärtigen Angelegenheiten und
den Unterstaatssekretär im Ministerium für Elsaß=Lothringen von Köller zum Staatsminister und Minister des Innern zu ernennen.
- Die Ansicht, die wir von vornherein bei der Berliner Krisis ausgesprochen, daß nämlich die Gründe für den Entschluß des Kaisers, sich seiner beiden bisherigen Ratgeber zu entledigen, "tiefer" lägen, wird jetzt auch von anderen Blättern getheilt. So sagt der "Hamburger Correspondent", ein zumeist gut unterrichtetes Blatt, "die Verabschiedung Caprivis und Eulenburgs hat der Kaiser vollzogen, um jeden Zweifel über sein Kampfsystem gegen den Umsturz auszuschließen". Und auch im Ausland pflichtet man dieser Auffassung bei und die officiöse italienische "Riforma" meint sogar, daß zwar nicht die allgemeine Richtung der äußeren Politik, wohl aber die Tonart sich ändern könne. Jedenfalls sei es in der gegenwärtigen Lage Europas nicht bedeutungslos, daß der Repräsentant der kaiserlichen Politik gewechselt werde.
- Der neue Reichskanzler, Fürst Hohenlohe, hat am Sonnabend dem Grafen Caprivi einen Besuch abgestattet und sich die Räthe des Auswärtigen Amtes vorstellen lassen.
- Graf v. Caprivi hat Berlin, entgegen der Meldung verschiedener Zeitungen, noch nicht verlassen. Er wird sich nach Ordnung seiner Angelegenheiten zunächst zu seiner Erholung nach der Schweiz begeben, um dann bei Verwandten in Skieren bei Crossen Aufenthalt zu nehmen.
- Die Eröffnung des Reichstags wird, wie Berliner Blätter melden, am 15. ds. Mts. im weißen Saal des Schlosses durch den Kaiser er=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 2]

folgen. Was die Einweihung des neuen Reichstagsgebäudes betrifft, so findet sie im Anschluß an die Reichstagseröffnung in einer der großen Hallen des Gebäudes unter Theilnahme des Kaisers nebst Gefolge, sowie der Mitglieder des Bundesraths u. des Reichstags statt. Ob die erste Sitzung in dem neuen oder alten Reichstagsgebäude abgehalten wird, darüber ist noch keine Bestimmung getroffen.
- Die Senate von Hamburg und Bremen haben die Einfuhr von Rindvieh und frischem Fleisch aus Amerika verboten, weil sich bei zwei Transporten am Texasfieber erkrankte Rinder befunden hatten. Dasselbe Verbot ist für Preußen erlassen worden. Recht so!
- Nach einer Correspondenz des Bundes der Landwirthe will der Bund jetzt eine weitere Audienz beim Kaiser vorbereiten. Der Vorstand will sich zu diesem Schritte den Auftrag der Organe des Bundes holen. Am 27. November soll diese Angelegenheit einem Ausschuß zur Vorberathung vorgelegt und gleichzeitig die Deputation gewählt werden.
- Als eine thörichte Ente bezeichnet die "Kreuzztg." kurzer Hand das in den letzten Tagen in der linksliberalen Presse aufgetauchte Gerücht, es werde in der Leitung des Bundes der Landwirthe eine Veränderung vorgehen. Herr v. Ploetz bleibt also.
- Das Institut der Halbbataillone, das nunmehr das erste Probejahr hinter sich hat, wird in der "Kreuz=Zeitung" auf Grund der bisherigen Erfahrungen einer fachmännischen Kritik unterzogen. Das Ergebniß derselben lautet: "Die Armee hat zuverlässig, wie immer, auch diese neue Einrichtung sine ira et studio aufgenommen und in gewohnten Eifer und gewohnter Arbeitsfreudigkeit sie zu verarbeiten sich bemüht. Dies kann jedoch nicht ausschließen, daß die nunmehr gemachten Erfahrungen den lebhaften Wunsch erzeugen, zu den alten Einheiten zurückzukehren. Wir stellen diese alte bewährte Einheit aber so hoch, daß wir, so lange eine Complettierung der Halbbataillone auf ganze mit der entsprechenden Consequenz der Herstellung neuer Verbände unausführbar erscheint, einer Gliederung des jetzigen Bestandes eines Infanterie=Regiments in vier schwächere, aber unter sich gleich starke und gleichwerthige Bataillone, vor dem jetzigen Zustand den Vorzug geben."
- Am Nordostseekanal hat am Sonnabend die Eröffnung der äußeren Schleusenthore bei lebhaftem Westwind und hohem Wasserstand stattgefunden. Die Dampfer "Blankenese" und "Expedient" passirten die äußeren Schleusenthore und kehrten nach einer halben Stunde zurück. Die Durchschleusung ist glatt von Statten gegangen.
- Die Eröffnung der neuen Fernsprechlinie Wien=Berlin steht Mitte November bevor. Die Eröffnung der neuen Verbindung soll feierlich gestaltet werden, das erste Gespräch soll nach einem Wiener Blatte durch die beiden Kaiser geführt werden.
- Die deutschen Reichsbanknoten werden nach Verfügung des russischen Finanzministers vom 29. Oktober ab bei Zollzahlungen zu demselben Kurs angenommen wie Reichsgoldmünzen, nämlich 1000 Mark als Gegenwerth von 308 Rubel Gold. Diese Maßnahme dürfte im Zusammenhang stehen mit der auf deutscher Seite verfügten Wiederzulassung der russischen Staatspapiere zur Beleihung bei der Reichsbank.
Vom Zaren. Aus Livadia sind alarmirende Nachrichten eingetroffen. Die Aerzte sind seit dem 30. Oct. ununterbrochen im Krankenzimmer versammelt. Das Ableben des Zaren wird stündlich erwartet. In Petersburg herrscht die größte Spannung über weitere Meldungen aus Livadia, dieselben lauten übereinstimmend, daß der Zar schwerlich den 31. October überleben werde. Das Bulletin über das Befinden des russ. Kaisers vom 31. Oktober, 10 Uhr Vormittag lautet: "Der Kaiser schlief in der Nacht einige Stunden. Die Blutung hat etwas nachgelassen. Im übrigen ist der Zustand unverändert."
- Das russische Hofjournal "Grashdanin", das für gewöhnlich Deutschland wenig angenehmes zu sagen weiß, bespricht in seiner Sonntagsausgabe die "das Gepräge herzlichen Taktes tragenden Kundgebungen des deutschen Kaisers aus Anlaß der Erkrankung des Zaren" und weist besonders darauf hin, daß, während die französischen Minister sich bei dem Bittgottesdienst vertreten ließen, der Kaiser Wilhelm mit den Prinzen und den hohen Würdenträgern dem Gottesdienst beigewohnt habe. Noch mehr macht sich der Umschwung, der in der Gesinnung maßgebender russischer Kreise in allerletzter Zeit Frankreich gegenüber stattgefunden hat, in der Bitterkeit bemerklich, mit der sich der "Grashdanin" über daß taktlose Verhalten der Pariser Börse aus Anlaß der Krankheit des Zaren ausspricht. Das traurige Ereigniß werde dort zu der gewissenlosesten wildesten Speculation benützt, so daß deutlich erkennbar sei, die öffentliche Meinung Frankreichs werde weder von Seite der Regierung noch der Presse noch der Volksvertreter darüber genügend aufgeklärt, was die französische Republik Rußland und dessen Herrscher verdanke; verhielte sich dies anders, so würde man in Paris jene Spekulanten ebensowenig wie tolle Hunde frei herumlaufen lassen. Frankreich fehle aber, von Dankbarkeit und Gefühl gar nicht zu reden, jedes Verständniß für alles Russische, jede Würde und jeder Takt. Die Krankheit des Zaren sei weit entfernt, den sicheren Bestand des russischen Reiches in Frage zu stellen, und es sei eine Frechheit der französischen Börsenspekulanten, sie zu einem Ansturm gegen die russischen Fonds ausnützen zu wollen. In moralisch=politischer Hinsicht liefere diese Börsenepisode einen neuen Beweis, wie erbärmlich es vielmehr in Frankreich mit manchen "Stützen" bestellt sei.
- Wie man aus Petersburg meldet, hat der Minister des Innern, Herr Dumowo, nach seiner Rückkehr aus dem Ausland an sämmtliche Provinzgouverneure die strenge Weisung ergehen lassen, über die Aufrechterhaltung der Ordnung im Reich mit allem Eifer zu wachen und etwaigen Versuchen einer politischen Propaganda, die von gewissen Elementen der Bevölkerung unternommen werden sollten, von Anbeginn mit größtem Nachdruck entgegen zu treten. Diese Verfügung des Ministers soll, wie es heißt, hauptsächlich durch die Wahrnehmung veranlaßt worden sein, daß sich in einigen Städten Rußlands eine sog. "konstitutionelle Bewegung", die bisher allerdings in ziemlich harmloser Form auftritt, bemerkbar macht. Druckschriften, welche derartige Ideen anregen, sollen von den Behörden in Petersburg, Odessa und Kiew aufgegriffen worden sein.
- Die Stadtverordneten in Mainz lehnten in namentlicher Abstimmung ab, einen Platz für das Heine=Denkmal herzugeben.


- Schönberg. Als es vor einigen Wochen schien, daß der Herbergs=Verein für das Fürstenth. Ratzeb. wegen mangelnder Mittel seine Thätigkeit einstellen müsse, wandte sich der Vorstand des Vereins noch einmal an die Bevölkerung des Landes mit der Bitte, durch Gewährung außerordentlicher Beiträge die für den Fortbestand der Verpflegungsstation nöthigen Mittel darzureichen und zugleich zu bekunden, daß es sich um eine Sache allgemeinen Interesses und öffentlicher Wohlfahrt handle. Auf der am Mittwoch den 31. ds. Mts. hieselbst stattgefundenen Generalversammlung wurde über den Erfolg dieses Aufrufes Bericht erstattet. Wenn auch die Sammlungen noch nicht abgeschlossen sind, so läßt sich doch bereits so viel erkennen und sagen, daß die Antwort des Landes für den Fortbestand des Vereins und der Verpflegungsstation sich erklärt hat. Auch ein jüngst eingegangenes Schreiben Großherz. Landesregierung stellt in dankenswertester Weise, um den Fortbestand der Station zu sichern, eine vermehrte Beihülfe aus öffentlichen Mitteln für die nächsten Jahre in Aussicht. Die Ansicht des Vorstandes, daß nur auf eigenem Grundstücke eine gedeihliche Weiterentwickelung und wirkliche Errichtung der Ziele des Vereins möglich sei, fand die Zustimmung der Versammlung. In dem zu erbauenden Hause soll außer der Verpflegungsstation auch eine nach den bekannten Grundsätzen zu führende Herberge zur Heimat Unterkunft finden, ein ange=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 3]

stellter Hausvater beides leiten. Raum für Beschäftigung aller Stationsgäste muß das Grundstück bieten. Ein Bauplatz ist dem Verein bereits vor längerer Zeit von der Stadt unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Um die Mittel zum Bau zu gewinnen, will der Verein Aktien ausgeben, die nach Maßgabe der vorhandenen Mittel in späteren Jahren ausgeloost und eingelöst werden sollen. Man wird sich erinnern, daß das hiesige Schützenhaus in ähnlicher Weise auf Aktien gebaut worden ist. Um möglichst weite Kreise zur Theilnahme heranzuziehen, ist die Höhe einer Aktie auf 20 M. festgesetzt worden. So weit die Kosten durch das Aktienkapital nicht aufgebracht werden, müssen die Baugelder angeliehen werden. Die erforderlichen Zinsen werden durch den Fortfall der Lokal= und Bettmiethe und die bei eigener Bewirtschaftungen zu erzielenden Ersparnisse voraussichtlich mehr als gedeckt werden. Natürlich kann der Bau erst begonnen werden, wenn ein genügend großes Aktienkapital gezeichnet ist. Ein Anfang mit 1340 M. ist bereits gemacht worden. Hoffentlich finden sich weiter helfende Hände, um das für das ganze Land segensreiche Werk zu fördern und zu vollenden!
- Schönberg. Am Dienstag Mittag entstand in dem Stallgebäude des Töpfers Weinrebe in der Siemzerstraße ein Brand, der jedoch bald wieder, ohne erheblichen Schaden angerichtet zu haben und ohne Mitwirkung der alsbald zur Stelle geeilten städtischen Spritze gelöscht wurde. Ueber die Entstehung des Feuers war nichts zu ermitteln.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Schlagbrügge sub Nr. V belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Heinrich Clasen wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidationsprotokoll sofort im Termin der Praeclusiv=Abschied erlassen und verkündet ist.
Schönberg, den 27. October 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die zu Pahlingen sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Hans Joachim Mette daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Montag, den 14. Januar 1895,
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstückes präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 27. October 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Ein Mädchen mit guten Zeugnissen sucht zu sogleich in Schönberg eine Stelle als Hausmädchen. Näheres auf dem Bauhofe beim Arbeitsmann Wendt.


Auf Bestellung liefere
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zu einem Minimalpreise von 80 Pfg., steigend bis zu einem Höchstpreise von 1 Mark pro 50 Kilo reine Rüben, wobei dies Steigen abhängig ist von der Höhe der Zuckerpreise.
Nähere Auskunft erteilt das Komtor der Fabrik bereitwilligst.
Oldesloe, 25. Oktober 1894.

Rübenzucker-Fabrik
Oldesloe, A.-G.


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Hocharmig Singer B. mit Fußbetrieb und allem Zubehör für

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Prämie v. M. 301,000
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            Mk.   6,60 ein halbes   Loos,
            Mk.   3,30 ein viertel Loos,
            Mk.   1,65 ein achtel   Loos,
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                                                    Max C. Saß.


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[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 4]

In der unterzeichneten Expedition ist zu haben:                          
Dienstboten-Ordnung                          
                          für das Fürstenthum Ratzeburg.
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Schönberg.                Expedition der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.


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Habe noch circa 50 bis 60 Pfund
Federn lebender Gänse
zu verkaufen.
                                                    H. Lenschow
                                                    in Petersberg.


Am Sonntag d. 4. November
Tanzmusik
für die Nacht
bei                                                     J. Boye.


Am Sonnabend d. 3. d. M.                          
Gulasch von Abends 7 Uhr an, wozu freundlichst einladet
                                                    N. Nehls.


Sonntag d. 4. November
Fettgänse=Verkegeln
wozu freundlichst einladet                                                    
                                                    H. Schrep.


Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 4. d. Mts.
Tanzmusik
(Erntebier)
über Mitternacht hinaus.


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Am Sonntag, den 4. November d. J., Nachmittags 2 Uhr, 3. ordentliche Versammlung

im Vereinslokale.
Tagesordnung:

1) Uebergabe eines geschenkten Fahenbandes,
2) Berathung, betr. die Gedenkfeier des 2. December der Schlacht bei Loigny.
3) Beratung, betr. die Geburtstagsfeier Sr. Maj. des Kaisers,
4) Verschiedenes.

                                                    Der Vorstand.


Verloren am Abend des 20. Oktobers auf dem Wege von Schönberg bis Lockwisch

ein schwarzer Spazierstock

mit silbernem Handgriff. Abzugeben gegen sehr gute Belohnung in Spehr's Hôtel zu Schönberg.


Für die liebevolle Theilnahme sowie die zahlreichen Kranzspenden bei der Beerdigung meines theuren Mannes, unseres Vaters, Schwieger= und Großvaters, des Pens. Bahnwärters J. Tretow, sagen allen Betheiligten unseren herzlichsten Dank.

                                                    Die trauernden Hinterbliebenen.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 4. November.
Reformationsfest.
Collecte für die Lauenburg=Ratzeb. Bibelgesellschaft.

Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr.): Pastor Krüger.
   Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 52-54 M., Sauen 44-51 M., Kälber 50-80 M. per 100 Pfund.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu zwei Beilagen
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 43.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 5]

1. Beilage
zu Nr. 86 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. November 1894.


[Die Beilage ist im Original nicht vorhanden.]

 

 

 

 

 

[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 6]

[Die Beilage ist im Original nicht vorhanden.]

 

 

 

 

 


[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 7]

2.Beilage
zu Nr. 86 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. November 1894.


Vom Fürsten Hohenlohe.

Fürst Chlodwig von Hohenlohe=Schillingsfürst, der bisherige Kaiserliche Statthalter in Elsaß=Lothringen hat sich bereit finden lassen, die Aemter eines deutschen Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten an Stelle des von S. M. dem Kaiser und König entlassenen Grafen Caprivi und Eulenburg zu übernehmen; in seinen Jahren wahrlich kein leichter Entschluß! Fürst Chlodwig zu Hohenlohe ist am 31. März 1819 geboren, steht also gegenwärtig im 76. Lebensjahr und es ist daher kein Wunder, daß es dem Kaiser, wie aus Berlin versichert wird, große Mühe gekostet hat, den Fürsten zur Annahme der ihm angebotenen hohen Staatsämter zu bestimmen. Ein Neuling in Staatsgeschäften ist Fürst Hohenlohe nicht, was nachstehende Daten aus seinem Leben beweisen werden:
Im Jahre 1842 trat er in den preußischen Staatsdienst, wurde Referendar in Potsdam und Assessor in Breslau, erhielt 1846 die Herrschaft Schillingsfürst und trat als Standesherr in den bayrischen Reichsrath ein, wo er liberalen und nationalen Anschauungen huldigte. Er galt bald als Preußenfreund. 1849 ging er als Reichsgesandter nach London. Im Jahre 1866 war er für den Anschluß Bayerns an Preußen thätig. Am 31. Dezember zum bayrischen Ministerpräsidenten und Minister des Auswärtigen ernannt, wirkte er in nationalem Sinn. Als er aber die Schule von der Kirche trennen wollte, erlag er der Opposition und war genötigt, am 25. November 1859 seine Entlassung zu erbitten, die ihm am 7. März 1870, nachdem ihm die Kammer ein ausdrückliches Mißtrauensvotum gegeben hatte, gewährt wurde. Dem ersten Reichstag gehörte Fürst Hohenlohe als Vertreter von Forbach an; er wurde zum ersten Vicepräsidenten ernannt und schloß sich der freikonservativen Partei an. Nach der Entlassung des Grafen Arnim wurde er deutscher Botschafter in Paris und nahm als deutscher Bevollmächtigter 1878 an dem Berliner Kongreß theil. Im Jahre 1885 wurde er als Nachfolger Manteuffels zum Statthalter der Reichslande ernannt. Die Gattin des Fürsten hat 1887 die großen russischen Besitzungen ihres Bruders, des Fürsten Peter von Sayn=Wittgenstein geerbt. Ein Sohn des Fürsten, Alexander Prinz zu Hohenlohe, ist seit 1893 Mitglied des Reichstags und dort Hospitant der deutsch=konservativen Partei. Fürst Hohenlohe ist Katholik.
Das in kurzen Zügen der Lebensgang des neuen Reichskanzlers, zu dessen Ernennung jeder deutsche Patriot "Ja und Amen" sagen könnte, wenn Fürst Hohenlohe eben nicht bereits ein so hohes Alter erreicht hätte. Zwar sind wir es in Deutschland gewöhnt, daß unsere hohen Staatsbeamten und Heerführer bis zum 70sten Jahr und länger Jünglinge zu bleiben pflegen, worüber man sich im Auslande schon oft nicht wenig gewundert hat, auf seinem Statthalterposten in Straßburg würde Fürst Hohenlohe auch sicherlich noch manches Jahr seinen Amtspflichten vollauf genügt haben, ob die körperlichen Kräfte und die geistige Spannkraft eines fast sechsundsiebzigjährigen Mannes aber ausreichen, zwei so arbeitsreiche Aemter, wie den Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten=Posten, auch nur für einige Jahre auszufüllen, das muß denn doch sehr zweifelhaft erscheinen. Und dazu kommt, daß das deutsche Volk jetzt gerade die feste Hand eines energischen Mannes am Staatsruder zu spüren verlangt, denn der Kampf, der der bürgerlichen Gesellschaft von den Führern der Sozialdemokratie und den hinter dieser stehenden Anarchisten angeboten, ja aufgedrungen worden ist, der muß jetzt auch von uns, wie es in anderen Staaten bereits geschieht, ausgefochten werden, das hat S. M. der Kaiser auch zweifellos seit längerer Zeit schon erkannt und darum seine Rede in Königsberg und als Folge die Entlassung seiner beiden bisherigen ersten Rathgeber.
Im Uebrigen wird die Wahl des Fürsten Hohenlohe in weiten Kreisen gutgeheißen werden, da dieser gesellschaftlich so hoch stehende Mann kein Parteimann im gewöhnlichen Sinn, dem Ausland gegenüber aber als Diplomat gut empfohlen und endlich in hohem Maß geeignet ist, die in Süddeutschland in den letzten Jahren wieder verstärkt aufgetretene Gegnerschaft gegen den Norden zu beseitigen. Es wird den Bayern nicht wenig schmeicheln, nun auch ihrerseits einmal einen Reichskanzler gestellt zu haben, dessen Berufung ja bekanntlich schon nach dem Rücktritt des Fürsten Bismarck stark in Frage gestanden hat. Was die Uebernahme des preußischen Ministeriums des Innern durch den bisherigen Unterstaatssekretär v. Koeller in Elsaß=Lothringen anlangt, so wird diese höchstens von den Fortschrittlern und Sozialdemokraten getadelt, während sich der Ernennung des Fürsten Hohenlohe gegenüber besonders die Ultramontanen ablehnend verhalten werden, da der Fürst wohl Katholik, aber durchaus kein Anhänger des Ultramontismus ist.


- Schönberg. Die am 30. Oktober abgehaltene Generalversammlung der Actionäre der Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt genehmigte die vorgelegte Bilanz nebst Gewinn= und Verlust=Conto und ertheilte dem Directorio und der Revisions=Committe Decharge. Dem Antrag der Verwaltung entsprechend wurde die Vertheilung einer Dividende von 14% auf das eingezahlte Actienkapital der Ersparniß=Anstalt und von 17% auf die Actien der Vorschuß=Anstalt beschlossen. An Stelle des durch den Tod ausgeschiedenen Hauswirths J. Kröger=Lockwisch wurde der Hauswirth F. Wigger zu Törpt als Mitglied des Directorii neu= und der Ackerbürger P. H. Burmeister zu Schönberg wiedergewählt. - Der Antrag des Directorii, über die für gemeinnützige Zwecke in Rechnung gestellten Beträge von 1000 M. und 1500 M. sofort Verfügung zu treffen, fand bedauerlichst nicht die Zustimmung der Generalversammlung.
- Schönberg. Die Arbeiten am Dom zu Ratzeburg neigen sich ihrem Ende zu. Sämmtliche Arbeiten sind bis auf die Kupferschmiedearbeiten fertig. Das Holz für den Hauptthurm, der erst im nächsten Frühjahr in Angriff genommen werden soll, ist bereits an Ort und Stelle geschafft und soll noch verbunden werden. Im August nächsten Jahres hofft man das herrliche Gotteshaus wieder weihen zu können.
- Der Senat von Lübeck hat die Einfuhr von lebendem Rindvieh und von frischen Rindfleisch aus Amerika verboten.
- Das Verbot der Einfuhr und Durchfuhr von lebendem Rindvieh und frischem Rindfleisch aus Amerika ist jetzt, ebenso wie für die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Bremen, auch für die Provinz Schleswig=Holstein und Mecklenburg erlassen worden.
- Am ersten Sonntage im November kehrt die Bismarcksche Familie nebst Dienerschaft von Varzin nach Friedrichsruh zurück. Der Fürst nebst Fürstin befinden sich wohl. Zum Empfang der hohen Herrschaften sind schon die Vorbereitungen im vollen Gange.
- Die Composition des Kaisers, "Sang an Aegir", ist am Sonntag bei Gelegenheit einer Matiné zum Besten der Kaiser Wilhelm=Gedächtnißkirche im kgl. Opernhaus in Berlin zur Aufführung

[ => Original lesen: 1894 Nr. 86 Seite 8]

gelangt. Wie die "Post" berichtet, wurde die Melodie des Sanges, eine einfache Weise von volksthümlicher Kraft des Ausdrucks von den Hörern mit enthusiastischem Jubel aufgenommen und stürmisch da capo verlangt. Die Wiederholung machte dem hohen Componisten, welcher der Aufführung in der kleineren Hofloge beiwohnte, augenscheinlich lebhafte Freude.
- Von den Zuständen, die augenblicklich auf dem Berliner Baumarkt herrschen, entwirft die "Baugewerbe=Zeitung abermals ein trauriges Bild. Nach ihrer Schilderung ist schon jetzt die Arbeitslosigkeit unter den Bauarbeitern sehr groß, obwohl viele, die außerhalb der Stadt wohnen, Berlin bereits verlassen haben. Die Noth unter den Baugewerbetreibenden soll aber vielleicht noch größer sein, als unter den Arbeitern. Der unredliche Wettbewerb, unglückliches Submissionswesen und geringe moralische und technische Qualität der Bauunternehmer spielen in dieser jämmerlichen Lage eine große Rolle. Viele solide Baugeschäfte sind an der unlauteren Konkurrenz schon zu Grunde gegangen, andere solide Unternehmer ziehen sich ganz aus dem Geschäft zurück. Die Mehrzahl derjenigen, die jetzt Häuser bauen oder bei öffentlichen Bauten mit submittiren, haben nichts, können nichts und sind nichts. Wer in den verschiedensten Lagen Schiffbruch gelitten hat und weniger als nichts besitzt, fängt ein Baugeschäft an. Verkrachte Kaufleute, Schreiber, Restaurateure und Kellner dürfen Häuser bauen und was noch schlimmer ist: sie können sie auch bauen, weil sie irgend einen Fünfmark=Architekten finden, der ihnen nach einer bestimmten Schablone den Plan macht. Sie erhalten von einem Terainbesitzer für einen sehr hohen Preis, aber ohne Anzahlung eine Baustelle, eine Baubank giebt die Baugelder, Handwerker, die die Bauarbeiten übernehmen, sind nicht schwer zu finden. Das Ende vom Lied ist immer dasselbe: der Terrainbesitzer oder die Baubank erwerben das Grundstück in der Subhastation und die Handwerker haben das Nachsehen.
- Zehn Fischer aus Ahlbeck bei Swinemünde haben am Sonnabend Nachmittag einen gestrandeten Grindwal, 50-60 Ztr. schwer und etwa 18 Fuß lang, lebend gefangen. Unter Hilfe von Hunderten von Menschen ist der Wal mit starken Tauen an Land gezogen und seit Sonntag in Swinemünde ausgestellt worden.
- Die Höchster Farbwerke, welche täglich 1000 Fläschchen Heilserum versenden, haben das Ansuchen des Vereins Berliner Apotheker, in Berlin ein Depot zu errichten, abgelehnt, da wegen der starken Nachfrage kein Vorrat vorhanden sei.
- In München fand eine Versammlung von Buchdruckergehilfen statt, die den Zweck hatte, die Frage anzuregen, was die Gehülfen gegenüber dem Herannahen der Setzmaschine thun sollten. Man kam aber über allgemeine Erörterungen nicht hinaus.
- Am Sonnabend ist die Schlußsitzung des sozialdemokratischen Parteitages in Frankfurt a. M. abgehalten worden, in der mehrere auf die Taktik und Organisation bezügliche Anträge erledigt worden sind. Hierauf ist der bisherige Vorstand wiedergewählt und zum Ort des nächstjährigen Parteitages Breslau bestimmt worden.
- In Bißtra (Tordauer Komitat) in Oesterreich flog die dort befindliche Pulverfabrik, in der sich über 1000 Zentner Schießpulver befanden, in die Luft. 15 Arbeiter sind lebensgefährlich verletzt und 3 tot. Mehrere Häuser geriethen in Brand.
- Strenge Kälte herrscht schon jetzt im mittleren Norwegen. Seit Mitte Oktober ist das Thermometer bis zu 20 Gr. C. gesunken. Der Schlittschuhsport ist in vollem Gange, und der reichlich gefallene Schnee hat gute Schlittenbahnen geschaffen. Auch die Schneeschuhläufer finden bereits günstigen Boden. Eines so frühzeitig in Norwegen ausgebrochenen Winters kann sich niemand entsinnen.
- Der Trousseau der künftigen Zarin. Schon vor geraumer Zeit, als die schwere Erkrankung des Zaren in der Oeffentlichkeit bekannt war, traf man am Darmstädter Hofe die Vorbereitungen für die Prinzessin, welche bekanntlich elternlos und die jüngste Schwester des regierenden Großherzogs Ernst Friedrich ist. Der Trousseau der Prinzessin Alix wurde in Paris angefertigt. Im ersten Confectionshause daselbst wurde ein eigenes Atelier vor einem halben Jahre errichtet, in welchem ausschließlich die Vorarbeiten an kostbaren Stickereien für die Braut des Großfürsten=Tronfolgers zur Anfertigung gelangten. Als Material waren aus Rußland große Massen von Edelsteinen, Perlen und echte Spitzen nach Paris gelangt. Eine Vertrauensperson der Zarenfamilie überbrachte die Schätze - bei Objecten, die nach Millionen zählen, kann man eben nicht genug vorsichtig sein . . . . Die Blau= und Silberfüchse die in das Pariser Atelier kamen, mußten schon an der Grenze als Zoll ein kleines Vermögen bezahlen. Es war eine schwierige Aufgabe, den Geschmack der deutschen Prinzessin in ihrer puritanischen Einfachheit mit der russischen Prunksucht zu versöhnen. Die Großfürstin Elisabeth, welche die meisten Anordnungen gab, ertheilte im Allgemeinen die Weisung, zu den Stickereien mehr Silber als Gold, zu den Agraffen mehr Brillanten als farbige Edelsteine zu verwenden. Die Zarin hatte ihrerseits verfügt, daß man, um die verwandtschaftlichen Verhältnisse zu markiren, viel völlig gleiche Toiletten, davon zwei für sie selbst, die zwei anderen für die Prinzessin Alix verfertigte. Hierzu wählte die Großfürstin ein Modell in weißem gepreßtem Sammet, mit Bolero aus orientalischen Perlen, als Soiréetoilette, dann eine Dinertoilette in Azurdamast mit Zobelköpfchenumrahmung von der Taille und als Abschluß der Schleppe. Vom Brautkleid selbst ist auch nicht ein Fleckchen des kostbaren Unterstoffes sichtbar; in dem nach russischer Mode kurz gehaltenen Schleier sind Guirlanden zarter Myrthen eingewebt; die Stickereien, die das Brautkleid bedecken, machen einen märchenhaften Effect. Das Material für die Schlafröcke hat die Großmutter der Prinzessin, die Königin Victoria von England geliefert. Aus dem Vorrathe ihrer echt indischen Shawls brachte man 6 nach Paris, aus welchem die Scheere erbarmungslos die Negliges für die hohe Braut zuschnitt. Die Abfälle haben so kolossalen Werth, daß sie sorgfältig gesammelt und retourniert wurden. Diese Gewebe vertragen keine Zierde und man begnügte sich damit, für den weißen, sog. Lendemain=Schlafrock eine Schnur echter Perlen um die Taille zu schlingen. Die Leibwäsche für die Prinzessin wurde nur theilweise in Paris angefertigt. Dieselbe enthält theure Reliquien an Stickereien, die alle von der Hand der verstorbenen Mutter der Braut, der Großherzogin Alice von Hessen, angefertigt worden. Man hatte alles sorgfältig angeordnet, alles war bis zum letzten Nadelstich vollendet, da brachte der Draht Ordre, in größter Eile - einige Dutzend Trauertoiletten herzustellen. Das Pariser Haus entfaltete sein reichstes Können. Die beiden Gliederpuppen, welche die Anprobe der Prunktoiletten über sich ergehen ließen, verwandelten sich in tiefes Schwarz gekleidete Leidtragende. Für die erste Zeit konnte man den düsteren Wollstoffen keinen Lichtblick gestatten, der Passamenterie keine glitzernden Jaisthränen beifügen, aber bald gestatten die für russische Trauer eingeführten Farben, Lila und Weiß, die Schönsten Combinationen, Weiß=schwarze Guioure und Alenconspitzen, Chantilly schmiegen sich weich an die Falten von völlig glanzlosen Seidenstoffen. Als Merkwürdigkeit heben wir hervor, daß auch bei den Schuhen und Stiefeletten der Braut im Modesalon das letzte Wort gesprochen wurde. In allen Nuancen wurde zu den Toiletten die gleiche Chaussure angefertigt, in den kleinen Cokarden der Hausschuhe glitzern und flimmern kleine Diamantagraffen. Auch diese werden wohl in nächster Zeit den geschliffenen schwarzen Stahlknöpfen den Platz einräumen müssen.


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