No. 54
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 13. Juli
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 54 Seite 1]

Bekanntmachung,
betreffend Tanzmusiken.
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                  Die Bestimmung der Nr. 3 der Bekanntmachung vom 21. März 1885, betreffend Tanzmusiken, wird mit Genehmigung Großherzoglicher Landesregierung dahin abgeändert, daß in Zukunft Dispositionen von den Bestimmungen des Gesetzes zur besseren Heilighaltung des Sonntags pp. vom 28. August 1855, nicht mehr direct bei der Großherzoglichen Landesregierung, sondern durch Vermittelung der Großherzoglichen Landvogtei in Schönberg nachzusuchen sind. Es wird dies mit dem Anfügen zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß vom 1. August d. J. ab Anträge auf Erteilung solcher Dispensationen, welche direct bei Großherzoglicher Landesregierung eingehen, unberücksichtigt bleiben werden.
                  Gleichzeitig wird bekannt gemacht, daß in der Regel Erlaubniß zur Tanzlustbarkeit nur ertheilt werden kann, sofern der Antragsteller garantirt, daß Personen unter 16 Jahren der Eintritt in das Local verwehrt wird.
                  Schönberg, den 4. Juli 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. V. Oertzen.


      Unter Bezugnahme auf § 366, 10 des St. G. B. wird hiermit polizeilich verordnet,

§. 1.

                Das Treiben und Führen des Rindviehs innerhalb der Stadt Schönberg bis zum Bahnhofe hat lediglich auf der Fahrbahn zu geschehen, wofür durch Begleitung kräftiger Männer in genügender Anzahl aufzukommen ist. In der Lübecker Straße ist zur Zeit des Wagenverkehrs zu den ankommenden und abgehenden Zügen soweit zur Zeit des Schulstundenschlusses der Trieb thunlichst zu vermeiden.

§. 2.

                Stiere und irgendwie störrische Rinder sind auf den bezeichneten Strecken einzeln zu leiten, und zwar muß jedes einzelne Thier an beiden Vorderfüßen mit einem Sprungtau, welches durch ein um den Leib des Thieres geschlungenes Tau zusammen gehalten wird, und mit einem am Kopfe gut befestigten Leitseile versehen sein.

§. 3.

                Contraventionen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
                     Schönberg, den 12. Juni 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Plötzlich ist in den Zeitungen von neuen Festungswerken die Rede, die in aller Stille bei Molsheim im Elsaß dem Kreuzungspunkt der von Straßburg nach Saales und von Schlettstadt nach Zabern führenden Eisenbahnen, entstanden sind. Der Kaiser hat bestimmt, daß diese Befestigungen fortan die Bezeichnung "Feste König Wilhelm II." zu führen haben.
- Das Lied des Kaisers. Der Kaiser hat die Verlagshandlung von Bote & Bock mit der Herausgabe des von ihm gedichteten und componirten Liedes "Sang an Aegir" beauftragt. Das Lied wird in verschiedenen vom Professor Albert Becker besorgten Ausgaben und mit einer Titelzeichnung von Professor Emil Döpler dieses Jahr erscheinen. Die Veröffentlichung, deren Ertrag der Kaiser Wilhelm=Gedächtnißkirche zufließen soll, wird Anfang October erfolgen.
- Die "Post" erklärt die Nachricht, daß der russische Thronfolger zu den deutschen Kaisermanövern erwartet worden sei, für unzutreffend. Gleichzeitig mit den deutschen fänden die russischen Manöver statt, denen der Großfürst von vornherein beizuwohnen gewillt gewesen sei.
- Die Freilassung des Zeremonienmeisters v. Kotze wird verschieden ausgelegt. Nach der einen Lesart hätten sich so viele Momente für seine Schuldlosigkeit ergeben, daß der Kaiser telegraphisch die Haftentlassung befohlen habe. Man sei jetzt auf der Spur des wirklich Schuldigen, der sich in hoher Stellung befinde. Nach einer anderen Lesart wäre zwar nicht genügendes Belastungs=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 54 Seite 2]

material gegen Kotze gefunden worden, aber der Verdacht seiner Mitschuld noch nicht geschwunden. Die Untersuchung werde fortgesetzt gegen "Unbekannt". Nach einer dritten Version wäre Kotze nur entlassen worden, weil die Untersuchung beendet sei, so daß die Besorgnis vor Verdunkelung des Thatbestandes (weshalb die Verhaftung überhaupt nur erfolgte) nicht mehr vorhanden sei. Das Untersuchungsergebnis und das Urteil des Kriegsgerichts bedürfen noch der Sanktionierung des Kaisers und solle nur dann veröffentlicht werden, wenn der Angeklagte Kotze selbst es wünsche. Die letzte Lesart erscheint am wenigsten glaubwürdig, wenigstens wiederspricht ihr die Thatsache, daß der Hausminister und andere Personen der Hofgesellschaft den Zeremonienmeister vor dem Militärgefängnis erwartet und beglückwünscht haben. Jedenfalls ist die Diskussion über den geheimnisvollen Skandal wieder recht lebhaft geworden.
- Der "Reichsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz betreffend die Gewährung eines Beitrages Preußens zu den Kosten des Elb=Trave=Canals.
- Der Bundesrath hat die Aufhebung des Jesuitengesetzes einstimmig abgelehnt, dagegen die Zulassung der Redemptoristen und des Ordens vom Heiligen Geist (schwarze Väter) auf den Antrag Bayerns beschlossen.
- Reichskanzler Graf Caprivi hat die Bitte der spanischen Regierung, ein vorläufiges Abkommen über den Handelsvertrag abzuschließen, endgiltig abgeschlagen.
- Der österreichisch=russische Handelsvertrag soll am Mittwoch publicirt werden.
- Mit der ungarischen Civilehegesetzgebung findet sich nunmehr auch der Klerus ab. Fürstprimas Vaszary weigert sich, der Aufforderung der klerikalen Presse Folge zu leisten, welche verlange, er solle die ungarischen Bischöfe vor den König führen und die Verweigerung der Sanction der Civilehe erbitten. Der Fürstprimas lehnte jede weitere Agitation wegen der kirchenpolitischen Gesetze in ganz bestimmter Weise ab.
- Die St. Petersburger Polizei benachrichtigte die Polizei in Pest, daß daselbst ein russischer Nihilist Konstantin Gronkowski lebe. 200 Nihilisten seien verhaftet, wegen einer Verschwörung gegen das Leben des Czaren; viele Briefe Gronkowkis seien bei den Verhafteten gefunden. Gronkowski war in Pest Hörer der thierärztlichen Akademie; er ist schon vernommen worden. Wegen revolutionärer Propaganda war er aus Frankreich und der Schweiz ausgewiesen, seinem Wunsche gemäß an die italienische Grenze gebracht und dort freigelassen.
- Die Größe der anarchistischen Gefahr hat nun auch bei der französischen Regierung den Entschluß reifen lassen, ihre Zuflucht zu einem Ausnahmegesetz zu nehmen. Die Regierung beabsichtigt der Kammer einen Gesetzentwurf zugehen zu lassen, durch den Aufreizung zu anarchistischen Verbrechen oder Verherrlichung anarchistischer Thaten durch das geschriebene oder gesprochene Wort der Jurisdiktion der Geschworenengerichte entzogen und den Zuchtpolizei=Kammern überwiesen wird, gleichzeitig soll als Mindeststrafe 1 Jahr Gefängnis, in der Regel aber Verbannung eintreten. In Spanien ist die von der Kammer angenommene Regierungsvorlage betr. die Unterdrückung des Anarchismus nun auch im Senat durchgegangen und somit Gesetz geworden.
- Von dem Mörder des Präsidenten Carnot, Caserio, macht gegenwärtig eine Geschichte die Runde durch die Blätter, die, wenn sie wahr wäre, die Frechheit des Attentäters wiederum im grellsten Licht zeigen würde. Caserio soll an den Präsidenten der Republik ein Schreiben gerichtet haben, um sich von Ihm etwas Geld zu besserer Verpflegung zu erbitten. Der Mörder soll sein Gesuch durch den Dank begründet haben, den Casimir Perier ihm schulde, weil er es gewesen sei, der ihm durch die Beseitigung Carnots die Thore des Elyseepalastes geöffnet habe!
- Caserios Haltung hat sich in den letzten Tagen sehr verändert; er ist nicht mehr so ruhig, wie er war, sondern sichtlich besorgt und aufgeregt. Der Untersuchungsrichter gab den Wächtern den Auftrag, ihre Aufmerksamkeit zu verdoppeln. Caserio mache ganz den Eindruck, als ob er sich das Leben nehmen wollte. Die Behörden fahren im ganzen Lande fort, auf Anarchisten zu fahnden.
- Frau Carnot veröffentlicht jetzt eine kurze Note, in welcher sie mittheilt, daß es ihr unmöglich sei, für alle ihr zugegangenen Adressen, Telegramme u. s. w. einzeln zu danken. Sie spreche deshalb auf diesem Wege ihren innigen Dank für die Beweise der Antheilnahme und Trauer im ganzen Lande aus. - Bei den Kränzen, die am Grabe Carnots niedergelegt wurden, ist der Czar Sieger geblieben. Wie nämlich die allzeit diensteifrigen Preßkosaken der russischen Botschaft in Paris triumphirend melden, maß der Kranz des Czaren 4 1/2 m im Durchmesser; zwölf starke Männer vermochten ihn nur mit Mühe durch das zu kleine Einfahrtsthor des Elysee=Palastes hindurchzuschaffen. Gekostet hat er 8000 Franks, während der König von Italien "nur" 3000 Francs, die Königin von England "nur" 4000 und selbst Rothschild "nur" 5500 Franks für ihre "nur" 3 m im Durchmesser große Blumenspende ausgegeben haben sollen. Der Czar hat also Dank der Geschicklichkeit, dem Takt und dem feinen Geschmack seines Botschafters um 1 1/2 m und 2500 Franks selbst Rothschild geschlagen.
- Schon wieder wurde in Italien ein Attentat von anarchistischer Seite - glücklicherweise erfolglos - versucht und zwar in Florenz. Zwei Individuen, die sich späterhin als Anarchisten herausstellten, überfielen den Sohn des Handelsministers auf offener Straße mit gezogenen Dolchmessern. Der Angegriffene konnte sich mittels Revolvers der beiden wehren und dieselben verhaften lassen.
- Zum Sturze Stambulows erfährt die "Nowoje Wremja" aus Sofia: Letzterer hätte beabsichtigt, den 3jährigen Sohn des verstorbenen Grafen Hartenau als Thronkandidaten aufzustellen, um seine Stellung als Regent für lange Jahre zu sichern. Weiter führt das Blatt aus, die Gemahlin des Fürsten Ferdinand trage hauptsächlich die Schuld an dem Sturze Stambulows. Sie hielt denselben für das Land und für den Fürsten für gefährlich und drang auf das Hartnäckigste in ihren Gemahl, das Volk von Stambulow zu befreien.
- Ueber den auswärtigen Handel Rußlands im ersten Quartal 1894 liegen aus St. Petersburg folgende Angaben vor: Ausfuhr 143 270 000 Rubel gegen 83 819 000 des Vorjahrs; Einfuhr 81 754 000 gegen 62 530 000 Rubel.
- Ueber Chicago, den Mittelpunkt des Arbeiter=Aufruhrs in den Vereinigten Staaten ist der Belagerungszustand verhängt worden. Präsident Cleveland hat am Montag eine Botschaft erlassen, in welcher dies angekündigt wird und alle Theilnehmer an gesetzwidrigen Vereinigungen und Zusammenrottungen aufgefordert werden, sich vor Mittag 12 Uhr zu zerstreuen. Gegen diejenigen, welche diese Warnung mißachten, wird mit entschiedenen Maßregeln vorgegangen werden. In Hammond bei Chicago ist es am Sonntag zu einem Zusammenstoß gekommen, bei dem die Bundestruppen auf die streikenden Feuer gaben, 4 derselben töteten und 12 verwundeten; die Lage dort ist ernst; es sind Verstärkungen dahin abgegangen. Am Sonntag hat die Menge in Chicago wiederum Waggons verbrannt, den Bahnkörper und mehrere Wagenschuppen zerstört. Die Menge griff auch einen mit Polizeitruppen besetzten Zug mit Steinwürfen und Revolverschüssen an, die Polizei erwiderte das Feuer, tötete einen der Streikenden und verwundete eine Anzahl derselben. Die Polizei erhielt Bericht, daß im ausländischen Viertel die Anarchisten bedrohliche Rüstungen treffen. Der Generalstreik ist neuerdings für mehrere Eisenbahnen des Westens und Südwestens, ferner auch in Buffalo verkündet worden. Die Eisenbahngesellschaft in Pennsylvanien verkündet, daß 667 Waggons, davon 100 sammt Ladung, verbrannt worden sind. In New=York hat sich die Lage gebessert. In St. Louis haben die Weichensteller und Schaffner die Arbeit wieder aufgenommen, der Verkehr ist nicht mehr behindert.
- 6000 Mark für Vernichtung von Maikäfern hat der Forstfiscus in diesem Jahr in der Neumark zahlen müssen. Während in den Bruchgegenden

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fast gar keine Maikäfer bemerkt worden sind, sind sie in den waldreichen Gegenden desto zahlreicher aufgetreten. So sind dort in den Ortschaften Tankow und Bützow 930 Liter, in den Ortschaften Mehrenthin, Gragow, Wolgast 7000, in den königlichen Forsten Lubiathfließ 16 908, Hammerheide 1300, Steinspring 180 Liter Maikäfer, Dräsen insgesammt 3 196 000 Liter Maikäfer gesammelt und vernichtet worden und der Forstfiscus hat dafür eine Vergütung von etwa 6000 Mk. gewährt.
- Jedem Hundebesitzer sei es bei der warmen Jahreszeit dringend ans Herz gelegt, seine Thiere nicht dürsten zu lassen, sondern sie öfter und reichlich mit frischem Wasser zu versehen, ganz besonders aber Kettenhunde, die nicht zum Brunnen gelangen können. Es ist geradezu grausam, die armen Thiere, deren Los an und für sich kein beneidenswerthes ist, dürsten zu lassen und ihnen ein für ihre Existenzfähigkeit so überaus nothwendiges Genußmittel zu entziehen.
- Ein König vor Gericht. Vor der Brüsseler Civilkammer begann ein interessanter Prozeß, der von den Brüdern und Erben des Grafen v. Enueby gegen den König der Belgier angestrengt wurde. Dieselben haben den König Leopold II., von welchem sie vorgeblich eine beträchtliche Geldsumme zu fordern haben, verklagt, sie behaupten, daß der König durch ein wenig correctes Verfahren drei dem verstorbenen Grafen gehörige und im Gebiete von Villers gelegene Besitzungen erworben habe. Nach der Angabe der klägerischen Partei hat der König für diese Besitzungen nur 150 000 Francs bezahlt, während Sie unter Brüdern 375 000 Fr. werth sein sollen. Der Rechtsstreit hat in ganz Belgien außergewöhnliches Interesse erregt; die Prozeßverhandlungen dürften wahrscheinlich länger als eine Woche dauern.
- Von dem kleinen spanischen König erzählt "El Dia" eine hübsche Anekdote: Bekanntlich, so heißt es da, hat die Königin=Regentin ihrem Sohn, der neben unserer spanischen Sprache vor allem die Sprache seiner Mutter erlernt, eine eigene Grammatik und ein eigenes Lesebuch selber geschrieben. Natürlich spielen leicht zu erlernende Gedächtnißverse auch hier die Hauptrolle. Eines der Gedichte führt den Titel: "Was Jeder thun muß" und schließt mit dem Satz: "Könige müssen gut regieren." Alfonsino lernte das Gedicht mit größtem Eifer, wie er ihn beim Lernen stets an den Tag legt. Abends, als er dann zu Bett sollte und seiner Mutter wie immer den Gutenachtkuß gab, da fragte er wieder wie stets: "Bist Du heute zufrieden mit mir?" und als die Königin dies bejahte, da leuchtete es in seinem Gesichtchen auf und mit Selbstbewußtsein sagte er: "Ja, ich habe aber heute auch sehr gut regiert."
- Prinzessin und Schildwache. Aus Württemberg wird der "Neuen Augsb. Zeitung" folgende Anecdote gemeldet: Des Königs Tochter Prinzessin Pauline kleidet sich sehr einfach und so mag es gekommen sein, daß ein Soldat auf Posten in Ludwigsburg die Prinzessin nicht erkannte und die ihr gebührenden Ehrenbezeigungen nicht erwies. Ein Sergeant, der in der Nähe war, machte durch alle möglichen Gestikulationen den Posten auf die Prinzessin aufmerksam, nicht umsonst; er schien den Sergeanten verstanden zu haben, denn er nahte sich der Prinzessin mit den Worten: "Fräula, Se möchtet zum Sergeanten nüber komme."


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Kl. Siemz sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. der Hauswirtsfrau Marie Retelsdorf geb. Kaehler aus Rieps ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Dienstag, den 4. September d. Js.,
Vormittags 10 Uhr,

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit ihren dinglichen Rechten und Ansprüchen sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 18. Juni 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die Grundstücke des Tischlermeisters August Kelling zu Schönberg, als:

1. das allhier an der Sabower Straße sub Nr. 25 belegene Wohnhaus c. p. und
2. dem auf der Schönberger Stadtfeldmark im Galgenmoor belegenen Garten nebst Wiese
- welche zwei Grundstücke einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden werden - ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hierdurch aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Montag, den 17. September d. J.
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer der Grundstücke präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gericht versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 25. Juni 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Eisenbahn     Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich=Franz=Eisenbahn.

Sonderfahrt
nach Lübeck
zu ermäßigten Fahrpreisen.

In Veranlassung des Lübecker Volksfestes werden am

Sonntag, den 15. Juli 1894.

folgende Sonderzüge abgefertigt:
A. Vorm. 7 10 ab Schwerin an 11 53 Abds.
     Vorm. 7 40 Kleinen 11 23 Abds.
     Vorm. 7 53 Bobitz 11 08 Abds.
     Vorm. 8 02 Plüschow 10 57 Abds.
     Vorm. 8 24 Grevesmühlen 10 43 Abds.
     Vorm. 8 36 Grieben 10 32 Abds.
     Vorm. 8 54 Schönberg 10 14 Abds.
     Vorm. 9 10 Lüdersdorf an 10 00 Abds.
     Vorm. 9 20 an Lübeck ab 9 45 Abds.
B. Vorm. 7 05 ab Wismar an 11 55 Abds.
     Vorm. 7 27 an Kleinen ab 11 36 Abds.
Auf den vorgenannten Stationen und Haltestellen werden am 15. d. Mts. Fahrkarten zur Fahrt nach Lübeck und zurück in II. und III. Wagenclasse zum einfachen Fahrpreise ausgegeben.
Diese Fahrkarten berechtigen am 15. d. Mts. sowohl für die Hinfahrt, wie für die Rückfahrt nur zur Benutzung der Sonderzüge, am 16. d. M. aber für die Rückfahrt zur Benutzung aller fahrplanmäßigen Züge, soweit solche auf den betreffenden Stationen halten.
Gepäck wird auf diese Fahrkarten zu ermäßigtem Preise nicht befördert.
Schwerin, den 7. Juli 1894.

Großherzogliche General-Direction.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 54 Seite 4]

Travemünder Rennen
Freitag 3. und Sonntag 5. August 1894.

Anfang:      Freitag 3 1/2 Uhr
Sonntag 3 1/4 Uhr
     nachmittags.


In fünfter Auflage erschien in der Stiller'schen Hofbuchhandlung (J. Ritter) zu Schwerin und ist in jeder Buchhandlung vorräthig:

Handkarte
der Großherzogthümer Mecklenburg=Schwerin u. Mecklb.=Strelitz.
Auf Grundlage
der Generalstabs-Vermessungen.
entworfen im Maßstabe von 1 : 300 000
von E. Alban.

Preis 5 M., aufgezogen in Leinwandcarton 6 M. Diese Karte, 80-60 Cent. groß in sechs Farben, ausgeführt unter gütiger Mithülfe des Großen Generalstabes, zeichnet sich durch Handlichkeit und größte Deutlichkeit in Zeichnung und Schrift aus, sie enthält jeden im Staatskalender vorkommenden Namen, alle Verkehrswege, vollständig bis auf den heutigen Tag, die politische Zugehörigkeit, alle Seen und Wasserläufe im Blaudruck, Waldcomplexe u. s. w.
Für die außerordentliche Brauchbarkeit und Güte spricht der Umstand, daß innerhalb sechs Jahren fünf Auflagen nöthig wurden.
Die von gewisser Seite gedruckte Behauptung, daß diese Karte auf alten Vermessungen beruht, erklären wir für eine Unwahrheit.


Durch Zufall ist die

Büdnerei

zu Schlagbrügge billig zu verkaufen oder auch zu verpachten. Grundzins ist nicht bei der Büdnerei.

Schlagbrügge.                                                     H. Teut, Büdner.


Zum 24. October suche ich ein                          
tüchtiges Mädchen
für Küche und Hausarbeit gegen guten Lohn.                                                    
                                                    Frau Gerichtsrat Horn.


Mast= und Freßpulver
für Schweine. Vorteile: Große Futterersparnis, rasche Gewichtszunahme, schnelles Fettwerden, erregt Freßlust, verhütet Verstopfung und schützt die Tiere vor vielen Krankheiten, per Schachtel 50 Pfg., nur ächt, wenn dieselbe den Namenszug Geo Dötzer trägt. Erhältlich bei Apotheker Montag in Schönberg.


Die Inhaber von Tombola=Loosen verweisen wir auf die der heutigen Nummer dieses Blattes beigegebene Gewinnliste.
Die Gewinne sind bis zum 4. August cr. beim Herrn Chr. Rieckhoff hier in Empfang zu nehmen; die bis dahin nicht abgeforderten Gegenstände werden zu Gunsten der Schützenkasse verauctionirt.

                                                    Der Vorstand der Schützenzunft.


Geschäfts=Uebernahme.

Einem geehrten Publikum Schönberg's und der Umgebung zur Nachricht, daß ich meines Vaters Geschäft übernommen habe. Ich bitte höflichst, das meinem Vater geschenkte Vertrauen auch auf mich übertragen zu wollen, indem ich saubere und gute Arbeit bei soliden Preisen verspreche.

Hochachtungsvoll                          
                                                    Th. Rütz, Maler.


Reisigbesen
empfiehlt billigstens                                                     Aug. Spehr.


Glas= u. Crystall=
waaren

In größter Auswahl eingetroffen, darunter sehr viele Neuheiten.

                                                    Rud. Tietgen.


Am Sonntag, den 15. ds. Mts. von Nachmittags 4 Uhr an
Fortsetzung des
Gewinnschießens.
Abends Vertheilung der Silbergewinne.
Schönberg, den 12. Juli 1894.                                                    
                                                    Der Vorstand der Schützenzunft.


Statt jeder besonderen Meldung.

Die Verlobung ihrer ältesten Tochter Anna mit dem Herrn Gottlieb Callies aus Dassow beehren sich ergebenst anzuzeigen

                                                    J. Boye und Frau                                                                         geb. Seeler
Schönberg, im Juli 1894.                                                    
- : -
Anna Boye.
Gottlieb Callies.
Schönberg.                                                     Dassow.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 15. Juli.

Frühkirche: Candidat Will.
Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu zwei Beilagen
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 27.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 54 Seite 5]

1. Beilage
zu Nr. 54 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 13. Juli 1894.


Gewinnliste
zur Tombola am 2. Königschußtage 1894.
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[Fortsetzung der Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]



[ => Original lesen: 1894 Nr. 54 Seite 6]

Gewinnliste
zur Tombola am 2. Königschußtage 1894.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


[ => Original lesen: 1894 Nr. 54 Seite 7]

2. Beilage
zu Nr. 54 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 13. Juli 1894.


- Neustrelitz. Se. K. H. der Großherzog wird am 6. August zu der gewohnten alljährlichen Kur in Bad Homburg erwartet. - Der Herzog von Cambridge, Bruder der Großherzogin, begiebt sich am 4. August zu längerem Aufenthalt nach Homburg.
- Neustrelitz. Der "L.=Z." geht ein englisches Blatt zu, woraus zu ersehen, daß Se. K. H. der Großherzog Donnerstag Mittag von Paddington Station nach Windsor zum Besuch I. M. der Königin fuhr. Im Gefolge des Großherzogs befanden sich der Major Winsloe, Baron von der Wense und Mr. Hugo Wemys. I. M. die Königin lud den, Großherzog nebst Gefolge zum Luncheon ein. Danach kehrte der Großherzog mit seinem Gefolge nach London zurück und besuchte die Italienische Oper im Covent Garden, wo "Philemon und Baucis" und "La Navarraise" aufgeführt wurden. Sonnabend gedachte der Großherzog auf einige Tage nach Kew, der Residenz der verstorbenen Herzogin von Cambridge, Mutter der Frau Großherzogin, zu reisen. Der Großherzog wird dort Gast des Herzogs von Cambridge sein. Das Befinden des Großherzogs ist vortrefflich.
- Neustrelitz. I. K. H. die Großherzogin ist am Montag morgen nach Keppschloß abgereist. Zugleich fuhren auch II. HH. die Prinzessinnen Marie und Jutta, die sich nach Ballenstedt begeben, um später mit ihren Großeltern, II. HH. dem Herzog und der Herzogin von Dessau, nach Berchtesgaden zu gehen. Den jüngsten Prinzen Karl Borwin hat I. K. H. die Großherzogin mit nach Keppschloß genommen.
- Schönberg. Der Postwagen des Schnellzuges aus Mecklenburg, der hier Abends um 7 1/2 Uhr eintrifft, mußte am 8. Juli abends bei Ankunft auf dem hiesigen Bahnhofe ausrangirt werden, weil die eine Achse in Brand gerathen war. Die Postsachen wurden umgeladen, worauf der Zug, der eine Verspätung von 15 Minuten zu verzeichnen hatte, weiter dampfte.
- Schönberg. Die Festordnung für die XII. Hauptversammlung des Meckl.=Strel. Landeslehrervereins, die hier stattfindet und zu der sämmtliche Nachbarvereine geladen werden, ist folgende: Montag, den 1. October, Nachmittags 4 Uhr: Vorstandssitzung, um 5 Uhr: Abgeordnetenversammlung, Abends 8 Uhr: Vorversammlung. Dienstag, den 2. October, Morgens von 8 bis 9 Uhr: Unterstützungsverein, 10 1/2 - 3 1/2 Uhr Nachmittags: Hauptversammlung, um 4 Uhr: Festessen. Mittwoch, den 3. October: Gemeinsamer Ausflug nach Lübeck.
- Sieben Brüder, regnet es am Sieben=Brüder=Tag (10. Juli), so regnet es sieben Wochen. Hoffentlich bewahrheitet sich diese dem Volksmund entsprungene alte Wetterregel nicht, wenn auch Dienstag Abend ein kleines Gewitterschauer herniederging und es am 11. fast den ganzen Vormittag regnete.
- Schlachthausinspector Ewert zu Waren fand in einem 3/4jährigen Schwein eingekapselte Trichinen in größerer Menge vor.
- Auf Anordnung der großherzoglich mecklenburg=strelitzschen Landesregierung weilt zur Zeit der Seminardirector Bahlcke aus Mirow in Neukloster zwecks Orientirung über die inneren und äußeren Einrichtungen des Seminars.
- Die Gründung einer Zuckerfabrik in Grevesmühlen, zu welcher eine constituirende Versammlung auf den 10. Juli einberufen war, ist gescheitert.
- Der Schuhmacher=Innung zu Ludwigslust wurde auf ihren Antrag vom Großherzogl. Ministerium des Innern die Genehmigung ertheilt, beim Ableben eines Mitgliedes der Innungs=Todtenlade den Nachgebliebenen desselben fortan 50 Mark auszuzahlen; bisher wurden 35 M. gezahlt. Trotz des sehr niedrig bemessenen Beitrags hat sich seit der Gründung dieser Todtenlade im Jahre 1844 das Vermögen derselben bis zum Jahre 1893 so vermehrt, daß die Erhöhung um 15 Mk. ohne jegliche Schwächung des Grundkapitals geschehen kann. In den letzten 10 Jahren, in welchen durchschnittlich jährlich 2 - 3 Procent der Mitglieder sterben konnte die Zahlung an die Hinterbliebenen aus den Zinsen des Capitals der Todtenlade gedeckt werden.


- Nachdem sich kürzlich ein Arbeiter, der wegen dringenden Verdachts, die Fourage=Magazine des Husaren=Regiments in Wandsbeck angezündet zu haben, verhaftet war, in seiner Zelle erhängt hatte, sind am Sonnabend weitere 4 Arbeiter in Haft genommen worden, die sich kurz vor dem Ausbruch des Feuers in verdächtiger Weise bei der Brandstätte zu schaffen gemacht haben sollen. Die Arrestanten haben sich bei ihre Vernehmung in Widersprüche verwickelt.
- Ein großes Feuer entstand am Donnerstag gegen 8 Uhr abends in Zwischenahn in Oldenburg in dem großen Wirtschaftsgebäude des Gasthofes, in dem sich auch der Tanzsaal befindet. Ein Oldenburger Verein mit 400 Personen hatte ein Tanzkränzchen arrangirt. Plötzlich stand das ganze Gebäude in hellen Flammen. Das Feuer griff so schnell um sich, daß die Tänzer und Tänzerinnen sich nur eben retten konnten. Das Gebäude brannte ganz nieder.
- Ein merkwürdiger Unfall stieß vor einigen Tagen einem Amerikaner zu, der in dem Juwelen=Geschäft von Lünser in Berlin Einkäufe gemacht hatte. Als er sich entfernen wollte, rannte er mit dem Kopf in die Scheibe der Ladenthür, die er für offen hielt. Durch den Anprall wurde die sechs Millimeter starke Scheibe total zertrümmert. Unser amerikanischer Gast erlitt glücklicher Weise nur einige unbedeutende Verletzungen am Kopf.
- Ein Gewitter mit Hagelschlag verbunden, vernichtete zwischen Heringsdorf und Bansin alle Feldfrüchte derart, daß von denselben auch nicht der geringste Ertrag zu erwarten ist. Alles ist durch die riesigen Eisstücke in Grund und Boden geschlagen und stellenweis von den strömenden Wasserfluten mit Sand überschüttet. Glücklicherweise ist nur ein verhältnißmäßig kleines Terrain von einigen Quadratkilometern der Vernichtung anheimgefallen.
- Die abgelaufene Woche ist am Rhein für den Kirschenhandel recht flau verlaufen. Die Preise sanken bis auf 3 - 5 Pfg. das Pfd. Die Züchter erwarten nur noch von den Knappkirschen einen Erlös, der ihre Arbeit in etwas lohnen wird. Es giebt in einzelnen Lagen noch eine so große Masse von Kirschen, daß man sie von den Bäumen abstreift, um das Beschädigen der Bäume durch Unberufene, namentlich die Handwerksburschen zu verhindern. In der Gemarkung des Moselortes Güls hängen allein noch 20 000 Zentner Kirschen auf den Bäumen.
- Der diesjährige deutsche Anwaltstag ist auf den 11. und 12. September nach Stuttgart berufen worden. Auf der Tagesordnung stehen u. a. folgende Gegenstände: Antrag des Vorstandes, betr. die schleunige Fertigstellung des bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich. Berichterstatter Justizrath Dr. Reetz=Gießen. - Besprechung über die Frage, ob und wieweit Beschränkungen der freien Advokatur zulässig sind. Berichterstatter Justizrath Dr. Pemsel=München und Justizrath Levy=Berlin. Reichsgesetzliche Ordnungen des Schreiberwesens etc.
- Das mit dem Schutze der deutschen Hochseefischerei beauftragte Kanonenboot "Brummer" hat abermals einen englischen Fischkutter eingebracht, der unberechtigt im Bann der deutschen Hochseefischerei seine Netze ausgeworfen hat. "Brummer" hat den Kutter nach Helgoland gebracht, wo dessen Fischer und Führer in Haft genommen und die Fanggeräthschaft beschlagnahmt worden sind.
- Der Staatsanwalt in Leipzig hat am Freitag gegen den Rittergutsbesitzer Crome in

[ => Original lesen: 1894 Nr. 54 Seite 8]

Wäldgen bei Grimma, der, wie schon gemeldet, unter dem Verdacht, seinen Stiefsohn, einen Fähnrich, ermordet zu haben, seit längerer Zeit in Leipzig inhaftiert ist, die Anklage wegen Mordes erhoben. Der große Aufsehen erregende Fall wird bereits in der nächsten Schwurgerichtssession zur Verhandlung kommen.
- Am Freitag Nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr ist unmittelbar an der Wannseebahn auf einem Fußweg zwischen Schöneberg und Friedenau bei Berlin eine Frauensperson ermordet worden. Auf das Hilfegeschrei der Ueberfallenen haben sich mehrere kaum 100 Meter vom Tatort entfernte Arbeiter auf die Stelle zugestürzt, haben aber leider den durch das Kornfeld enteilenden Mörder nicht mehr fassen können. Die Ermordete ist die etwa 35jährige Ehefrau Bertha Lange aus Schöneberg.
- Auf dem Walzwerk "Germania" bei Neuwied wurden wegen Mangels an Aufträgen 100 Arbeiter entlassen, darunter 20 Familienväter.
- Eine Gewerbezählung soll an die nächstjährige Volkszählung angeschlossen werden. Die letzte Berufsstatistik ist 1882 aufgenommen worden und ist deshalb jetzt nicht mehr brauchbar.
- Die Beschädigung von Wegweisern beurtheilt das Reichsgericht als Sachbeschädigung, worauf unter Umständen Gefängnis steht. Wie die "Harzer Monatshefte" berichten, hatte im letzten Sommer ein junger Mann in der Sächsischen Schweiz einen Wegweiser abgerissen und denselben an dem dazu gehörenden Pfahle so wieder angebracht, daß der Pfeil nach dem Erdboden zeigte. Der junge Mann wurde als Thäter ermittelt und vom Gerichte mit 8 Tagen Gefängnis wegen Sachbeschädigung bestraft, obgleich die Verteidigung die Sache als groben Unfug hinzustellen bemüht war. Der Angeklagte legte Revision ein und beantragte auch eventuelle Umwandlung der Gefängnisstrafe in eine Geldstrafe. Das Reichsgericht in Leipzig als letzte Instanz, hat nunmehr eine Entscheidung dahin getroffen, daß das Vergehen nicht als grober Unfug, sondern als Sachbeschädigung aufzufassen sei und es bei dem ersten Urtheile verbleiben müsse.
- Das Personal der päpstlichen Druckerei in Rom wurde plötzlich entlassen, weil Korrekturbogen der letzten Enciklika acht Tage vor dem amtlichen Erscheinen derselben in den Besitz der französischen Presse gerieten, die daraus einen fast wörtlichen Auszug veröffentlichte.
- Reifegrad des Getreides. Es werden viererlei Reifegrade des Getreides unterschieden: 1. die Milchreife, 2. Gelbreife, 3. Vollreife und 4. Todreife. Die Halmfrüchte sollen in der Gelbreife geschnitten werden; es läßt sich dieselbe daran erkennen, daß das Innere der Körner schon eine festere wachsartigere Beschaffenheit angenommen hat und nicht mehr milchig ist. Es genügt nicht, den Eintritt der Gelbreife bloß nach dem Aussehen der Halme bestimmen zu wollen, sondern dieselbe muß durch Untersuchung der Körner festgestellt werden. Hierzu nehme man aus der Mitte mehrerer schönen Aehren, die auf verschiedenen Stellen des Feldes gewachsen sind, je ein vollkommen ausgebildetes Korn und schneide dieselben mit einem scharfen Messer quer durch. Zeigt sich alsdann unter der Schale besonders aus der Lösungsstelle der Körner ein grünlicher Streifen nicht mehr, so ist das ein sicheres Zeichen, daß die Gelbreife eingetreten ist. In der Vollreife läßt sich das Korn wohl noch biegen, aber nicht mehr brechen; es ist hart und der Halm gelb. Die Todreife zeigt weiße, spröde Halme; der Samen ist vollständig hart und fällt beim Wind und anderer Bewegung besonders bei Roggen, Weizen usw. zum Theil aus. Die günstigste Zeit zur Ernte liegt zwischen Gelb= und Vollreife. Man erhält da einen Samen, der hart wie Glasperlen wird, rauschend durch die Finger gleitet und prächtiges und reichliches Mehl liefert. Auch das Stroh ist aus dieser Periode am werthvollsten. Wartet man, wie aus Unkenntnis so oft geschieht, bis zur Vollreife oder gar zur Todreife (auch Häklesreife genannt, weil die Aehren krümmen), so erhält man einen "Kern ohne Griff," lahm und weich, auch ist bis dort fast aller Unkrautsamen zum Nachtheil des Ackers reif ausgefallen. Darum im eigenen Interesse frisch auf zum rechtzeitigen Schnittergeschäft.
- Als Schutz der Pferde vor Fliegen gab ein Landwirth mit Erfolg in ein Gefäß einen halben Liter Wasser, mischte ungefähr 20 Gramm Karbolsäure, ließ damit dem Thier die zerstochenen Stellen abwaschen und fand, trotzdem das Thier den ganzen Nachmittag angestrengt wurde und schwitzte, daß die Fliegen nunmehr fern blieben, weshalb dieses einfache Mittel als erprobt, Pferdebesitzern bei ähnlichen Fällen bestens empfohlen werden kann.


- In dem Augenblick, daß Herr Casimir=Perier das ihm von der Nationalversammlung übertragene Amt antritt, ist es von Interesse, Näheres über das Gehalt des französischen Staatsoberhauptes zu erfahren. Das Interessanteste daran ist gewiß der Umstand, daß die Bezüge des Präsidenten der Republik weder durch die Verfassung noch durch ein Gesetz bestimmt sind; sie werden einfach alljährlich im Budget aufgeführt. Das Gehalt ist seit dem Finanzgesetze vom 16. Sept. 1872 unverändert geblieben, nämlich 600 000 Frks. jährlich, die Repräsentations= und Reisekosten wurden 1873 von 162 400 Franks auf 300 000 und 1876 auf die jetzige Ziffer von 600 000 Franks erhöht. Herr Casimir Perier bezieht demnach jährlich 1 200 000 Franks, die ihm monatlich in 2 Anweisungen von je 50 000 Franks ausgezahlt werden. Gleich allen anderen Staatsbeamten bezieht der Präsident der Republik sein Gehalt erst von dem Tage an, da seine Wahl im "Journal Offiziell" veröffentlicht wurde, vom 28. Juni. So wurden dem Präsidenten am 30. Juni für die ersten 3 Tage seiner Amtswirkung 9999 Frks. 90 Centimes ausgezahlt. Allerdings werden dem Präsidenten der Republik keine Gehaltsabzüge für die Pensionskasse gemacht. Die ehemaligen Zivillisten waren:
Am 26. Mai 1791 bewilligte die Nationalversammlung dem König und dessen Hausstaat eine Zivilliste von 25 Mill., welche die gesetzgebende Verfassung am 10. August 1792 wieder aufhob; erst der Konvent genehmigte wieder das Prinzip einer Entschädigung für die Vertreter der ausübenden Gewalt. Die Verfassung vom Jahre III setzte dieselbe auf eine höchst sonderbare Weise fest: In Art. 173 wurde das Jahresgehalt eines jeden Mitglieds des Direktoriums auf den Werth von 50 000 Myriagramm Weizen, 10 222 Zentner, wie der Gesetzgeber zum genaueren Verständnis beifügte, bestimmt und überdies angeordnet, daß die 5 Direktoren auf Kosten der Republik in einem und demselben Gebäude ihre Wohnung finden sollten. Die Verfassung vom Jahre VIII führte wieder die Besoldung des ersten Konsuls in klingender Münze, 500 000 Franks, ein und setzte die Bezüge der beiden anderen Konsuln auf je 3 Zehntel derjenigen des ersten an. Artikel 15 des Senatskonsultum vom 28. Floreal des Jahres XII, welches das Kaiserreich gründete, führte wieder die Zivilliste vom 26. Mai 1791 ein. Unter der Restauration stieg die Zivilliste auf 32 Millionen, sank aber unter der Juli=Monarchie auf 13 Millionen herab. Die Revolution von 1848 warf natürlich alles das wieder über den Haufen, General Cavaignac erhielt als Oberhaupt der ausübenden Gewalt 120 000 Franks zuerkannt, allein die Verfassung vom 4. Nov. setzte das Gehalt des Präsidenten der Republik auf 600 000 Franks an und bezeichnete den Elysee=Palast als die ihm zustehende Residenz. Die Höhe der Repräsentationskosten wurde dem Gutachten der Kammern überlassen, vom 12. März 1849 aber wurden 600 000 Francs festgesetzt. Der Präsident bezog also vor dem Staatsstreich ebenso viel wie Herr Casimir Perier, Napoleon III. aber wieder 25 Millionen jährlich.
Von anderen Staatsoberhäuptern bezieht der Präsident der Schweiz am wenigsten 13 500 Frks., indes der Hofstaat der Königin Viktoria bei einer Zivilliste von nur 385 000 Pfund Sterling nicht weniger als 50 Mill. Frks. kostet. Der König von Griechenland hat nur 100 000 Frks. mehr als Herr Casimir Perier, nämlich 1 300 000 Frks., der König von Dänemark doppelt so viel, der König von Schweden 6 1/2 Millionen, der König von Portugal 3,8, der König von Spanien und die Königin=Regentin 7,450, der König von Italien 14 1/4, der König von Preußen 15 719 296, der Kaiser von Oesterreich 23,325 Millionen.


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