No. 53
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 10. Juli
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 53 Seite 1]

Ueber das Beschwerdewesen im deutschen Heere

waren seit Jahrzehnten keine neuen umfassenden Bestimmungen getroffen worden. Namentlich im Zusammenhang mit den Erörterungen über Maßregeln wider den Mißbrauch der Dienstgewalt hatten die zuständigen Stellen ihr Augenmerk auf gewisse Mängel des Beschwerdewesens gerichtet, und auch im Reichstag war die Angelegenheit wiederholt berührt worden. Nach eingehenden Erhebungen hat nunmehr der Kaiser im Armeeverordnungsblatt "Die Bestimmungen über die Beschwerdeführung der Personen vom Feldwebel abwärts" veröffentlichen lassen.
Die Hauptvorschrift lautet: "Es ist jedem Soldaten, welcher glaubt, daß ihm durch vorschriftswidrige Behandlung, durch Vorenthaltung geldwerther Gegenstände oder aus einem anderen Grunde Unrecht zugefügt sei, sei es von einem der Vorgesetzten oder Kameraden, gestattet, sich zu beschweren. Die Beschwerde ist dem Compagniechef unmittelbar und mündlich vorzutragen; richtet sie sich gegen diesen selbst, so ist Sie bei dem nächstältesten Officier anzubringen." Jeder, der beim Heere gedient hat, begreift sofort die große Wichtigkeit der hierin enthaltenen Neuerungen.
Zunächst fällt in die Augen, daß die Beschwerden auch gegen Kameraden gerichtet werden können. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß in sehr zahlreichen Fällen vielbeklagte Mißhandlungen von älteren mit dem Dienst völlig vertrauten Leuten gegen junge und unbehülfliche Soldaten begangen worden sind. Die neue Vorschrift dient zum Schutze der jungen Soldaten; sie soll ihm von vornherein das Bewußtsein einflößen, daß er mit älteren Kameraden völlig gleich steht und daß sich der Dienst nicht unter rohen Uebergriffen vollziehen darf.
Die zweite Neuerung betrifft den Instanzenweg. Bisher hatte der Soldat, der sich in seinen Rechten verletzt oder ungerecht behandelt glaubte, an den nächsten Vorgesetzten, der Gemeine also an seinen Unterofficier, zu wenden. Ueber den Erfolg seiner Beschwerde erfuhr er nichts, es sei denn, daß er selbst wegen falscher Beschwerdeführung zur Rechenschaft gezogen werden mußte. Künftig soll die Beschwerde unmittelbar an den Compagniechef diejenige Stelle also, welche selbst das größte Interesse an dem vorschriftsmäßigen Gange des Dienstes hat und dem die untere Disciplinargewalt anvertraut ist. Beim Compagniechef laufen alle Fäden der Compagnie zusammen, und der Ausspruch, daß uns fremde Nationen unsere Officiere und Unterofficiere nicht nachmachen können, trifft für keinen Grad mehr zu als für unsern Hauptmann und Rittmeister. Er bietet die beste Gewähr, daß jede Beschwerde sachlich und möglichst rasch erledigt werde, und er bekommt durch die Vorschrift ein neues Mittel in die Hand, den Charakter seiner Mannschaft und jedes Einzelnen noch genauer kennen zu lernen. Die Beschwerde wird mündlich geführt, der Compagniechef berichtigt, wo nöthig, sofort unrichtige Rechtsauffassungen oder Dienstauffassungen eines Beschwerdeführers; diesem muß die Entscheidung später dienstlich mitgetheilt werden.
In diesem Geiste ist die ganze neue Verordnung gehalten. Strenge Disciplin muß in jedem guten Heere sein. Aber ihr nothwendiges Gegenstück ist die Fürsorge von oben, daß jedem sein Recht werde und jede Ungerechtigkeit und unnöthige Härte nach Menschenmöglichkeit ausgeschlossen sei. Es ist in aller Erinnerung, daß etwa vor Jahresfrist in Schwerin beim Regt. 89 eine ganze Corporalschaft von einem ganz jungen Unterofficier unter grobem Mißbrauch seiner Dienstgewalt arg mißhandelt wurde. Man darf hoffen, daß solche Fälle in der Zukunft nicht mehr möglich sein werden, oder wenn sie doch vorkommen, umgehend strenge Bestrafung finden.


- Das deutsche Kaiserpaar ist nach einer herrlichen Fahrt durch den Hardanger Fjord in Odde eingetroffen. Das Wetter ist in Norwegen klar und warm und an Bord der "Hohenzollern" befindet sich alles wohl.
- Nach einem Telegramm der Hamb. Nachr. aus Christiania, wie Kaiser Wilhelm dem König Oskar drahtlich mittheilte, wird sich die Kaiserin von Drontheim mit der Bahn nach Christiania begeben, um sich dort an Bord der Kreuzerfregatte "Stein" nach Kiel einzuschiffen.
- Ueber die allgemeine politische Lage hat sich der Reichskanzler, wie der "Hamb. Corr." mittheilt, in einer Unterredung, die er in Kiel mit dem Oberbürgermeister Fuß hatte, sehr günstig geäußert.
- Zur Jesuitenfrage lassen sich die "Hamb. Nachr." aus Berlin berichten, daß dem Vernehmen nach der bayerische Antrag auf Wiederzulassung der Redemptoristen im Bundesrath zur Annahme gelangt sei. Dagegen sei der Centrumsantrag auf Aufhebung des Jesuitengesetzes bereits abgelehnt worden, oder seine Ablehnung stehe unmittelbar bevor.
- Zur Angelegenheit des Zeremonienmeisters v. Kotze, der nunmehr aus der Haft entlassen ist, theilt das "Kleine Journal" mit, das sorgfältig geführte Tagebuch v. Kotze's ergebe, daß dieser während seiner größeren Reisen die Schmähbriefe, soweit sie in diese Reisezeit fallen, garnicht geschrieben haben könne. Das genannte Blatt will demnächst die Einzelheiten einer infamen Mystifikation aufdecken, wodurch die für v. Kotze thätigen Elemente kürzlich nach Paris gelockt wurden.
- 240 Reisende, die von einer Exkursion nach dem Nordkap zurückkehren, werden Mitte Juli Berlin passieren und längere Zeit dort verweilen.
- Der Wachtposten, der in Stettin von einem Mann angegriffen worden war und dabei den Angreifer niedergestochen, ist zum Gefreiten ernannt worden. Die Untersuchung hatte ergeben, daß der Mann in berechtigter Abwehr gehandelt hat.
- In Nizza starb - wie es heißt, unter dem Eindruck der Schreckensnachricht von der Ermordung Carnots - ein Oheim Gambettas, der

[ => Original lesen: 1894 Nr. 53 Seite 2]

90 Jahre alte Michael Gambetta. Er war das letzte Mitglied der Familie des berühmten Staatsmannes, welche nunmehr erloschen ist.
- Im Verlauf der Untersuchung gegen den Mörder Carnots hat sich herausgestellt, daß ein Onkel Caserios im Irrenhaus gestorben ist, daß sich eine Tante desselben gegenwärtig im Irrenhaus befindet und daß sein Vater auch nicht im Vollbesitze seiner Geisteskräfte sei. Das Aktenmaterial wird am Montag an das Justizministerium eingereicht werden.
- Ueber den Eindruck, welchen die Botschaft Casimir Periers in der französischen Presse gemacht, treffen aus Paris Meldungen ein. Danach billigen die gemäßigten und konservativen republikanischen Blätter die Botschaft des Präsidenten, finden, daß durch sie ein großer Zug geht und heben besonders die auf die constitutionellen Rechte des Präsidenten bezügliche Stelle hervor. Die radicalen Blätter sehen aus den Worten der Botschaft die persönliche Gewalt hervorkommen.
- Eine Frage der strengen englischen Hofetiquette ist kürzlich geordnet worden, nämlich die Frage des "Vortritts" des Herzogs und der Herzogin von Coburg. Es ist bekannt, daß es die Herzogin von Edinburgh tief kränkte, als sie nach England kam, zu entdecken, daß sämmtliche Töchter der Königin den Vortritt vor ihr hatten. Die Herzogin setzte alles Mögliche dagegen in Bewegung, allein vergeblich. Jetzt sind der Herzog und die Herzogin von Coburg souveräne Fürstlichkeiten und haben bei Hoffestlichkeiten deshalb den Vortritt vor Jedem außer dem Prinzen und der Prinzessin von Wales, welche die Königin bei solchen Gelegenheiten vertreten. Die Königin ordnet dergleichen stets selber bis in die kleinsten Einzelheiten. Im Frühling ordnete sie an, daß bei Hofbällen und Hofconcerten die Prinzessin von Wales und die Herzogin von Coburg Seite an Seite an der Spitze der Damen in den Saal schreiten sollten und ebenso der Prinz von Wales und der Herzog von Coburg an der Spitze der Herren. Und so geschah es denn auch bei den kürzlich veranstalteten Hoffestlichkeiten.
- Wie die "Köln. Ztg." meldet, soll der Sohn des Herzogs von York mit Wasser aus dem Jordan getauft werden gleich allen Kindern der Königin. Kaiser Wilhelm und der König von Württemberg wünschen Taufzeugen zu sein.
- Nach einer Meldung der "Times" ist der Gesundheitszustand des Papstes derzeit weniger befriedigend. Der Papst habe einem Kardinal ein versiegeltes Packet übergeben, das nach seinem Tod zu öffnen sei. Man glaubt, es enthalte seinen letzten Willen.
- Der "World" zufolge würde der englischen Regierung die Abreise des Zarewitsch willkommen sein, da die Vorsichtsmaßregeln zu seinem Schutz eine außerordentliche Verantwortung auferlegten. Er werde wahrscheinlich infolge des Lyoner Attentats statt über Darmstadt und Kopenhagen direkt mit der kaiserlichen Yacht nach Petersburg zurückkehren.
- Die Legung des dritten atlantischen Kabels der Commercial Cable Company ist am Montag durch die Gebrüder Siemens in London glücklich zum Abschluß gebracht worden.
- Am Dienstag abend wurde Wiener Neustadt von einem furchtbaren Gewitter, verbunden mit einem intensiven Hagelregen heimgesucht. In wenigen Minuten glichen die Straßen und Gäßchen tosenden Wildbächen, welche die ebenerdigen Wohnungen und Geschäftslokale unter Wasser setzten. Es fielen haselnußgroße Hagelstücke. Die Gemüsegärten, die Saatfelder und die Obstbäume haben stark gelitten. Die unaufhörlich niederzuckenden Blitzstrahlen schlugen vielleicht 20mal ein, ohne zu zünden, Auch die Singvögel und Rebhühner sind stark geschädigt, man fand viele Vögel tot. Es sind auch mehrere Unfälle zu verzeichnen. In den sog. Zehnerhäusern schlug der Blitz in eine Wohnung ein, wo eben eine Frau mit den Kindern am Tische saß. Sie wurden sämmtlich betäubt und fielen zu Boden; der Frau wurden die Kopfhaare versengt. Einem Kutscher wurde durch den Blitz der Schädel gespalten.
- Zwei in Prag des Hochverrats angeklagte Handelsschüler wurden zu 4 bezw. 5 Jahren schweren Kerkers verurteilt.
- Wie dem Nemzeti Ujsag aus Nyiregyhaka gemeldet wird, stürzte am Mittwoch bei der Ortschaft Mid eine große Fähre über die Theiß, auf welcher sich gegen 200 Personen befanden, um. Viele Personen sind ertrunken; die genaue Ziffer der Verunglückten ist noch nicht bekannt.
- Der überaus reiche, 44 Jahre alte Graf Gabriel Beniczky, Mitglied des Magnatenhauses in Pest, der als Ackerbauminister in Aussicht genommen war, hat sich durch einen Revolverschuß getötet. Ursache war ein amerikanisches Duell.
- Der Allan=Dampfer "Scandinavian", welcher in Greenock von Boston eingetroffen ist, berichtet, daß er auf der Fahrt mit einem Eisberge zusammengestoßen sei, wobei nicht nur das Schiffszeichen und der Bugspriet weggerissen worden, sondern das Schiff auch ein großes Loch, vier Fuß über der Wasserlinie erhielt.
- Nun ist auch in Kronstadt die Choleraepidemie ausgebrochen. Vom 8. bis 15. Juni sind 12 erkrankt und 5 gestorben Der Militärgouverneur von Kronstadt hat weitgehende Maßregeln zur Unterdrückung der Epidemie getroffen. Das Gouvernement Kielce ist auf Verfügung des Ministers des Innern für choleraverdächtig erklärt worden.
- Aus Riga wird gemeldet, daß die Cholera auch in Riga amtlich festgestellt ist.
- Fünf Personen, welche gelegentlich der vor einigen Wochen entdeckten nihilistischen Verschwörung verhaftet waren, wurden kürzlich nachts im innern der Paulsfestung zu Petersburg aufgeknüpft. Der Hinrichtung wohnten nur einige Polizisten bei. Drei gleichfalls zum Tode verurtheilte Damen wurden vom Kaiser zu lebenslänglicher Verbannung begnadigt und sind bereits nach Sibirien transportiert worden; sie waren gefesselt und wurden zugleich mit 20 anderen Verschworenen, die zu längerer Zwangsarbeit in den Bergwerken verurtheilt sind, fortgeschafft.
- Die Erdolchung eines Anarchisten wird aus Italien gemeldet. In Empoli (Provinz Toskana) wurde ein Anarchist namens Pucci, der von der anarchistischen Sekte abgefallen war, von seinen bisherigen Parteigenossen erdolcht.
- In dem streitigen Gebiet von Cunami an der Grenze von Französisch=Guayana und Brasilien sind, wie die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" mittheilt, überraschende Funde von Goldstaub gemacht worden. Zuerst haben 6 Neger aus Cayenne im Zeitraum von wenigen Wochen 100 Kilogramm gefunden. Dann sind auch von anderen Leuten Funde gemacht worden. Natürlich hat die Nachricht von diesen Funden ein ungeheures Zuströmen von Menschen nach diesem Gebiet veranlaßt.
- In der Schweizer Güterhalle zu Konstanz wurden am Sonntag abends mit Arsenik vergiftete Salatköpfe ausgelegt, um die Ratten zu vergiften; am andern Morgen waren die Salatköpfe weg, aber nicht von Ratten gefressen, sondern von Dieben gestohlen. Die Schelle der Polizeidiener und die Dampfpresse der Lokalzeitung arbeiteten nach der "Neck.=Zeitung" um die Wette, um die Spitzbuben vor Selbstmord zu behüten.
- Vor einigen Tagen wurden einige reisende Kaufleute in dem Dorfwirthshause zu Vitanovec (Serbien) von einer aus 6 Mann bestehenden Haidukenbande gründlich ausgeplündert. Einem österreichischen Viehhändler, namens Schneber, wurden 4000 Franks und eine goldene Uhr nebst Kette geraubt. Die betr. Gegend galt sonst stets als besonders sicher, auch ist es seit vielen Jahren das erstemal, daß Haiduken sich an einen Ausländer heranwagten.
- Der größte Silberklumpen, den je ein Bergwerk geliefert, ist kürzlich in der sog. Smugglers Mine in Aspen, Colorado, zu Tage gefördert worden. Dort stießen dieser Tage die Bergleute auf einen gewaltigen Erzklumpen und als sie ihn näher besichtigen, fanden sie, daß es ein gewaltiger Block von fast reinem Silber sei. Nach beträchtlicher Arbeit gelang es endlich, den riesigen Erzklumpen, der ein Gewicht von 3300 Pfund hatte und ein Capital von 25 000 Dollars repräsentirt, an die Oberfläche zu schaffen. Es ist das größte Stück beinahe ganz reinen Silber, von dem man jemals gehört hat und stellt den vor einigen Jahren in der Gibson=Mine daselbst gefundenen Silberklumpen von 300 Pfund vollständig in den Schatten.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 53 Seite 3]

- Ueber die Lebensweise der Walfische hat Prof. Möbius, der Direktor der Berliner zoologischen Sammlung des Naturkunde=Museums, in der jüngsten Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde einen interessanten Vortrag gehalten. Die Kenntniß dieser Tierarten habe eine wesentliche Bereicherung durch eine Entdeckung des skandinavischen Forschers Prof. Guldberg erfahren, welcher feststellte, daß bei dem Embryo, wenn er noch eine Länge von nur einigen Zentimetern hat, aus dem Körper hervorragend kleine Beine zu sehen sind, die sich indessen bis zur Geburt wieder vollständig zurückbilden. Diese Organe deuten auf ihre Abstammung von Landsäugethieren hin. Daß die Walfische warmes Blut besitzen, dafür habe der Redner selbst einen sehr deutlichen Beweis aus dem Munde des Führers eines Zollkreuzers erhalten. Am 26. Juni 1881 wäre auf einer Sandbank zischen Föhr und Sylt ein Walfisch gestrandet, den die Mannschaft des Zollkreuzers entdeckt habe. Um ein Entrinnen des Thieres zu vermeiden, hätten die Seeleute ihm den Schwanz mit Beilen abgeschlagen. Der Blutstrom, der aus dem verstümmelten Körper hervorschoß, habe den Führer des Zollkreuzers getroffen und sei heiß gewesen. Diesen Walfisch hat der Redner für das Kieler Museum erworben. Nach einer Legende, welcher bis in die neueste Zeit hinein von Gelehrten Glauben geschenkt worden sei, stießen die Walfische aus ihren Nasenlöchern Wasser aus. Daß dies nicht möglich sei, lehre eine anatomische Untersuchung der Thiere; es handle sich vielmehr bei den in die Höhe aufsteigenden Strahlen um eine Dampfsäule, die entstehe, wenn der Walfisch die verbrauchte warme Luft in die kalte, feuchte Atmospäre ausstoße. Von den Mengen von Seethieren, die zur Ernährung dieser riesigen Thiere dienen müßten, erhält man eine Vorstellung, wenn man hört, daß in dem Magen eines Finnwales 600 große Dorsche, in dem Magen eines anderen Walfisches 12 hl kleiner Krebse gefunden wurden. Sehr bedauerlich sei es, daß man in neuerer Zeit zur Erlegung der großen Walfischarten Dynamitgeschosse verwende; wenn man diesen Vernichtungskampf fortsetze, dann würden diese Giganten des Meeres wohl in nicht allzuferner Zeit aussterben und nur noch in den Sagen und in den Büchern der Wissenschaft fortleben. Unter den Walfischbarten, die Geh. Rath Möbius vorzeigte (wundervolle Filtrirapparate" nannte er sie, mit denen die Thiere ihre Nahrung aus dem Wasser herausfischen) befand sich einer von seltener Größe und Schönheit.
- Nutzen der Schwalben. Ein Schwalbenpaar ist täglich sechzehn Stunden in Bewegung und jede Schwalbe atzt durchschnittlich in der Stunde ihre Jungen zwanzigmal, beide Eltern sind somit sechshundert mal beim Nest. Da nun jede der alten Schwalben jedesmal 10 bis 20 Insekten bringt, so vertilgt ein Schwalbenpaar mindestens 6400 Insekten. Zur eigenen Nahrung brauchen die Alten 600 Mücken und Fliegen, sodaß durch eine Schwalbenfamilie täglich 7000, monatlich 210 000 schädliche Insekten vertilgt werden. Brauchen die Alten im ersten Monat, wenn sie allein sind, 30 000 Insekten, so kommen auf den ganzen Sommer für eine Schwalbenfamilie von 7 Köpfen 576 000 Insekten. Nisten sich in einem Dorf auch nur 100 Schwalben an, so würden diese mit ihrer Nachkommenschaft in einem Sommer über 57 Millionen Insecten verzehren.


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Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Rabensdorf sub Nr. 4 belegene Büdnerstelle c. p. des Büdners Heinrich Busch daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Dienstag, den 14. August d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidations=Termin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit ihren dinglichen Rechten und Ansprüchen sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 29. Mai 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Bund der Landwirthe.

Diejenigen Mitglieder des Fürstenth. Ratzeburg, welche ihren Beitrag pro 1894 noch nicht bezahlt haben, werden ersucht, denselben bei dem Unterzeichneten abzuliefern.
Stove, 3. Juli 1894.

                                                    Der Vors. d. Bezirk Schönberg.
                                                    Kaiser.


Durch Zufall ist die

Büdnerei

zu Schlagbrügge billig zu verkaufen oder auch zu verpachten. Grundzins ist nicht bei der Büdnerei.

Schlagbrügge.                                                     H. Teut, Büdner.


Zum 24. October suche ich ein                          
tüchtiges Mädchen
für Küche und Hausarbeit gegen guten Lohn.                                                    
                                                    Frau Gerichtsrat Horn.


Habe noch eine kleine                          
Wohnung
zu Michaelis d. J. zu vermiethen.                                                    
                                                    Rud. Lange, Schneidermeister.


Erxleben,
pract. Thierarzt
zurückgekehrt.
Ratzeburg, im Juni 1894.                                                    


Geschäfts=Uebernahme.

Einem geehrten Publikum Schönberg's und der Umgebung zur Nachricht, daß ich meines Vaters Geschäft übernommen habe. Ich bitte höflichst, das meinem Vater geschenkte Vertrauen auch auf mich übertragen zu wollen, indem ich saubere und gute Arbeit bei soliden Preisen verspreche.

Hochachtungsvoll                          
                                                    Th. Rütz, Maler.


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Heinr. Mack,
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Apotheker Montag.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 53 Seite 4]

Zuckerfabrik Grevesmühlen.
--------------------

Nach Beseitigung der bisher entgegenstehenden Hindernisse wird zur endgültigen Constituierung der Gesellschaft

Zuckerfabrik Grevesmühlen
eine
Versammlung
auf Dienstag, den 10. Juli d. J., Nachmittags 3 Uhr,
im Hotel zum Großherzog in Grevesmühlen

anberaumt, zu welcher alle Interessenten des Unternehmens eingeladen werden.
Vertreter müssen durch eine gerichtlich oder notariell beglaubigte Vollmacht legitimirt sein.

---------------------
Verhandlungs= Gegenstände:

1) Berichterstattung der Committe.
2) Berathung und Beschlußfassung über die Statuten der Gesellschaft.
3) Wahl des Vorstandes und des Aufsichtsraths.
4) Abschluß eines Darlehnsvertrages mit der Großherzoglichen Verwaltung des Domanials=Capitalfonds.
Grevesmühlen, den 1. Juli 1894.

Die Committe.
A. Pelzer.       C. R. Keding-Gr. Walmstorf.       Chr. Callies.       A. Lueder-Redewisch.
Rusch-Schmachthagen.       Gans-Gr. Krankow.       Borgwardt-Gressow.       Ehlers-Stellshagen.


Einem geehrten Publikum Schönberg's und Umgegend zur gefl. Nachricht, daß ich zum 15. September d. J. anderer Unternehmungen halber mein

PHOTOGRAPHIE-ATELIER

hier am Platze aufzugeben beabsichtige.
Bitte daher meine geehrten Kunden, welche die Absicht haben, sich noch photographieren zu lassen, höflichst, recht baldigst bei mir vorzukommen.
Sämmtliche Bilder werden in bekannter sauberster Ausführung unter Garantie geliefert.

Landschafts=Gruppen= und Gebäude=Aufnahmen billigst.
Schönberger Ansichten sind bei mir zu haben.                                                    
                          
Hochachtungsvoll
Th. Liebert, Photograph.


1 Paar wenig gebrauchte, So gut wie neu, höchst elegante

Geschirre

sind preiswürdig zu haben bei

                                                    H. Bockwoldt, Sattler.


Reisigbesen
empfiehlt billigstens                                                     Aug. Spehr.


Glas= u. Crystall=
waaren

In größter Auswahl eingetroffen, darunter sehr viele Neuheiten.

                                                    Rud. Tietgen.


Empfehle:

ff. Thran zum Sielen schmieren.

Wird von vielen Landwirthen als sehr selten an Qualität gelobt und empfohlen. Zugleich empfehle Wagenfett, Maschinenöl, Wagen= und Steinkohlentheer billigst

                                                    Max C. Sass.


Bahnhofs-Restaurant.

Während der Königschußtage empfehle:

Speisen:

Kükenbraten, Kalbsbraten, Gulasch, Aal in Gelee, Hummer, Krabben, verschiedene Butterbrote mit feinem Belag und Erdbeermehlspeise.

Getränke:

Pschorrbräu, Rostocker Lagerbier, Grätzer Bier und Erdbeerbowle,

wozu ergebenst einladet                          
                                                    F. Richter.


Wenn Betheiligung vorhanden, werde ich vor dem Siemzerthore, im Langenkamp und auf dem Osterfelde, mit der Dampfdreschmaschine dreschen; ich bitte Interessenten sich vorher mit mir zu besprechen.

                                                    Chr. Egert.


Dem hochverehrten Publikum von Schönberg und Umgegend zur gefälligen Nachricht, daß ich, meinem Versprechen gemäß, bestimmt mit meinem Ensemble im Monat August eintreffen und den Novitäten=Cyclus absolviren werde. Alle gegentheiligen Behauptungen sind unbegründet.

Hochachtungsvoll                          
                                                    Alex. Weymann, Theaterdirektor.


Verloren vom Bahnhofe bis zum Markt einen Spazierstock mit weißem Griff und weißer Pinne. Abzugeben gegen Belohnung Marienstraße 57, 1. Etg.


Sophie Heinrich.
Friedrich Schmidt.
Verlobte.
Schönberg i. M.                                                     Eckernförde i. Schl.=Hlst.


Für die vieler Gratulationen und Glückwünsche zu unserer Hochzeit sagen herzlichsten Dank

                                                    Carl Woisin und Frau
                                                    geb. Holst.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 53 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 53 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 10. Juli 1894.


Der amerikanische Zuckerzoll.

Der drohende Verlust der bisherigen Zollfreiheit des Rohzuckers in den Vereinigten Staaten bedeutet für die deutsche Zuckerindustrie den Verlust eines wichtigen Absatzgebietes. Wir lesen in der "Post" darüber, was folgt:
In welchem Maaße unsere deutsche Zuckerindustrie an der Frage des amerikanischen Zuckerzolls interessirt es, mag daraus ersehen werden, daß im abgelaufenen Jahr die deutsche Zuckerausfuhr nach den Vereinigten Staaten auf ungefähr 33 Millionen Mark sich beziffert hat. Im vorhergegangenen Jahr hatte dieselbe allerdings nicht ganz 10 Millionen, 1891 dagegen 38 Millionen Mark betragen. Diese Zahlen stellen nur den directen Versand nach den Vereinigten Staaten dar; es gehen aber außerdem noch größere Mengen deutschen Zuckers über England, sodaß der Antheil Deutschlands an dem Zuckerimport der Union noch ein wesentlich größerer sein dürfte. Die Rübenzucker=Industrie der Vereinigten Staaten steckt noch in den Kinderschuhen, denn es giebt nur erst sieben Fabriken im ganzen Lande, die sich mit der Rübenzuckercultur befassen. Allerdings hat die Production in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht. Während 1887 erst 600 000 Pfund Rübenzucker in den Vereinigten Staaten erzeugt wurden, hat die Production der gedachten sieben Fabriken im abgelaufenen Jahre 43 648 797 Pfund betragen Der jährliche Zuckerverbrauch in den Vereinigten Staaten wird auf 2 000 000 short-tons veranschlagt; die Gesammtproduktion aller Zuckerarten (Zuckerrohr, Ahornzucker und Sorghum) beträgt aber nur ungefähr 300 000 short-tons. Daraus folgt, daß erst kaum ein Sechstel des gesammten Bedarfs in den Vereinigten Staaten selbst erzeugt wird. Wegen des beschränkten Flächenraumes, der im Gebiet der Union für den Bau des Zuckerrohres geeignet ist, dürfte kaum zu erwarten sein, daß selbst unter den günstigsten Verhältnissen die Zuckerrohrproduction in Louisiana, Texas und Florida weit über 1 000 000 Tonnen hinausgehen werde. Es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn man der Entwickelung der einheimischen Rübenzucker=Industrie das größte Interesse zuwendet und, um die ausländische Concurrenz abzuwehren, Schutzzölle einführen will. Bei Gewährung des deutschen Vertragstarifs vom 1. Februar 1892 an die Vereinigten Staaten ging die Reichsregierung von der Voraussetzung aus, daß der preußisch=amerikanische Handelsvertrag vom 1. Mai 1828, durch welchen den beiderseitigen Boden= und Industrieerzeugnissen Meistbegünstigung zugesichert wird, noch in Kraft sei. Bekanntlich hatte der Bundesrath auf Grund dieses Vertrages dem amerikanischen Import schon vor 1892 das Recht der Meistbegünstigung zugestanden. Als Aequivalent für die Zugeständnisse Deutschlands im Jahr 1892 ist zwar dem deutschen Rohzucker beim Eingang in die Vereinigten Staaten Zollfreiheit gewährt, eine Bindung dieser Zollfreiheit aber weder verlangt noch bewilligt worden.
Die Einführung des in der neuen amerikanischen Tarifbill vorgesehenen Differentialzolls auf deutschen Zucker würde also im Widerspruch gegenseitig eingeräumten Meistbegünstigung stehen. Schon durch die Aufhebung der bisherigen Zollfreiheit für Rohzucker fällt die Voraussetzung fort, unter welcher Deutschland den Produkten der Vereinigten Staaten die Zollermäßigungen seines 1892er Vertragstarifs zugestanden hat. Es fragt sich, ob die Einführung des Differentialzolls nicht Deutschland von seinen gegen die Union eingegangenen Verpflichtungen entbinden würde.


- Schönberg. Am 7. Juli wurde vor Großh. Amtsgericht die Schulzenstelle zu Schl. Resdorf mit Zubehör und den Saaten öffentlich meistbietend verpachtet. Am Meistgebot blieb der Hauswirth Hecht=Schlag Resdorf mit 1260 M. Die Stelle ist ca. 20 000 []Ruthen groß.
- Den seltenen Fall, die silberne Hochzeit zum zweiten Mal feiern zu können, erlebte dieser Tage der Heilgehülfe Götterson in Berlin. Als junger Mann von 23 Jahren heirathete G. 1843 zum ersten Male, nachdem er mit dieser Frau im Jahre 1868 die silberne Hochzeit gefeiert, starb dieselbe im März j. J. Am 8. Juli 1869 verheirathete sich G. zum zweiten Male, und feierte nun am letzten Sonntag zum zweiten Mal die silberne Hochzeit.
- In der Sonnabendnacht wurde in Danzig ein Unterofficier des Grenadier=Regiments König Friedrich I. von einer Patrouille, die ihn auf einer Urlaubsüberschreitung betraf, und welcher er entlief, erschossen.
- Dem Vernehmen der "M. P.=C." zufolge sollen vom 1. Okt. 1894 ab alljährlich 10 ältere Lieutenants der Infanterie, Cavallerie und Artillerie je für die Dauer eines Jahres zur Luftschiffer=Abtheilung commandirt werden.
- Ein alte Herrenriege entsendet der Schönhauser Thor=Bezirk des "Berliner Turnrath" nach dem am 20. Juli d. J. zu Breslau stattfindenden Turnfest. Dieselbe besteht aus 10 alten Turnern, von denen der jüngste 40, der älteste 72 Jahre alt ist. Sie wird Uebungen am Barren unter Leitung des Turnwarts Vogel ausführen.
- Die Verpflegung der Truppen im Manöver wird infolge einer neueren Verfügung eine wesentliche Aenderung erfahren. Bisher gab es zwei Arten der Verpflegung: entweder die Gemeinde erhielt für die Beköstigung ihrer Einquartierung die volle Marschverpflegungsgebühr, d. i. 80 Pf. bis 1 M. pro Mann und hierfür mußte der Wirth den Soldaten einen Tag vollständig verpflegen oder die Verpflegung wurde durch die Manövermagazine geregelt. In diesen wurde geschlachtet, gebacken, Kaffee, Reis, Erbsen, Linsen, Bohnen, Fleisch, Brot usw. an die besonderen Lieferungsempfänger einer jeden Compagnie ausgegeben. Diese brachten nun die Bedürfnisse oft 3 - 4 Stunden weit in die Quartiere, wo dann getheilt wurde; erst hiernach konnte die Zubereitung von Statten gehen. Es ist begreiflich, daß das die Beköstigung der Mannschaften oft ungemein verzögerte. Zur Vermeidung dieser Widerwärtigkeit soll nun fortan, wo es angängig ist, von der Magazinverpflegung abgesehen werden und allenthalben dem Quartierwirth die Verpflegung überlassen bleiben. Als Vergütung wird hierfür der Geldwerth der bisher gelieferten Magazinportionen gewährt.
- Am Montag sind bei Altona während einer Felddienstübung vom 31. Infanterie=Regiment nahezu 50 Soldaten bei der herrschenden furchtbaren Hitze umgefallen. Sie wurden sämmtlich krank ins Garnisonlazarett überführt.
- Bei dem Gastwirth Pawikowski in Stettin war seit etwa einem Monat die unverehelichte Helene Freitag, auch Marschall genannt, in Dienst. Dieser Tage ging das Mädchen mit einem 13 Monate alten Kinde ihrer Herrschaft aus und ist seit dieser Zeit mit dem Kinde verschwunden. Daß es sich nicht etwa um einen Unglücksfall handelt, beweist der Umstand, daß das Mädchen, wie sich herausgestellt hat, ihre Herrschaft um 200 Mark und eine goldene Damenuhr bestohlen hat. Alle Nachforschungen nach dem Verbleib des Mädchens mit dem Kinde waren bisher erfolglos.
- Der oberschlesische Pfarrer Dr. Dzierzon, der allbekannte Imker, der bereits im 84. Lebensjahre steht, feiert in diesem Jahre sein 50jähriges "Imkerjubiläum."
- Der diesjährige deutsche Anwaltstag ist auf den 11. u. 12. September nach Stuttgart einberufen worden.
- Mit dem Roggenschnitt hat man jetzt in der Umgegend Berlins begonnen. Die lange Regenperiode hat Brandenburg keinen Schaden zugefügt, die Entwickelung der Halme und Aehren ist groß=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 53 Seite 6]

artig vorgeschritten. Die gleiche Meldung geht aus den Reichslanden und Ostpreußen ein, wo mit dem Getreideschnitt in 8 bis 14 Tagen begonnen wird.
- Eine interessante Eigenschaft des neuen Präsidenten der französischen Republik ist noch von keiner Seite berührt worden. Casimir Perier spricht nämlich nicht nur geläufig deutsch, er beherrscht die Sprache schon aus seinen Kinderjahren und das kommt daher, daß sein Jugendlehrer und Erzieher ein Deutscher Namens Dr. Struwe war. Dr. Struwe, ein Hannoveraner von Hause, lernte den Vater des jetzigen Präsidenten zur Zeit seiner Anwesenheit als Gesandter in Hannover um die Mitte der Vierziger Jahre kennen. Als Casimir Perier 1846 seinen Posten in Hannover verließ, nahm er Dr. Struwe mit nach Paris, in seinem Palais wohnte auch der Deutsche und leitete später einen großen Theil der Erziehung des jungen Casimir Perier. Personen, die mit Struwe und dem jungen Casimir Perier zu verkehren Gelegenheit hatten, behaupten, der Ernst und die Festigkeit des Charakters Casimir Perier rühre nicht zum kleinsten Theil von dem Einfluß seines deutschen Lehrers her.
- Die russische Kirchenmusik unterscheidet sich ganz bedeutend von der unseren. Kein Weib darf in einer russischen Kirche singen. Sopranpartien sind daher sehr selten und werden vorkommenden Falles nur von Knaben gesungen. Auch den Tenören ist meist nur ein kleiner Part eingeräumt, wogegen die Bässe alles beherrschen. In Petersburg giebt es denn auch ein Institut, in dem nur Baßsänger für die Kaiserliche Capelle heran gebildet werden. Schon bei den Knaben im jugendlichsten Alter wird auf die Tiefe der Stimme hingearbeitet und so ist es kein Wunder, daß russische Sänger oft um eine Oktove (?) tiefer reichen, als unsere besten Bassisten. Vor einigen Wochen ließ sich ein Sänger aus Tobolsk in Petersburg hören, der sofort für die Kasan=Kirche engagiert wurde und bei dessen Stimme nach russischen Berichten "die Herzen Aller erbebten und die Thüren der Kirchen von selbst aufsprangen."
- Ein Versprechen seines Großvaters hat jüngst der Kaiser einzulösen Gelegenheit gehabt. Im Feldzuge 1870/71 wurde der Soldat Gödelt schwer verwundet und lag im Lazarett, als der Kaiser in Begleitung des Kronprinzen, späteren Kaisers Friedrich dasselbe besucht. Beide kamen auch an Gödelt's Bett. Während der Kronprinz diesem das Kopfkissen zurecht rückte, damit er besser liege, sprach ihm der Kaiser Trost zu und sagte schließlich: Wenn Du wieder gesund bist und brauchst einmal Hilfe, wende Dich an mich, mein Sohn!" Gödelt genas und hat natürlich das kaiserliche Wort nie vergessen. Nach dem Kriege erhielt er eine Anstellung als Gefangenen=Aufseher an der Strafanstalt (Zuchthaus) Sagan. Vor 2 Jahren starb er, doch schärfte er vor dem Tode seiner Ehefrau ganz besonders ein, falls sie mit den 3 Kindern in Noth gerade, möge sie sich vertrauensvoll an den Kaiser wenden, dieser werde das in Feindesland gegebene Wort seines Großvaters einlösen. Im Frühjahr d. J. starb auch die Frau, und nun waren die Kinder ganz verwaist. Zum Glück hatte sie sich kurz vor ihrem Tode mit einer Bittschrift an Kaiser Wilhelm gewandt und dabei an das seitens des Kaisers Wilhelm I. vor 24 Jahren gegebene Versprechen erinnert. Die 3 Kinder sind nunmehr auf Befehl des Kaisers in militärische Erziehungs=Anstalten untergebracht worden.
- Zehn Versicherungsgebote. Das erste Gebot: Du Sollst Dein Hab' und Gut, Haus und Hof und Alles, was Dein ist, gegen Feuerschaden und Blitzschlag versichern, denn: Brauch' vor Unglück Kopf und Hand, dazu gab Dir Gott Verstand! Das zweite Gebot: Du sollst nicht mehr versichern, als Du besitzt, denn das Versichern ist kein Geschäft, bei dem verdient wird, sondern nur Deine Pflicht, um Alles, was Du erworben, zu erhalten, und Erwerben ist ehrlich - erhalten ist schwer! Das dritte Gebot: Du sollst auch nicht weniger versichern, als Du besitzest, denn es wird beim Brandunglück nicht vergütet, und: Wer viel verliert, bald Armuth spürt! Das vierte Gebot: Du sollst auch keine leichtfertigen Angaben bei der Versicherung machen, fordern Alles, was Dein ist, fein ehrlich und genau aufführen, damit Dir nach dem Brande kein Prozeß, noch üble Nachrede entstehe, denn: Ehrlich währt am längsten! Das fünfte Gebot: Du sollst auch Deinen Nachbar, Freund und Verwandten zur Versicherung anhalten und bereden, auf daß sie nicht in Schaden kommen und, durch Brandunglück verarmt, Dir zur Last fallen. Das sechste Gebot: Du sollst auch Deine Ernte gegen Hagelschlag versichern, auf daß Du ruhig in Deinem Kämmerlein schlafen magst, wenn Gott schwere Gewitter über Deine Fluren schickt; denn bedenke, daß eine verlorene Ernte Dich zum Bettler machen kann. Das siebente Gebot: Du sollst ebensowenig vergessen, sowohl Lebens= als Unfallversicherungen abzuschließen, denn so gewiß der Herr Dich jede Stunde von dieser Welt abberufen kann, sei es nun infolge einer Krankheit oder eines Unfalles, so da beim Gehen, Reiten und Fahren vorkommen, so gewiß ist Dein Leben noch ein kostbareres Gut, als Haus, Hof und Ernte, und dieses geht für Deine weinende Frau und Kinder verloren, wenn Du nicht weislich gesorgt hast, daß dasselbe soweit wie möglich zur Auszahlung der Lebens= und Unfallversicherungs=Summe ersetzt werde. Das achte Gebot: Du sollst keine Ausflüchte und anderen keine Hindernisse gegen all' diese Versicherungen bereiten, denn die so leichtsinnig sind und nicht versichern, trifft das Unglück am ersten, kein Mensch hat Mitleid mit ihnen. Das neunte Gebot: Du sollst Dir keine Ausrede ob der Ausgabe für die Versicherung machen, denn solche ist je nach Deinen Verhältnissen gering, und lege stets soviel zurück, als Du Schöpplein trinkest, so hast Du genug für alle Versicherung und pünktlich Pflicht erfüllt, heißt auch den Durst gestillt. Das zehnte Gebot: Du sollst die Ausgabe der Versicherung betrachten, wie solche für Essen und Trinken, und so gewiß Du Letzteres nicht aufschiebest, weil Du Hunger und Durst hast, so schiebe auch keine Versicherung auf, denn sie verschafft Dir Ruhe und Sicherheit, Trost und Hilfe.
- Ein Mittel gegen Ameisen. Oft erscheinen in Mistbeeten Ameisen als unliebsame Gäste. Wo sie einmal Fuß faßten, sind sie schwer zu entfernen. Ich wandte als Gegenmittel Petroleum an. Die Töpfe stehen auf einer Sandschicht, diese tränkte ich mit Petroleum. Es währte kaum fünf Tage und die Ameisen waren wieder da. Da fiel mir ein, daß man gegen Motten Kampferbeutel in den Taubenschlag hängt. Für 10 Pfg. in Stücke geklopft streute ich in die Ecken und in die Mitte des Beetes, die Fenster schloß ich. Um die Wirkung in der Hand zu haben, hob ich einen Topf aus dem Kasten und stellte ihn auf den Gartentisch. Ein Stück Kampfer wirkte schon in der Entfernung von zwei Fuß, direkt auf den Topfrand gelegt, brachte es eine wahre Panik hervor. In drei Minuten war alles gesäubert. Im Kasten gab es ein interessantes Bild. Bei dem geschlossenen Fenster war da in nur einer halben Stunde kräftige Kampferdunstluft. Es entspann sich nun ein Wettrennen von Ameisen - hinaus. Auch kamen träge Asseln zum Vorschein, die auch flohen; kleinere Insecten u. s. w. alles nahm Reißaus. Ich war von dieser Wirkung wahrhaft verblüfft. Heute sind es vier Wochen her, daß ich Kampfer streute und nicht eine Ameise ist im Kasten. Die Kampferwirkung ist eine immense. Ich versuchte im Freien die Gänge der Ameisen durch Kampfer zu versperren, auch da dieselbe Erscheinung, sogar die großen rothen fliehen davor. Nun möchte ich vorschlagen, jeder, der von diesen Thieren geplagt ist, lege in den Stuben, Kammern, Mistbeeten und Kellern Kampfer aus, die Wirkung wird jeder sofort sehen. Der im Mistbeete sich entwickelnde Kampferdunst, der den Menschen zum Husten reizt, schadet den Gewächsen nach meiner Beobachtung nichts. Den Dunst darf man drei bis vier Stunden im Kasten lassen, dann wird Luft gegeben. Ungeziefer kehrt nicht wieder, wenn nachts die Fenster geschlossen bleiben. Werden dieselben offen gehalten, muß man natürlich den sich verflüchtenden Kampfergeruch erneuern.
- Welche Körperteile sollen beim Pferd lang, welche kurz sein? Lang sollen sein: Hals, Schulterparthie, Nachhand (Kruppe), Oberarm und Vorarm, Oberschenkel und Unterschenkel. Kurz sollen sein: Rücken (Mittelhand), Lendenpartie, Schienbein. Uebrigens legt man je nach Rasse etwas verschiedenen Maßstab an: So wünscht man beim edlen Reitpferd lange, beim Karrengaul kurze Fesseln usw.


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