No. 43
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. Juni
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 43 Seite 1]

- Am Donnerstag vormittag wurde in Potsdam der dritte kaiserliche Prinz Adalbert in das erste Garde=Regiment eingestellt, wobei der Kaiser, umgeben von dem Kronprinzen, dem Prinzen Eitel Fritz und anderen Prinzen, eine Ansprache hielt, die Oberst Kessel mit einem Hoch auf den Kaiser erwiderte. Die Leibkompagnie des 1. Garderegiments z. F. stellt sich nun als eine echte Prinzenkompagnie dar: Den ersten Zug führt Premier=Lieutenant Prinz Friedrich Heinrich von Preußen, ältester Sohn des Braunschweigischen Regentenpaares, als Schließender hinter dem Zuge marschiert der Kronprinz Friedrich Wilhelm; den 2. Zug führt der zweitälteste Sohn des Prinzen Albrecht, Sek.=Lieutenant Prinz Joachim Albrecht, als Schließender folgen die Prinzen Eitel=Friedrich und der jüngste Lieutenant Prinz Adalbert. Namentlich diesem wird es ganz besonders schwer, mit den voranschreitenden mächtigen Grenadieren Schritt zu halten. Aber wacker strebt er vorwärts, der jugendliche, noch nicht zehn Jahre zählende Kriegsmann und findet sogar noch Zeit, ein glückliches Lächeln emporzusenden zur Kaiserlichen Mutter, die von den Fenstern des ersten Stockwerkes des Schlosses auf das militärische Schauspiel herniederschaute. Hinter dem dritten Zuge der Leibkompagnie schließt der jüngste Sohn des braunschweigischen Regenten, Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen.
- Es scheint, daß der dritte Sohn des Kaisers, Prinz Adalbert von Preußen, der, wie bereits berichtet, am Donnerstag als Lieutenant beim ersten Garderegiment eingestellt worden ist, für Marine=Laufbahn bestimmt ist, denn er ist, wie jetzt noch gemeldet wird, gleichzeitig zum Unterlieutenant zur See ernannt worden.
- Ein Berliner Blatt weiß zu melden, daß das dänische Königspaar auf der Rückreise von Gmunden in Berlin einen Besuch abstatten werde, um das deutsche Kaiserpaar zur silbernen Hochzeit des Kronprinzen von Dänemark einzuladen, die auf den 28. Juli fällt. Ob an der Nachricht etwas Wahres ist, bleibt abzuwarten. Falls sie sich bestätigte, würde eine Begegnung des deutschen Kaisers mit dem Zaren noch in diesem Sommer in Aussicht stehen, da Kaiser Alexander natürlich unter den Gästen bei jener Feier sein wird.
- Wie der "Reichsanzeiger" meldet, hat am Freitag Morgen der Professor v. Bergmann dem Kaiser eine kleine Balggeschwulst aus der linken Wange entfernt. Die Operation ist ohne Narkose in wenigen Minuten vollzogen worden.
- Bei den diesjährigen Kaisermanövern werden die vierten Infanterie=Bataillone von 2 auf 4 Kompagnien verstärkt werden, so daß alle 4 Bataillone der Infanterie=Regimenter gleichmäßig und in voller Friedensstärke an den Manövern theilnehmen werden. Die aktiven Mannschaften dieser vierten Bataillone werden auf die aufzustellenden 4 Kompagnien verteilt und demnächst werden zur Erreichung der Friedensetatsstärke Mannschaften des Beurlaubtenstandes eingezogen, die auch an der Kaiserparade sich betheiligen.
- Ein interessantes Manöver wird, wie man aus Kiel meldet den Abschluß der ersten großen Uebungsfahrt beider Divisionen des Manövergeschwaders bilden. Zum ersten Male, solange es eine deutsche Marine giebt, soll der Versuch gemacht werden, auf offener See die Uebernahme von Steinkohlen seitens aller neun Schiffskolosse der Uebungsflotte gleichzeitig zu bewerkstelligen. Die Kieler Dampfschiffs=Rhederei und Kohlenfirma H. Diedrichsen wird infolge eines Auftrags des Marine=Kommandos zum 30. Mai die beiden großen Dampfer "National" und "Paygeta" mit Kohlenladung auf die Höhe der dänischen Inseln Langeland entsenden, um dort das Panzergeschwader zu erwarten. Die Kriegsschiffe treffen am 30. Mai unter Langeland ein und werden sofort mit Einladung der Kohlen beginnen. Nach Beendigung dieses Manövers dampft das Geschwader in den Kieler Hafen.
- Die Commission für das "Deutsche Bürgerliche Gesetzbuch" hat am Mittwoch die Berathung des Familienrechts beendigt und die Verhandlungen über das Erbrecht begonnen, welches das letzte Buch des Entwurfs bilden wird. Die Vollendung des großen Werkes steht somit nahe bevor.
- Der geschäftsführende Ausschuß des Centralkomités für Errichtung eines Nationaldenkmals für Bismarck in Berlin wird am 12. Juni über die Concurrenzbedingungen und Bildung einer Jury Beschluß fassen.
- Kanzler Leist, der, wie bekannt, während des Aufstandes der Kameruner Schutztruppe den Gouverneur vertrat und auf Grund des Berichtes des Regierungsrathes Rose von seinem Posten abberufen worden ist, um sich über sein Verhalten zu verantworten, hat sich nun im Auswärtigen Amt gemeldet. Anscheinend steht nunmehr die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen denselben bevor.
- Bei einer militärischen Ansprache bemerkte General v. Sasse in Frankfurt a. M. u. a. folgendes: Der Werth sanitärer Uebungen liege nicht nur in dem Kampfe mit dem äußeren Feinde, sondern auch für den etwaigen Kampf mit den Feinden des Staates und der ganzen Nation im Innern; er wünsche natürlich, daß es nie dazu komme, aber nur Gott könne es wissen, ob nicht dieses Opfer nöthig wird, angesichts der Thorheiten und fürchterlichen Erscheinungen unserer Zeit.
- Falsches Nickelgeld ist seit einiger Zeit in der Reichshauptstadt im Umlauf. Es sind dies Zehnpfennigstücke, welche in Prägung und Farbe den ächten Münzen ähnlich, sich von diesen nur durch helleren Klang und leichteres Gewicht unterscheiden.
- Aus der Lüneburger Haide wird gemeldet, daß neuerdings starke Nachtfröste eingetreten sind. Die aufgelaufene Buchweizensaat ist vernichtet. Bohnen, Gurken und sonstige empfindliche Gartengewächse sind theils abgefroren, die Kartoffelfelder zeigen vielfach schwarzes Kraut. Auch ist seit dem 5. Mai kein Regen gefallen; das Wiesengras wird wegen mangelnder Feuchtigkeit immer dürftiger.
- Ein eigenartiges Eisenbahnunglück wird über Stuttgart gemeldet: In Ginsen im württem=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 43 Seite 2]

bergischen Donaukreis riß in der Nacht zum Donnerstag die Verbindung der Lokomotive mit dem Zuge; Lokomotivführer und Heizer stürzten herab, wobei dem letzten durch die nachfolgenden Wagen beide Beine abgefahren wurden. Die führerlose Maschine raste 12 Minuten lang davon, durch Geislingen den Berg hinauf bis Amstetten, wo sie auf einen Güterzug aufstieß und den hinten stehenden Wagenwärter tötete.
- Einführung der Kartenbriefe in Württemberg. Ein neuer postalischer Fortschritt ist aus Württemberg zu melden. Um einem unbestreitbaren Bedürfnisse abzuhelfen, kommen Kartenbriefe zur Einführung, wie sie bereits in Oesterreich bestehen, sich bewährt haben und sehr beliebt sind. Entsprechend dem württembergischen Postverkehr werden Kartenbriefe zu 10 Pfg., zu 5 Pfg. und zu 3 Pfg. ausgegeben werden. Die Kartenbriefe sind bereits hergestellt, es ist deshalb anzunehmen, daß ihre Einführung sehr bald erfolgt. Als ein Zwischenglied zwischen Brief und Postkarten vereinigt der Kartenbrief die das Briefgeheimniß wahrende Geschlossenheit des Briefes mit der Einfachheit der Ausfertigung der Postkarte.
- Der Ulanen=Lieutenant Müller, der am 10. Mai von Hagenau i. E. abgeritten war, ist am 1. Juni sammt Pferd in bestem Wohlbefinden in Rom eingetroffen.
- Von den Hagelschlägen, die mit den Gewittern zu Beginn der letzten Woche verbunden waren, sind nach bayrischen Blättern über 200 Gemeinden betroffen worden.
- Infolge der Regengüsse der letzten Tage und der in der Schweiz, sowie am Bodensee Ende voriger Woche niedergegangenen schweren Wolkenbrüche sind Rhein und Neckar in starkem Steigen begriffen.
- Aus Trier wird gemeldet: Das soeben erschienene, vom Bischof Korum herausgegebene Buch über die Wunder des heiligen Rockes enthält 11 wunderbare Heilungen und 26 Gnadenbeweise.
- Gelegentlich der Meldungen über die Verschwörungen gegen den Czaren wird auch mitgetheilt, daß die Manöver bei Smolensk für dieses Jahr als aufgegeben zu betrachten seien. Jetzt kommt eine Nachricht, die zwischen jenen Meldungen einen Zusammenhang herstellt: mit großer Bestimmtheit wird nämlich die Mittheilung verbreitet, daß auch der Damm der Orel=Witebs=Eisenbahn, die der Kaiser hätte passieren müssen, unterminirt gefunden worden sei.
- In der Nikolaischule zu Inowrazlaw schlug während des Unterrichts der Blitz ein. Großer Schrecken entstand unter der Kinderschar, doch war niemand verletzt.
- Die russischen Gouvernements Plodzk und Radom sind für choleraverdächtig erklärt worden. Die Provenienzen aus China und Japan werden in den russischen Häfen des Stillen Oceans und des Schwarzen Meeres als choleraverdächtig behandelt.
- Die Verhaftungen von Anarchisten werden in St. Petersburg ununterbrochen fortgesetzt. Auf Litaene soll ein Anarchist verhaftet und bei ihm Sprengstoffe vorgefunden sein. Ausländische Schiffe werden unter strenge Kontrole genommen.
- An der weiteren Herstellung der sibirischen Eisenbahn wird mit fieberhafter Eile gearbeitet. So erfährt der St. Petersb. "Herold", daß ein russisches Syndikat schon jetzt Dampfer in den Vereinigten Staaten von Nordamerika bestellt, um, sobald die große sibirische Eisenbahn entsprechende Fortschritte gemacht hat, in Verbindung mit dieser einen Dampferdienst zwischen Wladiwostok und einigen Häfen der amerikanischen Westküste einzurichten.
- Der großen Komödie, welche in Frankreich Royalisten und Klerikale zu Ehren der Jungfrau von Orleans veranstalten, bleibt der wohlverdiente Spott nicht erspart. Die Pariser Freimaurer haben an dem Denkmal der Jungfrau einen Kranz niederlegt mit der Inschrift: "Der Jean d'Arc, vom Königthum verlassen, von der Kirche verbrannt." Der Kranz wurde alsbald von katholischen Jünglingen entfernt, doch es entstand hierbei ein Tumult, sodaß mehrere Verhaftungen vorgenommen werden mußten.
- Die französische Presse ist neuerdings voll von den Mittheilungen über den angeblichen Verkauf einer von dem Milinit=Erfinder Turpin hergestellten neuen Mitrailleuse an eine der Dreibundmächte. - Turpins Freunde behaupten, die neuerfundene Kriegswaffe sei eine Mitrailleuse, die selbstständig den Platz wechselt, fächerförmig schießt und einen Raum von 25-30 000 Quadratmeter in kurzer Zeit durchgeschleuderte Geschosse von gleicher Anzahl bedecken kann. Die Verhandlungen über den Ankauf der Erfindung sollen in Brüssel von deutschen Offizieren geführt worden sein. Auch dies ist mit Vorbehalt aufzunehmen. Die Angelegenheit macht großes Aufsehen.
- Bei einer Vorstellung im Canterbury=Theater in London, wo der Kapitän Manard auf die mit einem Panzer englischer Erfindung bekleidete Miß Rose Manard schoß, verfehlte jener das Ziel und traf die Dame in den Hals. Die Verwundete brach sofort zusammen und wurde in ein Hospital geschafft. Man zweifelt, ob es danach Dowe gestattet wird, in der Alhambra weiter auf sich schießen zu lassen.
- Vom 16. Juli bis 6. August findet in Amsterdam eine internationale Ausstellung für Müllerei, Bäckerei, Konditorei, Chokolade=Industrie und verwandte Gewerbe statt. Das Lokal der Ausstellung ist das "Palais vor Volksplist," wo sich auch das Bureau des Ausführungs=Komitees befindet.
- Der Diamantenhändler Salomon Tolkowsky, dem vor kurzem auf dem Eilzug von Calais nach Paris für 130 000 Franken Edelsteine gestohlen wurden, ist leidend in Antwerpen eingetroffen. Die Diebe, allem Anschein nach drei Engländer, hatten sich zur Ausführung des Raubes eines Betäubungsmittels bedient, das sie dem Bestohlenen am Seebahnhof in Calais während eines unbewachten Augenblicks in eine Tasse Fleischsuppe geschüttet haben. Tolkowsky ist durch das Gift noch heute halb gelähmt und vermag kaum zu sprechen. Die Brieftasche, welche die Diamanten enthalten hatte, wurde auf einer Böschung zwischen den Bahnstationen Tintelleries und Boulagne=sur=Mer wiedergefunden, natürlich ohne Inhalt.
- In der polnischen Kirche des Städtchens Freeland in Nordamerika kam es zu blutigen Scenen. In der Gemeinde ist nämlich eine Spaltung eingetreten: die eine Partei ist für den Pastor, die andere gegen ihn. Kaum war der Gottesdienst beendet, so schlugen die Parteien aufeinander los. Mehrere Personen erhielten Schußwunden, andere wurden jämmerlich geschlagen. Als der Polizeidirigent Ordnung schaffen wollte, wurde er mit Steinen bombardiert.
- Der König von Korea schickte dem Kaiser von Japan zur Erinnerung an seine silberne Hochzeit vier paar lebende Störche und eine Anzahl von Juwelen.
- Eine heitere Geschichte ereignete sich dieser Tage in Kopenhagen, als das dänische Kronprinzenpaar der von Fräulein Zahle geleiteten höheren Töchterschule einen Besuch abstattete. Das Kronprinzenpaar wohnte dem Religionsunterricht in einer der unteren Klassen bei und begreiflicherweise fühlten sich die Kleinen befangen, in Gegenwart der hohen Gäste examiniert zu werden. Als nun die Lehrerin ein kleines Mädchen herbeirief und mehrere Fragen an dasselbe richtete, war die Kleine ganz verwirrt und schien die Sprache verloren zu haben. Dem Kronprinzen that das Kind leid, er rief es zu sich, hob es aufs Knie und bat dann die Lehrerin, ihre Fragen fortzusetzen. Zur Ueberraschung aller beantwortete das kleine Mädchen jetzt alle Fragen ganz korrekt. Als aber der Kronprinz und die Kronprinzessin die Klasse verlassen hatten und die Lehrerin die Kleine wegen ihres Fleißes lobte, erwiderte sie ganz treuherzig: "Er flüsterte mir ja Alles zu", worauf die Lehrerin mit ihrer Lobrede innehielt.
- Der Gradenzer "Gesellige" erzählt nachstehende artige Geschichte:
"Eine Reihe vermögender polnischer Juden sind im Verlauf des vergangenen Jahres und auch noch in letzter Zeit in verschiedenen Orten der östlich preußischen Provinzen zum Protestantismus übergetreten. Jetzt werden diese jungen Christen in Rußland Katholiken. Es geschieht deshalb,

[ => Original lesen: 1894 Nr. 43 Seite 3]

damit man nicht sagen könne, sie seien "getaufte Juden". Nun bezeichnen sie sich als zum Katholizismus übergetretene Protestanten."
- Die Stärke der ostafranischen Schutztruppe dürfte vielfach unbekannt sein. Nach einer neuen Berechnung befanden sich bei derselben am 30. Sept. v. J. 163 Europäer, nämlich 1 Obercommandant, 12 Compagnieführer, 28 Lieutenants, 12 Aerzte, 1 Oberfeuerwerker, 21 Zahlmeisteraspiranten, 10 Feldwebel, 14 Sergeanten, 37 Unteroffiziere, 22 Lazarethgehülfen, 2 Schreiber und 3 Büchsenmacher. Farbige waren vorhanden: 5 Officiere, 52 Unterofficiere, 1415 Mann reguläre Truppen, 134 Mann Irreguläre. Dazu kommt jedoch noch die Polizeitruppe, bestehend aus 4 Officieren, 14 Unterofficieren, 195 Mann, die in Trupps von je 25 bis 40 Mann in den Hauptküstenplätzen stationirt ist. Im ganzen besteht somit die Militärmacht des Reichs in Ostafrika aus nur 2982 Köpfen, während 6000 Mann für im allgemeinen ausreichend erachtet werden, das große Gebiet in genügender Weise schützen zu können. An Artillerie verfügt man über 43 Geschütze verschiedener Constructionen.


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Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Rabensdorf sub Nr. 4 belegene Büdnerstelle c. p. des Büdners Heinrich Busch daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Dienstag, den 14. August d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidations=Termin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit ihren dinglichen Rechten und Ansprüchen sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 29. Mai 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Lüdersdorf sub Nr. 27 belegene Büdnerstelle c. p. des Bäckermeisters Hermann Neumann daselbst ergeht auf das am 26. d. M. abgehaltene Liquidations=Protokoll, nachdem die öffentliche gehörige Bekanntmachung des Termins durch die zu den Acten gekommenen Insertions und Affixions=Documente nachgewiesen worden, hiermit der

Bescheid:

daß, unter Vollstreckung des in dem Proclam vom 3. März d. J. angedrohten Nachtheils, nunmehr alle diejenigen, welche sich mit ihren dinglichen Ansprüchen an das proclamirte Grundstück bisher nicht gemeldet haben und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommen sind, mit denselben, wie hiermit geschieht, für immer präcludirt und abgewiesen sein sollen.

Von Rechts Wegen.

Schönberg, den 29. Mai 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Nachdem ich Gerichtsseitig zum Curator des Nachlasses des wailand Knechts Gottlieb Friedrich Dau zu Falkenhagen bestellt worden bin, fordere ich hiermit alle Nachlaßgläubiger auf, ihre genau zu spezifizirten Forderungen bis zum 16. Juni d. J. bei mir anzumelden, und die Nachlaßschuldner, die schuldigen Beträge bis dahin bei mir einzuzahlen.
Schönberg, den 3. Juni 1894.

Actuar E. Breuel.


Ersparniß= u. Vorschuß=Anstalt.

Zur Auszahlung der im Johannis=Termine d. J. fällig werdenden Zinsen ist die Anstalt

vom Dienstag, den 12. Juni bis
Sonnabend, den 16. Juni d. J.,
Vormittags von 8-12 Uhr,

geöffnet.
Schönberg, den 2. Juni 1894.

                                                    Das Directorium.


Alle, welche Forderungen an den Halb=Hufner H. Wittfoth in Schlagbrügge haben, wollen dieselben umgehend anmelden beim Hufner H. Ollrogge in Schlagbrügge bei Ratzeburg.


Für einen jungen kräftigen Mann wird zu Johannis eine Stelle zur Erlernung der Wirthschaft auf zwei Jahre bei freier Station gesucht. Off. sub Ho. 2956 b an Haasenstein & Vogler A. G. Lübeck.


Am 8. d. M. werde ich meine

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eröffnen, und empfehle Sie zur Benutzung.

                                                    Fr. Leumann.

An jedem Tage Warmbad, mit, auch ohne Douche. Auch werden Salz=, Malz= und Soolbäder verabreicht.

                                                    D. O.


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[ => Original lesen: 1894 Nr. 43 Seite 4]

        Wir bringen hiermit zur allgemeinen Kenntniss, dass unser diesjähriger

Königschuss
am Montag, den 9. und Dienstag, den 10. Juli

abgehalten wird.
        Loose zur Tombola sind schon jetzt zu haben.
        Schönberg, den 24. Mai 1894.

Kapitain und Aelteste der Schützenzunft.
C. Schultze.         J. Greiff.         H. Soltmann.


Mitte dieses Monats empfange ich große Pöste

Braunkohlen

und empfehle solche ab Bahnhof zu bekannten billigen Preisen.

                                                    C. Schwedt.


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sind als Haupttreffer sicher in der am 13. u. 14. Juni stattfindenden Ziehung der

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Loosvorrath ist nur noch gering, daher erbitten Aufträge raschestens!

Mindus & Marienthal
Hamburg.


Am Sonntag, den 10. Juni Nachmittags
Taubenwerfen

mit nachfolgendem Tanz, wozu freundlichst einladen die jungen Mädchen zu Selmsdorf.


Anna Quentin
Gustav Heincke
Verlobte
Halle a. S.                           Plauen i. V.


Am Sonnabend hat sich ein kleiner schwarzer Hund mit weißer Brust verlaufen, der auf den Namen "Polli" hört. Abzugeben bei der Hauswirthin Elisabeth Krellenberg in Sülsdorf bei Schönberg.


Es hat dem lieben Gott gefallen, gestern Nachmittag 3 Uhr meine gute Frau, meiner Kinder sorgsame Mutter

Anna Meier, geb. Baade

im Alter von 69 Jahren, nach langer schwerer Krankheit zu sich zu nehmen in sein Himmelreich. Allen Verwandten und Bekannten diese Traueranzeige.

                                                    J. Meier u. Kinder.

Schönberg, den 3. Juni 1894.
Die Beerdigung findet Donnerstag den 7. Juni Nachmittags 3 Uhr statt.


Danksagung.

Allen Freunden, Bekannten und Verwandten herzlichen Dank, welche den Sarg meines lieben Mannes so reichlich mit Kränzen schmückten, insbesondere Herrn Pastor Krüger für die trostreichen Worte am Sarge.

                                                    
Die Familie Rütz.
--------

Zeige gleichzeitig an, daß ich mit meinem Sohne das Geschäft unverändert fortsetze.

                                                    Rütz Ww.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 51-52 M., große Schweine 48-50 M., Sauen 35-42 M., Kälber 69-91 M. per 100 Pfund.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 43 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 43 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 5. Juni 1894.


- Schönberg. Als ein Beweis der Fruchtbarkeit dieses Sommers, wird uns ein Roggenhalm aus Kl. Siemz gesandt, der 2 Meter und 46 Ctm. lang ist, eine Höhe, die von keinem Riesenhalm, deren Länge in verschiedenen Zeitungen als außergewöhnlich angegeben wurde, übertroffen ist.
- Schönberg. Die Brodpreise sind hier augenblicklich in Folge des Rückgangs der Kornpreise sehr niedrig. Von der Bäckerinnung ist der Preis der Bröde für Juni auf 50 Pf. festgesetzt. Ein Feinbrod wiegt 5 Pfund, ein Schwarzbrod 7 1/2 Pfund.
- Schönberg. Fernsprechverkehr auf den Reichstelegraphenlinien für Orte des platten Landes.
Damit die Bewohner kleinerer Orte sich die Vortheile eines unmittelbarem Verkehrs durch den Fernsprecher in ähnlicher Weise nutzbar machen können, wie dies in den größeren Städten, durch Stadt= und Bezirks=Fernsprecheinrichtungen möglich ist, hat die Reichs=Post= und Telegraphenverwaltung schon seit einigen Jahren die Einrichtung getroffen, daß alle für den allgemeinen Verkehr bestimmten Fernsprechleitungen vom Publikum unmittelbar benutzt werden dürfen. Danach ist es bei den mit Fernsprecher ausgerüsteten Postanstalten und Posthülfsstellen, deren Zahl eine recht große ist, Jedermann möglich, mit Personen in einem andern, durch Fernsprechleitung verbundenen Orte unmittelbar sich zu unterhalten. Will beispielsweise Jemand den Arzt aus der benachbarten Stadt zu Rathe ziehen, so braucht er die Postanstalt hiervon nur schriftlich oder mündlich zu verständigen. Die Telegraphenanstalt wird darauf Rückfrage bei der Nachbarstation halten, ob der Arzt sogleich bezw. zu welcher Stunde am Apparat erscheinen wird, und den Antragsteller unentgeltlich bezügliche Mittheilung machen. Der Antragsteller kann alsdann zu der angegebenen Stunde bei der Telegraphenanstalt an den Apparat treten und mit der gerufenen Person das gewünschte Gespräch führen. Die Gebühr für ein solches Gespräch von 5 Minuten Dauer beträgt nur 1 M.; bei längeren Gesprächen erhöht sich die Gebühr für je 5 Minuten um 1 M. Für die Vorfrage wird nichts berechnet. Mit welchen Aemtern die Telegraphenanstalten in unmittelbarer Verbindung stehen, ist in den Schaltervorräumen durch besondere Aushänge ersichtlich gemacht. Da diese vorteilhafte Einrichtung noch nicht genügend bekannt zu sein scheint, so wird auf dieselbe hiermit aufmerksam gemacht.
- Neustrelitz. Wie die "L.=Z." hört, sind aus dem Nachlasse der verstorbenen Großfürstin Katharina aus Remplin zwei Schimmel im Großh. Marstall hier eingetroffen. Das eine Pferd wird zurückgeschickt werden, während das andere als Reitpferd benutzt werden soll.
- Am 7. und 8. Juni d. J. findet in Schwerin im Verwaltungsgebäude der dortigen Versicherungsanstalt eine Conferenz der Vorstände der Versicherungsanstalten Westfalen, Hessen Nassau, Schleswig=Holstein, Hannover, Brandenburg, Pommern, Ostpreußen, Hansestädte, Oldenburg, Braunschweig und Mecklenburg statt.
- Großes Aufsehen erregte in Rostock ein Herr, welcher von Berlin kommend, eintraf, durch seine ungewöhnliche Körperlänge. Dieselbe beträgt 2,25 Meter. Einen ungefähren Begriff von dieser Leibeslänge kann man sich machen, wenn man bedenkt, daß dieser Herr, wie Augenzeugen berichten, am Tische sitzend mit den Kniescheiben die Tischplatte berührt. Sowohl für Erwachsene wie auch für die Jugend war diese Gestalt etwas Seltenes.
- In Klütz trafen der Oberbaudirector Oppermann=Schwerin und der Senator Gebhart=Grevesmühlen ein und teilten mit, daß die Regierung eine Tertierbahn von Grevesmühlen nach Klütz bauen werde, wenn dieselbe von dem demnächstigen Landtag bewilligt werde.
- Güstrow. Tableau der diesjährigen zweiten ordentlichen Schwurgerichtsperiode.
Montag, 4. Juni: Kutscher Friedrich Bobzien aus Dobin: § 226 (Körperverletzung mit tödtlichem Ausgange).
Dienstag, 5 Juni: Dienstmädchen Emilie Behncke=Louisenhof: § 217 (Kindestödtung). Hofgänger Franz Troje=Templin: § 177,43 (Nothzuchtsversuch).
Mittwoch, 6. Juni: Gastwirth Adolf Frahnerf, dessen Ehefrau und Maler Heinrich Voß=Lübeck: § 209 C.O. (betrügerischer Bankerott).
Donnerstag, 7. Juni: Schutzmann Ernst Müller=Rostock: § 154 (Meineid). Knecht Ludwig Vick=Dümmer: § 177,43 (Nothzuchtsversuch).
Freitag, 8. Juni: Erbpächter Heinrich Reinck=Heiligenhagen: § 209 C.O. (betrüger. Bankerott).
Sonnabend, 9. Juni: Schneider Carl Beuthien und dessen Ehefrau: § 306 (Brandstiftung).
Montag, 11. Juni: Dienstmädchen Marie Buchholz=Kopenhagen: § 211 (Mord).
Dienstag, 12. Juni: Arbeiter Joh. Schlorff=Stavenhagen: § 153 (Meineid). Knecht Gustav FindlingMolzow: § 308 (Brandstiftung).
Mittwoch, 13. Juni: Arbeiter Friedrich Lauck=Parchim: § 268 (Urkundenfälschung). Knecht Heinrich Steinhagen=Kirchdorf: § 252 (Raub).
Donnerstag, 14. Juni: Stellmacher Johann Rohde=Achterfelde: § 154 (Meineid). Pferdeknechte Fritz Lange, August Pagel und Heinrich Wehrt: Bobzin: § 176 1 (gewaltthätige unzüchtige Handlungen).
Freitag, 15. Juni: Dienstmädchen Friederike Schultz=Waren: § 306,43 (Brandstiftungsversuch). Knecht Ernst Nettelbeck=Neubrandenburg: § 306 (Brandstiftung).
Sonnabend, 16. Juni: Knecht Leo Buznitzk=Kronfelde: § 255 (räuberische Erpressung). Schäferknecht Carl Knaack=Stettin: § 308 (Brandstiftung).


- Die Braut eines Sergeanten aus München, der seit einigen Jahren bei der ostafrikanischen Schutztruppe dient, wird demnächst auf dringende Vorstellung ihres Bräutigams nach Ostafrika abreisen, um sich dort zu verehelichen. Das Paar beabsichtigt für immer in Ostafrika zu verbleiben. Es wird die erste Familie sein, die sich in Bagamoyo häuslich niederläßt.
- Den Aerzten, die im Jahre 1892 die Cholera=Epidemie in Hamburg haben bekämpfen helfen, sind jetzt von dem Hamburger Krankenhaus=Kollegium Erinnerungsmedaillen zugesandt worden.
- "Made in Germany". Nach einem Bericht des britischen Konsuls in Stettin, Mr. Wilfried Powell, soll das auf deutschen Waaren in Ausführung des englischen Gesetzes angebrachte "Made in Germany" (deutsches Fabrikat) wie ein Zauber wirken. Die unwissenden Bauern glauben, daß diese englischen Worte eine Garantie für englisches Fabrikat seien; zu Weihnachten und Ostern werden die so markierten Waaren von den Bauern, die nach Stettin kommen und englisches Fabrikat kaufen wollen, massenhaft als Geschenke gekauft. Als Mr. Powell jüngst bei einer Bauersfrau war, wurde ihm Kaffee in Porzellantassen serviert, welche ihm die Hausfrau, auf die Inschrift "Made in Germany" deutend, stolz als englische anpries. Da die Inschrift "Made in Germany" in England durchaus nicht abschreckend wirkt, sondern vielmehr der Einbürgerung deutschen Fabrikats Vorschub leistet, so haben wir also doppelte Ursache, mit der englischen Verordnung, durch welche jene Inschrift eingeführt worden ist, zufrieden zu sein.
- Der durch die Explosion des Gasbehälterschuppens der Luftschifferabtheilung dem Militärfiskus verursachte Schaden ist von den Sachverständigen auf 170 000 Mark geschätzt worden. Es wird übrigens beabsichtigt, den Uebungsplatz der Luftschifferabtheilung nicht an seiner jetzigen Stelle in nächster Nähe von Kasernen zu belassen, sondern

[ => Original lesen: 1894 Nr. 43 Seite 6]

in eine Gegend zu verlegen, wo eine vollständige Isolierung von bewohnten Gebäuden sich ermöglichen läßt.
- Vom Mai 1894. In der Nacht zum vorigen Sonntag hat es auf der Eifel stark gefroren, an mehreren Stellen des Odenwalds hat es geschneit. Im bayrischen Oberland trat an demselben Sonntag nachmittag, nachdem die Temperatur bei anfänglich eingetretenem Regen auf den Gefrierpunkt zurückgegangen war, länger andauernder Schneefall ein, so daß selbst in den Thälern von Schliersee, Tölz, Garmisch usw. am Montag morgen noch Alles mit weißer Decke verhüllt war. Auch die Eisenbahnwagen trafen Montag früh mit einer Schneedecke in München ein. Auch im Riesengebirge gab es am Sonntag einen starken Schneefall. Von der Koppe über den Koppenplan hinunter bis zum Gehängebrunnen lag er über einen Fuß hoch.
- Man schreibt aus Basel: Der Rhein, der seit letzten November einen abnorm niedrigen Wasserstand innegehalten, ist infolge der unaufhörlichen Regengüsse plötzlich stark angewachsen, in kaum zwei Tagen anderthalb Meter. Sehr bedenklich sind diese Regengüsse in Betracht der lange ersehnten Heuernte, die unsere Landleute für die Einbuße des letzten trockenen Jahres entschädigen sollte. Das bereits gemähte hohe üppige Gras fault auf den Wiesen, ein kläglicher Anblick für die Rinderzüchter, für die ganze Landökonomie, denn Korn läßt sich am Ende leicht aus Rußland oder Ungarn beschaffen, Viehfutter aber nur mit Kosten, die dem zurückgekommenen Landmann unerschwinglich sind. Auch die Weinbergbesitzer sehen den sich immer neu auftürmenden Wolken mit Sorgen entgegen, da die Reben, die bald blühen sollten, ins Kraut schießen.


Etwas vom Hopfen.

Hopfen! Wie schwillt bei diesem Klang das Herz des Biertrinkers, vor allem aber das des Bierkenners höher, der mit Verständniß und Behagen des edlen Gewächses angenehme Bittere auf seiner Zunge probt. Unzertrennlich ist für ihn von dem Begriff Bier der Begriff Hopfen geworden, wie oft auch leider heutzutage die rauhe Wirklichkeit in Gestalt von allerlei Surrogaten das unzertrennlich Scheinende trennen mag. Und doch nahmen die alten Germanen, wenn sie, wie es in dem lustigen Lied heißt, auf ihren Bärenhäuten zu beiden Seiten des Rheins lagen und ein Glas und immer noch eins tranken, daß es dem edlen Tacitus schier zu viel ward, keinen Hopfen in ihrem Bier. Spät erst ist dieser angenehme Zusatz zum Gerstensaft an Stelle der von Alters her üblichen Eichenrinde, Baumblätter, bitteren Wurzeln u. a. in Aufnahme gekommen. Die ältesten Zeugnisse wissen nichts von der Pflanze zu berichten; Karls des Großen bis ins Einzelne gehende Verordnungen für den landwirtschaftlichen Betrieb, insbesondere auch sein berühmtes Capitulare de villis, thun ihrer nicht Erwähnung. Aber kurz vor und nach dem Tode dieses Herrschers finden wir die ersten Spuren der Nutzpflanze. Zinsabgaben vom Hopfen, der den mittellateinischen Namen humolo, humelo oder humlo auch umlo trägt, werden seit dieser Zeit häufig erwähnt. Die Statuten des Abtes Adolhardus von Corvey vom Jahr 822 sprechen die Befreiung der Müller von der Lieferung des Hopfens aus. Hopfengärten, humularia, werden in den Urkunden des Stiftes Freisingen in Oberbayern um die Mitte und in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts genannt. Allmählich erweiterte sich das Verbreitungsgebiet und wuchs die Bedeutung der Pflanze, deren Anbau dem Sachsenspiegel (um 1230) sogar zu rechtlichen Bestimmungen Anlaß giebt: es heißt z. B.: "vlichtet der Hopphe uber den zun, swer die worzeln in deme hofe hat, der grife deme zune so he neste müge, und zihe den hopphen." Ueber Hopfenarten in Schlesien finden wir die erste Nachricht im Jahr 1224. Mit der steigenden Bedeutung des Hopfens als haltbarmachenden Zusatzes zum Bier gewann auch der Bierexport größeren Umfang, worin sich namentlich norddeutsche und niederländische Städte hervorthaten. In die Nachbarländer Deutschlands kam der Hopfen erst später, so erscheint er in England, wo er heutzutage noch in bedeutender Menge angebaut wird, nicht vor der Regierungszeit Heinrichs VIII., 1509 - 1547. Die Haupterzeugungsländer blieben lange Zeit Böhmen und Bayern (Franken). Erst in neuerer Zeit hat sich das Verbreitungsgebiet wieder wesentlich erweitert, indem namentlich die Vereinigten Staaten von Amerika in die Reihe der Hopfen erzeugenden und sogar ausführenden Länder eingetreten sind; auch in Australien wendet man neuerdings dem Hopfenbau Aufmerksamkeit zu. Doch hat mit der Erweiterung des Verbreitungsgebiets die Steigerung der Masse des produzierten Hopfens keineswegs gleichen Schritt gehalten.
Die Popularität der nützlichen Pflanze zeigt sich auch darin, daß sie innig verbrüdert mit dem Malz, auch in dem Sprichwörterschatz der deutschen Sprache ihren Einzug gehalten hat. "Es ist Hopfen und Malz an ihm verloren" sagt das Sprichwort von einem, an dem vergeblich viel Kosten und Mühe verschwendet worden sind. Das Sprichwort kehrt auch in der Dichtung mehrfach wieder, so z. B. bei Pistorius:
          "Da man schrieb den edel und vest,
          Da stund die Sach am allerbest,
          Da man schriebe hochgebohre,
          Da war Hopfe und Malz verlohre"
oder bei Goethe:
          "Den oft ist Malz und Hopfen
          An so viel armen Tropfen,
          So viel verkehrten Thoren,
          Und alle Müh verloren."
Poetischer Bildungen neuerer Zeit, zum Theil scherzhafter Art, wie z. B. "Von Malz und Hopfen wird mancher besopfen" oder "Hopfen und Malz, Gott erhalt's", in denen übrigens auch die stehend gewordene Verbindung mit dem Malz festgehalten ist, wollen wir nur gedenken. Für die liebevolle Pflege, die man der nützlichen Pflanze angedeihen läßt, liefern die mannigfachen Kunstausdrücke des Hopfenbaus einen Beweis. Der Hopfen "schöpft" d. h. er blüht; er wird "gelähmt", wenn man die Ranken unter der Erde zerschneidet, "gestängelt", wenn man die Stangen in die Erde treibt, "geflockt" wenn man die Blüthen aberntet. Auffallend ist daß der Ursprung der Pflanze selbst sowohl wie auch ihr Name dunkel ist. Unerklärt ist das Wort Hopfen, niederdeutsch: hoppe, hoppen, althochdeutsch: hoppho, hopphe, mittelhochdeutsch: hopfe, in der niederdeutschen Form latinisiert: hupa. Man hat zwar das althochdeutsche Wort hiufo d. i. Burzeldorn (tribulus) und das altsächsische hiopo d. i. Dornstrauch verglichen und als gemeinschaftlichen Begriff den einer am Boden kriechenden Pflanze darin finden wollen: aber der Unterschied zwischen dem Dornstrauch und unserer Rankenpflanze ist doch zu groß, als daß die Erklärung befriedigen könnte. Auch die Zusammenstellung mit dem Zeitwort hüpfen, hoppen, ist nicht glücklich, da hierdurch die unnatürliche Anschauung von einem Hüpfen der Ranken von Ast zu Ast erweckt würde. Aus dem Wort Hopfen in der älteren Form lassen sich die anderen Namen für die Pflanze ableiten, so zunächst mit Verkleinerungssilbe hubelo (vergl. franz.: houblon), woraus das mittellateinische hubolus humolus mit den Nebenformen entstand. Durch Verschmelzung des vorgesetzten Artikels mit dem Namen entstand das italienische lupolo, welches wieder zu der mittellateinischen Bildung lupulus Anlaß gab. Im Altnordischen finden wir die Form humoll, im finnischen und Estnischen humola kumol, im Slavischen chmeli. Diese Wörter können aus den älteren deutschen Formen entstanden sein; doch ist auch der umgekehrte Gang nicht undenkbar, zumal auch der Hopfen bei den Slaven in alten Gebräuchen eine große Rolle spielt (so wird z. B. die Braut bei der Vermählung mit Hopfen überschüttet) und das slavische Wort für Hopfen auch die allgemeine Bedeutung Berauschung, Trunkenheit hat. Je nach der einen oder anderen Ansicht müssen wir also eine Wanderung der Pflanze und damit ihres Namens vom südwestlichen Deutschland nach dem nordöstlichen Europa annehmen oder umgekehrt; welche aber die richtige ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.
Dem Unbekannten jedoch, der zuerst das nützliche Gewächs dem Gerstentrank beigefügt und diesem damit seine welterobernde Kraft verliehen hat, wollen wir unser Lob nicht vorenthalten: an ihm war Hopfen und Malz gewiß nicht verloren!


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ZVDD