No. 1
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Januar
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 1 Seite 1]

                          Neujahrsgruß 1894.
        O neues Jahr, das sanft und leise
        Herniederschwebt vom Himmelszelt,
        Sei uns gegrüßt! Die ganze Welt
        Beglück' auf Deiner Lebensreise!
        Kehr' segnend ein im Kaiserschloß,
        Wie unterm Dach des Armen,
        Die Thräne trocknend, die hier floß,
        Mit himmlischem Erbarmen.

        Entflamme Du zu edlen Thaten
        Das ganze menschliche Geschlecht;
        Den Pfad der Tugend und das Recht
        Beschütze wie des Landmanns Saaten.
        Begeist're Kunst und Wissenschaft:
        Durch rastlos ems'ges Streben
        In ungehemmter Geisteskraft
        Zum Höchsten sich erheben.

        So schenke auch auf Erden Frieden!
        Der Friede, der im Herzen wohnt
        Und jedes gute Werk belohnt,
        Dem ganzen Volk sei er beschieden!
        Dann wird im deutschen Vaterland
        Der Geist der Treue walten,
        Umschlingen uns der Eintracht Band,
        Die Liebe nie erkalten!


Zum Jahreswechsel.

Rückwärts - aufwärts - vorwärts richtet sich der Blick der Menschen am Jahreswechsel: rückwärts auf die durchlaufene Bahn, aufwärts zu dem, der die Geschicke der Menschen und der Völker lenkt, vorwärts hinein in die unsichere Zukunft.
Richten wir rückwärts den Blick, so finden wir, daß Vieles ganz anders gekommen ist, als wir erwarteten und hofften. Manche glückliche Aussicht blieb unerfüllt, aber auch manche trübe Befürchtung ist nicht eingetroffen. Es hat sich Manches ereignet, was außerhalb des Kreises unserer Erwartungen lag und unsere Berechnungen durchkreuzte, zum Guten wie zum Bösen. Das ist im Leben der Einzelnen wie in dem ganzer Völker und Länder.
Alles im Allem wird man das Jahr 1893 nicht zu sehr schelten dürfen. Ist doch in erster Linie der europäischen Welt der Frieden erhalten geblieben, allerdings nicht der Friede, wie er uns als Ideal vorschweben mag, als eine allgemeine Völkerverbrüderung, aber doch wenigstens der bewaffnete Friede, mit dem wir uns nun schon seit 23 Jahren begnügen müssen. "Es geht auch so" - das Wort paßt wirklich darauf. Bei jeder Heeresverstärkung, die uns durch die Rüstungen unserer Nachbarn aufgedrängt wurde, meinten wir, an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit angekommen zu sein; aber diese Grenze ist elastisch, und was wir nicht tragen zu können fürchteten, wir haben es doch ertragen und leichter vielleicht, als der Optimist hoffte.
Die künftige Gesuchte unseres Vaterlandes wird es vielleicht einmal als eine weise Schickung verzeichnen, daß es uns nicht zu wohl werden durfte in dem ersten Vierteljahrhundert des Bestehens des neuen deutschen Reiches. Sie wird es vielleicht als ein Glück verzeichnen, daß wir zur Aufbietung aller unserer Kräfte gezwungen waren, um unsere Grenzen zu schützen und unsere Weltstellung zu behaupten, und daß uns somit die Möglichkeit entrückt war, in Erschlaffung zu sinken und in den Erbfehler partikularistischer Zwistigkeiten zurückzufallen.
Was sonst das Jahr gebracht hat auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet - wir können es an dieser Stelle nicht alles durchgehen. Im politischen Leben darf man die Hoffnung nicht sinken lassen, und der Lohn der Arbeit ist oft näher als Viele ahnen.


- Der Kaiser hat sich am Sonntag nach dem Gottesdienst in der Friedenskirche zu Potsdam nach Charlottenburg begeben, um aus Anlaß des hundertjährigen Hochzeitstages seiner Urgroßeltern, des Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise, an der Grabstätte derselben Kränze niederzulegen. Um 3 Uhr nachmittags ist der Monarch nach dem Neuen Palais zurückgekehrt, wo nach Aufhebung der Mittagstafel in althergebrachter Weise die Weihnachtsbescheerung für die kaiserliche Familie stattgefunden hat.
- Der Kaiser reiste am 28. December Mittags von der Wildparkstation über Charlottenburg nach Kiel, wo er am Abend unerwartet eintraf. Der Monarch begab sich vom Bahnhof zu Fuß nach der Jensenbrücke, von dort mit einer Werftpinasse nach der Barbarossabrücke und sodann in das Königliche Schloß. Daselbst wohnte der Kaiser dem Hofball bei. Heute Vormittag traf der Erbgroßherzog von Oldenburg, von Schloß Panker kommend in Kiel ein. Im Laufe des 30. December ist der Kaiser aus Kiel nach dem neuen Palais zurückgekehrt. - Der Kaiser und die Kaiserin werden die Neujahrsgratulationen am 1. Januar im königlichen Schloß zu Berlin entgegennehmen. - Die Uebersiedelung des kaiserlichen Hoflagers vom Neuen Palais nach Berlin ist für den 8. Januar in Aussicht genommen.
- Der Kaiser hat wegen Anschaffung eines neuen Kochgeschirres für die Fußtruppen folgende Ordre erlassen: Ich genehmige für Neubeschaffung beifolgende Probe eines Kochgeschirres aus Aluminium für die Infanterie, Jäger und Schützen, Pioniere und Eisenbahnformationen. Das Ministerium hat hiernach das Weitere zu veranlassen.
- Die Königin von Sachsen ist von der Influenza soweit wieder genesen, daß sie Spaziergänge unternehmen kann.
- Dem "Hamb. Corresp." wird aus Friedrichsruh vom 26. Dezember gemeldet, daß das Befinden des Fürsten Bismarck anhaltend gut ist und daß die gegentheiligen Meldungen erfreulicher Weise jeder Begründung entbehren.
- Während der Reichstag dem deutsch=spanischen Handelsvertrag, dessen Inkrafttreten für den 1. Januar 1894 vorgesehen war, rechtzeitig seine Genehmigung erteilt hat, ist das Gleiche bekanntlich seitens der spanischen Cortes nicht geschehen.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 1 Seite 2]

Um nun das Eintreten eines dem Zollkrieg ähnlichen Zustandes nach dem am 31. Dez erfolgten Ablauf des gegenwärtigen Provisoriums zu vermeiden, hat die spanische Regierung den Wunsch zu erkennen gegeben, nochmals ein Provisorium auf kurze Zeit abzuschließen.
- Die Commissionen des rumänischen Parlaments haben den Handelsvertrag mit Deutschland angenommen.
- Die Zolleinnahmen des deutschen Reichs bleiben auch nach dem letzten Ausweis für die Zeit vom 1. April bis zum 1. November d. J. erheblich gegen die Einnahmen des Vorjahres zurück. Die Isteinnahme des Vorjahrs war um nicht weniger als 32,421,014 Mk. höher, als die des laufenden Jahres. Das ist rund 16%. Die Ursache der absteigenden Bewegung der Zolleinnahmen liegt nicht in den Handelsverträgen. Denn diese waren für die ganze Zeit der Vergleichsperiode von 1892 bereits in Kraft. Sie ist vielmehr wesentlich in dem Rückgang der Getreide=Einfuhr zu suchen, welcher in der ersten Hälfte des laufenden Rechnungsjahres eingetreten ist. Der Sommer 1892 stand noch unter der Rückwirkung der ungenügenden Körnerernte von 1891; die Einfuhr von Getreide war bis zu Ende und namentlich unmittelbar vor derselben ungewöhnlich hoch. In dem laufenden Jahr aber hat in Folge der günstigeren eigenen Ernte auch der Zeitraum vor der Ernte eine verhältnißmäßig geringe Getreideeinfuhr gehabt. Abgesehen von den Getreidezöllen weist das laufende Jahr keine Verminderung, sondern eine, wenn auch im Vergleich zu einigen der Vorjahre nicht erhebliche Erhöhung der Zollintraden auf.
- Nach der kürzlich erschienenen Statik des Waarenverkehrs des deutschen Zollgebiets mit dem Ausland im Jahr 1892 ist die Einfuhr aus Rußland von 580 Millionen Mark im Jahr 1891 auf 383 Millionen Mark in 1892 zurückgegangen. In der Hauptsache entfällt diese Verminderung auf Getreide, dessen Zufuhr aus Rußland infolge der deutschen Differentialzölle außerordentlich nachgelassen hat. Gewachsen ist dagegen die Einfuhr namentlich aus denjenigen Ländern, welche in der Versorgung Deutschlands mit Brotgetreide an Stelle Rußlands getreten sind. So betrug die Einfuhr aus den Vereinigten Staaten 1891 456 Millionen Mk., 1892 dagegen 612 Mill. Mk., wovon allein 98 Mill. Mk. auf Weizen, 23 Mill. M. auf Roggen und 46 Mill. Mk. auf Mais entfallen. Besonders tritt die Zuname der Einfuhr aus Bulgarien hervor, die von 1 Mill. Mk. in 1891 auf 17 Mill. Mk. in 1892 (darunter 8 Mill. Mk. Weizen und 4 Mill. Mk. Roggen) gewachsen ist. Die Einfuhr aus Rumänien betrug 1891 29 Mill. Mk., 1892 41 Mill. Mk. (Weizen 14 Mill. Mk., Roggen 4 Mill. Mk., Gerste 9 Mill. Mk., Mais 7 Mill. Mk.), die Einfuhr aus der Türkei 1891 14 Mill. Mk., 1892 28 Millionen Mk. (Roggen 17 Mill. Mk., Weizen 3 Mill. Mk.) Bemerkenswerth ist ferner die Zunahme der Einfuhren aus Spanien von 35 auf 41 Mill. Mk., aus Serbien von 3 auf 8 Millionen Mark, darunter namentlich Getreide, aus Egypten von 6 auf 13 Mill. Mk., worunter allein für 12 Mill. Mk. rohe Baumwolle sich befinden, sowie aus Britisch=Australien von 39 auf 85 Mill. Mk., darunter rohe Schafwolle im Werthe von 80 Mill. Mk.
- Die bulgarische Sobranje nahm durch Akklamation die Anträge der Regierung an, durch welche der Witwe des Grafen Hartenau und dessen Kindern eine Jahrespension von 40 000 Franks gewährt wird. Der feierliche Schluß der Session findet am Sonntag statt.
- Gladstone's jüngst verstorbener Hausarzt, Andrew Clart, hinterließ ein Vermögen von mehr als 203 969 Pfund Sterling, also mehr als 4 080 000 Mark.
- Der Nothstand in den Vereinigten Staaten tritt in der Zahl der Arbeitslosen immer noch in erschreckender Weise zu Tage. Wie der "Times" aus Philadelphia berichtet wird, sind in dieser Stadt 60 000, in Newyork 80,000 und in Chicago, wohin während der Ausstellung ein überaus starker Zuzug stattgefunden hatte, 120,000 Arbeiter ohne Beschäftigung.
- Stürmisches Winterwetter herrschte in England. Derbyshire und Nord=Wales hatten starken Schneefall. An der Küste von Cornwall scheiterte bei Lye Rock, in der Bai von Bossiney, die italienische Barke "Jota". Das Schiff ging so schnell unter, daß die Mannschaft ihr Leben durch Schwimmen retten mußte. 3 Seeleute ertranken.
- Die Influenza tritt jetzt in der Umgegend von Stockholm ganz epidemisch auf, in vielen Orten ist kein Haus, fast keine Familie von der Influenza verschont. In der schwedischen Hauptstadt selbst wurden vom 10. bis 16. v. Mts. 424 Erkrankungsfälle an Influenza von den Distriktsärzten angemeldet. In Gothenburg kamen gleichzeitig 572 Fälle vor.
- Ueber das Lebensalter der regierenden Fürsten giebt der neue gothaische Hofkalender für 1894 folgende Auskunft: Abgesehen von dem Papst Leo des XIII., welcher im 84. Lebensjahre steht, ist der älteste Fürst der am 24. Juli 1817 geborene, also 76 Jahre alte Großherzog von Luxemburg. Nicht ganz ein Jahr jünger sind der König von Dänemark und der Großherzog von Sachsen=Weimar. 74 Jahre alt sind die Königin von Großbritannien und der Großherzog von Mecklenburg=Strelitz. Nach diesen 6 über 70 Jahre alten Fürsten folgen 11, die zwischen 60 und 70 Jahre alt sind, sodann 5 über 50 Jahre alte, ferner 11, die zwischen 40 und 50 Jahre alt sind, 2 zwischen 30 und 40 und 2 zwischen 20 und 30. Die drei jüngsten regierenden Fürsten sind der 17 Jahre alte König Alexander von Serbien, die 13 Jahre alte Königin der Niederlande und der 7 1/2 Jahre alte König Alfons XIII. von Spanien. Werden die Regenten nach dem Regierungsantritt geordnet, so steht obenan die Königin von Großbritannien, welche seit dem 20. Juni 1836, also 56 1/2 Jahre, regiert; alsdann folgt der Kaiser von Oesterreich, der durch den Tod des Herzogs von Sachsen=Coburg und des Fürsten von Waldeck an die zweite Stelle gerückt ist, mit 45 Regierungsjahren, demnächst der Großherzog von Baden mit 41 und die Großherzöge von Oldenburg und Sachsen=Weimar=Eisenach, sodann der Herzog von Sachsen=Altenburg mit 40 Regierungsjahren. 14 Fürsten regieren noch nicht 10 Jahre, drei von ihnen, der Fürst Georg von Schaumburg=Lippe, der Fürst Friedrich von Waldeck und der Herzog Alfred von Coburg, sind erst im Jahre 1893 zur Regierung gelangt.
- Eines thatkräftigen Freundes haben sich die Musensöhne in Moskau zu erfreuen. Auf der dortigen Universität sollten kürzlich eine ganze Menge Studenten wegen Nichtzahlung der Kollegiengelder relegiert werden. Die dortigen Blätter brachten diese Mittheilung und eins derselben warf dabei die Frage auf, ob sich denn wirklich in dem reichen Moskau kein Mensch finden sollte, der durch Bezahlung der ganzen Schuld der armen Studenten die Fortsetzung ihrer Studien ermöglichen würde? Tags darauf bereits betrat ein behäbiger russischer Kaufmann die Universitäts=Canzlei. "Ist es richtig", wandte er sich an einen der Beamten, "was da gestern in der Zeitung stand. Werden alle die Studenten fortgejagt, welche die Kollegiengelder noch schulden? "Ja, das ist so." "Und wieviel machen diese Kollegienschulden, in Geld ausgedrückt?" 4800 Rubel sinds in Summa." Bedächtig griff der Kaufmann in seine Brusttasche, holte eine dicke wohlgespickte Brieftasche hervor, entnahm derselben einen Pack Geldscheine und begann sie vor dem Beamten auf den Tisch zu zählen. "So, hier sind die 4800 Rubel!" Prostschaite (Adieu!) Sprach's und ging hinaus, ohne weiter ein Wort zu verlieren. Den Namen des braven Mannes weiß man bis heute noch nicht.
- Die Rache des Reihers. Auf dem Gute Angallen in Ostpreußen hatte der Kämmerer des Besitzthums im letzten Sommer einen Reiher eingefangen, der durch eine Schußwunde flügellahm geworden war. Anfangs zeigte sich das Thier seiner neuen Umgebung gegenüber sehr scheu und trotzig. Nach und nach aber gewann es Zutrauen, besonders zu den Kindern, seinen treuen Pflegern, und folgte ihnen auf Schritt und Tritt. Als nun kürzlich die achtjährige Tochter der Kämmererfamilie und deren Schulfreundin ihre Kräfte im Ringen maßen, sprang plötzlich der Reiher auf letztere zu und versetzte ihr einen starken Schnabelhieb in das eine Auge, das infolgedessen die Sehkraft völlig verlor.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 1 Seite 3]

- Das Frühaufstehen. Im Allgemeinen gehört wohl bei Erwachsenen, die den Genuß, welcher im Frühaufstehen liegt, einmal empfunden haben, keine Ueberwindung und Mühe mehr dazu, diese Gewohnheit zu üben. Bei den meisten Menschen aber bleibt es tägliche Ueberwindung. Und doch ist es gut für die Gesundheit, es bringt mehr Zeit ein, als irgend sonst etwas, es ist eine tägliche Gelegenheit zur Selbstverleugnung und es fördert Heiterkeit und gute Laune. Auch gewinnt man durch die ruhige ungestörte Zeit, welche die frühen Morgenstunden bieten, Muße zur Einkehr in die eigene Seele. Alle häuslichen Arbeiten sollte man so früh wie möglich am Morgen erledigen, denn man gewinnt dadurch manche Stunde des Tages für andere Verwendung. Der Unterschied zwischen dem Aufstehen um 6 und um 8 Uhr beträgt in 40 Jahren 29 000 Stunden oder 3 Jahre 120 Tagen und 16 Stunden, oder 8 Stunden des Tages 10 Jahre lang, sodaß das Aufstehen um 6 Uhr in Hinsicht des Geschäft ebenso gut ist, als lebe man 10 Jahre länger. Früh am Morgen ist auch der Geist frisch und jede Arbeit geht leichter von statten.
- Eugen Richter=Zigarren! Da es mit der Eugen Richter=Straße in Eisenach nichts geworden ist, offeriert jetzt eine sächsische Zigarrenfabrik den freisinnigen Parteigenossen "Eugen Richter=Zigarren" in 6 verschiedenen Marken unter Angabe der einzelnen Qualitäten z. B. "Eugen Richter IV angenehm und mild." Auch "Eugen Richter II fein aromatisch" ist nicht übel. Die Berliner "Germania" vermißt eine Qualität "Eugen Richter=Zigarren kräftig und grob", ebenso eine Qualität "Kulturkampfeinlage mit freisinnigem Deckblatt".


Anzeigen.

Die herrschaftlichen Mühlen zu Schönberg und der sogen. alte Bauhof daselbst werden zu Johannis 1894 vacant und ist die öffentlich meistbietende Wiederverpachtung derselben von dem Großherzoglichen hohen Kammer= und Forst=Collegio zu Neustrelitz angeordnet. Zu diesem Zwecke steht ein Termin auf

Freitag, den 12. Januar 1894
Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Großherzoglichen Domainenamte an, wozu Pachtliebhaber hierdurch eingeladen werden.
Dem Großherzoglichen hohen Kammer= und Forst=Collegio bleibt die Entscheidung über die Annehmlichkeit des Gebots und die Wahl unter den drei Meistbietenden vorbehalten und haben dieselben, falls sie nicht schon Kammerpächter sind, sofort eine Caution von 2000 M. zu bestellen, sich über ihre bisherige Führung und Tüchtigkeit, sowie auch über das zur Annahme der Mühlen und zur Erfüllung der Bedingungen erforderliche Vermögen auszuweisen.
Bemerkt wird, daß die Verpachtungsbedingungen in der hiesigen Domainenamts=Registratur zur Einsicht bereit liegen und die Pachtstücke nach zuvoriger Meldung bei dem Mühlenpächter Franck in Augenschein genommen werden können.
Schönberg, den 22. Dezember 1893.

Großherzoglich Mecklb. Domainen=Amt.
Cl. v. Oertzen.


Vor dem unterzeichneten Amtsgerichte wird hierdurch gemäß Art. 14 des Allgem. Deutschen Handelsgesetzbuchs zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die im Artikel 13 daselbst vorgeschriebenen Bekanntmachungen auch für die Dauer des Geschäftsjahrs 1894 durch die Schönberger Wöchentlichen Anzeigen, die Eisenbahn=Zeitung und den Deutschen Reichs= und Königlich Preußischen Staats=Anzeiger erfolgen werden.

Schönberg im Fürstenthum Ratzeburg,
den 29. December 1893.
Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    A. Dufft.


Der Zimmermeister Chr. Egert zu Schönberg als väterl. Vormund seines minderjährigen Sohnes Nikolaus Wilhelm, hat das Aufgebot des bei dem im Mai 1889 bei ihm stattgehabten Brande angeblich verloren gegangenen Einlagebuchs Nr. 2195 der Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt hieselbst zu Johannis 1891 über 45,49 M. lautend auf Nikolaus Wilhelm Egert, beantragt.
Der Inhaber des qu. Einlagebuchs wird aufgefordert, spätestens in dem am

Dienstag, den 16. Januar 1894,
Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Aufgebotstermine seine Rechte anzumelden und das Einlagebuch vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung desselben erfolgen wird.
Schönberg, den 27. November 1893.

Großherzogl. Amtsgericht.
(gez.:) Dr. jur. E. Hahn.
                                                    Veröffentlicht
                                                    M. Wienck,
                                                    Amtsger.=Diätar.


Holz=Auction Nr. 6.

Am Montag, den 8. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Wienck zu Sülsdorf folgende Holzsortimente öffentlich meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden:

Aus dem Schwanbecker Zuschlag.

ca.   60 Stück Eichen Langhölzer worunter gute Nutzholzblöcke.
ca.     4 Rmtr. Eichen Kluftholz II. Cl.
ca.   20 Rmtr. Eichen Knüppel.
ca.   13 Fuder Eichen Pollholz.
ca.   10 Stück Buchen Nutzholzblöcke = 10,36 Festmeter.
ca. 265 Rmtr. Buchen Kluft I u. II Cl.
ca.   35 Rmtr. Buchen Knüppel.
ca.   45 Fuder Buchen Pollholz und Durchforstholz III. Cl.
ca.   30 Fuder Ellern Wadellholz I u. II Cl.
Schönberg, den 30. December 1893.

                                                    Der Oberförster: C. Hottelet.


Es wird hierdurch bekannt gemacht, daß der Weg über meine Hofstelle nach Carlow mit schwerem Fuhrwerk nicht befahren werden darf.
Pogez, den 27. Dezember 1893.

                                                    J. Robrahn,
                                                    Hauswirth.


Gesucht zu sofort ein                          
Pferdeknecht,
zu Ostern eine                                                    
Arbeiterfamilie
in Wohnung.                                                    
Lockwisch bei Lüdersdorf.                          
                                                    J. Kröger.


Gesucht zum 1. Februar ein
junges Mädchen
zum Kochen lernen.                                                    
                                                    C. Klempau,
                                                    Offiziers=Kasino,
                                                    Lübeck.


Nachdem ich mich hierselbst als

Bauunternehmer

niedergelassen habe, empfehle ich mich bei Neubauten, Reparaturen und sonstigen in der Zimmerei vorkommenden Arbeiten, speziell auch zur Anfertigung gewöhnlicher und feinerer Treppen, sowie auch als Vertrauensmann bei Taxationen, angelegentlichst.
Eine sorgfältige und billige Bedienung zusichernd, bitte ich ein geehrtes hiesiges und auswärtiges Publikum, mein Unternehmen durch gütiges Wohlwollen zu unterstützen.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    A. Heitmann,
                                                    Siemzerstraße 198.


Reisfuttermehl,
von M. 3. - an nur waggonweise.
G. & O. Lüders, Dampfreismühle, Hamburg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 1 Seite 4]

Spethmann's Hôtel und Restaurant.
Schüsselbuden Lübeck, gegenüber der Post.
Warme u. kalte Speisen nach der Karte zu jeder Tageszeit.
Reichhaltige Weinkarte. Electrische Beleuchtung. Gute Hamburger Küche.
Dem geehrten Publikum bestens empfohlen.


Wohnungs=Veränderung.
Dr. med. Uter,
Specialarzt für Frauenkrankheiten und Geburtshülfe.
Lübeck, Mühlenstraße 32 (Ecke Kapitelstr.)


--------------------------------------------------------------
Viel Geld liegt begraben

in alten Briefen mit Marken von 1850 bis 70; ich bezahle für alle alten Marken höchste Preise, für alte Mecklenburger, auf ganzen Briefen, für 1/4 Silbergr. rothgelb 1/3 Silbergr. grün und 1 Schilling violett 25 Mark p. Stück.
Offerten an

                                                    Robert Fröhlich,
                                                    Exportgeschäft, Leipzig.
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Ein gut erhaltenes                          
Fortepiano
verkauft.                                                    J. Wegner, Lehrer.


    Prima böhm. Stückbraunkohlen
    Prima Harbker u. Marie Brikets
    Prima Nußkohlen
                              empfiehlt
                                                        F. Heitmann.


Waschen Sie Ihr Vieh
nur mit Wasmuths Vieh-Wasch-Essenz zu haben in Schönberg bei
                                                    C. Schwedt.


6 bis 8 Fuder Dung
habe abzugeben                                                     C. Schwedt.


Unser in Carlow belegenes von dem Barbier Holst bewohntes

Haus

sind wir gewillt, zu Ostern d. J. zu verkaufen, event. zu verpachten.

                                                    Geschwister Heidtmann.

NB. Anfragen sind zu richten und nähere Bedingungen zu erfahren bei

                                                    H. Heidtmann.
                                                    Wrist i. H.


Wieder ermäßigte Preise
für
Kohlensäure.
Prospecte auf gefl. Anfrage bei der
Hamburger Kohlens.=Industrie
von
Ferd. Petersen.
Wiederverkäufer, Bierbrauereien,
Gastwirth=Vereine erhalten Rabatt!


Ein langhaariger, schwarzer

Arco Hirtenhund

mit einem kleinen, weißen Fleck an der Brust hat sich am Donnerstag, den 28. v. Mts. Abends im Rohr des Lockwischer Sees angefunden. Der Eigentümer wird gebeten, den Hund gegen Erstattung der Insertions=Gebühr abholen zu wollen.

                                                    G. Dierking.


Allen verehrten Gönnern und Freunden, hiermit den
herzlichsten Glückwunsch
zum neuen Jahr!
Teterow i. Mecklbrg.                          
                                                    Alexander Weymann,
                                                    Theaterdirektor.


Lavatus
ist das beste Fleckenreinigungsmittel.


Die außerordentliche                                                    
Haupt=Versammlung
der Schuhmacher=Innung pro 1894
findet am Montag, den 8. Januar 1894
von morgens 10 Uhr

an im Innungs=Lokale statt, und werden die Mitglieder hierdurch freundlichst eingeladen.
                          Tagesordnung:
      1) Neuwahlen des Vorstandes etc.
      2) Einzahlen der Beiträge.
      3) Besprechung wichtiger Innungs=Angelegenheiten.
Schönberg, im Dezember 1893.

                                                    Der Vorstand.


Am 29. Dezember starb nach Gottes unerforschlichem Rathschluß, in Folge längeren Leidens, unser lieber Sohn

Heinrich

im Alter von 18 Jahren.
Tief betrauert von den Hinterbliebenen.

                                                    Hans Lohse
                                                    und Familie.

Gr.=Siemz, den 29. Dezember 1893.
Die Beerdigung findet Mittwoch, den 3. Januar, Mittags 12 Uhr von Boyes Gasthaus statt.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nachm. 5,40 Nachm. 8,54 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 51-53 M., Sauen 40-48 M., Kälber 50-80 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 1 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 1 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. Januar 1894.


          - Nr. 25 des "Offiziellen Anzeigers" für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1893 enthält in der
      I. Abtheilung.

(1.) Verordnung zur .Abänderung der Verordnung vom 19. December 1883, betreffend Erhebung einer Steuer vom Gewerbetrieb im Umherziehen.
      II. Abtheilung.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die Großherzogliche Prüfungsbehörde für die Apothekergehülfen.
(3.) Bekanntmachung, betreffend die Anmeldung dienstpflichtiger unabkömmlicher Beamter.
(4.) Bekanntmachung, betreffend die Zinsscheine der Reichsanleihe.
(5.) Bekanntmachung, betreffend die für Leistungen an das Militair zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pro Monat November 1893.
      III. Abtheilung. Dienst= etc. Nachrichten.
          Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben nach dem Ableben des Obersteuerraths Grapow den bisherigen Amtsverwalter Heinrich Spieckermann in Schönberg von Weihnachten v. Js. an zum Steuercommissair und Verwalter der Großherzoglichen Hauptkasse daselbst, sowie zum Einnehmer und Berechner der ordentlichen Contribution und der übrigen Herrschaftlichen Gefälle im Fürstenthum Ratzeburg zu ernennen geruht.


- Neustrelitz. Zu Ehren des 25 jährigen Jubiläums der Senatoren Commerzienrath Krüger u. Amtmann Kohrt sind am 29. v. M. viele Häuser der Stadt festlich beflaggt. Der Bürgermeister Rath Wohlfahrt begrüßte die Jubilare in der Magistratssitzung und dankte ihnen für ihre treue Amtsverwaltung und für die kollegialische Gesinnung, die sie ihren Collegen und Untergebenen stets entgegengebracht hätten und sprach den Wunsch aus, daß es den Jubilaren in Rüstigkeit und Frische noch lange vergönnt sein möge, an der städtischen Verwaltung teilzunehmen. Danach überreichte er ihnen die für sie ausgefertigten Ehrenbürgerbriefe. Zu Ehren der Jubilare fand am 29. December ein Festessen im Schützenhause statt.
- Güstrow, 28. December. In der heute Morgen im Schützenhaussaale einberufenen Gläubigerversammlung der Mecklenb. Viehversicherungsgesellschaft hatten sich sehr zahlreich - wohl über 1000 - Gläubiger und auch Mitglieder eingefunden. Um 10 Uhr eröffnete Herr Amtsrichter Eberhard! die Versammlung mit dem Bemerken, daß an derselben nur teilzunehmen hätten die eigentlichen Gläubiger, jedoch sollte auch den Mitgliedern, die doch ein besonderes Interesse an diesen Verhandlungen hätten, das Verbleiben im Saale gestattet werden. Alle anderen Personen, die nur aus Neugierde gekommen, zu der Gesellschaft also keine Beziehungen hätten, möchten den Saal verlassen.
Die dann aufgestellte Präsenzliste der Gläubiger ergab die Summe der für heute stimmberechtigten Forderungen mit 185 498 M., während die Gesammtforderungen sich nach den bisherigen Feststellungen auf ca. 526 000 M. beziffern. Den größten Posten in der heutigen Versammlung ließ der frühere Director Marci mit 101 392,08 M. anmelden, von welcher Summe jedoch vom Concurs gewiß nun als stimmberechtigt 11 392 M. zugelassen wurden. Gegen 2 Uhr waren die Anmeldungen der Forderungen beschafft und nach einer Pause fand um 3 Uhr der Fortgang der Verhandlung statt, die erst um 8 Uhr ihr Ende erreichte.
In einem langen ausführlichen Bericht beleuchtete der Concursverwalter, Herr Obersteuercontroleur a. D. Höpner, die Ursachen und das Hereinbrechen der Krisis, wie wir bereits mitgetheilt haben, bemängelte auch die Buchführung und die Handlungsweise des Aufsichtsraths und gab zum Schluß Rathschläge, wie die Gesellschaft am raschesten aufzulösen sei. An diesen Vortrag knüpfte sich noch eine kurze Besprechung, indem von einem Mitglied die Anfrage gerichtet wurde, ob nicht der Aufsichtsrath zur Verantwortung gezogen und zum Schadenersatz angehalten werden könnte. Der Concursverwalter bemerkte hierzu, daß es üblich sei, daß der Staatsanwalt den Concursverwalter zum Schluß zum Bericht auffordere und dieser dann über die Lage, besonders auch über die Buchführung zu berichten habe, und sei es dann Sache des Gerichts, ev. vorzugehen.
Hierauf wurde die Wahl des Concursverwalters vorgenommen und fast einstimmig als solcher Herr R.=A. Dr. jur. Hillmann gewählt. In den Gläubigerausschuß wurde beschlossen 5 Personen zu wählen, und zwar 3 aus Güstrow, 1 aus Holstein und 1 aus Strelitz. Durch Stimmenmehrheit wurden gewählt die Herren R.=A. Dr. Hinrichsen=Güstrow, Landrath Dr. Scheiff=Pinneberg, Generalagent Heidborn=Güstrow, Gutspächter Karbe=Marly und Rechtsanwalt Krull=Güstrow. - Beschlossen wurde sodann mit Einstimmigkeit, daß das Geschäft geschlossen werden sollte. Von dem Concursverwalter wurde noch darauf aufmerksam gemacht, daß entstehende Schäden nach dem 31. December nicht mehr reguliert würden.
Beschlossen wurde sodann, daß der Concursverwalter Geld und Werthpapiere bei der Mecklenb. Bank zu belegen habe auf Conto=Corrent, ferner daß der Gläubigerausschuß bestimmen solle, in welchen Zwischenräumen der Concursverwalter Bericht erstatten und Rechnung ablegen solle, ob und inwieweit eine öffentliche Bekanntmachung erfolgen solle.
Um 8 Uhr wurde die Versammlung, wie bereits gemeldet, geschlossen und verließen mit dem 9 1/2 Uhr=Zuge die letzten Gäste - die anderen waren schon mit früheren Zügen abgereist - unsern Ort.
- Güstrow. Die am 28. December abends hieselbst stattgehabte Versammlung im Hotel Kaiserhof in Sachen des Concurses der Mecklenb. Viehversicherungsgesellschaft war zahlreich besucht. Den Vorsitz führte Herr R.=A. Lorenz=Neustrelitz und gab der Concursverwalter Höpner ein Bild der Lage des Concurses, soweit sich dies nach der Bewältigung des Materials geben lasse. Derselbe unterzog das Vorgehen der Direction und des Aufsichtsrathes einer scharfen Kritik und wies hin auf die kostspieligen Revisionen und Organisationen, auf die hohen Verwaltungskosten, auf die den Agenten gezahlte große Provision usw. Er beleuchtete und bemängelte die Buchführung, ferner die Stellung welche der Vorsitzende des Aufsichtsraths, der auch zugleich Viehtaxator gewesen und Revisionen ausgeführt habe und Somit nach einer Seite über, nach der andern unter der Direktion gestanden. Einen stürmischen Charakter nahm die Versammlung, als der Vorsitzende des Aufsichtsraths sich gegen die Ausführungen wandte und mußte derselbe durch die Rufe "raus! raus!" auf das Weiterreden verzichten. In der weiteren Besprechung wurde der Wunsch ausgesprochen, daß falls die Mitglieder kein Stimmrecht zu der Gläubigerversammlung hätten, doch derselben anwohnen können und soll ein darauf bezüglicher Antrag gestellt werden. Zur Frage der Wahl des Concursverwalters wurde hervorgehoben, daß bei der schwierigen Sachlage ein Jurist zu empfehlen sei.
- In Passow bei Lübz machte sich eine Tagelöhnerfrau am heiligen Abend den Scherz sich als Mann zu verkleiden, und wählte zu ihrer Frisur eine Perücke nebst Bart aus Flachshede. Bei der Bescheerung hatte die Person das Unglück, einem brennenden Lichte des Tannenbaums zu nahe zu kommen, so daß im Augenblick Bart und Perücke in Flammen standen, wodurch Kopf und Gesicht jämmerlich verbrannt wurden. Es mußte noch in der Nacht ärztliche Hülfe herbeigeholt werden.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 1 Seite 6]

- Ueber die Influenza=Epidemie veröffentlicht Dr. P. Sperling=Berlin in der neuesten Nummer der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift" einen interessanten Aufsatz. Danach ist die jetzige bereits die vierte Epidemie der neueren Zeit. Ob sie vom Auslande neu eingeschleppt ist oder aus zurückgebliebenen Keimen der vorigen Seuche entstanden ist, läßt sich mit Sicherheit nicht feststellen. Die erste Epidemie im Winter 1889/90 zeichnete sich durch besondere Heftigkeit aus, während die zweite im Winter 1891/92 weniger bösartig war und schneller aufhörte. Die dritte Epidemie begann im November 1892 und endete erst im Herbst 1893. Die jetzige Epidemie, hat in Frankfurt a. O. und Nürnberg die ersten Fälle gezeigt, hohe Sterbeziffern ergaben sich besonders in Darmstadt, Altona, Berlin (46 Todesfälle), Frankfurt a. M., Bremen, München, Mainz, Magdeburg, Danzig und Stettin. Was das Ausland angeht, so herrschte die Influenza sehr stark in Großbritannien, besonders in London, Liverpool und Edinburgh. Ebenso werden aus Kopenhagen und Stockholm hohe Erkrankungsziffern gemeldet. Auch in Prag, Budapest und Wien ist eine ganze Anzahl von Fällen vorgekommen ist.
- In der Hofgesellschaft zu Berlin finden seit einiger Zeit Proben zu der neuen Gavotte (Quadrille) statt, die am Hofe eingeführt werden soll. Die Tänze studiert die frühere kgl. Tänzerin Frau Volden ein.
- Endlich! Herr v. Levetzow, der Reichstagspräsident und Vorsitzende des Centralkomitees zur Errichtung eines Bismarck=Denkmals in Berlin, hat die Mitglieder des Komitees zu einer Sitzung auf den 12. Januar d. J. zusammengerufen, um zunächst einmal die Platzfrage zu erörtern. Hoffentlich giebt es in Berlin noch einen Platz für den Fürsten Bismarck!
- Eine Klebe=Geschichte. Seit einiger Zeit weilt der Revisor der Invaliditäts= und Altersversicherungs=Anstalt der Provinz Brandenburg in Prenzlau, und es hat sich bereits herausgestellt, daß ganz Prenzlau falsch geklebt hat. Durch irrthümliche Auffassung der behördlichen Bekanntmachungen ist dort für sämtliche männliche Arbeiter, ohne Rücksicht auf die Krankenkassenbeiträge, der ortsübliche Arbeitslohn von 1,40 als Norm angenommen worden, und es sind demnach nur 20 Pf.=Marken zum Einkleben verwendet worden. Die falsch verwendeten Marken werden vom Revisor als ungültig verwandt vernichtet und müssen als Ersatz 24 Pf.=Marken aufs neue verklebt werden. Es sind an einzelnen Stellen 100 bis 800 Mark vernichtet worden.
- Die Markthallen in Berlin hatten am Freitag nachmittag einen so starken Verkehr zu verzeichnen, wie sie ihn bisher noch nicht gesehen haben. In den Abendstunden von 5-8 Uhr mochten an 10 000 Personen in der Centralmarkthalle ihre Einkäufe für das Fest bewirkt haben. Besonders viel zu thun hatten die Wildbrethändler, die allein in der Centralmarkthalle etwa 17 000 Hasen absetzten. Obst wurde in noch nie dagewesenen Massen verkauft, und zwar zu sehr billigen Preisen; der Umsatz darin betrug am Freitag allein im Engroshandel etwa 90 000 Mk.
- In Bromberg erschoß sich in der Kaserne der Einjährig=Freiwillige Knopf von der 3. Kompanie des 44. Füsilier=Regiments. Verletztes Ehrgefühl soll, der "Danz. Ztg." zufolge die Ursache gewesen sein. Der Unglückliche ist der Sohn eines wohlhabenden Gutsbesitzers in der Inowrazlawer Gegend.
- In der Nacht zum Sonnabend erfroren auf freiem Felde in der Nähe der Stadt Dortmund 2 Kinder eines Händlers, die sich in der Dunkelheit verirrt hatten. Sie waren 8 und 12 Jahre alt.
- Mit der Gültigkeit der Rückfahrkarten auf die Dauer von 10 Tagen haben die Bayern gute Geschäfte gemacht. Minister von Crailsheim erklärte in der bayr. Kammer, daß die Erweiterung der Gültigkeitsdauer aller Rückfahrten auf 10 Tage bedeutende Verkehrssteigerung zur Folge gehabt und sich auch finanziell rentiert habe. - Warum geht nun Preußen und die andern deutschen Bahnen nicht auch damit vor?
- Zum zweiten Mal ist eine falsche 50=Mk.=Note der Deutschen Reichsbank angehalten worden. Das Falsifikat ist ziemlich gut und besser als die bisherigen angefertigt, aber dadurch leicht erkennbar, daß die Strafandrohung höchst mangelhaft ausgeführt ist. Auf die Entdeckung des Herstellers der Falsifikate ist bekanntlich eine Belohnung bis zu 3000 Mark ausgesetzt worden.
- Auf der Strecke Bonn=Rhein ist am Freitag ein Lokomotivführer während der Fahrt durch eine Schrotladung unterhalb des Auges verwundet worden. Wie der Jäger, der den Schuß abgegeben hat, dazu gekommen ist, die Lokomotive für einen Hasen anzusehen, wird er vor dem Gericht zu erklären haben.
- Ein Hypotheken=Makler und ein Pferdehändler in Berlin, die Offiziere der sächsischen Armee in wucherischer Weise ausgezogen haben, sind kürzlich verhaftet und nach Dresden transportiert worden.
- In der Nähe von Barzelona ist am Sonnabend infolge von Geständnissen der verhafteten Anarchisten eine äußerst interessante Entdeckung gemacht worden. Die Polizei fand nämlich in der Nähe des Vororts Gracia am Abhang eines Berges eine geräumige Höhle, zu der ein schmaler, 500 m langer Gang führte. In derselben sahen die mit Fackeln versehenen Polizisten ein vollständig anarchistisches Laboratorium. In einer Ecke waren 40 leere Bomben aufgestapelt, in einer anderen befanden sich ein Schmelzofen, Zangen und allerlei Geräthe. In Fächern längst den Wänden waren untergebracht Lunten, große Flaschen mit Glycerin und Salpetersäure, allerlei chemische Substanzen, Gießformen zur Herstellung von Bomben, zehn Kisten Dynamit, Glastrichter und Gewehrläufe. In einer kleineren Nebenhöhle entdeckte man eine Fachbibliothek, Abhandlungen über Chemie, Formeln zur Verfertigung von Sprengstoffen u. dgl. Alles wurde nach Barzelona geschafft. Die Untersuchung gegen die verhafteten Anarchisten ist weit vorgeschritten und die Gerichtsverhandlungen sollen Mitte Januar beginnen. Der italienische Anarchist Rinaldi, ein Mitschuldiger des Attentäters Pallas und der Urheber des Dynamitattentats im Lyceo=Theater zu Barzelona, der sich seit dem 12. November im Gefängniß zu Perpignan befand, ist vor einigen Tagen an Spanien ausgeliefert worden.
- Der Sprosse eines der ältesten österreichischen Adelsgeschlechter, der 22jährige Ulanenoffizier Graf Alois Hardegg, hat sich Schulden halber in Wien erschossen.
- Beim Besteigen der Raxalpe gerieten die beiden Beamten Deiner und Litschke in ein Schneegestöber und verloren den richtigen Weg. Deinzer wurde erstarrt als Leiche, Lischke an beiden Füßen erfroren aufgefunden.
- Pariser Blätter wollen aus sicherer Quelle in Erfahrung gebracht haben, daß Vaillant seit dem Attentat in der Deputiertenkammer, also im Gefängnis, über 3000 Franken in Postanweisungen oder Briefmarken erhalten hat. Unzweifelhaft von Bewunderern, die ihn in der Haft gut verpflegt wissen wollen!
- Nach den in Paris eingetroffenen Nachrichten soll der Zustand des Königs von Siam sehr ernst, fast hoffnungslos sein.
- Ein Angler fischte aus dem Seine=Kanal bei St. Denis ein Paket auf, das 178 Eisenbahn=Obligationen im Werte von 110 000 Frks. enthielt.
- Bei einem Wettrennen zwischen einem amerikanischen Kuhhirten und einigen Radfahrern in Bordeaux hat der Reiter gesiegt und den ausgesetzten Preis von 20 000 Frauen erhalten. Nach neun Stunden hatte der Reiter 264 und der Radfahrer 251 Kilometer zurückgelegt.
- Von 15 russischen Schmugglern, die bei Szittkehmen Thee über die Grenze schmuggeln wollten und dabei von 2 deutschen Grenzaufsehern überrascht wurden, ist der größte Teil derselben mit Zurücklassung der Ladung über die Grenze geflohen. Drei Russen jedoch sind festgenommen und zehn Zentner Thee beschlagnahmt worden.
- In Abilene (Kansas) ist man einem Komplott auf die Spur gekommen, Ruth, die älteste Tochter des Präsidenten Cleveland, zu entführen. Es ist natürlich auf das Lösegeld abgesehen. Auch zwei Frauenzimmer sind in die Sache verwickelt.


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