No. 85
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 31. Oktober
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 85 Seite 1]

- Die Finanzfragen des Reichs sind am Dienstag und Mittwoch im Finanzausschuß der bayrischen Kammer zur Erörterung gelangt, wobei es nicht ohne klerikale Bosheiten wider das Reich und Preußen abgegangen ist, die jedoch von den Ministern sehr bestimmt zurückgewiesen worden sind. Der Inhalt der ministeriellen Erklärungen läßt sich wie folgt zusammenfassen: Ohne das Reich wären die kleineren deutschen Staaten keinen Tag ihrer Existenz sicher und würden sie diese vielleicht im Lauf des letzten Vierteljahrhunderts schon verloren haben. Preußen war vor der Begründung des Reichs eine europäische Großmacht, und es wurde ohne dasselbe eine solche sein, alle anderen deutschen Staaten waren vorher ohne Preußen die sichere Beute jedes starken Angreifers, Kompensations=Objekte für jede skrupellose Politik. Daß hiervon die deutschen Regierungen allesammt jetzt durchdrungen sind, ist eines der wertvollen Ergebnisse des ersten Vierteljahrhunderts des Nationalstaates.
- Die am Mittwoch geschlossene Konferenz der Finanzminister schloß sich einer offiziösen Notiz der "Nordd. Allgem. Ztg." zufolge einstimmig der Auffassung an, daß eine das Verhältniß der Einzelstaaten zum Reich regelnde Finanzreform im Interesse der ersteren unbedingt geboten sei, da das System der Matrikularbeiträge nach dem Fortfall der Ueberweisungen nichts anderes bedeute, als die Verlegenheiten des Reichs auf die Einzelstaaten zu übertragen. Die Entwürfe der Tabaks= und Reichsstempelsteuer fand einstimmig Billigung. Bezüglich des Weinsteuerentwurfs wurde beschlossen, weitere Erwägung darüber anzustellen, ob nicht auch bei einer Erleichterung der vorgesehenen Kontrollen der finanziellen Erfolge der Vorlage gesichert erscheinen möchte. Darnach scheint man also über Wertgrenze und Höhe der Besteuerung sich geeinigt zu haben. Zur Verhinderung der Spekulation wird mitgetheilt, daß eine Nachbesteuerung der Tabaksfabrikate in Aussicht genommen sei, deren Höhe noch nicht feststeht. Der Ertrag der Tabakfabriksteuer wird auf 108 Millionen berechnet, wovon 8 Millionen als Erhebungskosten abgehen. Der Rauchtabak soll 36,5, Cigarren 71,7 Millionen einbringen. Von der Gesamteinnahme würden 60 Millionen auf die geringwerthigsten Fabrikate entfallen. Von Rauchtabaken haben die von 60 Pfennig (Mecklenburg). bis 1 M. pro Pfund. 24,9 Millionen zu tragen: die höherwerthigen Tabake nur 11,5, von Cigarren die bis zu 5 Pfennig (Mecklenburg). 41,8 Millionen, die zu 6 Pfennig (Mecklenburg) 12,8 Millionen und die über 6 Pfennig (Mecklenburg). 16,9 Millionen.
- Die Einführung der zweijährigen Dienstzeit für die Fußtruppen hat bei der Infanterie tiefgreifende Veränderungen des Schießdienstes im Gefolge gehabt. Es giebt künftig entsprechend den Altersklassen des Ersatzes nur noch eine 1. und 2. Schießklasse. Der früheren 3. Schießklasse entspricht jetzt die 2., der früheren 2. die 1. Die schon früher bestandene Schießklasse aus Offizieren und Unteroffizieren von bestimmten Leistungen umfaßt künftig auch die Kapitulanten. Die Bedingungen der Hauptübungen sind erweitert, resp. verschärft.
- Eine schneidende Kritik des Alters= und Invaliditätsversicherungsgesetzes liefert die jetzt gemachte Mitteilung über das Versicherungsergebnis im letzten Jahre. Nach Ausweis des Verwaltungsberichtes hat der Staat als Erlös für verkaufte Beitragsmarken 4 610 000 Mark vereinnahmt. Hiervon wurden an Invalidenrenten 10 335 M., an Altersrenten 174 356 M., also zusammen rund 185 000 M. ausgezahlt. Die Verwaltungskosten betrugen 130 000 M. Der Widersinn eines solchen Verhältnisses leuchtet auch dem konservativen "Reichsboten" ein. Er schreibt: Zahlen reden! Und diese Zahlen sagen laut, daß das Gesetz in seiner jetzigen Reservefondsgrundlage falsch ist; denn 4 610 000 M. jährliche Beiträge erheben, daraus 185 000 M. Pensionen zahlen - das ist ein unerträglicher Zustand, und es schwindelt einem, wenn man an die Verwaltung denkt, wenn erst die Karten sich zu Bergen angesammelt haben!
- Vom Fürsten Bismarck wird in der Mün. "Allg. Ztg." erzählt, daß er die Ernennung des Generals v. Bronsart zum Kriegsminister als "eine Leistung ersten Ranges, vor welcher er sein Kompliment mache", bezeichnet habe. Es wird hinzugefügt, daß sie aus der eigensten Initiative des Kaisers direkt hervorgegangen und unmittelbar ausgeführt worden ist.
- Wie man aus Friedrichsruh schreibt, ist das Befinden des Fürsten Bismarck ein ganz vorzügliches, insofern als die Besserung immer noch im Fortschreiten ist. Das Aussehen ist im Allgemeinen wieder ein frischeres geworden, nur sind die Furchen in dem Antlitz noch tiefer gegraben und lassen die Augen noch mehr hervortreten; die Haltung ist nur wenig gebückter geworden, dagegen ist noch immer eine gewisse Behinderung des rechten Armes bemerkbar. Täglich unternimmt der Fürst eine längere Spazierfahrt oder auch einen Spaziergang in den Wald.
- Die entlassenen Reservisten und Landwehrleute seien darauf aufmerksam gemacht, daß die an das Bezirkskommando einzureichenden Pässe und Schreiben zum Zwecke einer Ab= oder Anmeldung nicht in einem verschlossenen Couvert, sondern offen übersenden, da ihnen sonst Kosten durch Strafporto entstehen. Nur wenn das Schreiben mit einem Stempel der Ortsbehörde versehen ist, kann es verschlossen gesendet werden, ohne daß Portokosten hierdurch entstehen. Zu beachten ist, daß alle Schreiben den Vermerk "Militaria" tragen müssen.
- Während der sozialdemokratische Parteitag in Köln seine Sitzungen hält und die Herrn Genossen sich u. a. über die Reformen streiten, die zur Verbesserung der Parteipresse eingeführt werden sollen, ist aus Berlin der Leiter der sozialdemokratischen Buchhandlung des "Vorwärts", Max Held, mit 400 M., die sich in der Kasse befunden haben, flüchtig geworden. "Am Gelde hängt, nach Gelde drängt doch alles, ach, wir Armen!"
- Der Pariser "Temps" ist bei dem Nachruf, den er den scheidenden Russen gewidmet hat, ein klein wenig aus dem Text gefallen. Es ist unglaublich nüchtern, auch die praktische Seite des Bündnisses mit Rußland ins Auge zu fassen. Die

[ => Original lesen: 1893 Nr. 85 Seite 2]

internationalen Höflichkeiten zwischen Rußland und Frankreich seien sehr im Zug, weniger glatt als der Austausch solcher Liebenswürdigkeiten entwickele sich derjenige der Waren. Frankreich habe im vorigen Jahr nur für 12 Millionen Waren nach Rußland aus=, dagegen von dort für 166 Millionen eingeführt. Der jetzt bestehende Handelsvertrag gewähre keine genügenden Vorteile, und Frankreich werde künftig darauf halten müssen, daß seine Vertretung in Petersburg nicht bloß Zunft=Diplomaten, sondern auch gewichtigen praktischen Geschäftsleuten anvertraut werde. Der Artikel nimmt sich fast wie eine Hotelrechnung aus. Was wird der "Temps" erst sagen, wenn das "dicke Ende" nachkommt: eine rechtschaffene russische Anleihe, für die sich die Anzeichen täglich mehren!
- Admiral Avellan war in den letzten Tagen seines Pariser Aufenthaltes stark damit beschäftigt, Deputationen und Geschenke entgegenzunehmen. Unter Führung des Akademikers Meziers erschien u. a. eine Deputation der lothringischen Festkomitees, die über 45 000 Franks für Geldgeschenke gesammelt hatten. Die Geschenke bestehen in emaillierten Bowlen, Trinkgefäßen, künstlerischen Fayencen von Longwy etc. Der russische Admiral erhielt ferner während seines Pariser Aufenthaltes siebzehntausend Briefe, darunter zehntausend von Frauen, die ihn um eine Begegnung, ein Autogramm oder eine Locke bitten. Der Russentaumel fordert seine Opfer, am Dienstag erwartete eine Frau aus dem Volke, die sich aus russischen Fahnen ein Hemd genäht hatte, auf der Brücke bei Clichy die Vorbeifahrt des Zuges, der die Russen nach Versailles brachte. Als die Russen sichtbar wurden, rief die Wahnsinnige: "Russen sehen und dann sterben, es lebe Rußland!" Mit diesem Ruf stürzte sie sich in die Seine, aus der sie nur als Leiche herausgeholt werden konnte.
- Wie der "Kölnischen Volksztg." aus Wörishofen gemeldet wird, hat der Papst den Pfarrer Kneipp zum "Geheimen Kämmerer" ernannt. Ob der Papst auch eine Barfußkur durchmachen will?
- Nach den gesetzlichen Bestimmungen bedürfen die gegen Rußland und Finnland angeordneten Zollzuschläge der nachträglichen Zustimmung des Reichstags, und es sind daher, wenn bei dessen Eröffnung in der zweiten Hälfte des nächsten Monats der Zollkrieg noch andauern sollte, die Verordnungen unverzüglich dem Reichstag zur Beschlußfassung vorzulegen. Mit zu den ersten Vorlagen an den Reichstag werden aber auch die neuen Handelsverträge mit Rumänien, Serbien und Spanien gehören, deren Berathung schon deshalb beschleunigt werden muß, weil die mit Rumänien und Serbien abgeschlossenen Provisorien am Schluß dieses Jahres ablaufen, und das provisorische Abkommen mit Spanien, welches schon am 31. Oktober abläuft, vom Bundesrath ebenfalls nur bis Ende dieses Jahres verlängert werden kann.
- Aus Eberbach a. Rh. wird gemeldet: "Bei nicht ganz trockener Witterung wurde von den Lokalbeamten in dem königlichen Domänen=Weingute Steinberg eine Auslese gemacht, die 146 Grad Oechsle hatte. Falls besseres Wetter eintritt, können heuer besonders im Steinberg so große Qualitäts=Weine erzielt werden, daß sie alle besseren Jahrgänge des Jahrhunderts an Güte übertreffen würden."
- Die Lese der Trauben im mittleren Rheingau geht ihrem Ende entgegen. Das Ergebnis ist in quantitiver Hinsicht recht verschieden: am meisten haben die Gutsbesitzer geerntet, die junge Weinberge mit gutem Holz haben, bei alten Weinbergen ist der Ertrag mitunter gering gewesen; auch die Frühjahrsfröste haben Schaden angerichtet. Nach der Qualität ist ein vorzügliches Produkt geherbstet worden.
- In Hannover ist am Donnerstag der Dienstknecht Rohr wegen eines Lustmordes im Hof des dortigen Zellengefängnisses guillotiniert worden.
- Kapitän Andersen, der das Wikinger=Schiff von Norwegen zur Weltausstellung nach Chicago geführt hat, hat das Fahrzeug dem Präsidenten Cleveland zum Geschenk unter der Bedingung angeboten, daß es einen dauernden Platz unter den Sehenswürdigkeiten der Stadt Washington erhalte. Das Anerbieten ist angenommen worden.
- In der Feldflur Altenweddingen bei Magdeburg sind in der Zeit vom 15. April bis 14. Oktober d. J. 10 781 Hamster männlichen und 17 166 Hamster weiblichen Geschlechts gefangen worden. Für die ersteren ist eine Prämie von je 3 Pfg., für die letzteren eine Prämie von 6 Pfg. aus der Gemeindekasse gezahlt worden, in Summa 1353,53 Mark. Im Vorjahre waren etwa 3000 Hamster weniger gefangen worden.
- Aepfel beim Aufbewahren vor Einschrumpfen zu beschützen. Die Ursache dieses Mißstandes, wodurch alle Jahre nicht nur viele Aepfel, sondern auch Birnen zu Grunde gehen, liegt zum Theil in der ungeeigneten Aufbewahrung. Das beste Verfahren besteht darin, die Aepfel, welche Neigung zum Schrumpfen zeigen, in Fässer, Kisten oder andere Gefäße zu verpacken und trockenen Sand darüber zu streuen. Die Gefäße stellt man an einen trockenen kühlen Ort, wo es nicht gefriert, und läßt sie ungestört, bis man die Aepfel gebraucht.
- Admiral Avellan's Bericht an den Zaren. Ein italienisches Blatt macht sich den Scherz, folgendes Gespräch zu Skizzieren, das sich entspinnen soll, wenn Admiral Avellan dem Zaren Bericht über seine Mission in Toulon und Paris erstattet:
Der Zar: Wie viele Tote? Avellan: Keine, Gott sei Dank! Der Zar: Verwundete? Avellan: Fast alle! Der Zar: Der Offizier A.? Avellan: Er hat die eine Wange verloren, die ihm weggeküßt worden ist. Der Zar: Der Offizier B.? Avellan: Es ist ihm eine Champagner=Flasche, die er in einem Augenblick des übermäßigen Enthusiasmus verschluckt hat, überzwerch in der Kehle stecken geblieben. Der Zar: Der Offizier C.? Avellan: Vier Rippen sind ihm zerbrochen worden durch die stürmischen Umarmungen der Pariser Damen. Der Zar: Der Offizier D.? Avellan: Er hat sich den Schädel verletzt durch einen Sturz vom Balkon, von dem er den Fackelzug angesehen hat. Der Zar: Der Offizier E.? Avellan: Er hat ein Auge verloren durch zu vieles Auswischen der Rührungsthränen. Der Zar: Wie steht es mit dem Admiralsschiff? Avellan: Es ist unter der Last der Geschenke in die Tiefe gesunken. Der Zar: Aber wie sind Sie denn hierher gekommen? Avellan: Ich habe mich an die Küste gerettet, habe mich dort als Italiener verkleidet und bin mit einer Orgel herumgewandert. Man hat mich aber für einen Spionen gehalten und mich schleunigst über die Grenze befördert. Der Zar: Und die übrigen Schiffe Ihrer Flotte? Avellan: Sie sind durch den Enthusiasmus der Franzosen gänzlich aufgerieben. Der Zar (nachdenklich): Als Feinde sind sie mir doch lieber!
- " . . . . Dahin, dahin . . . Möcht' ich mit dir, o meine Liebe zieh'n!" Diese frei nach Goethes herrlichem Mignonliede zurecht gemodelten Worte wird sich mancher Deutsche mehr als einmal seufzend vorsingen, wenn er hört, welch' Weinüberfluß dieses Jahr in Spanien herrscht: Für 80 Pf. kann man dort 16 Liter guten Rotwein trinken - natürlich, wenn man es vermag. Der Wein ist dort zehnmal so billig als bei uns das Münchener; denn 16 Liter Echtes kosten 8 Mark! Und der Wein in Spanien ist augenblicklich gar nicht an den Mann zu bringen. In der Provinz Valencia scheint sich der beteiligten Kreise ein wahrer Galgenhumor bemächtigt zu haben. Nicht weit von Liria steht ein Karren, auf welchem ein Fuder Wein liegt, und dieses trägt eine große Aufschrift mit folgenden Worten: "Wanderer, hast du Durst, so trinke herzhaft und vergiß nicht, darnach den Krahnen zu schließen." Der Eigentümer des Weins zieht es vor, anstatt diesen, wie viele andere es thun, auf die Straße zu schütten, damit durstige Passanten zu erquicken. Wenn nicht die Reise gar zu teuer wäre, so lohnte sich schon ein Herbstausflug nach einer solchen, an die Unklarseligkeit des alten Olymps gemahnenden Gegend!
- Sein eigener Steckbrief. Dem Setzer einer großen Berliner Druckerei wurde dieser Tage eine recht sonderbare Ueberraschung bereitet, indem ihm wie die B. Z. berichtet, der Text seines eigenen Steckbriefes zum Satz übergeben wurde. Der nicht wenig verblüffte Jünger Gutenbergs beeilte sich nach Fertigstellung seiner Arbeiten, sich schleunigst bei der zuständigen Behörde zu melden und

[ => Original lesen: 1893 Nr. 85 Seite 3]

die Geldstrafe von 30 Mk., um die es sich handelte, zu entrichten. Der Steckbrief aber bleibt gedruckt, und der vergeßliche Setzer hatte zu seinem Schaden auch noch den Spott seiner Bekannten zu tragen.


Anzeigen.

Oeffentliche Versteigerung.
Mittwoch, den 1. November d. J.
Vormittags 11 1/2 Uhr

sollen in Palingen:

10-12 Fuder, theilweise durch Nässe gelittener Hafer in Garben, und 2 Fuder Gerste in Garben
fuderweise, öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden. Der Verkauf wird voraussichtlich nicht widerrufen. Versammlung der Käufer beim Krüger Oldenburg in Palingen.
Schönberg, den 25. October 1893.

                                                    C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Oeffentliche Versteigerung.
Dienstag, den 31. October d. J.
Nachmittags 2 Uhr,

sollen vor der Marienstraße Nr. 65 hieselbst Mobilien aller Art als namentlich:

Haus= u. Küchengeräth, 1 Bett, Bettlaken, Frauenkleidungstücke, auch ca. 3 Sack Kartoffeln.
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden.
Schönberg, den 25. October 1893.

                                                    C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Aus dem Nachlaß des verstorbenen Obersteuerraths Grapow sollen in dieser Woche noch verschiedene Mobilien, wie

Schränke, Sophas, Sopha=Tische,
andere Tische, Stühle, Bilder,
1 Stutzuhr unter Glasglocke etc.

freihändig unter der Hand verkauft werden. Reflektanten wollen sich in der bisherigen Wohnung melden.
Schönberg, den 30. Oktober 1893.

                                                    I. A.: C. Hottelet.


Alle Forderungen

an den verstorbenen Obersteuerrath Grapow bitte ich in spezifizierter Rechnung bis zum 15. Nov. bei mir einreichen zu wollen.
Schönberg, den 24. Okt. 1893.

                                                    C. Hottelet,
                                                    Oberförster.


Von der Reise zurück.
Ich wohne jetzt bei Herrn Kaufmann Lundwall.
Schönberg, den 30. Oktober 1893.
                                                    Dr. Schrakamp.


Buchführung

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Vom 1. November ds. Js. an bis auf Weiteres halte ich meine Sprechstunden an jedem Mittwoch, Nachmittags von 3 bis 5, event. bis 7 Uhr und an jedem Sonnabend, von Morgens 10-12 1/2, ev. Nachmittags von 3-5 Uhr in meinem Geschäftszimmer kalter Damm Nr. 5, eine Treppe hoch.

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Boye's Etablissement, Schönberg.
Mittwoch, den 1. November 1893.
Abends 7 1/2 Uhr:
I. Abonnements-Concert

der städtischen Kapelle in Wismar unter Mitwirkung des

Concertmeisters Violonisten
Herrn Fritz Fröbus.

Schüler von Arno Hilf (Leipziger Conservatorium), des

Xylophonisten Herrn Engel,
und unter Leitung des Musikdirektors Herrn
                                                    Jul. Müller.
Entree für Nichtabonnenten 75 Pfg.
Nach dem Concert: Tanz.


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Am Sonntag, den 5. November d. J. Nachmittags 2 Uhr, ordentliche

Versammlung

im Vereinslokale.
                                     Tagesordnung:
      1) Berathung, betr. die Gedenkfeier am 3. Dezember d. Js.,
      2) Verschiedene Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 85 Seite 4]

Vom Einkauf aus Süddeutschland u. Oesterreich zurückgekehrt, habe jetzt

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Schönberg und Umgegend.

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1. gegen Sparbücher der Bank mit 3 1/2 %
2. gegen Schuldverschreibungen der Bank je nach der Kündigungsfrist mit 3 1/2 % u. 2 %
3. im Baar Conto=Corrent mit 2 %
Die Bank bewilligt Darlehen gegen genügend Sicherheit und übernimmt Bankkommissionsgeschäfte aller Art zu billigen Bedingungen.

Schönberg i. M.                                                     Wilhelm Schrep, Stadtsekretair.


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Näheres zu erfahren bei                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Gewerbe-Verein
Hauptversammlung
am Freitag, den 3. November Abends 8 Uhr
im Boye'schen Saale.                                                    
Vortrag des Herrn Quade-Schwerin über
"die Weltausstellung in Chicago."
Eintritt für Nichtmitglieder 20 Pf.


Als Verlobte empfehlen sich:                          
Magdalene Robrahn.
Joachim Wilms.
Klein=Siemz.                                                     Schönberg.
Den 29. Oktober 1893.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nachm. 5,40 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 53-55M., große Schweine 54-56 M., Sauen 42-56 M., Kälber 67-73 M. per 100 Pfund.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 85 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 85 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 31. October 1893.


Die Thätigkeit der Pflanzenwurzeln.
(Schluß.)

Man hat nun in neuerer Zeit die merkwürdige Entdeckung gemacht, daß eine Anzahl von Gewächsen, trotzdem daß sie vollständig ausgebildete Wurzeln haben, nicht imstande sind, jene mineralischen Stoffe selbstständig aus dem Boden aufzunehmen. Es ist Ihnen bekannt, daß Gewächse des Waldes mit dem Wurzelballen versetzt werden müssen, wenn sie z. B. im Freien gedeihen sollen. Warum diese Waldballen nicht gedeihen wollen, ist lange Zeit ein Räthsel gewesen. In neuerer Zeit hat man gefunden, daß der Waldboden ganz von den feinen Wurzelfäden, wenn ich sie so nennen soll, der Schwämme oder Pilze durchzogen ist. Wurzelfäden der Pilze umkleiden auch wie mit einem dünnen, zarten Mantel die Wurzeln der Tannen, Eichen, der Haide, unseren Waldbeeren u. s. w., und sie sind es, die die Nährstoffe aus dem Waldboden aufnehmen und an die Wurzeln unserer waldbewohnenden Sträucher und Bäume abgeben.
Unsere Kulturpflanzen auf Wiese und Feld haben keine solchen Gehilfen bei der Nahrungsaufnahme, sie sind auf sich selbst angewiesen. Bei ihnen besorgen die Nahrungsaufnahme die zarten Wurzelhaare, die gegen die Spitzen der Wurzeln hin in großer Zahl anzutreffen sind, während sie an den älteren Theilen der Wurzeln bereits wieder abgestorben sind. Diese Wurzelhaare sind kleine hohle Schläuche mit dünnen Wänden. Durch diese Wände dringt das Wasser des Bodens und mit ihm die darin aufgelösten festen Stoffe langsam in die Wurzeln ein und wird von hier aus in die übrigen Theile der Pflanz, oft thurmhoch, weiter befördert. Oeffnungen sind also keineswegs in den Wurzeln. Das Wasser steht aber auch nicht, wie Sie alle wissen, pfützenweise im Boden, sondern es ist so fein in der Ackerkrume vertheilt, daß es alle Erdtheilchen befeuchtet. Mit diesen Erdtheilchen verwachsen die Wurzelhaare nun ganz innig, so daß man fast immer, wenn man irgend eine Pflanze mit Gewalt aus dem Boden reißt, größere oder kleinere Ballen von Erde mit herausreißt. Ich sagte eben, daß keine Oeffnungen in den Wurzeln sind, im Gegentheil ist die wachsende Spitze mit der sogenannten Wurzelhaube versehen. Diese besteht aus sehr festen, widerstandsfähigen Zellen, die der ganzen Spitze eine gewisse Steifheit verleihen. Nun können wir uns auch erklären, wie es den Wurzeln möglich ist, in den oft festen Boden, ja in enge Fels= und Steinritzen einzudringen. Die schärfsten Gesteinssplitter vermögen die mit der Wurzelhaube bedeckte Wurzelspitze nicht zu verletzen. Die mit dem Bodenwasser in die Wurzeln eindringenden festen Stoffe, Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphor u. s. w. müssen aber erst in einen Zustand versetzt werden, in welchem sie in die Pflanze eingehen und von dieser verarbeitet werden können: sie müßten in aufgelöstem Zustande sein, ähnlich wie der Zucker im Kaffee oder das Salz in der Suppe, aber noch viel feiner, denn Zucker und Kaffee sind nur fein vertheilt darin, nicht gelöst. Nur wenige feste Bodenbestandtheile lösen sich in Wasser, und wenn dies der Fall ist, so geschieht es nur in geringer Menge. Das Hauptlösungsmittel ist die "Kohlensäure". Ohne Kohlensäure im Boden würden also unsere Düngemittel, künstliche, wie natürliche, den Pflanzen nichts nützen. Die Kohlensäure löst diese festen Bestandtheile auf, d. h. also sie verwandelt sie in der Weise, daß sie mit dem Bodenwasser durch die zarten Wände der Wurzelhaare in die Wurzeln eindringen können. Es ist also wichtig, daß hinreichende reichliche Mengen von Kohlensäure im Boden? Nun wir wissen, daß die atmosphärische Luft, die uns umgiebt, immer ungefähr 0,04 Theile Kohlensäure enthält. Die Luft, durchdringt aber auch den Boden bis zu einer gewissen Tiefe. Die Bodenluft ist aber stets reicher an Kohlensäure als die Luft, die wir atmen. Dieser Zuschuß an Kohlensäure wird theils von den Pflanzen selbst geliefert, theils ist er ein Erzeugniß der im Boden verfaulenden und verwesenden Thier= und Pflanzentheile, namentlich also des Stalldüngers. Alle Pflanzen scheiden durch ihre Wurzeln Kohlensäure aus; außerdem sind die äußeren Wurzelzellen von einer saueren Flüssigkeit durchtränkt, die imstande ist, feste Stoffe, mit denen sie in Berührung kommt, wie Kalksteine u. dgl. zu zersetzen und in Pflanzennahrung umzuwandeln. So hilft die Pflanze selbst mit, den Boden zu bereiten, auf dem sie wächst.
Ein für das Gedeihen der ganzen Pflanze so wichtiges Organ wie die Wurzel ist, bedarf des Schutzes und der Pflege. Nehmen die Wurzeln einer Pflanze Schaden, so leidet die ganze Pflanze darunter, sie kränkelt oder geht ein. Die größten Feinde der Wurzeln unserer Kulturpflanzen sind die Engerlinge, jene gefräßigen Larven der Maikäfer. Man hat festgestellt, daß ein Scheffel dieser Schädlinge im Jahre 12 Scheffel Wurzeln von Kulturpflanzen verzehrt und noch viel mehr solche in der Weise annagt, daß die Pflanzen dahin siechen, sodaß man berechtigt ist, den Gesamtschaden eines Scheffels Engerlinge auf 36 Scheffel Wurzeln im Jahre anzuschlagen. Wir bemerken diesen Schaden in unserer Gegend nicht so, weil bei uns die Maikäfer nicht so zahlreich auftreten, wie anderwärts, wo in manchen Jahren die Wiesen ein ganz fahles, gelbes Aussehen bekommen von der Zerstörungsarbeit der Engerlinge an den Wurzeln. Ich bemerke noch, daß man durch Beobachtung gefunden hat, daß ein einziger unserer gefräßigen Maulwürfe imstande ist, durch Vertilgung jener Engerlinge diesem Schaden vorzubeugen. Wenn die Pflanzenwurzeln gesund bleiben sollen, so muß aber auch der Boden gehörig durchlüftet sein. Ein lockerer Boden ist natürlich besser durchlüftet als ein fester, zäher Boden. Die mangelhafte Durchlüftung des Lehmbodens ist für viele Pflanzenwurzeln geradezu verhängnisvoll. Zu ihrem Gedeihen brauchen sie nicht blos beträchtliche Mengen von Feuchtigkeit, sondern auch Luft, und wo diese nicht in genügender Menge vorhanden ist, müssen die Wurzeln zu Grunde gehen. Es mangelt natürlich dem Lehmboden die Durchlüftung nicht vollständig. Durch Austrocknung mit Pflug, Walze und Egge werden die großen Schollen zertrümmert und die Bodenoberfläche möglichst aufgelockert. Wenn auch die so entstandenen lufterfüllten Räume theilweise wieder bei Regen und hineingeschwemmten Lehm angefüllt werden, so ist doch eine genügende Durchlüftung vorhanden, sodaß die Wurzeln der auf diesem Boden angebauten Nutzpflanzen nicht an Luftmangel zu Grunde gehen. Die bekannte Thatsache, daß nicht alle Pflanzen auf schwerem Boden gedeihen wollen, erklärt sich einfach daraus, daß ihre Wurzeln dort nicht die genügenden Luftmengen vorfinden. Welche große Trockenheit die Wurzeln vertragen können, ohne zu verderben, hat uns der diesjährige Sommer gelehrt; weit empfindlicher sind die meisten Pflanzen, ausgenommen die Sumpf= und Wasserpflanzen, gegen übermäßige Feuchtigkeit. Die Wurzeln faulen, ersaufen, wie man sagt, die Blätter werden gelb, und die Pflanze geht endlich ein.
Noch eines eigentümlichen Vorganges bei der Nahrungsaufnahme müssen wir gedenken, dessen Entdeckung mit Recht in der gesammten Landwirtschaft großes Aufsehen erregt hat. Ein jeder von uns kennt wohl den Champignon, der in Wäldern, auf Wiesen und in Gärten zu finden ist. Er gehört zu den Pilzen, die namentlich im Sommer und im Herbst den Waldboden bedecken. An der Unterseite des Champignonhutes bemerken Sie rosarot gefärbte Blättchen. Legen Sie einen solchen Hut mit den Blättchen nach unten über Nacht auf einen Bogen Papier, so finden Sie am nächsten Morgen die Stelle des Papierbogens, auf der der Pilzhut

[ => Original lesen: 1893 Nr. 85 Seite 6]

lag, mit einem feinen mehlartigen Staube von der Farbe der Blättchen bedeckt. Dieser feine Staub sind die Sporen des Pilzes. Gelangen sie in den Boden, so keimen sie und bilden im Boden ein weitverzweigtes Gewebe, aus welchen wieder junge Pilze hervorschießen. Außer den Pilzen des Waldes von denen uns viele eine wohlschmeckende Nahrung liefern, giebt es auch Millionen andere, oft von solcher Kleinheit, daß man erst mit Hilfe des Mikroskopes von ihrem Dasein Kunde erhalten hat. Sie erzeugen alle ähnliche Sporen wie unser Champignon, und diese kleinen Pflanzengebilde und ihre Sporen treiben wie unsichtbare Geister überall ihr Wesen: sie bevölkern zu Millionen das Wasser, wie der Cholerapilz oder Bazillus u. der Typhusbazillus und gelangen mit dem Wasser in den menschlichen Körper, um hier tödliche Krankheiten zu erzeugen; andere Wasserbewohner sind dagegen höchst nützlich, indem sie schädliche in das Wasser gelegene Stoffe unserer Flüsse und Ströme zersetzen, beiseite schaffen und so das stinkende, schmutzige Flußwasser in klares durchsichtiges verwandeln. Wieder andere leben im Acker= und Wiesenboden, zersetzen hier Stoffe, die der Pflanze zur Nahrung dienen, und werden so höchst nützlich. Und wieder andere dringen in den Pflanzen= und Tierkörper ein mit der Luft oder auf andere Weise und werden je nachdem zu gefährlichen Krankheitserzeugern oder zu Stützen der Gesundheit und des Wachsthums. Zu der letzteren Art gehören die sogenannten Stickstoffsammler, die man neuerdings in einer Reihe von Pflanzen, namentlich in Hülsenfrüchten gefunden hat. Ich teile Ihnen mit, was über ihre Lebensthätigkeit namentlich durch den Professor an der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin, Frank, festgestellt worden ist. Sämtliche Hülsengewächse leben mit einem Spaltpilze in Gemeinschaft, mit welchem ihr Körper infiziert, durchsetzt wird, sobald sie im Freien wachsen. Der Pilz findet sich nämlich fast ausnamslos in allen natürlichen Erdboden. Die Wurzeln der Hülsengewächse haben nun die Fähigkeit, durch eigentümliche Ausscheidungen die Sporen des Pilzes anzulocken, die sich an der äußeren Haut der Wurzeln ansammeln, dann in die Zellen eindringen und sich mit dem Inhalte derselben vermischen. Von hier aus verbreitet sich der Pilz über den größten Teil der Pflanze, so daß er in den meisten Zellen zu finden ist, im Stengel, in Blättern und Blüthen. An dem Punkte der Wurzel, wo der Pilz eingedrungen ist, hat sich unterdessen ein Knöllchen gebildet, das zu einer förmlichen Brutstätte für den Pilz wird. Hier wird der Pilz von der Pflanze ernährt, hier vermehrt er sich. Wenn die Knöllchen verfaulen, so gelangt er wieder in den Boden. Diese Pilze üben nun eine bedeutende Wirkung auf eine ganze Reihe von Lebensthätigkeiten der Hülsengewächse aus. Bei der Erbse und der gelben Lupine begeht diese Steigerung der Lebensthätigkeit in einer Vermehrung der Wurzelknöllchen, in einer Steigerung des Wachstums, in gesteigerter Aufnahme und Verarbeitung der Kohlensäure und des freien Stickstoffes, es wird überhaupt eine höhere Gesammtproduktion bemerkbar. Manche Arten von Hülsenpflanzen z. B. die Bohnen scheinen von dem Pilze keine Gegendienste zu empfangen, er ist bei ihnen nichts als Schmarotzer. Aber auch bei Erbsen und Lupinen übt der Pilz nicht unter allen Umständen jene wohlthätige Wirkung aus, sondern nur dann, wenn sie auf armem Boden wachsen. Auf reichem Boden kommt die Lebensthätigkeit des Pilzes nicht zur Geltung, die Hülsenpflanzen entwickeln sich hier auch ohne Hilfe der Pilze sehr üppig, und der Pilz ist auch hier dann nur ein Schmarotzer. Nur in den Fällen, wo schlechte Ernährungsverhältnisse eintreten, wird die Pflanze durch die Pilze zu erhöhter Lebensthätigkeit angespornt. Nach Professor Frank können die in den Knöllchen lebenden Pilze den freien Stickstoff der Luft keineswegs direkt aufnehmen und der Pflanze zuführen, wie man geglaubt hat, sie leisten der Pflanze bloß Hilfe bei dieser Aufnahme. Uebrigens hat man da, wo diese Pilze im Boden fehlten, mit Erfolg Impfungen mit Erde vorgenommen, in welcher Pilzbrut vorhanden war.
Die Wurzeln führen, wie wir gesehen haben, den Pflanzen vorzugsweise Wasser und einige feste Stoffe zu. Der Thätigkeit der Wurzeln tritt nun die der Blätter ergänzend zur Seite. Die Hauptbestandteile der Stengel, Blätter, Früchte, der Stämme, der Zwiebeln, der Knollen, der dicken Wurzeln unserer Rüben und Runkeln, der Samenkörner unserer Getreidearten werden der Pflanze durch die grünen Laubblätter zugeführt. Diese nehmen aus der Kohlensäure der Luft den Kohlenstoff und erzeugen unter dem Einflusse des Sonnenlichtes aus ihm u. H. und O. Stärkemehl, daß zu den verschiedensten anderen Verbindungen umgewandelt wird. Welchen Anteil die Blätter an dem Wachstum der Gewächse, namentlich an der Bildung der für die Menschheit unentbehrlichsten Stoffe haben, geht daraus hervor, daß eine einen qm große Blattfläche an einem zu 15 Stunden gerechneten Sommertage 25 g Stärke erzeugt, das macht in den 4 Monaten Mai - August rund 25 kg also fast 1 Ztr. Stärke auf 1 qm Blattfläche.
Wenn man nun bedenkt, wie viele qm Blattfläche auf einem Rüben= oder Kartoffel= oder Weizenfelde den Sommer über zur Bildung der Stärke thätig sind, so versteht man, wie es möglich ist, daß man nach so kurzer Zeit von seinem Acker 10 und mehrfache Erträge herunternehmen kann.


- Schönberg. Der Arbeitsmann Friedrich Sager und dessen Ehefrau in Selmsdorf begingen am 27. d. Mts. den Tag ihrer goldenen Hochzeit. Der Gesangverein des Ortes brachte dem Jubelpaar ein Ständchen.
- Dem Dampfbrauereibesitzer Ch F. Lange zu Malchow ist das Prädikat Hoflieferant von Se. Königl. Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg=Strelitz verliehen worden.
- In Folge der Verhaftungen von Fahrbeamten der Stettiner= und Nordbahn ist ein empfindlicher Mangel an Fahrpersonal eingetreten. Sämtliche Hilfsbeamte, Nothbremser usw. mußten durch Führung der Züge in Anspruch genommen werden. Den "nothleidenden" Bahnen sollen von andern Bahnverwaltungen Beamte aushilfsweise überwiesen werden.
- Wie der "Vossischen Ztg." aus Dar=es=Salaam geschrieben wird, hat der geschlagene Sultan Meli um Frieden gebeten. In den von ihm anstandslos angenommenen Bedingungen anerkennt er unter anderem die deutsche Oberhoheit bedingungslos. Er liefert alle Gewehre und alles Elfenbein aus und tritt den Hügel, auf dem seine Boma gestanden, an das Gouvernement ab, das dort eine Station errichten wird. Er wird ferner mit seinen Leuten eine Wasserleitung nach dieser Station bauen, der sich bei ihm ansiedelnden deutschen Mission als freies Eigentum das dazu bezeichnete Land geben und frei die Verpflegung für die Station liefern. Der Oberführer der Schutztruppe Major von Manteuffel, ging am 28. September auf Urlaub nach Deutschland, da er häufig an schleichender Malaria leidet; seine Rückkehr ist fraglich.
- Das Schwurgericht in Münster verurteilte den Arbeiter Voß wegen Gattenmord zum Tode.
- In Maryland (Amerika) besteht noch ein altes Gesetz nach welchem Männer, die ihre Weiber prügeln, ebenfalls körperlich gezüchtigt werden sollen. Die Behörden von Frederick Counth haben beschlossen, dieses alte Gesetz wieder in Anwendung zu bringen, und demgemäß erging dieser Tage von dem Kreisgericht des County gegen den Farmer Daniel Jones, der überführt war, seine Frau scheußlich mißhandelt zu haben, das folgende Urteil:
"Innerhalb 48 Stunden wird der Sheriff Sie in das Couutygefängnis bringen, Sie dort an den Prügelpfahl ketten, und Ihnen auf Ihren entblößten Rücken mit einem Ochsenziemer 39 Hiebe aus Leibeskräften aufzählen." Jones und seine Frau sind Mitglieder einer alten maryländischen Familie, aber weder Einfluß noch Geld vermochten ihn vor der Strafe zu schützen. Jones ist der zweite Weiße, an welchem in Maryland im Laufe der letzten 100 Jahre die Prügelstrafe vollzogen worden ist.
- Die kleine Anna durfte sich an den Tisch zu einer Kaffeegesellschaft setzen. "Neben wem willst Du am liebsten sitzen?" wurde die Kleine gefragt. - "Bitte, neben dem Kuchen," antwortete Anna.


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