No. 83
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 24. Oktober
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 83 Seite 1]

- In Anwesenheit des deutschen Kaisers und des Generalfeldmarschalls Erzherzogs Albrecht von Oesterreich, als Vertreter der österreichisch=ungarischen Armee, sowie anderer deutscher Fürsten und sämtlicher kommandierenden Generale der deutschen Armeekorps beging am Sonntag König Albert von Sachsen sein 50jähriges militärisches Dienstjubiläum. An der Spitze aller Generale hat Kaiser Wilhelm den König begrüßt, worauf eine Festtafel im kgl. Schloß und nach dieser andere feierliche Akte folgten.
- Der deutsche Kaiser hat der Witwe des Marschalls Mac Mahon nicht nur am Tage nach dem Ableben des Marschalls ein Beleidstelegramm übersenden lassen, es wird auch im Namen des Kaisers auf den Sarg ein Kranz niedergelegt werden, der den Buchstaben W mit der Kaiserkrone trägt.
- Aus Berlin wird gemeldet, es solle dort Anfangs nächster Woche eine neue Finanzminister=Konferenz stattfinden, die sich in erster Linie mit dem Weinsteuerprojekt zu beschäftigen haben werde, da über dieses eine Einigung bisher nicht zu Stande gekommen sei.
- In Schloß Fredensborg ist es wieder still geworden. Die hohen Gäste des dänischen Hofes, die russische Kaiserfamilie und die Prinzessin von Wales mit ihren Töchtern, haben am Dienstag den Heimweg angetreten, die russischen Herrschaften an Bord des "Polarstern", die englischen aus der königlichen Yacht "Osborne". Die Zeitungsgerüchte von der Verlobung des russischen Großfürsten=Thronfolgers mit der zweiten Tochter des Prinzen von Wales wird in Kopenhagen von gut unterrichteter Seite als jeder thatsächlichen Grundlage entbehrend bezeichnet.
- Im Reichsschatzamt haben am Montag Beratungen wegen der Börsensteuer begonnen, zu denen nach den "Berliner Politischen Nachrichten" auch Sachverständige der Börse zugezogen sein sollen. Das Blatt meint, es werde nicht bei einer mechanischen Verdoppelung der Steuersätze sein Bewenden haben.
- Die Vermehrung der Militärärzte, die infolge der Heeresvermehrung notwendig wird, beträgt in Preußen: 16 Oberstabsärzte, 8 Stabsärzte, 156 Assistenzärzte; in Sachsen: 1 Oberstabsarzt, 13 Assistenzärzte; in Württemberg : 9 Assistenzärzte.
- Das Kriegsministerium trägt sich mit der Absicht, einen neuen großen Uebungsplatz für das IX. Armeekorps zu beschaffen und hat deshalb den Erwerb eines umfassenden Geländes in Mecklenburg oder auch in Holstein ins Auge gefaßt. Letzteres ist in der Nähe von Leutförden belegen, wo im verflossenen Sommer der bedeutende Moorbrand stattgefunden hat. Auf dem zu erwerbenden Uebungsgelände sollen Artillerie und Infanterie Schießübungen abhalten und außerdem Brigademanöver stattfinden.
- Der "Reichsanzeiger" meldet amtlich, daß der General der Infanterie von Kaltenborn=Stachau auf seinen Antrag von dem Amt als Kriegsminister entbunden und der General der Infanterie z. D. Bronsart von Schellendorff zu seinem Nachfolger ernannt worden ist. Letzterer, ein Bruder des früheren Kriegsministers gleichen Namens, ist zuletzt kommandierender General des X. Armeekorps gewesen. Er wurde im vergangenen Winter auf sein wiederholtes, angeblich im Gesundheitszustand seiner Frau begründetes Ansuchen seiner Stellung enthoben und dabei durch eine auszeichnende Kabinetsordre des Inhalts geehrt, daß auch fernerhin auf seine Dienste gezählt würde.
- In einem längeren Artikel, worin die "Norddeutsche Allg. Ztg. nachzuweisen versucht, daß eine Vertheuerung der besseren Sorten des Tabaks und Cigarren nur gering sein werde, bemerkt sie, daß eine Verteuerung der Rauchartikel auch nur allmählich eintreten werde; es sei nämlich nur eine mäßige Nachbesteuerung der bei dem Inkrafttreten der Fabrikatsteuer in den Händen der Groß= und Kleinhändler befindlichen Tabakwaaren beabsichtigt, sodaß der Detaillist die Tabakfabrikate zunächst noch wesentlich unter dem bei dem Eintritt der vollen Fabriksteuer sich ergebenden Detailpreise abgeben könne.
- Nach einer kaiserlichen Entschließung soll die vom Erzherzog Karl Salvator erfundene Mitrailleuse in der österreichisch=ungarischen Armee eingeführt werden.
- Neuerdings werden wieder Mittheilungen über weitere Steuerpläne in Umlauf gesetzt, auch eine Reform der Branntweinsteuer wird in Aussicht gestellt. Dazu bemerkt die "Frankfurter Ztg.": In unterrichteten Kreisen weiß man nur, daß zur Zeit die Steuerpläne der Reichsregierung sich auf Tabak, Wein und Stempel beschränken. Alles Andere ist, vorläufig wenigstens, in das Gebiet der Kombinationspolitik zu verweisen.
- Der Besuch des englischen Geschwaders in Tarent verläuft, dem kühlen englischen Naturell entsprechend, ruhiger, aber er trägt einen würdevollen und herzlichen Charakter, der jedenfalls wohlthuender wirkt, als der aus dem gemeinschaftlichen Haß geborene Ueberschwang der Gefühle zweier sonst sehr ungleichartiger und in ihrem Kultursystem grundverschiedene Wege wandelnder Völker. In dem Toast, mit welchem Lord Seymour die Begrüßung des Admirals Corsi beantwortete, heißt es: "Der Anblick, der sich unsern Augen darbot, als das Geschwader unter den begeisterten Rufen der an den Ufern dichtgedrängten Menschenmenge den Schifffahrtskanal passirte, wird nicht leicht unserem Gedächtnis entschwinden. Dieser Empfang ist ein Beweis für das zwischen den beiden Nationen bestehende Freundschafts=Verhältniß. Es war für uns eine große Freude, Tarent einen Besuch abzustatten und hierbei Gelegenheit zu finden, unsere Brüder von der italienischen Marine kennen zu lernen. Ich spreche nochmals meinen Dank aus und erhebe mein Glas auf die italienische Marine. Es lebe der König von Italien! God save the Queen!" Am Dienstag abend hat an Bord der "Italia" ein Diner stattgefunden und im "kleinen Meer" eine Serenade bei Fackelbeleuchtung. Am Mittwoch haben sich Admiral Seymour, Admiral

[ => Original lesen: 1893 Nr. 83 Seite 2]

Corsi und 60 englische und italienische Marineoffiziere in Begleitung der Notabilitäten der Stadt mittelst Sonderzugs nach Policore begeben, wo auf den Besitzthümern des Barons Berlingierie eine große Jagd abgehalten wurde.
- Die Pariser Blätter veröffentlichen den Wortlaut der Telegramme, die der Präsident Carnot mit dem Zaren anläßlich der Ankunft des russischen Geschwaders in Toulon ausgetauscht hat. Das Telegramm des Herrn Carnot lautet:
"In dem Augenblick, da das schöne von Ew. Majestät gesandte Geschwader in Toulon vor Anker geht und die braven russischen Seeleute die ersten Acclamationen des französischen Volkes hören, liegt es mir am Herzen, Ew. Majestät meinen Dank auszudrücken und der aufrichtigen Freude zu versichern, die ich gegenüber dem neuen Zeugnis der tiefen Sympathien, die Rußland und Frankreich einigen, empfinde."
Darauf hat der Zar geantwortet.
"In Erwiderung Ihres liebenswürdigen Telegramms halte ich mich für verbunden, Ihnen die große Freude auszusprechen, welche ich darüber empfinde, daß unser Geschwader den Besuch hat erwidern können, welchen die tapferen französischen Seeleute in Kronstadt abgestattet haben."
Als der Kaiser von Rußland die französischen Kriegsschiffe in Kopenhagen besuchte, sandte der Präsident folgendes Telegramm:
"Ganz Frankreich wird tief bewegt sein über dieses neue Zeichen der Sympathie. Ich mache mich zu seinem Interpreten, indem ich Ihnen warmen Dank übermittele."
Auf dieses Telegramm ist überhaupt keine Antwort in Paris eingetroffen. Es wird den Franzosen bei aller Selbstverleugnung, die sie im Verkehr mit den Russen an den Tag legen, schwer fallen, aus dieser Kundgebung des Zaren das Gefühl der Befriedigung zu gewinnen, denn wenn sie in ihrem Freudentaumel den Verstand nicht vollständig verloren haben, so wird es ihnen auffallen müssen, daß der Zar die Freude, die Herr Carnot über dieses neue Zeugnis der beide Länder verbindenden tiefen Sympathien empfindet, einfach ignoriert und sich darauf beschränkt, seinem Vergnügen darüber Ausdruck zu geben, daß seine Flotte in der Lage ist, den Besuch der französischen Seeleute in Kronstadt zu erwidern. Die Phrase bewegt sich hart an der Grenze, wo die Höflichkeit zur Demütigung wird.
- Dem Admiral Avelane scheint der Festzauber in Toulon am Montag doch ein wenig zu toll geworden zu sein. Er ist dem Frühstück, das der Admiral de la Irille an Bord des "Richelieu" gegeben hat, fern geblieben und hat sich beim Essen und Reden durch einen seiner Offiziere vertreten lassen. Der Einzug der Russen in Paris hat am Dienstag Vormittag 9 Uhr unter ungeheurem Jubel der Bevölkerung stattgefunden. Auf der Fahrt vom Lyoner Bahnhof über die großen Boulevards nach dem Gebäude des "Cercle militaire" auf dem Opernplatz wurden dieselben mit den Rufen: "Vive la russie!" begrüßt. Die Russen, auf welche der Empfang einen sichtlich tiefen Eindruck machte, erwiderten die Rufe mit "Vive la France!" Man schätzt die Menge, welche zum Empfang am Lyoner Bahnhof anwesend war, auf 100 000, trotzdem ist der Einzug, soweit bisher bekannt, ohne Störung verlaufen. Die Anarchisten feiern die Ankunft nach ihrer Art. Sie verteilen Pamphlete gegen die französisch russische Verbrüderung, in denen Schmähartikel abgedruckt werden, die der Präsident des Pariser Gemeinderats, Humbert, vor mehreren Jahren im "Intransigeant" gegen den Kaiser von Rußland veröffentlicht hat. Diese Sachen passen allerdings schlecht zu den Verbeugungen, die heute Herr Humbert vor den Abgesandten des Zaren macht.
- In der Nacht zum Freitag, wurde in der katholischen Kirche von Saner=Schwabenheim bei Nieder=Ingelheim ein frecher Kirchenraub verübt. Am Morgen fand man die Kirchenthür offen, der Tabernakel war erbrochen und verschiedene sehr wertvolle Reliquien , ein goldenes Kreuz, der Kelch und Kustodie geraubt, ebenso wurden zwei wertvolle Meßkelche entwendet. Der Wert der geraubten Kirchengefäße beträgt über 1000 Mark.
- Ein stärkerer Schneefall ist, nachdem in den letzten kühlen Tagen mehrfach Schneegestöber aus dem Hochgebirge gemeldet war, in der Nacht zum Donnerstag im Riesengebirge eingetreten, so daß sich der ganze Gebirgszug im Wintergewande zeigt. Die Temperatur ist auch im Thale erheblich gesunken.
- Eine reiche Erbschaft, man sagt 240 000 M., machte nach der "M. Z." eine alte Frau, welche schon viele Jahre in einem Stifte in Schwerin lebte, von einem Verwandten. Der Erblasser, welcher kein Testament hinterlassen, hatte sich um die Greisin nie gekümmert, und daher kam der Erbin diese Ueberraschung um so unerwarteter. Die Glückliche hat ihr altes Heim bereits aufgegeben und ist nach auswärts gezogen, um dort die Lebensjahre, die ihr noch vergönnt sind, zu genießen.
- Betty Stuckart, die preisgekrönte Schönheit und Löwenbändigerin, hat sich nach der "Berliner Börsenzeitung" in Petersburg erschossen. Als Grund wird "unglückliche Liebe" angegeben.
- Das Koch'sche Heilmittel gegen Lungenschwindsucht Der letzte Generalbericht über die Verwaltung der Medizinal=Angelegenheiten im Regierungsbezirk Breslau enthält unter Anderem über das Koch'sche Heilmittel gegen Lungenschwindsucht Folgendes: "Das Koch'sche Heilverfahren ist zunächst in den Universitätskliniken einer eingehenden Prüfung in Bezug auf seine Wirksamkeit unterzogen worden. In einzelnen Fällen hat die Kurmethode guten Erfolg gehabt, in der Mehrzahl der Fälle aber eine Besserung der Krankheit nicht bewirkt und in den übrigen Fällen offenbar geschadet. In den Krankenanstalten zu Frankenstein, Münsterberg, Namslau, Schweidnitz, Striegau, Steinau und Waldenburg, woselbst ebenfalls mit dem Koch'schen Heilmittel Versuche angestellt wurden, war das Ergebnis wenig und meistenteils garnicht befriedigend. Wegen des häufigen Mißerfolges mußten die Versuche bald wieder eingestellt werden. Anderweitige Prüfungen in der Heilanstalt für Lungenkranke in Görbersdorf haben dasselbe Ergebnis geliefert. Bei den Aerzten hat das Tuberkulin kein Vertrauen gefunden und das Mittel wird seitdem nicht mehr angewendet. Aus den Apotheken des Regierungsbezirkes ist es verschwunden."
- In Ungarn giebt es nicht weniger als 3192 Großgrundbesitzer. Au erster Stelle steht natürlich der ungarische Staat selbst mit einem Besitz, welcher 2 816 419 Katastratjoch oder ein Zehntel des gesammten bebauten Territoriums umfaßt. Unter den privaten Grundbesitzern ist Fürst Nikolaus Esterhazy mit einem Besitzstande von 421 053 Joch der reichste, dann folgen Graf Erwin Schönborn mit 226 921 Joch, die Oesterreichisch=Ungarische Staatseisenbahn=Gesellschaft mit 225 159 Joch, Prinz Philipp von Coburg mit 214 538 Joch, der Großwardeiner römisch= katholische Bischof mit 189 934 Joch, Erzherzog Albrecht mit 155 031 Joch, das Großwardeiner griechisch=katholische Capitel mit 139 898 Joch, Graf Tassilo Festetics mit 136 541 Joch, das Colocsaer Erzcapitel mit 93 143 Joch, der Fürstprimas mit 92 700 Joch, das Erlaner Capitel mit 91 702 Joch, die Kronen=Domänen mit 86 912 Joch, Erzherzog Josef mit 57 039 Joch, während der Besitz des Religionsfonds ungefähr dreimal so groß ist. Unter den Städten stehen Debreczin mit 91 677 und Szegedin mit 72 139 Joch an erster Stelle. Baron Sigmund Schosberger hat 26 127 Joch, die Barone Armin und Berthold Popper besitzen je 23 609 Joch. Zusammengefaßt besitzen mehr als 50 000 Joch 46, abwärts bis 30 000 Joch 31, über 20 000 Joch 54, über 10 000 Joch 156, über 5000 Joch 266, über 100 Joch 1655, über 750 Joch 981 Grundbesitzer.
- Große Photographie. Eine solche, welche ein Seitenstück wohl noch nicht haben dürfte, ist von einem Russen Dr. Piassetzki angefertigt worden. Derselbe hat die ganze transkaspische Eisenbahn in einzelnen Aufnahmen, die sich eine an die andere ergänzend anschließen, vom Kaspischen Meer aus bis nach Samarkand, aufgenommen und darnach ein zusammenhängendes Positiv auf endlosem Maschinenpapier gefertigt, welches die Länge von 130 m besitzt. Eine so große bildliche Darstellung dürfte wohl überhaupt noch nicht existiert haben.
- Hermann Ganswindts Flugmaschine. Der Ingenieur Hermann Ganswindt aus Ostpreußen hat mit seinem Projekt eines lenkbaren Luftschiffes,

[ => Original lesen: 1893 Nr. 83 Seite 3]

welches kürzlich vom kaiserlichen Patentamt zu Berlin patentiert worden ist, großes Aufsehen erregt. Skeptiker haben das Problem des lenkbaren Luftballons von jeher in das Reich der Fabel oder der Träume verwiesen. Man war daher nicht wenig erstaunt, als von den Kapitänen Krebs und Renard in Meudon bei Paris ein lenkbares Luftschiff erbaut wurde, welches am 9. August 1884 zum Staunen der ganzen Welt einen Bogen über der Stadt zu beschreiben und an seinen Abgangsort zurückzukehren vermochte, aber bei starkem Wind dasselbe Manöver nicht wiederholen konnte. Hermann Ganswindt glaubt berufen zu sein, das Problem der Lenkbarkeit des Luftschiffs zu lösen. Bisher konnte der Ingenieur die erforderlichen Beweise nicht erbringen, da ihm die Mittel fehlten, das von ihm entworfene Luftschiff herzustellen und seine Lenkbarkeit in praxi darzuthun. Die erforderlichen Beiträge sollen zusammengebracht werden, die Ganswindt später nebst Zinsen zurückzahlen will.


Anzeigen.

Steckbrief.

Gegen den Arbeiter Herrmann Ludwig Szeballies, geb. am 27. Juli 1863 zu Carlsberg, zuletzt in Rabensdorf welcher sich verborgen hält, soll eine durch vollstreckbares Urtheil der Strafkammer bei dem Großherzogl. Amtsgerichte zu Schönberg vom 3. Oktober 1893 erkannte Gefängnißstrafe von 4 Wochen vollstreckt werden. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichtsgefängniß zu Schönberg i./Meckl. abzuliefern.
Neustrelitz, den 19. Oktober 1893.

Der Großherzogliche Erste Staatsanwalt.
H. Götze.
                                                    Seyberlich.


In das hiesige Handelsregister Fol. LXVIII Nr. 81 ist heute eingetragen:

Lange & Willms.
Handelsfirma:       
Ort der Niederlassung:        Schönberg.
Name und Wohnort der Inhabers, der Gesellschafter:        Die Gesellschafter sind der Schneidermeister und Kaufmann Rudolf Lange und der Schneidermeister und Kaufmann Joachim Wilms, beide in Schönberg.
Rechtsverhältnisse der Gesellschaft:        Die Gesellschaft ist eine offene Handelsgesellschaft.
A. Dufft.


In Sachen betreffend die Zwangsversteigerung der in Folge desfallsigen Antrags beschlagnahmten, dem Hauswirth und Mühlenbesitzer Fritz Menz zu Pahlingen gehörigen und daselbst sub Nr. VII belegenen Vollstelle mit Wind= und Wassermühle c. p. steht vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an:
1) der Verkaufstermin auf

Freitag, den 22. Dezember 1893,
Vormittags 11 Uhr,

2) der Ueberbotstermin auf

Freitag, den 26. Januar 1894,
Vormittags 11 Uhr.

Ferner ist ein Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das Grundstück an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör) soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, sowie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Freitag, den 22. Dezember 1893,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzt.
Dem Schuldner und den bei der Zwangsversteigerung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen zu dem Zwecke einer endlichen Regulierung der Verkaufsbedingungen, deren Entwurf zwei Wochen vor dem Verkaufstermin auf der Gerichtschreiberei I zur Einsicht ausliegen wird, in dem letztgenannten Termine zu erscheinen sowie innerhalb acht Tagen vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 18. September 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    H. Diederich.


In der Nachlaßsache des Krämers J. F. Chr. Kaehler zu Walksfelde wird auf Antrag des Vormundes zum Verkauf der auf seine Curandin vererbten, zu Walksfelde sub Nr. 1 belegene Büdnerei c. p. und des zu der darin betriebenen Krämerei gehörigen vollständigen Inventars sowie des vorhandenen Waarenlagers ein einziger Termin auf

Mittwoch, den 25. Oktober d. Js.
Vormittags 10 1/2 Uhr

vor Gericht allhier hiermit angesetzt, zu welchem Kaufliebhaber mit dem Bemerken hiermit geladen werden, daß bereits ein Gebot von 9000 M. abgegeben ist, und daß die Verkaufsbedingungen vom 17. Oktober ab auf der Registratur II des unterzeichneten Gerichts einzusehen, auch in Abschrift gegen die Gebühr zu haben sind.
Schönberg, den 27. September 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    E. Breuel, Akt.


Das unterzeichnete Impf=Institut macht hierdurch bekannt, daß eine Versendung von Lymphe in diesem Jahre nicht weiter stattfinden kann. Es wird im Anfang des nächsten Jahres in diesem Blatte angezeigt werden, wann zu Nachimpfungen Lymphe bezogen werden kann.
Schwerin, den 15. Oktober 1893.

Großherzogl. Landes=Impf=Institut.
Dr. Wilhelmi.


Anmeldungen und Beiträge für den                                                    
Diätenverein für Geschworene
nimmt bis 31. d. Mts. entgegen.                                                    
                                                    L. Spehr.


Suche zum 1. Decbr. eine Wittwe oder älteres gesittetes Mädchen zur Führung eines kleineren ländlichen Haushaltes. Auskunft d. d. Exped. d. Bl.


Gesucht zum 24. Oktober ein Kuhknecht, welcher melken kann, und ein tüchtiger Pferdeknecht.

Lockwisch.                                                     A. Russwurm.


Fangen Sie keine Ratten u. Mäuse, sondern vernichten
Sie dieselben mit v. Kobbe's Heleolin.
Unschädlich für Menschen u. Hausthiere. In Dosen à Mk. 0,60 u. Mk. 1,00
erhältlich bei
H. Brüchmann. Schönberg i. M.


A. Wasmuth & Co. Ottensen empfiehlt sein

Sculëin-Rattentod

glänzend bewährtes Mittel zur Vertilgung von Ratten und Mäusen. Sculein ist giftfrei für Menschen und Hausthiere, es kann daher ohne Gefahr auf Kornböden in Vieh= und Hühnerställen gelegt werden. Zu haben in Schönberg bei

                                                    C. Schwedt.


Empfehle heute und folgende Tage, sowie morgen auf dem Ratzeburger Markt, frisch geräucherte

große Aale u. echte Sprotten.
Schönberg.                                                     H. Mette.


Landmannsball
am Freitag, den 27. d. Mts.
wozu freundlichst einladet.                                                    
Anfang 6 1/2 Uhr.
Rabensdorf.                                                     H. Voss.
NB. Dienst=Boten finden keinen Zutritt.                                        


[ => Original lesen: 1893 Nr. 83 Seite 4]

Agentur der Mecklenburgischen Bank in Schwerin
für
Schönberg und Umgegend.

Spar= und Kapitaleinlagen werden z. Zt. verzinst:
1. gegen Sparbücher der Bank mit 3 1/2 %
2. gegen Schuldverschreibungen der Bank je nach der Kündigungsfrist mit 3 1/2 % u. 2 %
3. im Baar Conto=Corrent mit 2 %
Die Bank bewilligt Darlehen gegen genügend Sicherheit und übernimmt Bankkommissionsgeschäfte aller Art zu billigen Bedingungen.

Schönberg i. M.                                                     Wilhelm Schrep, Stadtsekretair.


Wegen Verkauf des Hauses und Aufgabe des Geschäftes
Gänzlicher Ausverkauf
des gesammten Waarenlagers

in Damenkleiderstoffen und Damenkonfektion einschließlich sämmtlicher Neuheiten für die Wintersaison zu ganz außerordentlich billigen Preisen.
Es dürfte sich für die Bewohner Schönbergs und Umgebung kaum eine günstigere Kaufgelegenheit bieten, so daß ein Besuch unseres Lagers in jeder Weise lohnend sein würde.

Rehtwisch & Borchert, Lübeck
Breitestraße 61.


Vom Einkauf aus Süddeutschland u. Oesterreich zurückgekehrt, habe jetzt

in großer Auswahl

Peitschenstöcke, Peitschen, Spazierstöcke, Harmonikas, Uhrketten in ca. 400 versch. Sorten, Pfeifen, Cigarrenspitzen, Cigarrentaschen, Portemonnaies, Taschenmesser, Scheeren, Hosenträger, Kämme, Bürsten, Spiegel, Parfüm, Pomaden, Seifen, Haarschmuck, Damenketten, Broschen, Armbänder, Ohrringe, Ringe, Nadeln und desgleichen mehr,

zu den billigsten Preisen.                                                     H. Brüchmann.


Lavatus.


Männer-Turnverein.
Sonntag, den 29. Oktober
abends 7 1/2 Uhr
Ball
im Lokal des Herrn J. Boye.                                                    
Einführungen gestattet.
Entree für Nichtmitglieder 1,00 M.
Damen frei.
                                                    Der Vorstand.


Schönberg.
Boye's Etablissement.
Mittwoch, den 1. November 1893.
I. Abonnements-Concert

der städtischen Kapelle in Wismar unter Mitwirkung des

Concertmeisters Violonisten
Herrn Fritz Fröbus.

Schüler von Arno Hilf (Leipziger Conservatorium.)

Anfang 7 1/2 Uhr.
Entrée für Nichtabonnenten 75 Pf.

Wismar.                                                      Jul. Müller,
städt. Musikdirektor

NB. Für diejenigen, welchen die Missive versehentlich nicht zugegangen sein sollte, ist dieselbe im obigen Locale ausgelegt.


Für die uns bei dem Hinscheiden unseres theuren Vaters des

Obersteuerrath G. Grapow

bewiesene Theilnahme sagen wir hiermit unsern herzlichsten Dank.

                                                    Die tiefbetrübten Hinterbliebenen.
Schönberg i. M., den 21. Oktober 1893.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nachm. 5,40 Nachm. 8,54 Abends.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 54-56 M., Sauen 36-48 M., Kälber 67-73 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 83 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 83 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 24. October 1893.


- Zur Blutthat in Wietzow. Gegenüber den vielen Versionen, die über die Ermordung seines unglücklichen Bruders, des Grafen Adolf Blücher Wietzow, in den verschiedenen Zeitungen stehen, theilt Hauptmann Graf Werner Blücher in der "Kreuz=Ztg." in Folgendem den wirklichen Thatbestand mit: "Mein Bruder hatte den Jäger Thiel zu sich bestellt, um ihm Vorstellungen zu machen. Gleich darauf ist der Jäger in seine Stube gegangen, hat sich sein Gewehr geholt, ist bei meinem Bruder eingedrungen und hat einen Schuß abgegeben, der meinem Bruder den Arm zerschmettert hat. Letzterer ist nun in das Nebenzimmer geeilt und hat die Thür zugehalten. Thiel hat durch die Thür hindurch meinen Bruder in die Seite getroffen. Darauf ist Thiel wieder hinausgeeilt, um sich Patronen zu holen, und hat auf der Treppe die ihm begegnende Gräfin mit 3 Schuß niedergestreckt. Er ist darauf nochmals in das Zimmer meines Bruders gegangen und hat sein Mordwerk mit zwei weiteren Schüssen beendet, nachdem er den alten, sich ihm entgegen stellenden Diener mit dem Kolben zu Boden geschlagen. Bemerken will ich noch, daß mein Bruder mit dem Thiel durchaus zufrieden war, und daß letzterer anderen Dienstleuten gegenüber die Aeußerung gethan: Einen so guten Herrn hätte er noch nie gehabt und würde er auch nicht bekommen. Dies ist der Thatbestand." - Die Gräfin Blücher soll, wie der "N. St. Ztg." aus Greifswald gemeldet wird, ihren bei dem Mordattenthat erhaltenen Schußwunden erlegen sein. - Der ermordete Graf hinterläßt zwei verheirathete und zwei unverheirathete Brüder, von denen der jüngste, Graf Werner Obric, Hauptmann ist und aus seiner Ehe mit der Tochter des verstorbenen preußischen Bauraths Prieß einen 9jährigen Sohn, Grafen Ulrich, besitzt. Zwei Schwestern des ermordeten Grafen sind Stiftsdamen in Dobbertin, die jüngste Gräfin ist mit dem Rittergutsbesitzer Hartwig von Behr=Negendanck auf Torgelow vermählt. - Donnerstag Mittag hat unter großer Feierlichkeit und unter Theilnahme fast sämmtlicher Gutsinsassen in der Umgegend, des Landraths und der Honoratioren des Kreises, sowie einer großen Anzahl Officiere aus Berlin, Potsdam etc. und der zahlreichen Verwandten des Verstorbenen das Begräbniß des so jäh aus dem Leben geschiedenen Grafen stattgefunden. Prachtvolle Kränze, darunter ein solcher von einem Garde=Infanterie=Regiment und ein von der fürstlich Blücherschen Familie gespendeter, lagen am Kopfende des Sarges. Die Krieger= und Schützenvereine aus der Umgegend bildeten Spalier und gaben dem Entschlafenen die üblichen drei Ehrensalven über das Grab.
- Ueber das Befinden des Fürsten Bismarck soll, wie der "Hamburger Korrespondent" meldet, Professor Schweninger geäußert haben: Er sei mit seinem Patienten in jeder Beziehung zufrieden. Eine Konstitution, die solche Stöße ausgehalten und sie so spurlos überstanden, habe begründete Anwartschaft auf noch gut 10 Jahre kräftigster Dauer. Die Fürstin Bismarck hat sich am Dienstag nach Schönhausen begeben; in der Familie des Grafen Herbert sieht man einem freudigen Ereignis entgegen.
- Wie aus Friedrichsruh gemeldet wird, soll Fürst Bismarck die Absicht haben, demnächst nach Varzin überzusiedeln.
- In der Spionageaffaire gegen die beiden in Kiel verhafteten Franzosen ist jetzt die Voruntersuchung soweit abgeschlossen, daß die Untersuchungsakten in den nächsten Tagen der Oberreichs=Anwaltschaft zugestellt werden können. Die Erhebung der Anklage ist unzweifelhaft.
- Der Gewehrprüfungskommission in Spandau werden aus der ganzen Armee in allen Fällen, wo an den Handfeuerwaffen beim Gebrauch erheblichere Beschädigungen vorkommen, die defekten Gewehre eingeschickt, damit beurtheilt werde, ob der Schaden derartig ist, daß daraus ein Schluß auf die allgemeine Beschaffenheit und Brauchbarkeit der betreffenden Waffen gezogen werden könnte. Von der Gewehrprüfungskommission, die aus Offizieren und Mannschaften der Truppentheile sämmtlicher Bundesstaaten zusammengesetzt ist, wird dann jeder Fall einer sorgfältigen Untersuchung unterworfen. Wie wir nun aus guter Quelle erfahren, sind aus dem letzten großen Manöver bei der Gewehrprüfungskommission gar keine Sendungen solcher schadhaft gewordenen Gewehre eingegangen. Dieser Umstand ist von Wichtigkeit; er zeigt, daß unser jetziges Infanteriegewehr auch hinsichtlich der Haltbarkeit sich gut bewährt und den gehegten Erwartungen vollkommen entspricht.
- Für die neu errichteten 175 Halb=Bataillone werden neue Fahnen im Kriegsministerium zu Berlin angefertigt. Dieselben sollen nach den bisherigen Dispositionen in feierlicher Weise durch den Kaiser im Stadtschlosse zu Potsdam den Truppen übergeben werden. Der Nagelung wird auch die Kaiserin und der Kronprinz beiwohnen.
- Der sieben Jahre alte Sohn des Metzgermeisters Weilbuchner in Braunau bei Simbach am Inn fiel in den Keller und blieb an einem dort befindlichen Fleischhaken hängen. Der Haken durchdrang die Kleider und schlitzte dem armen Jungen sozusagen den Laib auf. Man hofft indeß den Verletzten am Leben zu erhalten.
- In einer der letzten Nächte drang eine Diebesbande in die Kathedrale zu Genf ein und plünderte dieselbe vollständig aus. Die Diebe raubten den gesamten Kirchenschatz und sämtliche kostbare Wandgemälde. Der Werth der gestohlenen Sachen beträgt eine halbe Million. Zwei Theilnehmer an dem Kirchenraube wurden verhaftet.
- Im Thiergarten zu Amsterdam wußte der braune Bär während der Nacht in den abgeschlossenen Käfig seines Nachbarn, des Eisbären, zu dringen und stattete diesem einen so bärbeißigen Besuch ab, daß die Wächter, als sie am nächsten Morgen auf der Bildfläche erschienen, den Eisbären tot und den anderen dem Verenden nahe zerfleischt vorfanden.
- Der 100jährige Todestag von Marie Antoinette wurde in verschiedenen Kirche Frankreichs durch Seelenmessen begangen.
- Am Montag wurde in Paris der bekannte Tondichter Gounod von einem Schlaganfall betroffen. Er hatte den Organisten Couturan mit den Worten: "Man muß in diesem Winter mein Requiem spielen," mit sich nach Hause genommen und mit ihm zusammen das Requiem geübt, das Gounod selbst sang. Während des Gesanges brach er, 3 1/4 Uhr vom Schlage getroffen, zusammen. Die Lähmung schritt schnell vorwärts und am Dienstag früh schied der große Komponist aus dem Leben.
- Marschall Mac Mahon, der einst so berühmte General und Staatsmann, auf den vor wenigen Jahrzehnten die Franzosen ihren ganzen Stolz setzten, hat Dienstag, fast völlig vergessen von seinen Bewunderern, auf seinem Schlosse La Forêt sein Leben geendet. "Mac Mahon, der Sieger von Magenta und der Besiegte von Sedan, wurde am 28. November 1808 zu Suly bei Autun geboren, er hat somit ein Alter von nahezu 85 Jahren erreicht. Er war ein tapferer Soldat und ein rechtschaffener Charakter. Nach dem Sturze Tiers wurde er auf Betreiben der Monarchisten zum Präsidenten der Republik erwählt. Während der ersten Jahre wurde er auch trotz der Begünstigung des Ultramontanismus von den Republikanern nicht ernsthaft befehdet. Als er aber am 16. Mai 1877 das Ministerium Jules Simon plötzlich entließ und mit Broglie=Fourtou den angeblichen Versuch machte, reaktionäre Kammerwahlen zu erzielen, wurde seine Stellung unhaltbar. Er blieb noch bis Ende 1879 im Amte, dankte aber ab und lebte seither als Privatmann.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 83 Seite 6]

- Der Süddeutsche Eisenbahn=Reform=Verein hat vor Kurzem in Baden=Baden seine erste Generalversammlung abgehalten. In der Hauptversammlung wurde mit Genugthuung konstatirt, daß in Folge der Agitation des Vereins in Baden die Einführung der 10tägigen Gültigkeit der Rückfahrtkarten erzielt worden sei; daß sei aber nur eine Abschlagszahlung. Als nächste Forderungen des Vereins wurden in einer einstimmig gefaßten Resolution bezeichnet: a. Einführung der 3. Wagenklasse für sämmtliche Schnellzüge, b. Einführung von Kilometerbilleten, c. Einführung von Abonnementskarten, ähnlich den jüngst in Belgien zur Einführung gebrachten, d. Ermäßigung der Taxen des Kinderbillets. Als Ort für die nächste Generalversammlung ist Karlsruhe bestimmt worden.
- Seitens der Hannoverschen Maschinenbau=Aktien=Gesellschaft, vormals G. Egestorff, in Hannover ist in diesen Tagen die 2500. Lokomotive fertiggestellt und abgeliefert worden. Zufällig ist es, daß diese Lokomotive eine neue Construktion erhalten und die größte und schwerste ist, die je die Werkstatt verlassen hat. Während man in der letzten Zeit zu dem Muster der vierachsigen Lokomotiven übergegangen ist, ist dies die erste fünfachsige, die unsere Staatsbahn erhält. Von den 10 Rädern der Maschine sind 8 gekuppelt; dienstfähig wiegt sie ca. 60 Tonnen gleich 1200 Zentner und mit ihrem Tender ca. 90 Tonnen gleich 1800 Ztr.; die Leistung beträgt ca. 700 Pferdekräfte. Diese Maschinen sollen in Güterzügen auf Strecken mit anhaltenden Steigungen zur Verwendung kommen, auf denen bisher Vorspannmaschinen nöthig waren.
- Der Elektromotorenbetrieb in der Kirche ist eine Neuerung, mit der Berlin dem übrigen Deutschland vorangehen will. In der Marienkirche soll nämlich ein dreipferdiger Motor zum Treiben des Orgelgebläses aufgestellt werden. Die Legung des elektrischen Kabels nach der Kirche wird demnächst erfolgen; dasselbe soll so bemessen werden, daß es auch für die etwaige elektrische Beleuchtung der Kirche verwendbar ist.
- Der Sultan hat einen neuen Orden gestiftet, und das erste Exemplar desselben wird, wie die N. A. Z. meldet, dem Kaiser Wilhelm II. übermittelt werden; ebenso wie der Sultan s. Z. dem Kaiser Wilhelm I. das erste Exemplar des von ihm gegründeten Imtias=Ordens übersandt hat. - Der Sultan spendete soeben aus seiner Privatschatulle 700 000 Franks zum Bau von Wohnhäusern und eines Hospitals in Hedzas. In diesen Baulichkeiten sollen 6000 nothleidende einheimische und auswärtige Pilger Unterkunft, Beköstigung und ärztliche Pflege finden. Die Erhaltungskosten wird jedenfalls der Sultan tragen.
- Der diesjährige Weinsegen. In Niederwalluf (Rheingau) wurden in einem einzigen 50 Ruten großen Weinberge nicht weniger als 37 Zentner und 28 Pfd. sogen. Oesterreicher Trauben geerntet.
- Der preußische Oberlandstallmeister Graf Lehndorff hat bei seinem jüngsten Aufenthalt in Frankreich drei sehr wertvolle Stuten für das Graditzer Gestüt gekauft, nämlich die braunen Stuten "Jorande" für 53 000 Frcs., "Brienne" für 30 000 Frcs. und "Mademoiselle Bèjahrt" für 18 500 Frcs. "Xaintrailles", der alte Deckhengst des Lupin'schen Gestüts, kam an demselben Tag zur Auktion wie diese Stuten, doch gelang es dem Ober=Landstallmeister nicht, ihn für Deutschland zu erwerben. Bis zu 180 000 Francs hatte Graf Lehndorf mitgeboten, dann wurde der elfjährige Flageolet=Sohn für 200 000 Francs Herrn J. Lebaudy zugeschlagen.
- Dungwert des Baumlaubes. Im agrikulturchemischen Laboratorium in Kiel ist der Geldwert von je 1 Meterzentner frischen Baumlaubes wie folgt ausgerechnet worden: Graupappel 109, Weide 120, Silberpappel 120, Hainbuche 67, Weißbirke 44, Bergahorn 46, Roterle 38, Rotbuche 46 Kreuzer. Den meisten Stickstoff enthalten das Laub der Roterle und der weißen Weide. Den höchsten Gehalt an Phosphorsäure zeigte das Laub der weißen Weide und das der Silberpappel: auch an Kaligehalt stand das Laub der beiden letztgenannten obenan, und ist der Düngerwert in Geld ausgedrückt bei diesen Laubarten am höchsten. Die zweckmäßigste Verwendung des Laubes ist, wenn man solches im Herbst sammelt, auf Haufen schichtet, zusammenfaulen läßt und es erst im verwesten Zustande verwendet. In diesem Jahre, wo an sehr vielen Orten sehr wenig Stroh gewachsen ist, was eine schwache Düngerproduktion vieler Wirtschaften zur Folge haben wird, dürfte das Laub als Streu= und Düngemittel doppelte Beachtung verdienen.
- Die medizinische Wissenschaft als brennende Frage. Die Medizin ist der edelste Beruf, sagt Tariset, aber das erbärmlichste Handwerk (heute "Gewerbe") nächst dem geistlichen und Erzieher=Beruf. Nur ein guter Mensch kann ein guter Arzt und Erzieher sein, meint Nothnagel. Die Medizin ist eine brennende Frage, so sagt Dr. Sonderegger. Der Tod überfällt den Thoren von hinten, den Weisen greift er vorn an, nicht immer unvermutet, seltener als es scheint, ohne Vorboten. Der Feldherr von heute zählt seine Kranken und Verwundeten so genau, wie seine Kampfunfähigen und Toten. Der Geschäftsmann und Familienvater vergißt in seinen Voranschlägen (wenn er überhaupt welche macht) nicht, mit der Krankheit und dem Tod zu rechnen, und sieht sich für "alle" Fälle "möglichst" vor. In neuester Zeit steigt auch der Staatsmann von der hohen Pyramide seiner Politik zu ihrer breiten Basis herab, läßt Geburts= und Todesziffer zählen und fängt an, den Lebens= und Gesundheitsverhältnissen der Völker nachzufragen. Das Glück der Schlachten, die Macht der Staaten, Schönheit und Reichtum der Länder, die Blüte der Gemeinden, der Segen des Familienlebens, fast alles das ist abhängig von dem gebrechlichen Dasein des einzelnen Menschen. Schließlich giebt es doch nur eine einzige Macht, ein einziges Kapital auf Erden: das ist Leben und Gesundheit, Gesundheit des Leibes, Gesundheit des Geistes, Gesundheit der öffentlichen Verhältnisse und der Volksseele. Während im Krieg vier bis fünf mal mehr Menschen an Krankheiten als an Wunden sterben, treffen auch in den gesundesten Friedenszeiten auf jeden Einzelnen 20 Krankentage im Jahr! Also: 5 Prozent der ganzen Lebenszeit sind nicht blos unangenehm sondern auch unproduktiv und sogar geldraubend. Wo die jährliche Todes=Ziffer um 1 heruntergeht, sinkt die Krankheits=Ziffer bereits um 34! Die Frage wird soweit nicht etwa bloß für die humanen Samariter nein, auch für die reinen Rechner von Wichtigkeit. Für den Ungebildeten bezeichnet die Medizin den letzten Akt im "Kampf ums Dasein", für den Denkenden den ersten.
- 1000 M. für einen Kuß. Dieser Tage saßen, wie dem Wurzener Tageblatt aus dem Dorfe P. bei Brandis (Sachsen) geschrieben wird, in einer Restauration des Ortes mehrere Radfahrer aus Leipzig mit dem schmucken Wirthstöchterlein in lustiger Stimmung beisammen. Unter den fidelen Sportgenossen befand sich auch ein Leipziger Rechtsanwalt, dem es das hübsche neunzehnjährige Mädchen so angethan hatte, daß er ihr 1000 M. bot, wenn sie ihm einen Kuß geben und sein liebes Weibchen werden wollte. Eingedenk des Sprichwortes: "Einen Kuß in Ehren kann Niemand verwehren," besann sich die holde Maid nicht lange und spendete den verlangten Kuß, worauf denn auch der glückliche Empfänger desselben sofort seiner Verpflichtung nachkam und ihr mit den Worten: "Das Geld ist Dein und Du bist auf ewig mein" 1000 M. in Papiergeld in das zarte Händchen drückte. Beide umarmten sich und bei einem Kusse ist es natürlich nicht geblieben. Die Verlobung ist geschlossen und nächstens wird fröhliche Hochzeit sein.
- Die Spanier treffen zur Bekämpfung der Kabylen in Marokko große Vorbereitungen. Es werden 15 000 Mann dorthin gesandt und die Generale Sanchez und Castro sind bereits in Melilla eingetroffen. Die spanische Regierung wird vom Sultan von Marokko Genugthuung und Bezahlung der Kosten der Expedition verlangen.
- In Antwerpen sind am vergangenen Sonntag bei hellem Tag zwei elegant gekleidete Engländer in einen Juwelierladen gedrungen, haben die anwesende Frau des Besitzers betäubt und nach dem Raub von Juwelen im Wert von 70 000 Frks. die Flucht ergriffen. Erfreulicherweise sind die Diebe in Brüssel in dem Augenblick verhaftet worden, als sie nach Calais abdampfen wollten.


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