No. 82
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. Oktober
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 82 Seite 1]

Die Russen in Toulon.

In Toulon waren bis Donnerstag 20 000 Personen angekommen. Abends fand großer Zudrang der Bevölkerung zur Probe=Illumination statt. Es wurden zahlreiche Italiener bemerkt. Die Föderation der elsaß=lothringischen Vereine überreicht dem russischen Admiral Avellan eine Adresse. Das "Echo" sagt: Die Demonstrationen werden süß sein für die Herzen derer, die sich erinnern und auf bessere Tage hoffen. - Pariser Händler verkauften Fahnen mit der Inschrift: "Es lebe Elsaß=Lothringen!" Der Polizeipräfekt verbot jedoch den Verkauf. Die Regierung kündigte an, daß kein Emblem, das auf die Ereignisse von 1870 anspielt, werde geduldet werden. - Am Freitag früh 8 Uhr dampfte die französische Flottille zur Begrüßung der Russen ab, voran das Panzerschiff "Davoust" mit den Vertretern der französischen Marine sowie der französischen und russischen Diplomatie. Vor der Abfahrt wurde die französische Flagge auf den Schiffen gehißt. Die Zuschauermenge grüßte die Fahne mit Hutabnehmen. Der aus drei Torpedo=Avisos und sechs Torpedo=Booten bestehenden Flottille schlossen sich die großen Schlachtenschiffe der Escadre an; zahllose Privatschiffe folgten, sowie die Postdampfer aus Marseille und Nizza. Es war vortreffliches Wetter. Gegen halb zehn Uhr wurde die russische Flotte sichtbar. Dieselbe fuhr in einer Linie, voran das Admiralschiff, hinterher fünf Panzerkreuzer. Der "Davoust" hißte die russische Flagge und gab dreizehn Kanonenschüsse ab. Das Admiralschiff "Kaiser Nicolaus" beantwortete Schuß für Schuß und hißte die französische Flagge. Der Vertreter des französischen Marineministers begab sich an Bord des russischen Admiralschiffes und bewillkommnete den Admiral Avellan namens der französischen Regierung; der Admiral werde bald sehen, daß das ganze französische Volk sich den Willkommenwünschen anschließe. Admiral Avellan dankte wärmstens. Die französischen Matrosen erkletterten das Takelwerk, vom "Davoust" erklang zwanzigmal der Ruf: Vive la Russie! Die Masten der russischen Schiffe waren mit Matrosen bedeckt, die Hurra riefen und ihre Mützen schwenkten. Bei jedem Schiffe, das Vorbeifuhr, erneuerten sich die stürmischen Zurufe. Von den russischen Schiffen erklang die "Marseillaise". Auf dem Passagierdampfer "Brest", der vollgefüllt mit Zuschauern den Russen entgegenfuhr, erschoß sich ein Schiffskommissar im Augenblick der Ankunft der russischen Flotte. Das Motiv der That ist unbekannt. Bei der Einfahrt in den Hafen grüßten die Landbatterien mit Kanonendonner. Unter den Jubelrufen der Menge auf den Quais warfen die russischen Schiffe Anker, von zahlreichen Barken überschwemmt.
Die ganze Stadt Toulon prangt in festlichem Schmuck, zu welchem der Stadtrath allein 10 000 Fahnen geliefert hat. Die Dekoration des Festsaales, in welchem der Marinepräfekt den russischen Gästen und den französischen Offizieren einen Ball geben wird, besteht aus Waffen, der Kronleuchter aus Pistolen, der Lampenhalter aus Bajonetten und dergleichen. Der Pariser Stadtrath und der Generalrath des Departement der Seine, mit dem Seinepräfekten Poubelle an der Spitze, sind in Toulon eingetroffen, um die Einladung nach Paris zu überbringen. Trotz des Festjubels und der sich daran knüpfenden guten Geschäfte ist man in Toulon sehr ungehalten über die Repräsentationskosten, die der Maire und die Stadtväter sich haben bewilligen lassen. Der Maire, ein ebenso patriotischer wie praktischer Mann, ist der Ansicht, kein Russe dürfte einen Heller bezahlen, und deshalb hat er sich 15 000 Franken Kleingeld in die Tasche gesteckt, um für alle Gelegenheiten gerüstet zu sein. Die Feststellung des Programms in Toulon ist auch keineswegs glatt von Statten gegangen. Die Sozialisten im Gemeinderath wollten um jeden Preis die einzigen sein, die Vertreter des Zaren zu empfangen, selbst auf die Gefahr hin, ihre alten Freunde, die Nihilisten, zu verletzen. Der Präfekt wieder wies auf das ihm die Veranstaltung von maritimen Festen zustehende Vorrecht hin. Schließlich einigte sich glücklich ein Kompromiß, das keine der beiden Parteien zufrieden stellt. Dem Gemeinderath wird ein voller Tag überlassen und der Maire wird sogar einen neuen Frack anlegen, obgleich das Gemeinderathsplenum sich gegen solch aristokratisches Kostüm energisch ausgesprochen hat. Die Festvorbereitungen in Paris werden natürlich mit größtem Eifer fortgesetzt. Der sinnigsten Huldigung darf sich wohl ein Liqueurfabrikant rühmen, der einen neuen Schnaps "Tsar" getauft und sein Fabrikat durch große Laternen in Flaschenform, die von innen elektrisch beleuchtet waren, in den Straßen der Gunst des Publikums empfohlen hat. Leider hat die Polizeipräfektur diese Art der Ankündigung des Zarenschnapses für nicht ganz passend erachtet und den Laternenträgern das Handwerk gelegt.
Die französische Liebenswürdigkeit hat am Sonntag Nerven und Magen der russischen Gäste wieder auf eine harte Probe gestellt. Am Vormittag hatten sich die russischen Offiziere durch ein von der Munizipalität von Toulon veranstaltetes Frühstück mit unzähligen Gängen und den unvermeidlichen Trinksprüchen und Verbrüderungsszenen durchzuarbeiten. Als bleibendes Andenken an dieses Festmahl nehmen die russischen Offiziere 130 silberne Pokale mit nach Hause, die ihnen von der Stadt Toulon gestiftet worden sind. Nach dem Frühstück defilierten verschiedene Musikvereine, natürlich mit klingendem Spiel, und dann kam der zu Ehren der Russen veranstaltete Blumenkorso, bei welchem namentlich Admiral Avelane mit Blumen förmlich überschüttet wurde. Es blieb dem also Gefeierten nichts weiter übrig, als zum Dank fortwährend die Mütze zu schwenken. Die russischen Matrosen, die Arm in Arm mit französischen Marinesoldaten durch die Stadt zogen, wurden außer mit Blumen noch mit Tabak und Zigarren bombardirt. (Auch für die Matrosen ist ein Bankett in Vorbereitung, zu welchem ihrer 500 Mann erscheinen sollen). Abends war Diner beim Seepräfekten und den Abschluß des festlichen Tages bildete eine Galavorstellung in der Oper mit der von 200 Sängern vorgetragenen russischen Hymne und anderen geräuschvollen Huldigungen. Die Toaste, die beim Diner ausgebracht

[ => Original lesen: 1893 Nr. 82 Seite 2]

wurden, waren in Form und Inhalt nach den bereits bekannten Mustern zugeschnitten: die der Franzosen voll von begeisterten Liebeserklärungen, die Avelanes außerordentlich höflich, aber im Punkt der Politik ebenso reservirt. Die französische Presse, der es nicht entgeht, daß in den Reden des Admirals niemals Ausdrücke wie Brüderschaft, Allianz etc., deren sich die Franzosen mit Vorliebe bedienen, vorkommen, suchen dies damit zu erklären, daß der Admiral des Französischen nicht genügend mächtig sei, um die wahren Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Nicht minder komisch geberden sich die Zeitungen bei ihren fortgesetzten Anstrengungen, die friedliche Bedeutung der Russenfeste zu betonen. Der "Siecle" bezeichnet das Gestade, an welchem das russische Geschwader vor Anker gegangen, als das Land der Oelbäume und fügt bei, jene werden von dort Deutschland, Italien und Oesterreich Oelzweige mitbringen. In Deutschland namentlich sei man von nun an vor einer Politik der Abenteuer, in welche dieses Land sonst vielleicht hätte gestürzt werden können, sicher, denn "die Kanonen von Toulon schreiben der Welt jetzt den Frieden vor". Gut gebrüllt! Eines der Gedichte, die der Admiral Avelane in Toulon über sich ergehen lassen mußte, bezeichnet zum Schluß den Bund Rußlands und Frankreichs als einen Bund nicht der Interessen, sondern der Geister; beide Rassen vereine der Wunsch, "einem christlichen Recht zur allgemeinen Geltung zu verhelfen." Die "Ville lumiére" und Sibirien umschlungen vom Band des Geistes und christlichen Rechtes - das hätte sich der selige Victor Hugo nicht träumen lassen! Präsident Carnot scheint nun doch nach Toulon reisen zu wollen, um den Besuch des russischen Admirals zu erwidern. Bezüglich des Tags der Reise sind jedoch noch keinerlei Bestimmungen getroffen.
Sämmtliche Pariser Blätter widmen der Ankunft des russischen Flotte enthusiastische Leitartikel, in denen besonderer Nachdruck auf den friedlichen Charakter des Flottenbesuchs gelegt wird. Es ist rührend, zu vernehmen, daß Russen und Franzosen kein Wässerchen zu trüben vermögen und daß ihr Bund nur dem Frieden dient, während der Dreibund die ganze Welt beunruhigt! Aehnlich, wenn auch etwas gehaltener, spricht man sich in Rußland aus.


- Am Sonntag wird der Kaiser in Begleitung des Kronprinzen nachmittags in Dresden zum fünfzigjährigen Militärjubiläum des Königs Albert eintreffen. Abends wird im Residenzschlosse eine große Galatafel stattfinden, welche der Kronprinz als jüngster sächsischer Lieutenant mitmacht. Eine Anzahl regierender deutscher Fürsten wird an dem Feste theilnehmen. Kaiser Franz Josef von Oesterreich läßt sich durch den greisen Erzherzog Albrecht vertreten. Ferner heißt es, daß alle kommandirenden Generale der deutschen Armeekorps Gäste des Königs Albert an seinem Ehrentage sein würden.
- Als Tag der Reichstagseröffnung hört die N.=L. C. den 21. November nennen. Der Reichshaushalt und die Steuergesetzentwürfe werden dem Reichstag alsbald nach der Eröffnung zugehen. Die ersten Lesungen dieser Vorlage werden die Zeit bis Weihnachten zum größten Teil in Anspruch nehmen, worauf alsdann der Schwerpunkt der Arbeiten in die Kommission fallen wird.
- Das Reichsmarineamt hat auf Forderungen für neue Zwecke für das nächste Etatsjahr gänzlich verzichtet.
- Die Prinzessin Ferdinand von Rumänien wurde in der Nacht zum Sonntag um 2 Uhr von einem Prinzen entbunden. Aus Anlaß der Geburt dieses Kindes des rumänischen Thronfolgerpaares wurde auf dem Schlosse in Sigmaringen die rumänische Flagge gehißt.
- Die Geburt eines Prinzen in der königlichen Familie ist in ganz Rumänien mit großem Enthusiasmus aufgenommen worden. Sämtliche Städte hatten Flaggenschmuck angelegt. Der neugeborene Prinz wurde unter dem Namen Carol in das Zivilstandsregister eingetragen. Das Befinden der Prinzessin Ferdinand sowie des Kindes ist ein sehr befriedigendes.
- In Veranlassung der in Kopenhagen am Freitag in Gegenwart der ganzen russischen Kaiserfamilie stattgefundenen Festlichkeiten, der Kielstreckung zu dem russischen Kreuzer und des Besuchs an Bord der französischen Kriegsschiffe "Ilse" und "Turcouf" schreibt die "Nat. Tid", daß diese Festlichkeiten von allgemeiner europäischer hochpolitischer Bedeutung und ein Supplement zu den Tagesereignissen in Toulon seien. Wohl fänden sie auf dänischem Territorium, aber unter russischen und französischen Flaggen statt. Die Dänen konnten jedoch nur Zuschauer sein, damit Dänemark nicht den Schein erhalte, der Schauplatz von Handlungen zu sein, "die in jeder Hinsicht unseren Gedanken und unsern Volksinteressen absolut fern liegen."
- Die russische Kaiserfamilie hat am Dienstag von Fredensborg aus die Heimreise angetreten.
- Die Meldung von der Verlobung des russischen Großfürsten=Thronfolgers mit der zweiten Tochter des Prinzen von Wales wird von Kopenhagen aus von gut unterrichteter Seite als jeder tatsächlichen Grundlage entbehrend bezeichnet.
- Die französische Regierung beschloß, die Beisetzung des Marschalls Mac Mahon auf Staatskosten zu veranstalten und die Familie des Marschalls um die Genehmigung zu ersuchen, daß die Leiche im Invalidendom beigesetzt werde.
- Das englische Geschwader unter dem Oberbefehl des Admirals Seymour traf am Montag vormittag in Tarent ein. Das Panzerschiff "Italia" mit dem Admiral Corsi an Bord traf nachmittags ein, um das englische Geschwader zu empfangen. Tarent war zum Empfange der englischen Flotte bereits mit Fremden gefüllt. Von überall her trafen Veteranen= und Volksvereine ein, um sich an der Begrüßung des Admirals Seymour zu beteiligen.
- Wie in Kreisen des Marineministeriums verlautet, ist der Besuch der italienischen Flotte in England im nächsten Frühjahr nicht unwahrscheinlich. - Vier Bersaglierie=Bataillone gehen demnächst nach Sizilien zur gründlichen Unterdrückung des Brigantaggio ab. Andere Truppen werden nächtigen.
- In Italien sind am Sonntag zwei große Denkmäler enthüllt worden: das des Königs Victor Emanuel in San Martino, wo sich die königliche Familie und mehrere Minister zu der Feier eingefunden hatten, und dasjenige Garibaldis in Genua. Der letzteren Feier hat Crispi beigewohnt; derselbe hat bei dieser Gelegenheit eine große, mit stürmischem Beifall aufgenommene Rede gehalten.
- Aus Nizza wird gemeldet, daß in der Nähe der Jägerkaserne in Mentone die Leiche einer jungen deutschen Dame gefunden wurde, die sich, wie aus einem bei ihr vorgefundenen Briefe ersichtlich ist, erschossen hat, weil sie ihr ganzes, sehr bedeutendes Vermögen in Monte Carlo verspielt hatte.
- Der Senat der Vereinigten Staaten hat sich am Freitag nach einer nahezu 39stündigen Sitzung wegen Beschlußunfähigkeit auf 2 Uhr nachts vertagt. Senator Allen hat es fertig gebracht, 15 Stunden lang für die Abschaffung der Sherman=Akte zu sprechen! Die Zuhörer sind ebenso zu bewundern, wie der Redner. Ein Amendement zu Gunsten der freien Silberprägung ist verworfen worden.
- Mit der Sonntagsruhe der Bahnbeamten ist es schon wieder vorbei. Die preußische Staatsbahn hat sich genöthigt gesehen, den Güterverkehr am Sonntag wieder aufzunehmen.
- Am 16. Oktober 1893 waren es hundert Jahre, daß die unglückliche Königin Marie Antoinette, die Tochter der Kaiserin Maria Theresia von Oesterreich, in Paris auf dem Blutgerüst ihr Leben ausgehaucht hat.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Schönberg resp. auf dem Schönberger Stadtfelde belegenen Grundstücke des Töpfermeisters Carl Hauschild wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidationsprotokoll sofort im Termin der Praeclusiv=Bescheid erlassen und publizirt worden ist.
Schönberg, den 16. Oktober 1893.

Großherzogliches Amtsgericht
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 82 Seite 3]

Es wird hierdurch öffentlich bekannt gemacht, daß an Stelle des Schmiedemeisters Heinrich Teege zu Boitin=Resdorf der Hauswirth Heinrich Oldenburg zu Kl.=Mist zum Curator des Schulzen Heinrich Oldörp zu Lockwisch bestellt ist.
Schönberg, den 18. Oktober 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    E. Breuel, Akt.


In das hiesige Handelsregister Fol. LXVIII Nr. 81 ist heute eingetragen:

Lange & Willms.
Handelsfirma:       
Ort der Niederlassung:        Schönberg.
Name und Wohnort der Inhabers, der Gesellschafter:        Die Gesellschafter sind der Schneidermeister und Kaufmann Rudolf Lange und der Schneidermeister und Kaufmann Joachim Wilms, beide in Schönberg.
Rechtsverhältnisse der Gesellschaft:        Die Gesellschaft ist eine offene Handelsgesellschaft.
A. Dufft.


Oeffentliche Versteigerung.
Montag, den 23. Oktober d. Js.
Vormittags 11 1/2 Uhr,
sollen in Palingen auf der Menz'schen Stelle:
4 Kühe, 3 Starken, 1 Bolle

gegen Baarzahlung verkauft werden.
Die Auction wird voraussichtlich nicht abgekündigt.
Schönberg, den 16. Oktober 1893.

                                                    C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Hiedurch mache ich die ergebene Mittheilung, daß ein von berufenster Seite empfohlener Assistenzarzt, der praktische Arzt Herr Max Girchner, mich bis auf Weiteres in meiner Praxis vertreten wird. Derselbe wohnt bei mir im Hause.

Schönberg i/M. den 16. Octbr. 1893.
                                                    Dr. Max Marung.


Geschäftseröffnung.

Einem hochgeschätzten Publikum von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich vom Sonntag, den 15. d. Mts. an mein

Photographisches Atelier

Siemzerstraße Nr. 195 eröffne, und wird mein eifrigstes Bestreben sein, durch saubere gute Bilder in allen Größen zu solennen Preisen mir das Wohlwollen aller mich Beehrenden zu erwerben und erhalten zu können.

                          Hochachtungsvoll
                                                    Th. Liebert.

NB. Vergrößerungen werden nach jedem kleinen Bilde prompt und billigst ausgeführt.

                                                    D. O.


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Wünschen Sie zarten, weissen, sammetweichen Teint?
- so gebrauchen Sie:                                                    
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von BERGMANN & Co. in Dresden. à Stück 50 Pf bei
Apotheker Montag.


Jeder Zahnschmerz
wird sofort gestillt durch die Anwendung der Cocäinwatte.
Zu haben in Gläsern a 50 Pfg. bei
H. Brüchmann. Schönberg i. M.


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in selten schöner Qualität empfing und empfiehlt
                                                    J. F. Eckmann.


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                                                    die Apotheke zu Schönberg.


Gift für Feldmäuse.

Bestellungen auf Sacharin-Strichninhafer für die Firma A. Wasmuth & Co. in Ottensen nehme ich entgegen.

                                                    C. Schwedt.


Anmeldungen und Beiträge für den                                                    
Diätenverein für Geschworene
nimmt bis 31. d. Mts. entgegen.                                                    
                                                    L. Spehr.


Versammlung des Imkervereins
am Sonntag d. 22. d. M., nachmittags 2 Uhr.

Tagesordnung: Rechnungsablage, Vorstandswahl, Besichtigung der neuen Wachspresse und verschiedener Geräthe.

                                                    Der Vorstand.


Am Mittwoch, den 25. d. Mts. fahre ich mit meinem Omnibus nach dem Ratzeburger Viehmarkt. Abfahrt v. Schönberg Morgens 5 1/2 Uhr. Neue Welt 7 Uhr.

                                                    J. Schütt.


Am Sonntag den 22. October:
Tanzmusik
bei                                                     J. Boye.


Einladung
zum
Scheibenschiessen
am 22. und 23. Oktober d. Js.
Gewinne:
Ochsenfleisch.
Duvennest.                                                     H. Wittfoth.
Am letzten Tage                          
Ball.


Die Abonnenten auf die 6 Fremden=Vorstellungen der Spielzeit 1893/94 im hiesigen Großherzoglichen Hoftheater werden hierdurch aufgefordert, die bestellten Theater=Abonnements= und Eisenbahn=Fahrkarten in den Tagen

vom 20. bis zum 22. d. Mts.

bei den Fahrkarten=Ausgabestellen ihrer Eisenbahnstationen gegen Bezahlung abzuholen.
Schwerin, den 19. Oktober 1893.

Großherzogliches Hoftheater=Intendantur.


Großherzogliches Hoftheater zu Schwerin.
Erste Fremden-Abonnements-Vorstellung für die Abtheilung I
am Mittwoch, den 25. Oktober 1893.
Vasantasena
Drama in 5 Aufz. von Emil Pohl.
Anfang 6 Uhr.                           Ende gegen 9 Uhr.
Schwerin, 20. Oktober 1893.                          
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 82 Seite 4]

Vom Einkauf aus Süddeutschland u. Oesterreich zurückgekehrt, habe jetzt

in großer Auswahl

Peitschenstöcke, Peitschen, Spazierstöcke, Harmonikas, Uhrketten in ca. 400 versch. Sorten, Pfeifen, Cigarrenspitzen, Cigarrentaschen, Portemonnaies, Taschenmesser, Scheeren, Hosenträger, Kämme, Bürsten, Spiegel, Parfüm, Pomaden, Seifen, Haarschmuck, Damenketten, Broschen, Armbänder, Ohrringe, Ringe, Nadeln und desgleichen mehr,

zu den billigsten Preisen.                                                     H. Brüchmann.


Agentur der Mecklenburgischen Bank in Schwerin
für
Schönberg und Umgegend.

Spar= und Kapitaleinlagen werden z. Zt. verzinst:
1. gegen Sparbücher der Bank mit 3 1/2 %
2. gegen Schuldverschreibungen der Bank je nach der Kündigungsfrist mit 3 1/2 % u. 2 %
3. im Baar Conto=Corrent mit 2 %
Die Bank bewilligt Darlehen gegen genügend Sicherheit und übernimmt Bankkommissionsgeschäfte aller Art zu billigen Bedingungen.

Schönberg i. M.                                                     Wilhelm Schrep, Stadtsekretair.


Wegen Verkauf des Hauses und Aufgabe des Geschäftes
Gänzlicher Ausverkauf
des gesammten Waarenlagers

in Damenkleiderstoffen und Damenkonfektion einschließlich sämmtlicher Neuheiten für die Wintersaison zu ganz außerordentlich billigen Preisen.
Es dürfte sich für die Bewohner Schönbergs und Umgebung kaum eine günstigere Kaufgelegenheit bieten, so daß ein Besuch unseres Lagers in jeder Weise lohnend sein würde.

Rehtwisch & Borchert, Lübeck
Breitestraße 61.


Schönberg.
Boye's Etablissement.
Mittwoch, den 1. November 1893.
I. Abonnements-Concert

der städtischen Kapelle in Wismar unter Mitwirkung des

Concertmeisters Violonisten
Herrn Fritz Fröbus.

Schüler von Arno Hilf (Leipziger Conservatorium.)

Anfang 7 1/2 Uhr.
Entrée für Nichtabonnenten 75 Pf.

Wismar.                                                      Jul. Müller,
städt. Musikdirektor

NB. Für diejenigen, welchen die Missive versehentlich nicht zugegangen sein sollte, ist dieselbe im obigen Locale ausgelegt.


Statt besonderer Meldung.

Heute Abend 9 Uhr verschied nach schwerem Leiden der Grossherzogliche Obersteuerrath

Herr Georg Grapow
zu Schönberg in seinem 78. Lebensjahre.

Um stille Theilnahme bitten

                          die tiefbetrübten Hinterbliebenen.
Schönberg den 17. Oktober 1893.

Die Beerdigung findet am Freitag 3 Uhr Nachmittags statt.


Als Verlobte empfehlen sich:
Helene Düker.
Paul Dobus.
Zehmen.                                                    Lübeck.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 22. October.

Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Krüger.
   Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nachm. 5,40 Nachm. 8,54 Abends.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 54-56 M., Sauen 36-48 M., Kälber 67-73 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 42.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 82 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 82 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 20. October 1893.


- Neustrelitz, 17. Oktober. Zur Feier des Geburtstages Sr. K. H. des Großherzogs fand heute 8 Uhr Vormittags Morgenmusik des Hautboistencorps unter den Fenstern J. K. H. der Großherzog statt; hierauf "Wecken" der Hautboisten und Spielleute von der Schloßwache um den Markt nach der Kaserne. Um 10 Uhr Vormittags ward durch den mit der Militärseelsorge beauftragten Pastor Schmidt ein Militärgottesdienst im Exercierhause abgehalten, dem sich die Parole=Ausgabe auf dem Casernenhofe anschloß. Um 1 Uhr Nachmittags versammelte sich das Offiziercorps der Garnison auf dem Schloßhofe zur Gratulationscour. Das Festessen der Offiziere war Nachmittags 4 Uhr in der Offizier=Speise=Anstalt. Die Gebäude hatten Flaggenschmuck angelegt. In den Schulen, Vereinen etc. fanden zur Feier des Tages Festacte statt. - Wie hier so ward auch in den Städten etc. des Landes der Geburtstag Sr. K. H. des Großherzogs in herkömmlicher festlicher Weise begangen.
- Schönberg. Der 17. October, der Geburtstag unseres allergnädigsten Landesherrn, wurde hier wie überall in feierlichster Weise begangen. Die Stadt hatte Flaggenschmuck angelegt und die Schulen den Unterricht ausgesetzt, nachdem Morgens durch Festreden und Redeacte der Bedeutung des Tages gedacht war. In Spehr's Hotel fand Nachmittags ein zahlreich aus Stadt und Land besuchtes Festdiner statt, die patriotischen Kriegervereine hatten sich zu einem gemeinschaftlichen Festballe vereinigt, außerdem fanden Festcommerse statt bei Boye und Teschendorf.
- Am Montag Morgen mit dem Frühzuge verließen die Marstallbeamten, welche für diesen Winter nach Cannes befohlen sind, mit den Großherzoglichen Pferden und Equipagen Schwerin, um sich durch die Schweiz nach Cannes zu begeben und die Pferde dort einzufahren.
- Die unter Direction des Herrn Alexander Weymann stehende Theatertruppe hat in Bützow einen Cyklus von Vorstellungen eröffnet. Die Leistungen der Gesellschaft sind gut, besonders ist das Zusammenspiel ein recht flottes. Der Theaterbesuch war bis dahin nur ein sehr schwacher.
- Der Viehmarkt in Mölln am 18. October war von Käufern und mehr noch von Verkäufern zahlreich besucht, doch ging der Handel bei mäßigen Preisen recht schleppend; der Umsatz ist daher im Vergleich gegen sonst nicht allzuhoch anzuschlagen. Rindvieh war ziemlich viel am Markte, wovon ein ziemlicher Bruchtheil minderwerthige Waare war. Dreijährige Starken, Mecklenburger und Breitenburger Race, wurden mit 150 bis 200 M. bezahlt, zweijährige waren für 120 bis 150 Mk. käuflich. Bullen wurden mit 120 bis 180 Mk. bezahlt, je nach dem Alter und der Größe. Gute Milchkühe erzielten Preise bis zu 200 Mark, dagegen waren Ausschuß=Kühe ein wenig gefragter Artikel; letztere waren für 60 bis 75 Mark käuflich. Der Handel in Pferden war gleichfalls flau, wenngleich die Preise sich noch auf der bisherigen Höhe hielten. Der Hauptumsatz wurde in Füllen gemacht. Am besten ging der Handel mit Ferkeln und Schweinen. Wenngleich auch die Preise im Allgemeinen nicht so hoch waren wie auf dem letzten Monatsmarkt, so wurde doch der Markt ziemlich geräumt. Die Preise für Ferkel schwankten zwischen 9 bis 15 Mk., für Zugänger wurden Preise bis zu 36 Mark erzielt.
- Ueber eine Blutthat wird aus Greifswald berichtet: In seinem Schlosse Mietzow ist am Montag der Graf Adolf Blücher von seinem Gärtner meuchlings erschossen und die hinzueilende Gräfin Blücher durch einen Schuß in die Lunge lebensgefährlich verwundet worden. Sodann hat sich der Mörder selbst entleibt. Ueber die näheren Umstände ist folgendes bekannt geworden: Der Gärtner Namens Borchardt, ein dem Trunke ergebener, roher Mensch, stand zum fünften oder sechsten Male vor der Auspfändung, nachdem der allezeit gutmüthige und nachsichtige Graf Blücher immer wieder seine Schulden getilgt und die Noth der Familie gelindert hatte. Am Montag nun, nach dem wohl die Geduld des Grafen erschöpft, wurde der Gärtner in das Zimmer des Grafen gerufen und erhielt seine Kündigung nachdem er mehrere Jahre im Dienste desselben gestanden hatte. Hierüber aufgebracht, entfernte sich der Gärtner, um bald darauf wieder mit einer Büchse zu erscheinen, die er sogleich auf den Grafen abfeuerte. Schwer getroffen sank dieser ohnmächtig zu Boden. Doch hiermit sich nicht begnügend, entfernte sich der Gärtner wieder, holte neue Patronen und einen Hirschfänger seines Herrn und feuerte abermals auf den Grafen, der sich inzwischen wieder aufgerafft hatte, aber nachdem er noch kurze Zeit mit dem Mörder gerungen und noch einen Stoß mit dem Hirschfänger in den Unterleib erhalten hatte, entseelt zu Boden sank. Die jetzt erschreckt in das Zimmer tretende Gräfin erhielt sofort einen Schuß unter die Schulter, so daß auch sie sofort zusammenbrach. Der Mörder erschoß sich, wie bereits erwähnt, hierauf in demselben Gemach. Letzterer hinterließ eine Frau und mehrere Kinder. Das gräflich Blücher'sche Ehepaar ist kinderlos, hat aber vor Jahren einen Neffen adoptirt, der jetzt im 14. Lebensjahr steht. Der entsetzliche Tod des in der Mitte der 50er Jahre stehenden, allgemein beliebten und hochgeachteten Grafen findet allseitige Theilnahme. Der Graf Adolf Ludwig Leopold August von Blücher ist am 7. Decbr. 1840 zu Finken als Sohn des am 15. Mai 1877 gestorbenen Grafen Ludwig, Ehrenritter des Johanniter=Ordens, geboren. Er war Herr auf Mietzow bei Klempenow ebenfalls Ritter des Johanniter=Ordens und stand früher als Major in der preußischen Armee. Am 8. September 1865 vermählte er sich mit der am 11. April 1844 geborenen Tochter Marie des Herrn Ludwig von Netzow und dessen Gemahlin Luise, geborenen v. Heyden. Abweichend von der vorstehenden Darstellung berichtet eine Berliner Lokalkorrespondenz auf Grund einer ihr aus Demmin zugegangenen Mittheilung über die entsetzliche That Folgendes: Der Thäter ist gleichzeitig Jäger des Grafen gewesen und war als sicherer Schütze bekannt. Er stand in einem intimen Liebesverhältniß zu einem Mädchen im Schloß, und um der Liebelei ein Ende zu machen, wurde die Magd, bei der das Verhältniß nicht ohne Folgen geblieben war, vom Gute entfernt. Der Jäger wollte das Verbleiben des Mädchens bewirken, erhielt aber aus diesem Grunde selbst seine Kündigung. Montag Mittag blickte das gräfliche Paar aus einem Fenster des Schlosses in den Park, als der Jäger aus einem Versteck im Gebüsch mit einem doppelläufigen Gewehr zuerst auf den Grafen schoß. Die Kugel drang durch die Stirn in den Kopf und hatte den sofortigen Tod zur Folge. Unmittelbar darauf traf der zweite Schuß die Gräfin in den Hals. Die Verletzung ist leider so schwer, daß das Ableben der Gräfin zu erwarten steht. Der verbrecherische Schütze soll die Schußwaffe so vorzüglich zu führen verstanden haben, daß er einen Sperling im Fluge mit einer Kugel sicher traf.
- Die Besserung im Befinden des Fürsten Bismarck ist schon soweit vorgeschritten, daß der hohe Patient trotz der rauhen Witterung einen längeren Spaziergang unternehmen konnte. Professor Schweninger wird sich voraussichtlich noch 8 Tage in Lugano aufhalten.
- Der am 16. Oktober 1893 in Berlin versammelte Ausschuß des Bundes der Landwirthe erklärt :
Die Deutsche Landwirthschaft kann eine Verschärfung ihres schweren Existenzkampfes durch eine Herabsetzung der Eingangszölle auf russisches Getreide nicht ertragen.
Rußland hat durch seine billigen Arbeitskräfte seine Raubwirthschaft in Folge seiner Gemeindeverfassung und seinen niedrigen Geldwerthstand Deutsch=

[ => Original lesen: 1893 Nr. 82 Seite 6]

land gegenüber einen bedeutenden wirtschaftlichen Vorsprung.
Die Herabsetzung des Zolles auf russischen Weizen und Roggen unter 5 M. für den Doppelzentner und die Herabminderung anderer Zollsätze auf landwirtschaftliche Erzeugnisse Rußlands hätten zur Folge, daß unsere Landwirthschaft in eine unhaltbare Lage der russischen gegenüber versetzt würde.
Wir bitten daher die verbündete Regierung und den hohen Reichstag,

es bei den bisherigen Zollsätzen auf Erzeugnisse russischer Landwirthschaft zu belasten und, insofern der Werthstand des russischen Geldes noch weiter sinkt, dieser Werthverminderung ich anpassende Zollerhöhungen festzustellen.
          Der Ausschuß des Bundes der Landwirthe.
- Freisinnige Blätter verbreiten die Nachricht, daß "die Führer vom Bunde der Landwirthe" mit der Absicht umgingen, die "Korrespondenz des Bundes der Landwirthe eingehen zu lassen. Wie wir in der Lage sind mitzutheilen, entbehrt die Nachricht jeder tatsächlichen Nachricht. Der freisinnigen Presse, welcher das Korrespondenzblatt des Bundes, das von etwa 1000 Zeitungen in ausgedehntestem Maße benutzt wird, schon lange ein Dorn im Auge ist, wurde es allerdings sehr willkommen sein, wenn die Korrespondenz, die so wacker an der Vernichtung des freisinnigen "Manchesterthums" mitgeholfen hat, nicht mehr erschiene. Die freisinnigen Blätter werden sich schon trösten müssen : die Korrespondenz erscheint nicht nur nach wie vor in der bisherigen Weise regelmäßig weiter, sie wird sogar später öfters als zwei Mal in der Woche ausgegeben werden. Der Gedanke, daß die von den Freisinnigen so gehaßte Korrespondenz von der Bildfläche verschwinden könne, ist - das hätten sich die freisinnigen Angstmeier doch sagen sollen- vom freisinnigen Standpunkte aus viel zu "schön", als daß er wahr sein könnte. Aus jener Nachricht der freisinnigen Blätter aber, deren lebhaftester Wunsch allein der Vater dieses Gedankens gewesen ist, sehen wir mit großer Genugthuung, welch' gefährlichen Gegner der Freisinn in der "Korrespondenz des Bundes der Landwirthe" fürchtet. Wir können der landwirthschaftsfeindlichen Presse die Versicherung geben, daß die Absicht, das Korrespondenblatt eingehen zu lassen, falls sie überhaupt jemals bestanden hätte, in dem Augenblick des Erscheinens jener Notiz in den freisinnigen Blättern gewiß aufgegeben worden wäre.
- Der Reichskanzler Graf Caprivi ist von Karlsbad nach Berlin zurückgekehrt, hat sich jedoch von seiner Abreise von dort noch beeilt, Herrn Maximilian Harden, den Herausgeber der "Zukunft" wieder einmal zu verklagen, und zwar wegen Beleidigung bezüglich seiner Amtsthätigkeit, begangen durch einen Artikel "Das Caprividenkmal" in Nummer 41 und "Die Bilanz des neuen Kurses" in Nummer 45 des ersten Jahrganges. Was dabei herauskommen wird, werden wir ja sehen.
- Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bespricht und begründet in einem längeren Artikel, überschrieben "Theures Geld", die Diskonterhöhung der Reichsbank. Das verhängnisvollste Mittel gegen den Goldexport und die Diskonterhöhung wäre, so wird in dem Artikel ausgeführt, die von einigen Zeitungen empfohlene Zahlung in Silberthalern. Damit wäre der deutsche Kredit im Ausland zu Ende. Die Wechsel auf Deutschland und die Reichsbanknoten würden auf dem Weltmarkt auf den Werth des Silbers herabsinken, die Preise aller vom Ausland bezogenen Waaren würden enorm steigen. Wer die Zinsfußpolitik der Reichsbank ohne Voreingenommenheit würdigt, werde anerkennen, daß die Reichsbank im Interesse des Gemeinwohles den richtigen Weg eingeschlagen habe.
- Die sozialdemokratische Presse zählt nach kürzlich im "Vorwärts" erschienener Zusammenstellung 133 Zeitschriften, darunter 74 allgemeinpolitische, 4 Witz= und Unterhaltungs= und 55 gewerkschaftliche Blätter. Von den rein politischen Parteiorganen erscheinen 32 täglich, 25 dreimal wöchentlich, 5 zweimal wöchentlich und 12 einmal wöchentlich.
- Dem Bundesrath sollen schon in den nächsten Tagen die ersten Specialetats zugehen.
- Bei dem auf der Insel Helgoland kürzlich abgehaltenen "Alte Herren" Kommers hat das älteste anwesende Mitglied, Geheimrath Frhr. v. Vincke, bei dem Dank für den ihm gewidmeten Salamander die Festgenossen aufgefordert, auf die Genesung und das Wohl des allen Deutschen so theuren Mannes, größten Korpsstudenten des Reiches, des Fürsten Bismarck, zu trinken. Mit Begeisterung ist diesem Ersuchen entsprochen und an den Fürsten ein Telegramm gerichtet worden.
- Seit der Thronbesteigung des jetzigen Kaisers gab es in der preußischen Armee bisher nur ein "Königsregiment", und zwar bei der Kavallerie. Es ist dies das "Königs=Ulanen=Reg." (1. Hannoversches) Nr. 13", welches diese Bezeichnung bei Uebernahme der Chefstelle durch den Kaiser am 12. Sept. 1889 erhielt. Jetzt hat auch die Infanterie ein "Königsregiment" wieder, welche Benennung nach dem neuesten Militär=Wochenblatt das "Infanterie=Regiment Nr. 145" erhalten hat, zu dessen Chef sich der Kaiser bei den diesjährigen großen Herbstmanövern am 4. September in Metz erklärte.
- Ein größerer Juwelendiebstahl wurde in der Nacht zum Donnerstag in Hamburg verübt. Unter den gestohlenen Sachen wurden ein Brillanten=Halsgeschmeide mit 300 großen und kleinen Steinen in Silberfassung, und ein Halsband mit 380 Perlen und endlich 4 Brillantsprangen entwendet. Auf die Herbeischaffung der Kostbarkeiten ist eine Belohnung von 500 Mk. ausgesetzt.
- Als Mörder des am vorigen Mittwoch in St. Pauli in Hamburg tot aufgefundenen 5jährigen Mädchens ist ein Bäckergeselle Bejeuhr verhaftet worden. Derselbe hat sein schändliches Verbrechen bereits eingestanden.
- Der Prozeß gegen den Frauenmörder de Jong wird Anfang November in Amsterdam stattfinden. Die Anklage lautet auf Ermordung und Beraubung dreier Frauen.
- Zur Warnung für Eltern. In der Universitätsklinik in Berlin stellte sich jüngst ein Knabe ein, der in einem Ohr eine Geschwulst und Vereiterung des Trommelfells hatte. Bei der Untersuchung wurde aus der kranken Stelle ein runder, schwärzlicher schon etwas zersetzter Fremdkörper entfernt, der sich als ein Samen des bekannten Johannesbrotes herausstellte; er war durch die Ohrflüssigkeit auf einen dreifachen Umfang angequollen und hatte sogar angefangen zu keimen. Der Knabe hat das Gehör auf dem einen Ohre eingebüßt: eine harte Strafe für die Unsitte jüngerer Kinder, sich oder Altersgenossen allerlei Gegenstände in Nase und Ohr zu stecken!
- In der Nacht zum Donnerstag starb in Frankfurt a. O. nach nur kurzem Krankenlager der älteste Einwohner der Stadt, der Handelsmann Tobias Cohn. Der Verstorbene hatte ein Alter von über 102 Jahren erreicht. Welcher Sympathie sich der alte Herr erfreute, dies bewiesen die ihm am 25. März 1891, anläßlich der Vollendung des 100. Lebensjahres, namentlich von der dortigen Juden=Gemeinde dargebrachten Ehrungen. Trotz seines hohen Alters ging der nun Verstorbene noch bis in letzter Zeit seinen Geschäften nach und fiel seine Rüstigkeit allenthalben auf.
- In Prag platzte am Donnerstag während der Aufführung des "Faust" im Deutschen Theater die Packung des Dampfkessels, worauf die ganze elektrische Beleuchtung erlosch. Die im Theater befindlichen Personen mußten das Haus verlassen. Erst nach geraumer Zeit war die Störung durch eine Reservemaschine gehoben.
-Am Sonnabend herrschte in Amerika ein heftiger Sturm, welcher große Störungen in dem Post= und Telegraphenverkehr, besonders zwischen den Städten Philadelphia, Newyork und Washington verursachte.
- Eine Statistik der Lynchjustiz. Wie eine in amerikanischen Zeitungen veröffentlichte Aufstellung erweist, sind im vergangenen Jahr im ganzen Gebiet der Vereinigten Staaten 236 Personen der Lynchjustiz zum Opfer gefallen, davon 200 in den südlichen Staaten. Von diesen 200 waren 160 Neger. In diesem Jahr sind bis jetzt 142 Personen gelyncht worden. Davon 120 im Süden, unter diesen 110 Neger. Im Monat September sind 25 Personen gelyncht worden, allesammt im Süden, und 24 derselben waren Neger.


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