No. 18
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 03. März
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 18 Seite 1]

                  Unter den Kühen des Mühlenpächters Franck in Schönberg ist die Maul= und Klauenseuche ausgebrochen.
                Schönberg, den 25. Februar 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


                  Die Maul= und Klauenseuche ist ausgebrochen unter den Kühen des Ackerbürgers Maak in Schönberg und erloschen unter den Kühen des Schulzen Burmeister in Gr. Siemz, des Viceschulzen Timm in Menzendorf, des Hauswirths J. Kopmann und des Zimmergesellen Kopmann in Palingen.
                Schönberg, den 27. Februar 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


                  UUnter den Kühen der Hauswirthe Arndt in Sabow und Krellenberg in Kleinfeld ist die Maul= und Klauenseuche ausgebrochen.
                Schönberg den 1. März 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Das Geburtstagsgeschenk des Kaisers für den Reichskanzler ist ein kostbar Ehrendegen, den der Monarch seinem ersten Berater höchsteigenhändig überreichte. Das Geschenk ist ein Meisterwerk deutscher Arbeit, in der Werkstatt des Potsdamer Waffenschmiedes Schultze hergestellt. Die Klinge, von feinstem Material, trägt in Goldbuchstaben die Widmung des hohen Gebers, die Kaiserkrone und die Grafenkrone sind als Embleme am Griff angebracht. Unter einem Reliefmedaillon, das die wohlgetroffenen Züge des Kaisers wiedergiebt, befinden sich die Zeilen: "Allezeit treu bereit für des Reiches Herrlichkeit," bekanntlich die Devise des verklärten Schlachtendenkers.
Die Petitionskommission des Reichstages hat die Petitionen, in denen die Zulassung der Frauen zum Studium der Medizin gefordert wird, der Regierung zur Erwägung überwiesen.
Wenn in einigen Blättern neuerdings die Idee besprochen wird, die Entscheidung in der Militärfrage eventuell bis zum Herbst zu verschieben um eine Vertagung des Reichstags eintreten zu lassen, so ist die "Post" in der Lage, zu versichern, daß in den leitenden Kreisen eine solche Möglichkeit als nicht diskutabel bezeichnet wird.
Das "Armee=Verordnungsblatt" veröffentlicht eine kaiserliche Kabinettsordre, in der bestimmt wird, daß das achte, vierzehnte und sechzehnte Armeekorps im bevorstehenden Sommer vor dem Kaiser Manöver abhalten. Jedes Armeekorps hat für sich eine große Parade.
Um zu dem Reichsseuchengesetz Stellung zu nehmen, soll demnächst ein außerordentlicher deutscher Aerztetag einberufen werden.
Dem Reichskanzler Grafen Caprivi, welcher Chef des in Osnabrück stehenden 78. Infanterie=Regiments ist, wurde von dem dortigen Oberbürgermeister Möllmann ein Glückwunsch zu seinem neulichen Geburtstage übermittelt. Der Reichskanzler bemerkte in seiner telegraphischen Dankantwort, er wünsche von ganzer Seele das Gelingen der Militärvorlage und hoffe, das deutsche Volk werde deren Werth für sein Dasein und seine Zukunft erkennen. - Aus dieser Depesche ergiebt sich, daß der Reichskanzler bestimmt auf die schließliche Verwirklichung der neuen Heeresorganisation rechnet.
In Ungarn hat jetzt ein Adreßsturm gegen die Einführung der Civilehe begonnen. Aus den verschiedensten Wahlbezirken sind Protesterklärungen, zum Theil mit vielen Unterschriften versehen, gegen die vom Kabinett Weckerle beabsichtigte Reform an die betreffenden Abgeordneten ergangen. Diese werden aufgefordert, gegen den Gesetzentwurf betr. die Civilehe und die staatliche Matrikelführung zu stimmen.
Die französische Kammer hat am Sonnabend eine neue, echt demokratische Streuer angenommen: die Livreesteuer. In Zukunft wird für jede Livree, die Jemand seine Bedienten tragen läßt, eine Steuer von 20 Franken zu entrichten sein. Ein anderer Antrag, durch welchen für jeden ausländischen Bedienten oder jede ausländische Gouvernante eine Steuer von 50 Franken eingeführt werden sollte, ist dagegen abgelehnt worden.


- Vor der Strafkammer bei dem Großherz. Amtsgerichte hier kamen am 27. und 28. Februar nachfolgende Strafsachen zur Verhandlung:
1. Als am 30. August v. J. beim Hausw. O. zu Boitin=Resdorf mehrere Husaren vom Regiment Schleswig=Holstein No. 16 einquartiert waren, besichtigten dieselben eins der 3 Jagdgewehre des O., welche auf dem Flur an der Wand hingen. In der Hand des Husaren L., welchem keine Kenntniß

[ => Original lesen: 1893 Nr. 18 Seite 2]

davon hatte, daß das Gewehr geladen sei, entlud sich das Gewehr und beide Schwestern des O., welche gerade in die Küchenthür getreten waren, wurden von den Schrotkörnern in den Kopf getroffen. Während die Marie O. nach einigen Tagen genas, starb die Catharina O. in der Nacht vom 8./9. September an den Folgen ihrer Verwundung. Der Husar L. ist vom Kriegsgericht wegen fahrlässiger Tödtung zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt. Vor der Strafkammer hatten sich nun der Hausw. O. und der Arbeitsmann B. gleichfalls wegen fahrlässiger Tödtung zu verantworten und erachtete die Strafkammer beide für schuldig, weil der B., welcher das fragliche Gewehr am 28. Aug. zur Jagd benutzt hatte, dasselbe ohne es zu entladen und ohne das Zündhütchen zu entfernen, auf offener Diele hingehängt, der Hausw. O. aber dort regelmäßig die geladenen Gewehre aufbewahrt und keine Sorge für Entfernung der Gewehre bei Einquartierung der mit der Haussitte nicht bekannten fremden Husaren getragen hatte. Jeder von ihnen wurde zu einer einwöchentlichen Gefängnißstrafe verurtheilt.
2. Seitens der Jagdbeamten Gebrüder Schultze waren im Novbr. und Decbr. vor. J. wiederholt unberechtigte Jagdfrevler gespürt worden und als ausreichende Verdachtsgründe sich gegen den wegen Jagdvergehen bereits vorbestraften Maurer H. K. zu Niendorf ergaben, veranlaßten sie eine Haussuchung bei demselben und bei dem mit ihm betroffenen Schuhflicker M. zu Ollndorf. Bei H. K. wurden 12 Stücke Rehwild und ein Hinterladergewehr, bei M. ein Vorderladergewehr aufgefunden und beschlagnahmt.
Diesen Ermittelungen gegenüber räumten beide ein, dies Wild gemeinschaftlich in den hiesigen Jagdrevieren in der Zeit vom 12-21. Decbr. unberechtigt erlegt und beabsichtigt zu haben, dasselbe an den Wildhändler B. in Lübeck zu verkaufen.
Der M. gestand ferner, daß er am 21. Decbr. mit dem Schwager des H. K., den Bahnwärter O. zu Lüdersdorf zusammen gejagt, aber kein Wild erlegt habe.
Weitere Ermittlungen hatten ergeben, daß der H. K. auch schon vor dem 12. Decbr. unberechtigt gejagt und am 7. Decbr. 8 Stück Rehwild an die Wildhandlung B. zu Lübeck für 90 M. verkauft habe. H. K. räumte solches nach längerem Leugnen ein und ergab sich auch hinreichender Beweis dafür, daß ihm an einem Tage auch sein Bruder, der in Lübeck wohnende Arbeiter J. K. bei Ausübung der Jagd geholfen hatte. In der Wildhandlung des B. in Lübeck hatte der Stiefsohn und Geschäftsführer des B., der Wildhändler V. das Wild in Empfang genommen und bezahlt.
Auf Grund dieser Feststellungen wurden

der Maurer H. K. und Schuhflicker M. wegen gewerbsmäßiger unbefugter Jagdausübung ersterer zu 1 Jahr, letzterer zu 4 Monat Gefängniß, der Bahnwärter O. wegen unbefugter Jagdausübung zu 20 M., event. 3 Tage Gefängniß, der Arbeit. J. K. zu 1 Woche Gefängniß und der Wildhändler B. zu Lübeck wegen Hehlerei zu einer Woche Gefängniß verurtheilt und wurden die beiden Jagdgewehre eingezogen. - Der Wildhändler B. zu Lübeck, welche gleichfalls der Hehlerei angeklagt war, wurde wegen Mangels des Beweises, daß er bei Ankauf der Rehe mitthätig gewesen war, freigesprochen.
3. Der Hauswirth H. zu Pogetz, der von dem Schöffengerichte hier zu einer Gefängnißstrafe von 3 Tagen verurtheilt worden war, weil er am 20. Juli v. J. in der Borchert'schen Gastwirthschaft zu Carlow dem Pferdehändler K. aus Sch. mit einem Bierglas geschlagen und körperlich verletzt hatte. Die Nebenklage des K. auf eine Buße war vom Schöffengericht abgewiesen. Gegen dieses Urtheil hatten Angeklagter und Nebenkläger Berufung eingelegt.
Durch die Verhandlung wurde festgestellt, daß aber K. den Angeklagten H. in hohem Grade durch Zupfen in den Bart und Schlagen gegen den Kopf zur That gereizt hatte und wurde daher von der Strafkammer die Strafe des Angeklagten auf 10 M. herabgesetzt, die Zurückweisung der Nebenklage aber bestätigt.
4. Auch gegen den Hauswirth W. zu S. wurde in der Berufungsinstanz verhandelt.
Derselbe hatte unter Nichtachtung der Vorschrift der Verordnung vom 28. Januar 1868, betreffend Anmeldung neuanziehender Personen, es unterlassen, für die Anmeldung des von Carlow nach S. in seine Miethswohnung gezogenen Arbeiters W. zu sorgen und war er deshalb durch polizeiliche Strafverfügung in eine Geldstrafe von 6 Mark genommen worden. Er hatte auf gerichtliche Entscheidung provocirt und war er vom Schöffengericht freigesprochen worden. Auf eingelegte Berufung des Amtsanwalts hob die Strafkammer dies Urtheil wieder auf und stellte die Strafe von 6 M. wieder her, indem es den Einwand des Angeklagten, das Gesetz nicht gekannt zu haben, als nicht stichhaltig verwarf.
5. Die Berufung des Zieglermeisters H. zu L. gegen das schöffengerichtliche Urtheil, durch welches er wegen Bedrohung des Musikers L. mit dem Verbrechen des Todtschlages zu 20 M. Geldstrafe verurtheilt worden war, wurde gleichfalls als unbegründet verworfen.
6. Am 8. Januar d. J. hatten nach Beendigung einer Tanzmusik in Rabensdorf eine große Anzahl Knechte und Gesellen drei Torisdorfer Knechte, als dieselben auf dem Heimwege waren, verfolgt, mit großen Steinen und Knitteln geworfen und schließlich so geschlagen, daß diese besinnungslos und wie todt an der Erde lagen. Obgleich bei der herrschenden Kälte die größte Gefahr vorhanden war, daß die Schwerverletzten beim Mangel jeglicher Hülfe umkommen würden, hatten die Attentäter sie ihrem Schicksal überlassen und waren fortgegangen. Nur dem zufälligen Hinzukommen anderer Leute, welche für die Fortschaffung der Verletzten Sorge trugen, ist es zu danken, daß alle 3 nach längerem Krankenlager mit dem Leben davongekommen sind.
Wegen dieser brutalen Handlungsweise erschienen 8 Angeklagte auf der Anklagebank. Von denselben wurden 2 wegen mangelnder Beweise ihrer Mitthäterschaft freigesprochen, dagegen die beiden Schneidergesellen P. und Fr. St. sowie die beiden Knechte R. und C. H. jeder zu 9 Monat Gefängniß, unter Anrechnung von 1 Monat Untersuchungshaft, der Knecht W. H. zu 6 Monaten und der Knecht W. wegen Beihülfe zu 1 Monat Gefängniß verurtheilt.
7. Der Knecht R. zu Sch. hatte am 25. Octobr. vor. J. bei dem Districts=Husaren B. zu Sch. zwecks Strafverfolgung die Anzeige gemacht, daß er am 23. dess. M. nach einer Tanzmusik von dem Anerben J. verfolgt und ohne daß er dazu Veranlassung gegeben, mit einem Messer geschlagen und verwundet worden sei.
Das auf Grund dieser Denunciation eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen J. wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt, weil durch Zeugen erwiesen wurde, daß der J. nur zu seiner Vertheidigung mit dem Messer geschlagen habe und er von dem R zuerst angegriffen und mit einem Messer oder Schlüssel verwundet worden sei.
Nach diesen Feststellungen war Anklage gegen R wegen falscher Denunciation und gefährlicher Mißhandlung erhoben worden. Er wurde beider Vergehen für überführt erachtet und zu einer Gefängnißstrafe von 2 Monat und 2 Wochen verurtheilt.
8. Die letzte Sache war gegen den bereits sub 2 genannten Mauren H. K. aus N. und den beim Schulzen Fr. zu O. dienenden Knecht M. gerichtet, welche beschuldigt waren, gemeinschaftlich in der Nacht vom 20./21. Decbr. vor. Js. aus der verschlossenen Scheune des Fr. und aus dem Speicher des O. zu Ollndorf mittels Einsteigens Korn gestohlen zu haben.
Beide waren geständig und wurde der H. K. wegen dieser beiden schweren Diebstähle zu einer Zuchthausstrafe von 1 Jahr 9 Monat, zu welcher anstatt der sub 2 gegen ihn erkannten 1jährigen Gefängnißstrafe noch weitere 5 Monate Zuchthaus hinzutreten, der Knecht M. wegen Beihülfe zu 9 Monat Gefängniß verurtheilt.
- Schönberg. Das von Herrn Organisten Carlau veranstaltete Kirchenkonzert war recht zahlreich besucht, und alle Hörer durften befriedigt die Kirche verlassen haben, da die Leistungen der Mitwirkenden zum Theil vollkommene genannt werden können. So verdienen besonders die Lübecker Gäste, die in den letzen Jahren in so bereitwilliger Weise uns durch ihre Kunst erfreut haben, unsern wärmsten Dank. Frau Schmidt hat sich schon in unser Herz hineingesungen, daß sie jedes Mal desselben Erfolges sicher sein darf. Ihre Vorträge waren vorzüglich,

[ => Original lesen: 1893 Nr. 18 Seite 3]

ganz besonders viel Anklang hat das "Vater unser" gefunden. Herrn Lichtwark, dessen glänzende Technik auf der Orgel nicht erst hervorgehoben zu werden braucht, lernten wir diesmal auch als Komponisten kennen und gestehen ihm als solchem das größte Talent zu. Herr Ollmann trug die beiden Violinstücke tadellos vor. Auch die dreistimmigen Chöre der Mädchenschule verdienen Anerkennung, und der letzte vierstimmige Chor bildete einen würdigen Abschluß des Conzerts.
Schönberg. Für die in der Nähe des Bahnhofs belegenen, am Dienstag meistbietend verkauften Bauplätze wurden 600, 700 resp. 1300 M. geboten vorbehältlich der Genehmigung Großherzoglicher Hoher Kammer zu Neustrelitz.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über das zu Schönberg vor der Siemzerstraße sub Nr. 143 belegene Wohnhaus c. p. des Fuhrmanns Mathias Köster allhier wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutige Tage abgehaltene Liquidationsprotokoll sofort im Termin der Praeclusiv=Abschied erlassen und verkündet ist.
Schönberg, den 28. Februar 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Holz=Auction Nr. 22.

Am Montag, d. 6. März Morgens 10 Uhr sollen bei der Gastwirths=Wwe. Krellenberg in Carlow folgende Holzsortimente bei beschränkter Concurrenz meistbietend verkauft werden:

1. Aus dem Röggeliner Holz.

  16 Rmtr. eichen Kluftholz.
    4 Fuder eichen Pollholz.
    6 Rmtr. buchen Kluft I. Cl.
170 Rmtr. buchen Kluft II. Cl. u. Olm.
110 Fuder buchen Durchforstholz und Pollholz.
    1 Rmtr. birken Knüppel.
    1 Rmtr. aspen Kluft u. Olm.
  14 Rmtr. kiefern Kluft.
    1 Fuder kiefern Pollholz.

2. Aus dem Carlower Holze.

  50 Stück eichen Wagendeichseln u. Kiepenhölzer.
    4 Fuder eichen Durchforstholz.

3. Aus dem Samkower Holze.

    4 Rmtr. buchen Kluft.
    1 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.

4. Aus dem Kuhlrader Zuschlage.

    2 Rmtr. buchen Kluft.
    1 Fuder buchen Pollholz.
Schönberg d. 26. Februar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 23.

Am Dienstag d. 7. März Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf folgende Holzsortimente meistbietend gegen Baarzahlung bei beschränkter Concurrenz verkauft werden:

1. Aus den Lenschower Tannen.

  48 Stück tannen Kiepenhölzer.
100 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel.
  50 Rmtr. tannen Rodestämme.

2. aus den Duvenester Tannen.

    6 Stück tannen Kiepenhölzer.
  50 Rmtr. tannen Kluft u. Knüppel.
    8 Fuder tannen Durchforstholz III. Cl.

3. Aus dem Pellmoor.

    3 Rmtr. eichen Knüppel.
    2 Fuder eichen Kiepenhölzer I. Cl.
  16 Fuder ellern, aspen pp. Abraum.
    8 Fuder Hasel=Erbsbusch und für Kiepenmacher brauchbar.
Schönberg d. 26. Februar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 24.

Am Mittwoch d. 8. März Morgens 10 Uhr sollen beim Krüger Hecht zu Schlagsdorf nachstehende Holzsortimente bei beschränkter Conkurrenz meistbietend verkauft werden.

1. Aus dem Seebruch.

    1 eichen Klassenbaum III. Cl.
    2 eichen Stangen I. Cl.
127 Nadelholzstangen II. u. III. Cl. (Leiterbäume.)
106 Nadelholzstangen IV. Cl. Hopfenstangen.
    2 Rmtr. eichen Knüppel.
    4 Rmtr. Nadelholz=Knüppel.
    3 Fuder buchen Pollholz.

2. Aus dem Steinort.

    9 Fuder Hegenholz.

3. Aus dem Mechower Holze.

  41 Stück eichen Stangen I., II. und III. Cl.
  20 Rmtr. eichen Knüppel.
  17 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.
    3 Fuder Heegenholz.

4. Aus dem Schlagbrügger Holze.

  70 Stück Nadelholz=Stangen II. u. III. Cl.
    2 Rmtr. Nadelholz=Knüppel u. Olm.

5. Aus dem Garnseerholze.

109 Stück Nadelholz=Stangen I., II. u. III. Cl.
  90 Stück Nadelholz=Hopfenstangen.

6. Aus dem Bahlen.

  55 Stück Nadelholzstangen I. u. II. Cl.

7. Aus dem Lanckower Holze.

174 Stück Nadelholzstangen I., II. u. III. Cl.
  10 Rmtr. buchen Kluft u. Olm
    9 Fuder Nadelholz, Durchforstholz II., III. Cl.
Schönberg d. 26. Februar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 25.

Am Donnerstag d. 9. März Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Lenschow zu Selmsdorf nachstehende Holzsortimente bei freier Concurrenz meistbietend verkauft werden

1. Aus den Hohemeiler Tannen

      1 Rmtr. eichen= u. 4 Rmtr. birken Knüppel.
        2 Fuder birken Durchforstholz II. Cl.
  3 1/2 Fuder buchen u. birken Reiser.
      13 Fuder weiden= u. ellern Hegenholz.
    363 Rmtr. kiefern Kluft I. Cl.
    200 Rmtr. kiefern Knüppel.
    236 Rmtr. kiefern Rodestämme.
60 1/2 Fuder kiefern Durchforstholz.
    100 Stück fichten Leiterbäume II. und III. Cl.

2. Aus den Palinger Tannen.

27 Rmtr. kiefern Rodestämme.
Schönberg, den 1. März 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction
im Vitenser Forste
Schutzbezirk Woitendorf

am Freitag den 10. März 1893 unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über:

  10 Stück eichen Drümme zu Bau= und Nutzholz tauglich.
  10 Rmtr. eichen Kluftholz I. Kl.
    5 Rmtr. eichen Ausschuß.
    2 Stück buchen Nutzholz Drümme.
  10 Rmtr. buchen I. Kl.
120 Rmtr. buchen Kluftholz II. Kl.
  30 Rmtr. buchen Knüppelholz
100 Rmtr. buchen Ausschuß.
464 Rmtr. buchen Buschholz.
  50 Stück ellern Stangen (Schleete für Pantoffelmacher).
189 Rmtr. ellern Stangenholz II. Kl.
  36 Rmtr. ellern Buschholz.
Versammlung Morgens 9 Uhr beim Holzwärtergehöft.
Vitense, den 28. Februar 1893.

                                                    L. Wiegandt,
                                                    Großherzogl. Revierförster.


Folgende fast neue
Concursgegenstände

wünsche ich baldmöglichst gerne zu verkaufen:
    2 Ladentische mit Schiebeladen,
    4 Ladenborte,
    4 grosse Hängelampen,
    1 grossen Ladenspiegel,
    1 eleganten Schreibtisch,
    1 Meyer's Conversations-Lexicon,
                                                    17 Bände, neueste Auflage,
    Decorationsgegenstände,

J. H. Böckmann,
Concursverwalter im H. Meyer'schen Concurse.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 18 Seite 4]

Zu der am Mittwoch, den 8. März, 3 Uhr nachmittags im Boye'schen Lokale stattfindenden

General-Versammlung
des Herbergsvereins

erlaubt sich die Mitglieder des Vereins ergebenst einzuladen

der Vorstand des Herbergsvereins f. d. Fürstentum Ratzeburg.


Klee- und Grassämereien,
Runkelrübensamen,
unter Controle der landwirthschaftlichen Versuchsstation in Rostock
empfiehlt in keimfähigster Waare billigstens                          
                                                    Aug. Spehr.


Von meiner bei der Norddeutschen Viehversicherungs=Gesellschaft a. G. zu Schwerin i/M. versichert gewesenen Pferden wurde das eine von dem behandelnden Thierarzt am 20. d. M. für unheilbar erklärt. Bereits am 23. d. M. wurde mir das Pferd abgenommen und heute am 25. d. M. habe ich schon die Entschädigungssumme erhalten. Wegen dieser prompten und coulanten Schadenregulierung spreche ich hiermit genannter Gesellschaft meinen Dank aus und empfehle dieselbe gleichzeitig allen Viehbesitzern aufs Angelegentlichste.
Ich habe bei dieser Gesellschaft für das ganze Jahr 1892 als Gesammtprämie nur 1 Prozent bezahlt.
Holdorf bei Gadebusch den 25. Febr. 1893.

                                                    Joachim Dübrock.


Da die zur Errichtung einer freiwilligen Feuerwehr nöthigen Mittel nicht haben aufgebracht werden können, hat die im November v. J. in der bei Boye stattgefundenen Versammlung gewählte Commission sich heute aufgelöst. Diejenigen Herren, welche ihre Beiträge bereits eingezahlt haben, werden gebeten, sich dieselben bei den Herren Kaufmann Saß und Gastwirth J. Böckmann gefl. abholen zu wollen.
Schönberg, den 1. März 1893.

Die Commission.
I. A. Giersdorf.


Für 10 Mark incl. Stallgeld decken von jetzt ab folgende Hengste:
      1) Figaro, braun, von Figaro und M. Norkit.
      2) Isen, braun, von Isen u. M. Willibald.
      3) Firo, schwerer Fuchs, von Figaro's Sohn.

                                                    L. Hesse, Römnitz.


Für Confirmanden
empfehle mein reichhaltiges Lager von                          
Glacé-Handschuhen.
sowie Schlipse u. Cravatten in großer Auswahl
zu billigsten Preisen.
                                                    H. Böckmann.
Handschuhmacher.


Gartensämereien und Runkelsamen
in bekannter Güte
in frischer und keimfähiger Waare empfiehlt                          
                                                    W. C. Weinrebe.


Guten trockenen Torf,
ca. 30 Tausend, à M. 4.50,
hat noch abzugeben                                                    H. Brüchmann.


Rathsweinkeller Lübeck.

Sonntag, den 5. März, nach Schluß der

Fremdenvorstellung

von 6 1/2 Uhr ab werden Diners zum sofortigen Serviren von 2 M. an bereit sein.

                                                    Emil Selig.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.

Am Mittwoch d. 8. Maerz d. J. - Mittfasten - findet im Gastwirth Boyeschen neuen Saale zu Schönberg

Theateraufführung
mit nachfolgendem Ball

statt. Zur Aufführung kommen:

1. Die neue Spritze
oder ein Feuerwehrjubiläum.
Schwank in 1 Aufzug von Böhm.
2. Paris in Pommern
oder Heimann Levy aus Meseritz. Schwank mit Gesang in 1 Act von Angeln.
Preise der Plätze:                          
I. Platz - numerirt - 1 M.
II. Platz und Balkon 50 Pf.

Eintrittskarten sind im Vorverkauf beim Kaufmann Herrn Oldenburg hies. zu haben.
Kassenöffnung 7 Uhr Anfang 7 1/2 Uhr Abends.
Zum nachfolgendem Ball sind von Herren Tanzschleifen à 1 M. 50 Pf. zu lösen.
Kameraden des Vereins mit ihren Familien - Frau und nicht erwerbsfähige Kinder - haben zum Theaterbesuch für den II. Platz freien Eintritt.
Nicht verheirathete Kameraden haben eine Dame frei. Tanzschleifen sind von Kameraden nicht zu lösen, insofern sie Vereinszeichen angelegt haben.

                                                    Der Vorstand.


Umständehalber suche ich zum 1. Mai ein sauberes

ordentliches Mädchen
für Küche und Haus.                                                    
                                                    Frau A. Hildebrandt.
Schönberg i./M., d. 2. März 1893.                          


Mein 3jähriger brauner hannöverscher Hengst
Agent
deckt für 10 M. und 1 M. an den Stall.                          
                                                    H. Klatt, Sülsdorf.


Stadt Lübeck.
Mittwoch, d. 8. März (Mitfasten)
TANZMUSIK
über Mitternacht hinaus.


Kirchliche Nachrichten.
Freitag, 3. März

Vormittags 10 Uhr: Passionspredigt, Pastor Krüger.

Sonntag, den 5. März.

Vormittagskirche: Pastor Krüger
Abendkirche (6 Uhr): Consistorialrath Kaempffer.
   Amtswoche: Pastor Krüger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 57-58 M., große Schweine 57-58 M., Sauen 47-56 M., Kälber 80-95 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 9.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 18 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 18 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 3. März 1893.


Geist der Kochkunst.
                                                    Druckfehler in Artikel I: "Etwas Zweifelei
                                                    in der Kochkunst", anstatt: "etwas Teufelei".

II.

Von der Nahrung eines Wilden bis zu der Frugalität eines gebildeten, aber nicht überbildeten Volkes giebt es viele Mittelstufen, welche insgesammt der sittlichen Bildung der Nationen Stück für Stück entsprechen, denn auch der sinnliche Geschmack geht mit der sittlichen Bildung Hand in Hand, wie er mit Ueberbildung Hand in Hand gehen kann. Stumpfsinnige Völker stopfen sich an wie die Mastthiere. Geistreiche, aufsprudelnde Nationen lieben Nahrungsmittel, welche die Geschmacksnerven reizen, ohne den Unterleib zu beschweren. Der ernste Deutsche giebt Nahrungsmitteln den Vorzug, welche weder durch Reiz noch durch schwerfällige Verdauung die Aufmerksamkeit zu sehr in Anspruch nehmen. - Wir wollen uns gegen den Argwohn verwahren, als wollten wir der Lüstelei der Reichen Vorschub leisten - und es läßt sich nicht leugnen, daß im Gegensatz zu dem Walfischfraße der Grönländer und ähnlichen Rohheiten bei gesitteten Völkern leicht eine Ueberfeinerung der Kochkunst eintritt. Das aber ruft gerade einen Gegensatz herbei, und diese Zeilen sollen die beiden Laster der Kochkunst, die Schlemmerei und die Schleckerei bekämpfen helfen.
Die Schlemmerei ist eine gefräßige Vergeudung, die kostbare Nahrungsmittel begehrt - nur weil sie kostbar sind. Die Schleckerei ist eine unregelmäßige Begierde nach allerlei Reizen des Gaumens. Vielfach wird aber die Schleckerei durch schlechtes Kochen provocirt. Dem Hausvater, der regelmäßig ein gutes Mahl genießt, fällt es nicht ein, seine Eßlust durch gehaltlose Leckerei zu verderben. Erst nachdem er sich darin hat finden müssen, daheim eine unschmackhafte, schlecht gewählte Mahlzeit zu erwarten, verläßt er schon Morgens die Arbeit, um aus dem Schmutz einer Budike versalzene, übersäuerte Bissen hervorzuholen, deren Unverdaulichkeit den Mangel an gesunder Nahrung nur insofern ersetzt, als sie alle gesunde Eßlust zerstört. Das Morgenbier, beziehungsweise der Schnaps, muß helfen. Laut ertöne der Warnungsruf: Dem Unglücklichen, welcher den Lastern der Schlemmerei oder Schleckerei fröhnt, nützt später keine Brunnenkur. Niemals wird er seines Lebens wieder froh werden. In diesen Lastern liegt der erste Beweggrund zu mancher litterarischer und politischer Fehde.
Schon die Römische Kochart des Colius Apicrus war in Schlemmerei und Schleckerei gefallen. Man denke das nachfolgende Recept: Zerreibe Pfeffer, Raute und Fischsülze (liguamen), lege eine gebratene Schweinsleber hinein, bilde Klöße, umwickele sie mit Lorbeerblättern und hänge sie in den Rauch, so lange als Du willst. Wenn Du sie essen willst, nimm sie aus dem Rauch, wirf sie in einen Mörser mit Pfeffer, Liebstöckel und Majoran und zerstoße. Sodann mische mit Fischsülze und 5 Eidottern zu Brei, brate das ganze. Wenn es abgekühlt ist, koche es, schütte es auf einen reinen Tisch und schneide kleine Würfel daraus. Wirf sie mit Pfeffer, Liebstöckel und Majoran in einen Mörser und zerstoße. Mische wieder mit Fischsülze und Eidotter zu Brei, laß es heiß werden, ziehe es hervor, binde es und schütte es in eine Schüssel. Streue Pfeffer darüber und trage es auf.
Selbst wenn die Uebersetzung hier und da nicht richtig wieder gegeben sein sollte, bleibt nur etwas mumienhaft ausgedörrtes, überwürztes übrig.
Die Italiener übertragen allerdings ihren vollen Kunstgeschmack und Schönheitssinn auf die Tafel, wie jene auf Gelee gemalten Wappen bezeugen, durch welche die Gesandten Pius II. zu Siena beinahe vergiftet wurden. Der oberste Mundkoch des heiligen Pius V. aber hat ein vortreffliches Kochbuch herausgegeben. Die Eigenartigkeit der italienischen Küche noch heute wie zur Zeit der Römer erklärt sich daraus, daß große Mengen mehr oder minder feineres Olivenöl dort sozusagen auf der Straße liegen. Wo dieser Fettstoff nicht ausreicht, wird er mit Sülzen verdickt.
Im Norden braucht man statt dessen Butter, Schmalz oder andere Fettstoffe. Die Franzosen allein, die nur an dem südlichen Küstenrande gutes Oel erzielen und nur im Norden gute Butter produciren, waren gezwungen, sich durch Benutzung animalischer Bestandtheile einen Ersatz zu schaffen.
Das führte zur Verwendung der Fleischbrühe. Erst die französische Revolution brachte mit dem 3. Stande zugleich die altfränkische Haussuppe, den pot au feu, zu höheren Ehren. Er ward mit allem Recht der Stolz der französischen Nation. Die neue Kochart wurde nicht ohne Verdienst der Franzosen immer weiter ausgebreitet. Zugleich veranlaßte die Vorliebe für die Engländer, vorzüglich in ihrer Wiedergeburt als Nordamerikaner, eine Annäherung an die englische Art zu braten, der die französische Küche sehr bedurfte. Heute ist die französische Küche auf dem Abwege der Uebermischung.
Die Kunst, zu kochen, entwickelt in den Naturstoffen, welche überhaupt zur Ernährung und Labung der Menschen geeignet sind, durch Feuer, Wasser und Salz ihre nahrsame, erquickende und ergötzliche Eigenschaft. Auf die Kochkunst allein ist daher jener berühmte Ausspruch des Horaz anzuwenden, den man so oft von anderen schönen Künsten hat verstehen wollen:

"Vermische Nützlichkeit mit Anmuth".
                                                    Emma.


- Kein Zonentarif. Aus den Verhandlungen der letzten Hauptkonferenz des "Deutschen Eisenbahn=Verkehrs=Verbandes kann das Folgende mitgetheilt werden: "Die im Laufe der letzten 2 Jahre in der Presse besonders eingehend behandelte Personentariffrage wurde eingehend diskutiert, wobei man einstimmig die Ansicht aussprach, daß für Deutschland der sogenannte Zonentarif, in welcher Form derselbe auch immer gedacht werden möge, nicht nur für eine unabsehbare Zeit, sondern überhaupt als unausführbar, als eine aus den wirrsten Begriffen über das Verkehrswesen entsprungene Utopie erscheinen muß. Der als solcher ganz richtige Satz, daß jede Verkehrserleichterung neuen Verkehr schafft, hat in seiner praktischen Anwendung eine naturgemäße, wenn auch schwer bis zu einem bestimmten Punkte berechenbare Grenze da der Betrieb nun einmal hohe Kosten verschlingt und die Verkehrs=Ausdehnung in der Bevölkerungszahl den sozialen Verhältnissen und der Anziehungskraft der einzelnen Gegenden ein regulirendes Moment findet. Auch die sogenannten Kilometerkarten wurden gleich den andern bislang zur Erörterung gestellten "Systemen" schon im Hinblick auf die Schwierigkeit, oder richtiger gesagt, absolute Unmöglichkeit einer verlässigen Kontrolle verworfen. Dagegen erachtet man eine weit größere Einheitlichkeit des Tarifwesens, als eine solche jetzt in Deutschland besteht, für ersprießlich und durchführbar, wie denn auch von der Majorität anerkannt wurde, daß eine Ermäßigung der Grundtaxen, und zwar ohne Wegfall der bei uns nun eingebürgerten Rückfahrt=, Sonntags=, Saison= etc. Karten wohl thunlich bleibe. Jedenfalls wird der nächsten, am 30. Mai d. J. in Kiel stattfindenden Konferenz Gelegenheit zu weiterem Meinungsaustausche geboten.
- Auf Anordnung der Hamburger Behörde wurde die Leiche eines im September v. J. an der Straße infolge der Cholera umgefallenen und

[ => Original lesen: 1893 Nr. 18 Seite 6]

verstorbenen Mannes wieder ausgegraben. Die Angehörigen waren nämlich der festen Ueberzeugung, daß sich bei der Leiche 21 000 Mk. befinden müßten. Die Erben erkannten den Verstorbenen sofort wieder, doch fand sich von den vermeintlichen Schätzen nichts vor.
- Der Kaiser von Oesterreich ist am Montag unter dem Inkognito eines Grafen Hohenems zum Besuch der Kaiserin nach Territet (Schweiz) abgereist, wo er sechs bis acht Tage verweilen wird.
- Der König und die Königin von Italien werden ihre auf den 22. April d. J. fallende silberne Hochzeit nur als ein Familienfest feiern und haben gebeten, allen Aufwand für etwa beabsichtigte Festlichkeiten den Armen Italiens zukommen zu lassen.
- Auf der Baseler Fastnacht trug ein maskierter, als Präsident der französischen Republik verkleideter und mit einem falschen schwarzen Bart gezierter Herr auf dem Rücken an einem rothen Bande einen riesigen Check von 500 000 Franks, unterzeichnet: "pour acquit Carnot" (Empfangen Carnot). Der französische Konsul in Basel machte dem Baseler Polizeidirektor Zutt Anzeige von dieser die französische Nation beleidigenden Anspielung auf den Panama Skandal. Herr Zutt ließ auch den Riesen=Check sogleich entfernen.
- Freifrau W. v. Rothschild zu Frankfurt am Main kaufte zur Abrundung ihres Besitzthums in Königstein am Taunus etwa 8 Morgen Wiesen für die Summe von 148 000 Mark.
- Fürst Ferdinand von Bulgarien war in Wien am Montag der Gast des Kaisers Franz Josef; zu Ehren seiner bekanntlich dem österreichischen Kaiserhaus verwandten Braut, Prinzessin Maria Louise von Parma, fand ein Festessen im engsten Familienkreise statt.
- Graf Caprivi vollendete am Freitag sein 62. Lebensjahr. Er ist am 24. Februar 1831 in Berlin geboren. Zu seinen Ehren fand am Sonnabend beim russischen Botschafter Grafen Schuwalow ein größeres Diner statt, zu welchem zahlreiche Einladungen ergangen sind.
- In Kamerun ist nach Herstellung der telegraphischen Verbindung eine deutsche Telegraphenanstalt eingerichtet worden. Die Wortgebühr für Telegramme aus Deutschland nach Kamerun beträgt 10 Mk. 10 Pfg, die Beförderung findet über England, die Eestern=Kabel und St. Vincent statt. Das erste vom Gouverneur von Kamerun nach Deutschland geschickte Telegramm war an den deutschen Kaiser gerichtet und überbrachte diesem eine Huldigung der dortigen deutschen Kolonie. Der Monarch antwortete sofort auf demselben Wege.
- Die Strafkammer in Dortmund verurtheilte den ehemaligen Bergmann und langjährigen Führer der Bergarbeiter Fritz Bunte wegen indirekter Aufforderung zum Ausstand in Bergarbeiterversammlungen zu Dortmund, Essen und Dorstfeld zu 1 Jahr Gefängnis. Bunte wurde wegen Fluchtverdachts sofort verhaftet.
- Der Straßburger Gerichtshof verurtheilte 87 junge Leute, die sich durch Auswandern der Militärpflicht entzogen, zu je 600 Mark Strafe. Das Kolmaer Gericht verurtheilte in einer seiner letzten Sitzungen einen Einwohner Bergheims wegen Anstiftens zweier junger Elsässer zur Desertion und Begünstigung ihrer Einreihung in die Fremdenlegion, zu 2 Jahren Gefängnis.
- Beraubung eines Geizhalses. Ein neuer verwegener Diebstahl mit Einbruch erregte in Paris großen Lärm. In einem Hause der Champs Elysèes lebt seit lange ein steinreicher Sonderling namens Colasson. Er ist menschenscheu, kann keine Dienstboten in seiner Umgebung dulden, verläßt niemals seine reich ausgestattete Wohnung, die in Trümmer fällt. Nur von Zeit zu Zeit bringt ihm die Dienstmagd einer Verwandten die nötigen Nahrungsmittel, die er selbst auf einer Spirituslampe zubereitet. Er besitzt mehrere Häuser in Paris und Landgüter, um deren Verwaltung er sich nicht im Geringsten bekümmert, und ein großer Theil seiner Einkünfte geht verloren. Kürzlich drangen nun mehrere maskierte Männer über die Hofmauer in das Haus ein, überfielen den Besitzer in seinem Bett, knebelten ihn und bemächtigen sich des baren Geldes, das sie bei ihm fanden, etwa 30 000 Frks., worauf sie sich entfernten. Es gelang ihm an das Straßengitter zu gehen und durch einen Vorübergehenden die Polizei rufen zu lassen, die ihn von den Banden befreite. Man hat noch keine Spur der Thäter gefunden, aber Mitleid wird der Bestohlene im Publikum kaum beanspruchen können. In einer Ecke seines Zimmers fanden die Polizeiagenten für eine Million Werthpapiere, die dort verfaulten. Seit langen Jahren waren ihre Koupons nicht abgelöst worden.
- Einen Maßstab für die Ungunst der Geschäftslage in Berlin dürfte das Ergebnis der Einkommensteuer=Erklärungen abgeben, da, wie man hört, die Selbsteinschätzung die Höhe der vorjährigen nicht erreichen soll, obgleich sie bei Zunahme der Bevölkerung von 40-50 000 Seelen auch in Berücksichtigung des Umstandes, daß die Zunahme vorwiegend auf die erwerbende Bevölkerung fällt, doch höher sein müßte. Der Berliner Magistrat dürfte daher mit den 70 Prozent Kommunalsteuerzuschlag nicht mehr auskommen.
- Die Windmüller von Potsdam und Umgegend hatten kürzlich an den Kaiser eine Immediateingabe gerichtet und, gestützt auf eine alte Kabinettsordre, um fernere Belassung des Mahlens für die Potsdamer Garnison gebeten, das ihnen vom 1. April d. J. ab in Folge der Errichtung der Militär=Dampfmahlmühle in Berlin entzogen werden sollte. Diese Immediateingabe ist von Erfolg gewesen, denn es ist den Petenten eröffnet worden, daß sie bis auf Weiteres das Mehl für die Potsdamer Garnison weiter mahlen können.
- Falschmünzer treiben gegenwärtig wieder an verschiedenen Orten Westfalens lebhaft ihr unsauberes Geschäft. Sowohl im Industriebezirk als in der weiten Umgebung von Essen, ebenso in Elberfeld, Düsseldorf etc. tauchten in den letzten Tagen gefälschte Ein und Zweimark= wie Thaler=Stücke, letztere meist mit der Jahreszahl 1884 und dem Münzzeichen B, ziemlich massenhaft auf und konnten im Verkehr angehalten werden. Auf dem Düsseldorfer Bahnhofe wurde eine ganze Partie gefälschter Zweimarkstücke, in ein Bündel gebunden, im Wartesaal gefunden.
- Der moderne Stock. In den Romanen und Theaterstücken vergangener Jahre, so schreibt man der "N. Fr. P." aus Paris, wimmelt es von elegannten Stutzern, die mit dem "dünnen Rohrstöckchen" einhertänzelten und es graziös zu handhaben wußten. Je leichter das Rohr, desto höher stand es im Preise - der Stock sollte ja bei Leibe keine Stütze sein, nur ein Spielzeug für große Kinder, ein Pendat des weiblichen Fächers etwa. Nun hat sich das gründlich geändert, und ein Stock, der leicht aussieht, etwa gar auch leicht ist, entlockt dem Pariser, der dem Fortschritte huldigt, einen Blick namenloser Verachtung. Um elegant zu sein und in den Vorzimmern eines noblen Cercles, auf den Parkettsitzen eines Boulevard Theaters keine schlechte Figur zu machen, muß ein moderner Stock dick wie ein Knüttel und zwischen 3 und 12 Kilogramm schwer sein. Um dieses niedliche Stück ohne Unfall zu handhaben, ist gewissenhafte Trainierung nötig; man beginnt also gemeinlich mit dem Minimum: 3 kg und schwingt sich dann langsam in die höheren Regionen der Eleganz und des Gewichtes. Wenn es gilt, die Stöcke mit den neuen Gesetzen der Schwere bekannt zu machen, geht man sehr einfach vor, man füllt das bisher hohle Rohr einfach mit Blei aus. Mächtige, mit Blei genährte Krücken aus getriebenem Golde oder Altsilber für reifere Herren, gleichfalls mit Blei gefütterte mächtige Kugelgriffe für die männliche Jugend komplettieren das Ensemble. Mitunter birgt die Krücke in ihrem Innern auch Cigarrenspitze und Feuerzeug, oder sie verzichtet auf ein interessantes Innere und glänzt durch eine elegante Außenseite. Dann sehen wir sie, wie die Kugelgriffe, aus Malachit, Onyx, Krystall und Sèvres=Porzellan oder schuppenartigem Golde hergestellt. Immer aber verlangt der schwere Stock einen ganzen Mann, ein kühner Wunsch in der jetzigen Epoche des Altweiber=Klatsches!


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