No. 17
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. Februar
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 17 Seite 1]

Ein "Bund der Landwirthe".

Alle Blätter sind voll davon, daß am vergangenen Sonnabend in Berlin ein "Bund der Landwirthe" gegründet worden, und daß die constituirende Versammlung eine der großartigsten Kundgebungen gewesen ist, welche Berlin jemals gesehen hat.
Wie es möglich geworden - die Frage drängt sich auf -, daß der sonst so ruhige Stand der Landleute sich zu einem überaus entschiedenen Vorgehen hat drängen lassen? Wo liegen die Gründe, daß, selbst dem Reichskanzler gegenüber eine so durchaus feindselige Stellung eingenommen wird?
Nun - die älteren Klagen sind ja bekannt. Zunächst haben Freizügigkeit und Unterstützungswohnsitz schon seit Jahren die Arbeiterverhältnisse völlig unleidlich gemacht. Dann ruhen die schwersten Steuern auf dem Immobil=Besitz, während das mobile Capital sich auf tausend Wegen der Besteuerung entzieht. Dann kam Herr Bamberger mit der Goldwährung, die für Banken und Großhändler gewinnbringend war und ist, die deutsche Landwirthschaft aber um viele Hunderte von Millionen geschädigt hat, und fortdauernd schädigt. Endlich ruhen die Lasten der Socialreform, speciell der Versicherungsgesetze, viel drückender auf dem Landwirthe, als auf dem Fabrikanten, für den sie eigentlich gemacht sind. Besonders das "Klebegesetz" verlangt große Opfer an Zeit und Geld.
Wenn nun bei dieser Lage der Dinge im vorigen Jahre zwei Handelsverträge abgeschlossen sind mit Oesterreich und Italien, durch welche industrielle Vortheile mittelst Herabsetzung der landwirthschaftlichen Zölle erkauft wurden, so hat das schon sehr große Mißstimmung erzeugt. Dem Faß aber ist der Boden ausgestoßen, als vor Kurzem die Nachricht bekannt wurde, daß nun auch noch mit Rußland ein gleiches Abkommen getroffen werden solle. Dadurch ist die Mißstimmung eine sehr starke geworden. Bei Oesterreich und Italien konnte zum mindestens noch politische Freundschaft vorgeschützt werden. Rußland dagegen hat von seinen an der Westgrenze mobilisirten Truppen auch noch nicht Einen Mann zurückgezogen. Und gerade das russische Getreide ist unter dem Druck der Währungsverhältnisse der schlimmste Schleuder=Concurrent des einheimischen Producenten.
Erfreulicher Weise ist die große Demonstration der Landleute nicht ohne Eindruck geblieben. Der deutsche Kaiser hat bereits eine Deputation derselben empfangen und ihnen gründliche Prüfung der vorgebrachten Beschwerden zugesagt. Es steht nun zu hoffen, daß die beiden dringendsten Wünsche der deutschen Landwirthschaft in Zukunft bei dem Reichskanzler eine andere Beurtheilung finden werden, als bisher, daß nämlich erstens davon abgesehen wird, der russischen Regierung Zugeständnisse auf dem Gebiet der Kornzölle zu machen, und daß zweitens die Wege der Goldwährung nicht plötzlich, aber langsam und allmählig und dann für immer verlassen werden.


Das greifbare Ergebniß der landwirtschaftlichen Debatten, die im Reichstag und preußischen Landtag in voriger Woche mit großer Schärfe geführt worden sind, ist die Zusage des Reichskanzlers bezüglich der Beibehaltung des jetzigen Getreidezolls auf 12 Jahre und bezüglich des Verzichtes auf den russischen Vieh=Import. Beides wird ohne Zweifel beruhigend wirken. Verstimmt dagegen hat auch in solchen Kreisen, welche der heutigen Regierung wohlwollend gegenüberstehen, die wenig ritterliche Art, mit der Staatssecretair v. Marschall den dem Reichstag nicht angehörigen Grafen Limburg=Stirum behandelt hat; und dies um so mehr, als der Staatssecretair allen Anlaß hatte, bei den Reden des Grafen Limburg ein gewisses Maß nicht unberechtigter Verbitterung in Abzug zu bringen.
Von den angeblichen Verhandlungen, die von Berlin aus in Washington wegen eines Handelsvertrags mit den Vereinigten Staaten angeknüpft worden sein sollten, ist in unterrichteten Kreisen nichts bekannt.
Die telegraphische Verbindung zwischen Deutschland und Kamerun ist hergestellt. Sir John Pender, der Afrikanischen Telegraphen=Gesellschaft, hat an den Staatssecretair Dr. von Stephan telegraphirt: "Legung des Kabels Bonny=Kamerun am 18. beendet; sende Ihnen Glückwunsch zu diesem Werk, welches die schnellste Verbindung Kameruns mit allen Telegraphen der Erde verwirklicht, und bin überzeugt, daß es eine reiche Entwickelung des Verkehrs und der sozialen Interessen zur Folge haben wird."
Die konservative Partei hat jetzt im preußischen Abgeordnetenhaus beantragt, daß das gegen den Abg. v. Hammerstein schwebende Strafverfahren für die Dauer der Session eingestellt werde. Es ist das Strafverfahren, in welchem er wegen Ausbleibens im Termin vorgeführt werden sollte.


- Das preußische Sanitätskorps hat am 20. Februar auf sein 25jähriges Bestehen zurückblicken können, da ihm am 20. Februar 1860 der Platz neben dem Offizierkorps eingeräumt worden ist. An der Spitze des Korps steht ein Generalstabsarzt mit dem Rang eines Generallieutenants.
- Die Chikanen der russischen Verwaltung sind wieder um eine nette Erfindung bereichert worden. Der Finanzminister hat die Einführung einer sogenannten "statistischen Rubelsteuer" in Vorschlag gebracht und das Departement der Reichsökonomie hat diesem Projekt auch zugestimmt. Die neue Einrichtung besteht darin, daß um die Höhe der Zirkulation der Rubelnoten von und nach Rußland festzustellen, von allen Rubelpostsendungen von und nach Rußland eine Steuer von 1 Kopeken für je 100 Rubel erhoben werden soll. Reisende müßen an der russischen Grenze den Besitz an barem Gelde in Kreditrubeln, den sie bei sich führen, deklarieren. Einzelne Personen dürfen 500 Rubel, einzelne Familien 1000 Rubel steuer=

[ => Original lesen: 1893 Nr. 17 Seite 2]

frei bei sich tragen. Wird der diese Summe übersteigende Betrag nicht angezeigt, so tritt Konfiskation ein. Es wird Niemand behaupten wollen, daß dadurch das Reisen nach Rußland verlockender geworden sei.
- Ein großer Erdrutsch gefrorener Erdmassen fand in den letzten Tagen am Strand von Saßnitz auf der Insel Rügen in der Nähe des Warmbades statt. Von den 15-20 Meter hohen Ufern hat sich infolge des Tauwetters eine umfangreiche Erdmasse gelöst, und ist an das Wasser hinuntergerutscht, die Promenaden und Strandwege zerstörend und mit einer 2 Meter hohen Erdschicht bedeckend. Große Bäume sind mit niedergegangen und stehen ziemlich im Wasser. Ein weiterer Theil des Ufers ist angeborsten und kann jeden Tag niedergehen Der Schaden ist ganz bedeutend, hätte aber noch größer werden können, da die Erdmassen dicht neben dem neuen Warmbade niedergegangen sind; letzteres ist jedoch noch verschont geblieben.
- Dieser Tage wurde ein Kassierer in Nürnberg von seiner Frau mit dem 22. Kinde beschenkt.
- Der Kaiser von Oesterreich sandte dem Papst als Jubiläumsgeschenk 100 000 Fr. in Gold in einem Schmuckkasten, die Kaiserin Elisabeth ein mit Diamanten geschmücktes Hirtenkreuz.
- Die Erzherzogin Margarethe Sophie, jetzige Herzogin von Württemberg, ließ ihr Brautkleid zu einem Meßgewande umarbeiten, welches sie einer Wiener Kirche zum Geschenk machen will.
- Die rumänische Regierung schloß mit Wiener Fabrikanten einen Vertrag betr. Lieferung von Patronen mit rauchlosem Pulver.
- Baron Gyulay, der bekannte Reitergeneral, ehemaliger Kommandierender in Ungarn, liegt in Budapest im Sterben.
- Fünfhundert ungedruckte Briefe Voltaires hat man, wie schweizer Blätter melden, in der Privatbibliothek eines Herrn Tronchin in Bessinges bei Genf aufgefunden, dieselben sollen demnächst zur Veröffentlichung gelangen.
- Bei einer Fechtübung in Stockholm zwischen einem Artillerieoffizier aus Stockholm und einem Dr. phil. aus Helsingfors erhielt letzterer einen Fleuretstich in das rechte Auge, so daß er bewußtlos zu Boden stürzte. Aerztliche Hilfe war sofort zur Stelle, aber der Verwundete starb, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Die beiden Herren, welche als geschickte Fechter bekannt sind, hatten bei der Uebung Kopfmasken getragen und Fleurets mit Knöpfen benutzt. Der durch den unglücklichen Zufall getötete hinterläßt eine junge Wittwe.
- Die rote Ruhr forderte im Laufe des vergangenen Jahres in Japan eine große Anzahl von Opfern. Ueber 70 000 Personen erkrankten an derselben; es starben 16 000 oder 23 Prozent.
- Auch für den Humor muß im politischen Leben gesorgt werden. Der "Straßburger Post" wird aus Berlin geschrieben: "Nichts ruft nach meiner Erfahrung leichter Selbstüberschätzung bei dem Menschen hervor, als der Verkehr mit den Pferden." Also sagte Graf von der Schulenburg in der Militaircommission, die darob ihr ernstes Aussehen verlor und durch unbändige Heiterkeit ihre Zweifel an diesem Axiom ausdrücken wollte, das sicher in Zukunft unter der Zahl der geflügelten Worte nicht an letzter Stelle stehen wird.
- Eine Million Gewehrpatronen des jetzigen und des früheren Modells sind dieser Tage aus den Depots in Spandau nach den deutschen Kolonien im schwarzen Erdtheil expediert worden.
- Der Förster Klinge zu Dombrowka in Oberschlesien wurde, wie der "Volkszeitung" gemeldet wird, durch Axthiebe bis zur Unkenntlichkeit zerfleischt, im Dickicht ermordet aufgefunden. Zwei verdächtige Personen sind verhaftet.
- Der Pariser "Temps" erzählt von einem recht interessanten Zwischenfall, der sich beim jüngsten Hofball in Petersburg zugetragen haben soll. Der russische Zeremonienmeister habe dem engl. Botschafter Sir R. Morier beim Souper einen Platz am Ende der Tafel, dem Emir von Buchara aber den Ehrenplatz angewiesen. Der Botschafter habe sich jedoch verweigert, seinen Platz einzunehmen mit dem Bemerken, er sei nicht gewohnt einem Vasall Rußlands den Vortritt zu gönnen, und nach einer lebhaften Unterhaltung mit dem Zeremonienmeister habe er den Palast verlassen. Der Zar, Dem Kenntnis von dem Zwischenfall gegeben worden sei, habe gesagt: "Der Botschafter Englands vergißt, daß der Emir von Buchara unser Gast und daß es in Rußland Sitte ist, unsere Vasallen höflicher zu behandeln als England dies mit den Seinigen thut."
- In dem bevorstehenden Panama Bestechung=Prozeß wird, wie der "Figaro" wissen will, der Präsident Carnot als Zeuge aufzutreten haben. Derselbe soll darüber vernommen werden, ob er niemals eine Liste der bestochenen Abgeordneten gekannt habe, oder ob deswegen keine Schritte bei ihm unternommen worden seien.
- Eine reizende Szene, welche die Heiterkeit aller Augenzeugen hervorrief, hat sich kürzlich in Rixdorf abgespielt. Ein elegantes Fräulein kam aus einem am Hermannsplatz gelegenen Hause und wollte nach der Straßenbahnhaltestelle gehen. Der Straßenübergang stand jedoch völlig unter Wasser und hilflos trippelte die junge Schöne, welche ihre feinen Lackstiefelchen nicht beschmieren wollte, hin und her, ohne einen Ausweg zu finden. Da trat ein ehrsamer Arbeitsmann, der die junge Dame einige Zeit lächelnd beobachtet hatte, unbeachtet heran, hob sie im Nu auf seinen Arm und brachte sie aufs Trockne, wo er sie sanft zu Boden ließ und sich zum Weitergehen anschickte. Die junge Dame rief empört, wie er sich solche Unverschämtheit erlauben könne. "Mein Fräulein, ich glaubte Ihnen einen Gefallen zu erweisen", erwiderte der biedere Arbeiter höfliche "aber wenn ich unrecht that, kann ich's ja wieder gut machen!" Und ehe das Dämchen wußte, wie ihm geschah, hatte sie der Träger wieder aufgehoben, um sie wieder auf den alten Platz hinzubringen. Dann zog er unter beifälligem Lachen der Zuschauer seine Mütze und verschwand. Purpurroth vor Zorn lief das Fräulein ins Haus zurück.
- Kasernenhofblüte. Unteroffizier: "Kerls, ich sage Euch, flink müßt Ihr sein, wie das Wiesel! Gerade für die Bedienungsmannschaft beim Geschütz ist Schnelligkeit ein Conditor sine Konon!


Anzeigen.

In Sachen betr. die Zwangsversteigerung der dem Großkäthner Heinrich Lange zu Ziethen früher gehörigen und daselbst sub Nr. VII belegenen Halbstelle c. p. wird hindurch bekannt gemacht, daß in dem Termin vom 7. Februar d. Js. der Bescheid verkündet ist,

daß alle diejenigen, welche dingliche Rechte und Ansprüche an das Grundstück c. p. und an die zur Immobiliarmasse desselben gehörigen Gegenstände haben, solche Rechte und Ansprüche aber bisher nicht angemeldet haben, mit denselben, soweit sie nicht von der Anmeldungspflicht ausgeschlossen sind, abgewiesen und ausgeschlossen sein sollen.
Zugleich wird der auf

Dienstag, den 7. März 1893
Vormittags 11 Uhr

angesetzte Ueberbotstermin in Erinnerung gebracht mit dem Bemerken, daß im ersten Verkaufstermine ein Bot nicht abgegeben worden ist.
Schönberg den 10. Februar 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
(gez.) Dr. jur. E. Hahn.
                                                    Beglaubigt:
                                                    H. Diederich,
                                                    Gerichtsschreiber.


Antragsmäßig soll über das zu Schönberg an der Schlauentrift sub Nr. 16 belegene Wohnhaus c. p. des Schuhmachermeisters Heinrich Eckmann hieselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

[ => Original lesen: 1893 Nr. 17 Seite 3]

Montag, den 15. Mai d. J.
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proklamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 23. Februar 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig soll über das zu Schönberg an der Schlauentrift sub Nr. 15e belegene Wohnhaus c. p. des Maurergesellen Peter Arndt allhier ein Hypothekenbuch niegergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 14. März 1893,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Schönberg, den 24. Dezember 1892.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Holz=Auction Nr. 22.

Am Montag, d. 6. März Morgens 10 Uhr sollen bei der Gastwirths=Wwe. Krellenberg in Carlow folgende Holzsortimente bei beschränkter Concurrenz meistbietend verkauft werden:

1. Aus dem Röggeliner Holz.

  16 Rmtr. eichen Kluftholz.
    4 Fuder eichen Pollholz.
    6 Rmtr. buchen Kluft I. Cl.
170 Rmtr. buchen Kluft II. Cl. u. Olm.
110 Fuder buchen Durchforstholz und Pollholz.
    1 Rmtr. birken Knüppel.
    1 Rmtr. aspen Kluft u. Olm.
  14 Rmtr. kiefern Kluft.
    1 Fuder kiefern Pollholz.

2. Aus dem Carlower Holze.

  50 Stück eichen Wagendeichseln u. Kiepenhölzer.
    4 Fuder eichen Durchforstholz.

3. Aus dem Samkower Holze.

    4 Rmtr. buchen Kluft.
    1 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.

4. Aus dem Kuhlrader Zuschlage.

    2 Rmtr. buchen Kluft.
    1 Fuder buchen Pollholz.
Schönberg d. 26. Februar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 23.

Am Dienstag d. 7. März Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf folgende Holzsortimente meistbietend gegen Baarzahlung bei beschränkter Concurrenz verkauft werden:

1. Aus den Lenschower Tannen.

  48 Stück tannen Kiepenhölzer.
100 Rmtr. tannen Kluft und Knüppel.
  50 Rmtr. tannen Rodestämme.

2. aus den Duvenester Tannen.

    6 Stück tannen Kiepenhölzer.
  50 Rmtr. tannen Kluft u. Knüppel.
    8 Fuder tannen Durchforstholz III. Cl.

3. Aus dem Pellmoor.

    3 Rmtr. eichen Knüppel.
    2 Fuder eichen Kiepenhölzer I. Cl.
  16 Fuder ellern, aspen pp. Abraum.
    8 Fuder Hasel=Erbsbusch und für Kiepenmacher brauchbar.
Schönberg d. 26. Februar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 24.

Am Mittwoch d. 8. März Morgens 10 Uhr sollen beim Krüger Hecht zu Schlagsdorf nachstehende Holzsortimente bei beschränkter Conkurrenz meistbietend verkauft werden.

1. Aus dem Seebruch.

    1 eichen Klassenbaum III. Cl.
    2 eichen Stangen I. Cl.
127 Nadelholzstangen II. u. III. Cl. (Leiterbäume.)
106 Nadelholzstangen IV. Cl. Hopfenstangen.
    2 Rmtr. eichen Knüppel.
    4 Rmtr. Nadelholz=Knüppel.
    3 Fuder buchen Pollholz.

2. Aus dem Steinort.

    9 Fuder Hegenholz.

3. Aus dem Mechower Holze.

  41 Stück eichen Stangen I., II. und III. Cl.
  20 Rmtr. eichen Knüppel.
  17 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.
    3 Fuder Heegenholz.

4. Aus dem Schlagbrügger Holze.

  70 Stück Nadelholz=Stangen II. u. III. Cl.
    2 Rmtr. Nadelholz=Knüppel u. Olm.

5. Aus dem Garnseerholze.

109 Stück Nadelholz=Stangen I., II. u. III. Cl.
  90 Stück Nadelholz=Hopfenstangen.

6. Aus dem Bahlen.

  55 Stück Nadelholzstangen I. u. II. Cl.

7. Aus dem Lanckower Holze.

174 Stück Nadelholzstangen I., II. u. III. Cl.
  10 Rmtr. buchen Kluft u. Olm
    9 Fuder Nadelholz, Durchforstholz II., III. Cl.
Schönberg d. 26. Februar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction
im Vitenser Forste
Schutzbezirk Vitense (Törber Holz)

am Freitag den 3. März 1893 unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über:

    6 Rmtr. eichen Kluftholz I. Kl.
  16 Rmtr. eichen Kluftholz II. Kl.
  54 Rmtr. eichen Stangenholz I. Kl. zu Pfahlholz tauglich.
  50 Rmtr. buchen Kluftholz I. Kl.
100 Rmtr. buchen Kluftholz II. Kl.
  60 Rmtr. buchen Ausschuß.
405 Rmtr. buchen Buschholz.
Versammlung Morgens 9 Uhr im Hau im Törber Holz an der Griebener Feldseite.
Vitense, den 22. Februar 1893.

                                                    L. Wiegandt,
                                                    Großherzogl. Revierförster.


Zu der am Mittwoch, den 8. März, 3 Uhr nachmittags im Boye'schen Lokale stattfindenden

General-Versammlung
des Herbergsvereins

erlaubt sich die Mitglieder des Vereins ergebenst einzuladen

der Vorstand des Herbergsvereins f. d. Fürstentum Ratzeburg.


Gewerbe-Verein.
Am Mittwoch d. 22. d. M. abends 8 Uhr
Hauptversammlung
im Boye'schen Gasthofe.
Vortrag: "Die Ausbildung der Lehrlinge."
                                                    Der Vorstand.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 17 Seite 4]

Klaus Groth * Klaus Groth

In unserem Verlage erschien:                          
Klaus Groth's
Gesammelte Werke.
Vollständig in 4 Bänden v. 1327 Octav=Seiten, vorzügl. Druck, bestes Velin=Papier.
Mit dem Bild des Dichters.
Gebunden in 4 hocheleganten Einbänden
nur M. 10, -.
(Für Schüler und Volksbibliotheken sind auch ungebd. Exempl. zu M. 8, - auf Verlangen zu haben.)

. . . . . Klaus Groth's Werke sollte jeder gebildete Deutsche lesen. Auch in jeder Schulbibliothek sollten sie zu finden sein. . . . . .

("Grenzboten.")

. . . . . Ein Dichter wie Klaus Groth, der als der erste in unserem Jahrhundert das Plattdeutsche für die Poesie rettete und adelte, bedarf keiner besonderen Anpreisung mehr. Seine Würdigung ist abgeschlossen. . . .

                                                    (Prof. Bulthaupt in der "Weser=Ztg.")

. . . . . Unter den wirklich dauernden und unvergänglichen Werken unserer Litteratur nehmen die Schöpfungen Groth's einen hervorragenden Rang ein. . . . .

(Oberlehrer Krumm in der "Kieler=Ztg.")

. . . . . Stehen nicht die Gedichte dieser anmutigen Sammlung (Quickborn) an Formvollendung dem Vollkommensten gleich, was je die Poesie der Kulturvölker geschaffen? . . .

(Zeitg. f. Litteratur d. "Hamb. Correspondenten.")

. . . . . Keine bessere Gabe konnte der deutsche Buchhandel auf den Weihnachtstisch bringen, als die Werke des besten nicht nur der plattdeutschen, sondern der deutschen Dichter, dessen Quickborn zu dem Schönsten in dem Schatz unserer Poesie gehört und dessen Erzählungen aus der Tiefe der Volksseele hervorgehoben sind. . . . .

(Julius Stettenheim i. d. "Deutschen Wespen.")

Gegen Einsendung des Betrags erfolgt postfreie Zusendung.

                                                    Lipsius & Tischer,
                                                    Buch= u. Kunsthandlung, Kiel.

Klaus Groth * Klaus Groth


Asthma heile ich gründl. Auch bei lang. Krankheit u. in hoh. Alter, dauernde Erfolge. Leidensbeschr. und Angabe, ob Füße kalt an

P. Weidhaas, Dresden=Radebeul.


Für 10 Mark incl. Stallgeld decken von jetzt ab folgende Hengste:
      1) Figaro, braun, von Figaro und M. Norkit.
      2) Isen, braun, von Isen u. M. Willibald.
      3) Firo, schwerer Fuchs, von Figaro's Sohn.

                                                    L. Hesse, Römnitz.


Gartensämereien und Runkelsamen
in bekannter Güte
in frischer und keimfähiger Waare empfiehlt                          
                                                    W. C. Weinrebe.


Guten trockenen Torf,
ca. 30 Tausend, à M. 4.50,
hat noch abzugeben                                                    H. Brüchmann.


Stuhl-Flechtrohr
empfiehlt                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Mitte März komme ich mit
Wollwaaren
nach Schönberg.                                                    
Schwerin.                                                     Frau Degenhardt.


Eiserne Sackkarren 4 bis 6 Ctr. Tragkraft
empfiehlt                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Eine Arbeiter=Wohnung
mit Garten und Obstbäumen
ist zu vermiethen.                                                    
Wahrsow.                                                     F. Köster.


Eisen-verzinnte Eimer
und Blechwannen
zu billigsten Preisen.
                                                    C. Schwedt.


Schleifsteine
in verschiedenen Größen
empfiehlt zu billigen Preisen                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Empfehle:                                                    
Spann- und Schweifsägen,
Bügelsägen.
Wald- und Wiegensägen,
mit und ohne hinterlochten Zähnen,
Neueste Garten- und Gehölzsäge,
Stechbeitel, Hohlbeitel,
Hobeleisen in allen Nummern billigst.
                                                    C. Schwedt.


Romaturkäse,
sehr fett, Pfund 50 Mark (Lübeck).
Echten Holländischen Käse,
Pfund 85 Mark (Lübeck).
imitirten Holländischen Käse,
sehr schön, Pfund 70 Mark (Lübeck).
echten Emmericher Schweizerkäse,
Pfund M. 1.20.
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


Kinder, welche zu Ostern dieses Jahres die hiesige Realschule besuchen wollen, finden freundliche Aufnahme bei

                                                    A. Scharenberg,
                                                    Lübecker=Straße Nr. 12.


Eltern, die beabsichtigen, daß Ihre Söhne zu Ostern, in Ratzeburg die Stadt=Schule besuchen sollen, finden in einer Bürgerfamilie gegen mäßiges Kostgeld Unterkunft.

Gefällige Offerten unter H. S. 100 befördert
die Expedition dieses Blattes.


Die Verlobung unserer jüngsten Tochter Catharina mit Herrn Joh. Carl Gerts aus Wismar beehren wir uns ergebenst anzuzeigen.

                                                    P. Möller u. Frau,
                                                    geb. Beuthien.

Schönberg i. M.


Allen denen, welche meinem lieben Gatten, dem Zimmermanne Joachim Arndt, die letzte Ehre erwiesen, sowie seinen Sarg mit Kränzen schmückten, sage ich hierdurch meinen herzlichsten Dank.

                                                    M. Arndt, geb. Maaß.

Sabow, den 27. Februar 1893.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 57-58 M., große Schweine 57-58 M., Sauen 47-56 M., Kälber 80-95 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 17 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 17 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 28. Februar 1893.


Wenn heutzutage einerseits häufig die Frauen ihren Männern ein Essen vorsetzen, das den Drang in das Wirthshaus mindestens entschuldigt - andererseits Gastereien an der Tagesordnung sind, die den Magen überladen anstatt den Körper in den Zustand angenehmer Besänftigung zu versetzen, so scheint es angebracht, die Aufmerksamkeit der Hausfrauen wie der Männer auf ein vorzügliches Werk zu lenken, das Joseph Koenig Anfangs dieses Jahrhunderts herausgab und das, durch C. F. von Rumohr ausgearbeitet, nie veralten und stets Werth behalten wird: Das Buch über den Geist der Kochkunst. Aus dem trefflichen Inhalt dieses Buches werden wir in einer Reihe von Artikeln einiges wiedergeben, anderes der Gegenwart anpassen.

I.

Nicht nur Besitzer oder Pächter von liegenden Gründen klagen über ein Mißverhältniß in den Preisen ihrer Erzeugnisse zu den Unkosten der Production. Wenn vielmehr die Klage ganz allgemein ist, so sind doch diejenigen am schwersten betroffen, die bisher auf Verwerthung der Rohproducte sich angewiesen sahen. Wenn bei der Wollproduction Tücher= und Teppich=Fabrikanten mit dem Löwenantheil davon gehen, auch bei dem Kornbau Müller und Bäcker in demselben Maaße sich bezahlt machen, könnten doch auch die Landwirthe durch mitthätige Hülfe dazu beitragen, ebenso die Producte der Landwirthschaft höher zu verwerthen, wie auch durch Hinwirkung auf allgemeine Verbesserung der Volksnahrung den Verhältnissen der ländlichen Arbeiter wesentlich aufzuhelfen.
Die den Arbeitern gereichte Kost ist heute mancherorts schlecht, (NB. nicht im Fürstenthum Ratzeburg). Wohlfeil zu kochen, wird und muß die Aufgabe der meisten Köchinnen bleiben. Schlecht dürfen sie nicht kochen. Weshalb aber nur von der Köchin oder von der Hausfrau, die kocht, sprechen? Diese sollen zwar ihre Verpflichtung zur Sorge für Haushalt und Küche unbedingt anerkennen, sollen aber nicht den Anspruch erheben, dieses wichtige Departement ausschließlich leiten zu wollen. Ein klein wenig Zweifelei steht auf dem Kochen wohl an. Zwar läßt es sich nicht leugnen, daß heute mancher Mann bei Erwähnung des Kochens und Essens in einem Gefühl von Würde eine Art edle Scham empfinden zu müssen glaubt, und unbedingt darf nie vergessen werden, daß der Mensch ißt, um zu leben - nicht lebt, um zu essen. Aber eben daraus, daß der Mensch vernünftig essen soll, folgt die Nothwendigkeit, auch an die Bereitung der Speisen wie an der Wahl und Erzeugung ihrer Rohbestandtheile mit Urtheil heranzutreten - wie männliches Urtheil zur Viehzucht, zum Korn= und Gartenbau gehört.
Versetzen wir uns übrigens in das classische Alterthum zurück. Dieses, in Allem gesund, unbefangen und gerade herausredend, berührt die Kochkunst ohne Scham und Furcht wie jeden anderen Gegenstand, der mehr oder minder auf das Wohlsein des Menschen einwirkt. Die Homerischen Gesänge schildern uns die Schmäuse der Helden mit sichtbarem Wohlgefallen an der saftigen, dem kräftigen Urgeschlechte wohlangemessenen Nahrung. In Rom erwarb die Einführung wichtiger Gemüsepflanzen berühmten Geschlechtern die Beinamen wie Zentulus, Piso, Cicero; und die römische Literatur erfüllte sich mit den herrlichsten Andeutungen zur Geschichte der derzeitigen Kochkunst - und es kann nur bedauert werden, wenn heute Schulmeister pp. lieber wegen des richtigen Gebrauchs lateinischer Praepositionen sich zanken, anstatt in der angedeuteten Richtung weiter zu forschen. Später wagte allerdings nur noch hie und da ein Schäfergedichtlein mit einem Mahl aus Milch und Brod hervorzurücken; doch ward auch die Kartoffel mehr als einmal besungen - gewiß nicht ohne Rücksicht auf ihre rundlich, dem Schönheitssinn zusagenden Formen.
Dem Manne ziemt es nicht, und es würde nicht zu den Geisteswerken gezählt werden: Die Herausgabe eines Kochbuchs als Receptsammlung. Aber das Urtheil zu bilden über das, was zum Genuß dienen soll, über das wie, wie es genossen werden soll, über die Ursachen, welche den Genuß erhöhen und vermindern, das wollen wir im Geiste Rumohrs zu erreichen suchen, ohne mit ermüdenden Vorträgen über Chemie und Mechanik zu langweilen.

(Ein zweiter Artikel folgt.)


Die Kaiserlichen Majestäten in Neustrelitz.

Neustrelitz, 23. Februar. Die wärmeren Lüfte, die noch vor wenigen Tagen das Nahen des Frühlings zu verkünden schienen, haben über Nacht wieder einer eisigen Witterung weichen müssen; es schneite gestern den ganzen Tag, und heute bietet Neustrelitz bei hellem Himmel und scharfem Ostwinde ein völlig winterliches Bild dar. Das hinderte aber in nichts die Vorbereitungen zu dem herzlichen Empfang, den der Großherzogliche Hof und den die Residenz dem Kaiser und der Kaiserin bereitete. Den ganzen Vormittag hatte in den sonst so stillen Straßen ein ungewöhnliches Leben geherrscht; von weit und breit strömte die Bevölkerung, noch dazu vom schönen Wetter gelockt, zusammen, um das erlauchte Kaiserpaar zu sehen und um ihm zujubeln zu können Um 12 Uhr war auch die Aufstellung der Spaliere beendet. Da kein amtlicher Empfang stattfand, sperrte eine Compagnie des hier liegenden 2. Bataillons des 89. Grenadier=Regiments den Bahnhof ab, von da bis zur Ehrenpforte nahmen die Kriegervereine von Neustrelitz und der weiteren Umgebung mit ihren Fahnen Aufstellung, die der Lieutenants der Landwehr Dr. Zander leitete. An der Ehrenpforte war bereits der Magistrat mit den Ehrenjungfrauen versammelt und harrten der Ankunft der Majestäten. Hieran schloß sich in der Strel. Straße die alte Schützengilde, die sich bereits vor 100 Jahren eine Reorganisation gefallen ließ. Ihre Uniform ähnelt der der preußischen Linienregimenter, wogegen der Dreimaster mit dem Federbusch an alte vergangene Zeiten erinnerte. Auch Abordnungen der Schützengilden aus Strelitz, Schönberg und anderen Städten standen in Reih und Glied. Es folgten die Gewerke mit Fahnen und Abzeichen, die Baugewerkschule aus Strelitz, die Gesang= u. Turnvereine, die bereits den Markt besetzt hielten. In der Schloßstraße standen die Gymnasiasten, die Realschüler, die Seminaristen aus Mirow und die Bürgerschule, diese mit ihrer eigenen Musik und mit ihren Fahnen. Vom Erbgroßh. Palais bis zum Schlosse bildeten wieder die Mannschaften des erwähnten Bataillons Spalier. Eine gewaltige Menschenmenge war auf den Beinen, und die Fenster aller Häuser waren mit einem dichten Damenflor besetzt.
Der Sonderzug, der die erlauchten Gäste mit dem Gefolge brachte, lief pünktlich gegen 1 Uhr ein. Die gesammte Großherzogliche Familie in ihren 3 Generationen waren zur festlichen Begrüßung anwesend. Der Kaiser entstieg zuerst dem Salonwagen und umarmte und küßte den Großherzog und die Großherzogin, inzwischen war auch die Kaiserin erschienen, der gegenüber sich die herzliche Begrüßung wiederholte. Auch das Erbgroßherzogliche Paar und dessen Kinder entboten den hohen Gästen ihren Willkommengruß. Im offenen vierspännigen, vom Sattel aus gefahrenen Wagen nahmen im Fond der Kaiser und der Großherzog; auf dem Rücksitze der Erbgroßherzog Platz, dem Wagen voran sprengten 2 Gendarmen, die noch die alte Husarenuniform aus dem Anfang des Jahrhunderts trugen, als der Herzog Karl, der Bruder der Königin Louise sie befehligte. Im zweiten geschlossenen prachtstrotzenden Galawagen fuhren die Kaiserin und die Großherzogin. An der ersten Ehrenpforte waren auf

[ => Original lesen: 1893 Nr. 17 Seite 6]

der einen Seite der Magistrat, auf der anderen die Ehrenjungfrauen der Stadtgemeinde versammelt, um Ihren Majestäten zu huldigen. Aus der Reihe der Senatoren trat der Bürgermeister Wohlfarth hervor und richtete an den Kaiser folgende Ansprache: "Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät nahen sich in tiefster Ehrerbietung die Vertreter der Großherzoglichen Residenzstadt Neustrelitz mit der allerunterthänigsten Bitte, Eure Majestät möge geruhen, ihren Willkommengruß als Ausdruck der treuesten Hingebung und der innigsten Freude darüber, den hohen Urenkel der unvergeßlichen Königin Louise hier begrüßen zu können, huldvollst entgegen zu nehmen. Mit dem angestammten hohen Fürstenhause in unwandelbarer Treue verbunden, schlägt den Mecklenburg=Strelitzern ein warmes Herz für das geeinigte deutsche Vaterland, und mit freudigem Stolze und hoher Verehrung blicken sie empor zu Eurer Majestät, dem mächtigen Schirmherrn des Deutschen Reiches. Von tiefer Dankbarkeit sind sie erfüllt für die Segnungen, die Eure Majestät durch Erhaltung und Sicherung des Friedens den Völkern haben zu Theil werden lassen; der heute durch das ganze mecklenburgische Land hallende Jubel kommt aus treuen Herzen, die gewillt sind, zu Eurer Majestät zu stehen in guten und bösen Tagen. Dies sind die Gefühle, welche Eurer Majestät wir heute entgegenbringen." Das dreifache Hoch, womit der Redner schloß, fand einen jubelnden Wiederhall in der Menge. Seine Majestät der Kaiser dankte huldvoll, für den Empfang, freute sich mit der Kaiserin, seinem Herrn Onkel und der Frau Tante seine Aufwartung machen zu dürfen, sprach von den Familienbeziehungen zwischen ihm und dem Großherzoglichen Hause, gedachte der Königin Louise, die in Preußen wie in Mecklenburg verehrt werde, und ertheilte den Auftrag, den Dank für den Empfang allen Betheiligten auszusprechen. Bei diesen letzten Worten reichte der Kaiser dem Bürgermeister Wohlfarth die Hand. - Fräulein Magda Nahmmacher, die Tochter des zweiten Stadtpredigers, überreichte einen prächtigen Strauß von Marschall Niel=Rosen und sprach eine kurze vom Rektor Pastor Ludwig Horn verfaßte poetische Begrüßung. Bei der Einfahrt in den Schloßhof trat die Wache ins Gewehr; der festliche Einzug war vollendet.
Nach dem Eintritt in das Schloß trafen sich die erlauchten Herrschaften mit dem Gefolge und den geladenen Gästen in der sogenannten "Thron=Audienz". Hier nahmen die Majestäten die Vorstellung der noch unbekannten Personen entgegen und hielten einen kurzen Cercle. Darauf meldete der Hofmarschall Graf v. Schwerin, der mit bewährter Umsicht und seinem Geschmack alle Einzelheiten dieses hochfestlichen Tages angeordnet hatte, daß die Festtafel bereitet sei.
Der Großherzog kam auch bei dieser Gelegenheit den Wünschen des Kaisers, daß sein Besuch einen streng familiären Charakter tragen solle, bereitwilligst nach. Man hatte deshalb von einer Gala=Tafel abgesehen und die Einladungen auf das Nothwendigste beschränkt, man speiste auch nicht in dem großen Festraume, der, wie derjenige im Berliner Schlosse, den Namen "Weißer Saal" trägt, sondern in dem sogenannten kleinen Saal. Der Kaiser und die Kaiserin saßen sich einander gegenüber. Der Kaiser, der die Uniform des Königs=Ulanen=Regiments trug, saß zwischen der Frau Großherzogin, deren kostbare Robe in elektrischem Blau und in schwarzen und goldenen Arabesken schimmerte, und der Frau Erbgroßherzogin, die ihre schlanke Gestalt in dunkelblauen Sammet gehüllt hatte.
Während der Tafel erhob sich der Großherzog zu einem Trinkspruch auf seine erlauchten Gäste. Er dankte zunächst dem Kaiser für den Besuch im eigenen Namen, im Namen der Seinen und in dem des Landes. Schon vor Jahresfrist hat der Fürstliche Redner bei der Hochzeit in Remplin seiner Freude Ausdruck geben können; noch größer aber sei die Freude heute, das Kaiserpaar in dieser Stadt und in diesem Schlosse begrüßen, empfangen und bewirthen zu können. Damals habe noch die jüngste Schwester seines Vater, die Frau Großherzogin=Mutter von Mecklenburg=Schwerin gelebt. Der Großherzog erinnerte daran, daß der Kaiser auch mütterlicherseits mit der Frau Großherzogin verwandt sei, die als getreue Prinzessin von Großbritannien und Irland eine Cousine der Königin Viktoria, Kaiserin von Indien sei. Lange sei es her, daß die Königin Louise in Hohenzieritz aus dem Leben abgerufen sei, in diesem Jahre seien 100 Jahre verflossen, daß sie einst in Berlin um die Weihnachtszeit ihrem Gemahl die Hand fürs Leben gereicht habe. Ein Jahrhundert ist eine lange Zeit, aber noch heute lebe in dem Hause und in dem ganzen Lande ihr Andenken fort. Möge der Geist der Königin noch lange walten, möge auch die Vorsehung dem Kaiser Glück und Segen spenden. Möge sie ihm die Kraft verleihen, das Recht zu wahren und wiederherzustellen, das Vaterland zu verteidigen und zu schützen. Möge es dem Kaiser nie an Männern fehlen, wie Blücher und Moltke, die geborene Mecklenburger waren. Auch das Mecklenburger Land und dessen Fürsten stehen treu zu Kaiser und Reich und werden nicht ermangeln, stets ihre Pflichten zu erfüllen. "Ich trinke," so schloß der Großherzog, "auf das Wohl Eurer Majestät, auf das Wohl Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin, auf das Wohl Ihrer blühenden Kinderschaar und zwar nicht nur der Prinzen, sondern insbesondere auch der jungen Prinzessin, die ich im letzten Herbste mit der Großherzogin aus der Taufe gehoben habe." - Der Kaiser gab seiner Erwiederung ein weniger offizielles Gepräge, indem er Onkel und Tante mit "Euch" anredete. Auch er gedachte zunächst der Vergangenheit; er gestand, daß er mit tiefer Wehmut heute durch die Fluren gefahren sei, auf denen der Blick der unvergeßlichen Frau so oft geweilt habe. Er erinnerte sich daran, daß sein Kaiserlicher Großvater, wenn er auf die Königin zu Sprechen kam, ihrer in wärmster Liebe und Verehrung gedachte. Ihr Geist, der Geist aufrichtiger Wahrheitsliebe wird in diesem Hause fortleben. Der Kaiser hoffte an Blücher und Moltke denkend, daß auch fernerhin Mecklenburg bedeutende Leute und einen tüchtigen Nachwuchs stellen werde, mit dem er im Krieg und im Freden auf den Bahnen vorwärts strebe, die er übernommen habe. Seine Majestät trank alsdann auf das Wohl des Großherzogs, der Gioßherzogin und der Großherzoglichen Familie. - Der schlichten Form der Frühstückstafel entsprach es auch, daß man von jeder Musik abgesehen hatte.
Nach dem Festmahl wurde in der "Thronaudienz" der Kaffee eingenommen, und das Kaiserpaar fand Gelegenheit, noch einige Kunstwerke, die das Schloß birgt, in Augenschein zu nehmen. Zunächst eine vom Bildhauer Albert Wolff, einem Mecklenburger, in Marmor gefertigte Nachbildung der allbekannten von Schadow gefertigten Gruppe, die die Königin Louise und deren Schwester, Prinzessin Friederike darstellt. Im weißen Saale hängt sodann das berühmte Portrait der Königin Louise, von Kannengießer gemalt, der ebenfalls aus Mecklenburg ist, und noch jetzt hier hochbetagt lebt. Der Kaiser schaute heute das Originalbild, während die Bildnisse, die im Königinnen=Zimmer des Berliner Schlosses und in Petersburg hängen, trotz aller ihrer Schönheit doch eben Copien sind. Man hatte auch dem neuen Mausoleum, das eine gleichfalls von Wolff in Marmor gefertigte Nachbildung des in Potsdam (nicht in Charlottenburg) befindlichen Sarkophags der Königin Louise enthält, einen Besuch zugedacht, verzichtete aber darauf wegen der Kürze der Zeit und der Ungunst der Witterung.
So verging in anregender Unterhaltung die Zeit, die für den Kaiserbesuch in Neustrelitz bestimmt war, und Ihre Majestäten traten um halb 5 Uhr die Rückfahrt nach Berlin an, begleitet von den besten Wünschen auf ein baldiges Wiedersehen.


- Ueber die Organisation des neugegründeten Bundes der Landwirthe wird der "Kölnischen Ztg." Folgendes mitgetheilt: Der Bund soll seine Hauptstelle in Berlin haben; überall sollen Vertrauensmänner ernannt werden; eine Zeitung, die rein agrarische Interessen vertritt, soll, wenn das nöthige Geld vorhanden ist, gegründet werden. Als vorläufige Vorsitzende des Bundes der Landwirthe wurden ernannt: v. Plötz=Döllingen, Graf Mirbach, Rupprecht=Rausern, v. Frege, Seydel=Chelchen, Dr. Rösicke=Görsdorf.


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