No. 2
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 06. Januar
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 2 Seite 1]

                Nachdem laut regimineller Bekanntmachung vom 5. December v. J. der im Bereiche des Großherzogthums Mecklenburg=Strelitz für die Zeit vom 1. Januar 1893 ab bis auf Weiteres

1) für erwachsene, über 16 Jahre alte männliche Arbeiter auf 1,70 M.,
2) für erwachsene, über 16 Jahre alte weibliche Arbeiter auf 1 M.,
3) für jugendliche männliche Arbeiter auf 0,80 M.,
4) für jugendliche weibliche Arbeiter auf 0,70 M.
festsetzt ist, sind an Beiträgen zur Gemeindekrankenkasse, welche 2 % des ortsüblichen Tagelohns betragen. Von dem gedachten Zeitpunkt ab bis auf Weiteres wöchentlich zu entrichten:
1) für erwachsene männliche Arbeiter, wie bisher 20 Mark (Lübeck).,
2) für erwachsene weibliche Arbeiter 12 Mark (Lübeck).,
3) für jugendliche männliche Arbeiter 10 Mark (Lübeck).,
4) für jugendliche weibliche Arbeiter 8 Mark (Lübeck).,
                          Das Krankengeld beträgt fortan pro Tag:
1) für erwachsene männliche Arbeiter wie bisher 85 Mark (Lübeck).,
2) für erwachsene weibliche Arbeiter 50 Mark (Lübeck).,
3) für jugendliche männliche Arbeiter 40 Mark (Lübeck).,
4) für jugendliche weibliche Arbeiter 35 Mark (Lübeck).,
                Schönberg, den 5. Januar 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.


Publicandum.

                Es wird hiedurch bekannt gemacht, daß die im Jahre 1873 und früher geborenen resp. mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehenen militairpflichtigen jungen Leute, welche im hiesigen Fürstenthum ihren dauernden Aufenthalt haben, verpflichtet sind, sich Zwecks Eintragung ihrer Namen in die Rekrutirungs=Stammrolle in der Zeit

vom 15. Januar bis 1. Februar d. J.

bei dem Ortsvorstande ihres Aufenthaltsortes anzumelden, und zwar die auswärts geborenen unter Vorlegung eines Geburtsscheins (der zu diesem Zwecke kostenfrei ertheilt wird), sowie die schon früher Gemusterten unter Vorlegung ihres Loosungsscheines.
                Im Uebrigen wird bezüglich der Meldepflicht auf die Vorschriften des §. 25 der Wehr=Ordnung hingewiesen und hervorgehoben, daß von der Meldepflicht nur die mit dem Berechtigungsschein zum Einjährigfreiwilligendienste oder mit besonderer Ausstandsbewilligung versehenen Militairpflichtigen ausgenommen sind. Sind zur Meldung Verpflichtete vorübergehend von ihrem ständigen Aufenthaltsort abwesend, so haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr=, Brod= oder Fabrikherren etc. die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden.
                Zugleich werden sämmtliche Militärpflichtige sowohl, wie die Ortsvorstände darauf aufmerksam gemacht, daß Militairpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Laufe eines ihrer Militairpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nach einem andern Aushebungsbezirke verlegen, dieses Zwecks Berichtigung der Stammrolle sowohl beim Abgange, als auch nach der Ankunft an dem neuen Orte dem Stammrollenführer spätestens innerhalb dreier Tage zu melden haben.
                Die Unterlassung dieser Meldungen ist mit Geldstrafe bis zu 30 M. oder mit Haft bis zu 3 Tagen bedroht.
Schönberg, den 1. Januar 1893.

Der Civilvorsitzende der Ersatzcommission.
Cl. v. Oertzen.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 2 Seite 2]

Nachdem in Berlin das Glockengeläut der Kirchen die Jahreswende feierlich verkündet hatte, wurde früh 5 Uhr das neue Jahr durch das Trompetercorps der Garde=Kürassire von der Kuppel des Königsschlosses aus klangvoll durch einen Choral begrüßt, dem einige geistliche Lieder folgten. Darauf zogen zum großen Wecken unter Führung eines Adjutanten die Spielleute der Berliner Regimenter der 2. Garde=Infanterie=Brigade mit den Hoboisten des 2. Garde=Regimentes vom inneren Schloßhof aus durch Portal 1 über den Schloßplatz, die Schloßfreiheit und dann die Linden (Mittelweg) bis zum Brandenburger Thor und marschierten ebenso zurück. Um 10 Uhr fand in der Garnison= und St. Michaelskirche Gottesdienst statt, bei dem die Truppen durch Abordnungen vertreten waren. Bei Beginn der Defiliercour vor dem Kaiserpaare im königl. Schloß wurden von der im Lustgarten aufgestellten Leib=Batterie 1. Garde=Feld=Artillerie=Regiments 101 Salutschüsse abgefeuert. Um 12 Uhr mittags fand im Lichthofe des Zeughauses in Gegenwart des Kaisers die Paroleausgabe statt und damit schloß die öffentliche militärische Feier des Neujahrstages.
Ueber den Neujahrsempfang am Berliner Kaiserhof wird noch gemeldet: Nachdem der Kaiser und die Kaiserin vormittags die Glückwünsche der Familienmitglieder und der nächsten Umgebung entgegengenommen hatten, begaben sie sich zum Gottesdienst nach der Schloßkapelle, wo Generalsuperintendent Dryander die Predigt hielt. Hierauf fand die Cour im weißen Saale statt, die der Reichskanzler, dem der Kaiser die Hand reichte, eröffnete. Der Kaiser und die Kaiserin standen an den Stufen des Thrones, die Prinzen und Prinzessinnen neben und hinter ihnen. Dem Reichskanzler folgten die Feldmarschälle Graf Blumenthal und Prinz Georg von Sachsen, die Ritter des schwarzen Adlerordens, die Minister etc. Hierauf empfing der Kaiser die Botschafter, die kommandierenden Generale und Admirale. In seiner Ansprache an die Generale drückte der Kaiser seine entschiedene Billigung der Militärvorlage aus. Er hoffe, daß auch im Volke ihre Nothwendigkeit erkannt würde und die der Vorlage gegnerische Stimmung sich ändern würde. Der Kaiser ließ erkennen, daß die Vorlage unter allen Umständen durchgesetzt werden müsse, wenn er auch nicht direkt von der Reichstagsauflösung sprach.
König Humbert wechselte anläßlich des Neujahrsstages sehr herzliche Glückwunschdepeschen mit dem Kaiser Wilhelm, mit dem Kaiser Franz Josef und der Königin Victoria.
Die kaiserliche Familie hat am Freitag Nachmittag das "Neue Palais" bei Potsdam verlassen und im alten Schloß zu Berlin Wohnung genommen.
Die Neujahrsbetrachtungen der deutschen Presse sind durchweg pessimistisch angehaucht, in den meisten äußert sich der Druck, den die Militärvorlage mit der Unabsehbarkeit ihrer Folgen auf die Gemüter ausübt. Wohl nirgends aber kommt die herrschende Verstimmung schärfer zum Ausdruck, als in dem Organ Bismarcks, den "Hamburger Nachrichten", wo es u. A. heißt: "Ueberall, wohin man blickt, herrscht Unsicherheit; keine Partei weiß genau, was sie will; die Regierung ist ohne genügende Autorität; die sozialdemokratische Bewegung bildet nach wie vor die schlimmste Gefahr für die bestehende Staats= und Gesellschaftsordnung, die Nachgiebigkeit gegen die Polen hat soeben wieder bei einer Nachwahl gezeigt, zu welchen Ergebnissen sie führt, und um das Maß der Besorgniß voll zu machen, ist am Schluß des Jahres im Saarrevier abermals ein Streik ausgebrochen, dessen Ausdehnung und Folgen sich der Berechnung entziehen. In Preußen herrscht in weiten Kreisen Verstimmung über die Chikanen der neuen Steuergesetzgebung; der Antisemitismus hat Dimensionen angenommen, die früher niemals möglich gewesen wären; in der Kolonialpolitik folgt ein Mißgriff dem anderen, und in den deutschen Bundesstaaten beginnt der Partikularismus sich aufs Neue zur Geltung zu bringen. Ueberall besteht der Eindruck, daß in Deutschland immer mehr komplizirter und kostspieliger regiert wird, daß die Bürger immer mehr unter übermäßiger Fiskalität zu leiden haben, ohne daß andererseits Erfolge erzielt würden, welche dies ausgleichen. - Die Frage, die sich zu Beginn des neuen Jahres aufdrängt: ob eine baldige Besserung der Situation, in der wir uns befinden, wahrscheinlich sei, ist schwer zu beantworten. In Preußen - und damit in zahlreichen Beziehungen auch im Reich - liegt die Entscheidung beim Monarchen, der unabhängig von den parlamentarischen Beschlüssen die Politik des Reiches bestimmt, die Minister anstellt und entläßt. Wie die Dinge thatsächlich liegen, läßt sich nur wünschen daß die Ereignisse und ihre Lehren auf die Entschließung des Staatsoberhauptes denjenigen Einfluß gewinnen, der ihnen im Interesse des Landes zu wünschen ist. Wir halten die erzieherische Kraft der Ereignisse für die einzig erfolgreiche. Der Eintritt ihrer Wirkung kann sich verzögern, aber nicht ganz ausbleiben. Das ist eine Hoffnung die trösten kann, wenn wir auf der Schwelle des neuen Jahres nicht sehr rosig in die Zukunft zu sehen vermögen.
Der Reichskanzler Graf Caprivi verbindet sich immer unzertrennlicher mit der Militärvorlage, je aussichtsloser dieselbe sich parlamentarisch gestaltet. So liest man denn wiederum in einer Berliner Korrespondenz des "Hamburger Korresp.", General Graf Caprivi würde nicht mit gutem Gewissen vor die Armee treten können, wenn er als Reichskanzler die Vorlage ohne die vierten Bataillone im Reichstage durchgehen ließe.
In seiner Antwort auf die deutschen Forderungen wegen Schließung eines deutsch=russischen Zollvertrages hatte Rußland von der Einführung eines Maximal= und Minimal=Zolltarifes gesprochen. Deutschland hat es darauf als selbstverständlich bezeichnet, daß, solange Verhandlungen im Gang sind die Basis derselben nicht geändert werde. In seiner Erwiderung hat sich nun Rußland bereit erklärt, mit Aenderung seines Zollsystems bis zum 1. April zu warten, worauf Deutschland auch seinerseits sich verpflichtet hat, bis zu diesem Termin den status quo aufrecht zu erhalten.
Im Reichstag ist mit Beginn des neuen Jahres reichhaltiges Arbeits=Material eingegangen. Die sozialdemokratische Fraktion hat ihre angekündigte Interpellation zur Nothstandsfrage eingebracht. Das Zentrum (Spahn und Genossen) hat drei Initiativanträge, zur Ergänzung der Konkursordnung (gerichtet gegen böswillige Konkursfälle,) zur Ergänzung des Genossenschaftsgesetzes, zur Bekämpfung des Hausiergewerbes gestellt. Schließlich hat die Reichsregierung den Bericht der Reichsschulden=Kommission dem Reichtag übersendet.
Wie man aus Karlsruhe meldet, wird der Kaiser gelegentlich seiner bevorstehenden Reise nach Sigmaringen auf der Rückfahrt auch dem badischen Hofe einen Besuch abstatten. Se. Majestät gedenkt am 11. Januar in Karlsruhe einzutreffen und von dort nach kurzem Aufenthalt nach Berlin zurückzukehren.
Wie aus Wien geschrieben wird, erwartet man, daß noch im Laufe dieser Woche alle mit der Valutaoperation zusammenhängenden Geschäfte ihren Abschluß finden werden. Die Finanzoperationen umfassen die Conversion sämmtlicher noch vorhandener fünfprozentigen Titres, ferner die Aufnahme eines Anlehens von 50 Millionen Gold seitens des österreichischen Finanzmeisters zum Behufe der für die Valutaregelung nöthigen Goldbeschaffung.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Ziethen sub Nr. IX belegene Halbstelle c. p. des Halbhufner Johann Lange daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 27. März d. J.
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamierten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen

[ => Original lesen: 1893 Nr. 2 Seite 3]

auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidations=Termin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Holz=Auction Nr. 3.

Am Dienstag den 10. Januar Morg. 10 Uhr sollen beim Krüger Schmidt zu Ziethen nachstehende Holzsortimente bei beschränkter Concurrenz verkauft werden:

1. Aus dem Bahlen.

        1 Fuder Eichen Durchforstholz I. Cl.
      20 Fuder Eschen u. buchen Durchforstholz III. Cl. und Pollholz.
        9 Rmtr. birken und aspen Knüppel.
    124 Rmtr. Nadelholz Kluft und Knüppel.

2. Aus den Priestertannen.

        4 Fuder Eichen Pollholz.
      23 Fuder buchen Pollholz.
        4 Rmtr. birken Knüppel.

3. Aus dem Garnseerholze.

      40 Fuder buchen Durchforstholz II. u. III. Cl.
        8 Rmtr. kiefern und fichten Kluft.
      60 Rmtr. kiefern und fichten Knüppel.
  3 1/2 Fuder Nadelholz und Durchforstholz II. Cl.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 4.

Am Mittwoch den 11. Januar Morg. 10 Uhr sollen beim Krüger Jabs in Schlagsdorf bei beschränkter Concurrenz meistbietend verkauft werden:

1. Aus dem Lanckower Holz.

11 Fuder eichen Pollholz.
45 Rmtr. buchen Knüppel.
49 Fuder buchen Pollholz.
60 Rmtr. Nadelholz Knüppel.
8 Fuder Nadelholz Durchforstholz III. Cl.

2. Aus dem Schlagbrügger Holze.

  1 Rmtr. eichen Knüppel.
18 Fuder eichen starkes Durchforstholz I. Cl.
  7 Rmtr. buchen Kluft II. Cl. und Knüppel.
25 Fuder buchen Durchforstholz I., III. Cl. und Pollholz.
48 Rmtr. Nadelholz, Kluft und Knüppel.
  1 Fuder Nadelholz Durchforstholz II. Cl.

3. Aus dem Bruch der Försterei Schlagbrügge.

13 Rmtr. birken Kluft und Knüppel.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 5.

Am Donnerstag den 12. Januar Morgens 9 Uhr sollen in Stadt Lübeck hieselbst bei beschränkter Concurrenz verkauft werden:

Aus dem Rupensdorfer Holze.

        73 Rmtr. eichen Kluft und Knüppel.
      200 Rmtr. buchen Kluft und Knüppel.
        36 Fuder buchen Pollholz.
          4 Rmtr. birken Knüppel.
          1 Fuder starkes Ellern Wadelholz.
  22 1/2 Fuder Weidenbuschholz p. p.
        12 Rmtr. Nadelholz Knüppel.
          9 Rmtr. Nadelholz Rodestämme.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster   C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 6.

Am Freitag den 13. Januar Morg. 10 Uhr sollen beim Gastwirth Wienck zu Sülsdorf bei freier Concurrenz verkauft werden:

Aus dem Schwanbecker Zuschlage.

12 Stück Eichen Nutzholzblöcke = 11,61 Festm.
68 Stück Eichen Langholz II. Cl. = 56,65 Festm.
  Diese beiden Sortimente sind Winterfällung!
  42 Stück Eichen Wagendeichseln.
  22 Rmtr. Eichen Olm und Knüppel.
    3 Fuder Eichen Durchforstholz I. Cl.
  13 Fuder Eichen Pollholz.
  10 Stück buchen Nutzholzblöcke.
303 Rmtr. buchen Kluft I., II. Cl. und Knüppel.
  51 Fuder buchen Durchforstholz und Pollholz.
  36 Fuder ellern Wadelholz I., II. und III. Cl.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster   C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 7.

Am Sonnabend den 14. Jan. Morg. 10 Uhr sollen nachstehende Holzsortimente an Ort u. Stelle bei freier Concurrenz meistbietend verkauft werden:

Im Forstorte Steinort
am Ratzeburger See

  7 Rmtr. zäheschen Kluft und Olm.
93 Rmtr. buchen Kluft II. Cl.
50 Rmtr. buchen Olm.
30 Fuder buchen Pollholz.
  3 Rmtr. ellern Kluft.
  1 Fuder ellern Wadelholz III. Cl.
Käufer versammeln sich bei der Holzwärterei Römnitz.
Schönberg i. M., den 5. Januar 1894.

                                                    Der Oberförster C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 8.

Am Dienstag den 17. Januar Morg. 10 Uhr soll beim Gastwirth Lenschow zu Selmsdorf bei freier Concurrenz verkauft werden:

Aus den Palinger und Lauer Tannen.

  44 Rmtr. kiefern Kluft.
365 Rmtr. kiefern Knüppel.
112 Rmtr. kiefern Rodestämme.
    3 Fuder kiefern Schleetholz.
    6 Fuder kiefern Hopfenstangen pp.
Schönberg i. M. den 5. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Zur Beachtung.

Den Holzsammlern in den Großherzoglichen Forsten ist nicht gestattet in den Schlägen oder an sonstigen Stellen Holz zu sammeln, solange die Forstarbeiter dort noch mit der Aufbereitung der Hölzer beschäftigt sind. Zuwiderhandelnde werden beim Betreffen zu Buch geschrieben.
Schönberg, den 3. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Ich bin mit dem Verkaufe der Joh. Oldenburg'schen Büdnerei zu Raddingsdorf beauftragt und ersuche Kaufliebhaber, mit mir in Verbindung zu treten.
Zu gedachter Büdnerei, die preiswürdig verkauft werden soll, gehören 6 Scheffel besten Weizen= und Roggenbodens und 50 Quadratruten Gartenland. - Tradition zu Ostern oder Michaelis d. J.

Schönberg, den 4. Januar 1893.
Der Rechtsanwalt
Dr. jur. Ch. Lange.


Am Freitag, den 13. Januar werde ich aus meiner Holzkoppel folgendes Holz meistb. gegen Baarzahlung verkaufen:

17 Rmtr. eichen Knüppel.
  4 Rmtr. kiefern Kluft.
30 Fuder Buschholz.
30 Rmtr. Rodestämme.
Versammlung Morgens 9 Uhr beim Gastwirth Köster=Wahrsow.

                                                    Johs. Nevermann.


Eine alt eingeführte Arbeiter-,  Spar= und Kinder=Aussteuer=Versicherung (ohne Conkurrenz, sichert rührigen, reifen und unbescholtenen Männern einen täglichen Baarverdienst von 5-6 M. Umgeh. Off. erbet. unt. Adr.: Inspector Goetze, Schönberg i/M. postlagernd.


Vom Schulhause in Lübseerhagen bei Lübsee ist ein Maschinenriemen gefunden worden. Der Eigenthümer kann denselben gegen Insertionskosten in Empfang nehmen.

Lübseerhagen.                                                     H. Freitag, Hauswirth.


Frischen
Seifenstein und Chlorkalk
in bekannter Güte empfing und empfiehlt
                                                    J. F. Eckmann.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 2 Seite 4]

Vom 22. September v. J. bis heute sind nachstehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:

  1. Vom Hauswirth Holst in Ziethen 1 Pferd 500 M.
  2. Vom Schulzen Völkner in Mechow 1 Pferd 200 M.
  3. Vom Arbeitsmann Prenzlin in Löwitz 1 Kuh 135 M.
  4. Vom Mühlenpächter Frank hier 1 Pferd 600 M.
  5. Vom Schulzen Bollow in Campow 1 Pferd 200 M.
  6. Vom Mühlenpächter Wieschendorf in Maurienmühle 1 Pferd 150 M.
  7. Vom Hauswirth Rußwurm in Lockwisch 1 Pferd 300 M.
  8. Vom Hauswirth Wieschendorf in Pogez 1 Pferd 300 M.
  9. Vom Posthalter Bielfeld hier 1 Pferd 150 M.
10. Vom Hauswirth Ahrend in Gr. Siemz 1 Pferd 200 M.
11. Vom Lehrer Koopmann in Niendorf 1 Kuh 120 M.
12. Vom Schulzen Faasch in Selmsdorf 1 Pferd 400 M.
13. Vom Hauswirth Kock in Rüschenbeck 1 Pferd 300 M.
14. Vom Mühlenpächter Schulz in Stove 1 Pferd 200 M.
Zur Deckung dieser Schäden vernothwendigt sich ein Beitrag von 1 Mark pro 100 Mark der Versicherungssumme. Unsere Mitglieder werden ergebenst ersucht, solchen Beitrag am

Sonnabend, den 14. Januar, Morgens 10 Uhr,

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 4. Januar 1893.

Direction des Vieh-Versicherungs-Vereins.
As. Ahrendt.                           Wilh. Heincke.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
Allgemeine Versammlung
am Sonntag d. 15. Januar 1893
Nachmittags 4 Uhr im Vereinslokale.

          Tagesordnung:
1. Beschluß über die Feier des Geburtstages Se. Majestät des Kaisers.
2. Bericht über die Sitzung am 11. December in Neustrelitz und Beschlußfassung diese Angelegenheit betreffend.
3. Geschäftsbericht und Mittheilung über den Vermögensstand des Vereins, Kassenrevision.
4. Beschlußfassung, betreffend die Abänderung des §. 29 der Vereinsstatuten.
5. Besprechung und Beschluß über einen, Mittfasten d. J. abzuhaltenden Vereinsball mit oder ohne Theateraufführung.
6. Vorstandswahl gemäß §. 14 der Vereinsstatuten.
7. Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Es empfiehlt sich für Schönberg und Umgegend zum Kneten (Massieren) und Streichen, sowie zur Ausführung jeglicher Näherei mit Maschine und Hand in und außer dem Hause

                                                    Chr. Krenkow geb. Baer.


Zu Ostern d. J. sind in guter Gegend der Stadt

zwei freundliche Zimmer

für einen alleinstehenden Herrn resp. einer alleinstehenden Dame passend, zu vermiethen.

Zu erfragen in der Expedition dieser Zeitung.


Ein neuer                          
Einspänner-Schlitten
für 2 Personen steht preiswürdig zu verkaufen bei
                                                    P. Ehmke,
                                                    Stellmachermeister.


Dienstboten,

als: Kutscher, Groß= und Kleinknechte, Futterknechte, Jungen und Mädchen sowie Arbeiterfamilien, Arbeiter und Arbeiterinnen, stellt unter günstigen Bedingungen

Nachweisungs=Contor Albert Wagner
Siemzerstraße Nr. 196.


Agenten gesucht

für einen leicht verkäufl. Artikel gegen gute Provision. - Offerten an Adolph Mehlhase in Bremen erbeten.


Zahnschmerzen aller Art werden selbst wenn Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. In Fl. à 50 Pfg. im Alleindepot für Schönberg bei Heinr. Böckmann Bandagist.


Gr. Siemzer Schweinegilde.
Sonntag, den 8. Januar 1893.
Vereinsball.
Anfang 7 Uhr.
Nur Mitglieder haben Zutritt.


Zu dem am Sonntag den 8. Januar hei dem Gastwirth Oldenburg stattfindenden

Ball

laden ergebenst ein

                                                    die jungen Leute.

Palingen d. 2. Januar 1892.


Das zweite
Abonnements=Conzert
der Wismar'schen Stadt=Capelle
findet am Donnerstag, den 12. Januar im
Boye'schen Saale statt.
Anfang 7 1/2 Uhr.                                                     Entree 75 Mark (Lübeck).
Billets sind zu haben beim Gastwirth Boye.
Um recht zahlreiche Betheiligung bittet
                                                    J. Müller, Musikdirector.
Nach dem Concert Tanz.


Statt besonderer Meldung.

Am 3. Januar cr. wurde uns ein gesunder kräftiger Sohn geboren.

                                                    W. Wetzel und Frau.

Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 8. Januar.

Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche fällt aus.
    Amtswoche: Pastor Krüger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 56-58 M., große Schweine 56-57 M., Sauen 42-50 M., Kälber 50-75 M. per 100 Pfund.


Hierzu eine Beilage.
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 1.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 2 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 2 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 6. Januar 1893.


Der Kaiser ist gelegentlich einer Ausfahrt am Nachmittag des Neujahrstages in Begleitung des Prinzen Heinrich bei den am kaiserlichen Hofe beglaubigten Botschaftern, dem Reichskanzler, dem kommandierenden General des Gardekorps, Frhrn. v. Meerscheidt=Hüllessem, und dem Chef des Generalstabes der Armee, Graf v. Schlieffen, vorgefahren. Abends fand bei den kaiserlichen Majestäten Familientafel statt. Zu Ehren der zur Zeit in Berlin anwesenden kommandierenden Generale hat am Montag Abend bei den Majestäten im Elisabeth=Saal des kgl. Schlosses ein größeres militärisches Diner stattgefunden.
Der Kaiser hat am Neujahrstag auch den Adjutanten des Sultans, Kamphoevener Pascha, empfangen, der Geschenke des Sultans für die kaiserliche Familie überreicht hat. Wie der "Polit. Korrespondenz" aus Konstantinopel geschrieben wird, besteht das dem Kaiser übersandte Geschenk in kostbaren türkischen Möbeln, die für ein Rauchzimmer bestimmt sind, das Kaiser Wilhelm nach seiner Rückkehr von der Orientreise mit den damals vom Sultan erhaltenen Geschenken ausgestattet.
- Zu der Nachricht, daß Fürst Bismarck im März d. J. nach Fiume reisen werde, schreiben die Hamburger Nachrichten: Bis jetzt ist in Friedrichsruh hiervon nichts bekannt, und wir wissen nicht, auf welche Autorität hin die betreffende Mittheilung in Cours gesetzt worden ist. So gerne Fürst Bismarck das Frühjahr im Süden zubringen würde, so ist ihm doch die Reise dahin eine zu große Beschwernis, als daß er sie ohne Noth übernehmen würde.
- Das Zentrum hat wieder einen schweren Verlust erlitten: Der Abgeordnete Peter Reichensperger ist am Sonnabend 7 Uhr in Berlin gestorben. Mit ihm ist der Dritte der großen Führer der Zentrumspartei aus dem Leben geschieden. Den Anfang machte Mallinckrodt, ihm folgte Windthorst und nun hat sich ihnen Reichensperger hinzugesellt.
- In Madrid hat am Sonnabend eine öffentliche Kundgebung beschäftigungsloser Arbeiter stattgefunden. Die Leute sind durch die Polizei mit der blanken Waffe zerstreut worden.
- Anläßlich des in der "E.=Z." veröffentlichten Artikels über Soldatenmißhandlungen haben in Schwerin Verhaftungen der betheiligten Unteroffiziere stattgefunden.
- Nach dem Bericht des Kaiserlichen Gesundheitsamtes sind in der Woche vom 25. bis 31. Dezember v. J. in Altona 5 Erkrankungen an der Cholera von denen 3 tödlich verlaufen sind, vorgekommen. In Hamburg sind für diese Zeit 17 Erkrankungen mit 6 Todesfällen festgestellt worden.
- Prinz Victor Napoleon, der schon früher vom Zaren mit besonderer Aufmerksamkeit und Liebenswürdigkeit behandelt wurde, soll einem Gerüchte zufolge eine Einladung an den russischen Hof erhalten haben.
- Der englische Premierminister, der alte Gladstone, hat am 29. Dezember in Biarritz seinen 83. Geburtstag gefeiert. Der älteste der früheren Premierminister, Lord Palmerston, starb im 81. Lebensjahr, aber Palmerston besaß in den letzten Jahren seines Lebens nicht die Thatkraft und Schaffensfreude, welche der 83jährige Gladstone zeigt.
- Nach der letzten Viehzählung in Berlin, giebt es unter den 24 805 Grundstücken dort 6841. auf denen Vieh gehalten wird, nämlich 43 916 Pferde, 7293 Rindvieh, 4120 Schafe, 4651 Schweine und 4 Esel. Auch Bienenzucht wird noch in Berlin getrieben; die Zahl der Bienenstöcke beträgt 106.
- Der Rector Ahlwardt ist aus Plötzensee beurlaubt worden und hat am Freitag abend die Anstalt verlassen. Wie es heißt, ist die Beurlaubung infolge eines in seiner Familie vorgekommenen Todesfalles erfolgt; am jüngsten Donnerstag ist nämlich der Schwiegervater Ahlwardts gestorben.
- In Pritzwalk und Umgebung wurden in der Woche vor dem Fest von anscheinend aus Berlin geschickten Leuten Tausende von sozialdemokratischen Flugblättern und Broschüren vertheilt. Die Flugschriften waren jedoch zum größten Theil so abgefaßt, daß sie der sozialdemokratischen Sache eher schaden wie Vortheil einbringen dürfte.
- Am letzten Dezember starb in Altona eine Mutter und 2 Kinder an der Cholera.
- Der Vertreter Krupps, Kandenberghe, wurde, wie aus Brüssel gemeldet wird, vom Major Gillain im Pistolenduell erschossen.
- Der Petite Republique zufolge studirt der französische Generalstab das Projekte tragbarer Mitrailleusen, mit denen die Cavallerie und die Gebirgstruppen ausgerüstet werden sollen. Wie es heißt, würden aus diesen Geschützen 600 kleinkalibrige Geschosse in der Minute abgefeuert werden können.
- Ein furchtbarer Seesturm herrschte, wie wir einem Telegramm aus Madrid entnehmen, in den letzten Dezembertagen an der spanischen Küste. Mehrere große Schiffe sammt der Bemannung fielen demselben zum Opfer. Am Strande von Conil bei Cadiz litt ein Kauffahrer mit vier Masten Schiffbruch. Man glaubt, daß es ein deutsches Schiff war. Da die Meereswogen noch immer hoch gehen, konnte dem Wrack bis jetzt keine Hilfe gebracht werden. Der im Hafen von Cadiz eingelaufene Dampfer "Luchana" ist schwer beschädigt. Von 84 Stück Vieh, die er führte, sind gegen 60 Stück vom Meer mit fortgerissen worden. Bei Sanlucar de Barrameda (Provinz Cadiz) versank in unmittelbarer Nähe des Strandes das Fischerbarkschiff "Maria Teresa"; von der 17 Mann starken Schiffsmannschaft konnte sich keiner retten.
- Im Cafè Bauer zu Berlin entstand am Montag früh in der neunten Stund Feuer. Im unteren Saal hatte sich eine hölzerne Säulenbekleidung entzündet, der Brand war durch Ueberheizung der Leitungsdrähte der electrischen Beleuchtung entstanden.
- Aus Posen wird gemeldet: Vikar Spychalowicz in Olszowa, der vor einiger Zeit Reservisten in der Kirche die schwarz=weißen Cocarden von den Mützen abriß, wurde vom Erzbischof von seiner guten Stelle weg auf eine untergeordnete andere als zweiter Vikar versetzt. Außerdem hat er eine empfindliche andere Strafe erhalten.
- Die Grundeigenthums=Verhältniße in Hamburg sind augenblicklich in hohem Grad ungünstig. Von 28 Grundstücken, die in den letzten vierzehn Tagen zum öffentlichen Verkauf gelangten, sind nicht weniger als 27 im Wege der Zwangsvollstreckung in andere Hände übergegangen beziehungsweise unverkauft geblieben. Hunderte von Wohnungen stehen leer und ist man allgemein der Ansicht, daß demnächst ein erhebliches Sinken der Mietpreise für größere und mittlere Wohnungen eintreten wird.
- In Oberhemer bei Iserlohn hatten sich vor einigen Tagen der Gesangverein "Liederkranz" und seine Gäste, wohl 700 Personen, im Westhelleschen Saale versammelt, als gegen 7 Uhr die Polizei erschien und um langsame Räumung des Saales ersuchte, weil im Dorfe Feuer ausgebrochen sei. Die Entleerung des Saales vollzog sich musterhaft, bis die ersten draußen sahen, daß das Saalgebäude selbst und das anstoßende Wohngebäude in Flammen standen. Nun erhob sich eine unbeschreibliche Verwirrung; alles strebte und drängte den Ausgängen, zu, die Vordermänner zu Boden reißend. Einzelne, darunter sogar Frauen, benutzten den Weg durchs Fenster und sprangen, zwei Stock hoch, ins Freie. Die Flammen griffen mit furchtbarer Schnelligkeit um sich und zerstörten das Wohnhaus, in dem sich auch das Garderoben=Zimmer befand, in kurzer Zeit gänzlich mit allem Inventar. Nur wenige Gäste konnten ihre Garderobe retten. Das Saalgebäude wurde ebenfalls zerstört. Bei den Löscharbeiten wurden zwei Feuerwehrleute verletzt und mußten vom Platze getragen werden.
- In Stallupönen war kürzlich auf dem

[ => Original lesen: 1893 Nr. 2 Seite 6]

Standesamte zu Sch. ein sonderbares Paar zur Schließung der Ehe erschienen. Die Braut zählte bereits 75 Jahre und der Bräutigam 76, aber trotz des hohen Alters war die Braut recht jugendlich gekleidet; vor 9 Monaten war ihr erster Gatte gestorben. Sie hat ein kleines Grundstück in I. und ihr neuer Gatte ist ein noch rüstiger Hirt.
- In Pforzheim wurde durch Neujahrschießen mit scharfgeladenen Revolvern grober Unfug verübt. Der Goldarbeiter Stirn wurde getroffen und blieb tot. Der Polizeimeister Haas erhielt einen Schuß in den Schenkel.
- Der Zollkrieg mit Frankreich hat in St. Gallen eine komische Blüte getrieben. Einige Realschüler und Realschülerinnen erlassen nämlich im "St Galler Stadtanz." folgenden Aufruf: "Wir Realschüler wollen in der Vertheidigung der Schweiz gegen Frankreich nicht zurückbleiben und mit unserer schwachen Kraft beitragen, daß der Zollkrieg wuchtig geführt wird. Es freut uns, daß unsere Mütter keine französischen Hüte und Kleider mehr kaufen und die Väter keine französischen Weine mehr trinken wollen. Damit wir aber auch dabei sind, haben wir einmütig beschlossen, uns fernerhin nicht mehr mit der Erlernung der französischen Sprache zu befassen. Wir hoffen, daß auch die Herren Lehrer diesen unseren patriotischen Entschluß achten werden." Diese Hoffnung wird sich wohl schwerlich erfüllen.
- Am Sonnabend abend versagte bei einem Eisenbahnzuge, der in den Bahnhof von Klampenborg (Kopenhagen) einlief, die Vacuumbremse. Die Lokomotive lief auf einen Erddamm und wurde nebst dem ersten Wagen zerstört. Der Heizer wurde getötet, der Locomotivführer verwundet. Passagiere sind nicht verletzt worden.
- Auf der Chicagoer Weltausstellung wird viel seltenes und noch mehr riesenhaftes, worin sich jugendliche Völker gefallen, zu sehen sein. Eine Colossalbüste des Präsidenten soll aus einem einzigen Kohlenblock ausgemeißelt werden. Dieselbe ist schwarz. Im Gegensatz dazu steht dazu eine Nachbildung der Bartholdischen Freiheitsstatue am Eingang des Hafens von New=York aus Salz, an welcher man jetzt in Cheshire in England arbeitet. Letzte wird eine Gesamthöhe von 12 1/2 Fuß besitzen.
- Ein französischer Richter konstatirt, in seinen Memoiren, daß Verbrecherinnen oft sehr ungenau in der Angabe ihres Alters sind. Nach den Erfahrungen des Richters wird das richtige Alter nur von denen angegeben, die unter 25 oder über 85 Jahre alt sind. In allen andern Lebensperioden scheint das Gedächtnis die Frauen im Stiche zu lassen. Meistens geben die weiblichen Gefangenen ihr Alter auf 29, 39, 49 oder 59 Jahre an. Sind sie in den Vierzigern, so geben sie sich als in den Dreißigern aus und sagen gewöhnlich, daß sie 39 Jahre alt sind.
- "Hat die Farbe der Augen einen Einfluß auf das Geschick und den Charakter der einzelnen Individuen?" Diese Frage wirft das englische Fachblatt "The Optican" auf und behauptet, daß fast alle bedeutenden Männer blaue Augen hatten. Das Blatt nennt beispielsweise: Sokrates, Shakesspeare, Locke, Bacon, Milton (obwohl er blind war,) Byron, Goethe, Franklin, Napoleon I., Gladstone, Bismarck, Huxley, Virchow und Renan. (In dieser Aufzählung fehlt noch Friedrich der Große.) Ferner hatten alle Präsidenten der Vereinigten Staaten mit Ausnahme von Harrison, blaue Augen. Natürlich soll, wie "The Optican" wohlwollend hinzufügt, damit nicht gesagt werden, daß schwarze oder braune Augen das Genie vollständig ausschließen. Balzac, Gambetta und Victor Hugo hatten schwarze Augen und waren doch ganz brauchbare Leute. Es können also alle Parteien zufrieden sein, und die Frage, die "The Optican" an die Spitze seines Artikels stellt, bleibt nach wie vor ungelöst.
- Aus Petersburg wird berichtet, daß Graf Leo Tolstoi sein ganzes Vermögen sowie seine zahlreichen Güter schon jetzt unter seine vier Kinder vertheilt hat. Die Abneigung gegen Geld und Besitzthum, welche Tolstoi in seinen jüngsten Schriften klar durchblicken ließ, hat ihn jetzt veranlaßt, auf alle seine Besitzrechte zu Gunsten seiner Kinder zu verzichten. Er gehört nun, wie er selbst sagt, der besitzlosen Klasse an und gedenkt in strengster Zurückgezogenheit auf dem Gute Jasnaja Poljana den Rest seiner Jahre zu verleben. Er will dort einen großen, rein künstlerischen Roman vollenden, dessen erster Theil bereits druckfertig ist. Dem russischen Volke jedoch hat Tolstoi seine Dienste nicht entzogen: er bereist noch jetzt zahlreiche von der Mißernte betroffenen Gegenden, um den Nothleidenden Hilfe zu bringen.
- Nach den in Petersburg eingelaufenen Nachrichten befinden sich die Landbevölkerung in den von der Hungersnoth betroffenen Provinzen im tiefsten Elend. Der Adelsmarschall der Provinz Tula, Graf Bobrinsky, veröffentlicht z. B. in den Journalen eine haarsträubende Schilderung der Lage der Bauern in seiner Provinz, welche dem Hunger und der Kälte ausgesetzt sind, da sie weder Lebensmittel, noch Brennmaterial besitzen. Diese Unglücklichen leben bei der jetzigen schrecklichen Kälte in Hütten, deren Dächer sie verbrennen mußten, um sich zu wärmen, und gehen größtenteils an den Krankheiten, welche sie sich unter solchen Umständen zuziehen müssen zu Grunde. Die Lage ist jetzt noch schlimmer als im abgelaufenen Jahr, denn gegenwärtig fehlen sowohl den Opfern der Mißernte, als den hilfsbereiten Grundbesitzern jene Reservevorräte, die im letzten Jahr noch vorhanden waren. Es ist daher die öffentliche Hilfeleistung bedeutend schwieriger geworden, und sie mußte diesmal auch viel früher beginnen.
- Der angeblich mit der russischen Kaiserfamilie verwandte Fürst Peter Romanow wurde in Montecarlo bei dem Landhaus eines reichen Franzosen von dem amerikanischen Millionär Jay Broklym im Duell erschossen. Den Grund zum Zweikampf bildete ein Streit beim Spiel in der Spielhölle.
- Der älteste Sohn und die jüngste Tochter Luthers sind in Ostpreußen beerdigt. Herzog Albrecht ließ Hans Luther, des Reformators Sohn, in Königsberg 2 Jahre auf seine Kosten studieren; auf einer Geschäftsreise starb der junge Mann im Jahre 1575 in Königsberg. Vor dem Altar der altstädtischen Kirche wurde er begraben. Noch heute ist ein Stein mit der Inschrift vorhanden; "Hier stand der Altar der im Jahre 1826 abgebrochenen Altstädtischen Kirche. Vor demselben ist 1575 Joh. Luther, des großen Reformators ältester Sohn, begraben." Margarete Luther, im Jahre 1534 geboren, ehelichte einen reichen ostpreußischen Edelmann, Georg v. Kunnheim, im Alter von 21 Jahren. Sie ist in Mühlhausen b. Pr. Eylau begraben. Neben dem Bildnis ihres Vaters ist auch jetzt noch ihr eigenes vorhanden, von Lukas Kranach gemalt, mit der Unterschrift: "Im dankbaren Andenken an Luther, den Vater Magaretas, der ersten Gemahlin des hochedlen Georg v. Kunnheim, weihte diese Bider dessen Sohn aus zweiter Ehe Eberhard von Kunnheim." Zahlreiche, noch heute blühende Adelsgeschlechter Ostpreußens, v. Saucken, v. Brandt, v. Lettau u. a. stammen von Luthers Tochter. Einer ihrer Nachkommen, ein Herr v. Wegnern, vermählt mit einer Gräfin Eulenburg=Prassen, ist im Jahre 1854 als Kanzler des Königreichs Preußen gestorben.
- Das Denkmal für Joseph Viktor v. Scheffel das am Sonnabend auf dem Kunstschauplatze in Karlsruhe feierlich enthüllt worden ist, erhebt sich auf einer Terrasse, zu der eine Granitfreitreppe führt.
- In einem Koupee erster Klasse, so schreibt man der "Voss. Ztg.", fuhr dieser Tage der reiche Kaufmann L. A. Kartschmar von Wilna nach Warschau. Nachdem er sich lange Zeit allein befunden, gesellten sich auf der Station Poreschje zwei elegant gekleidete Herren zu ihm, und aus dem anfänglich gleichgültigen Reisegespräch entspann sich bald eine angenehme Unterhaltung, in deren Verlauf man auch Cigarren austauschte. Herr Kartschmar schlummerte über der ihm verabreichten ein. Als er hinter Bialystok erwachte und seine Reisegefährten, die Billets bis Warschau besaßen, vermißte, da griff er bestürzt an seine Brusttasche. Sie war von außen herausgeschnitten. Es waren ihm gegen 50 000 Rubel gestohlen worden.


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