No. 1
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 03. Januar
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 1 Seite 1]

                Unter den Kühen des Hauswirths Egert in Lübseerhagen und der Frau Hauswirth Busch in Rodenberg ist die Maul= und Klauenseuche ausgebrochen.
              Schönberg, den 29. December 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


                Die Maul= und Klauenseuche unter den Kühen des Hauswirths J. Bruhn in Grieben ist erloschen.
              Schönberg, den 2. Januar 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.


                Soweit für die Bemessung der Beiträge zur Invaliditäts= und Altersversicherung der §. 22 Nr. 5 des Reichsgesetzes vom 22. Juni 1889 in Anwendung zu bringen ist, reicht es nach der neuen, vom 1. Januar 1893 ad normirenden Festsetzung des ortsüblichen Tagelohns gewöhnlicher Tagearbeiter - Bekanntmachung Großherzoglicher Landesregierung vom 5. d. Mts., Offic. Anz. Nr. 33 - daß vom 1. Januar 1893 ab für die im Fürstenthum Ratzeburg beschäftigten weiblichen Arbeiter Beitrage I Lohnklasse verwendet werden.
              Schönberg, den 22. December 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Die am Berliner Hofe akkreditirten Botschafter haben auch diesmal am Neujahrstage dem Kaiserpaar ihre Glückwünsche persönlich abgestattet und aus dieser Veranlassung am 1. Januar mittags am kgl. Schlosse in großer Gala ihre feierlichen Anfahrten gehalten.
Dem Reichstage sind die Gesetzentwürfe über die Abzahlungsgeschäfte und über den Wucher sowie ein Gesetzentwurf, betr. die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, zugegangen.
Ueber die Verhandlungen mit dem Herzog von Cumberland theilt der Hann. Kur. mit, daß die Angelegenheiten der königlichen öffentlichen Bibliothek, der Privatbibliothek und des Welfenmuseums noch nicht zum Abschluß gekommen ist. Es entspreche den Wünschen des Herzogs, daß die öffentliche Bibliothek, sowie das Welfenmuseum in Hannover verbleiben; dasselbe dürfte auch mit der Privatbibliothek der Fall sein. Die Bestände der Celler Schloßbibliothek, die bisher im Palais an der Leinstraße aufgestellt war, sind zur Versendung nach Gmunden bereitgestellt, wohin bereits eine Anzahl Möbel, sowie der größte Theil der früheren Weißzeugkammer abgegangen sind. Ferner hat der Herzog die sehr werthvolle Gewehr und Waffensammlung, welche sich in den letzten Jahren ebenfalls im Palais an der Leinstraße befand, nach Oesterreich schaffen lassen.
Nachdem die Weihnachtstage in politischer Stille ohne jeden Zwischenfall verlaufen sind, tritt die Militärvorlage wieder in ihre Rechte ein. Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" hat bereits zwei lange Leitartikel an das interressante Thema gewendet, die beweisen, daß die Reichsregierung eifrig bemüht ist, während der parlamentarischen Ferienpause die Stimmung nach Möglichkeit zu verbessern. In dem ersten Artikel wird von Neuem mit Ernst und Nachdruck versichert, daß die Regierung sich zur Forderung einer Vermehrung der Militärlast nur entschlossen habe, weil sie der festen Ueberzeugung sei, daß die Existenz Deutschlands auf dem Spiele stehe. In dem zweite Artikel weist das Kanzlerorgan darauf hin, daß die angestellten Versuche die Durchführbarkeit der zweijährigen Dienstzeit bei den Fußtruppen unter bestimmten Voraussetzungen ergeben haben. Daraus seien die nothwendigen Compensationen entwickelt. Bei der Vorlage habe eine gründliche Erwägung aller Verhältnisse stattgefunden, und in derselben sei ein Werk geschaffen, welches ein einheitliches, systematisch gegliedertes Ganzes darstelle. Die "Nordd. Allg. Ztg." sucht sodann die Nothwendigkeit der vierten Bataillone darzulegen, welche ein unentbehrliches Glied der zur Durchführung der verkürzten Dienstzeit erforderlichen Maßnahmen bilden. Der Gedanke, bei der gegenwärtigen Präsenzstärke eine Verkürzung der Dienstzeit einzuführen, sei undurchführbar; die Armee würde sich qualitativ und quantitativ verschlechtern. Vorzuziehen wäre noch wegen der Gleichmäßigkeit der Ausbildung eine Verringerung

[ => Original lesen: 1893 Nr. 1 Seite 2]

der Rekrutenquoten. Wenn dann die Truppen vor dem Feind an Anzahl sich als unzureichend erwiesen, würden die Folgen das Reich, die Vorwürfe aber nicht die verbünden Regierungen treffen.
Nachdem Kaiser Wilhelm, wie jetzt als feststehend angenommen wird, die prächtige Villa Forsteck bei Kiel für den Kronprinzen angekauft hat, dürfte die Mittheilung von Interesse sein, daß seit Jahren zwischen dem Kaiserhause und den Eigenthümern der am Kieler Hafen belegenen Besitzung Forsteck Verhandlungen über den Ankauf schwebten. Die Villa Forsteck war lange Jahre hindurch Eigenthum des 1889 verstorbenen, Reichstagsabgeordneten Meyer=Forsteck. Die künftige Residenz des Kronprinzen liegt außerhalb Kiels, am Ausgang des herrlichen Düsternbroker Gehölzes und in geringer Entfernung des Kieler Hafens. Die Gegend gehört zu den schönsten Punkten an der Nordseite des belebten Kriegshafens. Wegen der Nähe des Wassers und des Waldes entspricht der Aufenthaltsort allen Forderungen in sanitärer Hinsicht. Da die Villa zudem vom Stadttrubel abgeschieden ist, so besitzt sie alle für das Studium des Kronprinzen erwünschten Eigenschaften.
Aus Berlin, so schreibt der "Hannov. Cour.," werde verbreitet - auch ihm gehe von dort die Nachricht zu - "der Kaiser, der nicht leicht seine Zustimmung gegeben habe, daß in der Militärvorlage die Verkürzung der Dienstzeit auf zwei Jahre vorgeschlagen werde, habe neuerdings sich in der Richtung unzweideutig ausgesprochen, die vollen Konsequenzen der gesetzlichen dreijährigen Dienstzeit ziehen zu wollen, wenn der Reichstag die Vorlage der verbündeten Regierungen nicht in ihren wesentlichen Bestandtheilen unverändert annehme."
Wie der "Post" aus St. Petersburg gemeldet wird, dürfte der Großfürst=Thronfolger von Rußland in nicht ganz ferner Zeit dem Berliner Hof einen Besuch abstatten. Das genannte Blatt bemerkt dazu, daß dies nur zu den Vermählungsfeierlichkeiten und zum Geburtstage Kaiser Wilhelms sein könnte. Wie der Gewährsmann der "Post" bei dieser Gelegenheit mittheilt, hat sich der Großfürst=Thronfolger in seinen Gemächern mit einer ganzen Galerie von Bildern Kaiser Wilhelms I., Kaiser Friedrichs, des Prinzen Friedrich Karl, Bismarcks, Moltkes umgeben. Die Bilder unserer Regenten und Kriegshelden zierten früher die Gemächer Kaiser Alexanders II. des Großvaters des Thronfolgers.
Dem Papst erscheint die Welt im düstersten Licht. Er hat in seiner Weihnachtsansprache an das Kardinals=Kollegium von einem nahenden Sturm geredet, der das letzte Anzeichen eines allgemeinen Unheils und Niedergangs sein werde. Jedenfalls haben die Vorgänge in Frankreich an dieser dunklen Prophezeiung ihren Antheil. Interessanter aber ist eine römische Meldung, wonach Leo XIII. sich mit der Absicht trüge, die Initiative zur Ermöglichung einer internationalen Abrüstungs=Konferenz zu ergreifen. Die hochfliegenden Impulse Leos XIII. lassen einen solchen Plan nicht unmöglich erscheinen, wenngleich an der Ausführung desselben der gute Wille des Papstes voraussichtlich ebenso scheitern werde, wie das Bestreben der Friedensfreunde.
In Rußland erlitt das Ansehen Frankreichs durch den Panamaskandal schwere Einbuße. Die Zeitung "Nowoje Wremja" erklärt in einem Artikel, Frankreich habe an seiner Bündniskraft erheblich eingebüßt und könne für Rußland keine verläßliche Stütze mehr bilden Dieser Artikel des sonst so franzosenfreundlichen Blattes erregt großes Aufsehen.
In Kamerun nimmt die Unsicherheit von Person und Eigenthum beständig zu. Man schreibt dies der Unzulänglichkeit der Schutztruppe und der wenig geeigneten Persönlichkeit des jetzigen Gouverneurs, Assessors Wehlau, zu.


- Das Netz der "Herbergen zur Heimath" zieht sich erfreulicherweise auch in unserm Lande immer enger. Die letzten Jahre haben mehrfache Neugründungen solcher dem Wohle der wandernden Bevölkerung gewidmeten Anstalten gebracht. Im neuen Jahr steht die Eröffnung einer "Herberge zur Heimath" auch in den beiden Vorderstädten Güstrow und Parchim in sicherer Aussicht. Zur Zeit bestehen in den beiden Großherzogthümern Mecklenburg fünfundzwanzig "Herbergen zur Heimath" und zwar in Boizenburg, Bützow, Friedland, Grevesmühlen, Hagenow, Krakow, Ludwigslust, Malchin, Neubrandenburg, Neustrelitz, Penzlin, Plau, Ribnitz, Rostock, Schönberg, Schwaan, Schwerin, Stargard, Stavenhagen, Sternberg, Teterow, Waren, Wismar, Wittenburg, Woldegk. Unter diesen sind die Herbergen in Ludwigslust, Neubrandenburg, Rostock und Schwerin zugleich Vereinshäuser für christliche Vereine und Versammlungen; die Herbergen in Rostock und Schwerin haben auch Zimmer für Reisende mit höheren Ansprüchen. Uebrigens sind die "Herbergen zur Heimath" in Mecklenburg=Strelitz mit Naturalverpflegungsstationen verbunden, auf denen mittellose Wanderer gegen entsprechende Arbeit Nachtquartier und Verpflegung erhalten; in Mecklenburg=Schwerin fehlt es an derartiger Fürsorge für mittellose Wanderer noch ganz. Nahezu alle genannten Herbergen schließen sich zusammen als mecklenburgischer Herbergsverband, dessen Organe statutenmäßig durch die Verbandsversammlung und einen aus drei Mitgliedern bestehenden Verbandsvorstand gebildet werden.
- An Berliner Hoffestlichkeiten sind nach der "Kölln. Ztg." angesetzt: Am 15. Januar Ordensfest, 17. Jan. Kapitel vom Schwarzen Adler, 19. Jan. Cour, 21. Jan. Ball im Weißen Saal, 22. Jan. Familientafel, 23. Jan. Festtafel, 24. Jan. Familientafel bei der Kaiserin Friedrich, 25. Jan. Vermählungsfeier der Prinzessin Margarethe, am 27. Jan., dem Geburtstage des Kaisers, Festoper, 1. Febr. kleiner Hofball, 8. Febr. Opernhausball, 14. Fbr. Fastnachtsball im Weißen Saal.
- Im Mattersdorfer Walde bei Wiener=Neustadt wurden kürzlich zwei Handwerksburschen erfroren aufgefunden.
- Diejenigen, die dem Grafen Caprivi neuerdings Rückschrittsgedanken zuschreiben, scheinen - so berichtet die "Voss. Ztg.", doch die Rechnung ohne den derzeitigen Wirth des Hauses Wilhelmstraße 77 in Berlin gemacht zu haben. Wie wir hören, hat der Reichskanzler sich noch in den jüngsten Tagen mit eingehenden Plänen zur Umgestaltung des großen Gartens des Kanzlerhauses beschäftigt, dessen alte Bäume bekanntlich vom Fürsten Bismarck besonders geschätzt und gepflegt wurden. Graf Caprivi beabsichtigt Lauben anzulegen und auch die Promenadenwege zu verändern ; es liegt in seinem Wunsch künftige Brunnenkuren möglichst in Berlin in seinem Heim abzuhalten und demgemäß den Garten zur Kurpromenade zu benutzen, eine Absicht, die darauf schließen läßt, daß Graf Caprivi, mit oder ohne Militärvorlage, sich auf ein längeres Ausharren einrichtet, als seine Gegner voraussetzen.
- Von einem Feuer heimgesucht wurde Montag abend kurz vor 10 Uhr das Heimathaus der Töchter höherer Stände in der Gitschiner=Straße 104-105 zu Berlin. In einem der Schlafsäle war bei dem munteren Treiben der jungen Mädchen ein Christbaum in Brand gerathen und hatte Gardinen und dergl. ergriffen. Auch in der Exerzierstraße Nr. 7 war Montag abend ein Weihnachtsbaum die Ursache eines Feuers.
- Neben dem Panamaskandal dringt jetzt eine andere nicht minder schmutzige Affaire in Paris an die Oeffentlichkeit. Andrieux ließ durch die "Libre Parole" erklären, daß es mit dem Panamaskandal nicht sein Bewenden haben werde. Er werde demselben einen "Credit foncier=Skandal", einen "Skandal der tunesischen Schuld", einen "Militär=Lieferungs=Skandal", wobei überall Opportunisten kompromitirt werden würden, folgen lassen. Daß Andrieux auch in diesem Fall über schwerwiegendes Belastungsmaterial verfügen muß, bestätigt die Aussage des früheren Abgeordneten und gegenwärtigen Verwaltungsraths des Credit foncier=Denayrouse, wonach die Deputirten Reinach und Raynal unter Beihilfe der Regierung vom Credit foncier 300 000 Frks. für die Zeitung "Republique francaise" erpreßten. Denayrouse erklärt, den Beweis seiner Anklage durch Vorlage der Kassenbücher antreten

[ => Original lesen: 1893 Nr. 1 Seite 3]

zu wollen. Denayrouse behauptet, daß die Regierung vom Credit foncier auch sonst noch bedeutende Summen zur Bestreitung der Kosten der republikanischen Presse erpreßte. Der Untersuchungsrichter soll bereits die Vorlage der Bücher des Credit foncier angeordnet haben.
- Prinz Friedrich Karl von Hessen, der Verlobte der Prinzessin Margarethe von Preußen, gehört mit zu den reichsten Fürstlichkeiten in Deutschland. Sein Besitz soll die Summe von 125 Mill. Mark übersteigen. Wie schon früher erwähnt, ist der zukünftige Schwager des deutschen Kaisers dem Hohenzollernhause bereits durch seine Geburt nahe verwandt, denn seine Mutter, die Landgräfin Anna von Hessen, war die jüngste Tochter des Prinzen Karl von Preußen, also eine Schwester des Prinzen Friedrich Karl. Die einzige Schwester der Landgräfin Anna, die Prinzessin Luise von Preußen, vermählte sich im Jahre 1854 mit dem Landgrafen Alexis von Hessen=Philippsthal=Barchfeld; die Ehe wurde bereits im Jahre 1861 wieder geschieden. Seitdem lebte Prinzessin Luise in Wiesbaden in strengster Zurückgezogenheit und erschien nur selten am Berliner Hofe. Ihr nahes Verwandtschaftsverhältnis zu dem fürstlichen Bräutigam hat die Prinzessin jedoch veranlaßt, die Einladung des Kaisers anzunehmen, und wird dieselbe den bevorstehenden Vermählungsfeierlichkeiten beiwohnen.


Anzeigen.

Die zu Lockwisch sub Nr. III belegene Vollstelle des geisteskranken Hauswirths Heinrich Maack daselbst soll mit sämmtlichen dazu gehörigen Aeckern, Wiesen und Gebäuden und mit allem darauf zur Zeit befindlichen lebenden und todten Inventarium auf desfallsigen Antrag der Heinrich Maack'schen Curatoren öffentlich meistbietend verpachtet werden.
Zu solchem Zwecke steht vor dem unterzeichneten Amtsgerichte, als Curatelbehörde, Termin auf

Dienstag, den 17. Januar 1893
Vormittags 11 Uhr

an, zu welchem Pachtlieber mit dem Bemerken hiermit geladen werden, daß die Bedingungen auf der Gerichtsregistratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Schönberg, den 10. December 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    E. Breuel, Act.


Antragsmäßig soll über die zu Schönberg belegenen Grundstücke des Fuhrmanns Mathias Köster allhier, als:

1. Das vor der Siemzerstraße sub Nr. 143 belegene Wohnhaus c. p. und
2. die an der Moorstraße zwischen Caließ und Dan. Grevesmühl belegene neue Wiese, Parcele Nr. 3 und 4,
- welche Grundstücke einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden sollen - ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 28. Februar 1893
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hierdurch aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Meldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken owohl gegen den jetzigen, als auch die zukünftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von oer Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 13. December 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


        Mit dem 31. Dezember d. J. läuft der fünfjährige Zeitraum ab, für welchen im Jahre 1888 die Wahlmänner und Ersatzmänner zwecks Vornahme der Wahlen zur Genossenschafts=Versammlung der Berufsgenossenschaft für die Unfallversicherung der land= und forstwirthschaftlichen Arbeiter des Großherzogthums Mecklenburg=Strelitz von den Gemeindebehörden ernannt sind.
        Unter Bezugnahme auf § 2 der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Dezember 1887 (Offic. Anz. von 1887 Nr. 28) werden demnach die Behörden welche nach § 15 der Verordnung vom 31. Mai 1887 (Offic. Anz. von 1887 Nr. 12) die Funktionen der Gemeindebehörde wahrzunehmen haben - also die Großherzogliche Landvogtei, die Gutsobrigkeiten und der Magistrat der Stadt Schönberg - hierdurch aufgefordert, binnen 4 Wochen von neuem für jeden Gemeindebezirk aus der Zahl der demselben angehörigen Genossenschaftsmitglieder, resp. deren gesetzlicher Vertreter oder bevollmächtigter Betriebsleiter einen Wahlmann und einen Ersatzmann zu ernennen, auch die Ernannten der unterzeichneten Behörde bis spätestens zum 31. Januar 1893 schriftlich namhaft zu machen.
        Neustrelitz, den 23. Dezember 1892.

Großherzogliches Landes=Versicherungsamt.
v. d. Decken.


Holz=Auction.

Am Donnerstag den 5. Januar Morg. 10 Uhr sollen an Ort und Stelle im Mühlenbruch bei Sabow meistbietend verkauft werden:

        31 Rmtr. buchen Kluft.
          1 Rmtr. buchen Knüppel.
          3 Fuder buchen Pollholz.
    3 1/2 Fuder Schwarzellern Schleete.
        12 Fuder Haselbusch und Dorn.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 3.

Am Dienstag den 10. Januar Morg. 10 Uhr sollen beim Krüger Schmidt zu Ziethen nachstehende Holzsortimente bei beschränkter Concurrenz verkauft werden:

1. Aus dem Bahlen.

        1 Fuder Eichen Durchforstholz I. Cl.
      20 Fuder Eschen u. buchen Durchforstholz III. Cl. und Pollholz.
        9 Rmtr. birken und aspen Knüppel.
    124 Rmtr. Nadelholz Kluft und Knüppel.

2. Aus den Priestertannen.

        4 Fuder Eichen Pollholz.
      23 Fuder buchen Pollholz.
        4 Rmtr. birken Knüppel.

3. Aus dem Garnseerholze.

      40 Fuder buchen Durchforstholz II. u. III. Cl.
        8 Rmtr. kiefern und fichten Kluft.
      60 Rmtr. kiefern und fichten Knüppel.
  3 1/2 Fuder Nadelholz und Durchforstholz II. Cl.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 4.

Am Mittwoch den 11. Januar Morg. 10 Uhr sollen beim Krüger Jabs in Schlagsdorf bei beschränkter Concurrenz meistbietend verkauft werden:

1. Aus dem Lanckower Holz.

11 Fuder eichen Pollholz.
45 Rmtr. buchen Knüppel.
49 Fuder buchen Pollholz.
60 Rmtr. Nadelholz Knüppel.
8 Fuder Nadelholz Durchforstholz III. Cl.

2. Aus dem Schlagbrügger Holze.

  1 Rmtr. eichen Knüppel.
18 Fuder eichen starkes Durchforstholz I. Cl.
  7 Rmtr. buchen Kluft II. Cl. und Knüppel.
25 Fuder buchen Durchforstholz I., III. Cl. und Pollholz.
48 Rmtr. Nadelholz, Kluft und Knüppel.
  1 Fuder Nadelholz Durchforstholz II. Cl.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 1 Seite 4]

3. Aus dem Bruch der Försterei Schlagbrügge.

13 Rmtr. birken Kluft und Knüppel.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 5.

Am Donnerstag den 12. Januar Morgens 9 Uhr sollen in Stadt Lübeck hieselbst bei beschränkter Concurrenz verkauft werden:

Aus dem Rupensdorfer Holze.

        73 Rmtr. eichen Kluft und Knüppel.
      200 Rmtr. buchen Kluft und Knüppel.
        36 Fuder buchen Pollholz.
          4 Rmtr. birken Knüppel.
          1 Fuder starkes Ellern Wadelholz.
  22 1/2 Fuder Weidenbuschholz p. p.
        12 Rmtr. Nadelholz Knüppel.
          9 Rmtr. Nadelholz Rodestämme.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster   C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 6.

Am Freitag den 13. Januar Morg. 10 Uhr sollen beim Gastwirth Wienck zu Sülsdorf bei freier Concurrenz verkauft werden:

Aus dem Schwanbecker Zuschlage.

12 Stück Eichen Nutzholzblöcke = 11,61 Festm.
68 Stück Eichen Langholz II. Cl. = 56,65 Festm.
  Diese beiden Sortimente sind Winterfällung!
  42 Stück Eichen Wagendeichseln.
  22 Rmtr. Eichen Olm und Knüppel.
    3 Fuder Eichen Durchforstholz I. Cl.
  13 Fuder Eichen Pollholz.
  10 Stück buchen Nutzholzblöcke.
303 Rmtr. buchen Kluft I., II. Cl. und Knüppel.
  51 Fuder buchen Durchforstholz und Pollholz.
  36 Fuder ellern Wadelholz I., II. und III. Cl.
Schönberg, den 2. Januar 1893.

                                                    Der Oberförster   C. Hottelet.


Bekanntmachung.

Es vernothwendigt sich eine doppelte Hebung der Beiträge für den Möbelversicherungs=Verein für das halbe Jahr vom 1. Juli 1892 bis 1. Jan. 1893, und werden die Mitglieder gebeten, ihre Beiträge bis zum 15. Januar 1893 an die Kreisvorsteher abzugeben.

                                                    Der Vorstand.


Den Mitgliedern der eingeschriebenen Hülfscasse Nr. 3 der Maurer, Zimmerleute und Maschinenbauer zu Schönberg und Umgegend zur Nachricht, daß auf Grund der letzten Generalversammlung von Michaelis 1892 die Casse sich mit dem 31. December 1892 aufgelöst hat. Die Mitglieder, die sich noch vor dem 1. Januar krank gemeldet haben, bekommen bis statutarisch bestimmte Zeit ihr Krankengeld, wenn die Geschäfte abgewickelt sind, dann wird der Vorstand eine Versammlung bekannt machen, auf welcher Beschluß gefaßt werden wird über die übrig gebliebenen Gelder. Der Eintritt in eine andere Krankenkasse ist Sache eines Jeden für sich.

                                                    Der Vorstand.


Als vorzüglich wirkendes Mittel gegen Husten und Heiserkeit empfehle die berühmten Zwiebel=Bonbons von O. Tietze in Ramslau, in Beuteln zu 25 Pf.

                                                    J. F. Eckmann.


ff. Gauda-Käse à Pfund 60 Pf.
in Broden ca. 12 Pfund 55 Mark (Lübeck).
in ganz vorzüglicher Qualität.

Am Geschmack und Fettgehalt dem Holländischen Käse ganz gleich.

Für Wirthe sehr passend!
empfiehlt                                                    
                                                    Max C. Sass.


Gr. Siemzer Schweinegilde.
Sonntag, den 8. Januar 1893.
Vereinsball.
Anfang 7 Uhr.
Nur Mitglieder haben Zutritt.


Neues Jahr, neues Glück!

Zu der am 5. Jan. neu beginnenden

Großen Hamburger Geldverloosung

empfehlen für 1. Ziehung:

1/1 Loose à 6 M., 1/2 à 3 M. 1/4 à 1.50 M.
An Hauptgewinnen kommen folgende zur Entscheidung:

In 1. Cl. 50,000 M., in 2. 55,000, 3. 60,000 M., 4. 65,000 M., 5. 70,000 M., 6. 75,000, in 7. eventl. 500,000, spec. 300,000, 200,000, 100,000, 60,000 40,000, 30,000 M. etc.
Es bietet sich also die allergroßartigste Gewinngelegenheit, so daß Jedermann sein Glück versuchen sollte. Aufträge, welche unter Nachnahme nach allen Orten prompt ausführen, erbitten recht bald

Mindus & Marienthal,
Hamburg.


Vorläufige Anzeige!

Mitte Januar findet das 2. Abonnements=Concert statt.

                                                    J. Müller, Musikdirector.


Zu dem am Sonntag den 8. Januar hei dem Gastwirth Oldenburg stattfindenden

Ball

laden ergebenst ein

                                                    die jungen Leute.

Palingen d. 2. Januar 1892.


Es empfiehlt sich für Schönberg und Umgegend zum Kneten (Massieren) und Streichen, sowie zur Ausführung jeglicher Näherei mit Maschine und Hand in und außer dem Hause

                                                    Chr. Krenkow geb. Baer.


Heute Abend 11 1/2 Uhr entschlief sanft, nach langer, schwerer Krankheit mein lieber Mann, unser lieber Vater und Grossvater

Amtmann August Staeding
im 68. Lebensjahre.

Tiefbetrauert von den Hinterbliebenen
                                                    Elise Staeding u. Kinder.

Neuhof, den 29. December 1892.
Die Beerdigung findet Dienstag, den 3. Januar 1893 12 Uhr in Schlagsdorf statt.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 56-58 M., große Schweine 56-57 M., Sauen 42-50 M., Kälber 50-75 M. per 100 Pfund.


Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospect des bekannten Bankhauses Wilhelm Basilus in Braunschweig bei, worauf wir unsere verehrtem Leser besonders aufmerksam machen.


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 1 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 1 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 3. Januar 1893.


            Zum Neuen Jahr.

Verklungen ist der Glocken Ton
- Des alten Jahres Grabgesang -
Und brausend grüßt die Menge schon
Das neue Jahr mit Becherklang:
            Glück auf!

Wohl schleicht sich leis in jede Brust
Die schwere, bange Sorge ein:
Was wird von Elend, Leid und Lust
Der künftigen Tage Losung sein?
            Blick' auf!

Was auch das Leben wechselvoll
Im Lauf vergangener Tage bot -
Schau' nicht zurück in scheuem Groll,
Es winkt der Zukunft Morgenroth:
            Glück auf!

Und hat Dich schweres Leid bedrückt,
Hast Du gelitten, armes Herz,
Sei in der Hoffnung neu beglückt,
Das neue Jahr stillt Weh und Schmerz:
            Blick' auf!

Vertrau' auf Gott und fasse Muth!
Vergiß das ausgestand'ne Leid -
Vielleicht wird alles wieder gut,
Noch eh' Du denkst, in kurzer Zeit:
            Glück auf!

Zum Himmel richte Dich empor;
Der Friede kommt vom Sternenzelt;
Verkündet hat der Engel Chor
Es einst zum Segen aller Welt:
            Blick' auf!

O mög' das bang begrüßte Jahr
Weit öffnen Gottes Vaterhand
Und süßen Frieden bieten dar
Dir und dem teuren Vaterland:
            Glück auf!


- Der Generaladjutant des Sultans, Kumphoevener Pascha, ist nach Berlin abgereist, um mit einem eigenhändigen Schreiben des Sultans die Neujahrsgeschenke des Letzteren für den Kaiser und die Kaiserin, die kaiserlichen Kinder und die Erbprinzessin von Sachsen=Meiningen zu überbringen.
- Der Bau des Hamburger Zentralbahnhofs ist auf 34 Millionen Mark berechnet. Im Wesentlichen ist das Projekt dahin disponirt, daß der Frankfurter Bahnhof zum Muster genommen werden soll. Die Mehrkosten rechnen sich deshalb um so höher, als es sich für Hamburg um eine Ausdehnung von ca. 1000 Meter handelt. Es wird interessiren, wie sich die Bahnhofsbauten größerer Städte in den letzten Jahrzehnten berechneten: Es kostete der Zentral= und Lokalbahnhof in Frankfurt a. Main 14 850 000 Mark, Köln 24 500 000 Mk., Hannover 29 700 000 Mk., Düsseldorf 16 300 000 Mk., Halle 10 000 000 Mk., Bremen 9 500 000 Mk., Erfurt 6 200 000 Mk.. Münster 3 500 000 Mark, Hildesheim 2 650 000 Mark.
- In der Waffenniederlage eines Solinger Geschäftes zu Hamburg ließ sich am Christabend ein anständig gekleideter Herr einen Revolver vorlegen. Als sich der Verkäufer einen Augenblick abwandte, steckte der Herr eine mitgebrachte Patrone in die Kammerwalze des Revolvers, setzte diesen an die Schläfe und drückte ab. Er war sofort tot. Die Leiche wurde ins Kurhaus geschafft. Der Selbstmörder ist ein österreichischer Arzt, Dr. Mangold, der zur Cholerazeit hier thätig war. Motiv soll Nahrungssorgen sein.
- Die Militärbehörde verbot den Soldaten der Altonaer Garnison wegen der Choleragefahr das Betreten des Hamburgs Gebiets.
- Der "Reichsanzeiger" meldet: "Angesichts der Gefahr einer Einschleppung und des Aufloderns der Cholera verfügten die Minister des Innern und des Kultus, um einer neuen Verbreitung möglichst vorzubeugen, die Anzeigepflicht bei allen choleraverdächtigen Fällen und die Anordnung besonderer Mittel, um die rechtzeitige Anzeige möglichst zu sichern.
- In Hamburg war infolge erneuter Cholerafurcht im Inlande der private kaufmännische Weihnachtsversandt trostlos, die Ladenverkäufe ebenfalls unbedeutend. Viele Zahlungseinstellungen werden nach Neujahr befürchtet. Manche Geschäfte siedeln nach Bremen, Hannover und Berlin über.
- Wegen der wiederholt vorgekommenen Hamburger Cholerafälle werden die nach Hamburg und Altona beurlaubten Soldaten bei ihrer Rückkehr in die Garnison als choleraverdächtig unter ärztliche Beobachtung gestellt.
- 26 Jahre lang hat der Schmied Adam Abel aus Braunsfeld, der im Jahr 1866 bei den preußischen Kürassieren stand, die Spitze seines eigenen Säbels in der Brust herumgetragen. Das kam so: In der Schlacht bei Königgrätz zerschmetterte ihm ein Granatsplitter den Säbel und verwundete Abel schwer. Er genas aber wieder, nachdem ihm der Granatsplitter auf operativem Weg entfernt worden war und machte 1870/71 den Krieg gegen Frankreich mit, aus dem er unverletzt heimkehrte. Er ging wieder seinem Beruf nach; da verspürte er plötzlich vor etwa einem halben Jahr an seiner Brust in der Nähe seiner früheren Wunde Schmerzen, und bald bildete sich eine zunehmende Geschwulst, die ihn nöthigte, im Kölner Bürgerspital ärztliche Hilfe zu suchen. Dort öffnete man am 20. d. M. die Geschwulst und holte aus ihr die scharfe, 33 Millimeter lange Spitze des Kürassiersäbels heraus, die ihm in der Schlacht von Königgrätz in die Brust gedrungen war, als der Granatsplitter den Säbel in der Faust zertrümmerte. Die Genesung des alten Soldaten ist nun nur noch eine Frage weniger Tage.
- In Bokellen (Litthauen) starb vor einigen Tagen eine Frau in dem hohen Alter von 99 1/2 Jahren. Trotz dieses gewiß seltenen Alters hatte die Frau noch glänzend schwarzes Haar, daß auch nicht von einem einzigen weißen Faden durchzogen war. Sie war bis kurz vor ihrem Tode noch recht rüstig und hat täglich ihre regelmäßigen, ziemlich weiten Spaziergänge gemacht. Der jüngste ihrer "Jungen" ist siebzig Jahre alt, ein noch rüstiger Instmann.
- Der Zonentarif besteht jetzt in Ungarn drei Jahre. Um die Bedeutung dieses Systems zur vollen Würdigung zu bringen, veröffentlicht die "Frankfurter Zeitung" eine Uebersicht der Entwickelung des Personenverkehrs in Ungarn vor und nach der Einführung des Zonentarifs seit dem Jahre 1884. Die Zahl der beförderten Reisenden betrug, abgerundet:

1884: 6,900,000 vor der Einführung des Zonentarifs.
1885: 7,600,000 vor der Einführung des Zonentarifs.
1886: 7,000,000 vor der Einführung des Zonentarifs.
1887: 6,200,000 vor der Einführung des Zonentarifs.
1888: 6,100,000 vor der Einführung des Zonentarifs.
Also vor der Einführung des Zonentarifs offenbare Versumpfung, ja sogar Rückgang des Personenverkehrs. Mit den Einnahmen steht es natürlich für die Jahre 1884-1888 genau ebenso. Die Zahlen schwanken zwischen 9 1/2 Mill. und 10 2/3 Mill. fl. Dagegen betrug die Zahl der Personen: im 1. Zonentarifjahr 16,200,000, im 2. Zonentarifjahr 19,000,000, und soeben veröffentlicht die königliche ungarische Staatsbahndirektion die geradezu verblüffende Ziffer des Personenverkehrs für das 3. Zonentarifjahr (vom 1. August 1891 bis 31. Juli

[ => Original lesen: 1893 Nr. 1 Seite 6]

1892): 28,300,000 Reisende! Der Personenverkehr hat sich also seit Einführung des Zonentarifs um rund 464 Prozent gesteigert! Die Einnahme die im letzten Jahr vor dem Zonentarif nur 9,705,000 fl. betrug, hat im 3. Zonentarifjahr betragen: 18 Mill. 320,000 Gulden, also fast eine Steigerung von 100 Prozent!
- Zwei Eisenbahnzüge, ein Vieh= und ein Güterzug, stießen bei Eberswalde zusammen. Der aus 40 Achsen bestehende Viehzug stand zur Abfahrt nach Berlin auf dem Güterbahnhofe in Eberswalde bereit, als auf demselben Gleise ein ebenfalls nach Berlin fahrender Güterzug, von Stettin kommend, nahte. Ordnungsgemäß war für den letzten Train das Haltesignal gegeben worden, die Bremsen wurden auch angezogen, wirkten jedoch nicht ordentlich, und der Güterzug fuhr mit solcher Gewalt auf den hintersten Waggon des Viehtransports, daß acht Wagen des Viehzuges zertrümmert wurden; die Maschine des Güterzuges arbeitete sich derartig in den letzten Wagen hinein, daß in dem Viehzuge befindliche Thiere - eine große Anzahl Hammel -samt und sonders zermalmt wurden. Auch in den übrigen Wagen sind viele Thiere getötet worden. Der Güterzug hat ebenfalls bedeutenden Schaden erlitten, der Packwagen, in welchem sich der Zugführer befand, ist mitten durchgebrochen und der Beamte mußte aus den Trümmern und Balken mit einem Beile herausgehauen werden. Sonst ist kein Unfall irgend eines Beamten bekannt geworden.
- Von den vielen Blüchergeschichten, die zur Feier seines 150jährigen Geburtstages zu neuem Leben erweckt wurden, sei hier eine der am wenigsten bekannten und denkwürdigsten zugleich, die wir in der "Deutschen Romanztg." veröffentlicht finden, wiedergegeben. Als Napoleon am 29. Juni 1815 dem Throne zu Gunsten seines Sohnes entsagt hatte, ernannten die eingesetzten Regierungsverweser den Marschall Davoust zum Oberbefehlshaber der französischen Truppen. Dieser erließ am 30. Juni an den Marschall Fürsten Blücher ein Schreiben, worin er ihm mittheilte, die verbündeten Mächte hätten bereits erklärt, durch Napoleons Thronentsagung sei die Ursache des Krieges hinweggeräumt, mit Oesterreich sei ein Waffenstillstand abgeschlossen, und er (Blücher) würde von der ganzen Welt eine große Verantwortlichkeit auf sich laden, wen er trotzdem noch die Feindseligkeiten fortsetzen wollte. Als der alte Marschall Vorwärts die französische Epistel gelesen, verfinsterte sich sein Gesicht nicht wenig. Er rief seinen alten Genossen Gneisenau und dictirte ihm eine Erwiderung an Davoust, in der es hieß: "Mein Herr Marschall! Es ist irrig, daß zwischen den verbündeten Mächten und Frankreich alle Ursachen zum Krieg aufgehört, weil Napoleon dem Throne entsagt habe; dieser hat nur bedingungsweise entsagt, zu Gunsten seines Sohnes, und der Beschluß der vereinigten Mächte schließt nicht allein Napoleon, sondern auch alle Mitglieder seiner Familie vom Throne aus. Wir verfolgen unseren Sieg und Gott hat uns Mittel und Willen dazu verliehen. Sehen sie zu, Herr Marschall, wie Sie thun, und stürzen Sie nicht abermals eine Stadt ins Verderben. Wollen sie die Verwünschungen von Paris ebenso wie die von Hamburg auf sich laden? Nur in Paris kann ein zuverlässiger Waffenstillstand Platz haben. Ich mache Ihnen, Herr Marschall, übrigens bemerklich, daß, wenn Sie mit uns unterhandeln wollen, es sonderbar ist, daß Sie unsere mit Briefen und Aufträgen gesendeten Officiere gegen das Völkerrecht zurückhalten." - Als Gneisenau dies geschrieben hatte, sagte Blücher zu ihm: "Nanu, geben Sie mal Ihre Feder her! Nu will ich meinen Namen drunter schreiben, und dann schicken wir meinen Liebesbrief ab." - "Durchlaucht vergessen," erwiderte Gneisenau, daß ich den Brief erst ins Französische übersetzen muß?" - "Was? Sie wollen den Brief erst ins Französische übersetzen?" rief Blücher verblüfft. - "Natürlich, Durchlaucht, wir können doch einem Franzosen nicht zumuten, daß er einen deutschen Brief verstehen soll!" "Na, und warum können wir ihm das nicht zumuthen?" schrie der alte Feldmarschall, dem die Zornesröthe ins Gesicht gestiegen, "Herr Gott im Himmel, was sind wir Deutsche doch immer für demüthige Fuchsschwänzer und unthänigste Duckmäuser! Wir können anderen Völkern nicht zumuthen, daß sie unsere Sprache kennen, um uns zu verstehen, darum lernen wir gehorsamst ihre Sprache, um sie zu verstehen. Ich frage Sie, in welcher Sprache hat Davoust an mich geschrieben?" - "Nun natürlich in französischer Sprache, Durchlaucht!" - "So das finden Sie natürlich, daß der Franzose an einen Ausländer, an einen Deutschen in französischer Sprache schreibt - der Franzose hat das Recht dazu? Na, dann habe ich auch das Recht, ihm in meiner Sprache zu antworten! Er mag meinetwegen vornehm die Nase rümpfen, und sagen: "Der Kerl, der Blücher, ist so dumm, daß er nicht einmal das Französische versteht und mir in seiner Muttersprache schreibt." Ich rümpfe auch die Nase und sage: "Der Kerl der Davoust, ist so dumm, daß er nicht einmal deutsch versteht und in seiner Muttersprache schreibt!" So und damit basta!" - Der Brief ging deutsch ab. Davoust schimpfte allerdings nicht wenig über den ungeleckten Bären Blücher.
- Die Eröffnung der ersten protestantischen Kirche in Madrid erfolgte am 1. Weihnachtstage trotz der klerikalen Agitation ohne erheblichen Zwischenfall. Militär hielt alle Straßen in der Umgebung der Kirche besetzt. Vor der letzteren versuchten mehrere Hundert verhetzte Ultramontane eine feindliche Kundgebung, wurden jedoch von den Liberalen verjagt. Bis zur letzten Stunde versuchte der Klerus die Eröffnung der Kirche zu hintertreiben. Sechzig Damen des höchsten Adels hatten noch Sonnabend eine Audienz bei der Königin, welche auf die Verfassung hinwies. Der Madrider Bischof veranstaltete eine katholische Prozession zur Sühne für die Entweihung des spanischen Bodens. Diese dürfte jedoch von Sagasta verboten werden.
- Gräfin Virginia de Mouléon, die Gemahlin des Generallieutenants von Mouléon und Hofdame der Infantin Isabel, stürzte sich am Dienstag abend in Madrid, kurz nachdem sie von der Königin=Regentin und der Infantin in Audienz empfangen worden war, aus dem Flurfenster des 5. Stockwerks eines Hauses in der Gascastraße auf eine mit Steinfliesen belegte Terrasse. Die etwa 40 Jahre alte Dame soll den Selbstmord in einem Anfalle von Trübsinn begangen haben.
- Großes Aufsehen erregte in St. Petersburg die Verhaftung von neun Officiren der Kiewer Garnison. Die Verhaftung wird mit der Entdeckung eines Komplotts in Verbindung gebracht.
- Zahnmittel. Das beste Mittel zum reinigen der Zähne ist ein guter Branntwein - Korn= oder Franzbranntwein, Rum etc. - Dieser tötet die sogenannten Zahntiercheii, welche hauptsächlich das Verderben der Zähne veranlassen, während Zahnpulver gegen dieselben ganz unwirksam ist. Wenn der einfache Branntwein nicht genügt, kann man demselben einige Tropfen Pfeffermünz= oder Nelken=Oel, etwas Löffelkraut= oder Myrrhenspiritus u. s. w. zusetzen. Ein noch einfacheres Mittel um die Zähne rein und weiß zu erhalten und die Zahnthierchen zu töten ist Seife. Sie hat aber für manche Personen etwas unangenehmes und der tägliche Gebrauch derselben ist nicht anzuraten, weil sie wegen ihrer Schärfe leicht die Zähne angreift. Die im Handel vorkommenden Zahnseifen bestehen aus einfacher weißer Seife, die mit etwas Pfeffermünz= oder Nelkenöl versetzt ist.
- In New=York wurde der berühmte Rennhengst "Stamboul", welcher eine englische Meile in 2 Minuten 7 1/2 Sekunden zurückgelegt hat, für 41 000 Dollar gleich 172 000 M. versteigert.
- Der der Orientlinie angehörende Dampfer "Ophir" hat die bisher kürzeste Reise zwischen England und Australien beendet. Der Dampfer verließ am 5. November Albany und beendete seine Fahrt inkl. allen Aufenthaltes in 28 Tagen 10 Stunden, sodaß er am 4. Dezember in Plymouth ankam.


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