No. 93
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 25. November
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 93 Seite 1]

Die vom Kaiser bei Eröffnung des Reichstags verlesene Thronrede erwähnt die unbefriedigte allgemeine wirthschaftliche Lage und weist dann auf die gesegnete Ernte dieses Jahres hin, sowie auf die erfolgreichen Bemühungen der Reichsregierung, der deutschen Arbeit neue Absatzwege zu verschaffen. Bei allseitig freundlichen Beziehungen und im Bewußtsein der Unterstützung der verbündeten Staaten dürfe man hoffen, daß Deutschland in seinen friedlichen Bestrebungen nicht gestört werde. Gleichwohl verlange die Lage die weitere Entwickelung unserer Wehrkraft und dazu sei die weitere Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht erforderlich. Daraufhin werde dem Reichstag eine Vorlage betreffend die anderweitige Regelung der Friedenspräsenzstärke des Heeres unter voller Ausnützung der allgemeinen Wehrkraft vorgelegt werden. Die Regierung verkenne nicht die Größe der zu bringenden Opfer, die Bundesstaaten würden aber unbeachtet der nicht unerheblichen Mehrausgaben in den Ueberweisungen seitens des Reiches mehr als ausreichende Deckung für die Matrikularbeiträge empfangen.
Der Reichskanzler dachte im Reichstag zwei Militair=Vorlagen über Aenderung der Ersatzvertheilung und Feststellung der Friedenspräsenzstärke ein. In seiner Begründung hebt derselbe hervor, daß hierbei das Wohl Deutschlands in Frage komme. Die Wirkung beginne im Jahre 1893 bez. 1895. Länger zu warten, sei unmöglich. Jede Schwarzmalerei sei unnöthig. Deutschland lebe mit allen seinen Nachbarn im Frieden. Bei der Vorlage komme es auf möglichste Vergrößerung der Rekrutenzahl an. Die Frage sei, was man der Landwehr zumuthen dürfe, nicht was sie leiste. Der Name Landwehrmann sei ein Ehrenname. Der geforderte Betrag sei 58 Millionen, was pro Kopf jährlich 102 Pfennig ausmache. Die Vorlage wolle die allgemeine Wehrpflicht strenger durchführen und zur zweijährigen Dienstzeit für Fußtruppen übergehen. Eine Aenderung der Reichsverfassung wolle die Vorlage nicht. Auswärtige Staaten hätten seit 1870 gut gerüstet. Frankreich habe nicht bloß die Armee vergrößert, sondern auch für den Vertheidigungskrieg eine großartige Organisation. Uebergehend auf die vielbesprochene Emser Depeschenfälschung sagte Graf Caprivi: Deutschland war von Frankreich provocirt, Fürst Bismarck habe keine Depeschen gefälscht. Der Reichskanzler verliest die echte Emser Depesche und die Depesche Bismarcks, Diese Darlegung sei nothwendig gerade jetzt, damit das Land sieht, auch vor 22 Jahren sei Deutschland nicht provokatorisch gewesen. Frankreich werde nie aufhören, eine Revision der Karte an der Ostgrenze zu verlangen und suche Bundesgenossen. Zwischen Deutschland und Rußland sei kein realer Streitgrund vorhanden. Der Zar sei voller Friedensliebe. Die Lage sei gegenwärtig nicht bedrohlich.
Zur Militärvorlage verlautet jetzt bestimmt, daß der Reichskanzler die Abschrift einer kürzlich vereinbarten russisch=französischen Militärkonvention in Händen habe und darauf hin hoffte die neue Militärvorlage durchsetzen zu können. Das Aktenstück soll selbstredend nur einer Vertrauenskommission des Reichstages bekannt gegeben werden.
Nach der vom Bureau des Reichstages aus gegebenen Fraktionsliste werden die Parteien in die neue Session in folgender Stärke eintreten: Deutsch=Konservative 66, Frei=Konservative 18, Centrum 107, Polen 16, Nationalliberale 42, Freisinnige 67, Volkspartei 10, Sozialdemokraten 36, bei keiner Fraktion 30. Erledigt sind 5 Mandate nämlich 8. Düsseldorf, 4. Köln, 1. Marienwerder, 1. Frankfurt, 5. Schwaben.
Dem bayerischen Antrag im Bundesrath über die Beschränkung des Gewerbebetriebes im Umherziehen ist eine interressante statistische Uebersicht über die Zahl der für das Reich in dem fünfjährigen Zeitraum von 1884 bis 1889 ausgestellten Hausirscheine, Legitimationskarten und Gewerbelegitimationskarten für Handlungsreisende beigegeben. Daraus geht hervor, daß in dem gedachten Zeitraum die Zahl der Hausirscheine von 212 314 auf 226 511, die Zahl der Legitimationskarten für Handelsreisende von 45 016 auf 56 119 gestiegen ist.
Der Besuch des Kaisers am königl. sächsischen Hof wird, wie nunmehr feststeht, am 2. Dezember nachmittags erfolgen. Der Kaiser wird nach dem bisherigen Plan am Abend des 2. Dezember das königliche Hoftheater besuchen, in der Villa Strehlen übernachten und am 3. Dezember an einer Hofjagd in Moritzburg theilnehmen. Bereits am Abend des 3. Dezember soll die Rückkehr nach Berlin erfolgen. Empfangsfeierlichkeiten unterbleiben, da der Besuch ein privater ist.
Die internationale Münzkonferenz in Brüssel soll am nächsten Dienstag ihre erste Sitzung abhalten. Vertreten werden alle europäischen Großmächte sein.
Die in den Panama=Angelegenheiten kompromittirten Personen, Lesseps Vater und Sohn, Cottu, Eiffel und Baron Reinach, sind auf den 24. d. M. vor den Appelationsgerichtshof zu Paris geladen. Baron Reinach, welcher mit der Zeitungs=Reklame betraut war, wird beschuldigt, einzelne Journalleiter und Parlamentarier bestochen zu haben. Der Prozeß wird voraussichtlich viel Schmutz an das Tageslicht bringen.


- Schönberg. Das Konzert des Herrn Musik=Direktor Müller aus Wismar mit seiner städtischen Kapelle war außerordentlich gut besucht. Das Konzertprogramm war gut gewählt; es enthielt mehrere Nummern guter Musik, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, und einige Nummern leichter Musik, sodaß es für alle Konzertbesucher etwas bot. Die Einlage war passend gewählt, denn wer hört nicht einen frischen, fröhlichen Walzer von Strauß (Dem Vater) gerne. - Was die Leistungen der Kapelle betrifft, so können wir nicht unerwähnt lassen, daß die älteren Leute meistens frühere Schüler und die Hälfte der Kapelle noch jetzige Schüler des Dirigenten sind. - Wenn wir solches mit in Anrechnung bringen, so müssen wir doch sagen, daß die Leute alles Mögliche leisteten, und wir das Konzert als ein durchaus gelungenes bezeichnen können. Der junge Posaunenbläser wird gewiß noch ein sehr tüchtiger Musiker auf seinem Instrumente; der Konzertmeister Hopfe spielte seine Geige sehr brav

[ => Original lesen: 1892 Nr. 93 Seite 2]

und bereitete uns einen Kunstgenuß. Schade, daß das Konzert für Violine von Beriot wegen des Zerreißens einer Saite der Geige abgekürzt werden mußte. Herr Musikdirektor Müller hat durch dieses Konzert bewiesen, daß er ein tüchtiger Musiklehrer und ein durchaus umsichtiger Dirigent ist. Durch Auge und Taktstock leitete er seine Kapelle so ausgezeichnet, daß Unpünktlichkeiten nicht vorkommen konnten. C.
- Schönberg. In dem am 22. Nov. abgehaltenen Zwangsversteigerungstermin des Schmiedemeister Griem'schen Gehöfts, zu welchem ca. 108 Scheffel Aussaat Acker und Wiesen gehören, blieb der Landmann Eckmann hieselbst mit 24 700 M. am Meistgebot.
- Die Haussuchungen, welche vor einigen Tagen in den Wohnungen Berliner Anarchisten stattfanden, führten zur Verhaftung von acht Personen. Unter ihnen befinden sich die Begründer des neu erschienenen und sofort von der Polizei beschlagnahmten anarchistischen Blattes. Die gegen die Verhafteten vorliegende Anklagebeweise sind außerordentlich schwerwiegender Natur; sie sollen mit ausländischen Genossen geheime Beziehungen kompromittierender Art unterhalten haben.
- Vor einigen Tagen meldete sich in Bielefeld bei der Staatsanwaltschaft ein angeblich aus Billerbeck bei Coesfeld, Kreis Münster, gebürtiger Mann und gab an, daß er vor 20 Jahren seine eigene Mutter erdrosselt habe. Natürlich wurde der angebliche Mörder sofort in Haft genommen.
- Der Kommandeur der 31. Infanterie=Brigade, Generalmajor v. Stuckrad in Trier, fand am Sonnabend ein unerwartetes schreckliches Ende. Wohlgemut verließ er seine Familie, um vor Beginn des Dienstes einen Spazierritt zu unternehmen. Beim Nachhausereiten wollte er das Pferd rasch wenden, aber dieses scheint vor einem Gegenstand gescheut zu haben und warf mit einem gewaltigen Seitensprung den Reiter mit der Stirne an den vorspringenden Ast eines Apfelbaumes. Die Wirkung war eine fürchterliche. Die ganze linke Schädelseite wurde zertrümmert; blutüberströmt stürzte der General vom Pferde, das den Unglücklichen etwa noch 30 Schritt weiterschleifte. Dort fand ihn ein rasch hinzugeeilter Förster in den letzten Zügen. Die herbeigerufenen Aerzte konnten nur den Tod des Generals feststellen. Die Leiche wurde in das Garnisonslazarett und abends in die Wohnung des Verunglückten überführt, v. Stuckrad, ein begabter, vielversprechender Offizier, stand erst im 52. Lebensjahr.
- Auf dem Schlachtfelde des 6. August, den Spicherer Höhen, waren seit einigen Wochen die vielen Einzelgräber geöffnet und die Gebeine und sonstigen Ueberbleibsel, Uniformstücke, Kugeln, die noch in den Knochen saßen, Münzen, Uhren die mit daraus entfernt waren, weil die Unterbringung der Leichenreste in einem gemeinsamen Grabe sich mit der Zeit als nothwendig herausgestellt hatte. Vom Dorfe Spichern aus setzte sich am 20. d. Nachmittags der Trauerzug in Bewegung. Die Kisten standen auf einem mit 4 Pferden bespannten Trauerwagen und waren mit Kränzen bedeckt. Das Musik=Corps des 10. Infanterieregiments schritt an der Spitze, und die Ehrencompagnie, die vom 17. Infanterie=Regiment gestellt war, folgte dem Wagen, hinter dem das Officierkorps aus Forbach und Saarbrücken, die Spitzen der Civilbehörden, Vereine und Hunderte aus den Kreisen der Bürger hergingen. Am sogenannten rothen Berge wurden fünf Kisten eingesenkt. Die Schuljugend von Spichern und der Männerchor von Forbach sangen Trauerlieder. Von der Ehrencompagnie wurden drei Salven abgegeben. Die gleiche Feier wiederholte sich in der Nähe des Denkmals der 40er, wo in einem zweiten Massengrabe die übrigen Kisten der Erde übergeben wurden. Hier hielt auch Oberstlieutenant Selweling eine Ansprache, in welcher er der gefallenen Braven und des glorreichen Sieges vom 6. August preisend gedachte.
- Am Sonnabend hat die Eröffnung des Crematoriums auf dem Hamburger Zentralfriedhof durch Verbrennung der ersten Leiche stattgefunden. Von einer größeren Feierlichkeit war Abstand genommen worden.
- Der Senat von Hamburg erläßt eine Bekanntmachung, worin er Allen, die zur Bekämpfung der Choleraseuche beigetragen haben, namentliche auch für die von auswärts geleistete reiche Hilfe durch Hilfscomites, Aerzte, Krankenpfleger, den herzlichsten Dank ausspricht und gleichzeitig anordnet, daß am Bußtag, den 25. November, in allen Kirchen des Hamburger Staatsgebietes ein allgemeines Dankfest stattfinden soll.
- Auch in Hamburg und Altona haben dieser Tage zahlreiche Haussuchungen nach anarchistischen Verbindungen stattgefunden. Verschiedene verdächtige Personen sind verhaftet worden.
- Der Kaiser hat sich, wie die "Berliner Börsen=Zeitung" mittheilt, in der Uniform der Leibkürassire König Friedrichs des Großen, weiß und dunkelblau mit Silber, mit dem bekannten großen weißplümirten dreieckigen Tressenhut auf der weißen Perrücke, in verschiedenen Stellungen in einem Berliner Atelier photographiren lassen. Auf anderen Bildern sieht man den Kaiser als Friedrich den Großen inmitten der Generale des Alten Fritz, die durch die Flügeladjutanten Oberst v. Lippe, Oberst v. Kessel, Oberstlieutenant v. Scholl und die Majors v. Moltke, v. Hülsen und v. Seckendorff dargestellt sind. Die Uniformen sind mit allem Reichtum der Stickerei, nach Adolf Menzel treu bis auf alle Details der Uniformen der militärischen Umgebung Friedrichs des Großen ausgeführt.
- Der Herzog Ludwig in Bayern vermählte sich am Sonnabend in München mit Frl. Antonie Barth. Herzog Ludwig, geb. am 21. Juni 1831, der zu Gunsten seines Bruders Karl Theodor s. Z. dem Successionsrechte im Majorat entsagte, war morganatisch vermählt mit Henriette Freifrau von Wallersee, geb. Mendel, die am 12. November 1891 verstorben ist.
- Der Vorstand des deutschen Kriegerbundes veröffentlicht im Namen von einer Million alter Soldaten einen Protest gegen die Ausführungen des Militärwochenblattes über die Landwehr.
- Ende dieses Monats wird, wie die "Zukunft" mittheilt, Fürst Bismarck, dessen Gesundheitszustand vortrefflich ist, von Varzin auf dem Wege über Berlin nach Friedrichsruh übersiedeln.
- Bei Süderhastedt wurde ein Bäckergeselle aus der Rheinprovinz bei einem Fluchtversuch von einem Gendarmen erschossen.
- Zu dem Kapitel der merkwürdigen Inschriften gehört ein dichterischer Erguß, der sich auf einem Grabkreuze des Rahnsdorfer Kirchhofes befindet und über einen im Jahre 1863 auf dem Müggelsee stattgehabten Unfall Aufschluß giebt. Er lautet: Das Wasser war mein Sterbebette, am Abend war mein letzter Tag. Vergebens rief ich: Rette, rette! Weil niemand mich ertrinken sah. So schlief ich denn in Angst und Pein, So nach und nach im Wasser ein!"
- Elbinger Wurst. In der Schlachthausordnung zu Elbing findet sich folgender Paragraph: "Der Inhalt der Gedärme, sowie das Blut der geschlachteten Thiere dürfen aus der Schlachthaus=Anlage nicht mit fortgenommen werden. Eine Ausnahme findet nur zu Gunsten der Wurstbereitung und für den Haushaltsbedarf statt." Bewahre der Himmel jeden guten Menschen vor zukünftiger Elbinger Wurst!
- Die ländliche Bevölkerung im südlichen Bessarabien befindet sich in einer sehr traurigen Lage. Es herrscht nicht nur völliger Mangel an Saatfrucht, sondern es sind überdies mehr als 20 000 Individuen von allen Mitteln entblößt. An die Regierung wurde die dringende Bitte gerichtet, durch Geldunterstützungen helfend einzugreifen.
- Eine bewaldete schwimmende Insel im Nordatlantischen Ozean wird von den amerikanischen Seebehörden als Gefahr für die Schiffahrt signalisiert. Ein Stück der amerikanischen Küste mit Flächeninhalt von etwa 10 Aren hat sich losgelöst und treibt jetzt als Insel im Ozean herum, wo die auf derselben befindlichen Bäume 30 Fuß über dem Wasserspiegel herausragen und auf 7 Seemeilen weit sichtbar sind. Eine Strömung treibt die Insel mit einer Geschwindigkeit von einer Seemeile in der Stunde der großen transatlantischen Dampferfahrstraße zu. Es ist nicht unmöglich, daß das Stück amerikanischen Urwaldes an der europäischen Küste landet.
- Ein Distanzritt der Kuhhirten. Aus Waverly (Nordamerika) wird geschrieben: Der Ruhm der österreichischen und deutschen Distanzreiter läßt die

[ => Original lesen: 1892 Nr. 93 Seite 3]

Kuhhirten der amerikanischen Prairie nicht schlafen. Sie wollen nicht zugeben, daß auf dem Gebiete des Sports Nichtamerikaner an der Spitze der Nationen stehen. Einige Hundert Kuhhirten im County Dawes in Nebraska werden nächstes Jahr - majorem gloriam der Kolumbus'schen Weltausstellung - von dem Städtchen Chadron aus bis zu dem Gebäude, das der Staat Nebraska auf dem Ausstellungsplatze hat errichten lassen, ein Dauerwettreiten unternehmen. Der zu durchmessende Raum ist mehr als doppelt so groß, als die Entfernung zwischen Berlin und Wien. Es ist jedem Theilnehmer gestattet, sich so vieler Pferde zu bedienen, wie er für nötig hält. Somit wird dieser amerikanische Distanzritt mehr eine Probe der Leistungsfähigkeit der Reiter als der Pferde sein. Der Hauptpreis für den Mitte Mai beginnenden Ritt beträgt 1000 Doll. und eine goldene Medaille.
- Der alte Guhrauer, jener mehrfache Millionär in Berlin, der der Ermordung durch sein eigenes Dienstmädchen und deren Komplizen vor mehr als Jahresfrist kaum entging, ist in der Mittwoch=Nacht nach schwerem Todeskampfe an Altersschwäche gestorben. In sein ungeheures Vermögen, das auf etwa 10 bis 15 Millionen Mark geschätzt wird theilen sich drei Erben, darunter zwei Berliner Rechtsanwälte. Seit jenem Mordanschlag hat sich Guhrauer nie wieder erholen können, er kränkelte fortgesetzt; seit ca. 4 Wochen war der 75jährige Mann bettlägerig und trotz aufopfernder Pflege, die ihm zu Theil wurde, verschied er am Mittwoch morgen gegen 3 1/2 Uhr. Als 14jähriger Bursche war er s. Z. von Bojanowo im Großherzogthum Posen, wo er geboren ist, nach Berlin gekommen und ging hier hausieren; er erhungerte sich ein kleines Kapital, welches er so geschickt zu benutzen verstand, daß er kolossale Gewinne erzielte. Da der Mann keine Bedürfnisse hatte, Vergnügen und Wohlleben nicht kannte und die Gründerzeit und das Emporblühen Berlins auszunützen verstand, so wurde er bald reich. Als sich G., der in den Kreisen der jeunesse dorée Berlins eine bekannte Persönlichkeit war, vom "Geschäft" vor etwa 6 Jahren zurückzog, hatte er ein Vermögen erlangt, so groß, wie es wohl die Wenigsten bei dem ärmlich, fast bettelhaft gekleideten Mann vermutet hätten. Bekannt ist es daß der Millionär schon seit 15 Jahren zu Haus als fast einziges Kleidungsstück einen - Schlafrock trug, der in Fetzen herunterhing. Wie er seine Dienstmädchen einer langsamen, aber sicheren Hungerkur unterwarf, ist in dem Prozeß Guhrauer zu Tage getreten. Wie der Millionär gelebt, so ist er auch gestorben. Als Guhrauer in den letzten Zügen lag, so erzählen sich die Hausbewohner, ließ er sein Bett dicht an den großen Geldschrank, in dem die Millionen aufgespeichert waren, rücken und sich die Thür desselben noch einmal aufschließen, um sich an dem blinkenden Golde zu weiden. Dann ließ er den Geldschrank wieder zuschließen und sich den Schlüssel in die Hand geben; so denselben krampfhaft umklammert haltend, ist G., von niemand betrauert, gestorben.


Anzeigen.

Im Einverständnisse mit dem Sequester der dem Hauswirth Asmus Kols zu Grieben gehörigen Halbstelle will ich die zur Immobiliarmasse des gedachten Grundstücks gehörigen

beiden zweieinhalbjährigen Füllen

öffentlich meistbietend verkaufen und beraume dieserhalb auf der Kolsschen Halbstelle zu Grieben einen einmaligen Versteigerungstermin auf

Mittwoch, den 30. ds. Mts.
Nachmittags 4 Uhr

an. Die Besichtigung der Füllen ist nach zuvoriger Meldung bei dem Sequester, Herrn Hauswirth Heinr. Bruhn sen. zu Grieben jederzeit gestattet.
Schönberg, den 22. November 1892.

Der Concursverwalter.
Dr. jur. Ch. Lange, Rechtsanwalt.


Am Donnerstag den 1. December d. J., Nachmittags 1 1/2 Uhr werde ich auf der Vollstelle der Frau Kols zu Grieben einen Diemen Weizenstroh - 5-6 Fuder - öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung versteigern lassen.

Der Sequester.
H. Greve.


Holz=Auction Nr. 1.

Am Dienstag, den 29. November Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

a. Aus den Lenschower Tannen.

71 Stück tannen Kiepenhölzer etc.
70 Rmt. tannen Kluft
32 Rmt. tannen Knüppel
46 Rmt. tannen Rodestämme

b. Aus dem Pellmoor.

32 Rmt. Eichen Knüppel 1. Cl.
20 Rmt. Eichen Knüppel 2. Cl.
Schönberg, den 20. November 1892.

                                                    Der Oberförster.
                                                    C. Hottelett.


Oeffentliche Zwangsversteigerung.

Mittwoch, den 30. November d. J. Vormittags 9 Uhr beginnend, sollen in Klocksdorf:

2 kleine Pferde, 1 mittelgroßes Schwein, 3 Stand Bienen, 3 Wagen, 1 Decimalwaage, 1 Kornrummel, 1 Häcksellade, ca. 3 Fuder Heu und Stroh und etwas ungedroschener Hafer, 20 Sack Kartoffeln, ein Rest Pflanzkartoffeln, Runkelrüben, Brennholz und alte Bauhölzer, Kisten, Tonnen und Fässer, Pferdesielen, Tische, Stühle und Bänke, auch verschiedene Materialwaaren, Fayance= und irdenes Geräte eine Ladeneinrichtung und vieles mehr,
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 24. November 1892.

                                                    Staffeld, Gerichtsvollzieher.


Holz=Auction.
Am Mittwoch, d. 30. N ovember a. c.

Vormittags 10 Uhr anfangend, werden im Kaiserhof Untertrave Nr. 104 öffentlich meistbietend von mir versteigert:

ca. 3000 Zw. ebenk. und Wahlbretter

lagernd auf der Lastadie hieselbst Platz 1, 6 und 8.
Verzeichnisse an meinem Comtoir Breite Str. 18 zu haben.
Lübeck, den 21. Novbr. 1892.

                                                    Emil Tesschau,
                                                    beeidigter Auctionator.


Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung Großherzoglicher hoher Landes=Regierung vom 8. d. M. - Offizieller Anzeiger Nr. 31 - gestatte ich mir ergebenst anzuzeigen, daß die ordentliche Contribution von mir an den Hebungstagen nur Nachmittags von 1 bis 3 Uhr entgegengenommen werden wird.
Schönberg, den 14. November 1892.

                                                    H. Spieckermann,
                                                    Amtsverwalter.


Knorrs Hafer- und Gerstenmehl
Knorrs Erbswurst
Knorrs Erbssuppe
Knorrs Grünkernsuppe
Knorrs Kartoffelsuppe
Knorrs Reis-Juliennesuppe
Knorrs Tapoika-Juliennesuppe
Knorrs Currysuppe
Knorrs Mocturtlesuppe
Knorrs Julienne-Bouillonsuppe

    empfiehlt
                                                    Aug. Spehr.


Flüssigen Bouillonextract
empfiehlt in Blechflaschen à 1 Mk., 2 Mk. u. 3,80 M.
                                                    Aug. Spehr.


Grüne Kocherbsen
empfiehlt                                                    
                                                    Aug. Spehr.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 93 Seite 4]

Der Kalender für dad Fürstenthum Ratzeburg pro 1893 ist erschienen und an den bekannten Verkaufsstellen zum Preise von 25 Pfennig pro Exemplar zu haben.


Für den Winterbedarf

empfiehlt sein gut assortiertes Lager von Handwerkszeugen (Garantiewaare) und Beschlagartikel etc.

Hochachtungsvoll                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Neu!
Eiserne Körner= oder Wurfschaufeln
und Dunghaken
empfiehlt                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Emaillirte
Blech- und Gußgeschirre
sowie sämmtliche Hausstandssachen und Maschinen
empfiehlt                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Zur Schlachtzeit
sind Wurststopfmaschinen neuer Construction
leihweise zu haben bei                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Korb-, Brett-, Bügel-, Spann-, Schweif-, Knochen-, Stich- und Baumsägen,
nur Garantiewaare, empfiehlt                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Spring- u. Hausstandswaagen.
geaichte Decimal= und Tafelwaagen,
sowie sämmtliche Gewichte empfiehlt                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Echt amerik. Original=Oefen, Majolika Salon=Oefen für Antracit=Kohle und Regulir=Oefen werden auf's schnellste besorgt nach Zeichnung mit Preisangabe von J. Ludw. D. Petersen.


Kerbschnitzmesser und Beitel, Laubsägebretter, Bügel und Sägen
empfiehlt                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Zur Feier des Gedenktages von Loingny am Freitag den 2. December d. J. im großen Saale des Herrn J. Boye
  1) Theateraufführung des Festspiels

Alter schützt vor Thorheit nicht,
Lustspiel in 1 Akt von W. Drost,
2. "Onkel Scharfrichter."
Lustspiel in 1 Akt von Ferking.
3) Marketender=Liebe,
Militärisches Zeitbild in 1 Akt von M. Bauermeister.

  4) Nach der Vorstellung

Ball.
Entre für Theater: 1. Platz 1 M., 2. Platz 50 Pfennig (Mecklenburg)., Gallerie 30 Pfennig (Mecklenburg).
Für Kameraden und deren Frauen frei.
Kassenöffnung 6 1/2 Uhr. Anfang 7 Uhr.

Zu recht zahlreichem Besuch aus Stadt und Land ladet freundlichst ein

                                                    Der Vorstand.

Karten zum Theater sind von Mittwoch den 30. ds. Mts. ab bei den Kameraden Diersen und Maack zu haben.


Zwecks Gründung einer                          
freiwilligen Feuerwehr
am Sonntag den 4. Decbr. Abends 7 1/2 Uhr im
Boye'schen Gasthause Versammlung.
Interessirende sind hiermit freundlichst eingeladen
im Auftrage: Saß.


Neues Jahr, neues Glück!

Zu der am 5. Jan. neu beginnenden

Großen Hamburger Geldverloosung

empfehlen für 1. Ziehung:

1/1 Loose à 6 M., 1/2 à 3 M. 1/4 à 1.50 M.
An Hauptgewinnen kommen folgende zur Entscheidung:

In 1. Cl. 50,000 M., in 2. 55,000, 3. 60,000 M., 4. 65,000 M., 5. 70,000 M., 6. 75,000, in 7. eventl. 500,000, spec. 300,000, 200,000, 100,000, 60,000 40,000, 30,000 M. etc.
Es bietet sich also die allergroßartigste Gewinngelegenheit, so daß Jedermann sein Glück versuchen sollte. Aufträge, welche unter Nachnahme nach allen Orten prompt ausführen, erbitten recht bald

Mindus & Marienthal,
Hamburg.


Das Photographische Atelier
von Heinr. Albrecht

empfiehlt sich zur Anfertigung aller Arten

Photographien.

Vergrößerungen nach allen, selbst den ältesten Bildern. Ständige Momentaufnahmen im Winter, daher auch Aufnahmen bei jeder Witterung.
Um Weihnachtsbestellungen sorgfältig ausführen zu können, werden dieselben frühzeitig erbeten.

Das Atelier ist jeden Sonntag geöffnet.


Zur sofortigen Eintragung in eine in gutem wirthschaftlichen Zustande befindlichen Halbstelle (1 3/4 Last) im hiesigen Fürstenthum hinter 12 300 M. suche ich 4000 Mk. und bitte um umgehendes Angebot.

Dr. jur. Ch. Lange, Rechtsanwalt.


Da die Mauersteine für mich alle sind, bitte ich bis auf weiteres nicht mehr zu fahren.

Carlow,
d. 22. 1892.
                                                     J. Robrahn,
Sattlermstr.


Sonntag den 27. November                          
Tanzmusik.
bei                                                    J. Boye.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 27. November.

Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (6 Uhr): Consistorialrath Kaempffer.
   Amtswoche: Pastor Krüger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu Illustrirtes Beiblatt Nr. 48.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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