No. 92
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 22. November
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 92 Seite 1]

Bekanntmachung.

                    Es wird hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Aushebung der Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung des hiesigen Aushebungsbezirks (Schiffermusterung) pro 1892 stattfindet

am Mittwoch, den 28. December d. Js.
Morgens 10 Uhr,
in Wismar.

im Gastwirth Alde'schen Local "Zur Insel" vor dem Lübschen Thore.
                  Zu dem gedachten Termin haben sich bei Vermeidung der im §. 26, 7 der Wehr=Ordnung angedroheten Strafen einzufinden alle Militairpflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung aus dem hiesigen Aushebungsbezirke, welche im Jahre 1872 und früher geboren und mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehen sind.
                  Es wird bemerkt, daß nach §. 23,2 der Wehrordnung zu rechnen sind:

1. zur seemännischen Bevölkerung.
a. Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche mindestens ein Jahr auf deutschen See=, Küsten= oder Haff=Fahrzeugen gefahren sind;
b. See=, Küsten= und Haff=Fischer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbsmäßig betrieben haben;
c. Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren sind;
d. Maschinisten, Maschinistengehülfen und Heizer von See= und Fluß=Dampfern.
2. zur halbseemännischen Bevölkerung:
e. Seeleute, welche als solche auf deutschen oder außerdeutschen Fahrzeugen mindestens 12 Wochen gefahren sind;
f. See=, Küsten= und Hafffischer, welche die Fischerei zwar weniger als ein Jahr aber gewerbsmäßig betrieben.
                  Schönberg, den 17. November 1892.

Der Civilvorsitzende der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


        - Nr. 31 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg enthält:
  II. Abtheilung.

Bekanntmachung, betreffend die Uebertragung der Erhebung und Berechnung der ordentlichen Contribution auf den Amtsverwalter Spieckermann.
Bekanntmachung, betreffend die Versendung von Postpacketen ohne Werthangabe nach Queensland.


Es steht nunmehr fest, daß der Reichstag am kommenden Dienstag vom Kaiser persönlich eröffnet wird. - Am Freitag früh begab sich der Kaiser mit dem Tags zuvor von Paris im Neuen Palais eingetroffenen Großfürsten Wladimir von Rußland und den geladenen hohen Jagdgästen nach der Göhrde, wo die Ankunft um 11 1/2 Uhr erfolgte. Nach eingenommenem Frühstück im Jagdschloß erfolgte Nachmittags der Aufbruch zur Jagd und wurde zunächst eine Suche mit der Findermeute abgehalten. Nach der Rückkehr zum Schlosse fand daselbst Abendtafel statt. Am Sonnabend ist die Hofjagd abgehalten. Nach Schluß derselben ist im Jagdschloß das Mittagsmahl eingenommen, worauf am Abend nach 7 Uhr die Rückreise nach Potsdam stattfand.
Auch die Großfürstin Wladimir von Rußland traf ebenfalls zum Besuch ein und nahm beim Herzog und der Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg=Schwerin in Potsdam Wohnung.
Das preußische Staatsministerium ist am Mittwoch unter dem Vorsitz des Grafen Eulenburg zu einer längeren Sitzung zusammengetreten, der der Reichskanzler Graf Caprivi beigewohnt hat. Wie ein Berichterstatter meldet, ist der Wortlaut der Thronrede zur Eröffnung des Reichstags festgestellt worden.
Die durch die militärischen Forderungen veranlaßten Reichssteuer=Vorlagen sind jetzt im Reichsschatzamt fertiggestellt und werden nach den vorangegangenen Vorbesprechungen unter den Bundesregierungen voraussichtlich ohne Schwierigkeiten durch den Bundesrath gehen, so daß sie wahrscheinlich noch während der Berathung der Militärvorlage im Reichstag eingebracht werden können. Es sind die bekannten vier Gegenstände, welche zu einer Erhöhung der Reichseinnahmen herangezogen werden sollen: Tabak, Bier, Branntwein und Börse.
Der soeben dem Bundesrathe zugegangene Reichshaushalts=Etat für 1893/94 bilanzirt in Einnahme und Ausgabe auf rund 1 277 000 000 Mk. 1892/93 betrug diese Summe 1 207 583 565 M. Die

[ => Original lesen: 1892 Nr. 92 Seite 2]

laufenden Ausgaben betragen rund 1 006 000 000 Mk. gegen 990 674 864 Mk. im Vorjahr. Die einmaligen ordentlichen Ausgaben belaufen sich auf 82 1/2 Mill. (im Vorjahr 72 130 106). Der außerordentliche Etat verlangt rund 188 Millionen gegen 144 778 595 im Vorjahr. Gleichzeitig mit dem Etat geht dem Reichstage ein Anleihegesetz zu für Armee=, Marine= und Reichseisenbahnzwecke, sowie zur Erhöhung des Betriebsfonds der Reichskasse. Diese Anleihe beziffert sich auf 149 Millionen.
Die augenblickliche Anwesenheit des bayerischen Finanzministers Riedel in Berlin dürfte mit der Fertigstellung der Finanzvorlagen zur Deckung der aus der Militärvorlage erwachsenden Mehrkosten zusammenhängen. Es wird bestätigt, da diese Vorlagen bereits fertiggestellt und wohl im Laufe der nächsten Woche an den Bundesrath gelangen werden.
Der Kaiser schenkte dem russischen Botschafter zur Erinnerung an die letzte Begegnung in Kiel eine kostbare Vase, welche dem Botschafter durch den Staatssekretär Marschall überreicht wurde.
Ueber den bevorstehenden Rücktritt des Statthalters von Elsaß=Lothringen, Fürsten Hohenlohe, waren in letzter Zeit Gerüchte im Umlauf. Dem gegenüber will die "Voss. Ztg." erfahren haben, daß der Kaiser in der Audienz des Bischofs von Straßburg geäußert habe, Hohenlohe sei der Mann seines unbedingten Vertrauens und an seinen Rücktritt sei nicht zu denken.
Der Beitrag des deutschen Reiches zur Alters= und Invalidenversicherung für das neue Etatsjahr wird 12,6 Millionen Mark betragen. Gegen das laufende Jahr sind das 3 1/2 Mill. Mark mehr.
Außer dem Etat und der Militärvorlage wird dem Reichstage gleich bei Beginn der Sitzungen auch das Auswanderungsgesetz zugehen, über dessen Inhalt schon früher einzelne Mittheilungen in die Presse gelangt sind.
Wie in Hofkreisen verlautet, beabsichtigt der Kaiser am 22. November den Reichstag persönlich zu eröffnen.
Ueber verschiedene Aenderungen im nächstjährigen Reichsetat wird jetzt, wie folgt, berichtet:
Auf Grund des Gesetzes, betr. die Unterstützung der Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften muß das Reich die den Lieferungsverbänden der einzelnen Bundesstaaten erwachsenen Kosten erstatten. Zu diesem Zweck wird in dem nächstjährigen Etat zum ersten Mal eine Summe, und zwar in Höhe von 2 Millionen eingestellt werden. Der Umfang der Arbeiten des Reichs=Versicherungsamtes nimmt noch immer so zu, daß eine Vermehrung sowohl der Stellen der ständigen Mitglieder, als der Bureaubeamten sich als nothwendig herausstellt. Die Mehrkosten, welche aus dieser Maßregel erwachsen würden, dürften sich auf nahezu 200 000 Mk. belaufen. Aehnliche Veränderungen stehen noch im statistischen Amt und im Patentamt zu erwarten. Eine Anzahl nicht=etatsmäßiger Stellen soll in etatsmäßige umgewandelt werden.
Außer dem Etat und der Militärvorlage wird dem Reichstag gleich bei Beginn der Session auch das Auswanderungs=Gesetz zugehen, über dessen Inhalt schon früher Mittheilung gemacht worden.
Der preußische Staatsanzeiger veröffentlicht einen Erlaß des Justizministers, durch welchen Erhebungen über eine Erweiterung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit in Zivilprocessen angeordnet werden. Es soll nämlich die Kompetenz der Amtsgerichte erweitert werden, und zwar namentlich nach der Richtung hin, daß dieselben auch für Klageobjekte über 300 Mk. hinaus bis zu 800 Mk. zuständig sein sollen.
Der socialdemokratische Parteitag in Berlin nahm nach langer Debatte einen Beschluß zur Maifeier an, wonach dieselbe grundsätzlich am 1. Mai stattfindet, die Beschlußfassung über die Arbeitseinstellung aber in jedem Falle freigegeben und von besonderen Verhältnissen abhängig gemacht wird. Die nächste Maifeier soll wegen des wirtschaftlichen Niederganges am Abend des 1. Mai stattfinden.
Für das Inkrafttreten der gewerblichen Sonntagsruhe, deren Vorbereitung bekanntlich größere Schwierigkeiten als die Vorarbeiten für die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe, ist nach einem Berliner Journal der 1. April 1893 in Aussicht genommen.
Abermals hat der Kaiser es abgelehnt, das Protektorat über die deutschen Kriegervereine zu übernehmen. So berichten die Berl. N. Nachr. und fügen hinzu : Dem Vorsitzenden des ersten Bezirks, Berlin und Umgegend, der das Gesuch dem Kaiser vortrug, erwiderte er, daß erst dann der geeignete Zeitpunkt gekommen sei, dem deutschen Kaiser und obersten Kriegsherrn dies Protektorat anzutragen, wenn die Organisation der Kriegervereine eine einheitliche ganz Deutschland umfassende sei. Sei dies erreicht, dann werde er das Protektorat gern annehmen. Um diese Organisation zu erreichen, müsse von Berlin aus der entscheidende Schritt geschehen, und er hoffe, daß die Berliner Herren in dieser Hinsicht bald von sich reden machen würden.
Der bekannte Generallieutenant z. D. v. Boguslawski, der hervorragendste militärische Befürworter der zweijährigen Dienstzeit, spricht sich in einer soeben erschienenen Schrift für die neue Militärvorlage aus, empfiehlt aber gesetzliche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit.
Die Kronprinzessin von Schweden wird zur weiteren Kräftigung ihrer Gesundheit den Winter in Cannes zubringen. Als Uebergangsstation gedenkt die Kronprinzessin Baden=Baden zu wählen, wo sich zur Zeit ihre Eltern aufhalten.
Am Wiener Hof weilen schon wieder hohe Gäste: König Karl von Rumänien und der Thronfolger Prinz Ferdinand Franz Josef hatte sich am Dienstag früh mit mehreren Erzherzögen zum Bahnhof begeben, um die Herrschaften persönlich zu empfangen. Die gegenseitige Begrüßung trug einen äußerst herzlichen Character. König Karl hat am Dienstag Vormittag neben anderen Würdenträgern den Grafen Kalnoky empfangen.
Auch das Budget der Stadt Hamburg schließt mit einem Fehlbetrag, und zwar in Höhe von 4 278 886 Mk. Der Senat hat das Budget am Mittwoch der Bürgerschaft vorgelegt.
Die Hinneigung des Papstes zu Frankreich scheint unverändert zu sein. Der französische Botschafter in Konstantinopel, Cambon, wurde vom Papst in langer Audienz empfangen. Nach dem "Figaro" sagte der Papst zu Cambon: "Trotz aller Schwierigkeiten, welcher die Gegner der Versöhnungspolitik erheben, habe ich den entschiedenen Willen, für Frankreichs Heil und Größe zu arbeiten", und schloß mit den Worten: "Der heilige Stuhl wird alles für Frankreich thun, und immer mit Frankreich sein, in Frankreich und überall anders."
Die französische Presse ergeht sich über den Besuch des Großfürsten=Thronfolger von Rußland in Wien in hämischen Bemerkungen, die ziemlich deutlich erkennen lassen, daß das Ereigniß die Franzosen sehr unangenehm berührt hat. In Wien ist man so gescheidt, sich nicht weiter über die Randglossen der französischen Politiker aufzuregen; man stimmt sogar der Anschauung der "Temps" vollkommen bei, daß die europäische Lage durch den Besuch des Zarewitsch in keiner Weise verändert worden ist.
Der diesmaligen Anwesenheit des Königs von Rumänien in Wien wird in politischen Kreisen große Bedeutung beigemessen. Man erhofft eine baldige Wendung in den wirthschaftlichen Fragen. Am Mittwoch hat der König etwa anderthalb Stunden mit dem Minister Grafen Kalnoky verhandelt.
Der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten, Grover Cleveland, hat am Dienstag bei einem Bankett der Newyorker Handelskammer eine Rede gehalten, doch ist er so vorsichtig gewesen, darin weder politische oder wirthschaftliche Fragen zu berühren. Er hat sich vielmehr auf allgemeine Phrasen beschränkt, indem er sagte, alle Amerikaner müßten beitragen zu dem allgemeinen Wohlergehen und Jeder davon den ihm gebührenden Antheil erhalten. Wenn er das Letztere fertig bringt, dann dürfen sich die Amerikaner zu seiner Wahl doppelt beglückwünschen.
- Immer neue Krachs werden aus Berlin gemeldet. Ein großes Hotel beim Bahnhof Friedrichsstraße wurde vom Gerichtsvollzieher geschlossen, die prächtige Einrichtung zwangsweise versteigert.
- Den Gensdarmen der Provinz Rheinhessen wurde verboten, in öffentlichen Wirthschaften zu tanzen oder Karten zu spielen.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 92 Seite 3]

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Anzeigen.

Zur öffentlich meistbietenden Verpachtung der Meierei Demern, welche Johannis k. Js. aus der Pacht fällt, ist vor dem unterzeichneten Großherzoglichen Domainenamte Termin auf

Donnerstag, den 15. Dezember d. Js.
Vormittags 11 Uhr

anberaumt worden, wozu Pachtliebhaber hierdurch eingeladen werden.
Dem Großherzoglichen hohen Kammer= und Forst=Collegio bleibt die Wahl unter den 3 annehmlich Meistbietenden vorbehalten und haben dieselben falls sie nicht schon Kammerpächter sind, wegen ihres Gebots eine Conventionalpön von 3000 M. sofort zu bestellen und sich über ihre bisherige Führung und öconomische Tüchtigkeit, sowie über das zur Annahme des Pachtstücks erforderliche Vermögen auszuweisen.
Die Contractsbedingungen können in der hiesigen Domainenamts=Registratur eingesehen und das Pachtstück nach zuvoriger Meldung auf dem Hofe Demern in Augenschein genommen werden.
Schönberg, den 16. November 1892.

Großherzogl. Mecklenburgisches Domainenamt.
Cl. v. Oertzen.


Konkursverfahren.

Ueber das Vermögen des Kaufmanns H. Meyer zu Schönberg i/M., in Firma Heinrich Meyer, ist heute am 19. November 1892 Nachmittags 6 1/2 Uhr das Konkursverfahren eröffnet.
Der Rentier Herr J. H. Böckmann zu Schönberg i/M. ist zum Konkursverwalter ernannt.
Offener Arrest, Anzeige und Meldefrist bis 10. December 1892.
Erste Gläubigerversammlung zur Beschlußfassung eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschlusses und eintretenden Falls über die in §. 120 der K. O. bezeichneten Gegenstände ist Termin auf

Montag, den 19. Dezember 1892
Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte angesetzt.

Schönberg, den 19. November 1892.                          
Großherzogliches Amtsgericht.
(gez.) Dr. jur. E. Hahn.
                                                    Veröffentlicht:
                                                    H. Diederich,
                                                    Gerichtsschreiber.


Zur Auslosung der aus dem hiesigen Fürstenthum gewählten Schöffen für die ordentlichen Sitzungen im Geschäftsjahr 1893 ist die öffentliche Sitzung auf

Mittwoch, den 30. November 1892
Vormittags 10 Uhr

im hiesigen Gerichtsgebäude angesetzt, was hierdurch bekannt gemacht wird.
Schönberg, den 14. November 1892.

Der Erste Amtsrichter beim Großherzoglichen Amtsgerichte.
G. Horn.


Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung Großherzoglicher hoher Landes=Regierung vom 8. d. M. - Offizieller Anzeiger Nr. 31 - gestatte ich mir ergebenst anzuzeigen, daß die ordentliche Contribution von mir an den Hebungstagen, welche durch den Executor speciell angesagt werden, nur Nachmittags von 1 bis 3 Uhr entgegengenommen werden wird.
Schönberg, den 14. November 1892.

H. Spieckermann.
Amtsverwalter.


Holz=Auction Nr. 1.

Am Dienstag, den 29. November Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

a. Aus den Lenschower Tannen.

71 Stück tannen Kiepenhölzer etc.
70 Rmt. tannen Kluft
32 Rmt. tannen Knüppel
46 Rmt. tannen Rodestämme

b. Aus dem Pellmoor.

32 Rmt. Eichen Knüppel 1. Cl.
20 Rmt. Eichen Knüppel 2. Cl.
Schönberg, den 20. November 1892.

                                                    Der Oberförster.
                                                    C. Hottelett.


Oeffentliche Versteigerung
Mittwoch, d. 23. Nov. 1892
Vormittags 11 Uhr

sollen auf der Großkäthner Langeschen Stelle in Ziethen

1 Dreschmaschine mit Göpel, circa 5 Fuder ungedroschene Erbsen, 3 Fuder Roggen, 2 Fuder Hafer, 6 Fuder Heu und mindestens 15 Fuder Stroh
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Abkündigung des Verkaufs findet voraussichtlich nicht statt.
Schönberg, den 16. November 1892.

                                                    Staffeld,
                                                    Gerichtsvollzieher.


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Feuerversicherungs=Verein
Mecklenburgischer Kirchendiener und Forstbeamten.
Rechnungsablage 1891/92.

                          Einnahme.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

                          Ausgabe.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Lühtheen, den 11. Oktober 1892.                          
                                                    L. Hennings, Kassierer.
                                                    Rosenwanger,   G. Schliemann, Revisoren.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 92 Seite 4]

Dr. jur. Ch. Lange,
Rechtsanwalt beim Großherzoglichen Landgerichte zu Neustrelitz und dem Großherzoglichen Amtsgerichte zu Schönberg.


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Außerordentliche Generalversammlung
des Vereins für Geflügelzucht in Schönberg am
Dienstag, den 29. ds. Mts.
Abends von 8 Uhr an,

im Vereinslocale, zu welcher die Mitglieder ergebenst eingeladen werden.
                          Tagesordnung:

Berathung über eine im Jahre 1893 abzuhaltende Geflügelausstellung mit freier Concurrenz.
Schönberg, den 16. November 1892.

                                                    Der Vorstand des Geflügelzuchtvereins.


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Schulze.


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Ernst Hagen.
Verlobte.
Gr. Siemz.                                                     Schönberg.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 92 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 92 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 22. November 1892.


An den Gräbern.
Zum Todtensonntag, den 20. November.

O Mondenschein im Rosenhage,
Der um die Gräber Blüten schlingt!
Wehmütige Nachtigallenklage!
Der aus den Buschverstecken dringt!
Wir lauschen still, ein Dämmerleben
Wird in der tiefsten Brust erweckt!
Wir sehn die Schatten sich erheben,
Die hier der grüne Rasen deckt.
Den Toten ist die Ruh beschieden,
Die sonst kein Wunsch herbeibeschwört;
Den Lebenden wird oft der Frieden
Durch jene Friedlichen gestört.
Ein dumpfer Druck auf unsrem Herzen;
Bang kehrt Vergangnes uns zurück:
Unwiderruflich sind die Schmerzen,
Unwiederbringlich ist das Glück.
Wir möchten Liebesfülle spenden;
Zu spät, der Tod ist liebeleer!
Wir möchten grenzenlos verschwenden,
Die Toten danken's nimmermehr!
Längst welk geworden sind die Rosen,
Die einst wir ihrem Wunsch versagt;
Still ruhn die ewig Wünschelosen;
Ihr Schweigen ist's, das uns verklagt.
Da ist zu schmerzlichem Entbehren
Das einst so trunkne Herz verdammt;
Wir können nicht den Gluten wehren,
Die aus der Asche neu entflammt.
Die Wehmut mag den Tod verklären,
Daß sanft versöhnt sein Bild erscheint,
Die Reue hat nur bittere Zähren
Und hat sich nimmer ausgeweint.


Schönberg. Am Sonntag Abend 8 Uhr entstand auf bisher noch unaufgeklärte Weise in dem an der Sabowerstraße hieselbst belegenen Bielefeldschen Pferdestall ein Feuer, das denselben alsbald in Asche legte. Leider sind 3 in demselben befindliche Pferde mitverbrannt.
- Wie nunmehr feststeht, erfolgt die Einführung der mitteleuropäischen Zeit auch im äußeren Dienst der preußischen Staatsbahnen am 1. April 1893. Von diesem Zeitpunkt ab werden also die gegenwärtigen, auf Ortszeit lautenden Winterfahrpläne und Kursbücher hinfällig und müssen durch neue auf mitteleuropäische Zeit lautende ersetzt werden. Die unmittelbare Folge der Neuerung wird nothwendiger Weise die allgemeine Einführung der mitteleuropäischen Zeit auch im bürgerlichen Leben sein.
- Der Hamburger Senat hat am vergangenen Donnerstag dem Verein für Feuerbestattung in Hamburg die Inbetriebsetzung des seit dem 23. August vorigen Jahres fertiggestellten Feuerbestattungs=Apparates gestattet.
- Am Sonntag wurde in Basel die ganze Trilogie "Wallenstein" gegeben; die Vorstellung dauerte mit Einrechnung einer einzigen halbstündigen Unterbrechung und kleineren Pausen von nachmittags 3 Uhr bis nachts 11 Uhr.
- Die Galeerensträflinge in Bagnow von Tarragona haben revoltiert und die Aufseher ermordet. Die Meuterer sind erst nach heftigem Kampf, bei dem es Tote und Verwundete gegeben hat, überwunden worden.
- Die Prinzessin Therese von Bayern wurde zum Ehrenmitglied der bayerischen Akademie der Wissenschaften in München ernannt, was um so mehr Aufsehen erregt, als die Prinzessin die erste Frau ist, der diese Ehre zu Theil wird.
- In Wiener Hofkreisen wird ein baldiges Wiederkommen des russischen Thronfolgers erwartet, da derselbe die Einladung des Erzherzogs Karl Ludwig zur Vermählung dessen Tochter mit dem Thronfolger von Württemberg angenommen hat.
- Die Pariser Geschworenen haben den anarchistischen Journalisten Zevacco wegen einer zum Mord aufreizenden Rede zu einem halben Jahr Gefängniß und 1500 Franks Geldstrafe verurtheilt.
- Die Anklageschrift gegen den Rektor Ahlwardt in dem Prozeß wegen der Judenflinten=Broschüre umfaßt nicht weniger als 260 Seiten. Dieselbe enthält etwa 80 verschiedene Strafanträge, darunter die des Staatsministeriums, des Kriegsministers, des Oberst=Lieutnant Kühne, zahlreicher Regimentskommandeure, die Ahlwardt in seinen Reden beleidigt haben soll, und vieler anderer Offiziere. Die Staatsanwaltschaft erachtet seine Anschuldigungen im vollen Umfang für erwiesen.
- Auf der Insel Ponza bei Neapel hat ein Erdbeben mit starkem unterirdischem Getöse stattgefunden. Die Bevölkerung kampiert im Freien, zusammen mit 300 Häftlingen.
- Die "Reichshunde" des Fürsten Bismarck. Hans Blum giebt in einem Bericht über seinen Besuch beim Fürsten Bismarck auch die Bemerkungen wieder, die der Altreichskanzler über seine "Reichshunde" Sultan und Tiras gemacht hat. Sultan war, nach einem dazwischen geworfenen Wort der Fürstin, "der rührendste Hund, den ihr Gemahl besessen habe". "Wenn ich verreiste", bestätigte Bismarck, "so suchte er mich überall mit großer Traurigkeit. Endlich ergriff er dann zu seinem Trost meine weiße Militärmütze und meine hirschledernen Handschuhe, trug diese in den Zähnen nach meinem Arbeitszimmer und blieb dort, mit der Nase an meinen Sachen, liegen, bis ich wiederkam." "Auch der alte Tiras war sehr intelligent und treu. Wenn ich nach dem Reichstag ging, so nahm ich den Weg durch den Garten hinter dem Reichskanzlerpalais, öffnete hier die Pforte nach der Königgrätzerstraße, drehte mich gegen Tiras um, der mich bis dahin vergnügt begleitet hatte, und sagte blos: Reichstag! Sofort ließ der Hund Kopf und Schwanz hängen und verzog sich niedergeschlagen. Einst hatte ich meinen Stock, den ich auf die Straße nicht mitnehmen konnte, da ich in Uniform war an die Innenmauer des Gartens gestellt, ehe ich durch die Pforte schritt. Nach vier Stunden kam ich aus dem Reichstag zurück. Tiras begrüßte mich nicht beim Eintritt ins Haus, wie sonst stets, und ich fragte daher den Schutzmann, wo der Hund sei? "Der steht seit vier Stunden hinten an der Gartenmauer und läßt niemand zu Eurer Durchlaucht Stock", erwiderte der Wachtposten. Ein anders Mal ging ich hier in Varzin in Begleitung von Tiras spazieren und sah auf einer Karre eine Fuhre Holz liegen, das ich für gestohlen hielt, weil es aus grünem Holz gehauen war. Ich gebot dem Hund bei der Fuhre zu bleiben, und entfernte mich, um einen Mann zu holen, der die Sache aufklären könne. Als ich zurücksah, gewahrte ich aber, daß Tiras mir leise und geduckt nachschlich. Ich kehrte zurück und legte einen Handschuh auf die Karre. Da blieb mein Tiras dort stehen wie angewurzelt." Ueber das Ende des braven Thieres erzählte der Fürst auf mein Befragen: "Er war nicht krank, er ist an Altersschwäche eingegangen. Einen Tag vor seinem Tode war er schon so steif, daß ich ihn wie einen Hammel von oben in mein Arbeitszimmer tragen lassen mußte. Dann, als ich nach Hause kam, wedelte er noch mit der Rute. Das nächste Mal an seinem Todestage, konnte er auch nicht mehr wedeln und gab nur noch durch seinen Ausdruck zu verstehen, daß er mich erkannt habe. Während ich dann am Tisch schrieb, sah ich ihn plötzlich lautlos in mein Schlafzimmer sich schleppen und gleich darauf sagte mir der Diener, der ins Schlafzimmer getreten war: "Tiras liegt tot ausgestreckt im Schlafzimmer."

[ => Original lesen: 1892 Nr. 92 Seite 6]

- Nach der vom amerikanischen General=Postmeister veröffentlichten jährlichen Statistik haben die Dampfer der "Hamburger Packetfahrt=Gesellschaft" alle englischen Concurrenten in der Schnelligkeit der Postbeförderung zwischen Amerika und Europa überflügelt. Der Hamburger Schnelldampfer "Fürst Bismarck" lieferte die Post nach London durchschnittlich in 171 Stunden 3 Minuten. Der schnellste White=Star=Dampfer "Teutonic" brauchte dazu 175 Stunden 2 Minuten. Diesem folgt als beste Leistung der Iman=Dampfer "City of Newyork" mit 179 Stunden 4 Minuten und der Norddeutsche Lloyd=Dampfer "Havel" mit 182 Std. 8 Minuten.
- Am Mittwoch wurde auf dem Rütli bei Luzern bei wunderschönem Wetter das Rütlischießen der Bierwaldstätte mit Eingeladenen von Burgdorf, Zosingen und Zürich abgehalten. Auf dem Seelisberg, wo das gemeinsame Mittagessen stattfand, saßen die Schützen im Sonnenschein im Freien, als ob es Sommer wäre.
- Erdbeben mit starkem unterirdischem Getöse fanden am Mittwoch auf der Insel Ponza im tyrrhenischen Meer statt. Einige Häuser erhielten leichte Risse, die Bevölkerung flüchtete und kampirt, von allem entblößt, auf den Feldern. Die Noth ist groß.
- In Paris erregt der Uebertritt der Baronin Julius Rothschild zum Katholizismus großes Aufsehen. Der Bischof von Beauvais taufte die Convertitin persönlich in der Kathedrale.
- In verschiedenen Städten Bayerns wurden in letzterer Zeit Mädchen mit Gewalt Zöfe abgeshnitten. In München wurde der Attentäter in flagranti erwischt, und man fand bei ihm eine größere Anzahl abgeschnittener Zöpfe. Er ist ein 27jähriger Buchbindergehilfe aus Eichstätt und hat sich der Zöpfe wohl in gewinnsüchtiger Absicht bemächtigt.
- Der bekannte Baron Hirsch hat mit seinen Rennpferden in diesem Jahr 634 020 Mk. gewonnen, welchen Betrag er wieder für Wohlthätigkeitszwecke bestimmt hat. Zu der obigen Summe hat ein einziges Pferd, die Stute la Flêche, über eine halbe Million Mark beigetragen.
- Aus dem Balkanstädtchen Kliffura meldet man, daß vor einigen Tagen ein toller Wolf in der Umgebung erschien, vor dem die vor der Stadt weidenden Rinder einen eiligen Rückzug antraten. Bevor man noch den Grund dieses Rückzuges erkannt hatte, war auch der Wolf bereits in der Stadt. In einem Gemüsegarten fiel er über eine Frau und ihre beiden Kinder her, die er fürchterlich zurichtete. Bald traten ihm einige beherzte Männer mit Stangen und Sensen entgegen und trieben ihn vor die Stadt, wo er erschossen wurde. Die Zahl der von ihm gebissenen Menschen beträgt 12, eins der erwähnten Kinder ist bereits seinen Wunden erlegen. Auch zerriß der Wolf einige Schafe und Ziegen.
- Der Komorner Pfarrer Molnar ist wegen Verweigerung von Taufzeugnissen an in Mischehen geborene Kinder zum Verlust des Amtes und zu einmonatlichem Arrest verurtheilt worden. Es ist das der erste Fall, daß in Wegtaufungs=Angelegenheiten auf Freiheitsstrafe erkannt worden ist.
- In der in London stattgehabten Verhandlung gegen den Anarchisten Francois, der angeschuldigt ist, die Explosion im Caffee Very zu Paris verursacht zu haben, ist die Auslieferung des Angeklagten an die französische Regierung beschlossen worden.
- In Bautzen sind zwei Pulverhäuser der sächsischen Pulverfabrik=Aktiengesellschaft in die Luft geflogen, wobei drei Arbeiter verunglückt sind.
- Die auch von uns gebrachte Mittheilung über einen geplanten Fünfstunden=Schnellzug zwischen Frankfurt a. M. und Berlin hat sich als "erfunden" erwiesen und dürfte wohl auf eine Probefahrt zurückzuführen sein, welche allerdings, jedoch zu einem ganz anderen Zwecke, von Frankfurt a. M. nach der Reichshauptstadt unternommen worden ist. Es sollte nämlich die Leistungsfähigkeit einer neuen Maschine bei Fahrten von 2-2 1/2 Stunden ohne Aufenthalt festgestellt werden. Der betreffende Zug ist Donnerstag abend um 7 Uhr 37 Min. von Frankfurt über Belzig auf dem Bahnhofe "Charlottenburg" eingetroffen und am Mittag des nächsten Tages nach Frankfurt wieder zurückgedampft. Er hatte die Strecke in acht Stunden zurückgelegt.
- In Budapest fanden am Mittwoch Gemüseweiber auf der Kerepeser Straße einen vom Postwagen verlorenen Sack mit einer Million Gulden und trugen ihn ohne Ahnung vom Inhalte desselben auf die Hauptpost.
- In München wurde am Sonntag ein Mitglied der sich dort soeben produzirenden Amazonentruppe beerdigt, was eine solche Menschenmasse auf den Friedhof lockte, wie man es kaum bei den "berühmtesten" Begräbnissen sieht. 20 000 Menschen mögen auf dem Friedhofe gewesen sein, auf dem die Neugierde in wahrhaft vandalischer Weise hauste. Eine Anzahl von Grabsteinen wurden unter dem Schwall der Menschenmenge umgestürzt, viele Gräber völlig zertreten. Die Polizei wurde der Massen nicht Herr. Und all' das wegen der Leiche einer "Wilden", deren "Wildheit" sich vielleicht, wenn sie die Szenen auf dem Friedhofe hätte mitansehen können, über die "Kultur" und "Civilisation", die da zur Erscheinung gelangten, ganz absonderliche Gedanken gemacht haben würde.
- Ein Berliner großes Geschäftshaus läßt gegenwärtig die Versendung seines Weihnachtskatalogs vorbereiten. Die Vorarbeiten sind des großen Umfanges wegen der Gefängnißverwaltung von Plötzensee übergeben worden. Es wird nun nicht ohne Interesse sein zu hören, daß zu dem Schreiben der Couvert=Adressen Anton Wolff verwendet wird, der einstige Millionär und Kommerzienrath.
- Ein Bär mit Hasenschrot erlegt. In den letzten Tagen des Monats Oktober veranstaltete Herr v. Béldi auf seinem Gute in Bodola in Ungarn eine Treibjagd auf Hasen und Füchse. Im letzten Trieb eilte auf einen der Jagdtheilnehmer, Herrn Hauptmann=Auditor Eckhardt, der gleich den anderen Jagdtheilnehmern seine Flinte blos mit leichtem Hasenschrot Nr. 2 geladen hatte, ein großer Bär in mächtigen Sätzen zu. Zum Wechseln der Patronen war keine Zeit mehr, und so sah sich der Schütze genötigt, auf das auf drei Schritte herangekommene Thier Feuer zu geben. Ein wohlgezielter Schuß streckte den Bären zwar nieder, doch erhob sich dieser, obwohl am Kopfe schwer verwundet, sofort wieder und wendete sich zähnefletschend gegen seinen Angreifer, welcher ihm mit einem zweiten sicheren Schuße in die Brust den Garaus machte. Es ist in den Annalen des Jägerlebens ein gewiß seltener Fall, daß ein ausgewachsener Bär mit leichtem Hasenschrot erlegt wurde.
- An den Eisenbahnen Moskau=Rjäsan Kursk und Nischny=Nowgorod, ebenso auf der Linie Ssysran=Wjäsma wüteten vor einigen Tagen furchtbare Schneeorkane, die enormen Schaden anrichteten. Hinter Rjäsan sind die Schienen mit 2 Arschin hohem Schnee bedeckt, die Telegraphendrähte sind gerissen und gegen 100 Telegraphenstangen vom Sturm umgeweht. Die Passagierbeförderung ist unterbrochen und die Posten verspätet. Auf der Moskau=Nischny=Linie liegt der tiefe Schnee in einer Ausdehnung von 232 Werst und es bildeten sich hohe Schneeberge. Auch auf der Rjaschsk=Wjäsma=Bahn wurde der Passagier= und Güterverkehr eingestellt, weil die Geleise erst vom Schnee befreit werden mußten. Ein Güterzug wurde mitten auf der Bahn festgeschneit, man sandte ihm eine Hilfslokomotive, sie mußte aber unverrichteter Sache zurückkehren, da sie gegen den wütenden Schneesturm nicht ankämpfen konnte. Auf der SSasra=Wjäsma=Bahn war der Schneeorkan so arg, daß er die Waggons bis ans Dach verschüttete; dann trat eine solche Kälte ein, daß der Schnee hart wie Eis wurde. Auf zwei Gepäckstationen standen die Züge mit ihren Lokomotiven so fest im Schnee verpackt, wie man Waren mit Sägespänen einpackt. Die Reinigung der Bahn kostete enorme Anstrengungen, Zeit und Geld. Die Lokomotiven hatten nicht die Kraft, die Züge vom Fleck zu bringen, manche Waggons rissen mit entzwei, bei andern rissen die Ketten, durch welche die Wagen mit einander verbunden waren. Nachdem endlich der Schnee weggeschaufelt war, konnte man höchstens 2-3 Waggons auf einmal aus ihrer Gefangenschaft befreien.


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