No. 90
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. November
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 90 Seite 1]

Bekanntmachung.

                    Die ordentliche Sitzungsperiode des Schwurgerichts beim Großherzoglichen Landgerichte zu Güstrow für das IV. Quartal d. J. wird am

Montag, den 5. December ds. Js.

eröffnet.
                    Rostock, 9. November 1892.

Der Präsident
des Großherzoglich Mecklenburgischen Oberlandesgerichts.
Budde.


      Wir bringen hierdurch die Verpflichtung der Hauseigenthümer des Domhofs in Erinnerung, die Straße vor dem Hause nach Anweisung des Polizeivogts reinzuhalten - bis zur Hälfte, wo beide Seiten der Straße im Privateigenthum sich befinden. Zuwiderhandelnde werden auf Grund von § 366,10 des Strafgesetzbuches mit Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
      Schönberg, den 9. November 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


S. M. der Kaiser ist am Donnerstag gegen Abend von Potsdam in Königs=Wusterhausen eingetroffen. Am Abend ist in dem historischen Saal das an Friedrich Wilhelm I. erinnernde Tabakscollegium wieder in das Leben gerufen worden und man bediente sich dabei derselben Einrichtungen wie dazumal. Die alten Humpen, Gläser, Kohlenpfannen, Tische und Stühle sind noch in großer Zahl vorhanden. Bis spät abends blieb hier die hohe Gesellschaft versammelt, die sich Freitag früh gegen 8 1/2 Uhr zunächst mittelst der Eisenbahn nach Halbe und von dort zu Wagen in die prächtigen Eichenbestände der Duberow zur Jagd begab.
Dem Bundesrath ist folgende Novelle zum Reichs=Invalidenfondsgesetz zugegangen: §. 1. Aus dem Capitalbestand des Reichs=Invalidenfonds ist ein Betrag von 67 Millionen Mark flüssig zu machen und der Reichskasse zur Verstärkung des Betriebsfonds zu überweisen. § 2. Die Flüssigmachung und Ueberweisung dieses Betrages erfolgt durch die Verwaltung des Reichs=Invalidenfonds unter der oberen Leitung des Reichskanzlers und unter der Controlle der Reichsschuldencommission nach Maßgabe des Gesetzes über die Gründung und Verwaltung des Reichs=Invalidenfonds vom 23. Mai 1873. Ferner sind dem Bundesrath zugegangen: der Etat für die Verwaltung des Reichsheeres, die Uebersicht der Etatsstärke des deutschen Heeres und die Etats der sächsischen, der württembergischen und der bayerischen Militär=Kontingente für 1893/94. Mithin ist der Bundesrath jetzt im Besitz des gesammten Etats.
Die Polizei in Berlin hat den dortigen Anarchisten gezeigt, daß Berlin kein Paris ist. Am 11. November, dem Jahrestag der Hinrichtung der fünf Anarchisten Spieß, Lingg, Fielden, Schwab und Parsons in Chicago im Jahr 1886, beabsichtigten die Anarchisten, ein anarchistisches Blatt, "Arbeiterzeitung, Organ der Anarchisten Deutschlands" zum ersten Mal in Berlin erscheinen zu lassen. Das Blatt ist, als es kaum aus dem Druck heraus war und in einer Auflage von 4000 Exemplaren gerade abgeholt werden sollte, von der Polizei beschlagnahmt worden. Bei dem Verleger und Herausgeber des Blattes, einem Vergolder, wurde Haussuchung gehalten und er selbst verhaftet, aber nach mehreren Stunden wieder vom Polizeipräsidium aus freigelassen. Der Satz wurde in der Druckerei in der Jorkstraße sofort zerstört. Es sollen noch mehrere Haussuchungen vorgenommen worden sein.
In den gesammten Offizierkasinos der deutschen Armee soll im Interesse der weniger begüterten Offiziere und auf besonderen Wunsch des Kaisers eine recht einschneidende Reform eingeführt werden. In der Voraussetzung, daß die in den Kasinos bisher geführten Kabinetsweine die Vermögensverhältnisse vieler Offiziere geradezu zerrütten, soll nämlich, wie ein Berliner Blatt erfahren haben will, die Verfügung getroffen werden, daß fortan in den Kasinos nur billige Marken zu führen seien. Von maßgebendster Seite sind, dem betreffenden Blatte nach, folgende Normen aufgestellt worden Weißwein zu 60 Pfennig, Rothwein zu 1,20 Mark und Schaumwein zu 2,50 Mark die Flasche.
Auf die Mehrbelastung des Bieres durch Steuern wird jetzt von der Regierung auf 2 Seiten mit aller Macht hingewirkt. Finanzminister Miquel unterstützt im Reich die Verdoppelung der Brausteuer und regt zugleich die städtischen Behörden an, Biersteuern einzuführen.
Der Hauptmann Jakob, Führer der belgischen Antisklavereitruppe, meldet vom Tanganyikasee: Das ganze Gebiet ist von arabischen Sklavenhändlern verwüstet. Größte Noth, sendet schleunigst Hilfe.

[ => Original lesen: 1892 Nr. 90 Seite 2]

Der Kronprinz Nikolaus von Rußland traf in der Wiener Hofburg ein. Hat der Besuch des jungen Prinzen auch keine besondere Bedeutung, so beweist er doch so viel, daß man in Rußland nicht geneigt ist, die Dinge auf die Spitze zu treiben. Darum klingt es auch unwahrscheinlich, wenn es aus Paris heißt, in Petersburg seien die Bedingungen für ein russisch=französisches Bündniß unterzeichnet.


- Schönberg. Von dem am 12. November zusammengetretenen Ausschusse zur Wahl der Schöffen und Geschworenen aus dem Fürstenthum Ratzeburg für das Geschäftsjahr vom 1. Januar bis 31. December 1893 wurden gewählt:

a. In die Vorschlagsliste der Geschworenen:

  1. Schulze Heinrich Lenschow=Blüßen.
  2. Schulzenaltenth. H. Lenschow=Gr. Bünsdorf.
  3. Schulze Johann Siebenmark=Falkenhagen.
  4. Hauswirth Franz Wigger=Törpt.
  5. Landmann Joach. Busch=Rodenberg.
  6. Kaufmann Franz Lundwall=Schönberg.
  7. Kaufmann Carl Burmeister=Schönberg.
  8. Uhrmacher Ludwig Vogel=Schönberg.
  9. Hauswirth Joach. Borgwarth=Palingen.
10. Hauswirth Wilhelm Bade=Ollndorf.
11. Hauswirth Joachim Oldenburg=Niendorf.
12. Mühlenpächter Th. Wieschendorf=Maurinmühle.
13. Viceschulze Heinrich Jabs=Carlow.
14. Domainenpächter Heinrich Rusch=Kl. Rünz.
15. Hauswirth Joach. Oldörp=Schlag=Sülsdorf.
16. Hauswirth Joachim Ollmann=Schlagsdorf.
17. Rentier Eduard Schultze Domhof Ratzeburg.
18. Hauswirth Heinrich Retelsdorf jr.=Gr Mist.
19. Hauswirth Joachim Hecht=Schlag=Resdorf.
20. Inspector Robert Schwarz=Torisdorf.
21 Ortsvorsteher Christ. Brüggemann=Mannhagen.

b. zu Hauptschöffen:

  1. Schulze Heinrich Möller=Bardowick.
  2. Holländer Johann Dücker=Grieben.
  3. Hauswirth Heinrich Krellenberg=Kleinfeldt.
  4. Hauswirth Ernst Maaß=Lindow.
  5. Kaufmann Peter Brellenberg=Selmsdorf.
  6. Schmied Johann Oldenburg=Schönberg.
  7. Glaser Heinrich Peters=Schönberg.
  8. Schmied Joh. Bockwoldt=Schönberg.
  9. Schuhmacher Carl Rahn=Schönberg.
10. Domainenpächter Gust. Hörcher=Hof Wahrsow.
11. Halbhufner Johs. Nevermann=Dorf Wahrsow.
12. Hauswirth Heinrich Badstein=Petersberg.
13. Hauswirth Peter Robrahn=Carlow.
14. Kaufmann Johann Borchert=Carlow.
15. Halbhufner Peter Holst=Klocksdorf.
16. Holländer Heinrich Janssen=Kl. Rünz.
17. Zimmermstr. Wilhelm Hecht=Ziethen.
18. Hauswirth Hans Joach. Stoffers=Wendorf.
19. Schulze Joachim Ott=Thandorf.
20. Tischler Heinrich Fick=Schlagsdorf.
21. Halbhufner Wilhelm Lüer=Rieps.
22. Schulze Johann Brügmann=Walksfelde.
23. Vollhufner Hermann Lübbers=Panten.
24. Hauswirth Heinrich Nehls=Mannhagen.

c. zu Hülfsschöffen:

  1. Kaufmann Jochen Böckmann=Schönberg.
  2. Kaufmann Albert Zander=Schönberg.
  3. Hofmaler Conrad Schultz=Schönberg.
  4. Maschienenb. B. Bunkelmann=Schönberg.
  5. Registrator Carl Köppen=Schönberg.
  6. Amtsverw. H. Spieckermann=Schönberg.

- Der Zudrang zu den juristischen Berufsarten ist in Preußen in einem sichtlichen Rückgang begriffen, der in Anbetracht der gerechtfertigten Klagen über die durch Ueberfüllung des Berufs hervorgerufenen Mißstände erfreulich ist. Begreiflicher Weise äußert sich dieser Rückgang bei den Referendaren früher als bei den Assessoren. Im Jahre 1883 war die Zahl der Ersteren in zehn Jahren von 1744 auf 3937 gestiegen; sie beläuft sich in diesem Jahr auf 2973, hat sich also von Jahr zu Jahr fallend um rund 1000 wieder vermindert. Die Zahl der Assessoren wuchs von 1883, wo die Zahl der Referendare ihre Höhe erreichte, unter der Nachwirkung dieser Zunahme, bis zum Jahre 1894 von 748 auf 1833, zum Mindesten scheint ein Stillstand erreicht zu sein; seit 1891 hat diese Zahl sich um 8 vermindert das Jahr 1892 zählt 1827 Assessoren. Bei diesen Zahlen ist zu bemerken, daß die Assessoren nach dem je am ersten Oktober vorhandenen Bestand gezählt sind, die Zahl der Referendare ist je am 1. Juli zusammengestellt.
- Am Donnerstag morgen um 10 Uhr wurde vom Hauptbahnhof in Frankfurt a. M. ein Extrazug abgelassen, in welchem höhere Bahnbeamte eine Probeschnellfahrt nach Berlin antraten, bei der mit einer Geschwindigkeit von 90 Kilometern in der Stunde gefahren wurde. Der Extrazug bestand aus der Maschine Nr. 259 ("Frankfurt") und vier Wagen. Die Strecke bis Elm (82 Kilometer) wurde in drei Viertelstunden zurückgelegt, bis Berlin in 5 Stunden. Von Bebra bis Nordhausen (260 Kilom.) fuhr der Probezug ohne Halt.
- Eine Sendung für den Kaiser ist dieser Tage mit einem Hamburger Dampfschiff aus Christiania abgegangen, nämlich verschiedene Theile der Walfische, die während des Walfanges des Kaisers im letzen Sommer am Bord des Fangschiffes des Disponenten Giäver in Skaorö geschossen wurden. Dem Wunsche des Kaisers zufolge wird von den Walen ein Kinnbacken, eine Rippe, mehrere Rückenwirbel, Barten, ein aus den Blättern an den Rückenwirbeln des Wals verfertigter Stuhl samt einer Dose mit Walbeef abgesandt. Später folgen ein Stock aus Walbein, das Nasenbein und ein Schulterblatt, welches die Malerin Betzky Berg, die sich während des kaiserlichen Besuches auf der Walfängerstation in Finnmarken daselbst aufhielt, mit Bildern und Emblemen von der Jagd ausschmücken soll. Endlich werden auch verschiedene Photographien vom Walfange gesandt. Alle diese Gegenstände gedenkt der Kaiser in seinem im letzten Sommer aufgeführten norwegischen Hause in Potsdam anzubringen. Daselbst sind schon einige Vögel und Tiere von den norwegischen Jagden des Kaisers aufgestellt.
- Eine merkwürdige "Badegeschichte" erzählt die Kreuzzeitung: Ein Arzt wurde kürzlich zu einem Bauer in der Nähe von Spandau gerufen, der an einem typhösen Fieber litt. Der Arzt verordnete dem Kranken u. a. auch ein kaltes Bad. Am nächsten Tage kam er wieder und hörte, daß das kalte Bad dem Kranken schlecht bekommen wäre, er sei fast tot. Die weitere Nachfrage ergab folgendes: In Ermangelung einer Badewanne hatte man den Kranken an einem Stricke in den Brunnen hinabgelassen. Als er das Wasser spürte, schlug er um sich, so daß der Strick zerriß. Man holte eine Leiter und einen neuen Strick, und so dauerte das Bad wohl drei Viertelstunden. Der Arzt verordnete rasch tüchtige Abreibungen, und nach kurzer Zeit konnte er sich davon überzeugen, daß das Fieber vollständig verschwunden und der Kranke außer aller Gefahr war.
- Ein schreckliches Unglück ereignete sich am Mittwoch in der Nähe der neuen Freihafen=Anlagen von Kopenhagen. Ein kleiner Dampfer war damit beschäftigt, Sand aufzugraben, als plötzlich der Kessel barst und das ganze Schiff in die Luft schleuderte, 4 Mann retteten sich, mehr oder weniger schwer verwundet, ans Land, zwei andere wurden buchstäblich zerrissen.
- Der überaus seltene Fall des Uebertritts eines Christen zum Judentum ist dieser Tage in Berlin vorgekommen. Ein junger Apotheker wollte die Tochter eines reichen Juden heirathen; der Vater des Mädchens wollte aber von der Verheirathung seiner Tochter mit einem Christen nichts wissen und stellte die Bedingung, daß der Bräutigam zur mosaischen Religion übertreten sollte. Der Jüngling ist dieser Forderung nachgekommen.


Anzeigen.

In Sachen betr. die Zwangsversteigerung der dem Großkäthner Heinrich Lange in Ziethen gehörigen und daselbst sub Nr. VII. belegenen Halbstelle c. p. stehen vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an:
1, der Verkaufstermin auf

Dienstag den 7. Februar 1893,
Vormittags 11 Uhr,

2, der Ueberbotstermin auf

Dienstag den 7. März 1893,
Vormittags 11 Uhr.

[ => Original lesen: 1892 Nr. 90 Seite 3]

Ferner ist Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das Gründe o. p. und an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör), soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, so wie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Dienstag den 7. Februar 1893,
Vormittags 11 Uhr

angesetzt.
Die Verkaufsbedingungen liegen 14 Tage vor dem ersten Verkaufstermine auf der Gerichtsschreiberei I des unterzeichneten Amtsgerichts zur Einsicht der Betheiligten aus. Dem Sequester, dem Schuldner und den bei der Zwangsversteigerung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen, zu dem Zwecke einer endlichen Regulierung der Verkaufsbedingungen in dem zur Anmeldung der dinglichen Ansprüche an das Grundstück c. p. bestimmten Termine und in dem Verkaufstermin zu erscheinen, so wie innerhalb acht Tage vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 11. November 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    M. Wienck.


Zur Ausloosung der Geschworenen, welche für die am 5. December 1892 bei dem hiesigen Landgerichte beginnenden ordentlichen Sitzungen des Schwurgerichts in die Spruchliste aufzunehmen sind, habe ich auf

Mittwoch, den 18. November 1892,
Mittags 12 Uhr,
eine öffentliche Sitzung des Großherzoglichen Landgerichts in dem Sitzungszimmer der Civilkammer I anberaumt.
Güstrow, den 10. November 1892.

Der Präsident des Großherzoglichen Landgerichts.
(gez:) von Amsberg.


In das hiesige Handelsregister Fol. XXI., Nr. 34 betreffend die Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt zu Schönberg, ist heute Col. 6 eingetragen:

"Das statutenmäßig ausscheidende erste Mitglied des Directorii der Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt hierselbst, Ackerbürger Joachim Boye in Schönberg, ist in der am 25. October 1892 abgehaltenen ordentlichen Generalversammlung der Actionäre dieser Anstalt als Mitglied des Directorii wiedergewählt worden und als solches durch die ad [41] act. sub A. anliegende beglaubigte Urkunde d. d. Schönberg den 25. October 1892 und die daselbst sub B anliegende Registratur von demselben Dato, welche auch die Erklärung der Annahme der Wahl und Zeichnung des Namens seitens des p. Boye enthält, legitimirt."
Schönberg, im Fürstenthum Ratzeburg,
den 9. November 1892.

Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    A. Dufft.


Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung Großherzoglicher hoher Landes=Regierung vom 8. d. M. - Offizieller Anzeiger Nr. 31 - gestatte ich mir ergebenst anzuzeigen, daß die ordentliche Contribution von mir an den Hebungstagen nur Nachmittags von 1 bis 3 Uhr entgegengenommen werden wird.
Schönberg, den 14. November 1892.

                                                    H. Spieckermann,
                                                    Amtsverwalter.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Am Freitag den 18. November ds. Js. Vormittags 11 Uhr sollen in Herrnburg

circa 50 Mille Torf - theils im Schuppen und theils auf dem Moore befindlich - ein Torfschiff und sonstige Torfgeräthschaften
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden. Sammelplatz der Käufer beim Schulzen Grieben in Herrnburg.
Schönberg, den 14. November 1892.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Am Mittwoch den 30. November ds. Js. Vormittags 10 Uhr sollen die Wohn- und Wirthschaftsgebäude der St. Petri=Ziegelei nebst den dazu gehörigen 11 ha. 10 ar. 25 qm. großen Ländereien auf 10 Jahre vom 1. April 1893 an gerechnet im Saale des Armenkollegiums, St. Annenstraße Nr. 5, öffentlich meistbietend verpachtet werden.
Das Gewese liegt in der Vorstadt St. Jürgen und eignet sich für einen Fuhrmann, Vieh= oder Pferdehändler oder für einen Gärtner.
Die Bedingungen liegen bei Herrn J. L. F. Lau, Hüxstraße 56/58 zur Ansicht aus.
Die Besichtigung ist nach vorheriger Meldung bei dem jetzigen Pächter täglich Nachmittags gestattet.
Lübeck den 1. November 1892.

                                                    Der Vorstand
                                                    der St. Petri=Ziegelei.


16. General=Versammlung
des
Landwirthschaftlichen Vereins kleinerer Landwirthe
für das Fürstenthum Ratzeburg
am Sonnabend, den 19. Nov. 1892,
Vormittags 9 1/2
im Lokale des Herrn Gastwirth J. Boye in Schönberg.
                                                    Der Vorstand.


Allgemeine Schönberger Sterbekasse.
Außerordentliche Versammlung am
Sonntag, den 20. November,
Nachmittags 3 Uhr
beim Gastwirth Boye.
Tagesordnung:                          
Aenderung der Statuten.
                                                    Der Vorstand.


Ich habe mich in Lübeck als

Spezialarzt

für Geburtshülfe, Frauenkrankheiten, Unterleibsleiden niedergelassen.

Dr. med. Friedrich Ater,
langjähriger Assistent an der Universitäts=Frauenklinik zu Freiburg in Baden.
Sprechstunde von 2-4 Uhr tägl., außer Sonntags.
Wohnung Parade 1, neben dem kath. Krankenhaus.


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Röstung durch Dampfbetrieb.
Bei Bezug von Postcolli frco. gegen Nachnahme oder vorherige Einsendung.
Niederlagen werden errichtet.
Lohnender Verdienst.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 90 Seite 4]
Logo der Hagelassekuranz

Da unsere Gesellschaft in diesem Jahre keinen Hagelschaden zu vergüten hat, soll auch nur ein Beitrag von 20 Pfennig pro 100 M. Versicherungssumme zur weiteren Verstärkung des Reservefonds - der jetzt bereits 30,300 M. beträgt - erhoben werden.
Wir ersuchen unsere Mitglieder, solchen Beitrag am

Mittwoch, den 16. November
Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.

Schönberg, den 1. November 1892.
Die Direction.
der Hagelversicherungs=Gesellschaft.
J. Kröger.                                                     Wilh. Heincke.


Zu dem am Donnerstag, den 17. November d. J. bei mir stattfindenden

Landmanns-Balle

erlaube mir, die Herren Hauswirthe hierdurch freundlichst einzuladen.

                                                    J. Boye.


Zahnschmerzen aller Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extrakt beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. In Fl. à 50 Pfg. im Alleindepot für Schönberg bei Heinr. Böckmann Bandagist.


Malerschule Buxtehude.

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Dir. Eiserwag.


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                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Heinrich Böckmann
                                                    Handschuhmacher.


Montag, den 21. November 1892
im Saale des Herrn Boye in Schönberg
Großes Concert
ausgeführt von dem
städtischen Orchester in Wismar
unter Mitwirkung des Violin=Virtuosen
===== Herrn Concertmeisters =====
Carl Hopfe,
mehrjähriger Schüler von Professor Joachim und der königl. Hochschule in Berlin.
Anfang 7 1/2 Uhr.                           Entree 75 Pf.
Abonnements=Billets im obigen Lokale.
Wismar.                                                    
                                                    Julius Müller,
                                                    städt. Musikdirector.
Nach dem Concert: Tanz.


Einem sehr werten und hochgeehrten Publikum Schönbergs, auch allen Landbewohnern, welche im Laufe des vergangenen Sommers durch regen Besuch meine Arbeiten unterstützten, sage auf diesem Wege allerseits meinen herzlichsten Dank.
Sülsdorf, im Herbst 1892.

                                                    J. Wiencke, Gastwirth.

                    NB. Empfehle auch zur Winterszeit,
                          Wenns friert und schneit,
                          Den Eingang zur Gemüthlichkeit!
                                                                                                        D. O.


40 schöne Ferkel,
6 Wochen alt, hat abzugeben                                                    
Lockwisch.                                                     A. Russwurm.


Verloren

auf dem Wege Hotel Stadt Lübeck bis zum Schulhause eine blaue Herrenweste. Der Finder wird gebeten dieselbe abzugeben bei

                                                    Planthaber & Heitmann.


Zugelaufen ein rothbuntes Kalb, der rechtmäßige Eigenthümer kann sich dasselbe, gegen Erstattung der Inseration= und Futterkosten bei mir abholen.

Rupensdorf
bei Schönberg i. M.
                                                     H. Maass,
Schulze.


Böhm. Stückbraunkohlen
bei gefl. prompter Ertheilung von Aufträgen auf baldige Lieferung empfehle ab Bahnhof billigstens
                                                    F. Heitmann.


Gesucht zu sofort oder zu Weihnachten ein in Küche und Haus erfahrnes

Dienstmädchen.
Ratzeburg.                                                     Frau Dr. Buddenberg.


Da ich jetzt von meiner Krankheit soweit hergestellt bin, daß ich mein Geschäft wieder betreiben kann, so bitte ich meine Freunde und Gönner, mich mit Ihrer Arbeit beehren zu wollen.

Schönberg i. M.                                                     W. Nothdurft.


Gesucht zu sogleich an Stelle eines erkrankten, ein ordentliches Stubenmädchen das schon als solches gedient hat.

Kaarz bei Brüel
i. M.
                                                     Caroline Bade,
geb. Bicker.
Näheres zu erfragen In der Expedition d. Bl.


Danksagung.

Für die vielen Glückwünsche und Aufmerksamkeiten, die uns zur silbernen Hochzeit zu Theil geworden sind, sagen wir unseren Freunden und Bekannten unseren aufrichtigsten und tiefgefühlten Dank.

                                                    Th. Rütz und Frau.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hiezu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 90 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 90 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 15. November 1892.


15 Monate unter den Menschenfressern am oberen Kongo.

Theodor Westmark, der bekannte schwedische Afrikareisende, hatte sich obiges Thema für einen Vortrag gewählt, der am Freitag eine zahlreiche Gesellschaft von Damen und Herren nach dem Architektenhause in Berlin gelockt hatte. Ehe der Vortragende auf den eigentlichen Gegenstand einging, kritisirte er zunächst in scharfen Worten das Vorgehen Stanley's in Afrika, der bei seinen Expeditionen hauptsächlich sein Geschäftsinteresse im Auge gehabt und rücksichtslos Eingeborene wie Europäer vernichtet habe, wenn sie seine Absicht kreuzten.
Am 18. Februar 1884 verabschiedete sich Westmark von Stanley, um den oberen Kongo aufzusuchen und hauptsächlich, um vor Gründung einer französischen Niederlassung von dem Territorium Besitz zu ergreifen. Der Redner giebt zunächst eine begeisterte Schilderung von der Schönheit des durchzogenen Gebiets und geht dann auf Sitten und Gebräuche der Bengala ein, die unter dem 7. bis 10. Grad südlicher Breite wohnen, deren Gebiet äußerst fruchtbar ist und auch für europäische Colonisation geeignet wäre. Die Bangala sind kräftige, wohlgestaltete Leute mit intelligenten Gesichtszügen, sie theilen sich untereinander in vier streng geschiedene Klassen und huldigen der Vielweiberei im weitesten Umfange; die Zahl ihrer Frauen ist nur begrenzt durch die Grenze ihres Reichthums. Der Verlobte erhält nicht etwa eine Mitgift, sondern muß eine solche noch an den Vater nur in Gestalt von Sklaven, leeren Glasflaschen oder Perlen bezahlen. Eine Sklavin ist natürlich billiger, etwa für einige leere Flaschen im Werthe von 25 Pfg. zu haben, manchmal noch billiger, dann ist sie aber nicht Prima=Qualität. Paßt der Frau die Ehe nicht, so kann sie ruhig wieder ins Vaterhaus zurückkehren; das Kaufgeld wird aber nicht wieder zurückgegeben, und hieraus entstehen die blutigsten Händel, die zum Kriege zwischen ganzen Ortschaften führen. Mit dem Kaufe eines Weibes hat man aber immerhin ein gutes Geschäft gemachte denn die Frau braucht garnichts, macht auch keine Toilettenkosten und thut die ganze Arbeit, während der Mann ißt, trinkt und schläft. Die Kinder solcher Frauen sind wieder neues Capital, was den Reichthum der Bangala vermehrt. Die äußerste Sorgfalt legt der Stamm auf die Harrtracht, die in vielen stark eingeölten Flechten besteht, die sehr häufig auch falsch sind, gerade wie bei uns. Die Kleidung ist die denkbar einfachste; die Männer tragen einen Leinengürtel um die Lenden, die Frauen eine Glasperlenkette um den Hals. In seiner Religion kennt der Bangala keine Belohnung und Strafe, er nimmt alle seine Reichthümer, seine Frauen und Sklaven mit ins Jenseits. Er glaubt, daß er nach dem Tode weiß werde, deshalb sieht er uns Weiße als Gespenster aus der anderen Welt an und hält uns für schlecht, weil wir unsere Körper mit Kleidern bedecken. Die Neger fliehen die Weißen daher wie den Teufel, den sie auch als böses Wesen kennen. Im übrigen sind sie streitsüchtig und raubsüchtig. Ihre Privathändel machen sie mit dem Messer ab, im Kriege benutzen sie die Lanze oder auch das Gewehr, in welches sie aber möglichst viel Pulver laden, damit es gut knallt. Weil nun dadurch häufig die Gewehrläufe gesprungen sind, so wenden sie beim Losdrücken den Kopf zurück, weshalb ihre Schüsse nicht gerade sehr sicher sind. Ist der Ueberfall eines Dorfes geglückt, so wandern die Bewohner in die Sklaverei und mit dem Siege sind große Schmausereien von Menschenfleisch verbunden. Die Frauen entgehen wegen ihres Werthes meist dem Tode; es kam aber auch vor, daß ein Häuptling 7 seiner Frauen, nachdem er sie unter falschen Beschuldigungen vor ein Gericht gestellt hatte, tödten ließ und mit Haut und Haaren auffraß. Auch eine übermäßig fette Frau, die nicht mehr arbeiten konnte, wurde gegessen. Giebt einer der Großen der Bangala ein Festessen, so geht es nicht ab, ohne daß einige Sklaven geschlachtet werden, dieselben erleiden dann noch vorher die Marter, daß sie hinter einem Boot durch den Fluß gezogen werden, wobei sie kaum mit dem Kopf aus dem Wasser ragen; dadurch soll das Fleisch schmackhafter werden. Sodann zerschlägt man den armen Opfern die Knochen mit einem großen Messer und läßt sie noch lange liegen, ehe man ihnen das Haupt abschlägt. Das Fleisch wird vom Morgen bis Mittag in einem großen Kessel gekocht, und dann beginnt die Tag und Nacht dauernde Schmauserei. Auch bei einem Todesfall sind Menschenopfer gang und gäbe. Ein solches Opfer wird an einen Baum gebunden und man schlägt ihm mit einem Schwert den Kopf ab; gelingt der Hieb nicht, so wird das Haupt mit den Händen abgerissen. Die Frauen der Todten müssen die ganze Nacht hindurch klagen und wehe der Witwe, deren Klage nicht laut genug ist, sie bekommt einen giftigen Trank und es werden ihr sämmtliche Haare ausgerissen.
Nach 15 Monaten kehrte Westmark als einziger von 7 Reisegefährten, mit denen er Europa verlassen hatte, in sein Vaterland zurück, er schloß seinen Vortrag mit der Mahnung, die Cultur in möglichstem Umfange in diese Gebiete zu tragen und vor allem der Sklaverei entgegen zu arbeiten. Zu diesem Zwecke seien möglichst viel Stationen zu gründen, dadurch der Gemeinsinn zu wecken und eine spätere Auswanderung von Europa vorzubereiten.


Aus dem russischen Arbeiterleben.
Skizze von Ernst Schrill (S. Heller.)

Wer in diesem Sommer die Zeitungsnachrichten über rohe, sinnlose Excesse russischer Arbeiter bei Gelegenheit der Cholera in einigen Städten gelesen hat, mag sich verwundernd gefragt haben, wie dergleichen denkbar sei. Die dümmsten Gerüchte wurden blindlings geglaubt! Die Aerzte hätten ein weißes Cholerapulver, das die Deutschen erfunden, ausgestreut, um dadurch eine allgemeine Krankheit zu erzielen, bei der sie mehr verdienen könnten; die Kranken würden in den Baracken vergiftet, die noch Lebenden verscharrt u. s. w. Wie ist das möglich, fragt hier mancher Deutsche, der täglich seine Zeitung liest, daß die Leute dergleichen Kinderfabeln glauben konnten? Ich möchte mit einer Frage antworten, die mein zehnjähriger Sohn Hans that, als er am ersten Tage nach unserer Ankunft aus Rußland in Berlin auf die Straße kam: "Papa, da hat ein Droschkenkutscher eine Zeitung! Können denn hier die Droschkenkutscher lesen?" Das russische Volk, das erst seit 30 Jahren aus dem Bann der Leibeigenschaft erlöst ist, kann zum größten Theil nicht lesen! Mindestens 70 pCt. der Erwachsenen in Stadt und Land liest nicht so viel, wie hier ein siebenjähriges Schulkind. Der herrschenden russischen Kirche war bis vor Kurzem die Volksschule ebensowenig ein Bedürfnis, als der katholischen Kirche in Deutschland vor der Reformation. Erst die evangelische Kirche verlangte von jedem Konfirmanden, daß er die Bibel lesen könne, und so wurde die Kirche die Mutter der Volksschule. Das fehlt dort, und ich erinnere mich, wie eines Abends, als ich in einem südrussischen Dorfe von etwa 500 Seelen mit zwei alten Bauern mich unterhielt und zur Bekräftigung meiner Ansicht sie auf das neue Testament verwies, der eine sagte: Wir haben im Dorf kein neues Testament."
"Nun so will ich Euch ein russisches neues Testament schenken."

[ => Original lesen: 1892 Nr. 90 Seite 6]

Da lachten beide und sagten: "Wozu, Väterchen, hier kann keiner lesen."
"Was," fragte ich betroffen, "niemand? Es wird doch jemand lesen können?"
"Nein, seit meines Bruders Sohn, der Grischa, der beim Militär lesen gelernt hatte, nicht mehr im Dorfe wohnt, kann keiner hier lesen."
"Ja, was macht Ihr dann," fragte ich weiter, wenn ein schriftlicher Befehl von der Polizei oder dem Steueramt ankommt?
"O, dann setzen wir einen Jüngeren auf's Pferd, lassen ihn ins nächste Dorf reiten, wo eine Schule ist, und dort liest man ihm den Brief vor."
Da kann man sich denken, wie pünktlich und klar solche Befehle mitgetheilt und später ausgeführt werden. Unter diesem Bann schmachtet auch der russische Arbeiter, und dieser eine Umstand giebt schon einen wichtigen Grundstrich zu dem Bilde, das ich zeichnen möchte. Wieviel hängt mit der Volksschulbildung zusammen und läßt sich nur auf derselben aufbauen!
Fangen wir mit einem der niedrigsten Arbeiter Rußlands an, den sogenannten Burlak, dessen Name in Rußland vielfach als Bezeichnung für einen rohen plumpen Menschen gebraucht wird. Burlaken nennt man die Leute, die, zu 10 und 20 an ein Seil gespannt die großen Kähne auf der Wolga und anderen Flüssen stromaufwärts ziehen. Für einen erbärmlichen Hungerlohn muß der Burlak in brennender Sonnenhitze, am schattenlosen Ufer oder im strömenden Regen seine entsetzlich schwere Arbeit thun. Gemeinsame Mahlzeiten, bestehend aus Grütze und Kohlsuppe - an Festtagen tritt wohl noch ein Schnaps und ein getrockneter Hering hinzu - sind die kurzen Lichtpunkte seines freudlosen Daseins. Höchstens, wenn sein Schiff einen längeren Aufenthalt nimmt, kann er seinen mühsam verdienten Lohn in sinnlosem, mehrtägigem Schnapsrausch vertrinken. Eintönige schwermütige Melodien singend, so ziehen die armen Burschen an ihrem Seil, ohne in ihrer Stumpfheit zu ahnen, au welchem anderen starken Seil der Schnaps sie hält, bis der Tod es durchschneidet.
Eine ganz andere Erscheinung ist der ländliche Arbeiter. Die inneren Gouvernements Großrußlands leiden an einer Uebervölkerung, weil die Landwirthschaft im Argen liegt und die Industrie sich noch nicht entwickelt hat. Der Landbesitz war ja bis zum Jahre 1861 nur in den Händen des Adels und der Regierung und auch von jenem Zeitpunkt an haben die Bauern verhältnißmäßig engbegrenzte Landtheile zu eigen bekommen. Was vor dreißig Jahren zur Noth ausreichte, wenn man nebenbei auf den herrschaftlichen Feldern durch Tagelohn etwas hinzu verdiente, das reicht heute lange nicht mehr. Einige Gegenden treiben daher eine specielle ländliche Hausindustrie, die meisten aber entsenden im Frühjahr ihre arbeitskräftigen Männer in den Süden Rußlands. In langen Schaaren sieht man sie im April südwärts ziehen und zwar, weil das Geld fehlt, wird die weite Reise vielfach zu Fuß gemacht und in Dörfern gebettelt, wo der Weg sie vorbeiführt. In der Zeit vom 1. Mai bis 1. Okt. etwa verdient ein nüchterner ordentlicher Erntearbeiter bei freier Station 250-300 M., die ihm dann den Jahresunterhalt seiner Familie ermöglichen helfen. Denn daheim hat seine Frau oder der greise Vater das eigene schmale Land bestellt und, wenn Alles nach Wunsch geht, Niemand in der Familie krank wird und die Ernte einigermaßen ausfällt, dabei noch Holzfällen oder andere Arbeit im Winter getrieben wird, kommt die Familie gut durch. Freilich darf man nicht vergessen, wie gering die Bedürfnisse sind. So eine schlichte russische Bauernfamilie auf dem Lande hat nicht die Ansprüche des Westeuropäers; Wanduhren, Federbetten, Nähmaschinen, Zeitungen, das Vereinsleben mit seinen Unkosten, alles das kennt man nicht. Und wie die Hütte und der Wagen ohne einen Nagel, oft ohne Verwendung von einem Stück Eisen hergestellte Tisch, Bänke, Truhen, - man schläft meist auf dem breiten, niedrigen gemauerten Ofen, - dem schlichten Können des Zimmermanns, der sich hauptsächlich des Beiles bedient. Freilich giebt es darunter Leute, die mit ihrem Beil ohne Hobel oder Stemmeisen ganz wunderschöne Sachen fertigstellen. In vielen Haushaltungen wird nur einmal am Tage gekocht und zwar gegen Abend. Morgens ißt man ein Stück Brot oder kalte Kartoffeln und trinkt einen Schnaps dazu, wer's hat. Mittags desgleichen oder wer's kann, trinkt heißen Thee, zu dem man ein Stückchen Zucker abbeißt, ehe man die Tasse an den Mund setzt. Gegen Dunkelwerden ißt man die Hauptmahlzeit, bestehend aus Grütze oder Kartoffeln und Sauerkraut. Der Kohlsuppe setzt man im Sommer und Herbst die Blätter von Runkelrüben zu, wodurch ein eigenthümlicher Geschmack entsteht. Fleisch, Speck und gesalzene Fische sind eine große Seltenheit; Wurst kennt man in vielen Dörfern kaum dem Namen nach; ist doch der Name "Wurstmacher" ein Schimpfwort, das man dem Deutschen nachruft. Daher kommt die kräftige, wenn auch einfache Kost beim deutschen Colonisten dem russischen Feldarbeiter wie eine Festtagsspeise vor, und nicht selten werden die Ausgehungerten in den ersten Tagen vom Einhauen krank. Außer den erwähnten Nahrungsmitteln erfreut sich noch der Quaß einer großen Beliebtheit. In den besseren Bauernhäusern darf dieses Getränk nicht ausgehen. Ein großes Holzgefäß enthält Brodstücke von saurem Roggenbrod, auf die man Wasser gegossen hat, das so lange steht, bis das Brod zerfällt und eine Art Gährung den trüben, sauren braunen Trank fertig stellt. In der Hitze ist so ein Glas kühlen sauren Quaß ein ganz angenehmes Getränk.


- Was ist Glück? Mit dieser Preisfrage hat die Zeitschrift "Splitter" einen glücklichen Griff gethan. Die Antworten sind durchweg interessant und in der Bündigkeit der Definition geradezu schlagend, preisgekrönt wurde die Antwort: "Glück ist einzig und allein der Glaube an dasselbe". Nicht minder treffend sind folgende Definitionen: Glück ist eine goldene Kugel, die, wenn auch ungeschickt gerollt, alle Neune trifft.
            Glück ist der Humor des Schicksals.
            Glück ist der wunschloseste Augenblick.
            Im Leben mühlos vorwärts dringen,
            Behelligt nie von Neid und Tück
            Und niemals kämpfen, niemals ringen,
            Doch siegen stets - das nenn ich Glück.
Glück ist ein ganzer Traum, dessen ganzer Schöne man sich erst recht bewußt wird, wenn er vorbei ist. - Glück ist, wenn einer sich in seine Frau, die er nur des Vermögens wegen genommen hat, nachträglich verliebt. - Das Glück ist eine seltene, kostbare Perle, die zu finden nur wenigen Menschen vergönnt ist, welche aber von den wenigen, die sie gefunden haben, abermals nur wenige gut zu bewahren und festzuhalten verstehen. - Die Welt ist ein Uhrwerk, und das Glück ist der Uhrenzeiger; er zeigt Abend und Morgen, Mittag und Mitternacht. Die Welt dreht diesen Zeiger, und er dreht die Welt! - Glück ist eine Gelegenheit, die sich nicht an den Haaren herbeiziehen, wohl aber am Schöpfe fassen läßt.
- Unterhalb Ahlau ist ein Oderkahn, der 400 Zentner Sprengpulver führte, in Brand gerathen. Es ist gelungen, den Kahn zum Sinken zu bringen, ehe eine Explosion erfolgt ist. Die Mannschaft ist gerettet worden. Der Schaden wird auf 84 000 Mark geschätzt.
- Eine interessante Marschleistung führte ein Offizier, Leutnant Sommer vom 1. Großh. hessischen Infanterie=Leib=Garde=Regiment Nr. 115 zu Darmstadt infolge einer Wette am verflossenen Sonnabend aus, indem er die 53,8 Kilometer betragende Chausseestrecke zwischen Darmstadt und Heidelberg in 8 Stunden 20 Minuten zurücklegte. Er ging nachts 2 Uhr von Darmstadt ab und traf 10 Uhr 20 Minuten wohlbehalten und verhältnismäßig sehr frisch am Ziel der Neckarbrücke in Heidelberg ein; er legte somit im Durchschnitt den Kilometer in 8-8 1/2 Minuten zurück.


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