No. 87
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. November
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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Die Weihe der Schloßkirche in Wittenberg.

Mit ganz besonderem Prunk wurde am Montag die Weihe der erneuerten Schloßkirche in Wittenberg gefeiert. Schon am Sonntag hatte die Stadt reichsten Festschmuck angelegt. Der Fremdenzufluß ist von allen Seiten ein sehr großer. Die Feststraße nimmt ihren Anfang am Bahnhof. Den unmittelbaren Eingang zur Stadt bezeichnet die mit einer großen Krone versehene, mit Fahnenbündeln und mit zwei schön ausgeführten allegorischen Figuren, Theologie und Philosophie darstellend in den Lehrstühlen von Halle und Wittenberg, geschmückte Ehrenpforte. Ein schmuckloses, mit einer einfachen Guirlande umzogenes Gitter umschließt die Luthereiche, einen knorrigen, weitverzweigten Baum; er trägt die Inschrift: "Dr. Martin Luther verbrannte an dieser Stätte am 10. Dezember 1520 die päpstliche Bannbulle."
Am Montag 7 Uhr wurde von allen Kirchtürmen zur Einweihung des Festes das Lutherlied "Ein feste Burg ist unser Gott" geblasen. Gegen 8 1/2 Uhr hielten die Torgauer Geharnischten in ihren prächtigen mittelalterlichen Rüstungen ihren Einzug. Der Kaiser und die Kaiserin traten am Montag von Wildpark aus um 8 Uhr 15 Minuten vormittags in Begleitung der drei ältesten Prinzen über Berlin die Reise nach Wittenberg an. Gleichzeitig fuhren der Kronprinz von Schweden, der Herzog von York, Prinz Heinrich von Preußen, Prinz Johann von Schleswig=Holstein=Sonderburg=Glücksburg und Prinz Adolf von Schaumburg=Lippe.
Von 10 Uhr ab versammelten sich auf dem Rathhausplatze die eingeladenen fürstlichen Gäste, unter ihnen der Fürst von Waldeck, die Herzöge von Anhalt, von Sachsen=Altenburg, Fürst von Schwarzburg=Rudolstadt, Erbprinz Reuß, der Reichskanzler Graf v. Caprivi, die activen Staatsminister, die früheren Minister v. Puttkammer, v. Goßler, alle begrüßt vom Kultusminister Dr. Bosse und vom Präsidenten des Ober=Kirchenrathes Dr. Barkhausen. Um 11 Uhr begann das Geläute sämmtlicher Glocken. Im Vordergrunde standen die Fürstlichkeiten, dahinter die Generalsuperintendenten, die Dekane der Hallenser Universität, die Studenten und im Hintergrunde die Torgauer Geharnischten zu Fuß und zu Pferde. Jeder einzelne der ankommenden Fürsten wurde mit dem Präsentirmarsche von der Ehrenwache begrüßt.
Der kaiserliche Sonderzug, der den Kaiser und die Kaiserin nebst zahlreichem Gefolge brachte, fuhr fahrplanmäßig wenige Minuten nach 11 Uhr im Bahnhofe ein, von dem sich der Kaiser in offenem Vierspänner mit Spitzreiter, auf dem ganzen Wege von dem Jubel der Bevölkerung begrüßt, nach dem Rathhause begab. Tausende von Menschen hatten sich dort zusammengefunden - man schätzt die Zahl auf ca. 30 000 Personen - und sandten den Hohen Herrschaften aus Fenstern und Thüren und wo überall sie standen, unter Tücher= und Hüteschwenken herzlich Willkomm entgegen. Der Kaiser war von der Großartigkeit des Empfange sichtlich überrascht und dankte unter freundlichem Lächeln nach allen Seiten. Die Kaiserin fuhr in vierspänniger Equipage, begleitet von dem Kronprinzen, der Erbprinzessin von Meiningen und der Prinzessin Friedrich Leopold, direkt zur Schloßkirche und legte an der Grabstätte Luthers kostbare Kränze nieder.
Die Fürstlichkeiten begaben sich in die vor dem Rathhause erbaute offene Empfangshalle; umgeben von den Vertretern der städtischen Behörden begrüßte Herr Bürgermeister Dr. Schild den Monarchen mit einer Ansprache.
In seiner Erwiderungsrede auf diese Ansprache gab der Kaiser seiner Freude Ausdruck, die Stadt Wittenberg aus so bedeutungsvollem Anlaß besuchen zu können und sie so reich geschmückt zu finden. Er wolle halten, was sein hochseliger Großvater Kaiser Wilhelm und was Kaiser Friederich gelobt, und freue sich, das ausgeführt zu sehen, was sein hochseliger Vater mit besonderer Liebe erstrebte.
Darauf setzte sich der Festzug zur Kirche unter Leitung der Festordner in Bewegung. Festliches Glockengeläute von den Thürmen der Stadtkirche wie von dem der Schloßkirche begleitete denselben. Beim Annähern des Zuges an die Schloßkirche erklang von der Galerie des Thurmes der Choral; "Ein feste Burg ist unser Gott." Der Kaiser betrat nach Ankunft des Zuges an der denkwürdigen Thesenthür die Estrade des vor derselben errichteten, mit kaiserlichen Adlern reich geschmückten Zeltes, wo nunmehr die Uebergabe der Schlüssel stattfand, Der Geh. Rat Adler überreichte den Schlüssel auf einem Sammetkissen. Der Kaiser übergab ihn mit einigen weihevollen Worten dem Präsidenten des evangelischen Oberkirchenrats, Dr. Barckhausen. Der letztere übergab den Schlüssel dem Superintendenten Quandt etwa mit folgenden Worten: "Auf Befehl Sr. Majestät des deutschen Kaisers und Königs von Preußen, des Schirmherrn und Bauherrn dieses Gotteshauses und Kraft des mir übertragenen Amtes als Vorsteher der höchsten kirchenregimentlichen Behörde dieser Lande übergebe ich Ihnen als dem berufenen Diener am Worte diesen Schlüssel, um die Thür des erneuerten Gotteshauses zu öffnen. Möge diese Pforte allen, welche durch dieselbe eintreten, werden zur Thüre zum Himmelreich. Amen." Auch Kultusminister Bosse richtete an den Kaiser eine Ansprache, in welcher er sagte: "Eure Majestät stehen hier vor der Schloßkirche, die trotz wiederholter Zerstörung in Kriegsfällen allen Stürmen der Zeit getrotzt hat und dadurch Zeugnis giebt von der Fortdauer der evangelischen Wahrheit."
Nachdem die Kirchthür geöffnet, betraten die Fürstlichkeiten und nach denselben der Kaiser unter den Klängen einer Hymne die Kirche, letzterer nahm auf dem erhöhten Kaiserstuhl, die Fürstlichkeiten auf dem von ihnen gestifteten Gestühle Platz. Darauf intonierte die Orgel mit vollen Registern den Gesang: "Komm heiliger Geist", auf welchen der durch Generalsuperintendent Schulze vollzogene Weiheakt folgte.
Nach Beendigung des Festgottesdienstes begaben sich der Kaiser, die Kaiserin und die fürst=

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lichen Gäste nebst Gefolge zu Wagen nach dem Lutherhause. In den leeren s. Z. bewohnten Räumen desselben verlas der Kaiser mit lauter Stimme die urkundliche Aufzeichnung über den stattgehabten Weiheakt, die demnächst vom Kaiser und den anwesenden Fürstlichkeiten sowie von den Vertretern der abwesenden Fürstlichkeiten und der freien Städte eigenhändig unterzeichnet wurde. In dieser Urkunde heißt es u. a.
"In evangelischer Glaubensgemeinschaft haben Wir den Allmächtigen gnadenreichen Gott in heißem Gebete angerufen, Unserem evangelischen Volke die Segnungen der Reformation zu bewahren, Gottesfurcht, Nächstenliebe und Unterthanentreue in Unseren Landen zu mehren, Unser deutsches Vaterland in seiner gnädigen Obhut zu behalten, redliches Streben und Schaffen in allen Berufszweigen mit Seinem Segen zu krönen, Uns und allen Mitchristen durch Jesum Christum ein seliges Ende in der Gewißheit einer fröhlichen Auferstehung zu bescheeren. Wie Wir zu dem die gesammte Christenheit verbindenden Glauben an Jesum Christum, den Mensch gewordenen Gottessohn, den Gekreuzigten und Auferstandenen, uns von Herzen bekennen und wie Wir zu Gott hoffen, allein durch diesen Glauben gerecht und selig zu werden, also erwarten wie auch von allen Dienern der evangelischen Kirche, daß sie allezeit beflissen sein werden, nach der Richtschnur des Wortes Gottes in dem Sinn und Geiste des durch die Reformation wiedergewonnenen reinen Christenglaubens ihres Amtes zu warten, das Volk zu Gottesfurcht und Unterthanentreue, zu herzlicher Liebe und Erbarmung gegen alle Mitmenschen, auch gegen die Andersgläubigen, anzuleiten. Unseren evangelischen Unterthanen vertrauen Wir, daß sie treu festhalten an dem durch das gesegnete Werk der Reformation erneuerten reinen Christenglauben, daß sie durch Uebung christlicher Liebe, Duldung und Barmherzigkeit gegen die Mitbrüder als wahre Jünger und Nachfolger des Herrn und Heilandes sich erweisen, daß sie mit Uns alle ihre Hoffnung setzten auf die allein seligmachende Gnade Unseres Herrn Jesu Christi, Hochgelobet in Ewigkeit! Das walte Gott! Amen."
Die Urkunde ist im gothischem Stil gehalten, zeigt in ihrem oberen Theile die äußere Ansicht der Schloßkirche und das Bildnis Luthers, auf der oberen linken Seite das innere der erneuerten Schloßkirche, darüber das Wappen des Kaisers. Nach der Unterzeichnung nahmen der Kaiser und die Kaiserin nebst den kaiserlichen Prinzen und den übrigen fürstlichen Gästen von der vor dem Lutherhause erbauten Tribüne die Huldigung des historischen Festzuges entgegen, der von Bewohnern Wittenbergs und der Umgegend veranstaltet war.
Hierauf fand im Refektorium und in den oberen Sälen des Lutherhauses eine Frühstückstafel zu 450 Gedecken statt, bei welcher der Kaiser nach dem "Reichsanzeiger" nachstehende Rede hielt:
Im dankbaren Aufblick zu Gott dem Herrn, der uns in Seiner Gnade das heutige Fest bereitet, erhebe ich den Pokal, den die Stadt Wittenberg dem Reformator Dr. Martin Luther zu seiner Hochzeit im Jahre 1525 dargebracht hat. Es war dies die Zeit, zu welcher die Reformation in den deutschen Landen bereits festen Fuß gefaßt hatte. Wittenberg, die Wiege und Werkstatt der deutschen Reformation, ward reich an Ruhm und Ehren. Kein Wunder, daß bei dem Herannahen der 400jähr. Wiederkehr des Geburtstages Luthers die Augen der evangelischen Welt sich abermals hierher nach Wittenberg lenkten und der Gedanke Gestalt gewann, eine Schloßkirche, welche die Stätte der ersten reformatorischen That gewesen und in der neben den irdischen Ueberresten der ersten Schirmherren der evangelischen Kirche die Gebeine Luthers und Melanchthons ruhen, würdig wieder herzustellen. Dieser Gedanke fand vollen Anklang in den Herzen meiner in Gott ruhenden Vorfahren, des Kaisers und Königs Wilhelms I. und des Kaisers und Königs Friedrich III. Majestäten. Aber in ihrer hochherzigen Weise erweiterten sie den Plan dahin, durch den Erneuerungsbau zugleich ein Denkmal der deutschen Reformation zu stiften. Nachdem mein hochseliger Herr Großvater die Bereitstellung der hierzu erforderlichen Mittel angeordnet hatte, ergriff mein verewigter Herr Vater das Projekt mit der ganzen Wärme Seines
tiefen Gemüts. Seiner unmittelbaren Anregung und Einwirkung verdanken wir bis in die kleinsten Ausgestaltungen das hehere Bauwerk, welches wir heute kirchlich geweiht haben. Fanden doch in dieser Angabe Sein echt evangelischer Sinn und Seine hohe künstlerische Begabung die schönste Befriedigung. Gott hat es nicht gewollt, daß mein unvergeßlicher Herr Vater das vollendete Werk hat schauen sollen. Nie aber wird die dankbare Nachwelt es vergessen, daß sein Name mit diesem Denkmal der Reformation unzertrennlich verbunden ist. Uns aber, dem lebenden Geschlechte, soll die erneute Schloßkirche nicht nur ein Zeichen der Erinnerung sein an vergangene Zeiten, sondern sie ist und bleibt uns eine ernste Mahnung für Gegenwart und Zukunft. Denn sie ist uns der beredte Ausdruck des Segens, den Gott uns durch die evangelische Kirche geschenkt hat und täglich aufs neue darreicht. Diesen Segen nicht verkümmern zu lassen, ihn dankbaren und gläubigen Herzens zu bewahren und zu pflegen, ist unsere Aufgabe. Denn auf dem gläubigen Festhalten au der ewigen Wahrheit des Evangeliums ruht unsere Hoffnung im Leben und im Sterben.
Wir haben unsern Glauben heute vor Gottes Angesicht aufs Neue bekannt, und wir vergessen es nicht, daß dieses Bekenntniß uns auch heute noch mit der gesammten Christenheit verbindet. In ihm liegt ein Band des Friedens, welches auch über die Trennung hinüberreicht. Es giebt in Glaubenssachen keinen Zwang. Hier entscheidet die freie Ueberzeugung des Herzens, und die Erkenntniß allein, daß sie allein entscheidet, ist die gesegnete Frucht der Reformation. Wir Evangelischen befehden niemand um seines Glaubens willen. Aber wir halten fest an dem Bekenntnisse des Evangeliums bis in den Tod. Das ist meine Zuversicht, mein Gebet und meine Hoffnung. Darin bestärkt mich der Geist, der diese Versammlung sichtlich durchweht.
Auf dem festen Grunde unseres evangelischen Glaubens haben wir das heutige Fest feiern dürfen. Daß dies in so erhebender Weise hat geschehen können, verdanke ich vor allem den Allerhöchsten und Höchsten Fürsten, sowie den Regierungen der freien und Hansa=Städte des Deutschen Reichs. Es drängt mich, Ihnen dafür meinen tiefen Dank zu entbieten. Der gleiche Dank erfüllt mich gegen die Allerhöchsten Souveräne befreundeter Reiche, welche mit uns durch das Band des evangelischen Glaubens verknüpft sind und welche ihre Theilnahme an der heutigen Feier durch Entsendung erlauchter und hoher Vertreter so bereitwillig bekundet haben. Mein Dank und meine Anerkennung gebühren endlich den Männern, welche den herrlichen Bau geschaffen, ihn so reich und sinnreich geschmückt und dazu beigetragen haben, das heutige Fest so schön zu gestalten. Dieser Pokal aber, den einst Luthers Lippen berührten, soll mir dazu dienen, das Wohl meiner Durchlauchtigsten Gäste daraus zu trinken. Deutschlands evangelische Fürsten und die Regierungen der Deutschen freien Städte - sie leben hoch!
Die Kaiserin und der größte Theil der fürstlichen Gäste sind gegen 3 Uhr von Wittenberg abgereist während der Kaiser die Rückreise erst abends 1/2 7 Uhr angetreten hat.


Der Kaiser hat der Stadt Wittenberg aus Anlaß der Einweihung der Schloßkirche sein Bildniß für den Rathhaussaal verliehen.
Recht bemerkenswerth ist es, was die "Hamburger Nachrichten" bezüglich der Stellung Deutschlands zu Rußland in einem offenbar inspirirten Leitarkel schreiben: Das Schüren der politischen und nationalen Feindschaft mit Rußland den Oesterreichern, Engländern und der Börsendemokratie zu Liebe könne unter Umständen großen Schaden anrichten. Deutschland habe bei einem russischen Krieg nichts zu gewinnen, aber viel aufs Spiel zu setzen. Das Hinarbeiten darauf diene den fremden Interessen, nicht denen des Deutschen Reiches und Volkes.
Anläßlich der Anordnung des Reichskanzlers daß fortan sämmtliche Drucksachen des Reichstags, auch die Tagesordnungen, als geheim zu behandeln seien, wird daran erinnert, daß schon zu Delbrücks Zeit die Geheimhaltung der Bundesrathsvorlagen erörtert worden ist. Delbrück erklärte damals, er könne in der Sache nichts weiter thun, denn die

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Mitglieder des Bundesrath seien Vertreter ihrer souveränen Regierungen und unterständen daher nicht der Disziplinargewalt des Reichskanzler=Amts. Da die Drucksachen des Bundesraths in sehr großer Zahl zur Vertheilung gelangen, so könne von einer Geheimhaltung ihres Inhalts nicht die Rede sein. Die "Kölnische Zeitung" erklärt ihrerseits, sie könne den Urheber der Veröffentlichung nicht nennen, weil sie ihn nicht kenne; aber auch, wenn sie ihn kennen würde, würde sie ihn nicht verrathen. In dieser Auffassung der Berufsehre sei die gesammte deutsche Presse einig; ein Versuch, sie zu durchbrechen, sei völlig aussichtslos.
Fürst Bismarck war am Freitag von Varzin aus zum ersten Mal zum Kreistag nach Rummelsburg gekommen. Er sah sehr wohl aus, freute sich über den begeisterten Empfang, über die festlich geschmückten Straßen, und hielt auf dem Markt auf die Ansprachen des Bürgermeisters, des Stadtverordnetenvorstehers und des Kommandeurs des Kriegervereins eine längere Rede. Nach der Kreistagssitzung und dem sich anschließenden Festessen trat Fürst Bismark, der mit Wagen gekommen war, mit der Bahn um 5 Uhr nachmittag in seinem Salonwagen die Rückreise bis Hammermühle an. Nicht endenwollende Hochs begleiteten seine Abfahrt und ließen ihn nicht mehr zum Wort kommen.
Die Genesung des jungen Königs von Spanien macht erfreuliche Fortschritte. Der Hof wird voraussichtlich in dieser Woche von Sevilla nach Granada übersiedeln.


- Neubrandenburg. Montag Mittag trafen mit dem fahrplanmäßigen Zuge der Berliner Nordbahn II. KK. HH. der Großherzog und die Frau Großherzogin im Salonwagen, von Neustrelitz kommend, auf unserem Bahnhofe ein und begaben sich in bereitstehenden Equipagen durch die reich mit Fahnen geschmückte Eisenbahnstraße nach dem am Markte belegenen Großherzoglichen Palais und bald darauf nach dem reizend gelegenen Belvedere. Die Witterung war diesem Ausfluge außerordentlich günstig. Um 3 1/2 Uhr kehrten die hohen Herrschaften nach dem Palais zurück und begaben sich nach eingenommenem Diner mit dem Courirzuge um 6 Uhr nach Neustrelitz zurück.
- Neustrelitz. Zur Vertretung Sr. K. H. des Großherzogs bei den Feierlichkeiten in Wittenberg ist Se. Excellenz der Staatsminister von Dewitz dorthin abgereist. Auch der Superintendent und Hofprediger Langbein als Vertreter der mecklenburgischen Landeskirche hat sich dorthin begeben.
Schönberg. Ein 16jähriges Mädchen aus Neschow, das hier am Markttage noch tanzte, sich aber unwohl fühlte und um 5 Uhr Nachmittags zu Fuß die Stadt verließ, hat vor der Stadt am Petersberger Wege heimlich geboren, ihr Kind in die Hecke geworfen und ist darauf bei einem hiesigen Einwohner aufgenommen, dem sie nach vielem Leugnen ihre Unthat bekannte. Der Mann ging sofort hin, das Kind zu suchen, fand es auch an der bezeichneten Stelle in der Hecke noch lebend, doch ist es einige Stunden darauf verstorben.
Schönberg. Der Lehrer Zölcker von hier bestand Ende October in Hannover die Mittelschulprüfung. Er ist in Lübeck am Catharineum angestellt.
Schönberg. Der längst gehegte Wunsch der hiesigen Gemeinde, daß unsere Kirche renovirt werde, wird nun im nächsten Jahre in Erfüllung gehen. Der Kostenanschlag ist von der zuständigen Behörde genehmigt worden.
- Am 9. Oktober d. J. hat die fortgeschriebene Bevölkerungszahl Berlins 1 640 181 betragen.
- Auf dem Schlachtfelde bei Spichern um Stieringen sind Soldaten beschäftigt, die Ueberreste der gefallenen Krieger auszugraben und sie in ein gemeinsames Grab auf einem besser gelegenen Platze zu betten. Es sind dabei Sachen aller Art ans Licht gebracht worden: Stiefel, Schuhe, Knöpfe, Gebetbücher, Stickereien, Portmonnais, Kugeln, welche noch in den Schädeln saßen, geladene Granaten u. s. w. In einem Grabe wurden nur Pferdeknochen gefunden, ein anderes war leer. Die Uniformstücke, namentlich das Lederzeug, haben sich sehr gut erhalten. In dem Ledergurt eines französischen Soldaten fand man 40 Franken in Gold. Die Ueberreste, welche auf dem Gemeindebanne von Stieringen ausgegraben wurden, werden am Schlackenberge in der Nähe des Denkmals der 77er in einem Massengrabe vereinigt, die auf dem Gemeindebanne von Spicheren aufgedeckten am Spicherer Berge. Einen Theil der Fundstücke wird der Forbacher Kriegerverein seiner Sammlung einverleiben.


Anzeigen.

Zur Publikation des bei Gericht deponirten Testaments des am 19. August 1892 zu Rabensdorf verstorbenen Rentiers Joachim Heinrich Martin Timm, gen. Matthias Timm, aus Schwerin ist auf

Sonnabend, den 19. November d. J.
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte Termin anberaumt, zu welchem etwaige Erbinteressenten hierdurch vorgeladen werden.
Schönberg, den 29. October 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    W. Freitag.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Dienstag, den 8. November d. J. Vormittags 10 Uhr sollen beim Großkäthner H. Lange in Ziethen:

1 Dreschmaschine, 1 Häckselmaschine, 2 Wagen, 1 Pflug, 2 Eggen, 1 Kornrummel, 1 Decimalwaage mit Gewichten, circa 10 Fuder ungedroschenes Korn, circa 6 Fuder Heu und 15 Fuder Stroh, 1 Leutebett, Bettstellen, Tische, Schränke, 1 Chatoulle, Pferdesielen, Säcke, Kartoffeln, Dung, auch 2 Ferkeln und andres mehr
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 29. October 1892.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Auction in Duvenest.

Am Montag, den 7. November d. J. Vormittags 10 1/2 Uhr beginnend, sollen die Nachlaßsachen der Büdner H. Lühr'schen Eheleute in Duvennest, als namentlich:

flächsen u. heeden Leinen in Bolzen, Leinenzeug, Mannes= und Frauenkleidungsstücken, Hemden, Bettzeug, Bettstellen, Kleiderschrank, Küchenschrank, Küchengeräth, Sopha, Kommode, Stühle, Tische, 3 Koffer, Wanduhr, Säcke, Schnitzbank, Arbeitsgeräth, großer Kessel, Schiebkarre, Holz und Torf, auch 560 Stück Kiepen, 1 Ziehwagen und vieles mehr,
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.

                                                    Der Vormund: H. Oldenburg.


Am Mittwoch den 30. November ds. Js. Vormittags 10 Uhr sollen die Wohn- und Wirthschaftsgebäude der St. Petri=Ziegelei nebst den dazu gehörigen 11 ha. 10 ar. 25 qm. großen Ländereien auf 10 Jahre vom 1. April 1893 an gerechnet im Saale des Armenkollegiums, St. Annenstraße Nr. 5, öffentlich meistbietend verpachtet werden.
Das Gewese liegt in der Vorstadt St. Jürgen und eignet sich für einen Fuhrmann, Vieh= oder Pferdehändler oder für einen Gärtner.
Die Bedingungen liegen bei Herrn J. L. F. Lau, Hüxstraße 56/58 zur Ansicht aus.
Die Besichtigung ist nach vorheriger Meldung bei dem jetzigen Pächter täglich Nachmittags gestattet.
Lübeck den 1. November 1892.

                                                    Der Vorstand
                                                    der St. Petri=Ziegelei.


Holz=Auction
Sonnabend, den 5. November a. c.
Vormittags 11 Uhr
für Rechnung, wen es angeht

über 314 Zwölfter, 12 und 14 Fuß 1 1/4: 4 und 5 Zoll föhrene Wahlbretter, lagernd auf Roddenkoppel in bequemen Cavelingen.
Lübeck, den 25. October 92.

                                                    Emil Tesschau,
                                                    beeidigter Auctionator.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 87 Seite 4]
Logo der Hagelassekuranz

Da unsere Gesellschaft in diesem Jahre keinen Hagelschaden zu vergüten hat, soll auch nur ein Beitrag von 20 Pfennig pro 100 M. Versicherungssumme zur weiteren Verstärkung des Reservefonds - der jetzt bereits 30,300 M. beträgt - erhoben werden.
Wir ersuchen unsere Mitglieder, solchen Beitrag am

Mittwoch, den 16. November
Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.

Schönberg, den 1. November 1892.
Die Direction.
der Hagelversicherungs=Gesellschaft.
J. Kröger.                                                     Wilh. Heincke.


Zu dem am Donnerstag, den 17. November d. J. bei mir stattfindenden

Landmanns-Balle

erlaube mir, die Herren Hauswirthe hierdurch freundlichst einzuladen.

                                                    J. Boye.


Kampf=
genossen=
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.
Schönberg.

Am Sonntag, den 6. d. Mts. ordentliche Versammlung Nachmittags 2 Uhr im Vereinslocale.

Tagesordnung:
Verschiedene Vereinsangelegenheiten.                          
                                                    Der Vorstand.


Bücher-Zirkel.

Am Dienstag den 8. November abends 7 Uhr Versammlung zwecks Ankauf neuer Bücher.

                                                                              J.


Ich habe mich in Lübeck als

Spezialarzt

für Geburtshülfe, Frauenkrankheiten, Unterleibsleiden niedergelassen.

Dr. med. Friedrich Ater,
langjähriger Assistent an der Universitäts=Frauenklinik zu Freiburg in Baden.
Sprechstunde von 2-4 Uhr tägl., außer Sonntags.
Wohnung Parade 1, neben dem kath. Krankenhaus.


Von der Reise zurück:
Dr. Roth
Spezialarzt für Chirurgie und Orthopädie.
Lübeck, Königstraße 7.


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tödtlich wirkenden Heleolin. Unschädlich für Menschen u. Hausthiere. In Dosen à 60 Pfg. und. 1 Mk. erhältlich bei

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Am Dienstag, den 8. November findet ein                          
Landmanns-Ball
bei mir statt, wozu ich freundlichst einlade.                          
Demern.                                                      H. Tretow.
Anfang abends 6 Uhr.
Weitere Einladung findet nicht statt.


Sonntag, den 6. d. Mts.                          
Tanzmusik.
                                                    J. Boye.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 6. November.
Reformationsfest.
(Collecte für den Lauenb.=Ratzeburgischen Bibelverein.)

Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (6 Uhr): Rektor Schinn.
   Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu Illustrirtes Beiblatt Nr. 45.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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