No. 77
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. September
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 77 Seite 1]

                  Obschon in der Stadt Schönberg die Cholera in diesem Jahre überall nicht epidemisch aufgetreten ist, wie dem auch laut Publicandum hoher Großherzogl. Landesregierung vom 20. d. M. die Stadt nie zu den sog. verseuchten Orten gezählt worden ist, so nehmen wir doch auf besonderen Wunsch Veranlassung, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß seit dem 13. ds. Mts. kein neuer Erkrankungsfall hier eingetreten ist, mithin Schönberg wie das gesammte Fürstenthum gegenwärtig völlig seuchenfrei ist.                   Schönberg, den 26. September 1892.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


        - Nr. 25 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" enthält:
        II. Abtheilung.

Bekanntmachung, betreffend orts= und landespolizeiliche Maßregeln gegen die Einschleppung der Cholera.


Ueber den Unfall des Kaisers bei dem Divisionsmanöver in der Nähe von Anklam wird noch folgendes berichtet: Der Unfall verlief glücklicherweise ohne jeden Schaden, obgleich im ersten Augenblick die Sache recht bedenklich aussah. Der Kaiser ritt in kurzem Galopp über das Manöverfeld; dabei trat sein Pferd in einen mit Gras überwachsenen unsichtbaren Graben. Der Kaiser wurde aus dem Sattel geschleudert, während sein Pferd sich überschlug und in großem Bogen über den gestürzten Kaiser wegflog. Wunderbarerweise erlitten weder Reiter noch Roß die geringste Verletzung. Der Kaiser stieg sofort wieder auf und beruhigte sein bestürztes Gefolge mit einigen kaltblütigen Scherzworten. Er hatte beim Sturz nur einen Stiefelabsatz verloren.
Die Taufe der jungen Tochter des Kaisers findet am 22. Oct., dem Geburtstage der Kaiserin, statt.
Die Kaiserin hat Montag zum ersten Mal das Bett verlassen. Für den 10. Oktober ist eine größere Hoffestlichkeit geplant und zwar zu Ehren der österreichischen Distanzreiter, die im Neuen Palais am Hof des deutschen Kaisers ebenso fetiert werden sollen, wie die deutschen Distanzreiter in Schönbrunn am Hof des Kaisers Franz Joseph. Außer dieser Hoffestlichkeit sind für die österreichischen Gäste noch andere Festlichkeiten im Plan, so Diners bei den verschiedenen Regimentern in Berlin und Potsdam. Auch ein großes Jagdreiten wird ihnen zu Ehren veranstaltet.
Trotz der in den neuen Handelsverträgen festgesetzten Ermäßigung der Kornzölle von 5 auf 3,50 Mk. und der Herabsetzung anderer Zölle sind die Zolleinnahmen des Reiches in den 5 ersten Monaten des Jahres nicht zurückgegangen, sondern sie übersteigen die der betr. Monate des Vorjahres ganz erheblich. Das Plus beträgt bei den Isteinnahmen 13 972 977 Mk. Auch bei den erst seit dem 1. April zur Anschreibung gelangten Zollbeträgen ergiebt sich ein Plus von 8 175 977 Mark.
Der deutsche Reichstag wird am 22. November zusammentreten.
Die Verhandlungen der preußischen Regierung mit dem Herzog von Cumberland nehmen einen erfreulichen Fortgang. In Bezug auf Herrenhausen dürfen die Verhandlungen als abgeschlossen betrachtet werden. Auch die Interessen der Stadt und Provinz Hannover werden in wünschenswerther Weise berücksichtigt. Die bedeutenden Sammlungen an Werken der Kunst, die nach dem Vertrag vom September 1867 dem König Georg und seinen Rechtsnachfolgern zustehen, werden in Hannover verbleiben. Man darf mit Sicherheit annehmen, daß auch die Bibliothek in Hannover, obwohl das Eigenthumsrecht des Herzogs in dem angegebenen Umfang unbestreitbar ist, dennoch an ihrem jetzigen Ort verbleibt und nach wie vor für alle wissenschaftlichen Arbeiten ein unentbehrliches Hülfsmittel bildet.
Der Bischof von Straßburg ist kürzlich zum Mitglied des elsaß=lothringischen Staatsraths ernannt worden. Es ist dies das erste Mal, daß ein elsaß=lothringischer Kirchenfürst in den Staatsrath berufen wurde.
Am Freitag waren dreißig Jahre verflossen, seit Herr von Bismarck=Schönhausen zum preußischen Staatsminister ernannt worden war.
Mit Rücksicht auf die Choleraepidemie hat die römische Commission zur Feier des Papstjubiläums beschlossen, eine Vertagung des beabsichtigten elsässischen Pilgerzuges eintreten zu lassen.
König Humbert erhielt während seines kurzen Aufenthaltes in Livorno zur Enthüllung des Victor=Emanuel=Denkmal nicht weniger als 15,381 Bittschriften.
Der Wiener Bürgermeister erhielt die vertrauliche Mittheilung, der deutsche Kaiser werde, falls derselbe nach Wien komme, die Stadt nur einmal besuchen und voraussichtlich an den Hofjagden in Gödöllö theilnehmen. In Militärkreisen wird versichert, der Oberst des in Ungarn liegenden Infanterie=Regiments "Kaiser Wilhelm" habe die Weisung erhalten, Vorbereitungen für den wahrscheinlichen Besuch des deutschen Kaisers zu treffen. - In Wien verlautet ferner aufs Bestimmteste, Graf Caprivi werde den deutschen Kaiser auf der Fahrt nach der österreichischen Kaiserstadt begleiten.
Die österreichische Kriegsverwaltung beabsichtigt die Einführung der in Bosnien erprobten, aus leichtem, wasserdichtem Stoff hergestellten Zelte. Jedes derselben reicht für zwei Mann mit, oder für vier Mann ohne Rüstung aus. Auf dem

[ => Original lesen: 1892 Nr. 77 Seite 2]

Marsche wird der Zellstoff auf dem Mantel gerollt und umgeschnallt.
Den Franzosen wird es um ihr Geld bange. Demnächst soll der französischen Botschaft in St. Petersburg ein finanzieller Fachmann beigestellt werden. Das russische Finanzministerium plant angeblich die Wiederherstellung der Salzsteuer, die Einführung des Taback= und Branntwein=Monopols und Erhöhung der Naphta=Accise. Die hierdurch zu erzielende Vermehrung der Einnahmen soll zur Beseitigung des Defizits im Staatshaushalt beitragen.
Eiserne Manneszucht ist heute nicht mehr, wie früher, die Stütze der englischen Armee. Am Sonnabend hat im Gardekorps in Windsor eine Meuterei stattgefunden. Die Meuterer haben 80 Sättel und Pferdegeschirr zerstört. Die Wiedersetzlichkeiten werden auf Ueberanstrengungen im Dienst zurückgeführt. Die gesammte Mannschaft ist in den Kasernen konsigniert.
Günstige Nachrichten kommen vom Kilimandscharo. Die Sicherheit der Karawanenstraße zur Küste ist wiederhergestellt. Sogar die Unterwerfung des Moschihäuptlings Meli ist in der nächsten Zeit zu erwarten. Der Kompagnieführer Johannes ist ganz unbehelligt über das Gebiet des Häuptlings Meli hinaus bis zu der Kilimandscharo=Station marschiert und hat sie wieder besetzt.


Seitdem die Cimbern und Teutonen zum Schrecken der Römer nackt auf ihren Schilden die Schneewände der Alpen jubelnd hinabglitten, hat die Schweiz noch keinen so abgehärteten Reisenden gesehen wie den seltsamen Gast, der sich gegenwärtig in Pontresina einquartiert hat. Seit drei Wochen kampiert dort in einem Zelte auf der Wiese neben dem "Hotel Steinbock" ein junger Engländer. Er ließ sich weder von den starken Frösten der vorletzten, noch vom sechstägigen Schauerwetter der letzten Woche beeinflussen. Im Gegentheil, je kälter es ist, um so besser behauptet er, geschlafen zu haben, und um die Abhärtung noch zu vervollkommnen, nimmt der Sohn Albions jeden Morgen in aller Frühe ein Bad im Eiswasser des Morteratschbaches. Sein Lager besteht aus einer Hängematte nebst zwei gewöhnlichen Wolldecken und einem Deckbett.
- Ländlich, sittlich! Aus Warschau wird der "Münchener Allgemeinen Zeitung" der folgende, für die militärischen Verhältnisse Rußlands außerordentliche charakteristische Vorgang mitgetheilt: Bei dem Kommandirenden des mit 2 Divisionen in Warschau stehenden 5. russischen Armeekorps, Generallieutenant und Generaladjutanten Swistinow, meldet sich als zum Kommandeur einer Division ernannt der Generallieutenant Riesenkamp. Swistinow, der mit dem Bruder von Riesenkamp im Kaukasus in schlechten dienstlichen Verhältnissen gestanden, erwidert dem Meldenden, daß er in seinem Armeekorps eine Division nicht führen werde. Riesenkamp entgegnet, daß er vom Kaiser ernannt sei, in Gemäßheit kaiserlichen Befehls das Commando antreten und die Division jedenfalls so lange führen werde, bis der Kaiser anders befohlen habe. Im Verlaufe des daraus entstehenden Wortkampfes packt General Smistinow den General Riesenkamp, der ihm seinerseits mit einer Waffe über den Kopf schlägt Swistinow ruft um Hülfe, läßt durch herreinstürzende Ordonnanzen Riesenkamp binden und die also behandelte, in vollem Parade=Anzug befindliche Exzellenz auf die Wache bringen. Darauf eilt Swistinow zu Gurko, dem Höchstkommandirenden in Polen und dieser befiehlt die Abführung des Generals Riesenkamp auf die Citadelle von Warschau. Die Sache gelangte an den Kaiser, der sich indeß auf den Ausspruch beschränkt haben soll, Swistinow solle ihm nicht vor die Augen kommen. Ein Weiteres hinzufügen, ist für den deutschen Leser unnötig.
- Den deutschen Offizieren, die sich an dem Distanzritt Berlin=Wien betheiligen, soll in Wien ein großartiger Empfang bereitet werden. Verschiedene Festlichkeiten sind geplant und es winkt ihnen außerdem noch manches andere anregende Vergnügen, z. B. eine Besichtigung der kaiserlichen Marställe, eine Jagd in Holics, ein Besuch im ungarischen Staatsgestüt Kisber u. s. w.
- In Deggendorf a. d. Donau standen kürzlich an der Bahnhofstraße eine zur Bergschen Menagerie gehörige Wagen. Der 14jährige Gasthofbesitzerssohn Friedrich öffnete aus Neugierde den Schieber eines Käfigs. Schon im nächsten Moment packte ihn ein Leopard und brachte ihm am Halse schwere Bißwunden bei. Ein herbeigeeilter Bediensteter befreite mit großer Mühe den Knaben aus seiner höchst gefährlichen Lage.
- An der Grenze von Nordschleswig wurde kürzlich ein Grenzposten von seinem Kameraden erschossen. Letzterer kehrte von einem Patrouillengang heim und traf unweit seines Quartiers einen Soldaten, der auch zur Grenzabtheilung gehörte. Er legte das Gewehr an und zielte; durch eine Unvorsichtigkeit ging der Schuß los und durchbohrte den Kopf des Kameraden, der tot zu Boden stürzte. Der Erschossene hinterläßt eine Frau und zwei Kinder.
- In London brachte am Sonntag die erste Aufführung des großen Dramas. "Die verlorene Tochter" nach dem allgemeinen Urtheil das außerordentlichste, was jemals in realistischer Darstellung auf einer Bühne geleistet worden ist. Das "Drama" führt u. a. ein wirkliches Pferderennen mit 12 Pferdehindernissen über Hecke und Wassergraben vor. Es sind wirkliche Rennpferde, von denen der Sieger unter dem Namen "Voluptuary" im Jahre 1874 den großen Nationalpreis bei Liverpool gewann.
- Der Aufstand in Marokko ist nunmehr zu Ende, da die Aufständischen mit dem Sultan Frieden geschlossen haben. Ueber die Einzelheiten des Abkommens wird mitgetheilt, daß der Stamm der Andscheras fortan 6000 türkische Pfund Jahresabgabe zahlen und 1000 Mann zu dem Heere des Sultans stellen werde.
- Der dickste Mensch der Welt ist vor einigen Tagen in Neu=Braunschweig (Staat Neu=Jersey) an Herzverfettung gestorben. Der Neger Turman Schenk, der in ganz Amerika unter den Namen "Barnams fat boy" bekannt war, wog, als er starb, nicht weniger als 535 Pfund. Er war in Whitehouse (Neu=Jersey) geboren und ist 40 Jahre alt geworden. Schon als er in seiner Vaterstadt die Elementarschule besuchte, galt er wegen seiner außerordentlichen Fettigkeit für eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges; er wog damals 375 Pfund. Je älter er wurde, desto dicker wurde er auch: mit 20 Jahren wog er 425 Pfund, und drei Jahre später wog er bereits 500 Pfund. Um diese Zeit war es, als ihn der findige Barnam entdeckte und im Triumpf durch die Vereinigen Staaten schleppte. Schließlich wurde Schenck jedoch nach berühmten Mustern kontraktbrüchig und unternahm Kunstreisen auf eigene Faust, bis er sich vor einigen Jahren, nachdem er ein bedeutendes Vermögen erworben hatte, vom Geschäft zurückzog. In Neu=Braunschweig bildet der Tod das "Fatboy" das Tagesgespräch, und die Personen, die in das Sterbehaus strömten, um die ausgestellte Leiche zu sehen, zählten nach Tausenden. Der "Undertaker", der die Bestattung des Leichnams übernommen hatte, befand sich anfangs in großer Verlegenheit, da es unmöglich war, den dicken Körper, für den überdies noch ein mächtiger Sarg gebaut worden war, durch die Thüren zu schaffen: man mußte schließlich, um die Leiche fortbringen zu können, die Thüren breiter machen lassen.


Anzeigen.

Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1892/93 der Forst gegen die Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis zum 1. October c. hierher anzuzeigen.
Schönberg, den 16. September 1892.

Großherzoglich Meckl. Domänen=Amt.


In Sachen betr. die Beschlagnahme der zu Palingen sub Nr. VII. belegenen Vollstelle c. p. des Hauswirths Fritz Menz wird hierdurch bekannt gemacht,

daß die Beschlagnahme unter dem heutigen Datum wieder aufgehoben ist.

Schönberg, den 24. September 1892.
Veröffentlicht:
H. Diederich,
Gerichtsschreiber des Großherzoglichen Amtsgerichts.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 77 Seite 3]

                   Großherzogliche Landvogtei hat mit dem heutigen Tage Schönberg für seuchenfrei erklärt. Sie hat dies gethan in dem Vertrauen, daß unsere Mitbürger nicht erlahmen in der Ausführung der Maßnahmen, die zur Abwehr der Choleragefahr als nothwendig genugsam bekannt gegeben sind und sich bewährt haben. Wir hoffen und bitten dringend darum, daß unsere Mitbürger dies Vertrauen rechtfertigen werden.
Die Gefahr ist zwar wesentlich im Abnehmen begriffen, aber noch lange nicht vorbei. Wir richten deswegen die Mahnung an Euch, wie bisher alles das, was von den Behörde und uns in Bezug auf den Feind Euch an's Herz gelegt ist, gewissenhaft weiter auszuführen, damit er nicht zu guterletzt sich noch als Sieger bei uns einschleicht.
                   Schönberg, d. 26. September 1892.

Die Gesundheits=Commission.


Zur Zwangsversteigerung der dem Ziegelei= und Mühlenbesitzer J. H. Vest zu Hammer gehörigen, daselbst belegenen Erbpachtsstelle c. p. und der eben daselbst belegenen Papiermühle (jetzt Oelmühle) stehen vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an:
1. der Verkaufstermin auf

Freitag, den 16. December 1892
Vormittags 11 Uhr,

2. der Ueberbotstermin auf

Dienstag, den 10. Januar 1893
Vormittags 11 Uhr.

Ferner ist Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an die Grundstücke c. p. und an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör), soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, so wie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Freitag, den 16. December 1892
Vormittags 11 Uhr

angesetzt.
Die Verkaufsbedingungen liegen 14 Tage vor dem ersten Verkaufstermine auf der Gerichtsschreiberei I des unterzeichneten Amtsgerichts zur Einsicht der Betheiligten aus. Dem Sequester, dem Schuldner und den bei der Zwangsversteigerung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen, zu dem Zwecke einer endlichen Regulierung der Verkaufsbedingungen in dem zur Anmeldung der dinglichen Ansprüche an die Grundstücke c. p. bestimmten Termine zu erscheinen, so wie innerhalb acht Tage vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 25. September 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    H. Diederich.


Ersparniss- u. Vorschuss-Anstalt.

Der Geschäftsbericht mit Bilanz und Gewinn= und Verlust=Conto für das 23. Rechnungsjahr sowie der Revisionsbericht etc. liegen vom 1. Oktober d. J. ab in unserem Geschäftslokale zur gefl. Einsicht der Herren Actionäre aus.
Schönberg, den 24. Sept. 1892.

                                                    Das Direktorium.


Gartenbauverein.
Sonnabend d. 1. October abends 8 Uhr
Versammlung bei Herrn Gastw. Böckmann,
Schlauentrifft.
Ueber Anwendung künstlichen Dünger im Garten.                          
                                                    Der Vorstand.


Saat Roggen
10 Sack Winter-Riesen-Roggen
hat abzugeben                                                    
                                                    F. Lundwall.


Kleine u. große Wohnung
hat gleich oder zu Ostern zu vermiethen                          
                                                    F. Otto.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
IV. Allgemeine Versammlung
am Sonntag den 9. Oktober 1892, Nachm. 4 Uhr
im Vereinslocale.                                                    
Tagesordnung:

1, Mittheilung, betr. die Feier des Geburtstags S. K. H. des Großherzogs.
2, Abänderungen der Vereinsstatuten.
3, Wahl der Rechnungsrevisoren.
4, Sonstige Vereinsangelegenheiten.
5, Unterhaltungsvorträge.

Der Vorstand.


Schmiede= u. Schlosser=Innung.
Versammlung, den 30. September
Nachmittags 2 Uhr.
Tagesordnung:

1. Einzahlung des Beitrags zur Innung, zum Bunde, sowie den Abonnementsbeitrag für die Schmiedezeit.
2. Ein= und Ausschreiben von Lehrlingen.
3. Besprechung sonstiger Innungsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Diäten-Verein für Geschworene
beider Mecklenburg.
Beiträge und Anmeldungen zum Eintritt nimmt entgegen                          
                                                    L. Spehr.


Die diesjährige Versammlung des Ausschusses der Lauenburg=Ratzeburgischen Bibelgemeinschaft wird am Freitag, den 30. September in der Wohnung des Herrn Superintendenten Soltau in Ratzeburg abgehalten werden.

Domhof Ratzeburg,
25. September 1892.
                                                     H. Ohl.
Probst.


Unter Genehmigung Großherzoglicher Landesregierung machen wir Unterzeichnete bekannt, daß wir unsere Verkaufszeit an Sonn= und Festtagen von Morgens 8-10 und Nachmittags von 3-6 Uhr verlegt haben, und bitten wir die Bewohner der Stadt und Umgegend Schönbergs, uns während der Verkaufszeit mit ihren Aufträgen gütigst beehren zu wollen.

                                                    Johs. Lüth.       E. Möller.
                                                    Cigarrenfabrikanten.


Mein Haus, enthaltend 2 Wohnungen, 30 []Ruthen Garten, beabsichtige ich unter der Hand zu verkaufen oder zu vermiethen.

Math. Eckmann.
Ollndorf im September 1892.                                                    


Warnung!

Hiermit warne ich Jeden, die über mich im Umlauf gesetzten falschen Gerüchte weiter zu verbreiten. Ich werde Denjenigen, welcher dieses erlogene Gerede weiter verbreitet, unnachsichtlich gerichtlich belangen.

Kalkhütte bei Ratzeburg.                                                    
                                                    Heinrich Niemann.


Eine Fenster=Chaise,

viersitzig, sehr gut erhalten, steht preiswürdig zu verkaufen auf der Pfarre zu Lübsee.

                                                    A. Schmidt, P.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 77 Seite 4]

"Unsere Gesellschaft"

das elegantest illustrirte Witzblatt Deutschlands beginnt mit dem 1. Oktober cr. seinen dritten Jahrgang. "Unsere Gesellschaft" erscheint wöchentlich einmal (Freitags) und kostet pro Quartal für Deutschland Mk. 1,50, für das Ausland 3 Frcs. Probenummern gratis u. frc. durch die Expedition Berlin S., Neue Roßstraße 23.


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                                                    H. E. Peters, Glasermeister.


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                                                    Aug. Spehr.


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                                                    Heinrich Niemann.


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Am Mark.

                                                     F. Heuer,
Sattler und Tapezier.
Baer's Nachfolger.


Dr. Oeinck, Lübeck,
Specialarzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten
zurückgekehrt.


Meinen Frohnereibetrieb habe ich von Michaelis d. J. ab an den Frohnereiarbeiter F. Siggelkow hieselbst, Sabowerstraße Nr. 23, verpachtet und bitte ich ergebenst, alle Anmeldungen bei demselben machen zu wollen.
Schönberg, den 18. September 1892.

                                                    F. Witting,
                                                    Frohnereibesitzer.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 2. Oktober.

Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (6 Uhr:) Consistorialrath Kaempffer.
     Amtswoche: Pastor Krüger.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 40.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 77 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 77 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 30. September 1892.


- Vor der Strafkammer bei dem Großherz. Amtsgerichte hier wurden am 27. u. 28. ds. Mts. nachstehende Strafsachen verhandelt:
1. Der in den Jahren 1890 und 1891 schon 4mal wegen Betrugs und Unterschlagung vorbestrafte Kaufm. R. aus T. war, nachdem er schon seit längerer Zeit als Arbeiter seinen Lebensunterhalt zu erwerben gesucht hatte, im Mai d. J. als Hausdiener bei dem Gastwirth Hagen hier im Dienst getreten. Als er am Sonntag, den 3. Juli d. J. Morgens im angetrunkenen Zustande nach Hause kam, erklärte ihm sein Dienstherr, daß er ihn nicht länger behalten könne und am andern Tage fortgehen solle.
Der R. verließ nun auch den Dienst, wußte sich aber noch an mehreren Stellen betrügerischer Weise Geld zu erschwindeln.
Zunächst ging er zu dem Kaufmann Sp. hier, von welchem er schon in den Tagen zuvor unbefugterweise auf Rechnung seines Dienstherrn ein Messer zum Werthe von 1 M. entnommen hatte, und fragte bei demselben an, ob Hagen wohl für 10 M. Nickelgeld erhalten könne. Da Sp. ihn kannte und von seiner Entlassung nichts erfahren hatte, so nahm er keinen Anstand, ihm die 10 M. in Nickelmünzen zu übergeben. R. hat, da er überall von Hagen keinen Auftrag zur Beschaffung dieses Silbergeldes erhalten hatte, die 10 M. in seinem Nutzen verwandt. Nicht zufrieden damit, ersuchte er den Schuhmacher W. hier um ein Darlehn von 2,70 M. unter dem Vorgeben, er werde ihn, da er im Schützenfeste viel Geld verdiene, am nächsten Tage das Darlehn zurückzahlen. W. gab ihm aber nur 1 M. und ging der Angeklagte nun zu dem Kaufm. K., welchen er unter gleichem Vorgeben um ein Darlehn von 2,70 M. ersuchte. K. schlug ihm jedoch seine Bitte ab, weil er den Angeklagten zu wenig kannte.
Der Angeklagte wurde deshalb wegen vollendeten Betrugs in 3 Fällen und wegen versuchten Betrugs in 1 Falle, unter Berücksichtigung seines Rückfalles, außerdem aber auch wegen Unterschlagung, weil er 2 M., welche ihm der Arbeiter O. zur Aufbewahrung übergeben, in seinem eigenen Nutzen verausgabt hatte, unter Annahme mildernder Umstände zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahr, worauf ihm 1 Monat Untersuchungshaft angerechnet wurde, verurtheilt.
2. Der Arbeiter O. aus H. und der wegen Diebstahls und Straßenraubes schon vorbestrafte Schlächter T. aus Gl. wurden am 20. Juli d. J. in Lübeck mit dem Fleisch und dem Fell eines Hammels angehalten und gestand zu, diesen Hammel in einem Dorfe unweit Schlutup aus einer Koppel gestohlen zu haben. Die angestellten Untersuchungen ergaben, daß dem Hauswirth Voß zu Teschow aus seiner umzäunten Koppel ein weißer Hammel gestohlen war und daß die Diebe zur Wegnahme desselben über den Koppelzaun gestiegen und den Hammel unweit des Zaunes geschlachtet hatten. Es wurden unter Annahme mildernder Umstände der O. zu 6 Monaten Gefängniß, der T. wegen seiner Vorstrafen zu 1 Jahr 9 Monaten Gefängniß, bei Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, verurtheilt.
3. Dann erschienen auf der Anklagebank gemeinschaftlich der schon wegen Unterschlagung vorbestrafte Hauswirth K. aus N., welcher angeklagt war, am 1. Mai im Sahmkower Holz unbefugt einen Rehbock geschossen zu haben, und der Hauswirthssohn L. W. aus S., welchem zur Last gelegt war, dem Jäger Koch in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes Widerstand geleistet und denselben beleidigt zu haben.
Am 1. Mai Morgens wurden in Carlow Schüsse in der Richtung nach dem Sahmkower Holz zu gehört und beauftragte der Förster v. Linstow den Jäger Koch, den Jagdfrevlern nachzuspüren. Letzterer sah, als er sich nach der angegebenen Gegend hinbegab, 2 Personen eiligst über eine Koppel gehen, er folgte ihnen vorsichtig und fand bald an einer Hege sitzend, die beiden Angeklagten und den Bruder des Angekl. L. W., welche sich über verschiedene Sachen unterhielten. Ihr Gespräch unbemerkt belauschend, hörte Jäger Koch, daß einer von den Dreien sagte, er kriegte den Kopf hoch, ich schoß und schoß nochmal; morgen früh muß der Hufnerkäufer das Reh mitnehmen.
Als der Jäger Koch dann plötzlich durch die Hege hindurchging, suchten die 3 Personen die Flucht zu ergreifen, auf seinen Anruf standen aber der Angekl. K. und der H. W., während der Angekl. L. W. entfloh. Der Jäger Koch hielt nun den K. und H. W. vor, daß sie ein Reh geschossen und forderte sie auf, mitzukommen und ihm das Reh zu zeigen. Da sie aber die Erlegung eines Rehes leugneten und Koch bei ihnen auch keine Gewehre fand, so mußte er sie beide gehen lassen. Er begab sich darauf nach der nahegelegenen W. Hauswirthsstelle und traf dort den Angeklagten L. W. Auch diesen forderte er auf, mitzukommen und ihm das Reh zu zeigen. L. W. wollte aber nichts von der Erlegung eines Rehes wissen und leugnete auch, mit seinem Bruder und dem K. bei der Hege gewesen zu sein. Nach Angabe des Jägers Koch hat der L. W. ihn bei dieser Gelegenheit ohne rechtlichen Grund vor die Brust gestoßen, während der L. W., in Uebereinstimmung mit der Aussage zweier jüngerer Brüder, welche bei diesem Vorfall zugegen waren, behauptet, daß er lediglich den Koch, welcher ihn an den Arm gefaßt, um ihn zum Mitkommen zu veranlassen, zurückgestoßen habe. Angekl. W. giebt auch zu, daß er, als Koch fortgegangen, ihm nachgerufen habe, "warte, wir sprechen uns an einer anderen Stelle", leugnet aber, wie Koch behauptet, hinzugefügt zu haben: "Du Lump."
Der Jäger Koch begab sich dann allein auf die Nachsuche nach dem erlegten Reh und fand mit Hülfe des auf dem Felde getroffenen Knaben B. ein, durch 2 Schüsse getödtetes, erst kürzlich erlegtes Reh in einem Graben an einer Hege unter Laub verborgen.
Die Beweisaufnahme ergab keine weiteren relevanten Verdachtsgründe und erkannte daher die Strafkammer, daß zwar an dem fraglichen Tage ein Jagdvergehen begangen sei und da der resp. die Jagdfrevler unter den 3 Personen, deren Gespräch der Koch belauscht hatte, zu suchen sei, sowie daß eine große Wahrscheinlichkeit dafür spräche, daß der Angeklagte K. der Jagdfrevler gewesen sei. Eine Gewißheit hierüber habe aber das Gericht nicht erlangt und sei daher der K. von der Beschuldigung eines Jagdvergehens freizusprechen, jedoch könnte ihm bei dem Bestehen des hohen Verdachtsgrades eine Erstattung seiner Auslagen nicht zugebilligt werden. Angekl. W. wurde von der Beschuldigung des Widerstandes freigesprochen, weil, wenngleich das Gericht gar nicht an die Glaubwürdigkeit des Jägers Koch zweifeln wolle, es immerhin möglich sei, daß Koch in seiner Erregung, ohne sich dessen bewußt zu sein, den L. W. angefaßt habe, um seiner Aufforderung, zur Aufsuchung des Rehes mitzukommen, mehr Nachdruck zu geben. Wenn solches geschehen, dann sei Koch aber nicht mehr in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes gewesen u. L. W., wenn er den ihn umfassenden Koch zurückgestoßen, nicht strafbar.
Dagegen schenkte das Gericht der bestimmten Aussage des Koch, daß L. W. ihm nachgerufen, "Du Lump" vollen Glauben und verurtheilte den L. W. zu einer Geldstrafe von 20 M. event. 3 Tage Gefängniß und zur Tragung der Kosten, soweit nicht durch die Straffälle, wegen welcher Freisprechung erfolgt, besondere Kosten entstanden seien, welche der Staatskasse zur Last fallen.
4. Der Maler P. aus H., welcher am 14. Aug. ds. Js. auf der hiesigen Herberge einen anderen Handwerksburschen 1 Messer weggenommen hatte, wurde, da er schon 2mal wegen Diebstahls vorbestraft

[ => Original lesen: 1892 Nr. 77 Seite 6]

war, zu einer Gefängnißstrafe von drei Monaten verurtheilt.
5. Der Korbmacher Oldenburg aus Gr. Mist hatte sich zur Erfüllung seiner Militärpflicht nicht gestellt und wurde, da er auf die ergangene öffentliche Ladung im heutigen Termin nicht erschienen war und daher angenommen wurde, daß er ohne Erlaubniß ausgewandert sei, auf Grund des §. 140 des Reichsgesb. zu einer Geldstrafe von 200 M., in Unvermögensfalle zu einer Gefängnißstrafe von 6 Wochen Gefängniß verurtheilt.
6. Die Frau U. aus S., welche bei dem Großh. Amtgericht zu Schönberg die falsche Anzeige gemacht hatte, daß der Schuster B. aus T. am 2. Ostertage gegen sie ein Verbrechen begangen habe, wurde, nachdem gegen sie mit Ausschluß der Oeffentlichkeit verhandelt worden war, wegen wissentlich falscher Denuncation zu einer Gefängnißstrafe von 3 Mon. verurtheilt und wurde dem B. das Recht zugesprochen, das Urtheil auf Kosten der Angeklagten einmal in den "Wöchentlichen Anzeigen" bekannt zu machen.
7. Der Arbeiter R. aus W. und die Frau Müller ebendaselbst geriethen am 11. August beim Roggeneinfahren beschäftigt, in einen Wortwechsel, durch welchen der B. so erregt wurde, daß er die Stakforke gegen den Kopf der Frau Müller richtete, um sie zum Schweigen zu bringen, zu ihr sagte, "wenn Du das Maul nicht hälst, dann steche ich Dich durch, da kannst Du Gift drauf nehmen, mein Leben oder Dein Leben!" Die Frau Müller ließ sich durch diese Drohung nicht schrecken und zum Schweigen bringen, sodaß der Angeklagte R. nur des Versuchs der Nöthigung schuldig erklärt und zu einer Geldstrafe von 10 M. event. 2 Tage Gefängniß verurtheilt wurde.
8. Der 18jährige Knecht S. im Dienst beim Hauswirth L. zu Lübseerhagen war bereits im Sommer d. J. von der Strafkammer wegen Diebstahls mit einer wöchentlichen Gefängnißstrafe belegt worden, nachdem er schon früher wegen begangenen Diebstahls einen Verweis erhalten hatte. Diese Strafen hatte er sich nicht zur Lehre dienen lassen, sondern im August d. J. mittels eines Dietrichs den verschlossenen Koffer seines Mitknechts Sch. geöffnet und daraus 1 P. Strümpfe und 1 Hemd gestohlen.
Wegen dieses neuen Diebstahls wurden dem Angeklagten zwar für diesmal noch mildernde Umstände zugebilligt, jedoch konnte, da der im Rückfall begangene Diebstahl ein schwererer war, die Strafe nach gesetzlicher Bestimmung nicht unter 1 Jahr Gefängniß bemessen werden. Daneben wurden dem Angeklagten die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 2 Jahren aberkannt.


- Die Cholera scheint nun allmählich nachzulassen. Aus Hamburg wird ein wesentlicher Rückgang der Erkrankungen und Todesfälle gemeldet und da außer Hamburg in Deutschland kein zweiter Ausstrahlungspunkt vorhanden ist, so darf man sich nunmehr der Hoffnung hingeben, daß binnen absehbarer Zeit die Seuche allenthalben erloschen sein wird. freilich bleibt es fraglich, ob nicht im nächsten Jahr ein Wiederaufflackern derselben stattfindet, falls etwa im Boden oder sonstwo Cholerakeime überwintern sollten. Die strengste hygienische Ueberwachung der Wohnungs= und Verkehrsverhältnisse bleibt daher bis auf weiteres ein Gebot unabweislicher Nothwendigkeit.
- Einen eigenartigen Fall hat ein Wohlthätigkeits=Komité in Hamburg zu verzeichnen. Bei einem bekannten Wirth, welcher gleichzeitig Komitémitglied ist, erschien am Freitag Abend ein junger Mann und fragte bescheiden um eine Anstellung bei dem Bureau an. Der Wirth mochte dem ersichtlich sehr anständigen jungen Herrn kaum eröffnen, daß sämtliche Stellen besetzt seien. Darauf erklärte der junge Mann in bescheidenem Ton, daß er seine Thätigkeit im Dienst der guten Sache gern gratis zur Verfügung stellen wollte. Der Wirth ersuchte ihn hierauf, sich am nächsten Morgen beim Komité zu melden. Der Unbekannte erschien pünktlich und zufällig war auch das erwähnte Komité=Mitglied anwesend. Dasselbe machte die übrigen Herren mit den Wünschen des jungen Mannes bekannt, auf welche man gern einging. Mit der bisher zur Schau getragenen gewinnenden Bescheidenheit zog hierauf der Fremde ein Taschenbuch hervor und legte einen Hundertmarkschein auf den Tisch, mit der Bitte, ebenfalls eine Kleinigkeit zur Linderung der Noth beitragen zu dürfen. Auf die verbindliche Frage, wie viel er wieder zurückzuhaben wünsche, entgegnete er mit dem kurzen Worte: "Nichts." Dann machte er sich an seine Thätigkeit und ist seitdem einer der fleißigsten Mithelfer. Wer er ist, hat er jedoch bis jetzt noch nicht verraten und wünscht auch wohl nicht genannt zu sein.
- Wie groß augenblicklich der Nothstand in Hamburg ist, ergiebt sich u. a. daraus, daß allein dort ungefähr 6000 junge Kaufleute wegen der schlechten Geschäftslage stellenlos sind.
- Aus Podwoloczysk wird gemeldet, daß infolge Auftretens einer ansteckenden Pferdekrankheit jenseits der russischen Grenze alle Wagenzufuhren aus Woloczysk verboten sind. Auch der Verkehr des Postzuges zwischen beiden Grenzstationen ist eingestellt.
- Seinen Bedarf an Seefischen bezieht Berlin jetzt vorwiegend aus Holland, namentlich liefert Holland in großen Mengen Schellfische, die im allgemeinen größer sind wie sonst aus Hamburg bezogen. Die Nachfrage nach Seefischen, die infolge der Cholera ziemlich belanglos gewesen war, ist allmählich wieder im Steigen begriffen.
- Eine Dampflustyacht aus Aluminium hat sich der Schwede Nöbel in Zürich bauen und damit jüngst eine Probefahrt auf dem Züricher See vornehmem lassen. Die für Lustfahrten im Mittelmeer beabsichtigte Yacht ist 40 Fuß lang, 6 Fuß breit und hat 2 1/2 Fuß Tiefgang. Sie kann über zwanzig Personen tragen, obwohl sie nur 1,6 Ton oder halb so viel wie eine gewöhnliche Yacht von gleichen Dimensionen wiegt. Schraubenpropeller wird durch eine Naphtamaschine von 6 Pferdekräften getrieben, und bei der Probefahrt, die bei heftigstem Winde und schwerem Wetter vor sich ging, machte die Yacht mit Leichtigkeit 10 Knoten in der Stunde. Der Eindruck, den das silberglänzende Fahrzeug macht, ist ein ebenso angenehmer wie eleganter. Wegen seines geringen spezifischen Gewichts, seiner Dauerhaftigkeit und Leichtigkeit, womit das Aluminium rein gehalten werden kann, scheint das Metall für dergleichen Zwecke sehr geeignet zu sein.
- Wie aus Bern gemeldet wird, hat der Kronprinz von Italien am 18. d. M. mit vier Führern das Matterhorn bestiegen.
- Eine junge Dame sprang am letzten Sonnabend von einem Dampfer bei Pichelswerder bei Spandau in die Havel und wurde von der Bemannung gerettet. Ein Offizier erbot sich, die noch halb Bewußtlose nach Hause zu bringen, die angegeben hatte, daß sie in der Marienstraße in Berlin wohne. In Spandau bestieg der Offizier mit seiner Schutzbefohlenen eine Droschke, um sich nach dem Bahnhofe zu begeben. Unterwegs entwich die Dame aus der Droschke und stürzte sich nochmals ins Wasser. Sie wurde von neuem gerettet und nunmehr, von dem ritterlichen Begleiter sicher bewacht, nach Berlin gebracht.
- Nach einer Meldung aus Lodz ist in dem Zustand Prinzen Karl Radziwill, der dort in einer Privatheilanstalt untergebracht ist, eine wesentliche Besserung eingetreten. Die Aerzte konstatieren Verfolgungswahnsinn. Professor v. Bergmann=Berlin wurde telegraphisch zum Prinzen berufen.
- Ein amerikanisches Ehepaar, das an der Spielbank in Montecarlo seit dem Monat August 300 000 Doll. verlor, erschoß sich am Montag auf der Terrasse des Spielhauses. Es ist seit dem ersten Sept. der fünfte Selbstmord.
- Der Müller des französischen Dorfes Sury bemerkte dieser Tage zu seinem großen Erstaunen, daß plötzlich ohne sichtbaren Grund sein Mühlenrad stehen blieb. Nach langen vergeblichen Nachforschungen entdeckte er, daß in dem Triebwerk ein Sack voll Geld - Gold und Silbermünzen - steckte! Kein Mensch weiß, wie das Geld dahin gekommen ist, man nimmt an, daß der frühere Besitzer den Schatz dort verborgen gehalten hat, und der Sack allmählich tiefer gerutscht sei.
- In New=York ist der Arnarchist Berkmann, der gegen Frick ein Attentat verübte, zu 22 Jahren Zuchthaus verurteilt worden.


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