No. 4
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 12. Januar
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 4 Seite 1]

Publicandum.

              Es wird hiedurch bekannt gemacht, daß die im Jahre 1872 und früher geborenen resp. mit einer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehenen militairpflichtigen jungen Leute, welche im hiesigen Fürstenthum ihren dauernden Aufenthalt haben, verpflichtet sind, sich Zwecks Eintragung ihrer Namen in die Rekrutirungs=Stammrolle in der Zeit

vom 15. Januar bis 1. Februar d. J.

bei dem Ortsvorstande ihres Aufenthaltsortes anzumelden, und zwar die auswärts geborenen unter Vorlegung eines Geburtsscheins (der zu diesem Zwecke kostenfrei ertheilt wird), sowie die schon früher Gemusterten unter Vorlegung ihres Loosungsscheines.
            Im Uebrigen wird bezüglich der Meldepflicht auf die Vorschriften des §. 25 der Wehr=Ordnung hingewiesen und hervorgehoben, daß von der Meldepflicht nur die mit dem Berechtigungsschein zum Einjährigfreiwilligendienste oder mit besonderer Ausstandsbewilligung versehenen Militairpflichtigen ausgenommen sind. Sind zur Meldung Verpflichtete vorübergehend von ihrem ständigen Aufenthaltsort abwesend, so haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr=, Brod= oder Fabrikherren etc. die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden.
            Zugleich werden sämmtliche Militairpflichtige sowohl, wie die Ortsvorstände darauf aufmerksam gemacht, daß Militairpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Laufe eines ihrer Militairpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nach einem andern Aushebungsbezirke verlegen, dieses Zwecks Berichtigung der Stammrolle sowohl beim Abgange, als auch nach der Ankunft an dem neuen Orte dem Stammrollenführer spätestens innerhalb dreier Tage zu melden haben.
            Die Unterlassung dieser Meldungen ist mit Geldstrafe bis zu 30 M. oder mit Haft bis zu 3 Tagen bedroht.
            Schönberg, den 1. Januar 1892.

Der Civilvorsitzende der Ersatzcommission.
Cl. v. Oertzen.


Bei der Neujahrsgratulation der Generale soll der Kaiser zu einzelnen Gratulanten bemerkt haben, daß die allgemeine Lage befriedigend sei und wohl auch für das neu angebrochene Jahr der europäische Friede so gut als gesichert gelten dürfe.
Kaiser Wilhelm wird am 20. Januar dem Stapellauf der Kreuzerkorvette "H" in Kiel beiwohnen und abends nach Berlin zurückkehren.
Wie der Vereidigung der Rekruten der Berliner Gardekorps, gedenkt der Kaiser auch der Vereidigung der Marinerekruten in Kiel beizuwohnen. Der feierliche Akt wird am 20. Januar stattfinden.
Der Bundesrath hielt am Donnerstag eine Plenarsitzung ab, worin die neuen Handelsverträge angenommen wurden. Wie es heißt, wird demnächst auch das Trunksuchtsgesetz dem Reichstage zugehen, nachdem es vom Bundesrathe angenommen ist.
Der Antrag auf Einführung von Diäten für die Reichstagsabgeordneten gelangt in der ersten Sitzung des Reichstags nach den Ferien zur Berathung. Sein Schicksal im Reichstage kann kaum zweifelhaft sein. Er ist im Laufe der Jahre schon mehrfach mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Konservativen und eines Teiles der Nationalliberalen angenommen worden, und das wird voraussichtlich auch diesmal geschehen. Es fragt sich aber nur, ob der Bundesrath auch jetzt noch wie früher den Antrag ablehnt. Auch der Entwurf eines Check=Gesetzes ist nunmehr fertig gestellt und wird ebenfalls demnächst dem Reichstage zugehen. Dagegen bleibt das Warrantgesetz vorläufig zurückgestellt.
Des Grafen Moltke vermischte Schriften sind am Donnerstag in Berlin erschienen. Der Band enthält eine umfangreiche historische Skizze über Holland und Belgien, sodann die Abhandlung über Polen, wobei der Passus über die Judenfrage wiederhergestellt ist, den Moltke beim Abdruck in der Zeitschrift "Vom Fels zum Meer" weggelassen hatte. Es folgt ein Aufsatz über die westliche Grenzfrage, zuerst erschienen im Jahr 1841. Moltke verweist da auf die historischen Bestrebungen zur Herstellung eines antideutschen Bündnisses zwischen Romanismus und Slavismus. Nur weil Ludwig der Vierzehnte das Elsaß wegnahm, konnte Peter der Große Livland wegnehmen. Einer ausgezeichneten Abhandlung über Eisenbahnen schließen sich Aufsätze über die orientalische Frage an. Moltke empfiehlt u. a. die Schaffung eines selbständigen Reiches Palästina unter einem deutschen Fürsten.
Wie die römischen Zeitungen melden, hat Kaiser Wilhelm dem preußischen Gesandten v. Schlözer beim Vatikan zum 60. Geburtstage sein Oelporträt als Geschenk übermittelt.
Zu den Artikeln der "Mecklenburger Nachrichten" wegen angeblicher Vergewaltigung Mecklenburgs durch Preußen bringt der "Reichsanzeiger" folgende amtliche Erklärung: Die Nationalzeitung hält an der Behauptung fest, daß die Regierung seiner Majestät des Kaisers und Königs wegen Besetzung der IV. Armee=Inspektion mit der königlich bayerischen und wegen anderer militärischer Fragen mit der großherzoglich mecklenburg=schwerinschen Regierung

[ => Original lesen: 1892 Nr. 4 Seite 2]

sich neuerdings in Differenzen befinde oder befunden habe. Was die IV. Armee=Inspektion angeht, so haben weder vor noch nach den letzten Manövern irgend welche Verhandlungen zwischen den betheiligten Regierungen stattgefunden. Ein Grund liegt um so weniger vor, als jene Inspektion gar nicht vakant ist. Was die angeblichen Differenzen mit der großherzoglich mecklenburg=schwerinschen Regierung angeht, so fehlt jeder Anhalt dafür, worauf jene völlig falschen Gerüchte sich gründen und wie sie entstanden sein können.
Der König und die Königin von Württemberg werden am 24. oder 25. Januar zum Besuche am kaiserlichen Hofe in Berlin eintreffen und sich an der Feier des Geburtstages des Kaisers betheiligen. Das Königspaar kommt mit großem Gefolge, zu dem auch der Minister Frhr. v. Mittnacht gehört, der beim württembergischen Gesandten sein Absteigequartier nehmen wird.
Im Befinden der Königin Marie von Hannover, welche in Gmunden an der Influenza darniederliegt, ist eine Verschlimmerung eingetreten.
Die im vorigen Sommer in Frankreich zum Besten wohlthätiger Anstalten eingeführte zweiprozentige Steuer auf Rennwetten hat in dem einen halben Jahre zwei Millionen eingebracht.
Wie verlautet, ist zwischen den französischen und schwedischen Unterhändlern ein vollkommenes Einvernehmen über eine Regelung der französisch=schwedischen Handelsbeziehungen erzielt worden. Der Austausch der Unterschriften wird später erfolgen.
Der Papst ist nicht krank, sondern erfreut sich des vorzüglichsten Wohlseins und macht sich über die Journale lustig, die ihn für krank oder gar für sterbend erklärten.
Von der russischen Grenze wird berichtet, daß unter den dort aufgestellten und dicht zusammengepferchten russischen Truppen ein großes Sterben herrscht. Fortwährend treffen Ersatztruppen ein. In den russischen Nothstandsgebieten sind zahlreiche Fälschungen von Lebensmitteln konstatiert. Gegen die Betrüger soll mit aller Strenge vorgegangen werden.
In den letzten Tagen passirte die deutsch=russische Grenze eine große Anzahl russischer Mennoniten, um nach Amerika auszuwandern. Unter den Auswanderern herrschte großes Elend. Nach ihrer Angabe rüsten sich alle im Wolgagebiet ansässigen Mennoniten wegen der dort herrschenden Hungersnoth zur Auswanderung.
Im Charkower Gouvernement ist der Hungertyphus ausgebrochen.
Der König von Rumänien und der rumänische Thronfolger sind am Montag in Pest eingetroffen und vom Kaiser Franz Josef auf das Herzlichste empfangen worden. König Karl ist abends nach Mailand, Prinz Ferdinand nach Wien weitergereist.
Als Vertreter der Königin Viktoria wird der Herzog von Connaught zum Geburtstage des deutschen Kaisers nach Berlin kommen.
Die britische Admiralität erregt die allgemeine Entrüstung gegen sich dadurch, daß 17 Kriegsschiffe mit einer neuen Art Kessel ausgerüstet wurden, welche sich infolge ungeheurer Leckage als unbrauchbar erweisen. Die so ausgerüsteten Schiffe gehören mit zu den besten der englischen Flotte. Der Verlust beläuft sich auf Hunderttausende von Pfunden Sterling.
Die beiden Söhne des verstorbenen Khedive von Aegypten, der Thronfolger Prinz Abbas und Prinz Mehemed Ali, sind seit sechs Jahren in Wien auf der Theresianischen Akademie erzogen worden. Sie sind beide am Donnerstag Abend noch auf die Nachricht vom Tod ihres Vaters über Triest nach Aegypten abgereist. Prinz Abbas würde eigentlich erst in sechs Monaten volljährig geworden sein, er ist vom Sultan aber jetzt bereits für majorenn erklärt worden.
Der Präsident der Vereinigten Staaten hat den diplomatischen Vertretern von Oesterreich=Ungarn und Spanien in einer Note die Mittheilung zugehen lassen, daß er auf Grund der Mac=Kinley=Bill am 15. März die Aufhebung der zollfreien Einfuhr von Zucker, Kaffee, Thee und Häuten aus diesen Ländern verfügen werde, wenn bis dahin ein Reziprozitäts=Vertrag nicht vereinbart sei. Die Verhandlungen mit Frankreich und anderen Ländern machen dem Vernehmen nach solche Fortschritte, daß der Präsident davon Abstand genommen hat, bezüglich der Einfuhr aus diesen Ländern eine ähnliche Maßnahme in Aussicht zu stellen.


- Schönberg. Am 9. Januar wurden vor Großherzogl. Domainenamte hieselbst die Meiereien Bauhof=Schönberg und Selmsdorf wieder verpachtet. Die Betheiligung an Pachtliebhabern war eine sehr große, die zum Theil von weit her gekommen waren, um sich hier ansässig zu machen. Für den Bauhof blieb am Meistgebot der Oeconom Hoffbauer aus Neubrandenburg mit 20,290 M., die nächsten Meistbieter waren die Oeconomen Bosselmann und Böbst. Man glaubt hier, daß diese Gebote von hoher Kammer in Neustrelitz nicht angenommen werden und ein zweiter Termin angesetzt werden wird. - Für Selmsdorf blieb der Oeconom Siemers aus Pasewalk mit 9150 M. am Meistgebot; seine nächsten Concurrenten waren die Oeconomen Engel aus Wismar und Hencke aus Benthof.
- Schönberg. Der hiesige Gewerbeverein hat zum 19. Januar den Afrikareisenden Weidemann aus Lübeck angezeigt, der im Vereinslocale einen Vortrag halten wird über seine ostafrikanischen Erlebnisse. Weidemann war als Berichterstatter der Hamburger Nachrichten der Wißmann=Truppe zugetheilt, der bereits in letzter Zeit wiederholt in Norddeutschland Vorträge über seine Erlebnisse in Ostafrika gehalten hat, die überall mit großem Interesse angehört worden sind. Derselbe kennzeichnete besonders die Besitzergreifung durch die Araber und das von ihnen eingeführte System des Menschenraubes und Sclavenhandels, besprach die Peters'sche Emin=Pascha=Expedition, an der Weidemann selbst als Mitglied theilnahm. Wir empfehlen unsern Lesern, die Gelegenheit nicht zu versäumen, aus dem Munde eines Afrika=Reisenden die dortigen Verhältnisse schildern zu hören. Sehr interessant sind auch die zahlreichen Photographien ostafrikanischer Führer, Eingeborenen, Anlagen und Einrichtungen, und besonders die reichen Sammlungen von Waffen, Geräthen u. Schmuckgegenständen der Eingeborenen. Damen ist der Zutritt ebenfalls gestattet. (Siehe Inserat.)
- Ein Offizier in hellgrauem Paletot, der eine Dame am Arme führte, klingelte dieser Tage morgens vor 9 Uhr an einem Hause der Sommerstraße in Berlin. Der Pförtner öffnete gewohnheitsmäßig, ohne auf das eintretende Paar näher zu achten, das sich zu einem in der ersten Etage wohnenden Zahnarzt begab. Der Offizier verließ bald darauf wieder das Haus, kehrte aber nach einer halben Stunde zurück, um die inzwischen bei dem Zahnarzt verbliebene Dame abzuholen. Es war, wie der "Konfek." mitzutheilen weiß, der Kaiser, welcher seine hohe Gemahlin zu dem Zahnarzt begleitet hatte.
- Die Kaiserin hat die Sitte, den Berliner Diakonissinnen in Gestalt eines "Stilllebens" - Korb mit Gans, Thee, Chokolade u. s. w. - einen Weihnachtsgruß zu senden, in diesem Jahre dahin erweitert, daß sie jeder einzelnen helfenden Diakonissin ein Gesangbuch und jeder Pflegestation eine Bibel schenkte, die zum steten Gebrauch in der Station bleiben soll. In jede dieser Bibeln schrieb die Kaiserin nach der "Nordd. Allgem. Ztg." eigenhändig einen Bibelspruch, dem sie ihren Namen hinzufügte.
- Für den Fürsten Bismarck ist von den in Rangoon (Indien) ansässigen Deutschen in Hamburg ein kostbares Geschenk eingetroffen. Es besteht aus einem silbernen Tafelaufsatz von ungefähr 2 Fuß Länge und 3 Fuß Höhe und soll einen Werth von 10 000 Mk. repräsentieren.
- Der preußische Gesandte beim Vatikan, von Schloezer, feierte am 5. d. M. seinen 70jährigen Geburtstag.
- Der Staatssekretär des Reichspostamts, Dr. v. Stephan, vollendete am Donnerstag sein 61. Lebensjahr.
- Die Schwester des Feldmarschalls Grafen Moltke, Frau Probst Broackmer, ist in Uetersen gestorben und wird dort auch bestattet.
- Bei der deutschen Kavallerie und reitenden Artillerie soll nunmehr der Säbel endgiltig abgeschafft werden. An den Lanzen soll eine Vorrichtung getroffen werden, welche es ermöglicht, den Revolver an derselben mittelst einer Einbiegung zu befestigen.
- Der kürzlich in Berlin verstorbene britische

[ => Original lesen: 1892 Nr. 4 Seite 3]

Botschafter in Konstantinopel, Sir William White, hatte, wie das "Athenäum" bemerkt, ein ganz ungewöhnliches Sprachtalent. Er verstand 28 verschiedene Sprachen. Die meisten waren slavische Sprachen und Dialekte, die sich theilweise so wenig von einander unterscheiden, daß ihnen kaum der Name einer eigenen Sprache zukommt. Sir William hatte sie aber alle so weit bemeistert, daß er sie fließend und richtig sprach. Uebrigens war er kein gelehrter Philologe.
- In Berlin starb der Braumeister von Patzenhofer, Adolf Enders, ein richtiger Braumeister der alten Art, der in Pantoffeln über die Straße ging. Sein Gehalt betrug 60 000 Mk., von jeder Tonne hatte er 50 Pfennig (Mecklenburg). Im Ganzen berechnete man seine jährliche Einnahme auf 150 000 M.
- In der Gefahr, von einem Zuge zermalmt zu werden, befanden sich vorgestern Abend sechs berliner Herren, die einer Einladung zur Treibjagd bei Buckow Folge geleistet hatten. Sie wurden von Station Neuhausen der Lehrter Bahn von dem Gespann eines Gutsbesitzers abgeholt und das Gefährt mußte dabei den Bahnübergang passiren, deren Barrièren von einer einige hundert Schritt davon entfernt liegenden Wärterbude aus geschlossen werden. Kaum befand sich das Gespann auf dem Bahngeleise, als die Zugglocke ertönte und im nächsten Augenblick auch schon die Barrièrenstangen herunterfielen, so daß das Gespann eingeschlossen war. Im nächsten Augenblick brauste auch schon der Personenzug, der zwischen 9 und 10 Uhr Abends von Rathenow nach Stendal fährt, heran; die Situation der auf dem Wagen sitzenden Jäger war eine fürchterliche, denn die in ihre Pelze gehüllten Herren vermochten sich nicht so schnell von ihren Sitzen zu erheben, und beim Herabschwingen vom Wagen fielen mehrere Jäger auf die Geleise und konnten nur mit Hilfe der zur Seite gesprungenen Kameraden von den Rädern der Lokomotive gerettet werden. Das Fuhrwerk selbst wurde von der Maschine zertrümmert und das Handpferd getödtet, während das Leinenpferd unverletzt blieb. Der Unfall war dadurch entstanden, daß die Warnungsglocke, welche vorschriftsmäßig vor dem jedesmaligen Schließen der Barrière sechszehn Mal anschlagen muß, nicht functionirte.


Ball=Seidenstoffe v. 65 Pfge. bis 14.80 p. Met.- glatt, gestreift u. gemustert versendet roben= und stückweise porto= und zollfrei das Fabrik=Dépôt G. Henneberg (K. u K. Hoflief.) Zürich. Muster umgehend. Doppeltes Briefporto nach der Schweiz.


Anzeigen.

In Sachen betr. die Zwangsversteigerung der der Hufnerin Johanna Koch geb. Plate zu Panten gehörigen, daselbst sub Nr. VIII belegenen Vollstelle c. p. stehen vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an:
1. der Verkaufstermin auf

Dienstag, den 19. Januar 1892,
Vormittags 11 Uhr,

2. der Ueberbotstermin auf

Dienstag, den 16. Februar 1892,
Vormittags 11 Uhr.

Ferner ist Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das Grundstück c. p. u. an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör), soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, sowie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Dienstag, den 19. Januar 1892,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzt.
Die Verkaufsbedingungen liegen 14 Tage vor dem ersten Verkaufstermine auf der Gerichtsschreiberei I zur Einsicht der Betheiligten aus.
Dem Sequester, dem Schuldner und den bei der Zwangsversteigerung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen, zu dem Zwecke einer endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen in dem zur Anmeldung der dinglichen Ansprüche an das Grundstück c. p. bestimmten Termine und in dem Verkaufstermine zu erscheinen, sowie innerhalb 8 Tage vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 18. October 1891.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
                                                    W. Harms.


Bekanntmachung.

Die unterzeichnete Prüfungskommission macht die im Jahre 1872 geborenen Militairpflichtigen, welche die Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militärdienste nachsuchen wollen, darauf aufmerksam, daß sie sich spätestens bis zum 1. Februar 1892 bei der unterzeichneten Kommission schriftlich zu melden und bei dieser Meldung die Vorschriften in § 89 der Wehrordnung vom 22. November 1888 zu beachten haben.
Bis zu demselben Zeitpunkte sind auch die Meldungen zu den im März 1892 stattfindenden Prüfungen für den einjährig=freiwilligen Dienst einzureichen.
Schwerin, 2. Januar 1892.

Großherzogl. Mecklenb. Prüfungskommission für Einjährig=Freiwillige.


Bekanntmachung.

In der Besetzung der für den Bezirk der diesseitigen Berufsgenossenschaft errichteten Vertrauensmanns= bezw. Vertrauensmann=Stellvertreter=Aemter treten mit dem 1. Januar 1892 innerhalb des Amtsgerichtsbezirks Schönberg folgende Veränderungen ein.
Es werden fungiren für den
20. Bezirk, umfassend die Stadt und die Vogtei Schönberg sowie das Gut Torisdorf, als

Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Hauswirth Behncke zu Menzendorf) - der Hauswirth Burmeister zu Rodenberg.
21. Bezirk, umfassend die Vogtei Rupensdorf, als
Vertrauensmann - statt des bisherigen (Schulze Hagendorf zu Boitin=Resdorf) - der Oberförster Hottelet zu Schönberg.
Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Erbpächter Prüß in Lauen) - der Hauswirth Joachim Oldenburg zu Niendorf.
22. Bezirk, umfassend die Vogtei Stove, als
Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Schulze Wigger zu Samkow)) - der Hauswirth Seeler zu Samkow.
23. Bezirk, umfassend die Vogtei Schlagsdorf nebst Domhof und Palmberg bei Ratzeburg, als
Vertrauensmann - statt des bisherigen (Schulze Stein zu Rieps) - der Hauswirth Hecht zu Schlag=Resdorf.
Vertrauensmann=Stellvertreter - statt des bisherigen (Schulze Hauschild zu Ziethen) - der Pächter Röper zu Gr. Molzahn.
24. Bezirk, umfassend die Vogtei Mannhagen nebst den Gütern Horst und Dodow, als
Vertrauensmann - statt des bisherigen (Viceschulze Brüggemann zu Mannhagen) - der Schulze Brüggemann zu Walksfelde.
Neubrandenburg, den 19. December 1891.

Der Vorstand
der Mecklbg.=Strelitz'schen Landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft.
C. Graf von Bernstorff.


Sarg-Magazin
Sarg
von Kiel & Rindfleisch

empfiehlt bei vorkommenden Fällen zu billigsten Preisen Metall=Särge. Dieselben halten den schwersten Erddruck aus. Särge aus Eichen= und Tannenholz mit und ohne Metall=Einsatz in allen Größen und Ausstattungen.
Ferner alle Todten=Bekleidungsgegenstände als Hemden, Jacken, Schuhe, Handschuhe, Strümpfe etc.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 4 Seite 4]

Malz und Hopfen geben gute Tropfen.
Bier
aus neuem Malz und neuem Hopfen

vorzüglich im Geschmack, empfiehlt die Dampf=Bier=Brauerei

Schönberg i. M.                                                     C. Schwedt.


Ersparniß= & Vorschuß=Anstalt.
Die Anstalt ist während des                          
Antonitermines
vom 17. bis 24. Januar d. J.
an den Werktagen
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und an den Sonntagen
von 8 bis 10 Uhr Morgens
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 9. Januar 1892.                          
                                                    Das Directorium.


Gewerbe-Verein.
Hauptversammlung
am Dienstag, den 19. Januar, Abends 7 1/2 Uhr.

Vortrag des Afrika=Reisenden Herrn C. Weidmann:

"Die Wißmann=Expedition und die bisherige Entwickelung der deutsch=ostafrikanischen Besitzungen" und die Auslegung einer reichen Sammlung afrikanischer Gegenstände.
NB. Eintrittskarten für Nichtmitglieder im Vorverkauf bei Herrn Gastwirth Boye und an der Casse 50 Pfg., für Schüler 25 Pfg.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
I. Allgemeine Versammlung
am Sonntag, den 17. Januar 1892,

Nachmittags 4 Uhr im Vereinslocal.
                            Tagesordnung:
               1) Beschlußfassung über die Feier des Geburtstages Sr. Maj. des Kaisers.
               2) Rechnungsablage pro 1891.
               3) Vorstandswahl
               4) Aufnahme neuer Mitglieder und sonstiger Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Agentur der
Mecklenburg. Bank in Schwerin
für
Schönberg und Umgegend.

Spar= und Capital=Einlagen werden z. Zt. verzinst:

1) gegen Sparbücher der Bank mit dreieinhalb pro cent;
2) gegen Schuldverschreibungen der Bank je nach der Kündigungsfrist mit dreieinhalb, drei und zwei pro cent;
3) im Baar=Conto=Corrent mit zwei pro cent.
Die Bank bewilligt Darlehen gegen genügende Sicherheit und übernimmt Bankcommissionsgeschäfte aller Art zu billigen Bedingungen.

Schönberg i/M.                                                     Wilh. Schrep,
                                                                                Stadtsecretair.


Mache den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend die ergebenste Mittheilung, daß ich mein Geschäft persönlich übernommen habe, und bitte, daß meinem Vater bis zu seinem Ableben geschenkte Vertrauen auch auf mich übertragen zu wollen. - Für reelle Bedienung, sowie für einen vortheilhaften Sitz der Sachen wird garantirt.

Achtungsvoll
                                                    R. Lange,
                                                    Herrenkleidermacher.

Sämmtliche Bestellungen nimmt auch mein Schwager, Herr Schneidermeister E. Schröter, gerne entgegen.

                                                    D. O.


Neu! Accord-Zither (D. R.-P. Nr. 29 930)

beste u. bill. Zither der Welt, mit patent. Stimmvorrichtung, 6 Manualen etc. thatsächlich ohne jede Notenkenntniß in 1 Std. erlernbar. Ill. Prospect gratis und frco. O. C. F. Miether, Musikwerke, Hannover.


Flechtenkranke

versäumen nicht, das von Rolle, Hamburg, St. Pauli, Neuer Pferdemarkt 16, herausgegebene und nur daselbst zu beziehende Buch zu lesen. Preis M. 1,50.


Herrn Rolle, Hamburg. Mache Ihnen hiermit die ergebene Mittheilung, daß sich mein Leiden bedeutend gebessert hat und ersuche Sie mir wieder Medicamente zusenden zu lassen. In Erwartung derselben zeichne Hochachtend Möller, Schmiedemeister, Lutzhorn per Barmstedt.


Heute Nachmittag 3 Uhr entschlief sanft unsere innig geliebte treue Mutter, Schwieger= und Großmutter, die

Frau Rentière Louise Sass,
geb. Nölting,

im 71. Lebensjahre, welches tiefbetrübten Herzens anzeigen

                              Dorette Arndt, geb. Sass.
                         Hermann Sass, Roggentin.
                                 Landgerichtsrath Arndt, Glatz.
                       Ottilie Sass, geb. Nölting.
                                   und Enkelkinder.
Roggentin, den 7. Januar 1892.


Allen denen die meiner lieben Frau und unserer lieben Mutter und Großmutter Frau Luise Baer, geb. Stein die letzte Ehre erwiesen und ihren Sarg so reich mit Blumen schmückten, sowie Herrn Consistorialrath Kaempffer für die trostreichen Worte am Sarge der Verstorbenen, sagen wir hierdurch unsern herzlichsten Dank.
Schönberg, den 7. Januar 1892.

                                                    Sattlermeister F. Baer und Kinder.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 4 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 4 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 12. Januar 1892.


Der Influenza=Erreger.

Vor einigen Tagen haben wir unseren Lesern die Mittheilung machen können, daß es zwei Berliner Aerzten, nämlich den Herren Pfeiffer vom Kochschen Institut und Canon vom Moabiter Krankenhause, gelungen sei, den längst vermutheten und eifrig gesuchten organisirten Erreger der Influenza=Erkrankung endlich zu finden. Beide Forscher sind, wie nunmehr festgestellt ist, vollständig unabhängig von einander, zu dem Ergebniß gelangt, daß der Influenza=Erreger ein gut gekennzeichneter organisirter Körper, ein Kleinlebewesen, ein Mikroorganismus zu Grunde liege.
Die Untersuchungen des ausgehusteten Speichels von einigen dreißig Influenza=Kranken wurden nach der von Koch angegebenen, vollkommenen Methode unter Beobachtung peinlichster Vorsichtsmaßregeln vorgenommen und es fanden sich regelmäßig darin äußerst kleine, eigenthümlich, meist zu zweien aneinander liegende Microorganismen, welche auf den ersten Anschein eine gewisse Aehnlichkeit mit dem längst bekannten Erreger der Lungenentzündung (den Friedländer'schen Pneumoniekokken) zeigten. Sie unterscheiden sich von diesen durch ihre Größe. Als aber schärfste Vergrößerung angewandt wurde, zeigte sich, daß die Körper nicht rund, sondern stäbchenförmig waren und zwar an den Enden kolbig verdickt.
Es sind also keine Kokken, sondern richtige Bacillen. Nach der Angabe des Vortragenden ist der von ihm gefundene, vermeintliche Influenza=Erreger der kleinste aller seither bekannt gewordenen Bacillenarten. Er soll nur etwa 1/4 oder 1/2 so groß sein, wie der Bacillus der Mäusesepticämie (faulige Blutvergiftung). Als eine fernere Eigenthümlichkeit dieses vermeintlichen Influenza=Bacillus giebt Herr Pfeiffer an, daß er sich an seinen klobig angeschwollenen Enden in der heißen Löffler'schen Methylenblau=Lösung stärker färbt, als in der Mitte. Endlich ist die Unbeweglichkeit wie Herr Pfeiffer behauptet, eine den Influenzabazillus auszeichnende Eigenschaft. Diesen Influenza=Erreger hat dann der genannte Forscher auf Glycerin=Agar, als dem geeignetsten Nährboden, in Reinkulturen gezüchtet. Diese Kulturen sind außerordentlich klein und haben nicht die Neigung zusammenzufließen; sie bestehen vielmehr jede einzelne für sich, als gesondertes, äußerst winziges Tröpfchen. Auch hierin erblickt Herr Pfeiffer eine diesem vermeintlichen Influenza=Erreger allein zukommende Art Eigenthümlichkeit. Mit diesen so hergestellten Reinkulten hat dann Herr Pfeiffer Uebertragungsversuche an Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten, Mäusen, Tauben und Affen vorgenommen. An Kaninchen und Affen gelang es, Erscheinungen, wie bei der Influenza=Erkrankung an Menschen, hervorzurufen.
Diese wichtigste Versuchsreihe ist indessen noch nicht abgeschlossen. Was nun den vermeintlichen Influenza=Bacillus beim Menschen anbelangt, so ist derselbe nach den Mittheilungen des Vortragenden, in dem Auswurfe während der Krankheitshöhe massenhaft vorhanden; er wird spärlicher, sobald die Krankheitserscheinungen nachlassen und er verschwindet mit dem Aufhören derselben. Aehnlich wie bei der Tuberkulose, erachtet Herr Pfeiffer auch bei der Influenza den ausgehusteten Speichelauswurf weitaus als das wirksamste Verbreitungsmittel der Krankheit und er tritt daher entschieden dafür ein, daß dieser Auswurf so rasch als möglich aus der Umgebung des Kranken entfernt oder durch verschließbare Speichelgläser möglichst isolirt und damit unschädlich gemacht werde.


- Ein originelles Weihnachtsgeschenk ist dem Conf. zufolge für den Kaiser angefertigt worden. Dasselbe stellt auf einem aus Bronce hergestellten, mit kriegerischen Enblemen versehenen 3/4 Meter hohen Ständer in natürlicher Größe eine Kesselpauke dar, mit denselben Abzeichen versehen, die das Garde=Husaren=Regiment führt. Das Trommelfell sowie die Paukenschläger sind aus Bronze hergestellt und können abgehoben werden. Man sieht alsdann im Innern der Pauke ein kunstvoll hergestelltes bronzenes Rauchservice. An dem Ständer sind ferner lose befestigt in vorschriftsmäßiger, aber verkleinerter Nachbildung die Säbeltasche, die Patrontasche, der Cavalleriesäbel, sowie das neue kleinkalibrige Gewehr.
- Graf Lehndorff kaufte, nach einer Mittheilung aus London, bei der zum Abschluß gelangten großen Vollblutversteigerung zu Newmarket in England abermals zwei Stuten, die neunjährige Armida von Childeric aus der Mavis, gedeckt von Master Kildare und Beau Brummel, für 20 000 Mk. und die vierjährige Sorceress von Touchet aus der Enchantress für 14 200 Mark. Insgesammt sind nunmehr für Rechnung des Norddeutschen Zuchtvereins fünf Stuten für die Summe von 83 400 Mark erworben worden, die beiden vorgenannten, die vierjährige Formidable für 23 000 Mk., die elfjährige Violetta für 18 200 Mark und die zweijährige Crime für 10 000 Mk. Deutscherseits kaufte noch Herr J. Lau aus Hamburg außer dem zweijährigen Bellefontaine für 20 000 Mk. noch drei andere Pferde, und zwar Bloator, einen zweijährigen Wallach von Inert aus der Lafitte für 3000 Mk., Ernest, einen dreijährigen Wallach von Cameliard aus der Corisande, sowie Motto, fünfjährigen braunen Hengst von Ben Or aus der Mary White. Die Versteigerung, bei welcher gegen 500 Pferde unter den Hammer gelangten, hat einen in jeder Beziehung glänzenden Verlauf genommen.
- In Berlin hat sich eine junge adlige Russin vor der Thür eines jungen Gelehrten erschossen. Die Dame hatte zu dem Gelehrten eine tiefe Neigung gefaßt, die von diesem nicht erwiedert wurde.
- Auf den Borsig'schen Werken in Berlin ist der 8stündige Arbeitstag eingeführt und der Tagelohn um 1/4 Mark gekürzt worden.
- In recht eigenartiger Weise eingeläutet wurde das neue Jahr in Potsdam. Auf dem dortigen Bahnhof kommt nämlich der nachts 11 1/2 Uhr aus Berlin abfahrende Vorortszug stets mit dem Schlage 12 an. In der Sylvesternacht wurden nun zum Beginn des neuen Jahres die Passagiere dieses Zuges mit dem Geläut sämmtlicher Bahnhofsglocken und mit lebhaftem "Prosit Neujahr!" empfangen, das natürlich alle lebhaft erwiderten.
- Die Entwerthung der Versicherungsmarken auf den Quittungskarten erfolgte bisher durch einen wagerechten Strich. Durch Verordnung des Bundesraths tritt an Stelle dessen jetzt die Datumsangabe, z. B. 15. 3. 92. Dieser Vermerk kann durch Stempel oder handschriftlich auf die Marke gesetzt werden; jeder andere Vermerk gilt nicht als Entwerthung. Wir bemerken, daß eine Verpflichtung zur Entwerthung für den Arbeitgeber nicht besteht.
- Die nach Kamerun bestimmte Kreuzerkorvette "Prinzeß Wilhelm" ist in den Kieler Hafen zurückgekehrt, da sich eine Welle warm gelaufen hat. Durch die dadurch nothwendig gewordene Reparatur wird die Abfahrt des Schiffes nach Westafrika möglicher Weise um einige Tage verzögert werden.
- Eine Kiste, wie sie wohl zu den größten Seltenheiten gehört, erregte am Dienstag die Aufmerksamkeit der Bewohner von Moabit. Sie war auf zwei verbundenen Eisenbahnwagen von München angekommen und wurde vom Lehrter Bahnhofe nach der Hohenzollern=Galerie gebracht. Sie wog über 10 000 Kilo und hatte eine Länge von mehr als 60 Fuß. Die Kiste enthielt das große Rundgemälde, das in München gemalt ist und Mitte dieses Monats in der Hohenzollern=Gallerie zur Ausstellung kommen soll.
- Ein merkwürdiger Prozeß beschäftigt, dem Schles. Anz. zufolge, die Strafkammer in Gleiwitz. Ein Arbeiter, dem infolge eines Unfalles ein Auge hatte herausgenommen werden müssen, verlangte es vom Arzte zurück, da es, als sein Körpertheil, sein Eigenthum sei und die Operation den Arzt nicht

[ => Original lesen: 1892 Nr. 4 Seite 6]

zum Behalten des operierten Körpertheils berechtige. Da der Arzt, indem er das Auge gar nicht aufbewahrt hat, diesem Verlangen nicht nachkam, hat ihn der Arbeiter verklagt.
- Vor der Strafkammer in Münster i. M. stand ein Postgehülfe aus Groß=Reken. Er hatte 4 Briefe geöffnet und den Inhalt mit 137 Mk. sich angeeignet. Zur Entschuldigung seiner That führte er an, daß er mit der Remuneration von 2 Mk. täglich nicht habe auskommen können. Das Urtheil lautete auf 1 Jahr Gefängniß.
- In Stettin befanden sich 95 Schriftsetzer und Buchdrucker im Ausstand. Als die Unterstützungen von Berlin ausblieben, haben auch diese 95 den Ausstand für beendet erklärt. Durch ihren Führer ließen sie den Polizei=Präsidenten, Grafen Stolberg, bitten, zwischen den Gehülfen und Prinzipalen zu vermitteln, damit die Gehülfen ihre früheren Arbeitsplätze wieder erhielten. Der Polizei=Präsident erklärte sich zur Vermittelung bereit; aber die alten Plätze sind durch neue Kräfte besetzt und es wäre ungerecht, den Neueingetretenen zu Gunsten der Ausständischen zu kündigen. So blieben fast alle dortigen Ausständischen, darunter viele Familienväter, arbeitslos und müssen ihr Heil auswärts suchen.
- Ist der Geruch von vier Ziegenböcken gesundheitsschädlich? Diese wichtige Frage wird demnächst bei einem am Amtsgericht Büdingen schwebenden Prozeß entschieden werden, in welchem zwei Aerzte als Sachverständige fungieren.
- Nicht weit von dem reizend belegenen Loschwitz, das mit Blasewitz jetzt durch eine im Bau begriffene Brücke verbunden wird, steht eine stattliche Villa, die einem in Dresden sehr bekannten Pietisten gehört. Auf der Vorderfront über dem Hauptportal befindet sich die einladende Inschrift: "Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid." Nicht so ganz stimmt mit dieser Aufforderung der Inhalt einer Tafel überein, die an der Eingangspforte des Außengitters angebracht ist. Auf ihr steht zu lesen: "Der Eingang ist verboten, der Hund beißt!"
- Vom Jungfernsprung bei Dahn in der Pfalz stürzte eine Felspartie herab, wodurch ein Haus eingedrückt wurde. Die Bewohner desselben konnten glücklicher Weise gerettet werden.
- In Wien ist am Montag nach längerem Leiden der bekannte Lustspieldichter Julius Rosen gestorben. Mit Rosen ist einer der produktivsten und, was den Augenblickserfolg anbelangt, auch erfolgreichsten Bühnenautoren unserer Zeit aus dem Leben geschieden.
- In Prag hat sich ein Verein gebildet, um die russische Sprache als allgemeine Kultursprache unter den Slaven einzuführen. Zweigvereine sollen in ganz Böhmen und Mähren errichtet werden.
- Eine Versammlung von 4000 Weinbauern aus dem Etsch= und dem Eisack=Thale beschloß, telegraphisch beim Grafen Taaffe Abhilfe gegen den italienischen Weinzoll zu erbitten.
- Der Brüsseler amtliche Sanitätsbericht stellt fest, daß die Influenza=Epidemie zur Zeit in Belgien mehr Opfer fordere, als die letzte Cholera=Epidemie. Antwerpen hat täglich 80, Genf 70, Mons 25 Todesfälle zu verzeichnen.
- In Mecheln sind sämmtliche Schulen wegen der Influenza geschlossen, ebenso auch viele in andren belgischen Städten. Zahlreiche Fabriken feiern, weil es an Arbeitskräften mangelt.
- Als charakteristisch berichtet der "Figaro", daß, während im Jahre 1890 sich 4873 Deutsche in den Vereinigten Staaten als amerikanische Bürger naturalisiren ließen, dieses im gleichen Zeitraum von 140 Franzosen geschah.
- Zum Nothstande liegt folgende Nachricht aus St Petersburg vor: Ein Kreis hiesiger, der besten Gesellschaft angehöriger junger Mädchen hat sich nach dem Gouvernement Kasan begeben, um dort für kollektirte Summen Suppenanstalten für die Nothleidenden zu eröffnen und zu verwalten.
- Die Leiche in einem Laib Brot. Wie der "Pester Lloyd" mittheilt, fand ein armer Lumpensammler, namens Johann Polacsek, am Mittwoch auf dem städtischen Kehrichtablagerungsplatze in Pest einen großen Laib Brot; er wunderte sich nicht wenig über den seltenen Fund, doch nahm er schließlich das Brot mit sich nach Hause. Infolge anderweitiger Beschäftigung kam Polacsek erst am folgenden Tage dazu, den Inhalt des Brotlaibes zu untersuchen, welcher ihm wegen seiner außergewöhnlichen Schwere auffiel. Zu seinem nicht geringen Schrecken entdeckte er in dem Brote eingebacken den zerstückelten Leichnam eines neugeborenen Kindes männlichen Geschlechts. Er theilte den Fall sofort der Polizei mit und die Untersuchung ergab, daß das Kind vorerst zerstückelt und gebraten, sodann aber in eine Teigmasse gewickelt und letztere gebacken wurde. Nach der Kindesmörderin wird gefahndet.
- In Tyrol hat in den letzten Tagen das seltsamste Wetter geherrscht. In Arco hat man im Freien Veilchen gepflückt, während die Kälte auf dem Arlberg bis zu 25 Grad gestiegen ist.
- Die älteste Frau Italiens, eine 105 jährige Fuhrmannsfrau, ist am 27. v. M. in Feltra (Venetien) verstorben. Die Gedächtnißstärke der alten Frau war eine fabelhafte. Sie erzählte Begebenheiten, die sich vor nahezu hundert Jahren zugetragen, mit den ausführlichsten Einzelheiten.
- Die Sterblichkeit in Mailand ist von 30 auf 111 Personen täglich gestiegen. Zur Beihilfe für die Totengräber ist Militär requirirt worden. Die dortigen Schulen wurden wegen der Influenza auf acht Tage geschlossen.
- Ein furchtbarer Schnee=Sturm wütete am Sylvesterabend an der Pacific=Küste. In Cascade fiel im Verlaufe von 24 Stunden 28 Zoll Schnee und der Verkehr auf der Zentral=Pacific=Bahn ist ins Stocken gerathen. Der von Oregon kommende südliche Schnellzug traf erst nach 15 stündiger Verspätung an seinem Bestimmungsort ein. An verschiedenen Plätzen längst der Bahn ist der Schnee 12-18 Fuß tief. In Tebachavi in Californien, wie in Falls Ciliy, Oregon, riß der Sturm Häuser und Mühlen um. Zahlreiche Personen sind erfroren - 650 Mark für eine Prinzessin. "Zu was für niedriger Bestimmung wir einst herunterkommen können!" so könnte wohl die Prinzessin Ta=Ta=Aman, die unter den Pharaonen eine hohe Stelle bekleidete, mit Hamlet auszurufen berechtigt sein. Kürzlich wurde ihre Mumie in London zum öffentlichen Verkauf ausgeboten und für 33 L. zugeschlagen.
- Amerikanisch. Eine Dame in Burlington will die dortige elektrische Straßen=Cargesellschaft auf Schadenersatz verklagen. In einer Car jener Linie ist nämlich oben an den Seiten der Sitze eine riesenhafte Schneideranzeige angebracht, die mit den Worten schließt: "Die werthe Persönlichkeit, welche unter diesem Schilde sitzt, trägt unsere berühmten wollenen Hosen". Die betreffende Dame, welche von diesem heimtückischen Schilde keine blasse Ahnung hatte, war neulich so glücklich, sich direkt darunter zu setzen, worauf die übrigen Passagiere in ein Gelächter ausbrachen, dessen Ursache die Dame längere Zeit nicht zu ergründen vermochte. Als sie es ergründet hatte, stieg sie mit geröthetem Gesicht und schnaubend vor Entrüstung aus der Car und schwur hoch und theuer, daß sie die Gesellschaft auf 10 000 Doll. Schadenersatz verklagen werde.
- Ergebnisse der Heirathsstatistik. Nach gewissenhaften Untersuchungen haben alle Frauen mehr oder weniger die Aussicht, sich zu verheiraten. Nimmt man die Chancen im allgemeinen mit 100 an, so vertheilen sich die speziellen Chancen nach den verschiedenen Lebensaltern folgendermaßen: Von 15 bis 20 Jahren ist die Zahl derjenigen, welchen die Wahrscheinlichkeit blüht, geheiratet zu werden, gleich 14 1/2 Prozent, von 20-25 Jahren 22 Proz., von 25-30 Jahren 18 Prozent. Ist jedoch einmal dieses Alter überschritten, so verlieren die Damen 84 1/2 Proz. ihrer Chancen, haben aber bis zu 35 Jahren immer noch 5 1/2 Proz. Zwischen 35 und 40 Jahren haben sie jedoch nur noch 3 3/4 Proz. und in den folgenden vier Perioden von 5 zu 5 Jahren 2, 1/2, 1/3 und 1/4 Proz.
- Umschrieben. Richter: "Angeklagter, wovon leben Sie?" - Angeklagter: "Nu, wat et so jerade jibt: Kartoffeln." - Richter: "Ich meine, wovon Sie Ihren Lebensunterhalt bestreiten." - Angeklagter: "Ick bestreite allens." - Richter (etwas lauter): "Reden Sie keinen Unsinn! Worauf Ihre Existenz beruht, will ich wissen." - Angeklagter: "Na, uff Aktien ist sie nicht jejrindet."


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