No. 61
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 07. August
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1891 Nr. 61 Seite 1]

              Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das 2. Hanseatische Infanterie=Regiment Nr. 76

1. am 15., 17., 18., 19., 20. und 21. d. Mts.

in der Zeit von 7 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags Schießübungen mit scharfen Patronen und

2. am 22., 24., 25., 27., 28., 29. und 31. d. Mts.

in der Zeit von 7-11 Uhr Vormittags Regiments=Exercitien auf der Palinger Haide abhalten wird.
              Die Schießübungen mit scharfen Patronen ad 1 werden stattfinden in dem Gelände, welches begrenzt wird durch den Weg von Lauen nach Bardowick bis zu der Stelle, wo der Weg von Palingen her einmündet, diesen letzteren Weg, durch eine von diesem Wege an dem Dorfe Palingen vorüber nach dem Palinger Mühlenbach gedachte Linie, durch den Mühlenbach bis zu dem alten Bahnkörper, diesen Bahnkörper bis zum Wege von Brandenbaum nach Wesloe, den Weg von Brandenbaum nach Wesloe, von Wesloe nach Schlutup und von Schlutup nach Lauen. Dieses Terrain wird durch eine Postenkette abgesperrt bezw. durch Warnungstafeln deutlich gemacht werden. Das Betreten des Terrains in der gedachten Zeit wird zur Vermeidung von Unglücksfällen bei Strafe hiemit verboten. Den Anordnungen der das Terrain absperrenden Posten ist unbedingt Folge zu geben.
              Die Regiments=Exercitien ad 2 werden im Wesentlichen auf demselben Gelände stattfinden; doch werden die Grenzlinien nach allen Seiten hin etwas erweitert, namentlich im Süden bis zu dem neuen Bahnkörper der Strecke von Lübeck nach Lüdersdorf ausgedehnt werden.
              Schönberg, den 3. August 1891.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.


Kaiser Wilhelm wird von seiner Nordlandsfahrt am 8. August zurückkehren und in Kiel einige Zeit Wohnung nehmen.
Zu dem Besuche des Kaisers auf dem Nordkap erfährt man, daß das Wetter leider ein wenig günstiges war, denn es blies auf dem Nordkap so stark, daß man kaum zu stehen vermochte. Bei dieser Gelegenheit erwies sich der auf der Spitze des Nordkaps aufgeführte Pavillon als eine besonders schätzenswerthe Einrichtung, und der Kaiser verfehlte auch nicht, sich höchst anerkennend über die Anlage desselben auszusprechen. In diesem Pavillon wurde Speise und Trank servirt, und der Kaiser schrieb seinen Namen ins Fremdenbuch ein. Der Aufenthalt des Kaisers auf der nördlichsten Spitze Europas dauerte 3 Stunden. Man errichtete zur Erinnerung daran ein kleines Denkmal aus Steinen, woran sich auch der Kaiser betheiligte. In dem Denkmal wurde ein beschriebener Zettel niedergelegt, welcher auf die Anwesenheit des deutschen Monarchen Bezug nahm.
Die 88 jährige Großherzogin=Mutter von Mecklenburg=Schwerin, Schwester Kaiser Wilhelm I., hat sich von ihrer Krankheit wieder ganz gut erholt. Sie weilt jetzt in Heiligendamm, wo man sie nach alter Weise ihre Spazierfahrten mit dem leichten, ihr vom König von Italien geschenkten Eselsfuhrwerk machen sieht. Die hohe Dame ist geistig vollkommen frisch und immer heiteren Gemüths. In dem von einer Berliner Firma in dem genannten Badeorte gehaltenen Magazin sieht man sie fast täglich plaudernd sitzen und die Neuheiten mustern.
Am kommenden Montag soll dem Fürsten Bismarck in Kissingen der Ehrenhumpen überreicht werden, dessen Anschaffung aus dem Ertrage von Sammlungen unter den Studenten erfolgt ist. Ein Aufruf des betreffenden studentischen Comités ladet die Studenten ein, sich am genannten Tage zahlreich in Kissingen einzufinden. In dem Aufruf heißt es: "Laßt uns dem Fürsten selber noch einmal vor Augen stellen, daß wir gewillt sind, sein ehrendes Vermächtniß an uns, den nationalen Gedanken leuchten zu lassen vor Europa, zu erfüllen."
Wie Berliner Blätter melden, hat der Eisenbahnminister Thielen einer Deputation für Einführung des Zonentarifs mitgetheilt, daß Versuche mit dem Zonentarif gemacht werden sollen, und zwar sei Berlin als Mittelpunkt des neuen Systems in Aussicht genommen.
- In Homburg v. d. Höhe wird am 12. d. M. der Prinz von Wales zum Kurgebrauch eintreffen. Der Herzog von Cambridge ist am 30. Juli zu einer dreiwöchentlichen Kur dort eingetroffen.
Die französische Begeisterung für Rußland treibt in Frankreich sonderbare Blüten. Die Fürstin Dolgoruki=Jurjewski, morganatische Wittwe des

[ => Original lesen: 1891 Nr. 61 Seite 2]

Zaren Alexanders II., wurde in Plombiéres bei ihrem Abschied der Mittelpunkt lebhafter Huldigungen. Die Volksmenge rief: Vive la Russie! Die Musik spielte die Marsellaise, die Fürstin stand mit ihren beiden Töchtern an der Wagenthür, Blumen unter die Mengen werfend und Vive la France rufend. Es war sehr rührend. - Auch der russische Botschafter Baron Mohrenheim wurde mit Gemahlin und Tochter in dem Badeorte Cauterets begeistert empfangen. Man spielte die russische Nationalhymne und die Marsellaise und brachte Hochs auf Frankreich und Rußland aus.
Wie man aus Paris schreibt, werden im Laufe des September in Ost=Frankreich große Heeresmanöver stattfinden, an welchen das 5., 6., 7. und 8. Armeecorps theilnehmen sollen. Den Abschluß der Manöver wird eine große Revue bilden, welcher, wie verlautet, Präsident Carnot beiwohnen dürfte.
Außer dem General Warnet hat am Sonntag in Frankreich noch der Minister des Auswärtigen, Ribot, eine öffentliche Rede gehalten, nämlich bei dem Turnfest in Saint=Omer in seiner Eigenschaft als Deputirter des Arrondissements. Auch hier fand die Rede ihren Gipfelpunkt in der Verherrlichung des Kronstadter Flottenfestes, an welchem die ganze Nation, vom Präsidenten bis zum letzten Lumpensammler, zu zehren scheint. In allen Kreisen des Volkes ist man bemüht, dankend über die der grande nation erwiesene Ehre zu quittiren, sogar die Arbeiterbevölkerung von Cherbourg hat es sich nicht nehmen lassen, zu Ehren der dort vor Anker liegenden russischen Schiffe ein besonderes Fest zu veranstalten, bei welchem die Gäste mit enthusiastischen Kundgebungen überschüttet worden sind. Wahrlich, es ist ein Schauspiel für Götter, dieselbe stolze Nation, welche an der Spitze der Zivilisation zu marschiren vermeint, platt auf dem Bauche liegen zu sehen vor einem Land, in welchem noch im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Knute und Schnapsflasche der Kultur ihren Stempel aufdrücken.
Das Programm für die Festlichkeiten, welche in England des französischen Geschwaders harren, ist bis auf einige wesentliche Einzelheiten festgestellt. Das französische Geschwader wird nicht direkt nach Portsmouth segeln, sondern erst bei Cowes anhalten, wo die Königin die französischen Schiffe besichtigen wird. Die Offiziere werden Gäste der Königin in Osborne sein. Von Cowes fährt das französische Geschwader nach Portsmouth, und hier werden die britischen Marinebehörden es willkommen heißen. Admiral Lord Clanwilliam und dessen Offiziere werden den französischen Offizieren zu Ehren einen Ball veranstalten und die Stadt Portsmouth wird ihnen ein Festmahl geben. Der französische Botschafter wird den Festlichkeiten in Portsmouth beiwohnen.
Fürst Ferdinand von Bulgarien, der kürzlich bei Krupp in Essen war, hat daselbst für 5 Millionen Mark Geschütze bestellt.
König Alexander von Serbien ist am Sonntag Nachmittag in Peterhof eingetroffen und ist ihm daselbst vom Zaren ein überaus ehrenvoller Empfang bereitet worden, der leicht in dem jungen Mann die Illusion hervorrufen konnte, daß er schon etwas sei. Auch die Presse schenkt dem Ereigniß ihre Aufmerksamkeit unter großem Aufwand von Sympathiebezeugungen, dessen man sie nach den erschöpfenden Kronstadter Festtagen gar nicht mehr für fähig halten sollte.


- Schönberg. Im Thandorfer Zuschlag wurde vor einigen Tagen von dem Förster Möller=Schlagbrügge ein starker achtender Edelhirsch erlegt. Im vorigen Jahre wurde in demselben Revier auch ein achtender Edelhirsch geschossen. Da sich sonst in diesem Reviere keine Hirsche aufhalten, so ist dies als ein seltenes Jagdglück zu verzeichnen.
- Auf dem Gute Rosenhagen in der Nähe Rosenbergs bei Gadebusch, ereignete sich am Sonntag Mittag ein trauriger Unglücksfall. Auf dortiger Weide befindet sich zwischen den Milchkühen ein Bulle, welcher namentlich die Mädchen beim Melken viel belästigte, so daß dieselben dem Bullen doch nicht recht trauten. Als der Bulle auch am Sonntag die Melkenden wieder störte, kam der Stellmacher Busch, ein junger kräftiger Mann, welcher erst kurze Zeit verheirathet ist, darüber zu, ergriff einen Stock und schlug den Bullen. Dieser machte aber sofort Kehrt und griff Busch an. Da nun weiter keine männliche Hülfe zur Stelle war, mußte B. schließlich unterliegen. Der Bulle faßte ihn mit den Hörnern und warf ihn die Luft, hiermit noch nicht genug, griff er ihn nochmals an, stampfte und stieß ihn dermaßen, daß B. blutüberströmt liegen blieb, bis endlich von mehreren Seiten Hülfe herbeeilte und den Bullen von seinem Opfer vertrieb. Busch hatte derartige Verletzungen erhalten, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird.
- Ein Kuß vom Fürsten Bismarck. Das Alter scheint an dem Fürsten Bismarck spurlos vorüberzugehen, er ist ein galanter Herr. Vor einiger Zeit war eine junge Dame aus Düsseldorf in Friedrichsruh. Als sie den Fürsten Bismarck erblickte, ging sie auf ihn zu und wollte ihm die Hand küssen. Bismarck verhinderte sie daran mit den Worten: "Nein, so sind wir denn doch nicht; von einem jungen, hübschen Mädchen läßt man sich nicht die Hand küssen!" Sprach's und küßte sie auf den rosigen Mund.
- Der gegenwärtige Majoratsherr von Kreisau, Major von Moltke, gestattet nunmehr täglich während drei Stunden die Besichtigung der Gruftkapelle des verstorbenen Generalfeldmarschalls.
- Während des Jahres 1890 sind in Preußen für evangelische Kirchen Schenkungen im Gesammtbetrag von 891 666 M., für katholische von 1 369 427 M., gemacht worden.
- Vorsicht bei farbigen Strümpfen! In Berlin ist eine junge Dame, welche neue rote Strümpfe getragen und vermutlich am rechten Bein eine kleine Kratzwunde gehabt hat, derartig schwer erkrankt, daß sich eine Amputation des Fußes nöthig machen wird.
- Während am Freitag bei Potsdam ein heftiges Gewitter niederging, schlug der Blitz, als gerade einige Compagnien des 1. Garderegiments z. F. Schießübungen mit scharfen Patronen abhielten, in eine Soldatenabtheilung. Sechs Mann sanken betäubt nieder. Sie wurden in das Potsdamer Garnisonlazarett befördert. Ueber ihr Befinden ist noch nichts Näheres bekannt geworden.
- Für die Fahrt des deutschen Kaisers von Hamburg nach Helgoland und Wilhelmshaven hatte die Brauerei zum Pschorr in München den Bedarf an Bier zu liefern gehabt und auch für die Weiterreise nach England und dem Norden wurde des Kaisers Yacht "Hohenzollern" mit Pschorrbräu ausgerüstet.
- Der englische Generalkonsul in Hamburg erläßt eine Warnung vor Auswanderung mittelloser Personen nach England.
- Bei Hamburg stürzte in Peters Spritfabrik in Hammerbrook ein Gewölbe ein, wobei drei Personen verschüttet, eine derselben tödlich verletzt wurde.
- In Hamburg traf ein großer Trupp russischer Juden aus den Ostseeprovinzen ein. Sämmtliche Logierhäuser sind überfüllt, die Zuzügler wurden theilweise in Schuppen untergebracht. Nachdem sie dort beköstigt waren, wurde die Mehrzahl sofort an Bord der Schiffe geführt.
- Der "Verein für Handlungs=Commis von 1858 in Hamburg" hat am 30. v Mts. die 37 000. Stelle besetzt.
- Am Sonntag Abend hat der Dampfer "Concordia", welcher auf dem Rückweg von Blankenese war, in der Nähe Hamburgs ein Segelboot angerannt und zertrümmert. Alle Insassen, drei Damen und ein Herr, sind ertrunken.
- In Hannover bewilligten die städtischen Collegien den zum Neubau der thierärztlichen Hochschule von der Regierung gewünschten 10 Morgen großen Bauplatz im Werthe von 600 000 Mk. Die Frage, ob die Hochschule dort zu belassen sei, wird nunmehr ihre Erledigung im bejahenden Sinne finden.
- In Hotel "Frankfurter Hof" zu Frankfurt a. M. geriethen zwei Köche in Streit. Dabei stach der eine dem andern mit der Spicknadel in die Brust. Der Verwundete starb schon nach 12 Stunden.
Von dem kaiserlichen Postamte im Mainz wur=

[ => Original lesen: 1891 Nr. 61 Seite 3]

den zwei Unterbedienstete entlassen; der eine, weil er eine abgestempelte Briefmarke von einem aus England eingegangenen Brief entfernte, um diese Marke seiner Sammlung einzuverleiben, der andere, weil er diesem Gebahren zugesehen hat, ohne davon seiner vorgesetzten Behörde die Anzeige zu machen.
- Das Proviantmagazin, welches in Rathenow am 4. August durch einen Blitzschlag in Brand gesetzt wurde, ist vollständig in Asche gelegt. Bei der außerordentlich schnellen Ausbreitung des Feuers mußten sich die Feuerwehren auf die Rettung des Verwaltungsgebäudes und der in unmittelbarer Nähe befindlichen Holzbearbeitungsfabrik von Pagenkopf und Heller beschränken. Gegen 30,000 Centner Hafer, sowie fast die ganzen Vorräthe an Heu, Stroh, Konserven und Feldzwieback, sind verbrannt, nur eine größere Anzahl von Säcken wurde gerettet. Der Schaden an Gebäuden wird auf mindestens 1 1/2 Millionen Mark geschätzt.
- Der Kaiser stiftete für den vom 7. bis 11. August in Breslau stattfindenden 8. Radfahrer=Bundestag eine Porzellanvase als Ehrenpreis.
- In Danzig ist am Montag der Antropologen=Congreß durch Professor Virchow eröffnet worden. Die Betheiligung ist eine zahlreiche.
- Der "Drevenpost" zufolge fiel auf der Marienburger Bahnstrecke ein 4jähriges Kind während der Fahrt aus dem Waggon und wurde sofort getödtet. Die mitreisende Mutter sprang dem Kinde nach und erlitt schwere Verletzungen. Die Waggonthür hatte sich von selbst geöffnet.
- Belohnte Dienstboten. Aus Königsbrunn am Wagram in Niederösterreich wird der Deutschen Zeitung gemeldet: "Der wegen seines bedeutenden Vermögens bekannte Landwirth und Weinhändler Dominicus Schaupp hat in seinem Testamente seinem langjährigen treuen Oberknechte seinen ganzen Grundbesitz, zwei wohleingerichtete lastenfreie Bauernhöfe und zwei wohlgefüllte Weinkeller im Gesammtwerthe von über 200 000 fl. als Belohnung für seine Dienertreue letztwillig vermacht. Die 80jährige Schwester Schaupps erhielt ein Legat von 200 000 fl. Schaupp, obwohl eine halbe Million reich, lebte so einfach als nur denkbar. Durch vierzig Jahre hatte er als Weinhändler die Gastwirthe auf der St. Pölten=Mariazeller Strecke mit Wein versorgt. Der so reichlich belohnte Oberknecht ist gleich seinem Herrn Junggeselle geblieben und nun in dem Hause, in welchem er zwanzig Jahre diente, sein eigener Herr.


Anzeigen.

Preiswürdig zu verkaufen eine noch ziemlich

gut erhaltene Halbchaise;

auch eine neue Sensenhämmermaschine steht preiswürdig zu verkaufen bei

                                                    Schönberg. P. Ehmcke,
                                                                        Stellmachermeister.


Norddeutsches Versand-Haus.
Fritz König
in Hildesheim.

Nickelwecker
bestes Fabrikat.
Wecker Versandhaus Hildesheim Franko gegen Nachnahme von
4 Mk. 50 Pfg.


Dr. med. Dotzauer, Lübeck,
Spezialarzt für Hautkrankheiten,
verreist 6 Wochen.


Diedrich Teschau,
Lübeck, Breitestr. 24.
Specialgeschäft in
Messerwaaren,
Waffen, Barometer- und Thermometer.
Reparaturwerkstatt. Hohlschleiferei.


Ein 4schaar. Schälpflug
ist zu vermiethen. à Tag 2 M. bei                                                    
                                                    J. Oldenburg, Schmiedemeister.


Ich beabsichtige meine im Kamp belegenen
2 Stücke Hafer u. Wicken
auf dem Stamm zu verkaufen.                                                    
                                                    Johanna Creutzfeldt.


Gesucht wird zu Michaelis d. J. ein

junges Mädchen

zur unentgeltlichen Erlernung der Wirthschaft in einem ländlichen Haushalt in der Stadt. Offerten unter F. D. 6 befördert die Annoncen=Exped. von Friedrich Dierking, Ratzeburg.


Gesucht zum 1. October freundliche
Wohnung mit Zubehör.
Offerten unter E. W. 10 an die Exped. d. Bl.


Joh. Witt, Maschinenfabrik,
Schwerin i. M.,
Lieferung sämtl. landw. Maschinen u. Geräthe,
hält ab Lager bestens empfohlen:

Gras- u. Kleemähmaschinen,
Getreidemähmaschinen,
Garbenbindemähmaschinen,
Reservetheile zu sämmtlichen Mähmaschinen,
Ernte-Rechen von 75 M. an,
Hand-Ernterechen m. Stahlzinken 1 1/2 m breit 12,50 M.,
Heuwender und Grünfutterpressen,
Stakmaschinen für Göpel- und Dampfbetrieb.
Dampfdreschmaschinen unter Garantie,
Göpeldreschmaschinen für 1 bis 8 Pferde,
Strohschüttler, an Dreschmaschinen jeder Breite anzubringen,
Trieurs u. Windfegen,
Kartoffel-Sortircylinder
                          etc. etc.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 61 Seite 4]

Die unterzeichnete Intendantur eröffnet, wie in den Vorjahren, für Auswärtige ein Abonnement auf 6 Vorstellungen (3 Opern, 2 Schauspiele und ein Lustspiel) in der Spielzeit 1891/92, für welche ein Platz im erster Range 12 M., im Parkett u. in der Parkettloge 10 M., im II. Rang, Balkon und Mitte 6 M. im II. Rang Seite 5 M. kostet. Für diejenigen Abonnenten, welche die Eisenbahn benutzen müssen, werden für die Reise nach Schwerin und zurück an demselben Tage bei genügender Betheiligung Rückfahrtskarten zum einfachen Fahrpreise ausgegeben. Die Eintrittskarten werden nicht auf Namen ausgestellt und sind Theater= und Eisenbahnbillets gleichzeitig einzulösen.
Bis zum 1. September d. J. nimmt Herr Hotelbesitzer Spehr zu Schönberg Anmeldungen freundlichst entgegen.

Die Ausgabe der Karten erfolgt voraussichtlich im September.
Schwerin, 1. August 1891.                                                    
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.


Das Sedanfest

wird auch in diesem Jahre in bekannter, großartiger Weise am 2. September in Ratzeburg gefeiert.
            Ratzeburg, im Juli 1891.

                                                    Das Sedan-Comité.


Stadt Lübeck.
Sonntag, den 9. August:
Tanzmusik
bis über Mitternacht hinaus.


Den geehrten Bewohnern von Selmsdorf und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mich hier als

Sattler & Tapezier

niedergelassen habe. Indem ich prompte und gute Bedienung in allen in meinem Fach vorkommenden Arbeiten zusichere, bitte ich mein Unternehmen gütigst zu unterstützen.

                                                                      Achtungsvoll
Selmsdorf.                                                     J. Grevsmühl,
                                                                       Sattler & Tapezier.


Dr. med. Oeinck
Lübeck, Mengstr. 18.

Specialarzt für Hals=, Nasen= u. Ohrenleiden, früher Assistent an der B. Baginski'schen Klinik zu Berlin.
Sprechstunden: Vormittags   9 bis 11 Uhr
                               Nachmittags 3 bis   5 Uhr
                               Sonntags      9 bis 10 Uhr


Eintragungen in das Familien=Register der Gemeinde Selmsdorf.

a. Geburten:

D.   9. April dem Arbeitsm. Peter Sterley zu Teschow 1 S.
D.   5. April dem Arbeitsm. Jochen Stechmann zu Selmsdorf 1 T.
D.   7. April dem Arbeitsm. Peter Mette zu Teschow 1 S.
D. 13. April ein unehelicher Sohn zu Selmsdorf.
D. 19. April ein unehelicher Sohn zu Teschow.
D. 21. April dem Arbeitsm. Wichmann zu Selmsdorf 1 S.
D. 23. April ein unehelicher Sohn zu Selmsdorf.
D. 24. April dem Hausw. Hans Voß zu Teschow 1 S.
D.   6. Mai ein unehelicher Söhnen Teschow.
D.   8. Mai dem Hausw. Drevs zu Lauen 1 T.
D.   8. Mai dem Schneider Voß zu Selmsdorf 1 T.
D. 12. Juni dem Arbeitsmann Andersson zu Lauen 1 S.
D. 25. Juni dem Schlachter Johannes Bahr zu Selmsdorf 1 S.
D. 25. Juni dem Schulzen Sterley zu Zarnewenz 1 S.
D.   6. Juli dem Handelsmann Wilhelm Voß zu Selmsdorf 1 T.
D. 12. Juli dem Arbeitsm. Ahrendt zu Selmsdorf 1 T.
D. 14. Juli dem Arbeitsm. Voß zu Teschow 1 S.
D. 14. Juli dem Zimmermann Godknecht zu Teschow 1 S.
D. 17. Juli dem Arbeitsm. Buse zu Zarnewenz 1 T.
D. 17. Juli ein unehelicher Sohn zu Selmsdorf.

b. Sterbefälle:

D.   6. April Maria Elsabe Elisabeth Bruhn, unverehelichte Hauswirthstochter zu Selmsdorf, alt 47 Jahr.
D. 10. April Heinrich Ernst Retelsdorf, Hauswirths=Altentheiler zu Selmsdorf, alt 69 Jahr.
D. 24. April Peter Hinrich Vollert, Arbeitsmann=Wittwer zu Selmsdorf, alt 62 Jahr 8 M.
D.   2. Mai Catharina Maria Bumann, Webersehefrau zu Selmsdorf, alt 59 J.
D. 21. Mai Peter Hinrich Busch, unverheiratheter Büdnersohn zu Selmsdorf, alt 39 J. 5 M.
D. 15. Juni Ernestine Friederike Wilh. Boye, Büdnerehefrau zu Selmsdorf, alt 38 J. 5 M.
D. 16. Juni Julius Ginzky, katholischer Ehemann zu Hof Selmsdorf, alt 25-27 Jahr.
D. 23. Juni Joachim Klüßmann, Hauswirths=Altentheiler zu Selmsdorf, alt 80 J. 9 M.
D. 25. Juni Johann Heinrich Dohse, Kind zu Lauen, alt 8 M. 14 Tg.
D.   2. Juli Ernst Joachim Wilhelm Heinrich Schröder, Schneiderssohn zu Selmsdorf, alt 2 J. 6 M.
D.   3. Juli Wilhelm Johann Carl August Wichmann, Arbeitsmannskind zu Selmsdorf, alt 2 M. 12 Tg.
D.   6. Juli Elisabeth Möller, Arbeiterfrau zu Teschow, alt 79 J. 10 M.
D.   7. Juli Anna Dohse, Jungfrau zu Lauen, alt 21 J. 4 M.
D. 12. Juli Maria Catharina Ahrendt, Arbeitsmannkind zu Selmsdorf, alt 3 Stunden.

c. Eheschließungen:

D.   3. April Arbeitsmannwittwer Johann Jochen Krellenberg zu Lauen und Maria Catharina Dorothea Meier zu Lauen, Arbeitsmanntoch. zu Selmsdorf.
D. 10. April Hans Jochen Peter Heinrich Jakobs, Schuster und Büdner zu Selmsdorf und Arbeitsmannwittwe Pauline Christine Elise Ottilie zu Travemünde, Tochter des Arbeitsmann Schlichtig zu Travemünde.
D. 10. April Joachim Friedrich Heinrich Rath, Pferdeknecht zu Mahlzow und Catharina Maria Bleuß, Arbeitsmanntochter zu Selmsdorf.
D.   8. Mai Jochen Heinrich Voßgrap, Maurer zu Selmsdorf und Catharina Lina Elise Tretow, Jungfrau zu Selmsdorf, Arbeitsmanntochter zu Selmsdorf.
D. 22. Mai Heinrich Bruhn, Arbeitsmannwittwer zu Lauen und Maria Elisabeth Voß zu Bardowick, Arbeitsmanntochter zu Bardowick.
D. 28. Juli Heinrich Wilhelm Ferdinand Bergmann, Wittwer und Aufseher zu Westerode bei Harzburg und Anna Maria Magdalene Vagt, Jungfrau zu Sülsdorf und Hauswirthtochter zu Teschow.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 9. August.

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
   Amtswoche: Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 32.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 61 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 61 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 7. August 1891.


- Durch die Brutalität eines militärischen Schwimmlehrers, des Gefreiten Dehn, ist der Garde=Ulan Seifert in der Schwimmanstalt in Plötzensee ums Leben gekommen. Der Gefreite hatte Seifert an der sog. Angel und gab ihm den Befehl, das Schwimmbassin dreimal zu umschwimmen. Als der Schwimmer das Ziel fast erreicht hatte, klammerte er sich an einem dort eingerammten Pfahl fest und gab Dehn Zeichen, daß er vor Erschöpfung nicht weiter schwimmen könne. Dehn war hierüber sichtlich empört, nahm die Angeln und schlug damit auf die Hände des sich festhaltenden Soldaten ein. Hierbei löste sich die Leine von der Stange, Seifert ließ vor Schmerz die Hände los und versank lautlos in den Fluten. Richtig ist nun, daß Dehn mit vollem Zeug sofort dem Untergegangenen nachsprang, doch konnte er ihn nicht mehr erreichen. Ein Offizier zog nunmehr die dort angebrachte Alarmglocke, auf welches Zeichen hin sich sämmtliche Schwimmer in das Wasser stürzten und dasselbe absuchten. Die Leiche wurde erst nach etwa 30 Minuten gefunden und hatte sich unter einem Brett, welches die Badeanstalt abschließt, festgesetzt. Dehn wurde in Untersuchungshaft abgeführt.
- Ein merkwürdiger Todesfall ereignete sich in Cottbus in der Nacht vom Sonntag zum Montag. Ein Tischlermeister begab sich am Abend, da ihm der Weg nach seiner Wohnung zu weit sein mochte, in die Werkstelle, um dort zu nächtigen. In Ermangelung eines anderen Lagers legte er sich in einen fertigen Sarg, welchen er zuvor mit Hobelspänen gefüllt hatte, und schlief ein. Er sollte aber nicht mehr erwachen. Am Morgen wurde er im Sarge todt aufgefunden; jedenfalls hatte während der Nacht ein Schlaganfall seinem Leben ein Ende gemacht.
- "Kaufen Sie Fliegenstöcke?" fragte ein Händler den Inhaber einer Restauration in Berlin - "Nein, die nicht, aber haben Sie Fliegen?" - Der Händler blickt erstaunt auf. - "Ja, wenn Sie die hätten", meinte der Wirth gemütlich, "unsere sind nämlich in diesen kalten Tagen alle erfroren."
- Also auch mit dem Fliegenstockgeschäft wird es heuer nichts.
- Eine Familiengeschichte in Annoncen konnte man dieser Tage in einem Blatte in der Umgegend Berlins lesen. Die erste Anzeige lautete: "Ich warne Jedermann, meinem Manne Adolf Schultze nichts zu borgen, da ich nichts bezahle. Auguste Schultz geb. Büttner."
In der zweiten Annonce hatte der angezapfte Ehemann das Wort wie folgt genommen: "Auf die Anzeige meiner Frau, mir nichts zu borgen, warne ich, meiner Frau nichts zu borgen, da sie mir weggelaufen ist. Das Geld habe ich. Adolf Schultze."
Darauf ließ der Sohn des Schultze'schen Ehepaares folgende Warnung vom Stapel: "Da meine Eltern, Büdner Adolf Schultze mit Frau, geb. Büttner, sich getrennt haben und auf meinen Namen Schulden machen, so warne ich Jeden, Beiden nichts mehr zu borgen. Ich bezahle nichts mehr. Ernst Schultze, Kossäth."
Nach etwa 14 Tagen erschien nunmehr folgendes vierte Inserat: "Auf die Anzeige unseres Sohnes Ernst, uns nichts zu borgen, wird wohl Jeder lachen, der uns kennt. Wir haben nicht nöthig, auf seinen Namen Schulden zu machen. Wer seinen Kinder giebt das Brod und leidet im Alter selber Noth, den schlage man todt. Amen! Adolf und Auguste Schultze, geb. Büttner."
- In Landau wird demnächst die Versteigerung einer Kirche, die nahezu 300 Jahre im Gebrauch ist und noch im besten Zustand sich befindet, vor sich gehen. Die Stiftskirche, die hier in Betracht kommt, befindet sich nämlich während eines Zeitraumes von über 100 Jahren im Besitz der Protestanten und der Katholiken, die hier abwechselnd ihren Gottesdienst abhalten. Um nun die zwischen beiden Konfessionen bestehende Kirchengemeinschaft zu lösen, finden seit längerer Zeit schon diesbezügliche Verhandlungen statt, die aber zu einem endgiltigen Ergebniß noch nicht geführt haben. Der Stadtrath stellte im Fall der Lösung dieser Kirchengemeinschaft derjenigen Religionsgesellschaft, die auf die Stiftskirche Verzicht leistet, einen Bauplatz von über 6000 Quadratmetern und eine außer Gebrauch befindliche Kirche unentgeltlich zur Verfügung. Da aber beide Partheien die Stiftskirche in Besitz haben wollen, muß zur Versteigerung derselben geschritten werden, und fällt die Kirche derjenigen Parthei zu, die das Höchstgebot macht, während die andere Parthei mit dem Bauplatz und der alten Kirche fürlieb nehmen muß.
- In der Schweiz haben am Sonnabend große Festlichkeiten zur Feier des Tages begonnen, an welchem vor 600 Jahren die Waldstätten Uri, Schwyz und Unterwalden gegen die Herrschaftsbestrebungen Albrechts von Oesterreichs jenes Bündniß, genannt Eidgenossenschaft, geschlossen haben, das die Grundlage des kräftigen, materiell und geistig hoch entwickelten staatlichen Gemeinwesens bildet, als welches wir heute den Schweizer Bundesstaat erblicken. Leider ist die Jubelfeier am ersten Tag durch anhaltendes Regenwetter sehr beeinträchtigt worden, u. A. hat das Festspiel in Schwyz, zu welchem großartige Vorbereitungen getroffen waren, nicht zur Aufführung gelangen können. Am Sonnabend waren auf allen zugänglichen Bergspitzen Freudenfeuer angezündet. Die zahlreichen in der Schweiz weilenden Fremden, ohne Unterschied der Nationalität, nehmen mit lebhaftem Interesse an der Feier Theil.
- Die vollständige Todtenliste der Opfer des Eisenbahnunglückes bei St. Mandè in Frankreich ergiebt die fürchterliche Thatsache, daß sechs ganze Familien mit insgesammt 21 Personen umgekommen sind. Besonders tragisch ist das Geschick des Herrn Pouplier; derselbe, welcher Beamter der Ostbahn ist, war ausgestiegen, um nach der Ursache des langen Aufenthaltes zu fragen. Im selben Augenblick erfolge der Zusammenstoß, welchem seine ganze Familie, aus fünf Personen bestehend, zum Opfer fiel. Seine Frau und seine fünfjährige Tochter konnten nicht aufgefunden werden; ihre Leichen dürften sich unter den unkenntlichen Körpertheilen befinden, welche unter den Waggons zu drei Haufen zusammengekehrt wurden. Alle diese Familien kehrten von einer Landpartie heim.
- Am Freitag zog ein heftiges Gewitter über die Stadt Bologna und schlug ein Blitz in die Kirche San Stefano ein, ohne zu zünden, traf aber einen Geistlichen, der betend vor dem Bild des heil. Ludwig kniete, und streckte ihn betäubt zu Boden.
- Die Weizenmücke richtet in Belgien in den Provinzen Namur, Brabant und Hennegau große Verwüstungen an. Bis zu 15 Stück sitzen die lebhaften, haardünnen, safrangelben Larven dieses zur Gruppe der Gallmücken gehörigen Insekts in einem Getreidekorn, das sie vollständig verzehren.
- Die Kronprinzessin Victoria von Schweden gedenkt den Winter wieder im Süden, und zwar an der Riviera zuzubringen.
- Wie groß die Getreidenoth in Rußland ist, kann man daraus ersehen, daß bereits russische Getreide=Großhändler aus Kiew und Odessa nach Oesterreich gekommen sind und sich als Käufer von Roggen und Gerste bereit erklärt haben, jeden Posten dieser beiden Getreidearten abnehmen zu wollen. Zugleich haben sie sich erboten, für die abzuschließenden Käufe 2 Millionen Rubel als Kaution in Prag oder Olmütz zu deponieren. - Wie noch mitgetheilt wird, sind in Nishnij=Nowgorod bereits seit längerer Zeit sämmtliche Brennereien außer Betrieb

[ => Original lesen: 1891 Nr. 61 Seite 6]

gesetzt worden, weil wegen zu großer Dürre und Getreidenoth keine Kartoffeln zu bekommen sind.
- Bären zeigen sich in großen Mengen in den russischen Gouvernements Petersburg, Nowgorod und anderen Orten. Man betrachtet sie als Vorboten eines rauhen Winters.
- Ein furchtbarer Schneesturm ging, wie man aus Rom schreibt, am Dienstag über das Branzi=Thal bei Bergamo nieder. Von früh um 4 bis abends um 11 Uhr schneite es wie mitten im Winter. Der Schnee blieb auf Spitzen und Abhängen der keineswegs hohen Berge bis zum Morgen liegen. In den Wohnungen sank das Thermometer auf 10 Grad +Reaumur, und das in einer Gegend, welche sich sonst durch ihre glühende Sonnenhitze unvortheilhaft auszeichnet.
- Ein neuer Lavastrom ist am Vesuv aufgetreten und ergießt sich bis zum Adrio del Cavallo.
- Am Sonntag verschlang bei Messina ein Haifisch zwei Opfer: einen 15jährigen Burschen, der in der Nähe der Gasfabrik badete und vor den Augen seiner Freunde von dem Haifisch am Bein erfaßt und unter Wasser gezogen wurde, sowie einen Straßenkehrer, der mit seinem Esel in die Schwemme ritt und mit diesem umkam.
- Nach dem "Standart" soll sich ein neues Brigantenstückchen unmittelbar vor den Thoren der türkischen Hauptstadt abgespielt haben. Darnach hat in der Nähe von Rodosto eine Bande von 7 muhamedanischen Bulgaren einen griechischen Gutsbesitzer überfallen, für dessen Freigabe die Räuber 2000 türkische Pfund verlangen. Es steht also nicht aus, als ob die Regierung ernste Schritte zur Unterdrückung des Brigantenunwesens zu unternehmen gedächte, und nicht mit Unrecht befinden sich die Bahndirectoren infolge der türkischen Apathie in ständiger Furcht vor einem neuen Eisenbahnüberfall.
- Aus Orahovica in Slavonien wird berichtet, daß es dem dortigen Gendarmeriewachtmeister Pintar in der Nacht zum Freitag durch einen kühnen Handstreich gelungen ist, den berüchtigten Räuberhauptmann Josipp Horvath alias "Bakonya", festzunehmen. Bei dem Verhafteten, welcher seinen Namen nicht angeben wollte und behauptete, Aga zu heißen, fand man einen geladenen Revolver. Horvath, dessen Identität durch zwei Narben nachgewiesen wurde, die in den Steckbriefen nach ihm beschrieben sind, werden folgende Morde zur Last gelegt: Er erschoß einen Lieutenant, einen Förster, zwei Gendarmen, verwundete zwei andere. Horvath, ein bärenstarker Mann, der seit sieben Jahren verfolgt wird und mehrere Male aus den Gefängnissen ausbrach, wurde an Händen und Füßen gefesselt und an eine Pritsche angekettet. Tag und Nacht wird er jetzt von Gendarmen bewacht, damit er nicht wieder entspringt.
- Der König Alexander von Serbien wird am 13. d. M. in Paris eintreffen und daselbst 14 Tage incognito verweilen.
- In der Bai von Wideford, nicht weit von Kirkwall, wurden kürzlich von den Fischern etwa hundert Walfische gefangen und getödtet. Es gab sich an der Küste lebhafte Erregung kund, da die Walfische, nachdem sie getödtet, von den Wellen in tiefes Wasser getrieben wurden.
- Mehr Häcksel als Heu. Nach einer Mittheilung aus militärischen Kreisen ist, wie die "Dresd. landw. Presse" schreibt, Heu weniger werthvoll als Stroh für Pferde. Wenn die Heuration zu Ungunsten der Strohmenge vermehrt wurde, zeigte sich bald eine bemerkenswerthe Trägheit bei den Thieren, gleichzeitig die Neigung zum Schwitzen, auch bei der leichtesten Arbeit. Bei Vermehrung der Strohmenge trat das Umgekehrte ein. Die Thiere kamen nach angestrengtem Exerzieren ganz trocken in den Stall zurück. Vermehrung der Haferration, Verminderung der Heumenge hat gleich günstige Ergebnisse. Man sollte deshalb die Heufütterung bei Pferden einschränken.
- Gegen das Verfaulen und Aufwachsen des Getreides ist ein einfaches Mittel von einem Landmann mit Erfolg angewandt worden. Derselbe mähte trotz Regen ruhig seinen Roggen ab, band ihn in Garben, ließ auf dem Felde mit der Häckselmaschine die Aehren abschneiden, brachte sie auf Böden oder sonstige, vorher fein gesäuberte, trockene Plätze und ließ sie dort trocknen. Das Stroh ließ er auf dem Felde. Das Abschneiden der Aehren und Trocknen verursachte zwar Arbeit, lohnt sich aber auch, denn jener Landmann hatte wenig Ausfall, während der Roggen der Anderen meist auswuchs oder verfaulte.
- Wie schützt man den Käse vor Schimmelbildung? Man bestreue den Käse beim Formen mit etwas Kalkhydratpulver (an der Luft zerfallener Kalk). Der Kalk verhindert einmal die Schimmelbildung, andererseits beschleunigt er das Reifwerden der Käse, ohne den Geschmack ungünstig zu beeinflussen.
- "Die Kunst zu sparen haben Sie noch immer nicht gelernt, Meyer!" so ruft der Prinzipal seinem Commis zu, der eben einen großen Bogen hervorgeholt hat, um einen Geschäftsbrief zu schreiben. "Wegen der Lappalie, die Sie dem Kunden Schmidt mittheilen sollen, nimmt man doch keinen großen Bogen, sondern einen kleinsten Formats." - "Sehr wohl, Herr Prinzipal!" antwortete der Commis, zerreißt den großen Bogen Papier und nimmt einen kleinen.
- Auch Waffen. Hauswirth: "Sie unterschreiben Ihren Mietkontrakt als "Waffenfabrikant", Sie sind doch Schuster!" Schuster: "O bitte, ich bin Pantoffelmacher!"


Kilna, Kiwindje, Sansibar!
Nach den Mittheilungen eines deutschen Seemanns.

Am 17. November vorigen Jahres fuhren wir von Kiel aus ab, um wieder ein Jahr in Sansibar zuzubringen. Unsere Reise von Kiel bis Plymouth war von einem fürchterlichen Wetter begleitet. Bis Gibraltar das Wetter uns mehr günstig zeigte und in Alexandrien feierten wir Weihnachten. In Sansibar angekommen, haben wir den herrlichsten südlichen Sommer um uns. Das Unangenehme ist freilich die kolossale Wärme, 36° Celsius. Ich kann nur schreiben, indem ich den Oberkörper frei habe, den Arm mit einem Handtuche umwickele und eine dicke Lage Papier als Unterlage gebrauche. Kaisers Geburtstag wurde großartig gefeiert. Wir haben nun seit 14 Tagen keinen Tropfen Bier an Bord und bekommen wir welches, so kostet das Fläschchen 80 bis 90 Pf g. Da heißt es: "Nicht mit vollen Zügen genießen." - Unsere schwarzen Soldaten sind stramme Leute, darunter Sergeanten, Unteroffiziere und Gefreite; sie können leider nicht mehr deutsch sprechen als die Kommandos und das übliche Fluchen und Schimpfen beim Griffe klopfen. Sie wohnen in Dar=es=Salaam alle um den Kasernenhof herum in Hütten und haben ihre Weiber und Kinder bei sich. Löhnung beträgt für den Gemeinen 15 Rubies (à 1 M. 62 Pf.) monatlich, wovon sie sich noch immer etwas sparen. Die Frauen sind meistens hübsch und haben einen stolzen Gang. Der größte Fehler, welchen, sie haben, ist jedoch, daß sie zu viel tempo (d. h. Palmwein) trinken und dann ihre Männer prügeln. Das Ende vom Lied ist, daß sie dann von der Wache arretirt werden und wegen Trunkenheit und Scandalirens am nächsten Morgen 25 mit dem Tauende aufgezählt bekommen. - Unsere Ruhe dauerte jedoch nicht zu lange, wir stehen augenblicklich etwas auf dem Kriegsfuß und haben soeben mit einem anderen Dampfer eine Expedition, bestehend aus 700 Soldaten, 35 Eseln mit Munition und Gepäck von Dar=es=Saalam nach Kilna=Kiwindje gebracht. Hier gesellt sich noch das südliche Expeditionscorps hinzu und dann geht es in das Innere. Wir fahren nach Lindi und Mikendani, unseren südlichsten Stationen, dann dampfen wir langsam dem Norden wieder zu, um unsere Vermessungsarbeiten wieder aufzunehmen. - Die von den Deutschen hier angelegten Städte nehmen zusehends zu. In Dar=es=Salaam sind sogar schon 6 deutsche Damen zu verzeichnen, ohne die 3 barmherzigen Schwestern mit einzurechnen. Diese erfüllen ganz und gar ihre Pflichten, einerlei ob Heide, Jude oder Christ, und welch schwere Pflicht in einem unkultivirten rohen Lande. Ein schönes Stückchen Erde ist dies Sansibar, aber auch heiß, sehr heiß. Nächstens mehr.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD