No. 44
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 09. Juni
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 44 Seite 1]

Zur Frage der Vermehrung unserer Fuß=Artillerie bringt die "Post" folgende weitere Mittheilung: "Bei aller Dringlichkeit indeß würden unter den gegenwärtigen Verhältnissen Forderungen von Neuformationen jedweder Art wohl nur dann auf Entgegenkommen bei der Mehrheit des Reichstages zu rechnen haben, wenn weitere Zugeständnisse hinsichtlich der Dauer der aktiven Dienstzeit damit verbunden wären."
Der Nachtrag der Rang= und Quartierliste der deutschen Marine ist soeben erschienen. Er nennt á la suite der Marine die folgenden Personen: König Oskar von Schweden, Erzherzog Karl Stephan von Oesterreich, Kontre=Admiral a. D. Gr. v. Waldersee, Kapitän z. See Frhr. v. Seckendorff, Korvettenkapitän Seweloh, Platzmajor zu Kiel, und Hauptmann Kolewe im Reichsmarineamt. Die Marine zählt 5 Viceadmiräle, 9 Kontreadmiräle und 34 Kapitäne zur See.
Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete v. Vollmar hat dieser Tage in München in öffentlicher Versammlung eine längere Rede gehalten, in der er sich über die Stellung der Sozialdemokratie zur auswärtigen Politik des Reiches verbreitet und dabei Ansichten entwickelt hat, die zu dem landläufigen sozialistischen Glaubensbekenntniß in erfreulichem Gegensatz stehen. Herr v. Vollmar lobt u. a. den Dreibund, weil er zur Erhaltung des Friedens beitrage. Der Gedanke der internationalen Brüderlichkeit hebe nicht die nationalen Aufgaben auf. Gegenüber einzelnen Preßstimmen sei eine Kritik der öffentlichen Angelegenheiten Frankreichs seitens der Partei nothwendig geworden. Wem sei nicht das ekelhafte Treiben des officiellen Frankreich gegenüber Rußland aufgefallen? Ein derartiges Gebahren, das viel zu den Rüstungen in Deutschland beitrage, sei unklug, denn wenn Rußland unterliege, müsse Frankreich die Prügel einstecken und die Kosten dafür bezahlen. Auch täusche man sich in Frankreich bezüglich der deutschen sozialistischen Partei. Sobald das Vaterland angegriffen werde, gebe es nur mehr eine Partei und die Sozialdemokraten würden nicht die letzten sein, namentlich wenn es einem Feind gelte, der gegen alle Kultur ist, nämlich Rußland. Uebrigens betont Herr v. Vollmar auch, gegenwärtig sei die Möglichkeit vorhanden, daß die Sozialdemokratie auf Grund der legalen Verhältnisse Einfluß gewinne. Die Partei müsse allerdings vollkommen gerüstet bleiben, aber sie müsse ehrlich das halten, was sie vor Aufhebung des Sozialistengesetzes versprochen habe, nämlich, wenn dies geschehe, auf Grundlage des gemeinen Rechtes mit den gegnerischen Parteien zu unterhandeln. Es kommt nur darauf an, wie viele Gesinnungsgenossen Herr v. Vollmar hinter sich hat, die diesem Programm rückhaltlos beipflichten und in demselben Sinn zu wirken geneigt sind. Wir möchten die Zahl derselben nicht zu hoch veranschlagen.
Der Deutsche Eisenbahnverkehrsverband, beschloß, die nächste Hauptkonferenz im November in Jena abzuhalten. Die Europäische Winterfahrplankonferenz ist auf den 17. und 18. Juni nach Stockholm einberufen.
Unsere lieben Nachbarn im Osten und Westen werden nun hoffentlich zufrieden sein. Nachdem sie sich lange über den Stand des Dreibundes resp. die Frage seiner Erneuerung den Kopf zerbrochen hatten, ist ihnen jetzt durch übereinstimmende Nachrichten aus Berlin, Wien und Rom die Gewißheit gegeben, daß die Erneuerung des Dreibundes gesichert ist und daß der Abschluß der bezüglichen Verträge sehr bald erfolgen wird. Die Franzosen werden sich nun vielleicht damit zu trösten wissen, daß die Bündnißpflichten Italiens nicht mehr dieselben seien, obschon sie sich auch hierin irren dürften. Die Verhandlungen über die Erneuerung des Dreibundes drehen sich gewiß nicht um die Frage, ob eine Verringerung der gegenseitigen Verpflichtungen am Platze sei, sondern sie werden weit eher auf eine Verstärkung der europäischen Friedensbürgschaften hinauslaufen. Bis dahin hat es gemeinsame Bündnißverträge aller drei Mächte nicht gegeben, sondern nur einen deutsch=italienischen und einen besonderen österreichisch=italienischen Vertrag. Es ist nicht unmöglich, daß fortan die Pflichten und Rechte der drei Verbündeten in einem und demselben Vertragsinstrument festgelegt werden. Unabhängig hiervon würde freilich immer der deutsch=österreichische Bündnißvertrag bleiben, der an keine Zeitbestimmung gebunden ist und dessen Wortlaut bekannt ist.
Die Gerüchte über die bevorstehenden Handelsvertrags=Verhandlungen zwischen Deutschland und Rußland, mit denen sich die Zeitungen in letzter Zeit viel beschäftigt haben, werden von dem Petersburger "Nowosti" in einer Notiz officiösen Ursprungs folgendermaßen abgethan: "In ausländischen Zeitungen werden die Gerüchte, daß zwischen den Regierungen Rußlands und Deutschlands Vorbesprechungen im Gang wären, betreffend den Abschluß eines Handelsvertrages, recht ausführlich erörtert. Soweit uns bekannt, gründen sich diese Gerüchte auf gar nichts, da in maßgebenden Kreisen von dergleichen Vorbesprechungen nichts bekannt ist. Die zwischen Rußland Deutschland bestehenden Handelsbeziehungen sind soweit befriedigend, daß die Anregung eines Handelsvertrages überflüssig erscheint.
Kaiser Franz Joseph begiebt sich demnächst nach Fiume, um das Jubiläum der Vereinigung der Stadt mit Oesterreich=Ungarn mitzufeiern. Auch das englische Mittelmeergeschwader wird aus diesem Anlaß dort eintreffen.
Der Rektor der Universität Prag mißbilligte auf das Strengste die bekannten franzosenfreundlichen Kundgebungen der dortigen Studentenschaft und belegte Wiederholungen derselben mit scharfen Strafen.
Im Melinitprozeß Turpin=Triponé dürften uns noch allerlei Ueberraschungen beschieden sein! In seiner Broschüre hatte Turpin bekanntlich behauptet, die deutsche Regierung habe ihm das Melinitgeheimniß zu hohem Preise abkaufen wollen, er sei aber selbstverständlich aus Patriotismus auf dieses An=

[ => Original lesen: 1891 Nr. 44 Seite 2]

erbieten nicht eingegangen. Nun kommt das XIX. Siècle" und behauptet, das Gericht habe unter Turpins Papieren folgendes Schriftstück gefunden: "Kaiserlich deutsche Botschaft. Paris . . .
Ich habe die Ehre, Ihnen mitzutheilen, daß Ihre Vorschläge der kaiserlichen Regierung unterbreitet worden sind. Nach stattgehabter Prüfung bin ich beauftragt, Ihnen mitzutheilen, daß für die kaiserliche Regierung keine Veranlassung vorliegt, darauf einzugehen. Hohenlohe."
Aus Brüssel kommen ganz seltsame Nachrichten über die Zustände im belgischen Heerwesen. Von den Ausrüstungsgegenständen für die Mannschaften soll der größte Theil nur auf Papier stehen. Die Zeitungen fordern eine amtliche Untersuchung über diese Mißstände.
In Petersburg drängt seit einigen Tagen die Jagd auf die Nihilisten alle übrigen Ereignisse in den Hintergrund. Die dortige Polizei nahm in der jüngsten Zeit zahlreiche Hausdurchsuchungen bei Personen vor, welche der Betheiligung an subversiven Bestrebungen verdächtig erschienen, und entdeckte hierbei viele für die betreffenden Persönlichkeiten kompromittirende Schriftstücke, sowie geheime Flugschriften. Des Weiteren haben die Behörden mannigfache Anzeichen einer politischen Agitation unter den Schülern verschiedener höherer Unterrichtsanstalten, insbesondere in den Universitätsstädten des Reiches wahrgenommen. Es wurde festgestellt, daß ein die Studierenden der Hauptorte verknüpfender Geheimbund bestehe, und man ist überzeugt, daß die Gleichzeitigkeit, welche seit langem bei den Unruhen in den verschiedenen Lehranstalten aufgefallen war, aus dieser Thatsache zu erklären sei.
Englischen Zeitungen wird aus Petersburg berichtet, daß Elend und Mangel unter der russischen Landbevölkerung stetig im Zunehmen begriffen sind und daß keine Aussicht auf demnächstige Besserung der Verhältnisse vorhanden ist. In vielen Distrikten besitzen die Einwohner weder Geld noch Getreide und Hunderte in den Gouvernements Kasan, Simbirsk, Samara u. s. f. sind während der jüngsten 5 Wochen dem Hunger erlegen. Der Minister des Innern soll ein vertrauliches Zirkular versandt haben, in dem jede Erwähnung dieser Vorgänge verboten wird.
Das Muster eines neuen Gewehrs, und zwar einer sogenannten "Packetbüchse" verkleinerten Kalibers, sowie das Muster der dazu gehörigen Patrone und die Klammer für die Patronenpackete genehmigte, nach einer amtlichen Mittheilung, der Czar. Das Gewehr erhielt die Benennung "Dreilinige Büchse Muster 1891."
Der Hauptarrangeur der französischen Ausstellung in Moskau, Bankier Jouanno, ist soeben durchgebrannt. Er hinterläßt mehrere Millionen Schulden. Die Sache erregt das peinlichste Aufsehen, denn die Gläubiger wollen sich nun an die Moskauer Ausstellung halten. - Die Lieferanten und Aussteller der französischen Ausstellung hat infolge der Flucht Jouanno ein großer Schrecken befallen. Ein allgemeiner Krach scheint bevorzustehen, wenn der französische Staat nicht beispringt.
Das französische Nordgeschwader, aus acht Panzerschiffen bestehend, wird Ende Juli in Kronstadt eintreffen.
Die neueste Niederträchtigkeit, die aus dem Land brutaler Tartarenwirthschaft gemeldet wird, ist ein Regierungserlaß, durch den die lutherischen Geistlichen in den Ostseeprovinzen aufgefordert werden, ein Freudenmanifest des Zaren über den Abfall der Großfürstin Elisabeth von ihrem evangelischen Glauben von den Kanzeln der evangelischen Kirchen herab zu verlesen. Die meisten sind, wie die "Kreuzztg." mittheilt, entschlossen, dem Befehl nicht Folge zu leisten und Amtsentsetzung, Gefängniß und Verbannung nach Sibirien wird ihre Strafe sein. Wenn man die Wirthschaft, wie sie jetzt in Rußland herrscht, näher besieht, so möchte man fast glauben, daß der religiöse Wahnsinn das Regiment ergriffen habe. So ekelhaft das Bild ist, das Rußland im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts darbietet, so ist es noch nicht so abstoßend wie die Thatsache, daß sich immer noch in Europa ein Volk findet, das vor dieser Regierung seine devoten Verbeugungen macht, nämlich das französische, das sich trotzdem einbildet, auch noch an der Spitze der Zivilisation zu marschieren.
Der Polizeimeister Jurkowski berief den Rabbiner der Moskauer Gemeinde Minor zu sich und hatte mit ihm eine längere Unterredung. "Sagen Sie Ihren Glaubensgenossen," sagte er unter anderem, "sie sollen ehrlich sein, sonst wird es ihnen noch schlimmer ergehen." Die Ausweisungen dauern fort. Hie und da erhalten jüdische Großkaufleute und Fabrikanten eine Frist zur Erledigung ihrer Angelegenheiten. - Der Libauschen Zeitung zufolge erhielt der dortige englische Konsul die Weisung von seiner vorgesetzten Behörde, die russischen Juden dringend vor der Auswanderung nach England zu warnen, da sie dort wegen Ueberflusses an Arbeitskräften keine Beschäftigung finden.
In Petersburg wurde die prachtvolle Synagoge geschlossen, weil die Juden nicht mehr das Recht hätten, sich seßhaft zu machen.
Der jüdische Zuckerfabrikbesitzer Batzki verkaufte seine Fabriken in Rußland für 8 Millionen Rubel und wird Rußland verlassen. Ebenso giebt der jüdische Finanzier Poljakoff seine Geschäfte auf und siedelt nach Paris über.
Zu Ehren des deutschen Staatssekretärs v. Stephan hat am Donnerstag in Konstantinopel ein Festmahl stattgefunden, welchem der Minister des Aeußeren, Said Pascha, die in ottomanischen Diensten stehenden deutschen Würdenträger, die Mitglieder der deutschen Botschaft und des deutschen Konsulats beigewohnt haben.
Konstantinopler Depeschen melden die Freilassung der Gefangenen des Orientzuges. Die Banditen lieferten dieselben nach Empfang des Lösegeldes unter Anwendung größter Vorsicht aus. Der Philippopeler Bericht des "Wiener Tageblatts" erklärt, der Ueberfall sei nur durch Einverständniß des Banditenführers mit den türkischen Behörden möglich. Dies wird auch noch bestätigt durch eine nachträgliche Mittheilung eines zur Reisegesellschaft gehörenden Herrn, namens Gerlach, wonach es einen eigenthümlichen Eindruck gemacht habe, als der "Capitano" dem Führer des überfallenen Zuges die Worte zulief: "Na, grüßen Sie mir später den Gouverneur von Tschataldja, der mich für ein Backschisch (Geschenk) von 50 Lstrl. wieder freigelassen hat." Danach gewinnt es den Anschein, als ob der Räuberhauptmann sich kurz vorher bereits in türkischen Händen befunden habe, im Wege der Bestechung aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden sei.
Die Christenverfolgung in China dauert fort. Einer amtlichen Depesche zufolge sind in Shanghai 7 Missionare ermordet und 3 schwer verwundet worden. Zwei Missionshäuser sind zerstört, die europäischen Konsulate müssen durch chinesische Truppen geschützt werden. England entsendet drei Kriegsschiffe nach Shanghai.
Nach telegraphischer Meldung aus Syrien sind während der letzten 3 Tage im Libanon große Schneemassen niedergekommen.


- Mirow. Am 1. Juni, am Sterbetage der verewigten Herzogin Caroline, trafen um 2 Uhr Nachmittags II. KK. HH. der Großherzog und die Großherzogin in Begleitung der Frau Minister v. Dewitz und des Hauptmanns v. Baerenfels in Gala=Equipage hier ein, um der fürstlichen Gruft einen Besuch abzustatten. Nach fast dreistündigem Aufenthalt verließen die Herrschaften unseren Ort wieder; doch begegnete dem fürstlichen Gefährt auf der Chaussee beim Bahnübergang der Unfall, daß die Hinteraxe des Wagens brach. Nachdem so schleunig wie möglich eine andere Equipage von hier requirirt war, wurde solche doch als unzugänglich befunden und die Allerhöchsten Herrschaften zogen es vor, mit dem fahrplanmäßigen Zuge der Eisenbahn, welcher an der Unfallstätte anhielt, die Rückreise in die Residenz anzutreten.
- Schönberg. Zu Michaelis d. J. werden zwei Schulstellen des hiesigen Fürstenthums, und zwar die zu Kleinfeldt und die durch den Tod des Lehrers Rosenblum vacant gewordene Stelle zu Grieben, neu besetzt werden. Letztere gehört zu den besser dotirten Stellen des Landes.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 44 Seite 3]

Anzeigen.

Zum öffentlich meistbietenden Verkauf der vom ehemaligen Physicatsgarten noch nicht verkauften, an der Lübecker Chaussee belegenen Bauplätze wird vorbehältlich Abänderung der im Termin vom 5. Mai 1890 bekannt gegebenen Verkaufsbedingungen ein Termin angesetzt auf

Freitag, den 19. Juni cr.
Vormittags 10 Uhr

im Sitzungszimmer des Landvogtei=Gebäudes, wozu Kaufliebhaber mit dem Bemerken eingeladen werden, daß die Bedingungen im Termine werden bekannt gemacht werden, auch nach erfolgter Genehmigung durch das hohe Großherzogliche Cammer= u. Forst=Collegium auf unserer Registratur eingesehen werden können.
Schönberg, den 1. Juni 1891.

Großherzoglich Mecklb. Domainen=Amt.
Cl. v. Oertzen.


Wider den flüchtig gewordenen Knecht Nicolaus Feddern, geboren am 20. December 1866 zu Rehhorst, Kreis Stormarn, welcher dringend verdächtig erscheint, am 13. April 1891 dem Gastwirth Kaehler aus Klocksdorf in Schlagsdorf einen Schirm im Werthe von ca. 4 M. in der Absicht rechtswidriger Zueignung weggenommen zu haben, Vergehen gegen § 242 des St.=G.=B., ist der richterliche Haftbefehl erlassen.
Es wird ersucht, denselben zu verhaften und mich zu benachrichtigen.
Schönberg, den 2. Juni 1891.

Der Amtsanwalt.
H. Fölsch.


Verkaufs=Anzeige.

Donnerstag, den 11. Juni d. J., Vormittags 10 Uhr, sollen im Hause der Wittwe Törber vor der Siemzerstraße in Schönberg folgende gut erhaltene Mobilien öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden:

Sopha, Sophatisch, Tischdecke, Beisetztisch, Rohrstühle, Bettstellen mit Matratzen, Waschtisch, Küchenschrank, Küchentisch, Kleiderschrank, Handkoffer, Kinderwagen, Bilder, Küchengeräth, Schlachterblock und anderes mehr.


Am Sonnabend, den 13. Juni sollen beim Gastwirth Beckmann zu Kl. Molzahn, Nachmittags 2 Uhr, gegen Baarzahlung folgende Gegenstände öffentlich meistbietend verkauft werden.

1 edles einj. Stutfüllen, 1 Stuhlwagen, 2 neue Kutschsielen, 2 Roßzänge, darunter ein ganz neuer, ca. 7-8 Rmt. buchen Kluft= und Knüppelholz.

Die Curaten des Hauswirth Oldenburg.
H. Jabs.                           J. Hecht.


Meistbietender Verkauf einer
Vollstelle.

Montag, den 15. Juni d. J., Nachmittags 2 Uhr, werde ich im Kruge zu Lüdersdorf meine zu Gr. Mist belegene Vollstelle mit vollem und gutem Inventar (15 Kühe, 4 Pferde, 6 Wagen etc.) öffentliche meistbietend verkaufen. Bei annehmbarem Gebot wird der Zuschlag sofort erfolgen und die Uebergabe der Stelle Johannis d. J. stattfinden.
Das beim Zuschlage zu erlegende Angeld von 6000 M. kann auf Befinden - eventl. durch Gestellung von Bürgen - theils oder ganz gestundet werden.
Gr. Mist, den 2. Juni 1891.

                                                    H. F. Ebell.


Anhaltend bewährt sich unsere Glücksdevise:
Wo gewinnt man jedes Mal?
Bei Mindus & Marienthal!

Erst am 4. November konnten wir unseren Kunden

das große Loos mit
200,000 Mk.

auszahlen, und vorhergehend 3 mal die Prämie in Beträgen von 300,000 M., 240,000 M., 180,000 M. etc. Solche Erfolge hat kein anderes Geschäft aufzuweisen!
Wer also dem Glücke die Hand bieten will, thue es zu der am 10. Juni stattfindenden ersten Ziehung der

300. Hamburger Verloosung,

in welcher schon der Haupttreffer von 50,000 M. zu erlangen ist und zwar für einen ganz geringen Einsatz, denn

1 Ganzes Loos kostet nur 6 M.
1/2 Loos nur 3 M. und
1/4 Loos nur 1 M. 50 Pfennig (Mecklenburg).

Wir versenden diese Originalloose unter Beifügung des amtlichen Verloosungsplanes unter Nachnahme nach allen Orten, erbitten aber Aufträge recht bald, spätestens bis zum 8. Juni, da nur noch geringen Loosevorrath zu begeben haben.

Mindus & Marienthal,
Hauptcollecteure.
Hamburg.


ff. Margarin-Butter
empfiehlt                                                    
Schönberg.                                                     J. A. Siebenmark.


Lotterie der internationalen Ausstellung in Berlin.
1. Ziehung am 16. u. 17. Juni 1891.
2. Ziehung vom 20.-23. October 1891.
7310 Gewinne im Werthe von 300 000 Mk.

Original-Loose, für beide Ziehungen gültig, a 1 M. (11 Loose für 10 M.) empfiehlt und versendet das General-Debit

Carl Heintze,
Berlin W., Unter den Linden 3.
Jeder, Bestellung, welche auf Postanweisung erbitte, sind für Porto und zwei Gewinnlisten 30 Pf. (für Einschreiben 20 Pfg. extra) beizufügen.

[Tabelle der Gewinne siehe im Abbild der Originalseite]


[ => Original lesen: 1891 Nr. 44 Seite 4]

Saison-Ausverkauf!

Der vorgerückten Saison halber, haben wir die Preise sämmtlicher

"Sommer-Mode-Artikel"

als: Kleiderstoffe u. Besätze, Hüte für Damen, Herren u. Kinder, Sonnenschirme, sowie Schürzen u. Wäsche bedeutend heruntergesetzt und halten uns bei Bedarf bestens empfohlen.

                                                    H. Scheer & Barkenthien.

NB. Im Schaufenster beschädigte Stoffe oder unsauber gewordene Wäsche und Reste aller Art zu jedem annehmbaren Preise.


Große Auswahl

in prima Schaaf- u. Pferdescheeren, Hecken u. Rosenscheeren, Bullenringe u. Ketten, echt amerik. Heuforken mit und ohne Stiel, Dungforken, 3- und 4-zinkig, Busch- u. Distelmesser, Spargelmesser, Botanisirspaten u. Wegeschaufeln, Blumenhacken u. Harken, Stich-, Quer- u. Bund-Aexten, Zimmermannsdesseln und Handbeilen, Schmiede-, Schlosser-, Tischler-, Maurer-, Schuster- und Haus-Hämmern, Decimal-, Tafel- und Hausstandswaagen, Vorhang- und Speicherschlösser in 20 verschiedenen Sorten, eis. Bettstellen u. Waschtische mit email. Geschirr, Waschmaschinen "Hansa", Wringmaschinen u. Zeug-Mangeln, email. und gusseis. Patent-Petroleumkochern mit doppelten Patentwalzen 1-, 2-, 3- u. 4flammig, empfiehlt

                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Am Thierschautage nach dem Einmarsche   Diner   à Couvert 3 Mark in
Spehr's Hôtel.


Concert=Anzeige.

Am Thierschautage, den 12. Juni findet im Boye'schen Garten ein Concert statt, ausgeführt von der Törberschen Capelle aus Gadebusch.


Am 14. und 15. Juni
Scheiben-Schiessen
nach werthvollen Gewinnen, wozu freundlichst einladet
Pogetz.                                                     P. Schlatow.
Die Tanzmusik findet am Montag, den 15. statt.


Vorbereitungsanstalt
für die
Postgehülfen-Prüfung
Kiel, Ringstrasse 55.
Junge Leute werden absolut sicher vorbereitet. Falls das Ziel nicht erreicht wird, zahle ich das volle Pensions= und Unterrichtsgeld zurück. Bisher bestanden über 800 meiner Schüler die Prüfung, in Mecklenburg überhaupt alle beim ersten Versuch. Jetzt sind 576 Schüler, aus Mecklenburg allein 32, hier und 50 Lehrer. Große, geräumige Wohnungen, gute Pension, stete Aufsicht und bewährte Lehrer. Kostenfreie Auskunft ertheilt
                                                    J. H. F. Tiedemann, Director.


Sensen und Sicheln
nur Garantiewaare empfiehlt                          
                                                    J. Ludw. D. Petersen.
Wiederverkäufer werden gesucht.


Frischen
Seifenstein und Chlorkalk
bei                                                    J. F. Eckmann.


Neu!          "Morteïn"          Neu!

sicher wirkendes Insektenpulver gegen Fliegen, Schwaben etc. empfiehlt in Schachteln zu 30 Pfg., 60 Pfg. und 1 Mark

                                                    die Apotheke zu Schönberg.


Verschiedene Sorten                                                    
Eßkartoffeln
empfiehlt                                                    W. Ihde, Grevesmühlen.


Ende dieser Woche treffen schöne                                                    
Eßkartoffeln ein
                                                    bei Fr. Zülow, Grevesmühlen.


2 Arbeiter zum Torfbacken
gesucht zu sofort. Arbeitslohn 2 M. à Tausend.
                                                    H. Wolgast, Bäckermeister.


Die Geburt eines gesunden Mädchens beehren sich anzuzeigen

                                                    A. Kaiser u. Frau.

Stove, den 8. Juni 1891.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 24.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 44 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 44 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 9. Juni 1891.


Von der Getreidebörse.

Die Schwindeleien an der Berliner Getreidebörse schildert der "Bürgen und Bauernfreund" in folgender, auch dem Laien verständlicher Weise: Ein Erzspekulant, der seinen Wohnsitz in einem Vororte Berlins hat, läßt für seine Rechnung große Menge Getreide aus überseeischen Häfen verfrachten. - Gleichzeitig kauft er an der Börse auf Zeit, als ob er ein "Differenzgeschäft" machen wolle. Die Spekulanten "verkaufen" ihm auch; denn er "zahlt einen guten Preis", das heißt, er verpflichte sich sagen wir: zum 30. März 200 000 Tonnen à 175 Mk. zu übernehmen. Die Spekulanten wissen, daß große Mengen von Roggen auf hoher See schwimmen und, gegen Ende März auf den Markt geworfen, den Preis drücken. - Jeder verkauft also auf dem Papier im Voraus gern für den hohen Preis von 175! Jeder denkt natürlich, der Preis werde höchstens 162 bis 164 stehen, bis der 30. März herankommt und dann müsse der erwähnte Erzspekulant die "Differenz" bezahlen. Es handelte sich um eine "Differenz" von 20 000 mal 12 Mk., an dem Geschäft von 240 000 Mk. hätte jeder gern etwas verdient. Der Erzspekulant aber war schlau genug, die Leute nicht erfahren zu lassen, daß er schon die Hand auf allen in Schiffen schwimmenden Roggen gelegt hatte. Der 30. März kam heran, der Preis ist ungefähr derselbe wie zuvor, sagen wir 174 1/2. - Die Differenz von 20 000 mal 1/2=10 000 Mk. zu bezahlen, wäre also nicht bedenklich für den Erzspekulanten und kein besonderes "Geschäft" für die anderen gewesen. Aber am 29. März sagt der Erzspekulant, er habe keine Differenzgeschäfte machen, sondern wirkliche Waare kaufen wollen, man müsse ihm morgen die ganze Waare liefern. Pardauz! Nun liegen die anderen auf dem Rücken. - Woher Waare nehmen? Die in den Häfen ausgeladenen Vorräthe sind nicht feil! Und somit müssen die Verkäufer vom Käufer erst die Waare kaufen, um sie ihm liefern zu können. Und jetzt macht natürlich er den Preis, daß heißt er verlangt 186 Mark und giebt 175 dafür zurück. So hat er auf einen Schlag eine Viertel Million "verdient", und der Roggenpreis steht lediglich wegen dieser listigen Börsentreiberei um 10 Mk. höher. Das hat sich thatsächlich zugetragen, und wir sind so frei es beim rechten Namen zu nennen: es ist Schwindel, gegen den die soliden Geschäftsleute Front machen müssen: sonst möge man es der Polizeibehörde nicht verdenken, wenn sie sich ins Mittel legt. Und wer bezahlt solchen Raub, wessen Taschen werden geleert, um den Geldschrank des Spekulanten zu füllen? Der arme Mann, dem dann vorgesagt wird, allein durch den Getreidezoll werde das Brot vertheuert.


- Herrnburg. Am 4. d. M. feierten die Arbeiter Staaß'schen Eheleute hieselbst im Kreise ihrer Kinder und Kindeskinder das Fest der goldenen Hochzeit. Am Vormittage überbrachte der Ortsgeistliche, nachdem derselbe eine Ansprache an das Jubelpaar gehalten und dasselbe eingesegnet hatte, die Glückwünsche Serenissimi nebst einem Gnadengeschenk von M. 30. Möge den hochbetagten Eheleuten ein friedlicher Lebensabend beschieden sein!
- Bei dem 9. Armeecorps soll in diesem Herbst kein gemeinsames Corpsmanöver stattfinden, sondern die beiden einzelnen Divisionen desselben werden besondere Divisions=Manöver ausführen. Wie bis jetzt verlautet, soll die aus den beiden hanseatischen Infanterie=Regimentern Nr. 75 und 76, den beiden Mecklenburgischen Infanterie=Regimentern Nr. 89 und 90 formirte 17. Division im nordöstlichen Theile von Mecklenburg zwischen Rostock und der Neuvorpommerschen Grenze, und die aus dem Thüringischen Infanterie=Regiment Nr. 31. und den drei Holsteinischen Infanterie=Regimentern formirte 18. Division am rechten Ufer der Unterelbe ihre Divisionsmanöver abhalten, doch sind die näheren Bestimmungen hierüber noch nicht veröffentlicht worden. Die beiden Mecklenburgischen Dragoner=Regimenter Nr. 17 und 18 werden an den großen Kavallerie=Manövern und den gemeinsamen Manövern des 4. und 11. Armeekorps in der Gegend von Erfurt theilnehmen. Die Abwesenheit beider Regimenter aus Mecklenburg wird etwa drei Monate dauern.
- Die Vergünstigung des Erscheinens vor dem Kaiser bei Paraden soll künftighin nur solchen Kriegervereinen zu gewähren sein, "welche die Pflege patriotischer Gesinnung statutenmäßig sich zur Aufgabe gestellt haben und welche auch nach ihrer Zusammensetzung und Haltung dieser Aufgabe gerecht werden.
- Nach einer Entscheidung des Reichsversicherungs=Amtes ist die Beschäftigung von Kochfrauen, die berufsmäßig auf Bestellung zu den Häusern ihrer Kunden gehen und für einen den Lebensunterhalt abwerfenden Lohn ihre Arbeit verrichten, nicht als vorübergehende Dienstleistung im Sinne der Invaliditäts= und Altersversicherung anzusehen. Solche Kochfrauen sind daher als versicherungspflichtige Lohnarbeiterinnen zu erachten. Dagegen sind Botenfrauen, die Aufträge von verschiedenen Personen besorgen und dafür in allen Fällen dieselbe auf eigene Rechnung und Gefahr ausführen, nicht versicherungspflichtig, ebensowenig wie die selbständigen Dienstmänner und Kofferträger, deren Betrieb als ein selbständiges Unternehmen anzusehen ist.
- Bei den Torpedobootsübungen in der Travemünder Bucht wurde ein 23jähriger Bootsmannsmaat über Bord gespült und ertrank. Im Kurhaus zu Travemünde ward infolgedessen ein Offiziersball abgesagt.
- Ein 15jähriger Eingeborener von Kamerun ist von dem Leiter der Kameruner Land= und Plantagengesellschaft, Herrn Teuß, nach Hamburg gebracht worden, um das Schuhmacherhandwerk zu erlernen. Sein älterer Bruder betreibt in Kamerun bereits das Schneiderhandwerk. Dem schwarzen Schuhmacherlehrling ist nur zu wünschen, daß seine Landsleute bis zu seiner Rückkehr den Gebrauch von Schuhwerk schätzen gelernt haben.
- Muster=Steuerzahler hat die Stadt Berlin aufzuweisen. Es vergeht jetzt keine Woche, in welcher nicht Personen, die zu niedrig zur Steuer veranlagt sind, freiwillig größere und kleinere Beträge zur Deckung der zu geringen Einschätzung übermittelt werden. Es sind schon einzelne Posten von über tausend Mark in dieser Weise eingesandt; in den meisten Fällen schwanken die Beträge zwischen 300 und 750 Mark. Es wird wohl nicht viele Städte im Deutschen Reiche noch geben, in welchen die gleiche Erscheinung so häufig, wie in Berlin auftritt.
- Das Opfer einer Kartenlegerin wurde dieser Tage in die Irrenanstalt in Dalldorf eingeliefert. Dem jungen Mädchen, welches ein von den Ihren nicht gebilligtes Liebesverhältniß unterhielt, hatte die Wahrsagerin prophezeit, es würde ihr eine furchtbare That widerfahren. Das Mädchen bildete sich ein, man wolle sie ermorden, verfiel in Tobsucht und hat nunmehr in die Irrenanstalt überführt werden müssen.
- Mit Brandwunden an der Brust und beiden Armen wurde am Montag nachmittag ein Kaufmann in Alt=Moabit (Berlin) in seiner Wohnung bewußtlos aufgefunden und in Folge dessen nach einem Krankenhause überführt. Derselbe hatte zu gewerblichen Zwecken Schwefel erhitzt, ist anscheinend durch den entwickelten Dampf ohnmächtig geworden und hat durch den herausspritzenden Schwefel die Brandwunden erlitten.
- Den Arbeitern der Königlichen Gewehrfabrik in Spandau wurde die Mittheilung gemacht, daß binnen kurzem die Entlassung von 1000 Arbei=

[ => Original lesen: 1891 Nr. 44 Seite 6]

tern wegen Mangel an Arbeit bevorstehe. Alle, welche kürzere Zeit als 10 Jahre in der Fabrik beschäftigt sind, erhalten die Kündigung. Das Institut, welches seit 1885 mit einer kurzen Unterbrechung nahezu 4000 Arbeiter hatte, behält - wie verlautet - künftighin kaum 400, die aber auch nur 6 Stunden täglich beschäftigt werden sollen. Die jetzt zur Entlassung kommenden Arbeiter sind mit wenigen Ausnahmen verheiratet.
- In der Nacht zum Freitag kam, wie die Kieler Zeitung meldet, infolge kurzen Schlusses in der elektrischen Leitung in einer Maschinenkammer an Bord des Panzerschiffes "Oldenburg" Feuer aus, welches jedoch innerhalb 20 Minuten, ohne großen Schaden angerichtet zu haben, gelöscht wurde.
- In Wittenberg mußte ein Buchhandlungsgehilfe öffentlich als Verschwender erklärt werden. Derselbe hatte den dritten Theil seines 72 000 Mark betragenden Vermögens innerhalb vierzehn Tagen mit seiner "Braut" durchgebracht.
- In Salzig bei Poppard am Rhein wurden am Dienstag die ersten Versandt=Kirschen gepflückt. Es waren circa 2 Zentner; die Frucht ist schön und kräftig. Das Pfund wurde mit 60 Pf. bezahlt. Der Versandt findet jetzt täglich statt, die Ernteaussichten sind recht befriedigend.
- Ein am Mittwoch vor Hochspeyer niedergegangener Wolkenbruch richtete großen Schaden an. Auch der Bahnkörper war überschwemmt. In Frankenstein stehen viele Häuser bis zum Dach unter Wasser.
- Der jüngst verstorbene Historiker Gregorovius, ein Neidenburger Kind, hat seiner Vaterstadt 60 000 Mark vermacht. Von diesem Kapital beziehen vorerst zwei noch lebende Geschwister des Erblassers lebenslänglich die Zinsen. Alsdann fällt das Geld unbeschränkt der Stadt zu.
- Ein orkanartiges Unwetter verheerte am Montag das westpreußische Städtchen Schloppe. Die Hagelkörner waren größer als Wallnüsse und bedeckten den Boden fußhoch. Die Getreidefelder liegen wie abgemäht. Das Obst wurde massenhaft von den Bäumen geschlagen und zahlreiche Vögel wurden getötet. In der Stadt wurden einige Hundert Fensterscheiben zertrümmert. Dem Hagelschlag folgte ein wolkenbruchartiger Regen, der bis zum Morgen andauerte. Sommer= und Wintersaaten sind vernichtet.
- Der neueste Bericht der deutschen Ansiedlungskommission für Posen und Westpreußen meldet ein sehr erfreuliches Fortschreiten des Kolonisationswerkes. Angekauft wurden bisher 50 000 Hektar für über 30 Millionen Mark. Die Nachfrage nach Grund und Boden hebt sich in den Kreisen der Landwirthschaft mehr und mehr, die neuen Dörfer gedeihen, und die Zahl der deutschen Schulen darin ist schon eine recht stattliche. Wie die Dinge liegen, ist sicher auf den Ersatz des für diese Zwecke verausgabten Geldes zu rechnen.
- Nachdem schon am Dienstag über Südwestdeutschland heftige, mit Hagelschlag verbundene Gewitter niedergegangen waren, haben sich am Mittwoch in verschiedenen Gegenden gleich schwere Wetter entladen. In Rheinhessen haben die Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen schwere Schäden verursacht. Da die Ernte ohnedies in der ganzen dortigen Gegend dürftig ausfallen wird, so sind die Wirkungen derartiger elementarer Ereignisse um so empfindlicher. Zwischen Gonsenheim und Marienborn ist der Bahndamm auf ungefähr 200 Meter unterwaschen worden. In Mainz hat der Blitz in ein im Gustavsburger Hafen liegendes, mit Teer, Petroleum und Kohlen beladenes eisernes Schiff eingeschlagen und sofort gezündet. Das Schiff wurde, da nichts zu retten war, in den freien Rhein hinausbugsiert und seinem Schicksal überlassen. Leider ist dabei ein 24jähriger Matrose, der sich im innern Schiffsraum befand, verbrannt. In Kastel schlug der Blitz in die katholische Pfarrkirche und richtete Schaden an. Zwischen den Orten Bretzenheim und Drais ging ein Wolkenbruch nieder. In die Dynamitfabrik in Schlebusch (Kreis Solingen) schlug der Blitz ebenfalls ein und verursachte eine Explosion, durch die 3 Personen getötet und mehrere verwendet wurden. Von einem besonders schweren Gewitter ist Wien heimgesucht worden. Im dortigen Polizeirayon wurden nicht weniger als 30 Blitzschläge, die mehr oder weniger Schaden angerichtet haben, verzeichnet. 2 Knaben wurden dort vom Blitz getötet, zahlreiche andere Personen durch Blitzschläge betäubt. In Schlattowitz in Böhmen hat ein Wolkenbruch mit Hagelschlag großen Schaden angerichtet. Aus Turin wird gemeldet, daß im Thal Susa infolge eines heftigen Sturmes mehrere Häuser eingestürzt sind, wobei neun Personen getötet, mehrere verwundet worden sind. Gleichzeitig kommt aus Amerika die Meldung von einem heftigen Cyklon, der besonders Illinois und Süd=Dakota heimgesucht hat. Einer Depesche zufolge wurden viele Ortschaften zerstört und sämmtliche Telegraphen= und Telephonverbindungen unterbrochen. Mehrere Menschen wurden getötet, viele verletzt.
- Am Sonntag wird ein Hirtenschreiben des Bischofs von Trier veröffentlicht, welches die Ausstellung des heiligen Rockes ankündigt.
- In Algier werden die Heuschreckenschwärme immer zahlreicher und in demselben Maß nehmen die Verwüstungen in allen Kulturen des Landes zu. Die Lage wird immer schlimmer, da die jetzt schon massenhaft vorhandenen Heuschrecken durch die aus den Eiern schlüpfenden Jungen noch vermehrt werden.
- Ueber einen Unglücksfall in dem Circus Salamonski in Moskau wird berichtet. Bei der dritten Nummer des Programms mußte die Tierbändigerin Senaide in den hereingerollten Wagenkäfig treten und die Vorstellung mit ihren Thieren: zwei Löwen, einem Tiger und einem Bären beginnen. Ein Löwe ließ sich auf keine Weise bewegen, über eine Barriere zu springen, wie es Fräulein Senaide verlangte. Er hatte sich in eine Ecke des Käfigs ans Gitter gedrückt, sah seine Gebieterin mit drohenden Augen an und wedelte nervös mit dem Schweif. In der Arena stand beim Käfig ein Handlanger der Thierbändigerin, der deutsche Unterthan Karl Beckmann. Als er den Ungehorsam des Löwen bemerkte, ergriff er eine Eisenstange und wollte mit derselben dem Löwen zum Sprunge zwingen. Allein in diesem Augenblick warf sich das wütende Thier auf Fräulein Senaide, riß sie auf den Boden des Käfigs und schlug ihr seine Zähne in die rechte Seite. Die Thierbändigerin schrie laut auf. Das Publikum war in eine unbeschreibliche Aufregung geraten, mehrere Damen fielen in Ohnmacht, eine Menge Herren sprangen auf, um auf die Arena zu eilen. In diesem kritischen Moment riß Karl Beckmann die Thür des Käfigs auf, stürzte in denselben und versetzte dem Löwen einen starken Hieb auf den Kopf. Das Thier ließ sofort sein Opfer los. Beckmann benutzte die momentane Verwirrung des Löwen, stieß die halbohnmächtige Senaide aus dem Käfig und sprang ebenfalls hinaus. Die Vorstellung wurde unterbrochen. Ein Arzt fand sich sofort unter den Zuschauern und reichte der Verletzten die erste ärztliche Hilfe. Zum Glück waren die Verletzungen ungefährlich.
- Der Papst hat am Montag ein Konsistorium abgehalten, in welchem zwei Kardinäle ernannt und 20 Bischöfe präkonisirt worden sind. Unter den letzteren befindet sich auch der Bischof von Straßburg. Der heilige Vater hat dabei eine Ansprache gehalten, von der man, trotzdem ihr Inhalt geheim gehalten wird, wissen will, daß dieselbe hauptsächlich die Encyklia über die Arbeiterfrage behandelt habe. Der Papst soll sich dahin ausgesprochen haben, es sei sehr trostreich, daß die Regierungen in richtiger Werthschätzung der von der Kirche vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer Mitwirkung an der Lösung der sozialen Frage bereit seien.
- In London, besonders jetzt in der Marineausstellung sind sehr viele deutsche Kellner, man spricht von einigen tausend, beschäftigt. Von mancher Seite, ist man darüber entrüstet. Die "St. James Gazette" bemerkt dazu: Diese Entrüstung ist ein wenig übel angebracht. Der Engländer brennt nicht darnach, Kellner zu werden und wird er es, so macht er seine Sache nicht besonders gut. Der Deutsche ist ihm weit überlegen, während der Schweizer, welcher ein geborener Kellner, der Nachkomme einer Kellner=Dynastie ist, beide übertrifft. Dem Engländer fehlt die Elastizität und Geschmeidigkeit, vor allem jedoch die Sprachenkenntniß, welche bei einem guten Kellner unerläßlich ist.


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