No. 30
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 17. April
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 30 Seite 1]

Kaiser Wilhelm wird am 26. April in Schlitz zur Auerhahnjagd, und am 4. Mai zum Besuche in Cöln eintreffen. Dom und Straßen werden festlich beleuchtet werden. Der Kaiser nimmt im Regierungsgebäude Absteigequartier. Am Morgen des nächsten Tages wird der Kaiser eine Truppenbesichtigung vornehmen. Gegen Mittag findet alsbald die Fahrt über den Kaiser=Wilhelmring und den Hohenzollernring zum Gürzenich statt, wo das Festmahl eingenommen wird. Hierauf begiebt sich der Kaiser mittelst Salondampfers nach Bonn.
Bei seinem letzten Besuch in Kiel hielt der Kaiser auch einen sehr durchdachten Vortrag über die Aufgaben unserer Marine im Ernstfalle. An der Hand von Beispielen aus dem Jahre 1870 legte er dar, daß es für unsere Kriegsflotte bei Vertheidigung der Küste Nothsache sei, dem Feind im Nahekampf gegenüberzutreten. Eine abwartende Haltung sei unter den heutigen Verhältnissen unmöglich. Der Vortrag machte auf die zahlreichen Officiere, welche demselben lauschten, einen tiefen Eindruck.
Die Nachricht, daß Fürst Bismarck in einem Telegramm an das nationalliberale Wahlcomité in Freiburg (Hannover) sich zur Annahme der Kandidatur im 19. hannoverschen Wahlkreis bereit erklärt habe, wird von der "Nordseezeitung" auf Grund einer an "zuständiger Stelle" eingeholten Auskauft widerrufen. Fürst Bismarck habe für eine Kandidatur keinerlei Erklärung abgegeben und eine solche sei auch von dem Wahlkomité vor der Wahl um so weniger erwartet worden, als dem Fürsten Bismarck von der Aufstellung seiner Kandidatur eine offizielle Mittheilung nicht gemacht worden sei.
Der Generalstabschef Graf v. Schlieffen erließ eine Ordre, wonach fortan für sämmtliche Officiere des Generalstabs der Unterricht im Russischen obligatorisch zu machen sei. Bisher wurde der Unterricht nur empfohlen.
Im Seeofficierscorps fand ein größeres Avancement statt und wurden hierbei 7 Capitänlieutenants zu Corvettencapitäns, 16 Lieutenants zur See zu Capitänlieutenants, 23 Unterlieutenants zu Lieutenants zur See, sowie 53 Cadetten zu Seecadetten befördert.
Das Königs=Husarenregiment in Bonn erhält am 18. d. M. eine neue Standarte, deren Nagelung und Weihe der Kaiser im kgl. Schloß vollziehen wird. Die alte Standarte war bei dem letzten Manöver in Folge eines Sturzes des Trägers erheblich beschädigt worden.
Mie der "Post" aus Lippe=Detmold geschrieben wird, soll der Fürst Woldemar seine Gemahlin, die Fürstin Sophie, testamentarisch für den Fall seines Ablebens zur Regentin ernannt haben. Fürst Woldemar ist jetzt 67 Jahre alt. Der eigentliche Thronfolger ist der Bruder des Fürsten, Prinz Alexander, der sich aber schon seit längerer Zeit in der Irrenanstalt St. Gilgenberg bei Bayruth befindet und voraussichtlich dauernd regierungsunfähig sein wird.
Der württembergische Ministerpräsident v. Mittnacht hat in der Abgeordnetenkammer bei Beratung des Eisenbahnetats Veranlassung genommen, sich eingehend über Tarifreformen zu verbreiten und dabei Aeußerungen gethan, welche die Anhänger des Zonentarifs tief betrüben werden. Nach Herrn v. Mittnacht kann von Einführung des österreichischen oder ungarischem Zonentarifs in Deutschland keine Rede sein. Es sei zwar das Bedürfniß einer Reform vorhanden, doch sei vor allem auf eine einheitliche Gestaltung der Personen= und Gepäcktarife in ganz Deutschland Werth zu legen. Die Herabsetzung der Tarife, die vom reisenden Publikum mit Ungeduld erwartet wird, wird demnach so bald nicht, oder wenigstens nicht in dem erhofften Maß eintreten.
Die Aufhebung des Einfuhrverbots von amerikanischen Schweinefleisch scheint thatsächlich geplant zu sein, obgleich, den offiziösen "Berliner Politischen Nachrichten" zufolge, bisher keinerlei Verhandlungen zwischen der deutschen und der Regierung der Ver. Staaten stattgefunden haben. Die Reichsregierung will erst die Wirkung des neuen amerikanischen Gesetzes betr. die amtliche Kontrolle der Schweineschlächtereien abwarten, bevor sie ihrerseits mit der Aufhebung des Verbots vorgeht. Bemerkenswerth ist es, daß das offiziöse Organ die Wiederzulassung des amerikanischen Schweinefleisches nicht allein als eine wirthschaftliche Maßregel von großer Bedeutung bezeichnet, sondern auch als eine politische, insofern dadurch die amerikanischen Farmer der Mc. Kinley=Bill abtrünnig gemacht werden könnten.
Die Unterzeichnung des deutsch=österreichischen Handelsvertrags wird, wie man aus Wien meldet, binnen wenigen Tagen, spätestens Ende dieser Woche erfolgen. Der Inhalt des Vertrags wird bekanntlich wegen der Verhandlungen, welche mit anderen Staaten eingeleitet werden sollen, vorläufig geheim gehalten und es ist möglich, daß der Vertrag den Parlamenten in diesem Jahr überhaupt nicht mehr vorgelegt wird. Die Dauer des Vertrags ist auf 12 Jahre festgesetzt.
Zwischen den Erben des Prinzen Jerome Napoleon und den Testamentsvollstreckern sind in Folge der Weigerung der Ersteren, sich dem letzten Willen des Verstorbenen in allen Punkten zu fügen, Zwistigkeiten ausgebrochen, die durch ihren kleinlichen Charakter ein würdiges Nachspiel zu dem Leben Plon=Plons bilden. Die Familie hat beschlossen, den Leichnam weder in Paris noch nach Korsika überzuführen, sie will denselben gegen den Willen des Verstorbenen in Rom belassen, um nicht von der republikanischen Regierung die in beiden Fällen nöthige Erlaubniß erbitten zu müssen. Die Testamentsvollstrecker haben jedoch dagegen Protest erhoben, den sie zu ihrer Rechtfertigung zu veröffentlichen gedenken.
Ein kaiserlich russischer Erlaß verbietet auf das strengste jegliche Darbringung von Geschenken seitens der Unterbamten an ihre Vorgesetzten und untersagt das willkürliche Begehen von Amtsjubiläen.
Aus St. Petersburg kommt die Nachricht von dem in Charkow plötzlich erfolgten Tod der Großfürstin Olga Feodorowna (geb. Prinzessin Cäcilie von Baden), Gemahlin des Großfürsten Michael Nikolajewitsch. Die Großfürstin Olga war am 20.

[ => Original lesen: 1891 Nr. 30 Seite 2]

September 1839 geboren und ist also noch nicht 52 Jahre alt geworden. Ueber die Krankheit der Großfürstin wird aus Karlsruhe Folgendes mitgetheilt: "Die Großfürstin war im Winter mehrfach leidend und reiste am 7. April zur Erholung nach der Krim. Am Donnerstag war sie durch eine Halsentzündung genöthigt, ihre Reise in Charkow zu unterbrechen. Am Sonnabend war die Halsentzündung gehoben, es trat dagegen abends eine sofort äußerst gefährlich erscheinende Rippenfellentzündung ein, die einen Kräfteverfall herbeiführte, zumal die Großfürstin seit langen Jahren herzleidend war. Am Sonntag früh wurde das Leben der Großfürstin durch den Schwächezustand als gefährdet angesehen, Abends trat Bewußtosigkeit ein, es wurde ein Nachlassen der Herzthätigkeit beobachtet und um zwölf Uhr nachts erfolgte der Tod". Von anderer Seite wird berichtet, daß die Großfürstin Olga dieser Tage mit dem Zar wegen der heimlichen Heirat ihres zweiten Sohnes mit der Gräfin von Merenberg, die soviel von sich reden gemacht hat, eine heftige Szene gehabt habe, mit der wahrscheinlich der plötzliche Tod der Großfürstin im Zusammenhang stehe.
Die Königin Natalie scheint den Kampf gegen die serbische Regierung fortsetzen zu wollen. Als der Minister des Innern, Gjaja, am Montag die Königin um eine Audienz ersuchte, um ihr den Beschluß der Skupschtina mitzutheilen, lehnte sie es ab, den Minister zu empfangen. Die Widerspenstige wird wohl nun zu ihrem Schaden erfahren müssen, daß der Regierung auch noch andere Mittel zur Verfügung stehen, um den Willen des Landes zur Geltung zu bringen. Ihr Sträuben ist um so auffälliger, als ihr auch von Rußland aus der Rath gegeben wird, dem Beispiel ihres ehemaligen Gemahls zu folgen und das Land aus Rücksicht auf den inneren Frieden zu verlassen.
Nach einer Meldung aus Athen ist der Uebertritt der Kronprinzessin Sophie, der Schwester des deutschen Kaisers zum griechisch=orthodoxen Glauben beschlossene Sache. Die Kronprinzessin genießt bereits seit längerer Zeit griechischen Religionsunterricht, den ihr der Metropolit von Athen ertheilt. Am Charsamstag, den 2. Mai, soll der Uebertritt vollzogen werden.


-Folgende hübsche Anecdote erzählt R. G. in der jüngsten Nummer des "Bär": Kaiser Wilhelm II. hatte die Potsdamer Garnison alarmirt; er hatte bei der Uebung Generalsuniform getragen, während sein Adjutant v. Senden=Bibran in Marinekleidung erschienen war. Später hatte der Kaiser ebenfalls die letztere angelegt. Beim Liebesmahl im Officierskasino stand er im Gespräch mit einigen Officieren, dem Eingange dem Rücken zugekehrt, da tritt ein höherer Officier der Garde=Cavallerie ein, und, dem Kaiser kräftig auf die Schultern klopfend, redete er ihn an: "Na, Senden, wollt wohl heute Aquarium alarmiren?" Ein herzliches Lachen war die Antwort des jungen Monarchen, der dem verlegenen Officier huldvoll die Hand entgegenstreckte.
- Der Geburtstag der Frau Fürstin v. Bismarck wurde am Sonnabend in Friedrichsruh festlich begangen und aus den verschiedensten deutschen Städten waren die herrlichsten Blumengaben eingetroffen. Man bemerkte kostbare Blumenspenden aus Ulm, Düsseldorf, Breslau, Erfurt, Berlin, Hamburg etc. Unter den Berliner Geschenken zeichneten sich diejenigen des Herrn v. Bleichröder durch besondere Schönheit aus.
- Eine unselige Erinnerung haftet an dem Hause Unter den Linden 18 in Berlin, welches jetzt niedergerissen wird, um dem zukünftigen Eden=Theater Platz zu machen. Von diesem Hause aus wurde bekanntlich am 2. Juni 1878 das Nobilingsche Attentat auf Kaiser Wilhelm I. verübt. Aus dem fünften Fenster des zweiten Stockwerkes krachte an jenem Tage um 3/4 3 der verhängnißvolle Schuß. - Jenes unselige Haus, das den Meuchelmörder barg, verschwindet jetzt, gottlob für immer von der Berliner Bildfläche.
- Nunmehr will auch Professor Adamkiewics von der Universität Krakau ein Mittel gegen Krebs entdeck haben. Er hat der Akademie der Wissenschaft in Wien mitgetheilt, daß aus den Krebsgeschwüren ein eigenartiges Gift ausgeschieden werde, welches die fortschreitende Erkrankung des ganzen Körpers bedinge.
- In Rußland herrscht der Winter noch furchtbar streng. Bei Moskau fielen so gewaltige Schneemassen, daß sogar Schlitten mit Pferden eingeschneit sind. An der kurländischen Küste sind mehrere Schiffe eingefroren und mußten mit fremder Hülfe befreit werden.


Anzeigen.

In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Schönberg belegenen Grundstücke des Rentier Johann Greiff allhier als:

1. Das Wohnhaus an der Siemzerstraße sub Nr. 95 (früher Nr. 96) c. p.,
2. Die Acker= und Wiesenfläche an der Schönberg=Ratzeburger Chaussee in Größe von 180 []R., begrenzt von den Grundstücken des Kaufmannes Wilhelm Vock und des Bäckers Hagen,
3. Den Garten vor dem Siemzer Thor an der Ratzeburger Chaussee in Größe von 55 []R., begrenzt von den Grundstücken des Senators Heincke und des Senators Stüve,
4. Das Wiesenmoor an der Moorstraße in Größe von ca. 7 Schffl. Aussaat, begrenzt von den Wiesenmöören des Gastwirths Boye und des Schmieds Griem,
5. Das Wiesenmoor an derselben Moorstraße in Größe von gleichfalls ca. 7 Schffl. Aussaat, begrenzt von dem Wiesenmoor des Gastwirths Boye und
6. Die Wiese im s. g. Bürgermoor in Größe von ebenfalls ca. 7 Schffl. Aussaat, begrenzt von dem provocantischen Wiesenmoor ad 5 und dem früher Spehr'schen Wiesenmoor,
wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protokoll sofort im Termin der Präclusiv=Abschied erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 14. April 1891.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Zwecks Publication des bei dem unterzeichneten Amtsgerichte deponirten Testaments der am 18. März d. Js. zu Schwanbeck verstorbenen Chausseewärterwittwe Katarina Maria Ohf geb. Fick ist auf

Montag, den 20. April d. Js.,
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte Termin anberaumt, zu welchem etwaigen Erbinteressenten das Erscheinen anheimgegeben wird.
Schönberg, den 7. April 1891.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    E. Breuel.


                                                    Ratzeburg, den 7. April 1891.

Der Provinzialrath in Schleswig hat auf diesseitigen Antrag angeordnet, daß für die Zukunft der bestimmungsgemäß am Donnerstag in der ersten Woche nach Johannis alljährlich in Ratzeburg stattfindende Vieh= und Pferdemarkt mit dem am Montage in der vollen Woche vor Jacobi, event. wenn Jacobi auf einen Sonntag fällt, 14 Tage vorher, beginnenden Krammarkte daselbst in der Weise vereinigt wird, daß der Vieh= und Pferdemarkt am letzten Tage des Krammarktes, also am Mittwoch, abzuhalten ist. Der Viehmarkt am 2. Juli d. Js. fällt daher weg und wird am 15. Juli d. Js. abgehalten werden.

Der Magistrat.
Hornbostel.


Holz=Auction Nr. 27.

Am Sonnabend, den 18. April, Morgens 10 Uhr sollen beim Krüger Jabs zu Schlagresdorf bei beschränkter Concurrenz nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

1. Aus dem Schlagbrügger Holze.

  6 fichten Klassenbäume I. II. u. III. Cl.,
56 fichten Stangen II. Cl.
56 Rmet. Nadeholz=Kluft und =Knüppel,

2. Aus dem Lankower Holze.

  3 Rmet. eichen Knüppel,

[ => Original lesen: 1891 Nr. 30 Seite 3]

  8 Rmet. buchen Knüppel und Olm.
33 Rmet. Nadelholz Kluft und Knüppel,
15 Rmet. Nadelholz Spähne,

3. Aus dem Bahlen.

11 Fuder eichen Reiser,
88 Stück fichten Stangen I. II. u. III. Cl.,

4. Aus dem Garnseerholze.

  3 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.,
  3 Rmet. buchen Pollholz,
  5 Stück fichten Klassenbäume IV. Cl.,
20 Stück fichten Stangen I. u. II. Cl.
Schönberg, den 9. April 1891.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 28.

Am Montag, den 20. April, 10 Uhr sollen beim Gastwirth Thies in Ziethen nachstehende Holzsortimente bei freier Concurrenz verkauft werden:

1. Aus dem Bahlen.

    1 Stück kiefern Nutzholz 0,23 Festmet.,
   5 Stück fichten Nutzholz 3,17 Festmet.,
   6 Rmet. eichen Kluft und Knüppel,
  15 Rmet. buchen Kluft und Knüppel,
   2 Rmet. aspen Kluft,
124 Rmet. Nadelholz Kluft und Knüppel,

2. Aus dem Garnseerholze.

  20 Rmet. eichen Kluft und Knüppel,
  33 Rmet. buchen Kluft und Knüppel,
   2 Rmet. birken Kluft u. 1 Rmt. aspen Knüppel,
  70 Rmet. Nadelholz Kluft und Knüppel,

3. Aus dem Seebruch, Steinort u. Bäcker=Holz.

   4 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.,
   4 Rmet. buchen Kluft,
  20 Rmet. Nadelholz Kluft,
  47 Stück fichten Bauhölzer (im Seebruch 1 Loos)

4. Aus dem Schlagbrügger Holz.

101 Stück fichten Bauhölzer = 83,45 Fstmt. (1 Loos)
  39 Stück eichen Enden II. Qualität = 9,30 Fstmt.
Schönberg, den 9. April 1891.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Aus den Pflanzgärten des Vitenser Forstes sind

1 - 2 Meter hohe Schwarzellern
und 2jährige Eschenpflanzen

zum Ausschulen soweit der Vorrath reicht zu verkaufen.
Vitense, den 12. April 1891.

                                                    L. Wiegandt,
                                                    Großherzogl. Revierförster.


Die Schulgelderhebung

findet in den nächsten beiden Wochen, vom 20. April bis 2. Mai statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.

                                                    J. Wegner, Schulgelderheber.


Wir beabsichtigen die unserm Curanden Wilhelm Holst gehörige, zu Pogetz sub Nr. 1. belehne Vollstelle c. p. mit Inventar, ca. 22 000 []Ruthen groß, auf 12 hintereinander folgende Jahre von Johannis 1891 bis Johannis 1903 zu verpachten und bitten Pachtliebhaber, mit uns in Verbindung treten zu wollen.
Pogetz u. Klocksdorf, den 15. April 1891.

Die Vormünder:
     Jochen Robrahn.                                                Heinrich Heitmann.
Hauswirth.                                                            Schulze.


Maler-Farben
Leinöl, Firniß u. Carbolineum,
sowie Fußbodenlack, Hutlack
und verschied. helle und dunkle Lacke.
Bronce
in allen Farben empfiehlt                                                    
                                                    H. Brüchmann.


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                                                    H. Brüchmann.


Sämtliche Garten-Geräthe
wie Spaten, Hacken, Schaufeln etc.
empfiehlt billigst                                                    
                                                    W. Wieschendorf.


100 000
Meter unter Preis
Hemdentuche,
das Stück von 30 Meter,
9 M., 10 M., 12 M., 13 M., 14 M.
Proben und Aufträge von 15 M. an frei.                          J. W. Sältzer, Hannover.

Täglich einlaufende Anerkennungsschreiben.


Säemaschinen verschiedener Systeme
Prima Dünger=Streumaschinen
empfehle ab Lager.                                                    
                                                    O. Köhncke, Maschinenbauer.
                                                    Ratzeburg.


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hochst. das Dtz. zu 14 M., das St. 1 M. 25 Pfennig (Mecklenburg).,
halbst. das Dtz. zu 9 M., das St. zu 80 Pfennig (Mecklenburg)., giebt ab
Schönberg.                                                     F. Richter.


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von schwarzen Minorka à 10 Pfg. verkauft                          
                                                    D. Hempel.


Bruteier
von rasseechten prämirten Pekingenten sind zu haben
pr. Dutzend 4 Mark.
                                                    Koeppen, Registrator.


Bruteier
von rebhuhnfbg. Italiener Hühnern
Silber=Hyandotte Hühnern
blauen Andalusier Hühnern
à Stück 25 Pfg. giebt ab                                                    
                                                    F. Lundwall.


Ich mache hiermit die ergebene Anzeige, daß ich von jetzt ab bei dem Büdner W. Oldenburg wohne.
Rieps, den 4. April 1891.

M. Albrecht, Hebamme.


Zu Michaelis habe ich meine beiden
Parterre-Wohnungen

zu vermiethen, sowie noch einige Stücke Acker nebst Wiese zu sogleich zu verpachten.

                                                    Johanna Creutzfeldt.


Meine Parterre=Wohnung

bisher von Herrn Kibbel hewoht, ist zu Michaelis zu vermiethen.

                                                    Ww. Heinrichs.


Gegen M. 1000 m. Fixum o. Provis. such. w. Agenten z. Verk. v. Caffee, Cigarren etc. an Priv.

                                                    F. Löding & Co., Hamburg.


3 - 4 tüchtige Zimmergesellen
finden in diesem Sommer dauernde Beschäftigung.

                                                    Sim. Egert, Zimmermeister.


Suche zum 1. Mai für ein benachbartes Gut 1 zweites Stubenmädchen, 1 Draußenmädchen und eine Leuteköchin, ferner, einen Knecht zum Bierfahren nach Schlutup, und einen Kutscher für 2 Pferde. Schönberg, den 13. April 1891.

                                                    Mieths=Büreau von
                                                    Peter Bohnhoff.


Suche zu sofort einen nüchternen, fleißigen
Hausknecht.
Bevorzugt einer der melken kann.
                                                    W. Holldorff.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 30 Seite 4]

Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
Allgemeine Versammlung

am Sonntag, den 19. April 1891, Nachmittags 5 Uhr im Vereinslocal.
                          
Tagesordnung:
            1) Beschickung des Delegirtentages in Hagenow.
            2) Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Den geehrten Viehbesitzern Schönbergs und der Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mich in Schönberg als

Thierarzt

niedergelassen habe. Indem ich prompteste sowie billigste Bedienung zusichere, bitte ich um geneigten Zuspruch. Meine Wohnung ist bei meinem Vater, Pferdehändler, P. Schmidt, Sabowerstraße 19 b.
Schönberg, den 13. April 1891.

J. Schmidt, Thierarzt.


Einem geehrten Publikum von Stadt und Land die ergebene Anzeige, daß ich mich hierselbst als

Schuhmacher

niedergelassen habe. Indem ich um gütigen Zuspruch bitte, verspreche ich reelle und billige Arbeit.
Meine Wohnung ist vorläufig Wallstraße Nr. 127.

Schönberg.                                                     August Beck.
                                                                        Schuhmacher.


Einem hochgeehrten Publikum erlaube ich mir die ergebene Anzeige zu machen, daß ich mich in Lüdersdorf als

Maler

Lüdersdorf.                                                     L. Kitzmann.


Den geehrten Herrschaften Schönberg's und der Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich mich hierselbst als

Schneiderin

niedergelassen habe und halte mich zu Arbeiten sowohl in als außer dem Hause bestens empfohlen.

                                                    Emma Green.
                                                    Siemzerstraße.


Dr. med. Dotzauer,
Specialarzt für Hautkrankheiten
hat seine Praxis wieder aufgenommen.                                                    
Sprechstunden von 8 1/2 - 9 1/2 u. von 3 - 5 Uhr.
Lübeck, Schüsselbuden 32.


                          Rothklee,
                          Weissklee,
                          Gelbklee,
                          Schwed. Klee,
                          Thymothee u.
                          Engl. Reygras

hält zur bevorstehenden Saatzeit billigstens empfohlen
                                                    A. Wigger Nachfolger.


          Zur bevorstehenden Saatzeit empfehlen:
                              Saat-Hafer,
                              Saat-Gerste,
                              Saat-Sommerweizen u. s. w.
          Ferner :

Chilisalpeter, Thomasphosphatmehl 20 %

zu billigsten Preisen

                                                    Oldörp & Bade.


Stets vorräthig:
Einfache und doppelte Bruchbänder in verschiedenen Sorten, Nabelbinden für Kinder, Gradehalter leicht zu tragen und sehr zweckmäßig, für junge Mädchen wohl zu beachten, Suspensor oder Tragbeutel, Gummi=Luftkissen für Kranke, Clysopomp und doppelte Clystirspritzen zum Selbstclystiren. Wundspritzen zu jeglichem Gebrauch, Irrigator und Mutter=Rohre, Mutter=Kränze, Gummileinen, zum Schutz des Durchnässen für Betten in Wiegen, Milchpumpen, Brust=Hütchen, Brust=Gläser, electromotorische Zahnhalsbänder, Kindern das Zahnen leicht und schmerzlos zu befördern, sehr empfehlenswerth, Zahnkitt für hohle Zähne, Zahnringe, starke Schlauchgarnitur mit Bürste und Flasche, sowie giftfreie Gummisauger ohne Naht sind stets zu haben in Schönberg bei
                                                    Heinrich Böckmann,
                                                    Bandagist.


Habe noch einige Fuder                                                    
Dung
abzugeben.                                                     J. H. Freitag.


Wieder vorräthige, verzinnte
Milchsatten
empfiehlt                                                    
Menzendorf.                                                     J. Bruhn.


Offerire ergebenst ab Lager                                                    
Erdnußmehl, Baumwollsaatmehl und Palmkuchen.
                                                    J. Freitag.


Statt besonderer Meldung.

Es hat dem Herrn über Leben und Tod gefallen, unsern geliebten

Rudolf

im Alter von 17 Jahren nach langem schwerem Leiden am 13. d. M. zu sich in sein Reich zu nehmen.

                                                    Die tiefbetrübten Hinterbliebenen.
                                                    E. Otto u. Kinder.

Beerdigung: Sonntag Nachmittag 4 Uhr.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 19. April.

Frühkirche: Pastor Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
    Amtswoche: Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,15 Nachm. 7,19 Abends. 11,22 Nachts.
nach Kleinen:
7,36 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 9,02 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 16.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 30 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 30 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 17. April 1891.


- "Zu Wurst verarbeitete Rinderhaut ist als ein ganz vorzügliches Volksnährungsmittel zu betrachten, namentlich wenn der Preis solcher Wurst ein angemessener ist." Solches ist durch Gutachten von der Strafkammer in Dortmund in einer Verhandlung gegen den Metzger Kohlhaas festgestellt worden, welcher seit langer Zeit solche Wurst herstellte. Die Untersuchung der Wurst ergab, daß dieselbe außer Fett, Knorpeln, alten Speckschwarten und Sehnen auch bis 32 Prozent Rinderhaut enthielt. Diese war enthaart und durch Kochen in einen gallerartigen Brei verwandelt worden. Den letzteren Zusatz an Haut hatte der in Kreuznach wohnende Tierarzt Zell festgestellt, derselbe hatte solche Wurst auch als gegen das Nahrungsmittelgesetz verstoßend bezeichnet. Eine Reihe anderer Gutachten, darunter das des Kreisphysikus Dr. Schulte, kamen aber zu der Ansicht, daß derartige Haut immerhin einen Nährwerth habe, auch sonst nicht schädlich wirke. Der Preis von 30 Pfennig für das Pfund, den Kohlhaas genommen, sei ein völlig angemessener gewesen. Der erwähnte Metzger wurde mit Rücksicht auf diese Gutachten freigesprochen. Weil derselbe aber auch in Leberwurst derartige Haut gemischt, wurde er zu 50 Mark Geldstrafe verurtheilt, denn für jene Wurst nahm er 60 Pfennig, konnte also besseres Material dazu verwenden.
- In München ist vor einigen Tagen ein junger Mann zu 6 Monaten Gefängniß und 21 Tagen Haft verurtheilt worden, weil er (seit 3 Jahren!) nicht weniger als 80 Hunde gestohlen hat, welche er an einen Roßschlächter zum Fleisch= resp. Wurstverkauf abgegeben hat. Die durchweg werthvollen Hunde verkaufte er für 1 1/2-3 Mk. pro Stück! Gegen den Fleischer ist noch besondere Anklage erhoben.
- Barnums hinterlassenes Vermögen wird auf 5,000,000 Dollars geschätzt. Der Haupterbe ist sein Enkel.
- Der kürzlich gestohlene historische "graue Militärmantel Napoleon I." wurde wieder glücklich beigebracht. Die Polizei ermittelte ihn bei einem Trödler des Templeviertels, der ihn für Fr. 3.50 erstanden hatte.
- Eine eigenartige Bestrafung wird in der Pariser Garnison viel besprochen. Ein Soldat der Division des Generals Poillone de Saint Marc wurde bestraft, weil er Abends über die Casernenmauer geklettert und die Nacht auswärts verbracht hatte. Der General ließ sich das Führungsbuch des bestraften Soldaten bringen, und als er daraus ersah, daß dieser gute Kletterer in der untersten Turnklasse eingeschrieben war, bestrafte er dessen Hauptmann mit 4 Tagen Stubenarrest, "weil derselbe die Körperkraft und die Gewandtheit eines seiner Untergebenen nicht richtig beurtheilt habe."
- Eine Volkszählung fand in allen Städten Frankreichs statt.
- Auf dem Eiffelturm ist ein Apparat aufgestellt worden, um die Schwankungen desselben beim Sturme messen zu können. Nach den bisherigen Messungen haben die Abweichungen von der senkrechten Richtung nur 2 cm betragen.
- Morphium=Höllen. Wie der Gaulois berichtet, giebt es in Paris eine Anzahl von Häusern, in denen Morphiumsüchtige Gelegenheit erhalten, ihrer zerrüttenden Leidenschaft zu fröhnen, und zwar sind es ausschließlich Frauen, aus denen sich die Klientel dieser Häuser zusammensetzt. Die Besucherinnen, die nur gegen vorher ausgegebene Erkennungskarten einlaß finden, müssen bei ihrer Ankunft lange dunkle Gänge durchschreiten und kommen dann in einen großen Empfangssalon, der nur durch ein Kaminfeuer erhellt ist. Ringsum liegen auf Sophas und Kissen Frauen ausgestreckt oder sitzen da mit hohlen Augen, schlaffen Zügen und leichenblaß. Einige werden von Krampfanfällen geschüttelt. Da öffnet sich eine Thür, durch welche ein Lichtstrahl aus dem hellen Nebenzimmer in das Halbdunkel dringt. Eine Frau mit rothen Lippen und glänzenden Augen, die vor Freude strahlen, tritt heraus. Alle die Unglücklichen stürzen sich nun nach der Schwelle des Zimmers, wo eine Alte von verdächtigem Aeußern steht. Jede will zuerst an die Reihe kommen . . . . Diese Jammerscene wiederholt sich täglich mehr als zwanzig Mal. Man begreift nicht, wie derartige Vergiftungsanstalten im Herzen von Paris entstehen können, ohne daß jemand einschreitet.
- Dem Amtsgericht zu Inowrazlow wurde ein Knabe zugeführt der von Thorn nach dort die Eisenbahnfahrt auf dem Trittbrett zurückgelegt hatte. Derselbe stammt aus Rußland und wollte nach Amerika auswandern; seine Mittel hatten jedoch nur dazu gereicht, bis nach Thorn den Fahrschein zu bezahlen, von wo aus er den kühnen Entschluß faßte, bis Hamburg die Fahrt auf dem Trittbrett zu machen.
- Wie schwer es ist, das große Loos zu gewinnen, hat ein russischer Statistiker dieser Tage ausgerechnet. Nach Professor Janson werden in Rußland jährlich auf 1 000 000 Menschen im Durchschnitt 30 Männer und 10 Frauen ermordet. Nach statistischen Daten, die darüber in ganz Europa gesammelt wurden, hat von je 33 333 Männern und je 100 000 Frauen alljährlich die unangenehme Chance, ermordet zu werden. Am 1. Juni wird in Petersburg das große Loos eine Person von 846 400 Bewerbern gewinnen: im ganzen Jahre also - eine Person von 423 200. Auf diese Weise hat jeder Mann 15mal mehr Chancen und eine Frau 4mal mehr Chancen ermordet zu werden als das große Loos zu gewinnen!
- Mit der alten Räuber=Romantik scheint's nun endgiltig aus zu sein. Der letzte Bandit, der das Entzücken aller Frauen, der Schrecken aller Reichen, der Schutzengel der Armen war, und der sein Handwerk nach hohen politischen Gesichtspunkten trieb, halb Verschwörer, halb Räuber, ist soeben in Rumänien zur Haft gebracht worden. Von dem rumänischen Rinaldini ist, als dem Schrecken der Dobrudscha, in den letzten Jahren oft die Rede gewesen. Der Strafanstalt, der er durch seine Schlauheit und geschickte Schauspielerei schon einmal glücklich entkam, wird er nun wohl nicht wieder entrinnen, wenn ihm nicht etwa der landesübliche Galgen bescheert sein sollte. - Leczinsky, dies der Name des rumänischen Fra Diavola, ist nach jahrelangem Suchen und Verfolgen, endlich in Sicherheit gebracht worden und die Bewohner der Dobrudscha können wieder aufathmen, das heißt die Reichen, denn gegen die Armen war Leczinsky stets voller Großmuth und Edelsinn. - Vor einigen Jahren besuchte der russische Gesandte in Rumänien die in den Salzwerken von Okna beschäftigten Verbrecher und fand daselbst Leczinsky, der einen so günstigen Eindruck auf ihn machte, daß er bei dem Justizminister dessen Begnadigung erwirkte. Kaum freigelassen, begab sich Leczinsky nach der Dobrudscha, wo man seiner Anwesenheit bald inne wird, denn er betrieb das Banditengewerbe in großem Stile. Nur wer sich zur Wehre setzte, wurde von ihm getödtet, im Uebrigen genügte er sich damit, seine Opfer zu plündern und dann ihrer Wege ziehen zu lassen. Jahre hindurch trieb er es so, und alle Bemühungen der Behörden, seiner habhaft zu werden, blieben fruchtlos. Da setzte die Regierung vor kurzem einen Preis von zehntausend Francs auf den Kopf des Uebelthäters und das verfing. Ein früherer Kamerad Leczinsky's besitzt ein kleines Wirthshaus und hatte dem Räuber bisher Gastfreundschaft gewährt. Trotzdem er dabei seine Rechnung gefunden haben mag, lockten die Zehntausend doch zu sehr. Er vereinbarte mit dem Maire von Tulcea, er möge in der Nacht, in der Leczinsky bei ihm vorzusprechen pflegte, einen Sergeanten mit sechs Soldaten in der Nähe versteckt halten; er werde Leczinsky ein betäubendes Getränk vorsetzen und so dessen Inhaftnahme erleichtern. Und

[ => Original lesen: 1891 Nr. 30 Seite 6]

so fiel Leczinsky denn wieder in die Hände der rumänischen Justiz, die bei ihm nicht nur ein Vermögen von nahezu einer Million Francs, sondern auch Empfangsscheine des Credit foncier in Odessa im Betrage von dreimalhunderttausend Rubeln vorfand. Ueberdies aber sollen bei ihm, nach der rumänischen Independence, die Beweisstücke gefunden worden sein, daß Leczinsky "eines der thätigsten Mitglieder des panslavistischen Comités" (?) gewesen. Sein Notizbuch soll u. A. die Anmerkungen enthalten: "Davila soll sterben!" 6. Februar: "Habe mich nach dem Zeitpunkt der Rückkehr des Ministers zu erkundigen." 1. März: "An das Attentat Stambouloff zu denken." Leczinsky gestand bisher, daß ihm meistens Frauenzimmer als Kundschafter dienten. Er soll in jedem der umliegenden Ortschaften sein Schätzchen besessen haben. Er wird zunächst nach Braila transportirt werden, doch soll sein späterer Aufenthaltsort noch geheim gehalten werden, damit Befreiungsversuche verhindert werden.
- Von Cardinal Lavigerie ist in Afrika ein Orden, genannt die "Sahara=Brüder", gegründet worden, der zur Linderung der Leiden der durch die Sahara beförderten Sclaven beitragen soll. Die Brüder sollen Kranke pflegen und flüchtige Sclaven aufnehmen und dadurch das Vertrauen der Wüstenstämme zu gewinnen suchen. Sie sollen Brunnen graben, Oasen anlegen, Dattelpalmen und Gemüse pflanzen und Wild jagen. Zu letzterem Zweck, sowie um sich gegen Angriffe zu schützen, müssen sie mit Handhabung der Waffen vertraut sein. Die Mönche stehen früh auf und nehmen ihre Mahlzeiten Mittags und Abends um 8 Uhr ein. Ihre Nahrung besteht aus Suppe, Fleisch und Gemüse. Letzteres bauen die Mönche in ihrem Garten. Das Fleisch liefern ihnen die Antilopen und Gazellen der Wüste. Die Mönche werden auch eine arabische Schule einrichten.
- Pfeilgift. Dr. Parke, der ärztliche Begleiter Stanleys auf seiner letzten Expedition, hielt jüngst vor der Londoner Pharmacentischen Gesellschaft einen fesselnden Vortrag über das Pfeilgift, welches die Zwerge des centralafrikanischen Waldes mit so verhängnißvollem Erfolge bei ihren Scharmützeln mit Stanleys Gefolge zur Anwendung brachten. Von den Männern, welche in dem Kampf von Avu Sheba durch vergiftete Pfeile verwundet wurden, starben alle, mit Ausnahme Lieutenants Stairs, aus dessen Wunden Parke selbst das tödtliche Gift heraussog. Die Mombutli=Frau, welche sich der Expedition angeschlossen hatte, ließ sich nach vielem Zureden dazu herbei, Parke die Ingredienzien des Giftes mitzutheilen. Dieselben sind eine Zusammensetzung aus der Rinde von Erythrophtacum Guineense, den Blättern von Palisota Barterie, dem Stamm einer unbekannten Combretum Gattung, dem Stamm von Strychnos Icaja und dem Samen von Tephrosia Vogelii. Die Zwerge wenden ein aus Holzasche und den Blättern dreier unbekannter Pflanzen zusammengesetztes Gegengift an, doch ist ausgeschlossen, wie der Redner hofft, daß sich noch ein stärkeres Gegenmittel finden lassen möge.
- "Die Altersversicherung als Heirathsvermittlerin" könnte man nachstehende kleine Geschichte überschreiben, die das Kreisblatt aus Nesselröden berichtet: In G. lebte ein 65jähriger kinderloser Wittwer, welcher nach dem vor 15 Jahren erfolgten Tod seiner Frau sich eine Haushälterin genommen hatte, mit der er recht zufrieden war. Als nun mit dem 1. Januar die Altersversicherung eingeführt worden war, mußte der Mann für seine Haushälterin jede Woche eine Versicherungsmarke aufkleben. Nachdem er dies mehrere Wochen gethan hatte, wurde er der Sache überdrüssig, und so sagte er eines Tages zu der Haushälterin, er habe das Markenkleben satt und schlage ihr vor, sie wollten sich beide fürs Leben zusammenkleben lassen. Die jetzt in der Mitte der fünfziger Jahre stehende Haushälterin hatte nichts dagegen, und so gingen sie beide zum Standesamte und wurden ein Paar. Und das hat mit dem Markeneinkleben die Altersversicherung gethan!
- Am Eisenbahnschalter. Kommerzienrath B. zu seinem Lehrling, mit dem er zusammen eine Geschäftsreise machen will: "Hier haben Sie Geld, besorgen Sie ein Billet zweiter Classe und ein Billet dritter Classe nach M." - Der Lehrling geht zur Kasse und kehrt mit zwei Billets zurück. Kommerzienrath B.: "Aber Sie haben ja zwei Billets dritter Classe genommen!" - Lehrling: "Herr Kommerzienrath, wenn Sie dritter Classe fahren wollen, so paßt es sich doch für mich nicht, in der zweiten Classe zu fahren!"


Das Leben der Gefangenen in Sibirien.

Oft und vielfach schon ist die fabelhaft schreckliche Lage der russischen, nach Sibirien "Deportierten", geschildert worden. Mögen diese Beschreibungen manchmal so traurig sein, daß sie kaum glaubbar erscheinen - sie überschreiten in der That die Wirklichkeit nicht.
Der Berichterstatter, welcher in Jeneseisk mit dem Gouverneur auf sehr freundschaftlichem Fuße stand, erhielt von diesem die Erlaubnis, ihn einmal auf einer Inspektion begleiten zu dürfen.
Es war ein bitterkalter Morgen, der kälteste des ganzen Winters, -28° R., als sie im offenen Schlitten nach den Gefängnissen fuhren.
Vor den Gefängnissen, die öde und kalt an der Außenseite der Stadt sich hindehnen, stehen zahlreiche Posten, welche im Nothfalle sofort aus den umliegenden Baraken eine genügende Anzahl Militär herbeirufen können, um den geringsten Aufstand der Gefangenen zu unterdrücken.
Nachdem sie die weiten Gänge und Höfe durchschritten, betraten sie die Abtheilung der Gefangenen wegen gewöhnlicher Verbrechen. Eine große Halle, dämmerig durch einige kleine, oben angebrachte Fenster erleuchtet, birgt eine größere Anzahl Sträflinge. Längs der Wand zieht sich eine Art Holzgestell hin, das die Schlafstätte der Leute bildet, wo sie, Schulter an Schulter gedrängt, Sitzen oder liegen müssen, wenn sie alle zugleich ruhen wollen.
Der Reisende hatte auf dem weiteren Gange Gelegenheit, genau die Einrichtungen und Gepflogenheiten der sibirischen Gefängnisse kennen zu lernen, die noch dieselben Marterhöhlen, dieselben Todtengrüfte für "lebende Cadaver" sind, wie sie seit Jahrzehnten immer gleich beschrieben wurden.
Als der Fremde dem Direktor gegenüber bemerkte, welch' ein trauriger Zustand das z. B. für einen jungen Mann sein müsse, der wegen eines vielleicht nicht so schweren Fehltritts verurteilt ist, hier eine lange Reihe von Jahren in stumpfer Unthätigkeit, eingepfercht mit einer Anzahl Genossen, Tag für Tag nichts zu thun als zu essen und zu schlafen wie ein Thier, entgegnete der Beamte: Wir haben hier nicht Platz, Jeden einzeln unterzubringen, können überhaupt an der Lage dieser Leute nichts ändern, und wenn es den Leuten hier nicht paßt, so mögen sie zusehen, daß sie nicht hierher kommen.
Nun wurden die Gefängnisse der Mörder besucht. Etwa dreißig Männer und Frauen erwarteten eben, in einem Raume beisammensteckend, ihre Weiterbeförderung. Todesstrafe giebt es eben nicht in Rußland. Diese Art Verbrecher werden auf eine lange Reihe von Jahren zu schwerer Arbeit in die Bergwerke geschickt. Nach Ablauf dieser Strafzeit erhalten sie die Erlaubnis, sich irgendwo in Sibirien anzusiedeln; nach Rußland dürfen sie nimmer zurückkehren. Die Gefängnisse der "Mörder" sind noch kleiner und dumpfer, als die vorigen und 12 Personen theilen den Raum in so einem stallähnlichen Gelaß. Die Leute sind geduldig und ganz gleichgültig. Selten ist ein Gefangener in Eisen gelegt. Ein Ausdruck stumpfer, verzweifelter Resignation, zuweilen ein bitterer Anflug von einer Art Galgenhumor, das ist die Stimmung, die auf dieser Masse "Lebendig Begrabener" ruht.
Bewacht waren die Sträflinge von Wachtmannschaften, deren Aufgabe es war, die Verurtheilten zu ihrem Bestimmungsorte zu geleiten; etwa ein halbes Dutzend untersetzter Soldatengestalten, und zwar nicht etwa die in sibirischen Schilderungen häufig auftretenden Kosaken, sondern Infantristen mit Gewehren, an denen die Bajonette aufgepflanzt waren. Alle waren gehörig für die Reise eingehüllt, den Hals schützte ein dicker wollener Shawl, über welchen der Mantelkragen emporgeschlagen wird, die Hände staken in schwarzen Handschuhen, die Füße in Pelzstiefeln.
Es giebt nichts Traurigeres, nichts Niederschlagenderes, nichts, was den Menschen in seiner tiefsten Entwürdigung zeigt, als ein sibirisches Gefängniß.


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