No. 77
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 03. Oktober
1890
sechzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1890 Nr. 77 Seite 1]

Kaiser Wilhelm hat nach Beendigung der Jagden in Ostpreußen von Trakehnen aus seine Reise nach Wien angetreten, um der freundschaftlichen Einladung Folge zu geben, welche der Kaiser von Oesterreich bei der Rohnstocker Zusammenkunft an ihn gerichtet hat. Die Rohnstocker Revue trug ein politisches Gepräge, wie aus dem Umstand, daß gleichzeitig die leitenden Staatsmänner der beiden Reiche daran theilnahmen, sowie aus den an die Oeffentlichkeit gelangten Aeußerungen hervorging; die jetzige Reise Kaiser Wilhelms nach Wien trägt einen politischen Charakter nicht, in ihr kommt vielmehr nur das zwischen den beiden Monarchen bestehende persönliche Verhältnis zum Ausdruck. Aber in dem persönlich freundschaftlichen Verhältniß der beiden Herrscher wird man auch eine Garantie für das gute kameradschaftliche Verhältniß der beiden Reiche und für die Wahrung der gemeinsamen Interessen erblicken dürfen. Wie in Rohnstock, so wird auch in Wien und in den steierischen Bergen der König von Sachsen der Dritte im Bunde sein.
Kaiser Wilhelm ist am 1. October, 9 Uhr Morgens in Wien angekommen und vom Kaiser Franz Joseph am Bahnhof empfangen worden. Die Einfahrt der beiden Kaiser durch die festlich geschmückten Straßen gestaltete sich zu einem wahren Triumphzuge. Sämmtliche Wiener Zeitungen begrüßten den Besuch des deutschen Kaisers überaus und sympathisch und betonen, dem österreichisch=deutschen Bündniß gegenüber seien alle Parteien einig und durchdrungen von dessen Unerläßlichkeit für die Erhaltung des Friedens.
Zwischen den beiden Kaisern von Oesterreich und Deutschland soll, wie Wiener Blätter melden, in Rohnstock eine Verbesserung der wirthschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Oesterreich und umgekehrt besprochen worden sein. Es sei die Hoffnung berechtigt, daß die Besprechungen zu weiten thatsächlichen Abmachungen führen würden. Der Kaiser von Oesterreich soll in heiterer zuversichtlicher Stimmung aus Rohnstock heimgekehrt sein.
Ein zweiter Besuch des Kaisers bei dem Grafen Moltke, von welchem neulich die Rede war, wird, wie es jetzt aus Breslau heißt, nicht stattfinden. Die Meldung hatte wohl darin ihren Grund, weil Moltke die zum Empfange des Monarchen erbaute Halle erhalten zu sehen wünscht, um sie persönlich zu benutzen.
Der Reichskanzler v. Caprivi soll, der "Post" zufolge, noch jüngst Gelegenheit genommen haben, zu versichern, daß wir jetzt dasjenige, was wir an Colonien besitzen, festhalten würden und daß er (Caprivi) Werth darauf lege, daß dies überall bekannt werde.
Die ihrem endgültigen Abschluß entgegengehenden Verhandlungen wegen Aufnahme von Anleihen für das deutsche Reich und für den preußischen Staat sind, wie selbstverständlich ist, für die vom Reichstage und vom preußischen Landtage genehmigten Zwecke bestimmt. Die Summen betragen 160 Millionen für das deutsche Reich und 50 Millionen für Preußen. - Einige größere Berliner Banken haben die Ausgabe 3prozentiger Papiere der Reichsregierung vorgeschlagen und erbieten sich zur Uebernahme von 170 Mill. Mark 3prozentiger Anleihen zum Kurse von 86,40 pCt. mit der Verpflichtung, diese Anleihen dem Publikum zum Kurse von 87 pCt. zur Verfügung zu stellen. Die Reichsregierung erklärte am Montag Mittag, sich den Bescheid auf diese Offerte bis Dienstag vorzubehalten.
Wie der "Reichsanzeiger" über die zukünftige Organisation des ostafrikanischen Küstengebietes schreibt, wird innerhalb der Reichsverwaltung das erforderliche Material vorbereitet, damit dem Reichstage sofort beim Zusammentritt ein vollständiger Plan mit allen Einzelheiten vorgelegt werden kann. Der kaiserliche Gouverneur von Kamerun v. Soden begiebt sich dieser Tage nach Ostafrika, um über die künftige Gestaltung der inneren Verwaltung und die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Küste Ermittelungen anzustellen und darüber zu berichten. Der "Nordd. Allg. Ztg." wird aus Ostafrika gemeldet, daß neuerdings ein lebhafter Zuzug deutscher Pflanzer und Geschäftsleute nach Tanga im Norden des Schutzgebietes stattfindet, wo sich zur Zeit die Vertreter einer Reihe von Handels= und Plantagengesellschaften befinden. - Die erste Eisenbahn in Deutsch=Ostafrika wird möglicherweise sehr bald gebaut werden, denn v. Gravenreuth erzählte in Köln, daß die reichen indischen Kaufleute im deutschen Gebiet nicht abgeneigt seien, auf ihre Kosten den Bau auszuführen. - Die Londoner "Times" setzt ihre Hetzerein gegen Deutschland wegen ihres Reinfalles mit den ostafrikanischen Schwindelnachrichten noch immer fort. Das würdige Blatt hat nicht einmal so viel Ehrgefühl, einzugestehen, daß es gelogen hat, sondern setzt das hübsche Geschäft der Ehrabschneidung munter weiter fort. - Nach dem Pariser "Figaro" sollen diese verleumderischen Berichte aus Sansibar den englischen Generalkonsul Evan Smith zum Verfasser haben.
Große Pferde=Ankäufe für die Armee, welche durch die am 1. October eintretende Erhöhung der Friedenspräsenzstärke, insbesondere durch die Vermehrung der Artillerie erforderlich sind, werden jetzt, und zwar größtentheils in Jütland, ausgeführt.
Der ungarische Abg. Daranyi betonte in einem vor seinen Wählern gegebenen Rechenschaftsbericht, das Bündnis zwischen Deutschland und Oesterreich=Ungarn habe sich zu einem Bündniß der Völker gestaltet, welches unerschütterlich fortbestehe zur lebhaftesten Befriedigung der ungarischen Nation, die dasselbe stets aufrichtig unterstützt.
Die ungarische Regierung hat viel vor. Sie gedenkt an den Reichstag mit folgenden Vorlagen heranzutreten: Aufbesserung der Gehälter der Volksschullehrer, ein Unfallversicherungsgesetz, das sich auch auf die kleingewerbtreibenden, selbständigen Betriebe erstreckt, Bau eines großen Hafens in Budapest und die Theißregulirung. Die Regierung beabsichtigt diese Vorlagen zur Grundlage einer neuen Finanzoperation zu machen.
Der Besuch des Königs der Belgier am Berliner Hofe wird Mitte October erwartet. Derselbe

[ => Original lesen: 1890 Nr. 77 Seite 2]

wird der Einweihung des Mausoleums in Potsdam beiwohnen, zu der auch die Frau Großherzogin von Baden erwartet wird.
Der Zustand des Königs von Holland soll sich in letzter Zeit wieder verschlimmert haben. Der König hat nur wenig Appetit und schläft sehr viel, fühlt sich auch schwach. Professor Dr. Rosenstein aus Leyden ist nach Schloß Loo berufen worden.
Der kleine König Alexander von Serbien ist am Sonntag Abend stark erschreckt worden. Bei der Heimkehr von einer Ausfahrt ist unter dem einen Rad seines Wagens eine Patrone explodirt, glücklicherweise aber keine Dynamit, sondern nur eine Revolver=Patrone, die jemand auf der Straße verloren hatte. Der König ist mit dem Schrecken davongekommen.
Das Comite der von dem ermordeten Künzel begründeten Witu=Gesellschaft trat am Montag in Wiesbaden zusammen und hat die Vertretung der Interessen der Gesellschaft den Afrikareisenden Gebrüder Denhardt übertragen. Für die Hinterbliebenen Küntzels wird eine Entschädigung beansprucht.


Rohseidene Bastkleider Mk. 16.80 pr. Stoff zur kompl. Robe und bessere Qualitäten versendet porto= und zollfrei das Fabrik=Dépôt G. Henneberg (K. u. K. Hoflief.) Zürich. Muster umgehend. Briefe kosten 20 Pf. Porto.


Anzeigen.

In Sachen, betr. die Zwangsversteigerung der dem Büdner und Kiepenmacher Johann Groth gehörigen zu Herrnburg sub. Nr. 17 belegenen Büdnerei c. p. stehen vor dem unterzeichneten Amtsgerichte an:
1. der Verkaufstermin auf

Dienstag, den 21. October 1890,
Vormittags 11 Uhr,

2. der Ueberbotstermin auf

Dienstag, den 25. November 1890,
Vormittags 11 Uhr.

Ferner ist Termin zur Anmeldung aller dinglichen Rechte und Ansprüche an das Grundstück c. p. und an die zur Immobilarmasse desselben gehörenden Gegenstände (Zubehör), soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen, zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel, sowie zur etwaigen Prioritätsausführung unter dem Nachtheile der Abweisung und des Ausschlusses auf

Dienstag, den 21. October 1890,
Vormittags 11 Uhr

angesetzt.
Die Verkaufsbedingungen liegen 14 Tage vor dem ersten Verkaufstermine auf der Gerichtsschreiberei I des unterzeichneten Amtsgerichts der Betheiligten aus.
Dem Schuldner und den bei der Zwangsversteigerung betheiligten Gläubigern wird hiermit freigelassen, zu dem Zwecke einer endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen, in dem zur Anmeldung der dinglichen Ansprüche an das Grundstück c. p.
bestimmten Termin und in dem Verkaufstermin zu erscheinen, sowie innerhalb 8 Tagen vor diesem Termine Vorschläge für die Verkaufsbedingungen einzureichen.
Schönberg, den 24. Juli 1890.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. C. Hahn.
                                                    H. Diederich.


Diejenigen Deputatisten, welche einen Theil ihres Deputatholzes pro 1890/91 der Forst gegen die Geldentschädigung zu überlassen beabsichtigen, haben dies bis zum 1. October c. hierher anzuzeigen.
Schönberg, den 22. September 1890.

Großherzoglich Meckl. Domainen=Amt.
Cl. v. Oertzen.


Als Todten=Ankleiderin empfiehlt sich                                                    
                                                    Frau Peters,
                                                    Schönberg, Sabower=Str. 29.


Am Sonnabend, den 4. October d. Js., Vormittags 10 Uhr werde ich in dem Lokale des Gastwirths Boye hieselbst ein

altes, braunes Pferd

öffentlich meistbietend verkaufen. Kaufliebhaber können dasselbe vor dem Verkaufe von Morgens 8 Uhr an in Augenschein nehmen.
Schönberg, den 29. September 1890.

                                                    Rechtsanwalt Fölsch.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.

Der Geschäftsbericht mit Bilanz und Gewinn= und Verlust=Conto für das 21. Geschäftsjahr, sowie der Revisionsbericht etc. liegen vom 6. October d. J. ab in unserem Geschäftslokale zur gefl. Einsicht der Herren Actionäre aus.
Schönberg, den 1. October 1890.

                                                    Das Directorium.


Generalversammlung des
Herbergs=Vereins.

Nachdem Se. Königl. Hoheit der Großherzog gnädigst geruht haben, 300 Mark zur ersten Einrichtung zu bewilligen und die Anweisung von 40% der Kosten der Verpflegungsstation in Aussicht zu stellen und das Unternehmen somit gesichert erscheint, wird auf den 27. October, Nachm. 3 Uhr, in dem Boye'schen Gasthof hierselbst eine

Generalversammlung

berufen, zu der alle diejenigen eingeladen werden, die Jahresbeiträge gezeichnet haben oder bis dahin zeichnen werden. Es wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß statutenmäßig in der Generalversammlung nur die Mitglieder, welche bis zur Beschlußfassung einen Jahresbeitrag von mindestens 1 Mark gezeichnet haben stimmberechtigt sind.
                                                    Tagesordnung:
                          1) Berichterstattung.
                          2) Beschlußfassung über Herberge zur Heimath und Verpflegungsstation.
                          3) Wahl des Vorstandes.

Der Ausschuß des Herbergs-Vereins für das Fürstenthum Ratzeburg.
I. A.: Georg Krüger.


Für den Winter

sind die Damenmäntel, Visites und Jaquets von den einfachsten bis zu den elegantesten eingetroffen, darunter apparte Neuheiten.

                                                    Heinrich Meyer.


Strick-Wolle,
Strümpfe,
Unterzeuge aller Art
empfiehlt in bekannten guten Qualitäten zu Fabrikpreisen
Arthur Friedländer Inh.: Otto Oehlrich.
Wollwaaren-Special-Geschäft.
Breitestr. Lübeck. Breitestr.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 77 Seite 3]

Hugo Heincke
empfiehlt in großer Auswahl zu bekannten billigen Preisen:

Corsetts
Handschuhe, Rüschen.
Tricottaillen, Blousen,
Barchend Damenhosen,
Barchend Damenjacken,
Barchend Herrenhemden,
Universal-Wäsche,
Kragen und Manschetten,
Schlipse, Schlipsnadeln,
Hosenträger, Socken,
u. s. w.
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Gardinen,
Bettzeuge, Bettdecken,
Schützdecken, Stonts,
Hemdentuche,
Greizer reinwollene
Kleiderstoffe,
Cattune,
reinw. Buckskins,
engl. Leder,
Herren=Unterzeuge,
Herren=Jagdwesten,
Herren=Strickjacken,
Herren=Unterhosen.
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Regenschirme,
Taillentücher, Westen,
Kopfhüllen, Wollmützen,
Muffen, Pulswärmer,
Strickwolle,
angefertigte Strickereien,
Unterröcke,
Damenschürzen,
Kinderschürzen,
Strümpfe,
Knöpfe, Besätze,
u. s. w.


Mecklenburgische Hypotheken- & Wechselbank.

Wir bringen hiermit zur Kenntniß, daß wir mit dem heutigen Tage die bisher von Herrn J. H. Böckmann verwaltete Agentur unserer Bank für

Schönberg und Umgegend
dem Herrn Wilh. Boye zu Schönberg

übertragen haben.
Schwerin, den 26. September 1890

Die Direction.
Büsing.                 Kayser.


Die Verlobung ihrer Tochter Johanna mit dem Lehrer Herrn Hermann Carlau in Lübeck beehren sich ergebenst anzuzeigen.

                                                    G. Erdmann u. Frau.

Kuchelmiss b. Serrahn 1890.

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Johanna Erdmann
Hermann Carlau
Verlobte.
Küchelmiß.                                                     Lübeck.


Mein Lager von
Häcksel=Kornreinigungs u. Säemaschinen sowie Pflüge u. Ringelwalzen aus der Fabrik

A. Lehnigk in Vetschau

empfiehlt zu Fabrikpreisen

                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Sarg-Magazin
Sarg
von Kiel & Rindfleisch

empfiehlt bei vorkommenden Fällen zu billigsten Preisen Metall=Särge. Dieselben halten den schwersten Erddruck aus. Särge aus Eichen= und Tannenholz mit und ohne Metall=Einsatz in allen Größen und Ausstattungen.
Ferner alle Todten=Bekleidungdgegenstände als Hemden, Jacken, Schuhe, Handschuhe, Strümpfe etc.


Gute Stoppelgänse
sucht noch zu kaufen                                                    
                                                    Kaiser-Stove.


Eine Parzelle Ackerland,

3 Scheffel Aussaat, auf dem Cavalier, ist auf mehrere Jahre zu verpachten Reflectanten wollen sich melden bei

Schönberg.                                                     Ww. Auguste Creutzfeld.


400 Kettschöfe
hat noch zu verkaufen                                                    
                                                    Fischer Dierck
                                                    in Schönberg.


Gute Futterkartoffel
sucht zu kaufen.                                                    
                                                    Aug. B. Schleuss,
                                                    Viehhändler.


40 Stück gute Gänse
mit vollen Federn hat zu verkaufen                                                    
Handelsmann Köster, Wendorf.


In dem Wohnhause Nr. 35 am Marktist zu sogleich oder zu Ostern 1891 eine

untere Wohnung

bestehend aus Stube, großer Kammer, Küche, großem Bodenraum und Stallraum zu vermiethen.

                                                    F. Baer.


Kartoffel
à Ctr. 2 Mk. 50 Pfg. sind zu verkaufen                          
                                                    Bauhof-Schönberg.


Lehrlingsgesuch.

Zum October d. J. kann ein junger Mann mit den nöthigen Schulkenntnissen bei mir als Lehrling eintreten. Kost und Logis gegen Entschädigung auf Wunsch in meinem Hause.

Lübeck.                                                     R. Lübcke.
                                                    i. Fa. Dittmer'sche Buchhandlung.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 77 Seite 4]

Wilh. Oldenburg.
Anzeige von Neuheiten
für die
Herbst- u. Winter-Saison.

Grösste Auswahl
Damen= und Kinder-
Mäntel

in verschiedenen Stoffen und Facons.
Kleiderzeuge, Besätze,
Leinen, Gardinen,
Teppiche, Bettzeuge,
leinene Tisch= und Handtücher.
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Sämmtliche Wollwaaren,
Normal-Hemden und Hosen,
Balltücher, Capotten,
Handschuhe, wollene Westen,
Unterröcke, Strick= und Strickwolle,
Tricottaillen und Blousen.
Verkauf zu außerordentlich billigen Preisen.


Am Sonntag, den 12. October,
Concert

im Boye'schen Saale, ausgeführt von der Albrecht'schen Bergkapelle.

Anfang 8 Uhr.
Entree 50 Pfg. à Person.
Hierzu ladet ergebenst ein                                                    
                                                    Josef Albrecht.
Nach dem Concert: Ball.


Einem hochgeehrten Publikum von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich am heutigen Tage in der Schlauentrift eine

Gastwirthschaft

mit Ausspannung eröffnet habe und bitte mein Unternehmen gütigst zu unterstützen.

                                                    H. Bockmann.


Zur Saison halte mein Putzgeschäft einem geehrten Publikum bestens empfohlen. Alle Neuheiten zu den billigsten Preisen. Hübsch und modern garnirte Hüte in Filz und Sammet, alle möglichen Formen, von 3 Mark an. Indem ich um gütigen Zuspruch bitte zeichne Achtungsvoll

                                                    H. Bohnhoff's Ww.


Zur Wintersaison

halte ich mein Lager von Kleiderstoffen und dazu passenden Besätzen, wie Seide, Samet, Samet=Bänder, Krimmer u. Sontache=Garnituren in allen Farben bestens empfohlen.
Auch biete ich in dieser Saison in abgepaßten Roben wieder was hervorragendes.

                                                    Heinrich Meyer.


Echt holl. Javakaffee

mit Zusatz, kräftig und reinschmeckend, gar., à Pfd. 80 Pfg., Postpakete 9 Pfd. Mk. 7.20, versendet zollfrei unter Nachnahme. Beglaub. Anerk. a. Wunsch zu Diensten.

Wilh. Schultz, Altona b. Hamburg.


Damen=Kleiderstoffe in Wolle versendet direkt an Private zu Fabrikpreisen, Proben frei.

                                                    Richard Löffler, Greiz.


Anweisung vers. unentgeltlich nach 15jähriger approbirter Heilmethode zur sofortigen radikalen Beseitigung der Trunksucht, mit auch ohne Vorwissen, zu vollziehen, unter Garantie. Keine Berufsstörung. Adresse: Privatanstalt für Trunksuchtleidende Villa=Christina, Post Säckingen. Briefe sind 20 Pfg. Rückporto beizufügen!


Todes-Anzeige.

Diese Nacht um 3/4 1 Uhr entschlief nach langen Leiden mein lieber Mann der

Zimmermann Peter Sager

im Alter von 53 Jahren. Tiefbetrauert von mir und meinen Angehörigen.
Schönberg, den 2. October 1890.

                                                    Elise Sager,
                                                    geb. Ollrogge.

Die Beerdigung findet am Montag, den 6. d. M., Nachmittags 2 Uhr, statt.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 5. October.

Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Abendkirche (6 Uhr:) Pastor Kaempffer.
    Amtswoche: Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
6,55 Vorm. 9,50 Vorm. 3,21 Nachm. 7,19 Abends. 11,12 Nachts.
Nach Kleinen:
7,51 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 8,48 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 40.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 77 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 77 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 3. October 1890.


Zum Verständniß der Invaliditäts= und Altersversicherung.
I.

Es ist dringend erwünscht, daß die weiten Kreise, die es angeht, rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Invaliditäts= und Altersversicherung über die Bedeutung des Gesetzes, über ihre Obliegenheiten, um die Vortheile desselben zu erlangen, über den Umgang der Versicherungspflicht, über das Verfahren bei Erhebung der Beiträge etc. aufgeklärt werden. Zu diesem Zwecke bringen wir zunächst eine allgemeine Uebersicht über Rechte und Pflichten der zu versichernden Personen und werden später weitere Erläuterungen über Einzelheiten folgen lassen.
Die Invaliditäts= und Altersversicherung beginnt voraussichtlich mit dem 1. Januar 1891. Zweck dieser Versicherung ist, allen Arbeitern und Arbeiterinnen
1. im Alter durch eine Altersrente einen Zuschuß zu dem dann in der Regel herabgeminderten Arbeitsverdienst zu gewähren und
2. im Falle frühzeitigen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit für die Dauer desselben eine den Betrag der Altersrente übersteigende Invalidenrente zu sichern.

1. Die Altersrente

kann sofort vom Beginn der Versicherung ab (1. Januar 1891) von denjenigen versicherten Arbeitern beansprucht werden, welche das Alter von 70 Jahren vollendet haben und nachweisen, daß sie in den Jahren 1888,1889 und 1890 mindestens in 141 Wochen gearbeitet haben. Bei diesen 141 Wochen werden auch die Wochen bescheinigter Krankheiten und die Unterbrechungen bei Saisonarbeitern mitgezählt, wie wenn es Arbeitswochen wären.
Diejenigen Arbeiter, welche beim Beginn der Versicherung (1. Januar 1891) noch nicht 70 Jahre alt, jedoch mehr als 40 Jahre alt sind, haben gleichfalls von dem Zeitpunkt ab, mit welchem sie das 70. Lebensjahr vollenden, Anspruch auf Altersrente, wenn sie die vorhin angegebenen Nachweise führen können und vom Beginn der Versicherung (1. Januar 1891) ab regelmäßig ihren wöchentlichen Beitrag entrichten.
Die Höhe der zu gewährenden Altersrenten wird nach Lohnclassen verschieden bemessen. Die Altersrente beträgt mindestens 106,40 Mk. und höchstens 191,00 Mark jährlich.
Bei Berechnung der Rente werden 1410 Beitragswochen (Beiträge) zu Grunde gelegt, so zwar, daß jede einzelne Beitragswoche eine Erhöhung der Rente
                          um 4 Pf. bewirkt in Lohnclasse I,
                          um 6 Pf. bewirkt in Lohnclasse II,
                          um 8 Pf. bewirkt in Lohnclasse III,
                          um 10 Pf. bewirkt in Lohnclasse IV.
Die Lohnclasse I gilt für einen Jahresarbeitsverdienst bis zu jährl. 350 M.,
Die Lohnclasse II gilt für mehr als 350 M. bis 550 M.
Die Lohnclasse III gilt für mehr als 550 M. bis 850 M.
Die Lohnclasse IV gilt für mehr 850 M.
Hat ein Arbeiter 10 Wochen=Beiträge nach dem 1. Januar 1891 für Lohnclasse III entrichtet und kann er nachweisen, daß sein durchschnittlicher Jahresarbeitsverdienst in den vorhergegangenen 3 Jahren 1888 bis 1890 875 Mk. betragen hat, so sind für die 10 Beiträge die Rentensätze der Lohnclasse III mit 8 Pf. und für die übrigen 1410-10=1400 Beiträge die Rentensätze der Lohnclasse IV mit 10 Pf. in Ansatz zu bringen. Die Jahresrente berechnet sich demnach auf 10x8 Pf. + 1400x10 Pf. = 140,80 M. Hierzu giebt das Reich 50 Mk. als Zuschuß, so daß die Jahresrente insgesammt 190,80 Mark, die Monatsrente also 15,90 Mark betragen würde.


Die Herberge zur Heimath und Natural=Verpflegungsstation zu Schönberg
II.

Es handelt sich um die Beseitigung eines offenbaren, überall im Fürstenthum empfundenen Nothstandes. Man hört zwar häufig, die Zahl der herumziehenden Bettler sei augenblicklich eine geringere; aber jeder weiß, daß sie zu anderen Zeiten desto größer wird. Es ist festgestellt, daß in den letzten neun Jahren allein in Schönberg jährlich über 4000 Wanderer in den Herbergen übernachtet haben und daß mindestens ebenso viele bettelnd durch Schönberg gehen, ohne hier zur Nacht zu bleiben. Das macht für Schönberg reichlich 8000, fürs Fürstenthum das Drei= bis Vierfache. Man schätzt die Zahl der Vagabonden in ganz Deutschland auf 2 bis 300,000. Diese alle werden auf Kosten der seßhaften, arbeitenden Bevölkerung unterhalten. Rechnet man auf jeden auch nur eine Mark täglich baar oder in Naturalien, so macht das für Deutschland die gewaltige Summe von über 75 Millionen Mark, wahrscheinlich weit mehr, für unser Fürstenthum etwa 28 000 Mark, abgesehen von den ca. 30 gewerbsmäßigen Bettlern, die nicht aus dem Fürstenthum herausgehen sollen und die, wie man sagt, dem Lande täglich mindestens je 3 M. kosten, also jährlich über 32 000 M! Das sind zusammen 60 000 M., gewiß eine erhebliche Steuer, die unser Fürstenthum für die meist arbeitsscheuen, größtentheils fremden Bettler jährlich aufbringt.
Welche Sprache reden schon diese einfachen Zahlen! Sie sollten doch jeden zum ernsten Nachdenken bringen, um so mehr als sie wahrscheinlich hinter der Wirklichkeit weit zurückbleiben. Und wie ganz anders könnte es sein, wie würde das Nationalvermögen jährlich um viele Millionen wachsen, wenn die Landstreicher in treuer, ehrlicher Arbeit ihren Platz ausfüllten.
Aber viel größer als der materielle ist der sittliche Schaden des Vagabondenthums. Welch Gefühl der Unsicherheit wird durch dasselbe ins Land getragen. Wie manches Haus, wie manche liebe Hausfrau weiß davon zu sagen. Und wie manche Vergehen und Verbrechen fallen den Vagabonden zur Last. Wie viel wird von ihnen gestohlen. Und wie viel Ansteckungsstoff, leiblich und geistig, tragen sie von Ort zu Ort. Wie viel junge und auch ältere Leute werden durch sie verführt und der Arbeit entzogen. Wie viel Unsittlichkeit und zuchtlose Gesinnung verbreiten sie durch ihre oft so wüsten, zum Theil auch gotteslästerlichen und anarchistischen Reden in den Herbergen und anderwärts. Und wie viel Unheil können sie in unruhigen Zeiten anrichten unter ruchloser Führung. Gewiß, das Landstreicherthum ist ein unheilvoller Schaden, der in materieller und sittlicher Hinsicht wie eine Pestbeule an dem Mark unseres Volkes zehrt. Wer wollte nicht Hand anlegen, daß dem Uebel gewehrt werde?!
Aber es giebt noch einen andern Gesichtspunkt, der uns viel mehr noch zur Abhilfe bewegen sollte. Es handelt sich nicht bloß um eine Plage, die wir von uns abwehren wollen. Wir sollen auch die leibliche und geistliche Noth der Vagabonden selbst ansehen, die unser Mitleid wachruft und uns die Pflicht ans Herz legt, eine zahlreiche Klasse von Menschen nicht in ihrem Elend hingehen und verderben zu lassen.
Wie mancher unter ihnen ist einst mit den besten Hoffnungen aus dem Elternhause entlassen worden als ein redlicher, arbeitsamer Mensch; und wenn er eine Zeit lang nicht Arbeit gefunden hatte und das Reisegeld aufgezehrt war, hat er nothgedrungen den ersten Schritt abwärts gethan und ist dann durch die Leichtigkeit zur Gewohnheit des Bettelns und des ungebundenen Lebens verführt worden, verführt auf den Landstraßen und in schlechten Herbergen, verführt zum Branntwein, zum Spiel, zur Zuchtlosigkeit. Und wie viele giebts auch unter den bettelnd Umherziehenden, die ihre Lage selbst schwer empfinden und möchten am liebsten in ein geregeltes Leben der Arbeit zurück und wissen es nicht anzufangen, weil keiner sie in Arbeit nehmen will. Aber

[ => Original lesen: 1890 Nr. 77 Seite 6]

auch sonst werden unter den Vagabonden gar manche sein, die noch nicht völlig verdorben sind und noch auf den Weg der Arbeit zurückgeführt werden könnten. Es giebt unter den Wanderern auch viele, die von dem Gift des Landstreicherthums noch kaum berührt sind, die aber vor den Gefahren des Wanderns und schlechter Herbergen nur bewahrt bleiben können, wenn die Liebe sich ihrer annimmt. Darum würden wir eine schwere Verantwortung auf uns laden und würden vor dem Gebot der Nächstenliebe, der allgemeinen Menschenliebe schlecht bestehen, wenn wir nicht zur Hülfe, zur Rettung und Bewahrung die Hand bieten wollten.
Was dazu geschehen muß und auch in unserm Lande geschehen kann, davon soll weiterhin die Rede sein.


- Dassow. Unsere Sanct Nicolaikirche hatte bis dahin eine im Jahre 1652 in Lübeck angefertigte Thurmuhr sehr veralteter Construction, aus Schmiedeeisen gearbeitet, welche seit vielen Jahren in ihrem Gange sehr unzuverlässig geworden war. Häufige Reparaturen blieben erfolglos, außerdem waren die 3 Zifferblätter nur mit einem durchgehenden Zeiger versehen, an welchem ein genaues Erkennen der Zeit unmöglich war. Jetzt ist eine neue werthvolle Thurmuhr für den ungefähren Preis von 1100 Mark angeschafft worden. Da durch freie Opferwilligkeit der Dassower Einwohner 410 Mk. collectirt waren, so beschloß die vorjährige Pfarrbaukonferenz, die am Preise der Uhr noch fehlenden 700 Mk. auf das Aerar, resp. auf Patronat und Eingepfarrte zu übernehmen. Die neue Uhr, durch den hiesigen Uhrmacher Kröger von der rühmlichst bekannten Thurmuhren=Fabrik F. A. Bayes in Hildesheim bezogen, ist ein solides Werk neuester Construction, mit Remontoir versehen, auf Ganz= und Halbstundenschlag eingerichtet und giebt auf 3 Zifferblättern durch 2 Zeiger sehr deutlich die Zeit nach Stunden und Minuten an. Unsere Kirche ist damit um ein werthvolles Besitzthum bereichert worden.
- Wie aus Güstrow gemeldet wird, ist der Ackerbürger F. in Neukalen verdächtig, seine Frau Nachts ermordet zu haben, und ist dieserhalb bereits verhaftet worden.
- In der Schwurgerichtssitzung zu Güstrow am 30. Sept. wurde die wegen Mordes angeklagte Töpferfrau Waldmann aus Rostock zu 8 Jahren Zuchthaus wegen Todschlags verurtheilt.
- Ueber die Pirschjagd des Kaisers in der Rominter Haide bringt die Königsberger Hartungsche Zeitung weitere - aus Theerbude vom 27. bezw. 28. v. Mts. datirte - Berichte. Hiernach hat sich Se. Majestät, obgleich der Sturm und Regen in der Nacht zum 27. unausgesetzt herrschte und erst gegen Morgen etwas nachließ, Vormittags zur Jagd in die Beläufe Theerbude und Bindßen begeben, leider ohne schußwerthes Wild zu Gesicht zu bekommen. Nachmittags wurde indessen nach nur zweistündiger Erholung die Pirsche in demselben Theile der Heide weitergeführt und hatte das Ergebniß, daß Se. Majestät auf einem Gestell südlich des Bindßer Flusses einen ungeraden Vierzehnender erlegte. Abends um 7 Uhr wurde der Hirsch beim Scheine der Laternen im Garten des Wellerschen Logirhauses zur Strecke gebracht. Se. Majestät wohnte mit seiner Jagdbegleitung dieser Scene bei, ein lebhaftes Gespräch führend und herzlich über diesen oder jenen Scherz lachend, oder wohl selbst eine scherzhafte Bemerkung machend. So äußerte er, seine Gemahlin habe an ihn geschrieben, sie wäre auch gern nach der Rominter Haide gekommen, doch habe er es ihr aus dem Sinne geredet, da sie ja doch nicht schießen könne. Bemerkenswerth erscheint es, wie der Kaiser auf der Jagd schießt. Der Büchsenspanner steckt, sobald der geeignete Augenblick gekommen ist, einen Gabelstock in die Erde, auf den der Kaiser die Büchse legt, die er dann mit dem rechten Arm nach Art einer Pistole regierend abfeuert. Ein glücklicher Schuß wird auf dem Stocke, der zu diesem Behufe jedes Jahr erneuert wird, durch einen Einschnitt bezeichnet. - Am Sonntag war dem Kaiser das Jagdglück nicht hold. Derselbe pirschte Morgens von 4 Uhr ab im Belauf Blindischken, ohne daß es gelang, einen Schaufler, der dort bemerkt worden war, zum Schuß zu bekommen. Um 9 Uhr Vormittags war der Kaiser wieder in Theerbude. Ein zweiter Jagdausflug, gegen 1 Uhr Mittags, richtete sich in die Umgegend von Jagdbude, einem kleinen, etwa eine Meile von Theerbude entfernten Walddorfe. Hier sollte ein Achtzehnender stehen, der indessen bis 4 Uhr, als die Rückkehr erfolgte, vergeblich gesucht wurde. Nach nur halbstündiger Ruhe, die sich Se. Majestät zum Einnehmen einer Erfrischung gönnte, wurde ostwärts von Theerbude die Suche nach dem erwähnten Schaufler fortgesetzt, ohne daß diese einen günstigen Erfolg gehabt hätte; doch werden sich gerade nach diesen Revieren noch die letzten Jagdausflüge des Kaisers richten. Den ganzen Tag herrschte Regenwetter, das zum größten Theil den Mißerfolg verschuldet haben dürfte.
- Die Sozialistischen Abgeordneten Auer, Bebel und Liebknecht haben ihre Uebersiedelung nach Berlin bereits bewerkstelligt.
- Für das Herzogthum Lauenburg befindet sich eine Polizei=Verordnung in Vorbereitung, nach welcher alles nothgeschlachtete Vieh vor dem Gebrauche zur menschlichen Nahrung durch den Thierarzt untersucht werden soll.
- Wie aus Sachsen geschrieben wird, sieht die dortige Arbeiterbevölkerung der meisten großindustriellen Bezirke einem sehr trüben Winter entgegen. Die niedergehende geschäftliche Lage trifft mit der rücksichtslosen Uebertrumpfung der deutschen Schutzzollpolitik seitens der nordamerikanischen Protektionisten zusammen. Die Tariferhöhungen nimmt Tausenden sächsischer Arbeiter das Brot vom Tisch. Dazu kommen die Wirkungen der leidigen Viehsperre. Die Ernährung ist schon jetzt in vielen Familien auf den tiefsten Punkt gesunken. Fleisch ist für sehr viele sächsische Arbeiterfamilien jetzt schon unerschwinglich. Man ißt Pferdefleisch oder kauft Abfälle aus den städtischen Gasthäusern und Hotels. In der Nähe größerer Städte wird auch auf dem Lande mit solchen Fleischresten von Milchfrauen Handel getrieben. Kann man selbst derartige Abfälle nicht kaufen, so muß man sich vorwiegend von Brot und Kartoffel nähren. Aber das Brot ist theuer, die Kartoffel sind manchem armen ländlichen Industriearbeiter, der ein Stückchen Feld bebaut, verfault, die Preise für Feuerung unerhört hoch: alles eröffnet die Aussicht auf einen harten Winter, wie man ihn selbst in sächsischen Industriebezirken seit längerer Zeit nicht erlebt hat.
- Fast alle oberfränkischen Viehmärkte wurden wegen Maul= und Klauenseuche verboten; österreichisch=ungarisches Vieh ist jedoch nicht die Ursache der Seuche.
- Aus Massana wird vom 29. September gemeldet, daß der Sanitätsrath erklärt hat, die Cholera sei dort erloschen.
- Berichte aus San Franzisko melden, daß auf der ganzen Gruppe der Salamoninseln in den Neuen Hebriden eine Entvölkerung bevorstehe, da die Sclavenjäger die Einheimischen abfangen und nach Neu=Caledonien und den Fidschiinseln abführen. Diesem Sclavenhandel dienten mehr als 30 Schiffe und 10 000 Eingeborene seien bereits in die Sclaverei geschleppt.
- Ueber die Ermordung von acht Deutschen in Witu wird englischen Blättern aus Sansibar noch berichtet, daß der Streit mit den Eingeborenen über das Recht des Holzfällens im Witugebiet entstanden ist. Nachdem die Deutschen mit Gewalt in den Ort gezogen, geriethen sie in eine Falle, an deren Verlassen sie von den Eingeborenen verhindert wurden. Die Deutschen feuerten in Folge dessen, worauf die Eingeborenen über sie herfielen und acht ermordeten.
- Einem Matrosen des deutschen Kriegsschiffes "Sperber", dem im Hafen von Samoa Schwimmunterricht ertheilt wurde, biß ein riesiger Haifisch die eine Hüfte ab. Der arme Bursche lebt noch und seine schließliche Wiederherstellung ist nicht ausgeschlossen.
- Der seit Jahrhunderten erloschene Vulkan Mombacho in Nicaragua ist plötzlich wieder in Thätigkeit getreten, und die umliegenden fünf Städte sind von einem Erdbeben halb zerstört worden. Die Einwohner fliehen entsetzt. Am Donnerstag begannen mächtige Rauchsäulen aus dem alten Krater aufzusteigen.


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