No. 49
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. Juni
1890
sechzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1890 Nr. 49 Seite 1]

Am Dienstag reiste Kaiser Wilhelm nach Kiel, woran sich die Fahrt nach Dänemark und Norwegen schließen wird. Dorthin wird auch das vollständige Material für Seehunds= und Walfischfang mitgenommen werden.
Die "Hamburger Nachrichten" behandeln wieder in einem Leitartikel die gegen die Interviews des Fürsten Bismarck gerichteten Ausführungen deutscher Blätter, wobei uns in Aussicht gestellt wird, daß der ehemalige Kanzler auch ferner das Wort ergreifen wird, wenn er dies für nöthig oder nützlich hält. Ein Reichstagsmandat werde der Fürst niemals annehmen, falls man voraussetzte, daß er auf Grund der eigenen Prinzipien und Anschauungen genöthigt sein würde, Stellung gegen die neue Regierung zu nehmen.
Die formelle Uebergabe Helgolands an Deutschland soll, nach einer der "Voss. Ztg." über London zugegangenen Mittheilung, im October d. Js. in Gegenwart eines vom Prinzen Heinrich befehligten deutschen Geschwaders stattfinden.
Der Kaiser hat dem Reichscommissar Wißmann den Adel verliehen.
Die Verstimmung in deutschen Colonialkreisen über das deutsch=englische Abkommen tritt immer mehr zu Tage und äußert sich besonders drastisch in dem von der Deutschen Colonialgesellschaft, Abtheilung Berlin gefaßten Beschluß, von der für den 30. d. M. geplanten Feier zu Ehren des heimgekehrten Reichskommissars Major Wißmann Abstand zu nehmen. Als Grund zu dem Beschluß wird die durch das deutsch=englische Abkommen gänzlich veränderte Lage in Ostafrika, welche zu Freudenfesten keine Veranlassung biete, angegeben. Jeder Unbefangene wird geglaubt haben, daß es sich um eine Ehrenbezeugung für Wißmann handelt, an dessen Verdiensten durch das Abkommen doch nicht das Geringste geändert worden ist.
Die Nachricht, daß die Bewohner von Helgoland über die Abtretung der Insel an Deutschland erfreut seien, hat sich sehr bald als falsch erwiesen. Die Stimmung ist im Gegentheil dort sehr gedrückt, indem die Bewohner allgemein befürchten, daß die Insel in einen Waffenplatz umgewandelt und dadurch eine Schmälerung ihres Erwerbs herbeigeführt wird. Als der englische Gouverneur am Freitag nach Helgoland zurückkehrte, wurde offen für England demonstrirt, indem der gestrenge Herr mit Kanonensalut und dem Gesang der Nationalhymne feierlich empfangen wurde. Die Schiffe und Häuser waren beflaggt.
Vom Ministerium für Elsaß=Lothringen sind bezüglich der Paßpflicht nachfolgende Bestimmungen erlassen worden: "Ausgenommen von der Paßpflicht sind die Eisenbahnreisenden, welche Elsaß=Lothringen, ohne Aufenthalt zu nehmen, durchreisen wollen und an der Grenze eine entsprechende Fahrkarte vorzeigen. Fahrkarten nach der Station Kehl befreien von der Paßpflicht nicht."
Die bulgarische Regierung will an dem zum Tode verurtheilten Major Panitza ein Exempel statuiren, und nur um zu zeigen, daß Hochverräther fortan keine Milde mehr zu erwarten haben, Panitza erschießen lassen.


- Neustrelitz, 22. Juni. I. K. H. die Großherzogin hat sich gestern Nachmittag auf einige Tage nach Kloster Preetz (Holstein) begeben. - Wie man der "M. L." mittheilt, ist der Assessor Freiherr von Maltzan=Vollrathsruhe als Nachfolger des verstorbenen Kammerherrn von Oertzen zum Drosten des Amts Mirow ernannt worden.
- Schönberg. Der Schuhmachermeister Wasmuth, eine hier allgemein bekannte und geachtete Persönlichkeit, feierte am 23. Juni sein 50jähriges Meisterjubiläum. S. K. H. der Großherzog ließ demselben ein Geldgeschenk überreichen, der Kriegerverein, dessen Bote er ist, schenkte ihm einen Lehnstuhl und einige Innungsmeister erfreuten den Jubilar mit einem hübschen Spazierstock.
- Schönberg. Ueber das Attentat, welches in der vorigen Woche an dem Ziegler (Werkführer) der Dampfziegelei zu Lauen bei Schlutup (Fürstenthum Ratzeburg) verübt wurde, geht uns noch folgendes Nähere zu. Schon am Tage vor der verhängnißvollen Nacht waren die beiden betreffenden Ziegeleiarbeiter (2 Schweden, die an dem Tage überhaupt keine Lust hatten zu arbeiten), von dem Werkführer aufgefordert worden, fleißiger zu arbeiten, damit, wenn der Herr käme, derselbe doch auch sehe, daß etwas gethan sei. Hierauf verließen Beide grollend die Arbeit und gingen nach dem benachbarten Schlutup, von wo sie spät in der Nacht in stark angetrunkenem Zustande heimkehrten. Als sie nun versuchten, Lärm zu machen und der betr. Werkführer sie abermals aufforderte, sich ruhig zu verhalten, fielen sie erbarmungslos über denselben her und brachten ihrem Opfer mit einem eisernen Spaten mehrere klaffende Wunden am Kopfe bei, so daß der Unglückliche in demselben Augenblick besinnungslos zusammenbrach. Ein herbeigerufener Arzt legte den Nothverband an und ordnete die sofortige Ueberführung ins Lübecker Krankenhaus an.
- Staatssekretär Dr. v. Stephan hat dem Berliner Bismarck=Comite als einer Sammlung unter den Postbeamten die Summe von 21 082 Mark überwiesen. Das Dresdener Comite sandte 8877 Mk. 75 Pfg.
- Helgoland soll nach dem "Hamb. Korresp." dem Regierungsbezirk Schleswig untergestellt werden; danach würde also Helgoland nicht Reichsland, sondern käme unter preußische Herrschaft.
- Reichskommissar Major Wißmann ist in Berlin angekommen und von zahlreichen Herren, Bekannten und Freunden, Mitgliedern der Kolonialvereine etc. begrüßt worden. Der Reichskommissar hat in Ostafrika sein schwieriges Werk mit großer Ruhe, Umsicht und Thatkraft durchgeführt und die allgemeine Anerkennung wird seinem Wirken nicht fehlen.
- In einer am Donnerstag in Berlin abgehaltenen sozialistischen Volks=Versammlung bekämpfte Bebel auch sehr scharf die Aechtung der Berliner Brauereien. Seit der Veröffentlichung der kaiser=

[ => Original lesen: 1890 Nr. 49 Seite 2]

lichen Erlasse sei einem großen Theile der Arbeiter der Kamm geschwollen, sie meinen, sie könnten den Capitalisten alles bieten. Daher werden mit wahrem Fanatismus Strikes unternommen. Die Arbeiterschaft aber habe den Schaden. Derartige Maßnahmen seien Dummheiten.
- Die Biersperre in Berlin wird jetzt von der Lokalkomission der Brauergesellen im "Berliner Volksblatt" laut Beschluß der Volksversammlung vom 19. Juni 1890 feierlich für beendet erklärt. - Thatsächlich hat die Sperre, welche der Abg. Bebel als eine "Dummheit" bezeichnete, überhaupt in nennenswerthem Umfange gar nicht bestanden.
- Das Berliner Schwurgericht verhandelte am Sonnabend gegen den Schneidergesellen Friedrich Klausin, welcher im vorigen September eine Frau Vaneß und deren 75jährige Mutter ermordet und beraubt hatte. Der Angeklagte leugnete hartnäckig, wurde aber durch zahlreiche Beweise überführt und zum Tode verurtheilt. Auf die Frage, ob er gegen das Urtheil etwas einzuwenden habe, antwortete er mit "Nein!"
- Der projectirte Seehafen in Cuxhaven, dessen Erbauung kürzlich vom Senat der Stadt Hamburg im Prinzip gutgeheißen worden ist, wird eine Ergänzung der Hamburgischen Hafenanlagen bilden und tief und breit genug werden, damit die großen Schnelldampfer ihre Passagiere unmittelbar vom Land aufnehmen und an das Land absetzen können, aber auch groß genug, um in Noth= und Eiszeiten großen Schiffen Schutz zu gewähren, und sie nicht zu nöthigen, fremde Häfen aufzusuchen, wie dies von der Packetfahrt ernstlich in Aussicht genommen war. Zur Vertiefung der Elbe auf 7 Meter würden Jahre und viele, viele Millionen erforderlich sein; der Hafen an der Elbmündung wäre indes dadurch doch nicht zu entbehren. Die Frage, ob nicht ein tiefer Hafen bei Cuxhaven durch das Vorbassin des Nordseekanals bei Brunsbüttel entbehrlich wird, ist von der Technik verneint worden, vielmehr ist erst recht der Bau des Cuxhavener Hafens durch den Bau des Nordostseekanals im Intresse der Schifffahrt für nothwendig erklärt worden. Das Terrain, welches zur Benutzung kommt, befindet sich in den Händen des Staates; die Bauzeit ist auf 3 Jahre festgesetzt. Gleichzeitig mit dem großen Hafen soll ein Fischerhafen in Cuxhaven ausgebaut werden. Für beide Bauten ist die Summe von 7 600 000 Mk. erforderlich.
- In der Provinz Valencia sind zwei neue Ortschaften von der Cholera ergriffen worden; in einer derselben, Carcagente, sind 5 Krankheitsfälle vorgekommen, von denen einer tödtlich verlaufen ist. Die Nachrichten aus Spanien fangen an sehr unzuverlässig zu werden, da die Lokal= und Provinzialbehörden sich bemühen, mit Rücksicht auf Handel und Verkehr die Epidemie zu leugnen oder ihre Bedeutung abzuschwächen. Die in Malaga ausgebrochene Epidemie wird für typhöses Gallenfieber erklärt. Am Feitag ist auch in Neapel ein armer Handwerker, der seit zehn Tagen leidend war, an der Cholera gestorben. Die Aerzte haben jedoch die Krankheit nicht für die asiatische, sondern für die sporadische Cholera erklärt, der im südlichen Europa jährlich eine Anzahl Personen zum Opfer fällt. Nichtsdestoweniger werden von den Behörden die energischsten Vorsichtsmaßregeln ergriffen.


Anzeigen.

Steckbrief.

Gegen den Schuhmacher August Heitmann (oder Gustav Hieltmar) aus Schlesien, welcher flüchtig ist und sich verborgen hält, ist die Untersuchungshaft wegen Diebstahls verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das nächste Amtsgerichts=Gefängniß abzuliefern und von der Verhaftung schleunigst Nachricht hierher zu geben.
Neustrelitz, den 14. Juni 1890.

Großherzogliche Staatsanwaltschaft.
H. Götze.

Besondere Kennzeichen:

Tätowirung auf dem Arm unterhalb des Ellenbogengelenkes, bestehend aus einem Kranz aus Blättern, worin sich 2 über Kreuz liegende Hammer mit Stielen von blauer Farbe befinden.


Auf dem Forsthofe zu Schlagbrügge sollen am Dienstag, den 1. Juli d. J., von Morgens 9 Uhr an in öffentlicher Auction gegen Baarzahlung verkauft werden:

Sämmtliche Mobilien, Haus= und Küchengeräth, Bettzeug, 1 Zeugrolle, 1 Decimalwaage, 2 Paar Siehlen, davon 1 Paar gut erhaltener Kutschsiehlen, eine bedeutende Partie sehr starker und gut erhaltener Reckschlethe, 3 Schafe, 16 Hühner und was sich sonst noch vorfindet.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.
Die Anstalt ist während des                          
Johannistermines
vom 24. Juni bis 1. Juli d. J.
an den Werktagen
von 8 bis 12 Uhr Vormittags
und
am Sonntag, den 29. Juni d. J.
von 7 bis 9 1/2 Uhr Morgens
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 14. Juni 1890.                          
                                                    Das Directorium.


Am Montag, dem 30. Juni, Nachmittags präcise 2 Uhr hält die

Schuhmacher-Innung
zu Schönberg i/M.

ihre 2. diesjährige ordentliche Haupt=Versammlung im Innungs=Locale ab, wozu die Mitglieder hiedurch freundlichst eingeladen werden.

                          Tagesordnung:
      1) Einschreiben von Lehrlingen.
      2) Erheben der Innungs=Beiträge.
      3) Abrechnung, betr. die Gesellen=Reiseunterstützung.
      4) Abstimmung über Entsendung eines Deligirten auf den Bundestag nach Berlin auf den 7., 8. und 9. Juli.
      5) Allgemeine Innungs=Angelegenheiten.

Schönberg, im Juni 1890.

                                                    Der Vorstand.


Geldgesuch.

2 Posten Geld in Höhe von 3000 M. in hiesige Landstellen.
1 Posten Geld in Höhe von 2400 M. in hiesige Landstellen.

sowie verschiedene kleinere Posten werden noch zum Johannis=Termin gesucht gegen Hypothekenschein oder sonstige Sicherheit durch

                                                    J. P. Maass, Marienstraße 46.


Ausverkauf!
Wegen Aufgabe des Geschäfts verkaufe ich:
Filz- u. Strohhüte, Mützen, Pelz- u. Filzsachen und gegerbte Felle  zu und unter Einkaufspreisen.
                                                    Chr. Gartz.


Arthur Friedländer
Inh.: Otto Oehlrich,
Breitestrasse, Lübeck, Breitestrasse. Spezial=Geschäft für
Strumpf-Waaren
Handschuhe, Unterzeuge.
Specialität: diamantschwarze
Damen- & garant. waschech. Kinderstrümpfe.
Billige Preise!          Gute Waare!
Auswahlsendungen franko.


Suche zum Herbst                                                    
ein zuverlässiges Mädchen
zu häuslichen Arbeiten, welches auch Liebe zu Kindern hat.                          
                                                    Frau G. Diersen. Schönberg.


Frische Kartoffeln
hat abzugeben                                                    
                                                    H. Richter.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 49 Seite 3]

Schlossfreiheit-(Geld)-Lotterie.
Haupt= und Schlußziehung
vom 7. bis. 12. Juli cr.
Originale und Antheile bedeutend unter Planpreis:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Porto und amtliche Ziehungsliste 30 Pf., Einschreiben 20 Pf. extra.
Rob. Th. Schröder,
Stettin.
Bankgeschäft (Errichtet 1870.) General-Debit. NB. Schon in der 1. Klasse fielen 300 000 Mark in meine Collecte.


Die "Nachrichten" erscheinen täglich mit Ausnahme der Sonn= und Festtage.
Die "Nachrichten" bringen täglich als Gratis=Beiblatt die Amtlichen Mecklenb. Anzeigen, welche das officielle Publicationsorgan der Mecklenb. Behörden sind und in welchen auch alle Bekanntmachungen über Holz=Auctionen zum Abdruck gelangen.
Die "Nachrichten" können bezüglich der Reichhaltigkeit an politischen und Tagesnachrichten sich getrost jedem andern Blatte zur Seite stellen.
Ein umfangreiches Depeschenmaterial, durch die günstige Versendungszeit unterstützt, setzt die Zeitung in den Stand, hinsichtlich Schnelligkeit der Mittheilungen der täglichen Ereignisse an ihre Leser sogar mit den Berliner Zeitungen concurriren zu können.

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Einladung zum Abonnement auf die
Mecklenburger Nachrichten
mit den "Amtl. Meckl. Anzeigen" u. in eigener Officin hergestelltem "Illustrirt. Sonntagsblatt."
------------------------------------------------------------------

Die "Nachrichten" haben Correspondenten in allen Städten und größeren Orten Mecklenburgs.
Die "Nachrichten" bringen umfassende zum Theil telegraphische Nachrichten über Börse, Handel u. Schifffahrt, sorgfältigste Notiz aller Preisbewegungen landwirtschaftl. Producte u. Bedürfnisse.
Die "Nachrichten" wenden dem unterhaltenden Theil, den Fortschr. in Literatur, Kunst und Wissenschaft besondere Aufmerksamkeit zu.
Die "Nachrichten" sind die billigste der in gleichem Umfange erscheinenden Mecklenb. Zeitungen; sie kosten

vierteljährlich Mk. 3.75 incl. Postaufschlag.

Inserate in den "Nachrichten", deren Auflage fortwährend im Steigen begriffen ist, finden weiteste Verbreitung.

Redaction u. Verlag der Mecklenburger Nachrichten"
,
Schwerin i/M., Klosterstraße 8 und 6.


Neuen Matjeshering
empfiehlt billigstens                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Frische Kartoffeln

verkauft Küster Schulze. Bestellungen werden am Tage vorher erbeten.


Am habe ich mein Local einer geschlossenen Gesellschaft überlassen.

Menzendorf, den 23. Juni 1890.                                                    
                                                    J. P. Kohs.


Außerhalb Lübecks wohnende
Schüler,

welche hiesige Schulen besuchen, können in meinem Hause, Schloß Rantzau, Parade 1,
Pension,  sowie Nachhülfestunden und Privatunterricht erhalten.

Lübeck.                                                     Frau Dr. Riege.


Sonntag, den 29. d. Mts., Nachmittags von 4-6 Uhr werden im Michaelsen'schen Gasthause zu Selmsdorf Vorträge über eine in Schönberg zu gründende Herberge zur Heimat und Verpflegungsstation gehalten, wozu hierdurch ganz ergebenst eingeladen wird.


Am Sonntag, den 29. Juni, Abends 7 Uhr, sollen die Plätze für Buden auf dem Königschuß=Festplatze angewiesen werden.

Schönberg, den 27. Juni 1890.
Der Vorstand der Schützenzunft.


Neue Kartoffeln und Erdbeeren
sind im Organistengarten zu kaufen.                                                    


[ => Original lesen: 1890 Nr. 49 Seite 4]

Zu dem am Montag, den 7. und Dienstag, den 8. Juli stattfindenden

Königschuß

laden wir die geehrten Bewohner von Stadt und Land so höflichst als ergebenst ein.
Schönberg, den 24. Juni 1890.

Kapitain und Schaffner der Schützenzunft
C. Schultze.     J. Baer.     F. Greiff.


Aufruf.

In diesen Tagen wird an alle Bewohner unseres Fürstenthums die Aufforderung ergehen, dem Herbergsverein als Mitglieder beizutreten. Wir wollen in Schönberg eine Herberge zur Heimath bauen, um so der wandernden Bevölkerung eine vom Geist christlicher Sitte durchwehte Heimstätte zu bieten und sie vor schlechter Gesellschaft und Verführung möglichst zu bewahren. Wir wollen eine Natural=Verpflegungsstation einrichten, um mittellosen Wanderern, die keine Arbeit finden, gegen Arbeit Beköstigung und Nachtlager zu gewähren. Es ist ein Notwerk, für das wir uns an Euch wenden, seufzt ja doch das ganze Land unter der immer mehr wachsenden Schaar von Landstreichern und Bettlern. Es ist aber auch ein Liebeswerk, für das wir Eure Hülfe anrufen, denn es gilt, Tausende vor dem Versinken zu behüten, andere Tausende wieder zu einein geordneten Leben zurückzuführen. Sollten wir da vergebens bitten? Helft uns durch einen einmaligen größeren Beitrag dazu, ein Haus einzurichten und die Sache in Gang zu bringen. Helft uns durch einen Jahresbeitrag dazu, die laufenden Kosten des Unternehmens zu decken. Es ist eine Sache von allgemeinstem Interesse, für das wir Eure Hülfe begehren. Aber nur dann können wir unsern Zweck erreichen, wenn alle Bewohner des Fürstenthums in Stadt und Land gemeinsam die Sache in die Hand nehmen. Wir sind überzeugt, daß mit den an so vielen Orten erprobten Mitteln auch bei uns dem Nothstande abgeholfen und mit Gottes Hilfe dem Lande ein reicher Segen erwachsen wird.
Schönberg i. M., den 22. Juni 1890.

Der Ausschuß des Herbergs-Vereins für das Fürstenthum Ratzeburg.


Schönberg
auf dem Schützenplatze.
Schenks Spezialitäten=Arena
I. Ranges.
Freitag, den 27. Juni, Abends 8 Uhr:
Grosse Vorstellung.
Sonntag, den 29. Juni:
2 grosse
Galla-Parade-Vorstellungen
Anfang der 1. Vorstellung: Nachmitt. 4 Uhr.
Zum Schluß: Der Spaziergang auf hohem Thurmseil als betrunkene Bauern.
Anfang der 2. Vorstellung: Abends 8 Uhr.
Zum Schluß:
Komische Pantomime.

Zu diesen Vorstellungen ladet zu recht zahlreichem Besuch ergebenst ein

                                                    J. Schenk, Director.

Montag: Große Vorstellung mit ganz neuem Programm.


Zu dem Sonntag, den 29. und Montag, den 30. d. Mts. bei mir stattfindenden

Scheiben-Schiessen

nach guten Gewinnen lade ich meine Freunde und Gönner hierdurch ganz ergebenst ein.

Am ersten Tage Tanz-Musik
bis über Mitternacht hinaus.                                                    
                                                    Gastwirth J. Wienk,
                                                    Sülsdorf.


Frische Holländerbutter
à Pfund 85 Pfg.
empfiehlt                                                    J. Scharnweber.


Torfbäcker
sucht                                                    H. Brüchmann.


Großer Ausverkauf.

Wegen Veränderung meines Lagers beabsichtige ich den ganzen Vorrath von fertigen

Herrengarderoben

schleunigst zu jedem, nur irgend annehmbarem Preise zu verkaufen, nur um damit noch vor der Frankfurter Messe zu räumen.
Auch jede Bestellung nach Maß wird prompt innerhalb 24 Stunden ausgeführt.

Schönberg.                                                     Achtungsvoll
                                                                         H. J. Lange, Wwe.


Für die freundlichen Glückwünsche zu unserer silbernen Hochzeit sagen herzlichen Dank.

                                                    F. Sterly, Selmsdorf.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 29. Juni.

Frühkirche: Pastor Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
    Amtswoche Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
6,55 Vorm. 9,50 Vorm. 3,21 Nachm. 7,19 Abends. 11,12 Nachts.
Nach Kleinen:
7,51 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 8,48 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 26.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 49 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 49 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 27. Juni 1890.


- Schönberg. Die Sitzung der am 24. d. M. beim hiesigen Großh. Amtsgericht zusammengetretenen Strafkammer wurde Vormittags um 9 Uhr mit der Verhandlung der Privatklagesache des Arbeiter F. zu Teschow wider den Maurer O. in Selmsdorf wegen Mißhandlung in der Berufungsinstanz eröffnet. Das hiesige Schöffengericht hatte den Beklagten für straffrei erklärt, weil der Privatkläger bei dem zwischen ihm und dem Beklagten stattgehabten Streit die ihm von letzterem zugefügte leichte Mißhandlung auf der Stelle erwidert hatte und beide gegenseitigen Mißhandlungen sich im Wesentlichen gleichstanden. Die gegen dieses Urtheil vom Privatkläger eingelegte Berufung wurde von der Strafkammer als unbegründet verworfen und der Privatkläger in die Kosten verurtheilt. - In der dann folgenden Strafsache wider den Krüger N. zu H. und dessen Ehefrau wegen Kuppelei und wider die unverehelichte Johanna Sch. aus Altona wegen gewerbsmäßiger Unzucht, in welcher außer den 3 Angeklagten 8 Zeugen erschienen waren, wurde die Oeffentlichkeit wegen Gefährdung der Sittlichkeit ausgeschlossen. Durch das nach Wiederherstellung der Oeffentlichkeit publicirte Urtheil wurden die N.'schen Eheleute jeder zu einer sechswöchentlichen Gefängnißstrafe, die erst 17 Jahre alte Sch. zu einer zweiwöchentlichen Haftstrafe, welche letztere Strafe als durch die erlittene Untersuchungshaft als verbüßt angesehen wurde, verurtheilt und die Kosten den Angeklagten zur Last gelegt. - Die dritte Strafsache war gegen den Tischlermeister L. zu P., welcher durch den Rechtsanwalt Monich vertheidigt wurde, gerichtet und wurden in dieser Sache 16 Zeugen und 2 Aerzte als Sachverständige vernommen. Am Abend des 26. Januar d. J. war der Angeklagte, welcher den ganzen Tag über in Lübeck sich aufgehalten und in verschiedenen Wirthschaften nicht ganz geringe Quantitäten Bier und Branntwein zu sich genommen hatte, auf dem Heimwege in der Nähe von P. dem Arbeiter L. aus Lübeck, welcher sich von seiner Schwiegermutter in P. seinen dort geräucherten Speck geholt hatte, begegnet. Zwischen beiden kam es zu einem Rencontre, bei welchem der L. geständlichermaßen den Angeklagten mit seinem Handstock, an welchem er das Speckstück über die Schulter getragen hatte, einige Hiebe über den Kopf versetzt hatte, seinerseits aber von dem Angeklagten mit einem Taschenmesser in den Rücken dergestalt gestochen war, daß auch die Lunge theilweise verletzt gewesen ist. Der Angeklagte berief sich zu seiner Rechtfertigung auf Nothwehr, indem er behauptete, von dem L. angegriffen zu sein. Dieser seiner Behauptung kannte das Gericht nach dem Ergebniß der Hauptverhandlung keinen Glauben schenken, legte seiner Beurtheilung vielmehr die beschworene Aussage des L., welche durch die sonstige Beweisaufnahme hinreichend unterstützt wurde, zu Grunde und erachtete demnach für thatsächlich festgestellt, daß der Angesagte, welcher den ihn anbellenden kleinen Hund des L. gestoßen hatte, auf die desfallsige Verhaltung des L., diesem Letzteren mehrere Schläge mit seinem Regenschirm versetzt habe. Diesem Angriff des Angeklagten gegenüber hatte der L. den Speck von seinem Stock heruntergleiten lassen und dem Angeklagten mit dem Stock einige Schläge über den Kopf gegeben. Es entstand dann ein Ringen um den Besitz dieses Stockes, bis Angeklagter endlich, dasselbe aufgebend, Miene machte, sich zu entfernen. Als jedoch der L. sich nun bückte, um seinen Speck wieder aufzunehmen, erhielt er rücklings von dem Angeklagten einen Messerstich in den Rücken und einen derartigen Stoß, daß er zur Erde stürzte. Angeklagter warf sich auf ihn und entstand nun an der Erde ein neues Ringen, bei welchem es dem L. gelang, die Oberhand zu gewinnen. Auf Bitten des Angeklagten ließ er jedoch von demselben ab und entfernte sich nach Lübeck zu, während der Angeklagte seinen Weg nach P. fortsetzte. Erst auf diesem Wege bemerkte der L., daß er im Rücken verwundet sei. In Folge des Blutverlustes verlor er mehrere Male die Besinnung, gelangte jedoch endlich nach mehreren Stunden mit große Mühe nach Lübeck in seine Wohnung. Die erlittene Verwundung war eine so schwere, daß der L. in das Krankenhaus transportirt werden und daselbst 6 Wochen, bis zu seiner Heilung, verbleiben mußte. Erst nach weiteren 14 Tagen konnte er leichte Arbeiten wieder verrichten. Nur seiner guten kräftigen Natur und dem glücklichen Umstande, daß die Wunde in der Lunge durch Blutgerinsel sich von selbst geschlossen hatte, hatte er es zu danken, daß er mit dem Leben davonkam. Namentlich mit Rücksicht auf die Schwere der Verletzung setzte das Gericht in Uebereinstimmung mit dem Antrage der Staatsanwaltschaft die Strafe auf 1 Jahr Gefängniß fest, sprach die Einziehung des Messers aus und verurtheilte den Angeklagten in sämmtliche Kosten. - Um 4 Uhr wurde am 24. Juni die Sitzung geschlossen.
Am nächsten Tage den 25. Juni, Vormittags 9 Uhr wurde die Sitzung wieder eröffnet und wurden aus dem Gefängniß als Angeklagte vorgeführt: 1. Der Schlosser K. aus Königsberg, ein schon vielfach wegen Bettelns, Landstreichens und Widerstandes vorbestrafter Mensch. Am Werktage des 6. Mai d. J. hatte derselbe in sehr angetrunkenem Zustande in Schönberg gebettelt. Von dem Husaren Lübke dabei betroffen, verweigerte er auf dessen Aufforderung die Vorzeigung seiner Legitimationspapiere und suchte dieselben, nachdem der Husar sie ihm aus der Tasche gezogen hatte, wieder mit Gewalt an sich zu bringen, indem er den Husaren ins Gesicht schlug. Als dieser nun zur Verhaftung des Angeklagten schritt, leistete derselbe sehr energischen Widerstand und nur mit Hülfe zweier weiterer Polizeibeamten gelang es, den Angeklagten mittels einer herbeigeschafften Schiebkarre ins Gefängniß zu transportiren. Während dieses Transportes stieß der Angeklagte die Polizeibeamten mit Füßen und versuchte ihnen die Seitengewehre zu entreißen. Wegen dieser Begangenschaften war der Angeklagte vom Schöffengericht zu 14 Tagen Haft und 5 Wochen Gefängniß verurtheilt worden und wurde seine hiegegen eingelegte Berufung von der Strafkammer als unbegründet verworfen. - 2. Der Gärtner Gustav J. aus Stechun, gleichfalls schon vielfach und namentlich auch wegen Diebstahls vorbestraft. Als derselbe am 1. April 1888 aus der Correctionsanstalt zu Glückstadt entlassen worden war, kam er nach Torriesdorf zum Deputatknecht Dietz und vermiethete sich daselbst als Hofgänger am 6. April 1888. Aber noch am selben Tage benutzte er sein zufälliges Alleinsein, die in der Stube stehende unverschlossene Komode seiner Dienstherrschaft zu durchsuchen, sich 13 Thaler, welche in derselben verwahrt waren, anzueignen und sich heimlich zu entfernen. Der auf einen Steckbrief erst jetzt ergriffene Angeklagte war der That geständig und wurde von der Strafkammer wegen des Diebstahls im Rückfall zu einer einjährigen Zuchthausstrafe und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurtheilt und wurde die Polizeiaufsicht gegen ihn für zulässig erklärt.


Schwer gebüßt.
Eine Erzählung von Filipp Moreno.
                                                    Fortsetzung.                                                    (Nachdruck verboten.)

[ => Original lesen: 1890 Nr. 49 Seite 6]

Schwer gebüßt.
Eine Erzählung von Filipp Moreno.
[Fortsetzung.]


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