No. 45
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 13. Juni
1890
sechzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 1]

            Es wird hierdurch zur öffentliche Kenntniß gebracht, daß von jetzt an sämmtliche Anträge, Meldungen pp. schriftlich formulirt, bei der Großherzoglichen Landvogtei und dem Großherzoglichen Domainenamte einzureichen sind. Nur von schreibensunkundigen resp. im Schreiben ungewandten Personen werden Anträge pp. an allen Werktagen Morgens von 10 bis 12 Uhr zur Registratur entgegengenommen.
            Die An= und Abmeldungen der Handwerksgesellen in hiesiger Stadt sind Seitens der betreffenden Arbeitgeber vom 10. d. M. ab beim Magistrate allhier zu machen.
            Schönberg, den 4. Juni 1890.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
                                                    H. Spieckermann.


            Unter Bezugnahme auf das d. Js., betr. die Invaliditäts= und Alters=Versicherung (vergl. Offiz. Anzeiger Nr. 3) werden alle Arbeitgeber aufgefordert, die Arbeiter darauf hinzuweisen, daß sie in die Lage kommen können, um der Wohlthat des Gesetzes theilhaftig zu werden, den Nachweis des Arbeits= oder Dienstverhältnisses vom

22. Juni 1889

an, beziehungsweise Krankheitsbescheinigungen über die Unterbrechung solches Verhältnisses erbringen zu müssen. Formulare für die seitens der Arbeitgeber auszustellenden Bescheinigungen sind zur unentgeltlichen Verabfolgung sämtlichen Ortsbehörden zugefertigt. Die letzteren haben auch im einzelnen Fall die Nichtigkeit der Bescheinigung nach Maßgabe des Formulars zu bestätigen. Formulare zur Bescheinigung von Krankheitsfällen sind dem Districts=Berechnern der Gemeinde=Kranken=Versicherung zugefertigt.
             Schönberg, den 7. Juni 1890.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
                                                    H. Spieckermann.


            Die Krämer und Schankwirthe Schönbergs und Umgehend werden hiermit auf Grund von § 6 der Verordnung zur Verhütung der gemeingefährlichen Folgen des übermäßigen Genusses von Branntwein vom 23. September 1843 angewiesen, dem Maler Stein hierselbst als notorischem Trunkenbolde bei Vermeidung einer Strafe von 15 bis 30 Mark destillirte Getränke weder selbst zu verabreichen noch zu gestatten, daß ihm solche durch andere verabreicht werden.
            Schönberg, der 10. Juni 1890.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
                                                    H. Spieckermann.


          Das Impfgeschäft im Impfbezirk III (Domhof Ratzeburg) findet in diesem Jahre in nachbezeichneter Weise statt und zwar:

I. im Impfdistrict Mannhagen,

bestehend aus den Ortschaften:

Hammer, Mannhagen, Panten und Walksfelde,
  a. Impfung der im Jahre 1889 geborenen Kinder und
  b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Mannhagen und Walksfelde

am Dienstage den 17. Juni d. J.,
Nachmittags resp. 2 und 4 Uhr,

im Schulhause zu Mannhagen, während die Revision der Schutzblattern

am Dienstage den 24. Juni d. J.,
Nachmittags resp. 2 und 4 Uhr,

in dem gedachten Lokal wird vorgenommen werden.

[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 2]

II. im Impfdistrict Ziethen,

bestehend aus den Ortschaften:

Ziethen, Baek, Domhof Ratzeburg und Palmberg, Lankow, Mechow (Hof und Dorf), Roemnitz und Wietingsbeck,
  a. Impfung der zu Domhof Ratzeburg und Palmberg, sowie in Römnitz im Jahre 1889 geborenen Kinder und Wiederimpfung der Kinder aus der Ortsschule zu Domhof Ratzeburg

am Sonnabend, den 21. Juni d. J.,
Vormittags 10 1/2 resp. 10 Uhr,

in der Wohnung des Herrn Dr. med. Arndt zu Domhof Ratzeburg,
während die Revision der Schutzblattern

am Sonnabend, den 28. Juni d. J.,
Vormittags resp. 10 1/2 und 10 Uhr,

ebendaselbst stattfinden wird.

  b. Impfung der im Jahre 1889 zu Ziethen, Baek, Lankow, Mechow (Hof und Dorf) und Wietingsbeck geborenen Kinder und Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Ziethen, Baek und Lankow

am Donnerstag, den 19. Juni d. J.,
Nachmittags resp. 2 und 4 Uhr,

im Schulhause zu Ziethen, während die Revision der Schutzblattern

am Donnerstag, den 26. Juni d. J.,
Nachmittags resp. 2 und 4 Uhr,

in dem gedachten Lokale wird vorgenommen werden.

III. im Impfdistrict Schlagsdorf,

bestehend aus den Ortschaften:

Schlagsdorf (Hof und Dorf), Campow, Hoheleuchte, Gr. Molzahn, Kl. Molzahn, Neuhof und Schlagbrügge,
  a. Impfung der im Jahre 1889 geborenen Kinder und
  b. Wiederimpfung der Kinder aus den Schulen zu Schlagsdorf, Campow und Kl. Molzahn

am Mittwoch, den 25. Juni d. J.,
Nachmittags resp. 2 und 4 Uhr,

im Schulhause zu Schlagsdorf, während die Revision der Schutzblattern

am Mittwoch, den 2. Juli d. J.,
Nachmittag resp. 2 und 4 Uhr,

in dem gedachten Lokale vorgenommen werden wird.
            Den Ortsvorständen wird hierdurch aufgegeben, für die rechtzeitige Bekanntmachung der obgedachten Termine und für Zuführung der Impflinge durch Ansage der Eltern, Pflegeeltern oder Vormünder Sorge zu tragen.
            Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, deren Kinder und Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung entzogen geblieben sind, werden mit Geldstrafe bis zu funfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.
            Diejenigen Betheiligten, welche von der Impfung durch den Impfarzt keinen Gebrauch machen wollen, werden hierdurch aufgefordert, dem destellten Impfarzte bis zum Jahresschluß den Nachweis der geschehenen Genügung der Impfpflicht zur Vermerkung in der Impfliste zu geben.
            Schönberg, den 5. Juni 1890.

Großherzogl. Mecklb. Landvogtei des Fürstenth. Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
                                                    H. Spieckermann.


Antragsmäßig soll über die zu Lübseerhagen sub Nr. III. belegene Vollstelle c. p. des Vollhufners Heinrich Lenschow daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 16. Juni 1890,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 27. März 1890.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Holz=Auction Nr. 37.

Am Sonnabend, den 14. Juni, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Scharnberg=Demern nachstehende Loheichenholz=Sortimente auf der Gr. Rüntzer Feldmark meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden.
        75 eichen Blöcke u. Abschnitte mit 105,69 Festm.
      115 Rmet. eichen Kluft II, Olm und Knüppel.
Nähere Auskunft ertheilt auf Anfrage Herr Förster von Linstow zu Carlow.
Schönberg, den 5. Juni 1890.

Der Oberförster.       
C. Hottelet.         


[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 3]

In der Nacht vom 2. auf den 3. d. Mts. sind in Wendorf bei Schönberg i/M. mittels Einsteigens folgende Gegenstände gestohlen worden:

  1. ein Portemonnaie mit 6 M.,
  2. 2 Sparkassenbücher, das eine ausgestellt von der Ersparniß= und Vorschußanstalt zu Schönberg, das andere ausgestellt von der Ratzeburger Kasse,
  3. 1 blaue Unterjacke,
  4. ein Portemonnaie von rothem Plüsch mit circa 5 M.
  5. 1 goldenes Kreuz nebst Kette,
  6. 1 Portemonnaie von rothem Plüsch mit 30 Pfennig (Mecklenburg).,
  7. 1 kleine blecherne Dose mit 14 M.,
  8. 1 Paar hohe Stiefel,
  9. 1 Paar graue Strümpfe, gezeichnet "H. L.",
10. eine Mulde mit ca. 7 Pfund Butter, 2 Pfund Schinken und 2 Pfund Speck,
11. 1 Topf mit ca. 3 Pfund geschlagenem Zucker,
12. 1 kleiner Korb und 1 Feinbrod,
13. 1 Sack und
14. 1 Schürze.
Um Vigilanz und Benachrichtigung wird gebeten. - 18/90. -
Neustrelitz, den 7. Juni 1890.

Der Erste Staatsanwalt.
H. Götze.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.
Die Anstalt ist zur                          
Zinszahlung
vom
Dienstag, den 10. Juni d. J.
bis
Sonnabend, den 14. Juni d. J.
von 8-12 Uhr Vormittags
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 28. Mai 1890.
                                                    Das Directorium.


Das Material= Eisen= und Kurzwaaren=Geschäft, sowie die Bierbrauerei des Kaufmanns C. Schwedt wird unverändert fortgeführt. Schönberg, den 9. Juni 1890.

                                                    Wilh. Schrep, Konkursverwalter.


Das gesammte todte und lebende Inventar auf                          
Gut Marienthal
bei Roggendorf i. M.
soll unter der Hand
schnellstens
am Platze geschlossen oder getheilt verkauft werden: 70 Kühe, 20 Pferde, 7 Füllen, 274 Schafe, 75 Lämmer, 13 Saue, 1 Eber, 40 Ferkel und div. Federvieh.


Pferdeharken

habe wieder vorräthig.
Auch bringe meine ganz aus feinstem englischen Gußstahl gearbeiteten

Schmiedesensen

in empfehlende Erinnerung; dieselben haben sich in der kurzen Zeit ihrer Einführung so glänzend bewährt, daß sie allseitigen Beifall gefunden.

Garantie selbstverständlich.
Schönberg i. M.                                                     J. Oldenburg.


Zur bevorstehenden Ernte empfehle                          
Beste Gußstahlsensen,
Sensenbäume, Heu= und Kornharken, Forken mit und ohne Stiel,
zu den billigsten Preisen.                                                    
                                                    W. Wieschendorf.


Agenten gesucht

für einen leicht verkäufl. Artikel gegen gute Provision. - Offert. an Ad. Mehlhase in Bremen erbeten.


Geschmiedete und gußeiserne
Grabgitter,
Grabkreuze in großer Auswahl
empfiehlt billigst                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Logo der Firma Humöller für Blitzableiter.

Tausende von Blitzableitern habe ich montirt und empfehle mich, hierauf gestützt, zur Anlegung von

Blitz-Ableitern

nach dem neuesten System der Untersuchung auf Leitungsfähigkeit.

5jährige Garantie.
Lübeck.                                                     H. Humöller,
                                                                  mechanische Werkstatt.


Neuen Matjeshering
empfiehlt billigstens                                                    
                                                    Aug. Spehr.


Gefundenes Geld

ist der Erlös an alten Briefmarkensammlungen, unbeachtet daliegenden Briefmarken und ganzen Couverts mit eingedruckter Marke aus den Jahren 1848-70. Gefl. Sendungen nimmt entgegen
Richard Stohmann, Loschwitz a. d. Elbe (Sachsen.) Anfragen bitte Rückporto beizufügen.


Gegen Hautunreinigkeiten

Mitesser, Finnen, Flechten, Röthe des Gesichts etc. ist die wirksamste Seife:

Bergmann's Birkenbalsam-Seife

allein fabricirt von Bergmann & Co. in Dresden. Verkauf à Stück 30 u. 50 Pfennig (Mecklenburg) bei Apotheker Montag.


Suchen für Schönberg eine

Vertretung

unter coulanten Bedingungen. Herren, die einen guten Keller haben, werden bevorzugt.

Ratzeburger Actien-Brauerei
                                                    H. Rautenberg.


Das Gras meiner am Kalten Damm belegenen Dienstwiese wünsche ich auf dem Halm für den ersten und zweiten Schnitt dieses Jahres zu verkaufen.

                                                    Drost von Oertzen.


Circa 80 []Ruthen mit sehr gutem Klee, Vormaht, habe zu verkaufen.
                                                    H. Scharnhorst.
                                                    Rupensdorf.


60 Ruthen sehr schönen Klee nebst dem Futter von meiner Wiese will ich auf dem Stamme verkaufen.

                                                    Emil Jannicke,
                                                    Bandagist.


Zum 1. August oder 1. September ein
Knecht bei Pferden gesucht.
                                                    J. H. Pump,
                                                    Schlutup.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 4]

Schlossfreiheit-(Geld)-Lotterie.
Haupt= und Schlußziehung
vom 7. bis. 12. Juli cr.
Originale und Antheile bedeutend unter Planpreis:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Porto und amtliche Ziehungsliste 30 Pf., Einschreiben 20 Pf. extra.
Rob. Th. Schröder,
Stettin.
Bankgeschäft (Errichtet 1870.) General-Debit. NB. Schon in der 1. Klasse fielen 300 000 Mark in meine Collecte.


Der Scholaren-Ball

findet am Freitag, den 13. d. M. im Lokale des Herrn Boye statt und lade ich hiermit ergebenst dazu ein

Anfang Abends 6 Uhr.
                                                    Hochachtungsvoll
                                                    W. Lorenz.


Am Sonntag, den 15. Juni                          
Tanzmusik
bei                                                     J. Boye-Schönberg.


Herrschaften, welche                          
photographische Aufnahmen

wünschen, belieben sich am Montag nach Boye's Garten zu bemühen.

Aufnahmen bei jeder Witterung.
                                                    Howe,
                                                    Photograph a. Hamburg.


Am 14. d. M. werde ich meine
Bade=Anstalt
eröffnen und empfehle sie den Bewohnern von Stadt und Land zur Benutzung.
                                                    Fr. Leumann.

An jedem Tage Warmbad mit, auch ohne Douche, vorherige Anmeldung erbeten.

                                                    D. O.


Alter Holsteiner Fett-Käse
à Pfund 20 Pfg. wieder vorräthig, im Ganzen billigst.
Schönberg.                                                     Max C. Sass.


Empfehle: mein reich sortirtes Lager in
deutschen und französischen
Natur=Weinen.
Bei Abnahme eines größeren Quantum (Hochzeiten) 10% Rabatt.                          
Schönberg.                                                     Max C. Sass.


Eimerbier
am Sonnabend, den 14. Juni Nachmitt.
empfiehlt                                                    die Bier=Brauerei.


Empfehle:                                                    
ff. Fußbodenöl, Zeugfarben, Maler- u. Maurerfarben billigst.
Schönberg.                                                     Max C. Sass.


Todes-Anzeige.

Heute Nachmittag 1 1/2 Uhr entschlief sanft nach kurzem Krankenlager in Folge einer Lungenlähmung unsere innigst geliebte Mutter, Schwiegermutter und Grossmutter,

Frau Auguste Buschow,
geb. Gerbsch,

im Alter von 66 Jahren.

Um stille Theilnahme bitten                          
                                                    die trauernden Hinterbliebenen.
Schönberg, Hamburg, Lübeck Ruhroch a/Rh.
                          den 10. Juni 1890.

Die Beerdigung findet heute Freitag, Nachmittags 2 Uhr vom Sterbehause aus statt.


Kirchliche Nachrichten:
Sonntag, den 15. Juni.

Frühkirche: Rector Krüger.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
    Amtswoche Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
6,55 Vorm. 9,50 Vorm. 3,21 Nachm. 7,19 Abends. 11,12 Nachts.
Nach Kleinen:
7,51 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 8,48 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 24.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 45 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 13. Juni 1890.


Der Kronprinz von Italien, der seinen dritten Besuch am Berliner Hof abstattet, ist am Montag Morgens 8 Uhr auf dem festlich geschmückten Bahnhofe in Potsdam eingetroffen, wo eine Ehrenwache von den Gardejägern aufgestellt war. Der Kaiser in Gardeulanenuniform küßte den Kronprinzen, der sehr wohl aussah, mehrmals, worauf die herzliche Begrüßung durch die anwesenden Prinzen, Parademarsch, sodann Vorstellung des gegenseitigen Gefolges und der Spitzen der Behörden folgte. Im vierspännigen Galawagen fuhr der Kaiser mit dem Kronprinzen nach dem Stadtschloß, wo nach dem Parademarsch der Ehrenwache der Kronprinz in seine Gemächer geleitet wurde. Nach kurzer Rast fuhren der Kaiser und der Kronprinz nach dem neuen Palais, um die Kaiserin zu begrüßen. Nach eingenommenem Frühstück fuhr die Kaiserin mit der Herzogin Friedrich Ferdinand, der Prinzessin Heinrich und dem Kronprinzen von Italien nach dem Bornstedter Felde, wo der fürstliche Gast zu Pferde stieg. Der Kaiser, umgeben von glänzender Suite, erwartete an der Spitze der 2. Garde=Kavallerie=Brigade die Herrschaften. Nach dem Abreiten der Fronten folgte die Besichtigung der Truppen, wobei der Kaiser die Uebungen selbst mitritt. Hierauf war Feuergefecht mit dem zweiten und dritten Bataillon des ersten Garderegiments, sodann Parademarsch der Eskadronskolonnen im Trabe. Der Kaiser und der Kronprinz ritten an der Spitze des ersten Garde=Ulanenregiments nach der Kaserne zurück, wo sie ein zweites Frühstück einnahmen. In der Kaserne des 1. Ulanen=Regimentes fand am Mittag eine Tafel statt, welcher der Kaiser und der Kronprinz von Italien beiwohnten. Der Monarch bemerkte, er lege Werth darauf, daß der Kronprinz, der Sohn seines hohen Verbündeten, bei dem Regimente sei, denn während des Exerzierens am Vormittage habe der Kronprinz kundgegeben, wie sehr er sich für das Regiment interessiere.
Es bestätigt sich, daß Fürst Bismarck in 14 Tagen nach England reisen wird. Diese Reise, auf der ihn seine Gemahlin begleiten wird, soll in der That vorwiegend, wenn nicht ausschließlich einem Familienzweck dienen. Graf Herbert Bismarck, der soeben in sein 41. Lebensjahr eingetreten ist, hat sich nämlich endlich entschlossen, einen Herzenswunsch seiner Eltern zu erfüllen und sich einen eigenen Hausstand zu gründen. Die Erwählte seines Herzens ist eine sehr reiche englische Erbin, die jung und ungewöhnlich schön ist. Als sie im letzten Winter der Königin von England vorgestellt wurde, erregte sie bei Hofe durch ihre liebliche Erscheinung allgemeines Aufsehen. Für den gewaltigen Reichthum der Dame spricht u. a. die Thatsache, daß die in ihrer Familie sich vererbenden Schmucksachen in unechter Fachbildung auf der Wiener Weltausstellung ausgestellt waren und dort bei allen Beschauern, namentlich aber bei Kennern, die größte Bewunderung erregten. Fürst Bismarck will zuvor die künftige Schwiegertochter und deren Angehörige kennen lernen, ehe er seinem Aeltesten zu dieser Verbindung seinen Segen giebt.
Die Militär=Kommission des Reichstags hat am Freitag ihre Berathungen wieder aufgenommen. Obschon offenbar die Haltung vieler Mitglieder durch den Eindruck der in der letzten Kommissionssitzung dargelegten Zukunftspläne in einer für die gegenwärtige Vorlage nicht günstigen Art beeinflußt worden ist, so erscheint nach den Aeußerungen von Centrumsabgeordneten auch jetzt nicht zweifelhaft, daß diese Vorlage von einer Majorität des Reichstags angenommen wird. Was die Zukunftspläne anbetrifft, so hat Herr v. Benningsen mit Nachdruck betont, daß eine weitergehende Verwirklichung der allgemeinen Wehrpflicht durch beträchtliche Erhöhung der Rekruten=Einstellung Erleichterung in anderer militärischer Beziehung, besonders hinsichtlich der Dienstzeit bedingt. In der am Sonnabend abgehaltenen Sitzung hat Schatzsekretär v. Maltzahn die Steigerung der Reichsausgaben durch die vorliegenden Nachtragsetats auf 60 Millionen Mark jährlich geschätzt, ungerechnet die noch ungenannten Zahlen der Heeres=Zukunftspläne. Der Schatzsekretär führte aus, daß deshalb eine Herabsetzung der Kornzölle unmöglich, vielmehr eine Vermehrung der Steuern im Reich und in den Einzelstaaten nothwendig sei.
Der Bundesrath hat beschlossen, das Nationaldenkmal des Kaisers Wilhelm I. auf dem Platz der bisherigen Schloßfreiheit in Gestalt eines Reiterstandbildes zu errichten und über den Denkmalsentwurf einen engeren Wettbewerb auszuschreiben.
Der friedliche Eindruck, welchen die Rede des Kaisers Franz Josef bei Eröffnung der Delegationen hervorgerufen hat, ist durch die Darlegung, die Graf Kalnoky vor dem Ausschuß der österreichischen Delegation über die allgemeine politische Lage gegeben hat, noch wesentlich verstärkt worden. Der Minister erklärte, die Beziehungen Oesterreichs zu seinen Verbündeten seien noch nie so befestigt, klar und offen gewesen, wie jetzt. Dies sei besonders der kraftvollen Persönlichkeit des deutschen Kaisers zu danken, deren Einfluß so groß sei, daß selbst ein so bedeutungsvolles Ereigniß, wie der Rücktritt des Fürsten Bismarck, keine Störung hervorgerufen habe.
Der junge Herzog von Orleans hat sich durch seinen Mißerfolg bei seinem persönlichen Erscheinen in der Heimath nicht entmuthigen lassen. Nachdem er die Grenzen Frankreichs wieder überschritten hat und seine "Operationen" aus der Ferne fortsetzen muß, schlägt er einen andern Ton an, der in dem Gemüth eines Franzosen wohl schwerlich jemals ohne Resonanz geblieben ist. Der "Gaulois," das orleanistische Leiborgan, entwirft eine rührende Schilderung von den Eindrücken, die der junge Prinz beim Passiren der Reichslande empfangen hat: Es ertönt der deutscheRuf: "Straßburg!" Der Prinz schweigt. Tiefbewegt füllen wir unsere Gläser (natürlich mit französischem Wein), heben sie empor und sagen: "Auf das Wohl des ersten Rekruten Frankreichs mit Ihrem Vater, der erste unter den Verbannten! Möge die Gerechtigkeit bald siegen, um denen ein Vaterland zu geben, die heimathslos sind. Wir trinken auf Ihre Heimkehr!" "Gott gebe es und bald," antwortete der Prinz. Er drückte uns gerührt die Hand und sagte mit seiner Stimme, die bis ins innersteHerz dringt: "Ich danke Ihnen, liebe Freunde, aber ich will trachten, im Schlafe zu vergessen." Besser hat es der Meister politischer Schauspielkunst, Napoleon III., auch nicht verstanden. Es fragt sich nur, ob das Haus Orleans ebensoviel Glück hat.
Der Reichskommissar Major Wißmann, der sich auf der Rückreise nach Europa befindet, ist am Montag in Begleitung Dr. Bumiller und einem Verwandten des Sultans von Sansibar, der Geschenke des Sultans für den Kaiser Wilhelm überbringt, in Suez eingetroffen und nach Kairo weitergereist.


- Schönberg. Die Rieps=Kronskamper Genossenschaftsmeierei konnte ihren Mitgliedern pro Monat Mai nach Abzug der Betriebskosten und Rückgabe der Molken= und Buttermilch das Liter Vollmilch mit 7 5/10 Pfg. bezahlen.
- Schönberg. Die Sonnenfinsterniß, welche am 17. d. M. sich ereignet, ist für uns sichtbar: Anfang 9 Uhr 16 Min., Ende 11 Uhr 38 Min.
- In Güstrow begann am 10. Juni, Vormittags 9 Uhr, die Verhandlung wider den des Mordes angeklagten Bergmann Wilhelm Unkenstein aus Zerbst. Der Angeklagte ist beschuldigt, am 19. April v. J. zwei von seinen Kindern, einen 10jährigen Knaben und ein 8jähriges Mädchen, durch Ertränken in der Elbe unweit Vierhaus, sowie am 20. April seine Ehefrau in den Tannen dicht bei Lübtheen

[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 6]

mittelst eines Raseneisensteines vorsätzlich und mit Ueberlegung getödtet zu haben. Der Angeklagte, 36 Jahre alt und zweimal wegen Diebstahls vorbestraft, hat sich mit seiner verstorbenen Frau im Jahre 1878 verheirathet. Von seinen mit seiner Ehefrau gezeugten Kindern lebt ihm jetzt noch ein siebenjähriges Mädchen. Derselbe, eine mittelgroße Persönlichkeit, gab auf alle an ihn gerichtete Fragen ruhige und deutliche Antworten und bekannte, daß er des ihm zur Last gelegten Mordes gegen seine Kinder nicht schuldig sei, desgleichen bestritt er, an seiner Ehefrau einen Mord verübt zu haben. Er habe in großer Erregung nur seine Frau züchtigen wollen. Die Züchtigung aber sei so hart gewesen, daß sie daran verstorben sei. Das Verhör mit dem Angeklagten dauerte Vormittags bis 11 1/2 Uhr, hierauf begann die Vernehmung der 34 geladenen Zeugen. - Am 11. Juni sprachen die Geschworenen den Bergmann Unkenstein des Mordes schuldig, und wurde derselbe sodann vom Gericht zum Tode verurtheilt.
- Vom 2. bis 3. Juli findet in Schwerin der vierzehnte deutsche Fleischer=Verbandstag statt. Zum ersten Male ist mit diesem Verbandstage ein Börsentag für An= und Verkauf von Dauer=Fleischwaaren aller Art verbunden.
- Kreuzotter und Storch. In einer Versammlung des Thierschutzvereins zu Schwerin i/M. wurde vor kurzem die Frage in Erwähnung gezogen, in welchen Thatsachen die starke Vermehrung der Kreuzotter in deutschen Landen begründet sein möge. Die Ursache dieser Vermehrung ward zum Theil in dem Bestreben, den Storch als Feind der Niederjagd zu tödten, erkannt. Thatsache ist, daß die Störche schon seit einer langen Reihe von Jahren sehr erheblich an Zahl abgenommen haben, während gleichzeitig die Kreuzottern sich in den letzten Jahren stark vermehrten. Uebrigens ist die Abnahme der Störche nicht nur der Verfolgung derselben im Inlande, sondern zweifellos noch anderen Ursachen, namentlich solchen, die ihnen auf .ihren Wanderungen Verderben bringen, zuzuschreiben. Aus vielen Orten des Landes, wo die Störche früher zahlreich nisteten, sind sie völlig verschwunden, in anderen Orten kommen sie nur noch ganz vereinzelt vor.
- Ein weiblicher Mäusebussard, dieser mit Recht allgemein gefürchtete Feind der jungen Hühner, Enten und Gänse, brütet, so berichtet das "M. T.", in seinem Käfig auf dem Städtischen Forsthofe zu Malchin mit großem Eifer auf vier Eiern des Haushuhns, die man ihm unterlegte, um seine Brutlust zu befriedigen, während man die von ihm gelegten unbefruchteten Eier seinem Neste entnahm. Bereits vor zwei Jahren machte man denselben Versuch, und damals gelang es dem Raubvogel, drei Küken auszubrüten, welche derselbe sehr liebevoll behandelte, bis sie nach einigen Tagen dem Käfig entschlüpften und sich einer Henne mit Brut anschlossen. Seit der Zeit hat der Vogel viel von seiner wilden Natur verloren; er duldet es jetzt ruhig, wenn im Winter kleinere Vögel in seinen Käfig kommen und von seinem Futter fressen, während er sich früher mit wahrer Mordgier auf dieselben stürzte.
- Am Freitag wurden durch den Fleischbeschauer Uhrmacher Peters in Stargard eingekapselte Trichinen in einem frisch geschlachteten Schweine vorgefunden.
- Eine äußerst wichtige grundsätzliche Frage wurde in betreff der Arbeiterausstände in Hamburg vorläufig entschieden. Die dortigen Armenpfleger sind nämlich angewiesen worden, ausständischen Arbeitern keine Unterstützung mehr zu verabfolgen, und der Polizei anzuzeigen. Sobald Familien durch die Arbeitseinstellung ihres Ernährers in Noth gerathen, damit gegen dieselben polizeilich eingeschritten werden kann. Die gesetzliche Grundlage hierfür bietet § 361, Nr. 5, des Reichsstrafgesetzbuches, welcher lautet: "Wer sich dem Müßiggang dergestalt hingiebt, daß er in einen Zustand geräth, in welchem zu seinem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, durch Vermittelung der Berhörde fremde Hilfe in Anspruch genommen werden muß, wird mit Haft bestraft.
- Ein der Hamburger Rhederei Simaks gehöriger, mit Petroleum beladener großer Dampfer, der nach Hamburg gehen sollte, wurde am Sonnabend vom Feuer größtentheils zerstört. Der Schaden ist enorm.
- Der seit dem 1. Mai in Hamburg entbrannte Strike der Kahnführer (Lighterman) ist nunmehr als zu Gunsten der Arbeitgeber beendet zu betrachten. Seit dem 2. Juni ersuchen die strikenden Kahnführer einzeln um Wiedereinstellung in die Arbeit, welche denselben gegen Austritt aus dem Fachverein zu den bisherigen Lohnsätzen bewilligt wird, soweit die Stellen nicht besetzt sind. Der Fachverein ist als gesprengt zu betrachten. Der neue Zuzug von auswärts, ca. 1200 Leute zählend und ca. 800 Ewerführer, die gestrikt hatten, ist eingestellt, ca. 1500 der Striketheilnehmer können vorläufig keine Anstellung finden. Täglich verurtheilen die Hamburger Gerichte Arbeiter wegen Nöthigung, Mißhandlung und Bedrohung. In Untersuchungshaft sind 76 Personen wegen Betheiligung an Unruhen und ähnliches. Die Anklage gegen die Kassierer der Strikekassen der Maler und Ewerführer lautet auf Verleitung zur Nötigung.
- Es ist wohl nicht allgemein bekannt, daß der Titel Herzog von Lauenburg, welcher dem Fürsten Bismarck bei Niederlegung seines Amtes als Reichskanzler vom Kaiser verliehen wurde, einst von den englischen Königen geführt worden ist. Georg I. erbte ihn von seinem Oheim und Schwiegervater, dem letzten Herzog von Celle und überließ ihn seinen Nachfolgern. Im Jahre 1815 aber verlieh Georg III. diesen Titel Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Später kam das Gebiet und der Titel an Dänemark, dessen Könige ihn bis zum Jahre 1865 führten. Als dieses Land nach dem schleswig=holsteinischen Kriege wieder an Preußen fiel, ward der Titel Herzog von Lauenburg von den Königen Preußens geführt. Nebenbei bemerkt hat ein passenderer Titel kaum ausgewählt werden können, denn die Güter des Fürsten Bismarck, so Friedrichsruh, liegen zum großem Theile im Lauenburgischen.
- Das Fechten der Cavallerie vom Pferde aus wird im deutschen Heere mit besonderem Eifer betrieben. Man ist bestrebt, den Ruf der deutschen Hiebe, die Uhland in einem seiner volkstümlichsten Gedichte so treffend "Schwabenstreiche" nennt, aufrecht zu erhalten. Der Prinzregent Luitpold hat daher in der bayrischen Armee eine Verfügung getroffen, die so allgemeinem Beifalle begegnete, daß sie wahrscheinlich auch in anderen Armeen des deutschen Reiches Nachahmung finden wird. Cavalleristen (Mannschaften und Unterofficiere), welche im Säbelfechten eine besondere Fertigkeit erlangen, erhalten als Auszeichnung blauweiße Speeren am rechten Oberärmel des Waffenrocks. Hat ein Unterofficier anläßlich wiederholter Auszeichnungen im Säbelfechten drei solcher Aermelstreifen aus Baumwolle erworben, so erhält er bei weiteren Auszeichnungen Aermelstreifen aus Silbernen Tressen bis zur Anzahl von drei Speeren. Bei den Fußtruppen gelten ähnliche Abzeichen als Schützen=, bei der Artillerie als Schießauszeichnung.
- Zur ersten allgemeinen deutschen Pferde=Ausstellung, die unter dem Protektorat des Prinzen Friedrich Leopold vom 12. bis 22. Juni in Berlin abgehalten werden wird, sendet aus Bayern das kgl. Landgestüt 7 Hengste und der Verein zur Förderung der Pferdezucht in Bayern 43 Zuchtpferde. Am Montag sind dieselben von München aus nach Berlin gebracht worden.
- Eine nur einmalige schwere Ehrenkränkung der Ehefrau giebt für sich allein nach einem Urtheil des Reichsgerichts der Ehefrau keinen rechtmäßigen Grund zur Entfernung von dem beleidigenden Ehemann.
- Meißener Porzellan. Die im Jahre 1710 als erste derartige Fabrik in Europa errichtete königliche Porzellan=Manufaktur zu Meißen hat im vorigen Jahr mit 1 911 744 Mk. den höchsten Jahresumsatz seit ihrem Bestehen erzielt. Zehn Jahre nach Errichtung der Manufaktur bezw. ein Jahr nach dem Tod des Erfinders des Porzellans und des ersten Leiters der Fabrik, Johann Friedrich Böttger, bezifferte sich der Jahresumsatz auf 9694

[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 7]

Thaler, doch dann stieg derselbe rasch und bedeutend und erreichte im Jahr 1746 mit 222 560 Thaler die höchste Ziffer im vorigen Jahrhundert. Hierauf sanken die Einnahmen wieder, in der sogenannten Marcolini=Zeit (Marke: die Kurschwerter mit Sternchen darunter, 1796 bis 1819) auf 24 378 Thaler (im Kriegsjahr 1813), hoben sich indes alsbald aufs neue derart, daß sie bereits 1815 die Summe von 140 561 Thaler aufwiesen. Später war die politische Bewegung der Jahre 1848 und 1849 von besonders nachtheiligem Einfluß, und erst mit dem Jahr 1867 begann ein neuer Aufschwung, dessen Höhepunkt bis jetzt im Jahre 1889, dem Jahr des Wettiner Jubiläums, mit der obengenannten Ziffer erreicht ward.
- In Wesel weilt jetzt der größte Flügelmann des deutschen Heeres, ein Riese von 2,06 Meter Länge, zu einer achtwöchigen Uebung. Für diesen Soldaten mußte natürlich eine besondere Uniform angefertigt werden.
- In Weckelsdorf i. Schles. starb der 83jährige Musiker und Echobläser der Felsenstadt, Wenzel Allin, ein Verwandter und intimster Jugendgespiele des vor 4 Jahren in Dresden verstorbenen berühmten Sängers Tischatschek. Von "Vater Allin" ist zu erwähnen, daß derselbe über 40 Jahre als Echobläser in der Weckelsdorfer Felsenpartie thätig war, wobei er das Schöne Lied "Von der Alpe tönt das Horn" von Proch nach beiläufiger Schätzung an 40 000 Mal aus seinem Instrument geblasen haben durfte.
- Ein neuer Briefumschlag. Das "Mühlhauser Tageblatt" berichtet, leider ohne den Erfinder zu nennen, über einen neuen Briefumschlag, welcher jedes Verletzen des Briefgeheimnisses durch unbefugtes Oeffnen verräth. Die Schlußklappe ist am Rande in der Weise durchlöchert, wie die Briefmarken, während die Seitenklappen an der Stelle, wo der gelochte Rand zu liegen kommt, wenn der Briefumschlag geschlossen wird, einen Streifen in Wasser löslicher Farbe aufweisen, so daß die Farbe durch die Lochung der Verschlußklappe hindurchscheint. Versucht man nun den Umschlag z. B. mittels eines Falzbeins zu öffnen, so zerreißt der gelochte Rand unbedingt; versucht man es dagegen mit Anfeuchten des Umschlags mit Wasser oder Wasserdampf, so verwischt sich der Farbenaufdruck. Die geplante Verletzung des Briefgeheimnisses kommt also in beiden Fällen an den Tag. Der Gummiverschluß unserer Briefumschläge ist in Folge der Billigkeit derselben so schlecht geworden, daß von einem Briefverschluß kaum noch die Rede sein kann. Willkommen ist daher jede Erfindung, die hierin Wandel schafft.
- In einem Dorfe bei Auerbach wettete ein schalkhafter Bauersmann am Biertiche, daß er, "un noch eener" eine Tonne Einfachbier in 10 Minuten austrinken wollten. Die Wette wurde angenommen, der Bauer ging fort und holte den "eenen," und in 4 Minuten schon war die Tonne leer. Wer war nun der "eener?" Sein großer Zugochse, den er von früh auf an Bier gewöhnt hatte.
- Alte unverbesserliche Sünder sind 2 Greise im Alter von 89 und 82 Jahren in Mergentheim (Württemberg), die dieser Tage wegen Wilderns vor Gericht gestanden haben und zu Gefängnißstrafen verurtheilt worden sind.
- Die Aera des rauchlosen Pulvers scheint nun auch den ehrwürdigen Trompeter=Schimmel verschwinden zu lassen. Seit vielen Jahrzehnten wurden die Trompeterkorps der bayerischen Kavallerie mit Schimmeln beritten gemacht. Jetzt aber hat das Trompeterkorps des ersten schweren Reiter=Regiments zum ersten Mal Braune erhalten, und wie man hört, sollen die anderen Regimenter diesem Beispiel bald folgen.
- Dem letzten Sonntag mußte man besonders scharf auf die Finger sehen in Bezug auf das Wetter, denn eine alte Bauernregel sagt: Was Medardus für Wetter hält, solch Wetter auch in die Ernte fällt.
- Im Hotel de Londre zu Monte Carlo endeten kürzlich zwei an der Spielbank ruinirte englische Edelleute ihr Leben durch Selbstmord.
- Von den Banditen losgekauft. Man meldet aus Rom: Nach Depeschen aus Palermo haben die Banditen den von ihnen gefangen genommenen Bankier aus Trajani, Filippo Arrigo, gegen Erlegung eines Lösegelds von 250 000 Lire wieder freigegeben. Die Behörden haben selbst gerathen, sich mit den Banditen zu verständigen, da das Lebens des Gefangenen in Gefahr war.
- In der Karpathengegend hat es geschneit, die Berge sind mit Schnee bedeckt, es herrschte dort ringsum, wie aus dem Kurort Zakopane gemeldet wird, winterliche Kälte.
- In Newyork herrscht große Hitze, welche durch Wassermangel noch fühlbarer wird. Das Hauptreservoir sinkt täglich 2 Zoll und nur wenige Häuser werden über dem ersten Stock mit Wasser versorgt. Eine neue Wasserleitung kann vor dem 10. Juli nicht fertig werden.
- Ein Duell zu Pferde hat unweit Memphis in Nordamerika zwischen Thomas Herbert und James Boyd, zwei wohlhabenden jungen Männern, stattgefunden. Der Kampf dehnte sich über eine Entfernung von etwa zwei englischen Meilen aus. Die Pferde wurden geschickt gehandhabt in vollem Galopp, während deren Reiter Schuß um Schuß aus Pistolen von großem Kaliber wechselten. Nachdem beide Kämpfer wiederholt verwundet worden, fiel Herbert leblos von seinem Pferd, wenige Augenblicke, bevor Boyd aus Blutverlust in Ohnmacht fiel. Boyd wird wahrscheinlich am Leben bleiben.
- Goldene Lebensregeln für den Landwirth.
Führe ein Tagebuch. Den Thieren gieb regelmäßig Salz. Bleibe in Deinem Berufe. Unkräuter sind Räuber. Durch Vertreter wirst Du niemals mit Erfolg wirthschaften. Deine Wohnung sei gut und bequem. Lies gute Zeitungen und Bücher. Pflanze in jedem Jahr einige Bäume. Unterschreibe für niemand einen Wechsel. Halte alles in seiner Stelle. Sorge für Düngung, damit Deine Felder nicht aushungern. Nicht nur die Quantität, auch die Qualität ist ebenso wichtig. Die Farben sind billiger als neue Bretter. Halte einen Garten beim Hause. Benutze nur guten und ausgesuchten Samen. Verrichte Deine Arbeiten sobald wie thunlich, d. h. verzögere nichts. Wenn Du für Dein Heu keinen Schuppen hast, so wird Dein Geldbeutel löcherig. Noch kein Landwirth hat darüber geklagt, daß er sein Feld gut kultiviert hat. Gieb der Butter eine gute Farbe, ehe sie aus der Kuh kommt, d. h. füttere sie mit Klee und anderen entsprechenden Futtermitteln. Vertheile nicht nur den Dünger sogleich auf dem Felde, sondern gieb acht, daß er auch gut bedeckt untergebracht werde. Dein landwirthschaftlichen Geräthe halte stets unter Dach. Rost und Fäulnis schaden Deinen Geräthen mehr, als der Gebrauch derselben. Arbeite mit offenem Kopfe. Freier Kopf und feste Hand machen die Landwirthschaft erträglich. Reinlichkeit ist die Hauptsache; sorge für reine Geräthe, reine Winkel, reine Thiere, reines Feld, reine Obstgärten, reine Samen, reine Luft, reinen Hof, reinen Stall, reinen Schuppen, reine Freß= und Tranktröge, reines Lager und reines Gewissen. - Die Vortheile der Beachtung dieser Regeln werdet Ihr bald spüren.


Schwer gebüßt.
Eine Erzählung von Filipp Moreno.
                                                    Fortsetzung.                                                    (Nachdruck verboten.)

[ => Original lesen: 1890 Nr. 45 Seite 8]

Schwer gebüßt.
Eine Erzählung von Filipp Moreno.
[Fortsetzung.]


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