No. 16
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 22. Februar
1889
neunundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1889 Nr. 16 Seite 1]

Bekanntmachung
wegen Ausreichung neuer Zinsscheine zu den Schuldverschreibungen der Reichsanleihen vom Jahre 1877 und 1881.
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Die Zinsscheine Reihe IV Nr. 1 bis 8 zu den Schuldverschreibungen der deutschen Reichsanleihe von 1877 und Reihe III Nr. 1 bis 8 zu den Schuldverschreibungen der deutschen Reichsanleihe von 1881 über die Zinsen für die vier Jahre vom 1. April 1889 bis 31. März 1893 nebst den Anweisungen zur Abhebung der folgenden Reihe werden von der Königlich preußischen Kontrolle der Staatspapiere hierselbst, Oranienstraße 92/94 unten links, vom 4. März d. J. ab, Vormittags von 9 bis 1 Uhr, mit Ausnahme der Sonn= und Festtage und der letzten drei Geschäftstage jedes Monats, ausgereicht werden.
Die Zinsscheine können bei der Kontrolle selbst in Empfang genommen oder durch die Reichsbankhauptstellen und Reichsbankstellen, sowie durch diejenigen Kaiserlichen Oberpostkassen, an deren Sitz sich eine solche Bankanstalt nicht befindet, bezogen werden.
Wer die Empfangnahme bei der Kontrolle selbst wünscht, hat derselben persönlich oder durch einen Beauftragten die zur Abhebung der neuen Reihe berechtigenden Zinsscheinanweisungen für jede Anleihe mit einem besonderen Verzeichnis zu übergeben, zu welchem Formulare ebenda unentgeltlich zu haben sind. Genügt dem Einreicher der Zinsscheinanweisungen eine numerirte Marke als Empfangsbescheinigung, so ist das Verzeichniß einfach, wünscht er eine ausdrückliche Bescheinigung, so ist es doppelt vorzulegen. In letzterem Falle erhält der Einreicher das eine Exemplar, mit einer Empfangsbescheinigung versehen, sofort zurück. Die Marke oder Empfangsbescheinigung ist bei der Ausreichung der neuen Zinsscheine zurückzugeben.
In Schriftwechsel kann die Kontrolle der Staatspapiere sich mit den Inhabern der Zinsscheinanweisungen nicht einlassen.
Wer die Zinsscheine durch eine der obengenannten Bankanstalten oder Oberpostkassen beziehen will, hat derselben die Anweisungen für jede Anleihe mit einem doppelten Verzeichniß einzureichen. Das eine Verzeichniß wird, mit einer Empfangsbescheinigung versehen, sogleich zurückgegeben und ist bei Aushändigung der Zinsscheine wieder abzuliefern. Formulare zu diesen Verzeichnissen sind bei den gedachten Ausreichungsstellen unentgeltlich zu haben.
Der Einreichung der Schuldverschreibungen bedarf es zur Erlangung der neuen Zinsscheine nur dann, wenn die Zinsscheinanweisungen abhanden gekommen sind; in diesem Falle sind die Schuldverschreibungen an die Kontrolle der Staatspapiere oder an eine der genannten Bankanstalten und Oberpostkassen mittelst besonderer Eingabe einzureichen.
Schließlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß die nächsten Zinsscheinreihen zu den Schuldverschreibungen der deutschen Reichsanleihen von 1877 und 1881 die Zinsscheine für die zehn Jahre vom 1. April 1893 bis 31. März 1903 umfassen werden und daß die mit den Zinsscheinreihen IV bezw. III ausgegebenen Anweisungen eine dementsprechende Fassung erhalten haben.
Berlin, den 4. Februar 1889.

Reichsschuldenverwaltung.
Sydow.


Die Begegnung zwischen dem Czaren und Kaiser Wilhelm wird im Juni in Kiel stattfinden. Der russische Kaiser wird dorthin mit seiner Gemahlin und dem Thronfolger mit einem starken Kriegsgeschwader kommen. Vorher wird der Kaiser wahrscheinlich der Königin von England einen Besuch abstatten.
Der langjährige mecklenburgische Gesandte und Bundesrathsbevollmächtigte in Berlin, v. Prollius, ist am Freitag dort gestorben. Der Reichsanzeiger widmet ihm folgenden ehrenvollen Nachruf:
Die Regierung S. M. des Kaisers und Königs beklagt den Heimgang dieses bewährten Staatsmannes aufrichtig, der sich während seiner langjährigen Wirksamkeit hieselbst stets die Erhaltung bundesfreundlicher Beziehungen angelegen hat sein lassen, und sich allgemeiner Liebe und Achtung erfreut hat.
Die Abschiedsaudienz, welche der Kaiser dem

[ => Original lesen: 1889 Nr. 16 Seite 2]

marokkanischen Botschafter ertheilte, verlief in einfacher Weise. Das Arbeitszimmer des Monarchen war der Schauplatz des Empfanges; aber es fehlten die zahlreichen Würdenträger von Hof, Militär und Staat, welche der Antritts=Audienz einen besonderen Glanz verliehen hatten. Zugegen war nur der Staatssekretär Graf Bismarck. Der Botschafter erhielt vom Kaiser als Andenken eine äußerst werthvolle goldene Dose mit der Chiffre des Monarchen in Diamanten; eine Büchsflinte, eine Taschenuhr und eine Dose erhielten die Sekretäre und der Dragoman des Botschafters.
Der außerordentliche Abgesandte des Sultans von Marrokko ist am Sonntag abend von Berlin in Essen zur Besichtigung des Kruppschen Etablissements angekommen. Von Essen wird über Genua direkt die Rückreise nach Marokko angetreten.
Die Matrikularbeiträge für 1889/90 beziffern sich, wie jetzt nach der dritten Lesung des Etats festgestellt ist, auf 218 748 000 Mk. d. h. auf 627 000 Mk. weniger als für das Vorjahr. Davon kommen auf Preußen 128 588 000 Mk., auf Bayern 28 208 000 Mk., auf Sachsen 14 443 000 Mk, auf Würtemberg 19 309 000 Mk., auf Baden 7 396 000 Mk., auf Hessen 4 344 756 Mk., auf Mecklenburg=Schwerin 2 611 000 Mk., auf Sachsen=Weimar 1 425 000 Mk., auf Oldenburg l 550 000 Mk., auf Braunschweig 1 691 000 Mk., auf Anhalt 1 125 865 Mk., auf Hamburg 2 354 000 Mk., auf Elsaß=Lothringen 8 122 000 Mk. Alle übrigen Staaten bleiben mit ihren Beiträgen unter einer Millionen Mark. Am wenigsten zahlt Schaumburg=Lippe, nämlich 168 000 Mark.
Der Reichsanzeiger veröffentlicht ein von sämtlichen deutschen Bundesregierungen angenommenes Uebereinkommen, betreffend die gegenseitige Anerkennung der von den Gymnasien und Realgymnasien (Realschulen 1. Ordnung) ausgestellten Reifezeugnisse.
Das Herrenhaus nahm am Sonnabend nach der Vereidigung des Grafen Waldersee die Erhöhung der Krondotation ohne Debatte an. Der Reichskanzler war anwesend und auch Herr v. Forckenbeck stimmte für die Erhöhung.
Ueber Einzelheiten der neuen Artillerievorlage wird bekannt, daß doch eine größere Zahl neuer Feld=Batterien errichtet werden soll, zu deren Bedienung Dispositionsurlauber einberufen werden sollen. Ferner sollen in der großen Mehrzahl aller Batterien die Bespannung für sechs Geschütze durchgeführt werden und bei den Armeekorps an der Grenze soll auch eine Anzahl von Munitionswagen Bespannung erhalten. Für 10 bis 12 Millionen im ganzen werden sich allerdings diese Neuerungen nicht durchführen lassen.
Das Militärwochenblatt veröffentlicht die Genehmigung des Rücktrittsgesuches des Generalarztes Dr. v. Lauer durch eine huldvolle kaiserliche Ordre und die Ernennung des Generalarztes v. Coler zum General=Stabsarzt der Armee und Chef des Sanitätskorps.
Zwischen Berlin und Wien, bezw. Pest, wo Kaiser Franz Joseph augenblicklich weilt, herrscht in der letzten Zeit ein reger Verkehr. Der Ueberbringer der Mittheilungen, die zwischen den beiden Kaiserhöfen ausgewechselt werden, ist Prinz Philipp von Coburg. Derselbe war in letzter Woche mehrere Tage in Berlin bei Hof, ist dann nach Wien und Pest zurückgekehrt, vom Kaiser Franz Joseph alsbald empfangen worden, und soll nun wieder in Berlin eingetroffen sein. Ob sich diese Besprechungen ausschließlich auf den Tod des Kronprinzen Rudolf beziehen, muß vor der Hand dahingestellt bleiben. Auch den Reichskanzler Fürsten Bismarck hat der Kaiser am Montag Mittag in längerer Audienz empfangen. Schließlich mag noch bemerkt werden, daß man in Berlin annimmt, der kürzlich am kaiserlichen Hof mit so viel Auszeichnung empfangene englische Lord Beeresford sei ebenfalls der Träger einer wichtigen politischen Mission gewesen.
Auch Erzherzog Albrecht von Oesterreich, sowie der Kriegsminister Baron Bauer und der Generalstabschef Baron Beck weilen jetzt in Pest, wo die kaiserliche Familie, wie gemeldet, sich schon seit mehreren Tagen aufhält. Es heißt es sollten in Pest in den nächsten Tagen die Berathungen über das neue noch vom Kronprinzen Rudolf s. Z. angeregte Exerzier=Reglement für Fußtruppen fortgesetzt und beendigt werden. Wahrscheinlich wird das neue deutsche Exerzier=Reglement den Oesterreichern bei dieser Arbeit als Muster dienen. General Baron Waldstätten hat in einem kürzlich im Wiener militärwissenschaftlichen Verein gehaltenen Vortrag erklärt, daß die Grundsätze des neuen deutschen Reglements für das Gefecht auf einer geläuterten Kriegserfahrung beruhen und taktisch unanfechtbar seien. Eine nicht minder günstige Beurtheilung hat das deutsche Exercier=Reglement in Pest erfahren, wo der Generalmajor Ritter von Gold in Anwesenheit der gesammten Generalität und zahlreicher Offiziere aller Waffengattungen einen Vortrag über dasselbe gehalten hat.
Wie man aus Wien meldet, wird der Vertrag zwischen der deutschen Regierung und der österreichischen Waffenfabrik=Gesellschaft wegen Lieferung von 250 000 eventuell 400 000 Repetiergewehren als perfekt angesehen. Die österreichische Regierung hat keinen Anspruch erhoben. Die Waffenfabrik=Gesellschaft glaubt, beiden Regierungen genügen zu können.
Der "Manchester Courier" bringt ein ausführliches Programm zur Vertheidigung des englischen Landes, welches ein vom Kabinett eingesetztes Comitee ausgearbeitet hat. Darnach sollen gebaut werden 22 Linienschiffe, 50 Kreuzer und viele Torpedoboote. Die Einführung der Hinterlader=Kanonen soll vor 1895 erfolgen. Die zur Ausführung des Programm nothwendigen 100 Millionen Pfund (2000 Millionen Mark) sollen durch Anleihen beschafft werden.
Ueber die gefangenen deutschen Missionare ist nun endlich Klarheit geschaffen: Bisher sind sie noch nicht frei, wohl aber ist alle Hoffnung für ihre Auslösung vorhanden. Ein Bote mit 9000 Mark an den Araberhäuptling Buschiri, in dessen Händen die Gefangenen sich befinden, ist unterwegs.


- Den Kaiserlichen Bestimmungen über die Generalstabsreisen entnehmen wir, daß solche alljährlich stattfinden und aus der großen Generalstabsreise, den Korps=Generalstabsreisen sowie den Festungsgeneralstabsreisen bestehen werden. An der ersteren nehmen unter Leitung des Chefs des Generalstabes der Armee hauptsächlich Offiziere des großen Generalstabes Theil, auch können dazu noch 2 Generale, 2 Regimentskommandeure und einzelne Generalstabsoffiziere der Kommandobehörden herangezogen werden, wie denn ferner ebenfalls 2 Intendanten sich daran betheiligen können. Die Dauer dieser Uebung wird im Allgemeinen sich auf 21 Tage erstrecken. - Die Korpsgeneralstabsreisen finden in der Regel bei 9 Armeekorps unter Leitung des Chefs des Generalstabes des betreffenden Armeekorps statt, an welchen sämmtliche Generalstabsoffiziere des Korpsbezirks, ein Intendanturbeamter, sowie Offiziere aller Waffengattungen des Armeekorps theilnehmen. Sämmtliche Theilnehmer werden durch den kommandirenden General bestimmt. Diese Reisen finden in der Regel im eigenen Korpsbezirk, beim Gardekorps innerhalb 150 km um Berlin statt und nehmen einen Zeitraum von 17 Tagen in Anspruch. In der Regel findet jährlich bei einem Armeekorps eine Festungsgeneralstabsreise statt, die unter Leitung des Generalstabschefs des Armeekorps abgehalten wird und an der die Stabsoffiziere des Generalstabes, der Fußartillerie und des Ingenieurkorps, sowie jüngere Offiziere der Pioniere und der Infanterie und ein Intendanturbeamter theilnehmen. Die Dauer dieser Reise beträgt 10 Tage. - Vorstehende Bestimmungen lassen uns mit hoher Befriedigung das rastlose Bestreben unserer unvergleichlichen Armeeleitung erkennen, das deutsche Heer im Frieden auf alle im Voraus denkbaren Möglichkeiten eines Krieges vorzubereiten nach dem Spruche: "Si vis pacen, bellum para!".
- Ein Offizier, welcher vor längerer Zeit ausgeschieden war und sich jetzt zum Wiedereintritt meldete wurde zur Erledigung seines Eintrittsgesuchs nach Berlin zum Kaiser befohlen. Dort wurde ihm der mündliche Bescheid: "Sie können wieder eintreten, aber merken Sie sich, meine Armee ist kein Taubenschlag!"

[ => Original lesen: 1889 Nr. 16 Seite 3]

Die Reise des Kaisers nach Wien und Rom im vorigen Jahre soll nach einer Mittheilung des "Westfäl. Merkur" etwa 800 000 Mark gekostet haben.
- Der größte Grundbesitzer in Preußen ist der Kaiser. Nach Professor Dr. Konrads "Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik" verfügt er in der Form von Kron= und Haus=Fideikommiß= und Schatullgütern über 83 Güter mit 88 646 Hektaren Gesammtfläche (28 365 ha Acker und Wiesen, 55 560 ha Waldfläche) mit 651 631 Mk. Grundsteuer=Reinertrag. Dazu scheint die vom Herzog von Braunschweig ererbte Herrschaft Oels noch nicht gerechnet zu sein, denn die Erben des Herzogs von Braunschweig sind mit 65 Gütern von 30 186 ha Hektaren Gesamtfläche (17 497 ha Acker und Wiesen, 21 019 ha Waldfläche) besonders in der Zusammenstellung der obengenannten Zeitschrift aufgeführt.
- Herr Rudolf Hertzog in Berlin hat aus Anlaß seines 50jährigen Geschaftsjubiläums jedem seiner Angestellten eine Dotation gegeben und zwar aufsteigend bis zur Höhe von 10 000 Mark.
In Reinbüttel (Schleswig=Holstein) wurde der 80jährige Arzt Dr. Honnemann von einem unversehens zurückgehenden Personenzug erfaßt und zu Boden geschleudert. Die Räder der Lokomotive verstümmelten den Unglücklichen in einer solch gräßlichen Weise, daß er nach wenigen Sekunden leblos auf dem Geleise lag. Der Tod des hochbetagten, hochgeachteten, aber noch rüstigen Mannes ruft allenthalben die tiefste Theilnahme hervor.
- Wie aus Czernowitz gemeldet wird, überfiel im Engpasse Tehucza bei Pojanastampi ein Rudel Wölfe den Postwagen. Der Postillon und drei Pferde wurde von den Bestien zerrissen.
- In Südrußland wurde eine Karawane von 16 Schlitten von mehreren Rudeln Wölfen überfallen und dabei 41 Personen von den nach Hunderten zählenden Bestien zerrissen.
- Wiederum sind in Petersburg mehrere lutherische Pastoren Livlands wegen confessioneller Vergehen verurtheilt worden. Es sollen noch gegen 60 weitere Klagen der Art vorliegen.
- In London war wieder einmal die Meldung eingetroffen, daß Stanley ermordet worden sei, angeblich in Mangamba. Die Abendblätter halten die Nachricht für unbegründet.


Anzeigen.

Holz=Auction Nr. 20.

Am Donnerstag, den 28. Februar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Fahrenkrug zu Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.

a. Aus den Lenschower Tannen.

35 Stück birken Stangen II. Cl.,
21 Fuder birken Wadelholz I. Cl.,
40 Rmet. kiefern Kluftholz,
14 Rmet. kiefern Knüppelholz.

b. Aus den Wahrsower Tannen.

  7 Stück kiefern Leiterbäume III. Cl.,
60 Rmet. kiefern Kluftholz,
77 Rmet. kiefern Knüppelholz.

c. Aus den Herrnburger Tannen.

20 Fuder kiefern Durchforstholz von Bohnenstangen bis Hopfenstangenstärke.
Schönberg, den 21. Februar 1889.

Der Oberförster:       
C. Hottelet.            


Holz=Auction Nr. 21.

Am Montag, den 4. März, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Michaelsen zu Selmsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden.

a. Aus den Palinger Tannen.

123 Rmet. kiefern Kluftholz,
943 Rmet. kiefern Knüppelholz.

b. Aus den Lauer Tannen.

  20 Fuder kiefern Durchforstholz von Schleetstärke.
Schönberg, den 21. Februar 1889.

Der Oberförster:       
C. Hottelet.            


Vorbereitungs-Anstalt
für die
Postgehülfen-Prüfung in Kiel.

Junge Leute von 15 bis 23 Jahren werden für obige Prüfung sicher vorbereitet. Falls das Ziel nicht erreicht wird, verpflichte ich mich, den vollen Pensions= u. Unterrichtspreis zurück zu zahlen. Bisher haben 294 meiner Schüler die Prüfung bestanden. Augenblicklich sind 255 Schüler hier. Anmeldungen für den 26. April nimmt baldigst entgegen

                                                                              J. H. F. Tiedemann.
                                                                              Kiel, Ringstraße 55.


Hemdentuche, schwarze reinwollene Cachemires, Kleiderbesätze
sowie sämmtliche Artikel zur Schneiderei empfiehlt zu billigsten Preisen                          
                                                    Hugo Heincke.


Engl. Strickwolle, Tricottaillen, Tricotkleidchen, Corsetts, Glaé- u. Stoff-Handschuhe
empfiehlt zu sehr billigen Preisen                          
                                                    Hugo Heincke.


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Hof Wahrsow.                                                     G. Hörcher.


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                                                    Schulze Lohse Törpt.


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Mädchen
nicht unter 18 Jahren in einem kinderlosen Haushalt, gegen guten Lohn, zu melden in                          
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Feinste Dabersche Eßkartoffeln
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                                                    Aug. Spehr.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 16 Seite 4]

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Neustadt in Mecklenburg. Auskunft durch den Director Jentzen.


Vorläufige Einladung.

Am Donnerstag, den 28. Februar, veranstaltet der von der Gesellschaft Gürcke her bekannte und beliebte Komiker Gustav Bils einen sogenannten gemüthlichen Abend. Wozu wir alle Freunde des Humors einladen möchten.

Näheres durch Zeitung und Programm.


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mit fein geschliffenen Gläsern

sind jetzt zu 50 Pfennig (Mecklenburg)., 75Pfennig (Mecklenburg)., 1 M., 1,25 M., 1,50 M., 2 M. und 2,50 M. wieder vorräthig, sowie

blaue und graue Schutzbrillen, Pincenez und verschiedene Industriebrillen
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


Heute und Morgen gute                                                    
Eßkartoffel
ab Bahnhof.                                                    J. H. Freitag.


In nächster Zeit lasse ich mich in                          
Ratzeburg als                          
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nieder.                                                    Conrad Deupser.


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Den geehrten Bewohnern von Selmsdorf und Umgegend die ergebenste Anzeige, daß ich mich in Selmsdorf als

Tischler

niedergelassen habe, und empfehle mich zu allen Arbeiten unter Zusicherung prompter und billiger Bedienung.

Selmsdorf.                                                     Heinrich Möller.


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Directer Verkauf nur mit Wiederverkäufern.


Statt besonderer Meldung.

Nach Gottes Rath ist unser kleiner Junge heute Morgen 6 Uhr durch einen sanften Tod von uns genommen, was wir hierdurch tiefgebeugt anzeigen.
Schönberg, den 21. Februar 1889.

Protokollführer Schnell und Frau.       


Allen, welche unsere innigst geliebte Tochter und Schwester Caroline zu ihrer letzten Ruhestätte begleiteten, und ihren Sarg so reich mit Kränzen schmückten, sagen wir für ihre herzliche Theilnahme unsern tiefgefühlten Dank.

Klocksdorf.                                                     Familie Bohn.


Kirchliche Nachrichten
Sonntag, den 24. Februar.

        Vormittagskirche: Pastor Langbein.
        Abendkirche (6 Uhr): Pastor Kaempffer.
          Amtswoche: Pastor Langbein.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,7 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,5 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 8.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 16 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 16 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 22. Februar 1889.


Zur Katastrophe von Mayerling.

Die Aufregung, welche das ebenso plötzliche wie erschütternde Ableben des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich in ganz Europa hervorgerufen hat, will sich noch immer nicht legen. Besonders in Wien, der leichtlebigen Stadt, vermag man noch immer nicht zur Ruhe zu kommen und allüberall hört man ununterbrochen die abenteuerlichsten Gerüchte über die Art des Todes des Kronprinzen und die dem Tod voraufgegangenen Vorfälle. Der Wiener Correspondent der "Frankfurter Zeitung" erklärt sich nun auf Grundlage vollkommen zuverlässiger Nachrichten für in den Stand gesetzt, ein getreues Bild von allen jenen Ereignissen geben zu können, die mit der traurigen Katastrophe von Mayerling im Zusammenhang stehen. Er Schreibt:
Kronprinz Rudolf hatte die damals 18jährige Baronesse Marie von Vetsera, als diese in die Gesellschaft eingeführt wurde, kennen gelernt und fühlte sich, wie er selbst gelegentlich zugestanden hat, von der jungen ebenso geistvollen als schönen Dame "magnetisch angezogen". Da nun Kronprinz Rudolf, obwohl er herzensgut und gefällig war, sich durch sein aufbrausendes, leicht verletzend werdendes Benehmen bei Hof gar manchen heimlichen Feind geschaffen hatte, so währte es nicht lange, bis dem Kaiser Franz Joseph die Nachricht von der Neigung des Kronprinzen, mit allerlei Randbemerkungen versehen, hinterbracht wurde. Der Kaiser ermangelte nicht, seinem Sohn ernstliche Vorstellungen zu machen, dieser erklärte jedoch damals, es sei reine Seelenfreundschaft, welche ihn mit der Baronesse verbinde. Nun scheint es, daß anfänglich wirklich nur ein eigenthümlich romantischer Zug in dem Charakter der jungen Dame es war, der den gleichfalls etwas überspannt und höchst schwärmerisch veranlagten Prinzen gefesselt hatte. Später mengte sich Erzherzog Johann, der intimste Freund des Kronprinzen Rudolf, derselbe, mit welchem zusammen der Kronprinz den Spiritisten Bastian entlarvt hat, in die Affaire. Erzherzog Johann ist ein weit realistischer angelegter Charakter, als es der Kronprinz war, und so kam es, daß er seinem Freunde wiederholt den Rath gab, die Sache auf die eine oder andere Weise vorwärts zu bringen. Auch diese Einflußnahme seitens des Erzherzogs blieb dem Kaiser nicht verborgen, es gab da eine böse Scene, in deren Folge Erzherzog Johann gänzlich in Ungnade fiel, ja sogar seines Divisionscommandos in Linz enthoben wurde. Das war ungefähr Mitte 1888. Die Maßregelung des Freundes, sowie ernste Vorwürfe, welche Kronprinzessin Stefanie gegen den Gatten erhob, waren nun auf diesen von ganz anderem Einfluß, als man erwartet hatte. Kronprinz Rudolf, der auf seine Selbständigkeit stets außerordentlich eifersüchtig war, zog sich immer mehr vom Hofe zurück und suchte immer ausschließlicher den Umgang mit der Baronesse Vetsera, so daß das Verhältniß immer öffentlicher, immer mehr Aergerniß erregend wurde. Damals war es auch, als der Kronprinz in seiner Leidenschaft einem Kavalier, dem Prinzen L., der sich gelegentlich einer Gesellschaft im Hause der Gräfin Larisch viel mit der Baronesse Marie beschäftigte, einen höchst auffallenden, allseits sehr übel vermerkten Auftritt bereitete. Um der Sache ein für allemal ein Ende zu machen, wurde seitens der Familie des Fräuleins von Betsera endlich beschlossen, die Baronesse an einen Pariser Finanzier, der sich ungeachtet der ihm wie aller Welt bekannten kronprinzlichen Neigung um die Hand der jungen Dame bewarb, zu verheirathen. Als der Kronprinz von diesem Beschluß Ende December verflossenen Jahres Kenntniß erhielt, schäumte er in namenloser Wuth auf und erklärte, daß er, ehe er das geschehen lasse, lieber auf die Thronfolge verzichten und mit der Geliebten im Ausland als Privatmann leben würde. Kaiser Franz Joseph, auf's Höchste erschreckt von diesem jähen Ausbruch der Leidenschaft, rief einen Familienrath ein, dem er die ganze Angelegenheit rückhaltlos darlegte. Wenn auch nun positive Beschlüsse nicht gefaßt worden sind, so schien es doch allen Betheiligten, als sei es dem Einfluß des Erzherzogs Karl Ludwig, des Oheims des Kronprinzen, an welchem dieser mit inniger Zuneigung hing, gelungen, Rudolf zu beruhigen und umzustimmen. Man wußte übrigens, daß der Kronprinz im höchsten Grad wankelmüthig sei und hoffte so von dem Einfluß der Zeit (Baronesse Vetsera wurde in strengster Klausur gehalten) das Beste. Inzwischen wurden im Hause Vetsera die Vorbereitungen zur Vermählung der Baronesse Marie auf's Eifrigste betrieben, ohne daß von irgend einer Seite dagegen remonstrirt worden wäre, und so wiegte man sich auch auf dieser Seite in vollster Sicherheit.
Es kam das Ende des Januar heran. Am 29. mittags verschwand Marie von Vetsera aus dem Haus. Ein Brief, welchen man in ihrem Zimmer vorfand, enthielt nichts als die lakonische Nachricht, sie sei, um allen Unannehmlichkeiten zu entgehen, "zu Verwandten" abreist. Alsbald ahnte man den Zusammenhang. Die Mutter des Fräuleins begab sich unverzüglich zum Grafen Taaffe, welcher auch als Minister des kaiserlichen Hauses fungirt, und dieser sagte sofort seine kräftigste Unterstützung in der diskreten Angelegenheit zu. Der Minister begab sich auch unverzüglich in das Palais des Erzherzogs Karl Ludwig, von welchem die günstigste Einflußnahme erwartet werden durfte und bestimmte diesen, den Kronprinzen, welcher sich einige Tage früher zur Jagd nach Mayerling begeben hatte, telegraphisch zu einem Familiendiner zu laden. Es ließ sich erwarten, daß der Kronprinz einer solchen Einladung Folge leisten werde, und inzwischen hätte man wohl Mittel und Wege gefunden, die Baronesse, falls diese sich wirklich in Mayerling befinden sollte, zur Rückkehr ins Haus der Mutter zu bewegen. Das Telegramm langte nachmittags gegen 5 Uhr in Mayerling an. Der Kammerdiener Loschek, welcher es in Empfang nahm, legte es seinem Herrn, welcher schon vor einer Stunde das Schloß verlassen hatte, auf das Nachttischchen. Es verrann Stunde um Stunde, der Kronprinz kehrte nicht wieder. Endlich brach die Nacht herein und nun begann man unruhig zu werden. Als der Kronprinz auch um 10 Uhr noch nicht zurück war, sammelte Graf Hoyos das gesammte Personal um sich und gab den Auftrag, den Wald zu durchsuchen, da dem Kronprinzen vermuthlich ein Unfall zugestoßen sei. Unter den Mitgliedern der Expedition befand sich auch der Forstaufseher Werner, welcher eine Hütte mitten im Forst bewohnt. Gegen 3 Uhr früh, man hatte den ganzen Wald resultatlos durchforscht, kam Werner in die Nähe seiner Hütte und wollte sich, da er müde und hungrig geworden war, aus derselben einen Imbiß holen. Die Thür war versperrt. Werner lugte durch die Spalten der mit Läden verschlossenen Fenster und bemerkte Licht. Ohne langes Besinnen rannte der muskulöse Mann die starke Thür ein und nun sah er schreckensstarr auf ein furchtbares Bild: Auf dem einfachen Lager des Waldhüters ruhte die Leiche der Baronesse Marie und über sie hingeworfen, durch das Eigengewicht des Körpers halb zur Erde gesunken, lag die des Kronprinzen Rudolf.
Wie von Furien gehetzt, jagte Werner ins Schloß. Der Tag graute, ehe Graf Hoyos, Loschek und der Fiaker Bratfisch, geführt von Werner, auf der Unglücksstätte anlangten. Graf Hoyos constatirte alsbald, daß sich der Kronprinz aus einem Gewehr des Forstaufsehers, einer ziemlich langen Kugelflinte, in der Weise eine Kugel in den Kopf gejagt habe, daß er das Züngel (Abzug) der Flinte in den hervorstehenden Bolzen des eisernen Bettgestells gehangen, das Gewehr beim Lauf ergriffen und, es an die Schläfe setzend, durch plötzliches Ziehen den

[ => Original lesen: 1889 Nr. 16 Seite 6]

Schuß abgefeuert hatte. Damit erklärt sich auch die eigenthümliche Gestalt des Schußkanals. Baronesse Vetsera hatte Gift, Strychnin, genommen. Die Leiche des Fräuleins ruhte auf einer Schicht von Tannenzweigen, die über das ärmliche Lager des Forsthüters gestreut waren, zu Häupten brannten zwei Lichter, deren Schein Werner durch die Spalten der Fensterläden gesehen hatte. Während Werner, Loschek und Bratfisch die Leiche ihres jungen Gebieters in das Schloß transportirten, eilte Hoyos zur Bahn, um die Nachricht von der entsetzlichen Begebenheit nach Wien zu bringen. Da der Courierzug, den Hoyos hatte benutzen können, in Baden nicht anhält, so erklärte der Graf dem Stations=Chef, er müsse halten und ihn, den Grafen, mitfahren lassen, da der Kronprinz einen Schlaganfall erlitten habe. Dies macht es erklärlich, daß die ersten Nachrichten von einem Herzschlag sprachen und daß in der ersten Verlegenheit auch von den officiellen Persönlichkeiten zu dieser Beschönigung Zuflucht genommen wurde. Natürlich wurde diese Eröffnung von Niemandem für Ernst genommen, sondern man begann zu combiniren, sprach von einer Ermordung des Kronprinzen durch den Forstaufseher Werner, der nebenbei bemerkt, unverehelicht ist, u. a. m.
Entgegen all' diesen Gerüchten, entgegen auch den Versicherungen der Münchener "Neuesten Nachrichten", kann ich Ihnen versichern, daß sich die Dinge genau so verhalten haben, wie ich Ihnen in dem Vorhergesagten beschrieben habe. Alles Andere ist mehr oder minder geschickt gemachte Combination. An jenem Punkt des ärztlichen Obduktionsprotokolls, der von den pathologischen Vorgängen im Gehirn des Kronprinzen spricht, kann nicht gezweifelt werden. Der Kronprinz stammt mütterlicherseits aus dem Hause der Wittelsbacher und war von seiner frühesten Jugend an geistig mehr, als ihm gesund war, überbürdet. Später begann er überdies Morphium zu nehmen. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß der unglückliche Fürst geistig gestört war und in diesem Zustand, der ja planmäßiges Vorgehen durchaus nicht ausschließt, gehandelt hat. Daß er mehrfach von Selbstmord, frühem Tod etc. gesprochen hat, ist authentisch. Es scheint jedoch, daß er mit dieser Idee, was ja bei Morphiumsüchtigen sehr häufig beobachtet wird, bloß gespielt habe und daß erst im letzten Moment das leichte Spiel der Gedanken zum Entschluß der düstern That herangewachsen ist. Für diese Ansicht sprechen Abschiedsbriefe, welche im Zimmer des Prinzen gefunden wurden, die aber alle ein älteres Datum tragen. Jeder halbwegs mit den Verhältnissen Vertraute wird in den vorstehenden wahrheitsgetreuen Darstellungen für Vieles die Erklärung finden, was sonst absolut unerklärlich wäre. Eine, wie es heißt, bevorstehende officielle Darstellung wird nur das Vorhergesagte vollinhaltlich bestätigen können.


Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.


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