No. 82
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 19. Oktober
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 82 Seite 1]

Der Kaiser hat am Montag Vormittag einen Spazierritt im Garten des Quirinals gemacht und später mehrere Vorträge entgegengenommen. Da der beabsichtigte Auszug nach dem Albanergebirge leider infolge des eingetretenen Regenwetters unterbleiben mußte, benutzte der Kaiser die ihm dadurch gelassene freie Zeit zur Besichtigung der Galerien und Sammlungen. Am Dienstag Morgen ist die Abreise nach Neapel zur Flottenschau erfolgt. Für den Besuch in Pompeji sind Vorbereitungen zu Ausgrabungen in Gegenwart des Kaisers getroffen worden; eine Reihe Häuser ist so weit frei gelegt, daß nur noch die letzten Spatenstiche erforderlich sind. Als der Kaiser am Sonntag zum Frühstück im Hotel der deutschen Botschaft verweilte, waren wieder große Menschenmassen vor letzterem angesammelt, welche in ihren stürmischen Kundgebungen nicht eher nachließen, als bis sich der Kaiser wiederholt auf dem Balkon gezeigt hatte. Ebenso war die Rückfahrt nach dem Quirinal von den begeisterten Zurufen der in allen Straßen Spalier bildenden Menge begleitet; auch dem Grafen Bismarck und dem Ministerpräsidenten Crispi, welche zusammen in einem Wagen fuhren, wurden Sympathiebezeugungen zu Theil. Bei der Ankunft vor dem Pantheon nahm der Kaiser den für den Sarg Viktor Emanuels bestimmten Lorbeerkranz selbst vom Wagen und trug ihn in die Kirche; bei der Niederlegung desselben waren die vor dem Grab aufgestellten Gardeveteranen behilflich. Der Kaiser und Prinz Heinrich zeichneten ihre Namen auf einem besonders für sie hergerichteten Blatt der aufliegenden Besuchsliste ein. Hieran schloß sich die Besichtigung der Kirche. Nach dem Besuch des Pantheons fuhr der Kaiser nach der Villa Corsini und später, gemeinschaftlich mit König Humbert, nach der Villa Borghese, wobei sie den Corso passierten und vom Publikum auf das Lebhafteste begrüßt wurden. Um 6 Uhr kehrten die Monarchen nach Quirinal zurück, wo der König dem Kaiser die in Rom anwesenden Generale vorstellte. Da sich am Nachmittag ein heftiges Gewitter über die Stadt entladen hatte und der Regenguß andauerte, konnte leider die beabsichtigte Beleuchtung des Forum Romanum nicht stattfinden. Außer dem Ministerpräsidenten Crispi ist auch dem italienischen Botschafter Grafen de Launay der Schwarze Adlerorden verliehen worden. Ferner wurden mehrere hohe Beamte und andere Personen, mit denen der Kaiser persönlich in Berührung gekommen ist, mit Orden ausgezeichnet. Der Empfang einer Deputation der in Neapel lebenden Deutschen ist dankend abgelehnt worden, weil der Aufenthalt daselbst zu kurz bemessen sei.
Kaiser Wilhelm hat dem König Humbert eine ausgezeichnete Federzeichnung, das Bild Friedrich III. auf dem Totenbett darstellend, zum Geschenk gemacht.
Dem Anfang der Unterredung zwischen Kaiser und Papst hat keine dritte Person beigewohnt. Der Papst war aber so vorsichtig, das Gespräch sofort nach dem Abschied des Kaisers aufzuschreiben oder seinem Geheimsekretär zu diktieren und die Schrift in dem päpstlichen Archiv niederzulegen, wo bereits viele Geheimnisse liegen. Zu seinem Bruder, dem Prinzen Heinrich hat der Kaiser gesagt: "Du kannst eine halbe Stunde später kommen und Dich im Vorzimmer unterhalten, bis der Papst und ich fertig sind." Als der Prinz kam, sagte der päpstliche Majordomus: "Königliche Hoheit geruhen zu verweilen, bis die beiden Souveräne fertig sind." Da mischte sich (nach der "Magdeb. Ztg.") Graf Herbert Bismarck ein und sagte: "Jetzt oder nie", worauf der Prinz angemeldet wurde.
Aus Rom wird gemeldet: Kaiser Wilhelm habe dem Papste versichert, er werde stets bestrebt sein, in politischen, socialen und religiösen Fragen eine conservative Politik zu befolgen. Der Papst erwiderte darauf, daß die Größe Deutschlands noch gewinnen würde, wenn die Freiheit der katholischen Kirche in Deutschland die Unabhängigkeit des Papstthums wirksam garantirt wäre. Kaiser Wilhelm entgegnete, daß er die römische Frage für gelöst halte.
Eine freundliche Ueberraschung wurde dem Kaiser Wilhelm in Rom zu Teil. Als er festlich eingeholt in der ewigen Stadt einzog, nickten ihm vom Balkon ein Herr und eine Dame vertraulich und vergnügt zu, es war seine fürstliche Schwester, die Erbprinzessin Charlotte von Meiningen und ihr hoher Gemahl, der Erbprinz von Meiningen. - Dem Papst hat der Kaiser eine kostbare mit Edelsteinen besetzte Schnupftabacksdose verehrt, deren Deckel das Bild des Kaisers trägt. Man sieht daraus, daß er nicht raucht wie andere Geistliche, aber schnupft.
Nicht ein, sondern drei Galawagen aus dem kaiserlich deutschen Marstall befinden sich zur Zeit in Rom und erwecken dort durch ihre prächtige Ausstattung allgemeine Bewunderung. Zur Bespannung gehören 10 Pferde, lauter herrliche Rappen. Acht Beamte, darunter zwei Stallmeister, begleiten den Wagenzug.
Am 16. Oktober 1/2 8 Uhr früh verkündigte eine Artilleriesalve die Abfahrt des Kaisers Wilhelm und des Königs Humbert vom Quirinal zum Bahnhof. Das Wetter ist prachtvoll. Auf dem Weg zum Bahnhof wurden die Monarchen von nicht enden wollenden Zurufen begrüßt. Die in Zwischenräumen aufgestellten Militärmusikkorps spielten die preußische Nationalhymne. Die Spitzen der Civil= und Militärbehörden waren am Bahnhof anwesend. Der Extrazug nach Neapel setzte sich um 8 Uhr 10 Min. in Bewegung.
Seine Heimreise wird Kaiser Wilhelm über München antreten. Der dortige Aufenthalt, bei welcher Gelegenheit aber auf allerhöchsten Wunsch keinerlei Empfang stattfindet, dauert ca. 2-3 Min. also gerade so lange bis eine Maschine dem Extrazuge vorgespannt ist, was aber im äußeren Bahnhofsrayon vorgenommen wird.
Kaiser Wilhelm übersendete dem Wiener Bür=

[ => Original lesen: 1888 Nr. 82 Seite 2]

germeister durch die dortige deutschen Botschaft 5000 Gulden für Arme, ferner 300 Gulden dem Polizeipräsidium.
Kaiser Wilhelm wird bei seiner Heimkehr von den städtischen Behörden Berlins begrüßt und ihm ein Huldigungsgeschenk dargebracht werden, welches in der Ausführung eines monumentalen Brunnens von Rheinhold Begas besteht. Der Magistrat hat schon die entsprechenden Anträge bei der Stadtverordnetenversammlung gestellt. - Der Kaiser wird sich nach Eintreffen in Potsdam nur wenige Tage Ruhe vergönnen. Schon am 25. Oktober folgt der Kaiser einer Einladung zur Jagd nach Blankenburg beim Prinz=Regenten von Braunschweig, und am 29. Oktober wird er in Hamburg erwartet. Ob und in welcher Weise der geplante Besuch an den norddeutschen Höfen zur Ausführung kommt, ist wohl noch weiteren Bestimmungen vorbehalten.
Der italienische Ministerpräsident Crispi sandte an den Fürsten Bismarck folgendes Telegramm: Inmitten des Enthusiasmus, mit welchem ihr erhabener Souverän, der Freund unseres Königs und das Haupt der unserem Lande verbündeten großen Nation in der Hauptstadt Italiens empfangen worden ist, wenden sich meine Gedanken bewegt an Ew. Durchlaucht. Ich wünschte, daß das Echo des Jubels, wovon Rom wiederhallt, bis zu Ihnen gelange, um Ihnen zu sagen, wie das italienische Volk Deutschland liebt und die Freundschaft dieses Landes hochschätzt, welche durch die Rathschläge Ew. Durchlaucht zu solchem Ruhme und zu solcher Größe gelangte. Möge unser Bündniß ein so herzliches und intimes bleiben zum Ruhm der beiden Völker, zum Besten des Friedens von Europa. Fürst Bismarck antwortet folgendes: "Ich danke Ew. Excellenz aus vollem Herzen, daß Sie in dem Augenblicke, wo Sie der Begegnung unserer Souveräne beiwohnten, welche den feierlichen Ausdruck der herzlichen Freundschaft der beiden großen Nationen ist, an mich gedacht haben. Das Bewußtsein, gemeinsam an der Befestigung dieser gegenseitigen Freundschaft unserer Länder gearbeitet zu haben und unser bester Wille, diese Freundschaft aufrecht zu erhalten, und immer intimer zu gestalten, bilden eine, meinem Herzen teure Verbindung inmitten der glänzendsten Feste, welche in Rom gefeiert werden, wie in dem einsamen Walde den Ew. Excellenz vor zwei Monaten mit mir zudurchwandern die Freundlichkeit hatten."
Großes Aufsehen macht in Berlin die Mittheilung der "Politischen Nachrichten," daß eine s. Z. dem Kaiser Friedrich für die geheime Korrespondenz mit den obersten Reichsbehörden zugestellte Chiffre abhanden und spurlos verschwunden ist. Zur Zeit des Todes des Kaisers soll sie noch im Sterbezimmer gewesen sein. Dabei wird von anderen Berliner Blättern (B. N. N.) an das Verschwinden einer doppelt verschlossenen Kassete erinnert, in welcher vertrauliche Berichte preußischer Militärbevollmächtigter an fremden Höfen enthalten gewesen sein sollen. Wenn das aber wahr sein sollte, welche Dinge müßten sich dann am Kranken= und Sterbebett des Kaiser abgespielt haben!
Die Mackenzie=Broschüre ist am Montag morgen in der Mittler'schen Sortiments=Buchhandlung zu Berlin polizeilich mit Beschlag belegt worden. Die Buchhandlung, welche den Vertrieb der Broschüre für Berlin übernommen, hatte die Sendung bereits am Sonntag Vormittag erhalten; bis Abends halb 10 Uhr waren 12 Personen ununterbrochen thätig gewesen, um die Sendungen für die einzelnen Besteller bereit zu machen, damit heute früh sofort die Ausgabe erfolgen konnte. Als die Beschlagnahme erfolgte, waren denn auch nach Angabe der Buchhandlung gegen 2000 Exemplare bereits ausgegeben. Der bei weitem größte Theil der Sendung wurde jedoch noch vorgefunden. Wie weiter verlautet, hat das Gericht zu Mülheim die Beschlagnahme der Mackenzie'schen Schrift wegen Majestätsbeleidigung ausgesprochen und auf Grund dieses gerichtlichen Beschlusses der Erste Staatsanwalt in Duisburg die Beschlagnahme ausführen lassen.
Ein für das deutsche wirthschaftlichen Leben hochbedeutsames Ereigniß hat sich in der Nacht von Sonntag zum Montag vollzogen, "der Zollanschluß von Hamburg und Bremen." Beide Städte sind damit in den deutschen Zollverband eingetreten. Mag dem deutschen Reiche und den beiden alten berühmten Hansastädten daraus Heil und Segen erwachsen.


- Schönberg. Zur Feier des Geburtstages Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs war hier am Mittwoch die Stadt mit Flaggen geschmückt. In den Schulen war zur Feier des Tages eine Schulfeier durch Gesang und Redeacte angeordnet. In der Realschule hielt die Festrede der Prorector Dr. Juling, über die Verhältniße des Fürstenthums Ratzeburg im Anfang dieses Jahrhunderts bis zum Ende der Freiheitskriege. Auf unsere Bitte ist uns diese Rede, die für unsere Leser von großem Interesse sein wird, freundlichst zum Abdruck für unsere Anzeigen zur Verfügung gestellt, und beginnen wir damit in der heutigen Beilage. In Spehr's Hotel versammelten sich Nachmittags Mitglieder aller Stände des Fürstenthums zu einem Mittagessen. Die Mitglieder hiesiger Vereine hatten sich gleichfalls zu Festlichkeiten vereinigt.
- Schönberg. Die Synode der Geistlichen des Fürstenthums Ratzeburg wurde am 17. Oct hier in Schönberg abgehalten und mit dem üblichen Gottesdienst am Vormittag eröffnet, in welchem Pastor Fischer=Demern die Predigt hielt. Diese Synodalversammlungen wurden sonst in dem Dome zu Ratzeburg unter Leitung des Propsten abgehalten, da dieser augenblicklich erkrankt ist, so übernahm die Leitung dieser Versammlung an seiner statt der Pastor prim. Kaempffer zu Schönberg.
- Zur Hühnerzucht. Mancher Landmann hat eine Masse Hühner, aber erhält dennoch verhältnißmäßig wenig Eier, wenn er nicht versteht, die guten Hühner von den schlechten auszusondern und bloß die ersteren zur Zucht zu behalten. Ein genauer Beobachter kann leicht ein gutes Legehuhn von einem schlechten unterscheiden. Das erste Zeichen liefert der Kamm und Bart. Je dunkler dieselben zur Zeit, wenn die Hühner Eier legen, sind, um so bessere Eierleger sind die Hühner. Mittelmäßige und schlechte Legerinnen haben mehr blaßroth gefärbte Kämme und Bärte, während ihre Ohrenscheiben schmutzig=weiß und gelblich=rosaroth sind. Unter das Hühnerfutter eine hinreichende Menge Eierschalen oder Kalk gemengt, bewirkt nicht nur ein begieriges Fressen desselben seitens der Hühner, sondern die letzteren legen auch mehr Eier als sonst. Eine gut genährte Henne ist im Stand, eine Menge Eier zu legen, jedoch kann sie dies nicht ohne das nöthige Material zur Schale, wenn ihr Futter auch sonst noch so nahrhaft ist, und muß damit ganz aufhören, wenn sie nur mit kalkfreiem Futter und Wasser ernährt wird.
- Gegen das Rosten der Gartengeräthe. Man schmilzt zu diesem Behufe drei Theile Speck mit einem Theil Harz zusammen und trägt die Mischung mit einer Bürste oder einem Lappen auf. Die feinsten, wie die gröbsten Gegenstände aus Stahl und Eisen können auf diese Weise vor Rost geschützt werden. Diese Salbe sollte deshalb immer in Bereitschaft sein. Das Verhüten des Rostes besteht darin, den Sauerstoff der Luft von den Sachen abzuhalten und dies ist durch den in Rede stehenden Fettfirniß zu erreichen.


Anzeigen.

Die geehrten Abonnenten auf die 6. Fremden-Vorstellungen der Spielzeit 1888/89 im hiesigen Großherzoglichen Hoftheater werden hierdurch aufgefordert, die bestellten Theater= und Eisenbahn=Billets in den Tagen

vom 22. bis zum 24. d. Mts.

bei den Billet=Expeditionen ihrer Eisenbahnstationen gegen Bezahlung abzuholen.
Schwerin, den 17. October 1888.

Großherzogliche Hoftheater-Intendantur.


Der in voriger Nummer dieser Zeitung annoncirte Verkauf einer Dreschmaschine findet nicht statt.

Staffeldt.        


[ => Original lesen: 1888 Nr. 82 Seite 3]

Die Schulgelderhebung

findet in den nächsten beiden Wochen, vom 22. Oktober bis 3. November, statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.

J. Wegner, Schulgelderheber.        


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.

Der Geschäftsbericht mit Bilanz und Gewinn= und Verlust=Conto für das 19. Rechnungsjahr, sowie der Revisions=Bericht etc. liegen vom 19. October d. J. ab in unserem Geschäftslokale zur gefl. Einsicht der Herren Actionäre aus.
Schönberg, den 13. October 1888.

Das Directorium.        


Am 25. d. Mt. findet bei mir ein                          
Bauernball
statt, wozu die Herren Hauswirthe ganz ergebenst eingeladen werden.                          
Rabensdorf.                                                     H. Voss.


Gänzl. Ausverkauf.
Sterbefalls halber sollen wegen vollständiger Räumung des Lagers sämmtliche
Manufactur-, Porcellan-, Glas- und Eisen-Waaren
zu bedeutend herabgesetzten Preisen verkauft werden. Ratzeburg im October 1888.                                                    
                                                    Wilhelm Harmsen.


Empfehle meine soeben neu eingetroffenen emaillirten Waaren.

Prima Qualität

als Kochtöpfe, Gemüseschüssel mit Deckel, Saucieren, Suppenterrienen mit Deckel, Bratschüssel, Theetöpfe, Waschserviece, u. s. w. auch bringe ich mein Lager von Fleischhackmaschinen, Reibmaschinen, Wurststopfmaschinen, Ofenhaken u. Ofenvorsätze für den Winterbedarf in freundliche Erinnerung.

                                                    Hochachtungsvoll u. ergebenst
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Dank und Anerkennungsschreiben S. Durchlaucht Fürst Bismarck. Prämiirt mit der Medaille in Hamburg.

Photograph Petersen aus Lübeck hält sich einige Tage in Schönberg auf.
Photographien in allen Grössen von Portraits, Gruppen, Häusern etc., Copien und Vergrösserungen, eingebrannte Photographien auf Porzellan.
Bestellungen bei J. Boye in Schönberg.


Einige Ladungen                          
guter Eßkartoffel
offeriren in nächster Zeit. Muster schon jetzt zur gefälligen Einsicht.                          
                                                    Gebr. Burchard.


Braunkohlen
und
Steinkohlen

empfange ich noch fortwährend und empfehle ab Bahnof noch zu billigen Peisen.

                                                    C. Schwedt.


Dreschmaschinen
und Kornrummeln sind jetzt wieder vorräthig bei                          
                                                    J. Oldenburg, Schönberg i/M.


Bestes Flohmen-Schmalz
à Pfund 75 Pfg.
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


Echt englischen
Seifen=Stein
a Pfd. 25 Pfg.
empfiehlt                                                    H. Brüchmann.


Noch eine Ladung                          
gelber Eßkartoffel

trifft nächste Woche ein, zu welcher ich von jetzt an Bestellungen entgegen nehme.

W. Kindt.        


Hängelampe     Lampen
in reicher Auswahl.
Kuppeln, Cylinder und Docht
in bester Qualität.
Brenner
in den besten Sorten und verschiedensten Größen hält vorräthig u. empfiehlt
W. Wieschendorf,
Klempner.


Die seit 17 Jahren aus meinem Lesezirkel sich aufgehäuften Zeitschriften möchte ich wegen Platzmangel zu jedem annehmbaren Preise verkaufen:
Illustrirte Zeitung, Ueber Land und Meer, Daheim, Gartenlaube, Romanzeitung, Grenzboten, Gegenwart, Fliegende Blätter und noch andere.

C. Sievers, Buchbinder.        


Reisabfall=Mehl,
alle Sorten Futterkorn, Kleie empfiehlt
                                                    N. Siemers,
                                                    Lübeck, Mühlenstraße 51.


H. Scheer,
Schirmmacher,

empfiehlt Regenschirme in großer Auswahl, haltbarer Waare, zu möglichst billigen Preisen.
Reperaturen führe prompt und bestens aus.


Ich bringe hiermit in Erinnerung, daß ich selbstverfertigtes Strickgarn in verschiedenen Farben und braunen, blauen und grauen Flanell, auch blaues Wollenzeug, bester Qualität, zum billigsten Preise verkaufe, auch Wolle kratze und spinne.

J. Voss, Tuchmachermeister.        


Am Montag, den 22. October, Nachmittags 3 Uhr                          
Versammlung
der Schlachterinnung.
                                                    Soltmann, Obermeister.


Gesucht z. 1. Novbr., Haus u. Stubenmädchen, Köchinnen, gesunde Ammen, besorge Plätze in Lübeck oder Hamburg gegen hohen Lohn innerhalb einigen Tagen. C. Stuht, Gesindevermiether, Lübeck, Weiterkrambuden 1 am Markt.


Gesucht zu Ostern zwei
Tagelöhner=Familien
auf Hof Torriesdorf bei Schönberg.                          


[ => Original lesen: 1888 Nr. 82 Seite 4]

Gebrüder Barg.
Kohlmarkt 5 Lübeck, Kohlmarkt 5
(ein Haus oberhalb Wilkens Gasthof) empfehlen ihr bedeutend vergrössertes und jetzt vollständig sortirtes Lager in
Tuchen, Buckskins, Paletotstoffen, herren- und Knabenanzügen und Kleiderstoffen
in der größten Auswahl und den neuesten Sachen, Neuheiten in
Besätzen, schwarze Caschmire's und Seidenzeugen,
nur erprobte gute Qualitäten.
Gardinen,
Leinen-Waaren, Bettzeuge, Bettfedern und Daunen,
Woll-& Holländische-Waaren
en-gros und en-detail.
Normal-Unterzeuge,
sowie grösste Auswahl in Winter-Jaquettes, Paletots, Regenmäntel,
für Damen und Kinder.


Am Dienstag, den 23. October                          
Concert

im Boye'schen Saale, ausgeführt von der Albrecht'schen Berg=Capelle aus Böhmen.

Anfang 7 1/2 Uhr. Entree a Person 50 Pfennig.
Nach dem Concert auf Verlangen Tanz.


Im Locale des Herrn Boye.
Am Freitag, den 19. October:
zwei grosse
Gr. Vorstellung
der Kolter Malmström'schen Künstlerspecialitäten=Gruppe ersten Ranges.
Preise der Plätze: Nummer. Platz 1,25 M. I. Platz 1 M. II. Platz 75 Pfennig (Mecklenburg)., Gallerie 30 Pfennig (Mecklenburg). Billette sind im Theaterlokale von Nachmit. 2 Uhr bis Abends 6 Uhr zu ermäßigten Preisen zu haben.
Nummer. Platz 1 M. I. Platz 75 Pfennig (Mecklenburg). II. Platz 50 Pfennig (Mecklenburg).
Zu recht zahlreichem Besuch ladet ergebenst ein

die Direktion.        


Am Mittwoch, den 24. d. M. fahre ich mit meinem Omnibus nach dem

Ratzeburger Viehmarkt.
Abfahrt von Boye 5 1/2, Neue Welt 7 Uhr Morgens.
                                                    L. Schütt.


Allen denen die meine verstorbene Tante Frau Maria Roloff geb. Nuß die letzte Ehre erwiesen und den Sarg so reichlich mit Kränzen beschenkt hatten, sage ich hiermit meinen besten Dank.
Schönberg, den 17. October 1888.

                                                    Die hinterbliebene Nichte
                                                    Catharina Schmidt.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 21. October.

        Vormittagskirche: Pastor Langbein.
        Abendkirche (6 Uhr): Pastor Kaempffer.
        Amtswoche: Pastor Langbein.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 3.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 82 Seite 6]

Beilage
zu Nr. 82 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 19. October 1888.


(Nachdruck verboten.)

Das Fürstenthum Ratzeburg im Anfange dieses Jahrhunderts bis zum Ende der Freiheitskriege.
Festrede, gehalten zur Feier des 70. Geburtstages Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs Friedrich Wilhelm
von Prorektor Dr. Juling.
17. October 1888.

Verehrte Festgenossen! Liebe Schüler!

Ein Festtag ist es, den wir heute feiern, ein Freudentag für das ganze Land, der Geburtstag unseres allerdurchlauchtigsten Großherzogs Friedrich Wilhelm. Seit 28 Jahren hält er die Zügel der Regierung in Händen, gerecht und weise, milde und gütig sorgt er unablässig für das Wohl seines Landes, allen seinen Unterthanen ein Vorbild in unermüdlichem Fleiße. Aber heute darf auch er im Kreise seiner Familie sich einen Rasttag gönnen, ist es doch gerade der 70. Geburtstag, welchen er heute festlich begeht. "Denn er feierte heute den siebzigsten frohen Geburtstag, froh des erlebeten Heils," so sang vor 100 Jahren der Dichter Voß, und so dürfen auch wir heute mit unserem verehrten Fürsten singen; ist doch unserem Großherzog noch in diesen Tagen Heil widerfahren durch die Geburt des zweiten Enkels, und dem ganzen Lande ist damit die frohe Hoffnung fester gegründet auf den weiteren Bestand seines geliebten durchlauchtigen Herrscherhauses. - Einen Geburtstag feiern wir heute! Wir dachten auch morgen einen zu feiern. Der Himmel hat es anders beschlossen. Als am 9. März in Berlin die Siegesgöttin dem scheidenden großen Kaiser, Wilhelm dem Siegreichen, der so oft durch das Brandenburger Thor mit den heimkehrenden Truppen seinen Einzug gehalten, ihr letztes : "Vale! senex imperator," zurief, als sämmtliche Fürsten Deutschlands dem Sarge folgten, da fehlte im Zuge der einzige Sohn, und von einem Fenster des Charlottenburger Schlosses aus schaute er dem Sarge des dahingeschiedenen Vaters nach, ein sterbender Kaiser. Hundert Tage nur hat er regiert, der kaiserliche Dulder, er der einst die Hoffnung Deutschlands war, der in schwerer Zeit uns die ersten Siegesnachrichten sandte, "unser Fritz", der Sieger von Weißenburg und Wörth. Bange Sorge erfüllte bei seinem Tode die Herzen aller Deutschen, ängstlich schauten wir der Zukunft entgegen. Aber bald wurde alle Trübsal von uns genommen, und wiederum waren es unsere deutschen Fürsten, welche bei der Eröffnung des Reichstages sich um unseren jugendlichen deutschen Kaiser schaarten, und damit einmüthig Zeugniß ablegten dafür, daß sie sich eins fühlen mit ihm, daß sie dem deutschen Volke die Einigkeit erhalten wollen. Wohl uns, daß wir im Frieden leben, daß wir auf seine fernere Dauer rechnen dürfen; denn der Friede ist das kostbarste Gut der Nationen, und gräßlich ist der Krieg. Wie haben hier vor zwei Jahren eine interessante Festrede gehört, in welcher uns die Lande Mecklenburg zur Zeit der Freiheitskriege geschildert wurden: versuchen wir es heute, die Leiden zu schildern, welche speciell unser kleines Fürstenthum Ratzeburg zu Anfang dieses Jahrhunderts zu ertragen gehabt hat. Es soll nicht ein bloßes Trauerbild werden, grau in grau gemalt; wir werden sehen, daß unsere Ratzeburger trotzdem und alledem den Muth nicht sinken ließen; und als das große Jahr des Freiheitskrieges kam, als ihr Fürst sie rief, da waren auch sie bereit, Gut und Blut fürs Vaterland dahinzugehen. Zu Anfang dieses Jahrhunderts hatte unser Ländchen noch seine eigene Regierung auf dem Domhofe Ratzeburg; es zerfiel nicht wie jetzt in fünf Vogteien, sondern in zwei Aemter. Dem einen Amt Schlagsdorf stand vor der Amtshauptmann Dankwarth, wohnhaft in Ratzeburg, das andere Amt wurde verwaltet vom Gerichtsrath Twachtmann, welcher im Städtlein Schönberg wohnte. Letzterer mußte in besonders schwerer Zeit wöchentlich zweimal - an den Posttagen - berichten, und in diesen Berichten machte er seinem gepreßten Herzen oft in recht ergötzlicher Weise Luft; z. B.: "Kein geringer Schreck für mich war es, als ich gestern früh um zwei Uhr mit der Nachricht aufgeweckt wurde, daß russische Kosaken auf dem Amtshofe hielten und hierselbst einquartiert zu werden verlangten. Nachdem ich nun aufs schleunigste zum Vorschein gekommen, machte mir der kommandirende Officier, ein Oberst, bekannt, daß er beordert worden sei die Grenzen des hiesigen Amtes nach Lübeck zu mit Vorposten zu besetzen." Die Lage des Fürstenthums, durch welche die Landstraßen Schwerin=Lübeck und Wismar=Hamburg, auch Lübeck=Hamburg führen, ferner die Nähe von Travemünde - wo häufig russische Schiffe anlegten - brachte es mit sich, daß es so häufig unter Durchzügen zu leiden hatte, das wird auch von der Regierung anerkannt: "Da unser Fürstenthum jetzt das Schicksal hat, mit Kaiserlich=Französischen Truppen bequartirt zu werden, so habt ihr durch zweckmäßige Thätigkeit und Einrichtung das Uebel möglichst zu vermindern. So wie ihr nun zuvörderst von dem Grundsatz auszugehen habt, daß die Bequartierung eine auf dem ganzen Lande ruhende Last sei, und daher von jedem ohne Unterschied nach Möglichkeit gleichmäßig getragen werden müsse; so habt ihr alle Arten von Prägravation (Ueberlastung) in jeder Hinsicht sorgfältig zu vermeiden." Und was hat die Regierung nicht Alles zu thun. Da soll das Dorf Poggensee im Lübeckschen 50 Mk. zu den Lasten der Mannhäger beitragen und will natürlich nicht; die Regierung wendet sich an den Lübecker Senat und der geht mit den Bauern von Poggensee sofort ins Gericht. Da kommt ein preußischer General und ersucht darum, den Palmberg beim Dom benutzen zu dürfen, es wird ihm gewährt; als er aber zwei Tage hintereinander daselbst Soldaten Spießruthen laufen läßt, geschieht sofort Anzeige, und er muß bei Herzog Karl um Entschuldigung bitten. Im Juni 1804 wird in Ratzeburg bekannt gemacht, daß auf Befehl des Generals Bernadotte der Regierungsantritt des Kaisers Napoleon durch ein feierliches Te Deum laudamus und mit allen Feierlichkeiten, avec toute pompe imaginable celebrirt werden soll; Herzog Karl verbietet aber auf geschehene Aufrage seinen Beamten ausdrücklich, an diesen Festivitäten sich zu betheiligen: es wird dann später berichtet, daß auch die Bürger der Stadt Ratzeburg sich nicht an der Illumination betheiligt hätten, nur die französischen Officiere hätten gefeiert. Später bittet der Maire von Ratzeburg die Regierung um eine Beihülfe zur Errichtung von Bürgerwachen: die Regierung bewilligt sie. Ein andermal soll in der Stadt Ratzeburg Stallung für 536 Pferde der Schweden beschafft werden. Da es Winter und die Stadt schon überfüllt ist, so wird einfach der Dom verlangt; man antwortet aber ironisch, die Domkirche sei gar nicht dazu geeignet zu Pferdeställen zu dienen, übrigens könnte bei den vielen Grabgewölben den Pferden leicht Unglück passiren. Da schreibt der Förster Salomon von Hohenmeile bei ihm sei der französische General Dupas mit Gefolge von Lübeck angekommen und habe den Wunsch geäußert, hier zu jagen, er, Salomon, sei natürlich mitgegangen; beim Wegfahren hätte der General geäußert, er werde öfter wiederkommen: was dabei zu thun sei? Antwort: wenn es dem General Vergnügen mache zu jagen, so solle er in diesem Vergnügen nicht gestört werden. Auch die französischen Truppen wollen auf dem Palmberg exerziren, Herzog Karl giebt die Erlaubniß, befiehlt aber, "den Revers so bündig und bestimmt als möglich abzufassen."
Gehn wir jetzt zu unserm Schönberg über; hier sind

[ => Original lesen: 1888 Nr. 82 Seite 6]

ewige Durchzüge. "Es war bei der Lokalité(?) in Schönberg, bei den Handwerkern, denen jede Idee von einer Lieferung fremd ist, die nur einen sehr geringen Detailverkehr gewohnt sind, die kein Fleisch und Mehl im Vorrath haben, unendlich schwer, der Aufforderung des Obersten vom Nachmittag bis zum andern Morgen zu entsprechen," berichtet Twachtmann; ein anderesmal: "Acht Tage sind es freilich nun erst, da diese Bedrückung angefangen, allein sie ist schon sehr fühlbar und besonders hier in Schönberg, was bekanntlich größtentheils aus lauter armen Einwohnern besteht. Ohnmöglich kann dieser gegenwärtige Zustand von Dauer sein, da alles niederliegt, kein Verdienst da ist und die Handwerker bei der Beschränktheit ihrer Wohnungen größtentheils nicht arbeiten können. Der Ruin von Schönberg liegt klar am Tage." (Sept. 1807). Bisweilen muß Schönberg wie ein Feldlager ausgesehen haben. Es wird z. B. ein französisches Bataillon, aus Rostock kommend, angesagt; die Truppen sollen kasernenmäßig verpflegt werden. Man legt bei Bauer Spehrs auf dem Boden ein Magazin an, Organist Creutzfeldt und Pferdehändler Kniep werden als Magazinverwalter vereidigt, Hafer liefern die Höfe, die Dörfer der Reihe nach eine Kuh (diese Kühe mögen schön ausgesehen haben, denn die aus Neschow z. B. giebt nur 150 Pfund Fleisch). Das Essen für die Truppen wird in der Stadt auf 15 Stellen gekocht von den Truppen selbst; dabei verbrauchen sie sehr viel Brennmaterial, daher muß Twachtmann wieder dafür sorgen, daß die Wirthe mit so und so viel tausend Soden Torf entschädigt werden; sieben Schildhäuser für die Wachen, drei vor den Thoren und vier in der Stadt müssen angefertigt werden. Seltsamerweise sollen die Soldaten auch Schule haben, es werden also zwei Schulstuben eingerichtet die eine im Pastorhause hat keinen Ofen, man setzt einen mitten im Winter. Auf Befehl des Kommandanten werden von hier bis Roduchelsdorf zwölf Alarmstangen, jede 15 Fuß hoch, aufgestellt, mit Stroh umwickelt, mit Theer bestrichen und wieder Stroh darüber gewickelt, damit sie auf Befehl können angezündet werden u. s. w. Es ist schwer zu sagen, was drückender ist, lange Einquartierung oder ewige Durchmärsche. Im November 1813 liegen z. B. Schill'sche Husaren in Bünsdorf, Blüssen, Rodenberg; Mecklenburg=Schwerin'sche reitende Jäger in Sülsdorf, Lockwisch, Wahrsow; Jäger zu Fuß in Lüdersdorf und Palingen; Artillerie in Schönberg; Schweriner Garde in Selmsdorf und Schönberg; 500 Carabiniers in Sabow; Wenn Twachtmann heute berichtet: "Mit diesen wären wir also nunmehro fertig, der Himmel behüte uns für neue ähnliche Besuche," so hört er wohl schon am andern Tage, daß 700 Mann englische Truppen (mit 50 Frauen) von Grevesmühlen nach Lübeck marschieren und Schwanbeck und Zarnewenz belästigen werden. Oder es kommt von Lübeck ein Quartiermacher und sagt zum andern Tage gleich zwei Kosakenregimenter auf einmal an, jedes zu 20 Officieren und 500 Mann mit Pferden. - "Das hiesige Amt genießt Gott Lob noch bis heute das unschätzbare Glück, von Einquartierung befreit zu sein," am andern Tage hat er schon wieder ein Bataillon Infanterie und Artillerie dazu. Oder er hat an denen Aerger. An seinen Collegen Danckwarth schreibt er: "Hochgeschätzter Freund! Das ist eine ganz verdammte Einquartierung, die wir jetzt haben. Die Leute sind zwar nicht unartig, es ist aber noch gar keine Ordnung darunter. Der Windbeutel von Officier hat die Quartierlisten noch nicht abgegeben." Dann ärgern ihn die Schönberger; er soll Verfügungen anschlagen lassen, das geht aber nicht, denn "der größte Theil der Einwohner Schönbergs kann Geschriebenes nicht lesen", er muß also seine Untergebenen von Haus zu Haus herumschicken. Einige Schlauberger bemogeln ihn beim Empfang von Lebensmitteln für die Einquartierung, indem sie mehr Soldaten angeben, als sie in Quartier haben; geharnischte Drohung, daß solche in Zukunft sollen zweimal ganz übergangen werden. Seine Landreiter bekommt er nicht mehr zu sehen, die sind ewig unterwegs zum Fuhren ansagen. Er selbst hat einen Kosakenmajor in Quartier, mit dem er sich nicht gut steht; er theilt ihm mit, daß es mit der Fourage bald aus sein würde; der Major erklärt ganz richtig, das ginge ihn nichts an, es hinge nicht von ihm ab, wie lange er bleiben solle. Nachher wollen die Russen Wiesen miethen, um auf ihnen die Pferde grasen zu lassen; Antwort: Wiesen vermiethen kennen wir hier nicht. Es können zuletzt keine Kartoffeln mehr geliefert werden, weil keine mehr zu haben sind, der Andre nimmt mit Graupen und Grütze fürlieb. Der Gerichtsrath hat eine Geschäftsreise nach Wismar zu machen, der Koskenmajor begleitet ihn: "Das wird eine stumme Parthie werden," jammert er. Fast in jeder Nacht wird er aus dem Bette geholt, es kommen Couriere durch Schönberg, welche sofort frische Pferde verlangen, und da ist nicht zu spaßen; denn der General hat geschrieben, er wolle nicht verhoffen, daß in Schönberg irgend eine Verspätung entstände.

(Fortsetzung folgt.)


- Die bayerischen Königsschlösser Linderhof und Hohenschwangau (Neuschwanstein) werden mit dem 15. Okt., das kgl. Schloß Herrenchiemsee wird mit dem 31. Okt. für den allgemeinen Besuch geschlossen.
- Die Stadt Nürnberg hat, ähnlich wie Innsbruck, jetzt auch ein goldenes Dachl aufzuweisen. Das reichverzierte Chörlein über dem Portal des gegen die Theresienstraße gelegenen Rathhaus=Neubaues wurde nämlich mit vergoldeten Metallziegeln eingedeckt. Die mit grünen abwechselnden goldenen Rauten des Daches sehen in der That ausgezeichnet aus. Sonnabend abend wurde diese neue Zierde des genannten Prachtbaues enthüllt.
- In Zweibrücken hat ein Herr Karl Hien ein neues selbstthätiges Magazingewehr erfunden, welches, wie von dort geschrieben wird, durch geradezu erstaunliche Verbesserungen gegenüber dem jetzigen Magazingewehr sich auszeichnen soll. Das Gewehr soll "Blitzmagazingewehr" benamset werden. Näheres ist über die Erfindung noch nicht bekannt geworden.
- Was eine Braut vermag. Eine schöne junge Braut in Frankfurt a. M. hatte mit Schrecken wahrgenommen, daß die Straße, in welcher sie wohnt, vollständig zur Einlegung der Mainwasserleitung aufgerissen wird und eine Fahrt zur Trauung eines vollständige Unmöglichkeit sein werde. In seiner Herzensangst wandte sich das Mädchen an das Tiefbauamt, schilderte in beredten Worten seine schreckliche Lage und bat dringend, daß bis zum verwichenen Sonntag die Straße fahrmäßig hergestellt werde. Was die Stadtverordneten nicht fertig brachten, das brachte die schöne Braut fertig. Die Saalgasse wurde vollständig hergestellt und die glückliche Braut fuhr am Sonntag unbehindert zur Kirche.
- Aus 2 Weinbergen in Aßmannshausen, wo der beste deutsche Rothwein wächst, werden in einer Nacht 500 Kilogramm Weintrauben gestohlen, die Diebe werden samt Trauben in Lorch aufgegriffen.
- Einen grauenhaften Selbstmord beging ein junger Bauer in Neuwedel, den seine Eltern nicht heirathen lassen wollten. Er ging in die Scheune schlang eine Kette um seinen Leib, warf das Ende über einen Balken, hackte es in die Kette ein, und warf dann den Stuhl um.
- Wer an Propheten glaubt und sich vor Erdbeben und gewaltigen Kundgebungen der Natur fürchtet, der muß sich im nächsten Jahr vor folgenden Tagen hüten, vor dem 17. März, 15. April, 15. Mai, 11. August, 9. September, 25. Oktober und 23. November. Das sollen, wie der Naturforscher Rudolf Falb prophezeit, "kritische d. h. stürmische Tage erster Ordnung werden." Zweiter und dritter Ordnung kritisch sind nach ihm der 1. und 31. Januar, 15. Februar, 1. und 31. März, 13. Juni, 12. Juli, 25. September, 9. Oktober und 22. December, ferner 7. Januar, 30. April, 29. Mai, 28. Juni und Juli, 26. August, 7. November und 7. Dezember.
- Rindermarkpomade. Man fügt zu einer Obertasse voll klar geschmolzenem Rindermark drei Eßlöffel voll Rum und für 30 Pf. echten Perubalsam und verrührt alles recht lange durcheinander, bis die Pomade ganz mild ist. Diese Pomade macht sprödes Haar weich, geschmeidig und glänzend.


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