No. 81
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 16. Oktober
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 81 Seite 1]

Kaiser Wilhelm in Rom.

Kaiser Wilhelm ist am Donnerstag Nachmittag 4 Uhr 12 Minuten mit dem Prinzen Heinrich und dem gesammten Gefolge in Rom eingetroffen. Er wurde am Bahnhof vom König Humbert, welcher in Begleitung des Kronprinzen und der Prinzen Amadeus und Thomas erschienen war, mit wiederholter Umarmung und Kuß auf das herzlichste begrüßt. Unter den zum Empfang auf dem Bahnhof Anwesenden befanden sich noch sämmtliche Mitglieder der deutschen Botschaft, der kommandierende General Pallavicini, der Präfekt und der Bürgermeister von Rom. Nach der Vorstellung der beiderseitigen Gefolge erfolgte unter stürmischen Hochrufen und Händeklatschen der dichtgedrängten Volksmassen die Fahrt nach dem Quirinal. In geradezu unheimlicher Enge füllte die Bevölkerung Roms die Straßen, durch die der Kaiser seinen Einzug halten sollte, während die übrige Stadt wie ausgestorben war. Alle Läden und öffentlichen Gebäude hatten geschlossen, auch waren auf Senatsbeschluß sämmtliche Gerichtstermine ausgefallen. Die vom vornehmsten künstlerischen Geschmack zeugende Ausschmückung der Stadt bot bei dem herrlichen Wetter ein prächtiges, farbenreiches Bild. Auf dem Weg vom Bahnhof zum Quirinal waren Truppen in Spalier aufgestellt, deren Musik die preußische Nationalhymne spielte. Wo der Wagen, in welchem sich Kaiser Wilhelm und König Humbert befanden, sichtbar wurde, war der Enthusiasmus der Bevölkerung geradezu unbeschreiblich. Als die Majestäten den Quirinal erreichten, begann der Kanonensalut. Im Schweizer Saal erwarteten die Königin mit den Herzoginnen von Aosta und Genua und allen Prinzessinnen des kgl. Hauses den Kaiser zur Begrüßung. Die Herrschaften erschienen alsbald kurze Zeit auf dem Balkon des Quirinals und begrüßten die Volksmenge, die unausgesetzt in brausenden Hochrufen ihre Huldigungen darbrachte. Später fand im Schweizer Saal die Vorstellung der hohen Staats= und Hofwürdenträger, sowie der Spitzen der städtischen Behörden statt. Der Kaiser drückte allen die Hand und richtete einige huldvolle Worte an sie. Bei der Vorstellung Crispis soll er des letzten Besuchs desselben in Friedrichsruh gedacht und einige Worte über das befriedigende Ergebniß desselben hinzugefügt haben. Abends 6 1/2 Uhr stattete der Kaiser den Mitgliedern der königlichen Familien Besuche ab, worauf um 7 Uhr im Quirinal Familiendiner stattfand. Die Straßen waren glänzend illuminiert und auf den Hauptplätzen spielten Musikkorps. Vor dem Quirinal drängten sich bis in die späten Abendstunden immer neue, festlich bewegte Menschenmassen. Der Bürgermeister erließ Abends eine Bekanntmachung, in welcher er der Einwohnerschaft mittheilt, daß Kaiser Wilhelm ihn beauftragt habe, der gesammten Bevölkerung seinen Dank für die dargebrachten Huldigungen auszusprechen. Leider wird von einem peinlichen Zwischenfall berichtet, welcher während der Fahrt vom Bahnhof nach dem Quirinal gespielt hat. Als der Kaiser den Baldachin in der Nähe des Bahnhofs passierte, wurden rothe Zettel italienisch=französisch=irredentistischen Inhalts geworfen, welche lauteten "Nieder mit dem Dreibund! Es lebe Elsaß und Lothringen! Wir wollen Trient und Triest! etc." Auch soll an der Ecke der Via Nazionale und des Quirinals gepfiffen und gezischt worden sein. Mehrere Personen sind wegen dieser Vergehen in Haft genommen worden. Obschon diese Kundgebungen einzelner Heißsporne dem vom Volk bereiteten begeisterten Empfang gegenüber kaum ins Gewicht fallen, so ist doch die Entrüstung der deutschfreundlichen Kreise groß.
Am Freitag Morgen 7 1/2 Uhr machte der Kaiser einen Spazierritt nach Centocello, wo am Sonnabend die Truppenparade stattfindet. Gegen 11 Uhr begab er sich in Begleitung des Prinzen Heinrich nach der preußischen Gesandtschaft beim Vatikan, um daselbst ein Frühstück einzunehmen, an welchem auch die Cardinäle Rampolla und Prinz Hohenlohe theilnahmen. Gegen 1 Uhr erfolgte darauf die Auffahrt zum Vatikan. In den nach dem Vatikan führenden Straßen bis zum St. Petersplatz bildeten italienische Truppen Spalier. Auf dem ganzen Weg hatten sich wiederum dichte Menschenmassen angesammelt, welche den Kaiser mit stürmischen Zurufen begrüßten. Se. Majestät wurde von den höchsten Würdenträgern des päpstlichen Hofstaats empfangen und nach dem Thronsaal geleitet. Am Eingang desselben schritt der Papst dem Kaiser entgegen und führte denselben in sein Privatkabinett, wo eigens für diesen Zweck ein Baldachin errichtet ist, unter welchem drei ganz gleiche Sessel für den Kaiser, den Papst und den Prinzen Heinrich aufgestellt sind. Letzterer trat erst nach der ersten Unterredung zwischen dem Kaiser und dem Papst ein; später folgten Graf Bismarck und einige andere Herren des kaiserlichen Gefolges. Nach dem Empfang stattete der Kaiser dem Kardinal Rampolla einen Besuch ab, besichtigte unter dessen Geleit den Vatikan und St. Peterskirche und fuhr sodann nach der preußischen Gesandtschaft zurück.
Die römischen Blätter wie die Provinzialzeitungen bringen Festartikel, in welchen sie den jugendlichen Herrscher auf das Wärmste willkommen heißen. Die "Riforma" begrüßt den Kaiser als den Gast des Königs, und des italienischen Volkes. Es gebe keinen Italiener, der die hohe Bedeutung des kaiserlichen Besuches nicht empfinde, und keinen Freund der Humanität, der sich über diesen Besuch nicht freue.

Kaiser Wilhelm wird vom 25. bis 27. Oktober zur Jagd in Blankenburg am Harz erwartet. Am 29. Oktober reist der Kaiser nach Hamburg und kehrt noch selbigen Tages nach Berlin zurück.
Die "Corr. de lElst" meldet neuerdings als Folge der Reisen des deutschen Kaisers eine Monarchenzusammenkunft in Berlin, an welcher Kaiser Franz Joseph, König Humbert und der Czar theilnehmen sollen.

[ => Original lesen: 1888 Nr. 81 Seite 2]

Es steht nunmehr zweifellos fest, daß Kaiser Wilhelm auf der Rückreise von Rom die österreichische Hauptstadt nicht wieder berühren wird. Dagegen ist es wahrscheinlich, daß Prinz Heinrich nach Wien kommen wird, um Kaiser Franz Josef seinen Dank für die Ernennung zum Korvettenkapitän auszusprechen.
Die Wiener Neue Freie Presse hebt hervor, daß Kaiser Wilhelms Besuch in Wien im innigsten Zusammenhang mit seinem Besuch in Rom stehe. Der eine sei die Ergänzung des andern. In der Nation werde man nicht vergessen, daß Kaiser Wilhelm als Verbündeter der Tripelallianz kommt, daß Deutschland und Oesterreich die stärkeren Freunde sind, auf die Italien bauen könne.
Kaiser Wilhelm ist in Rom angekommen. Seit vielen Jahrhunderten ist es das erste Mal, daß wieder ein deutscher Kaiser nach Rom zieht, aber welche Umwälzung hat sich seitdem vollzogen? Wilhelm II. kommt nicht mit Heeresmacht, er will sich nicht, wie früher, aus der Hand des Papstes eine Krone holen, sondern er kommt als Friedensfürst und als Herrscher eines mächtigen Reiches, der keine päpstliche Weihe mehr braucht. Und in Rom findet er nicht mehr einen Papst, der zugleich König ist und mit Hülfe von Bann und Interdikt die Fürsten der Christenheit ein= und abzusetzen vermag, sondern er trifft dort ein neues, geeintes und starkes Italien, dessen Hauptstadt das ehemals päpstliche Rom ist und dessen Herrscher er seinen Bundesgenossen nennt. Bei dieser Romfahrt grüßen sich Deutschland und Italien als Freunde und Brüder, und die Worte der Zuneigung und Treue, die zwischen Wilhelm II. und Humbert I. gewechselt werden, finden bei beiden Völkern, diesseits und jenseits der Alpen, begeisterten Wiederhall. Das gleiche Schicksal hat beide Nationen unter schweren Kämpfen an das nämliche Ziel geleitet.
Vom Einzuge des Kaisers Wilhelm in Rom wird noch berichtet, daß die Schwester des Kaisers, Ihre königl. Hoheit die Prinzessin Charlotte von Meiningen, welche mit Sr. Hoheit dem Erbprinzen unter strengstem Incognito im Hotel Quirinal in der Via nazionale abgestiegen ist, ihrem Bruder beim Einzüge herzlich zuwinkte. Jubelnde Zurufe der Volksmenge begleiteten die Erkennungsscene. Auch Graf Herbert Bismarck, der mit Crispi in einem Wagen saß, wurde lebhaft begrüßt. Alle Blätter stimmen darin überein, daß ein solcher Empfang kaum jemals einem fremden Monarchen bereitet worden sei, wie jetzt dem deutschen Kaiser.
Morell Mackenzie's Vertheidigungsschrift, so berichtet man aus London, erscheint am Montag. Die deutschen Buchhändler sollen 75 000 Stück bestellt haben. - Das Neue Wiener Tageblatt veröffentlicht bereits einen Auszug daraus. Das Motto derselben bildet ein Citat aus Sheakesspeares Heinrich dem Vierten: "Nun merkt auf, wie eine ganz simple Geschichte Euch zunichte macht." Die Titel der einzelnen Kapitel sind höchst marktschreierische wie beispielsweise "Gerhardts falsche Anklage," "Gerhardt setzt die Posse fort," "Bergmann boykottet mich" u. s. w. - Das Ganze scheint eine höchst unbedeutende Leistung zu sein, gerichtet besonders gegen Bergmann und Gerhardt. Mackenzie behauptet, niemals daran gezweifelt zu haben, daß die Krankheit Kaiser Friedrichs Krebs sei. Politik scheint vermieden.
Der deutsche Reichstag soll zu seiner diesjährigen Herbstsession am 20. November zusammentreten.
Graf Herbert Bismarck ist, nachdem er am Sonntag einen Jagdausflug zum Grafen Franz Zichy in Vedrö unternommen hatte, am Montag Abend nach Wien zurückgekehrt. Er hat alle Ursache, mit seinem eintägigen Aufenthalt in Pest zufrieden zu sein, denn ernstlich hat er von den ungarischen Staatsmännern die beruhigendsten Erklärungen über das deutsch=österreichische Bundesverhältniß erhalten und dann hat der Ministerpräsident Tisza beim Diner des großen Kanzlers in besonders herzlichen Worten gedacht, welche wie Graf Herbert wiederholt versichert hat, seinem Vater große Freude bereiten werden.
Von Berlin aus wird der englischen Eroberungslust ein Riegel vorgeschoben. Admiral Fairfax hat die Absicht, auf der Fahrt von den Tonpa= nach den Samoa=Inseln die Savage=Insel anzulaufen, um daselbst, einem Gesuch der Eingeborenen entsprechend, ein englisches Protektorat einzurichten. Dazu bemerkt die offiziöse Nordd. Allg. Ztg., daß es ihr nicht bekannt sei, ob die Eingeborenen dieser Insel an die Unterstellung unter englischen Schutz gebeten hätten, wohl aber sei es gewiß, daß die englische Regierung nicht in der Lage sein werde, das Protektorat über die Savage=Insel anzunehmen, da dieselbe indem deutsch=englischen Abkommen betr. die Abgrenzung der deutschen und der englischen Machtsphäre im westlichen Stillen Ozean vom 6. April 1886 für neutral erklärt worden sei.
Der Kriegsminister Freycinet in Paris tadelt in einem Rundschreiben an die kommandierenden Generale, daß die Herbstmanöver zu lange gedauert haben und die Lebensmittel erst Abends in aller Eile vertheilt wurden. Er sagt den Generalen, "es genügt nicht Befehle zu ertheilen, ein General muß die Gesammtheit der Maßregeln für die Ernährung der Truppen und den Gang der Verwaltung treffen." Die Truppenkommandeure sind verstimmt, daß sie sich von einem Zivilisten (Freycinet ist Ingenieur) Belehrungen ertheilen lassen müssen, in der Sache geben sie ihm Recht.

Anzeigen.

Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Am Dienstag, den 16. October d. J., Vormittags 11 Uhr sollen in Herrnburg
          1, eine Nähmaschine und
          2, eine Chatoulle
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden. Versammlung der Käufer bei Gastwirthin Lohse in Herrnburg.
Schönberg, den 8. October 1888.

Staffelt, Gerichtsvollzieher.        


Am Donnerstag den 18. und Freitag den 19. d. M. soll der zum Verkauf der vollen Taxe auf den Carlower Mooren disponible

Torf

an diejenigen, welche ihren Bedarf rechtzeitig, d. h. bis 6. Juli a. c. hier angemeldet haben, nach Verhältniß der Größe des angemeldeten Quantums vertheilt, und gegen bare Zahlung des Kaufpreises abgegeben werden.
Die Anweisung geschieht für diejenigen, welche auf dem Kuhlrader Moore bestellt haben, am

Donnerstag, den 18. ds. Mts.,
von Morgens 9 Uhr an

(Molzahner Seite). Für diejenigen, welche auf dem Gr. Rüntzer Moore bestellt haben, am

Freitag, den 19. ds. Mts.,
von Morgens 9 Uhr an,

für diejenigen, welche auf dem Born=Moore bestellt haben, am

Freitag, den 19. ds. Mts.,
Vormittags von 11 1/2 Uhr an.

Carlow, den 7. October 1888.

A. v. Linstow, Förster.        


Männer-Turn-Verein.

Zur Feier des Geburtstages Sr. Kgl. Hoheit des Großherzogs findet am Mittwoch, den 17. d. Mts., ein

Fest=Ball

verbunden mit Schauturnen im neuen Saale des gastwirths Boye hier statt.

Beginn der Feier Abends 7 1/2 Uhr.
Schönberg, den 11. October 18888.                          
                                                    Der Vorstand.


Reisabfall=Mehl,
alle Sorten Futterkorn, Kleie empfiehlt
                                                    N. Siemers,
                                                    Lübeck, Mühlenstraße 51.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 81 Seite 3]

Auction.

Am Mittwoch, den 24. d. Mts. vormittags 10 1/2 werde ich öffentlich meistbietend in Stadt Lübeck eine wenig gebrauchte, fast neue, gut erhaltene, vierspännige Göpeldreschmaschine mit Schüttel= und Siebwerk vollständig komplet verkaufen. Die Maschine ist von einer der renommirtesten Fabriken des Contigents, von Pf. Mayfarth und Comp. Frankfurt a. M., Wien, Berlin erbaut.

Staffelt.        


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.

Der Geschäftsbericht mit Bilanz und Gewinn= und Verlust=Conto für das 19. Rechnungsjahr, sowie der Revisions=Bericht etc. liegen vom 19. October d. J. ab in unserem Geschäftslokale zur gefl. Einsicht der Herren Actionäre aus.
Schönberg, den 13. October 1888.

Das Directorium.        


Um umlaufenden Gerüchten entgegen zu treten, als wären bei mir keine Stallungen für Pferde u. s. w. zu haben, erkläre ich hiermit, daß Platz für Pferde u. s. w. im selben Maaße wie bei meinem Herrn Vorgänger zu haben sind.
Ratzeburg, 8. October 1888.

                                                    "Zur Harmonie".
                                                    Fr. Käther. Stockmanns Nachf.


Schuh-, Stiefel- und Filzwaaren
in großer Auswahl
empfehle zu den billigsten Preisen.                          
Roßlederne Damenstiefeletten von 6 Mark an.
Lack=Damenstiefeletten von 9 Mark an.
                                                    J. W. Hundt, Schuhmachermeister.


Das Putzgeschäft

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                                                    H. Bohnhoff Ww.


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J. Voss, Tuchmachermeister.        


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Illustrirte Zeitung, Ueber Land und Meer, Daheim, Gartenlaube, Romanzeitung, Grenzboten, Gegenwart, Fliegende Blätter und noch andere.

C. Sievers, Buchbinder.        


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gerne gelesenen billigen Blattes.

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Tagelöhner=Familien
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zur Erlernung der Damenschneiderei.                          
                          Bertha Schwiesow in Carlow.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 81 Seite 4]
Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

Zur Feier des Geburtstages Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs findet am Mittwoch, den 17. October ein

Fest-Commers
im Vereinslokale statt.                                                    
Anfang Abends 8 Uhr.
                                                    Der Vorstand.


Zur Feier des Geburtstages Sr. Kgl. Hoh. des Grossherzogs

findet am Mittwoch den 17. d. M., Nachmittags 4 Uhr, in meinem Saale ein

Diner
statt, wozu ich mir erlaube hierdurch ergebenst einzuladen.

Couvert à Person 3 Mk.
                                                    Hochachtungsvoll
                                                                              L. Spehr.


Stadt Lübeck.

Am Mittwoch, den 17. October d. J. zur Feier des Geburtstages S. Kgl. Hoheit des Großherzogs

grosser BALL
mit doppelt besetztem Orchester.
Anfang 6 Uhr.
Es ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. H. Freitag.


Am Dienstag, den 23. October                          
Concert

im Boye'schen Saale, ausgeführt von der Albrecht'schen Berg=Capelle aus Böhmen.

Anfang 7 1/2 Uhr. Entree a Person 50 Pfennig.
Nach dem Concert auf Verlangen Tanz.


Im Locale des Herrn Boye.
Am Dienstag, den 16. und Mittwoch, den 17. October:
zwei grosse
Vorstellungen
der Kolter Malmström'schen Künstlerspecialitäten=Gruppe ersten Ranges.
Preise der Plätze: Nummer. Platz 1,25 M. I. Platz 1 M. II. Platz 75 Pfennig (Mecklenburg)., Gallerie 30 Pfennig (Mecklenburg). Billette sind im Theaterlokale von Nachmit. 2 Uhr bis Abends 6 Uhr zu ermäßigten Preisen zu haben.
Nummer. Platz 1 M. I. Platz 75 Pfennig (Mecklenburg). II. Platz 50 Pfennig (Mecklenburg).
Zu recht zahlreichem Besuch ladet ergebenst ein

die Direktion.        


Aufforderung.

Herren welche geneigt sind mit dem deutschen Athleten und Ringkämpfer Herrn Knack einen Ringkampf zu unternehmen, werden gebeten sich schriftlich oder mündlich bei der Direktion oder im Locale des Herrn Boye melden zu wollen.

Sieges=Prämie 100 Mark.

Die Direktion.        


Am 25. d. Mt. findet bei mir ein                          
Bauernball
statt, wozu die Herren Hauswirthe ganz ergebenst eingeladen werden.                          
Rabensdorf.                                                     H. Voss.


Am Montag, den 22. October, Nachmittags 3 Uhr                          
Versammlung
der Schlachterinnung.
                                                    Soltmann, Obermeister.


Dank und Anerkennungsschreiben S. Durchlaucht Fürst Bismarck. Prämiirt mit der Medaille in Hamburg.

Photograph Petersen aus Lübeck hält sich einige Tage in Schönberg auf.
Photographien in allen Grössen von Portraits, Gruppen, Häusern etc., Copien und Vergrösserungen, eingebrannte Photographien auf Porzellan.
Bestellungen bei J. Boye in Schönberg.


Am Mittwoch, den 17. October, dem Geburtstage S. K. H. des Großherzogs findet bei mir

Tanzmusik

statt, wozu ich freundlichst einlade.

Gastwirth Kaven, Pogetz.        


Medicinal-Ungarweine.
UNGARWEIN-EXPORT-GESELLSCHAFT Schutzmarke Unter fortlaufender Controlle von Dr. C. Bischofi in Berlin.
Direct von der Ungar-Wein-Export-Gesellschaft in Baden=Wien durch die berühmtesten Aerzte als bestes Stärkungsmittel für Kranke und Kinder empfohlen. Durch den sehr billigen Preis als tägliches Stärkungsmittel und als Dessertwein zu gebrauchen Verkauf zu Original=Preisen bei
C. J. Burmeister, Hotel 'stadt London.'
General=Depot für Schönberg, Grevesmühlen, Rehna, Dassow, Gadebusch, Klütz.


Billig zu verkaufen: 12 Wochen alte
Ferkel
in der Meierei Bauhof-Schönberg.                                          


Unterricht

in allen weiblichen Handarbeiten ertheilt Helene Abels. Meine Wohnung ist im Hause des Herrn Sattlermeister Ollrogge Kalterdamm Nr. 6.


Gesucht z. 1. Novbr., Haus u. Stubenmädchen, Köchinnen, gesunde Ammen, besorge Plätze in Lübeck oder Hamburg gegen hohen Lohn innerhalb einigen Tagen. C. Stuht, Gesindevermiether, Lübeck, Weiterkrambuden 1 am Markt.


Heute morgen erlöste der liebe Gott unsern jüngsten Sohn Johannes im 19. Lebensjahre von seinem langen, schweren Leiden durch einen sanften Tod. Um stille Theilnahme bitten

                                                    die tiefbetrübten Eltern
                                                    J. Wegner und Frau.

Schönberg, den 13. Oktober 1888.
Die Beerdigung findet am Dienstag, nachmittags 4 Uhr statt.


Kirchliche Nachrichten.
Mittwoch, den 17. October.

        Vormittagskirche (11 Uhr): Pastor Fischer.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 81 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 81 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 16. October 1888.


Während der Reise des Kaisers in Süddeutschland gingen bekanntlich Gerüchte von einem geplanten Attentat und von dagegen ergriffenen Vorsichtsmaßregeln durch die Blätter. Der wahre Sachverhalt soll nach einer Stuttgarter Korrespondenz der "M. N. N." der folgende sein:
"Etwa vier Tage, ehe der Kaiser seine Reise antrat, verschwanden aus der Schweiz, speciell aus Zürich, zehn der anarchistischen Partei notorisch angehörige Personen. Das Polizeipräsidium von Berlin wurde hiervon durch die Zürcher Polizeibehörde unverzüglich in Kenntniß gesetzt und benachrichtigte die k. Stadtdirektion Stuttgart von dem bevorstehenden Eintreffen der Verdächtigen in Würtemberg. Seitens des würtembergischen Ministeriums des Innern wurden sofort die umfassendsten Maßregeln getroffen. Tag und Nacht patrouillirte die zu diesem Zweck aus verschiedenen Landestheilen zusammengezogene Gendarmerie auf dem ganzen Bahnkörper, welchen der Kaiser von der Landesgrenze an zu befahren hatte; dem Zug selbst fuhr ein besonders zusammengestellter Train voraus; bei der Ankunft des Kaisers in Stuttgart waren, wie auch bei der Abfahrt, vom Bahnhof bis zum Residenzschloß durch die Mannschaften der dort garnisonirenden Regimenter, Infanterie und Kavallerie, dichtgeschlossene Spaliere gebildet und wurde ein Verweilen des Publikums auf den Trottoir schlechterdings nicht geduldet. Bei der Fahrt, welche der Kaiser am 28. September mit König Karl durch die Straßen der Residenz machte, fuhren in ziemlich großem Abstand von einander zwei Wagen mit höheren Polizeibeamten voraus, an der Spitze des Zuges erblickte man den Stuttgartern eine ganz neue Erscheinung, zwei berittene Schutzleute, und unter dem Publikum vertheilt, mehrere Mitglieder der berliner Geheimpolizei sowie mehrere Angehörige des würtembergischen Gendarmeriekorps in Zivilkleidung, was man früher ebenfalls dort nicht gesehen hatte. Zwei Stunden vor der auf 4 Uhr nachmittags angesetzten Abreise von Stuttgart wurde infolge sehr wichtiger bei der obersten Polizeibehörde eingelaufener Nachrichten die Reiseroute nach Mainau vollständig geändert, indem der Weg über Ulm, anstatt wie ursprünglich projektirt war, über Tübingen=Rottweil=Villingen gewählt wurde, zum Jubel der Einwohnerschaft von Ulm und zum großen Leidwesen der wackeren Reutlinger, welche sich zu Tausenden auf ihrem Bahnhofe versammelt hatten, und den fahrplanmäßigen 5 1/2 Uhr nachmittags eintreffenden Güterzug, welchen sie für den kaiserlichen Sonderzug hielten, mit Böllerschüssen und betäubenden Hochrufen empfingen. Glücklicherweise ging der ganze Aufenthalt des Kaisers ohne die geringsten Störungen vorüber. Wie sehr begründet aber die getroffenen Vorsichtsmaßregeln waren, beweist die, bis jetzt von keiner Zeitung gemeldete, am Abend des 28. September in Villingen erfolgte Verhaftung des ganz kurz zuvor aus der Schweiz dort eingetroffenen rabiaten Anarchisten Franz Troppmann aus Floß in Bayern."
Berliner Blätter berichten, daß der frühere Haushofmeister Kaiser Friedrichs, Krug, thatsächlich ein Exemplar des Kriegstagebuchs von 1870/71 erhalten hat, nachdem K. verschiedene Abschriften von dem Original genommen hatte. Diese Arbeit war in einem verschlossenen Zimmer vorgenommen. Das Exemplar soll sich noch im Besitze der Frau Krug befinden, welche die Herausgabe bisher abgelehnt, weil sie es als unveräußerliches Andenken, nicht nur als Geschenk, betrachtet.
Prof. Geffcken ist am Dienstag im Untersuchungsgefängniß eingeliefert worden. In einem Coupee zweiter Klasse war derselbe mit dem Hamburger Abend=Courierzuge dort eingetroffen; drei Herren in Civil, welche auf dem Bahnhofe noch von anderen Polizeibeamten erwartet wurden, brachten ihn in einer geschlossenen Droschke nach Moabit, wo eine Zelle im sog. kleinen Männergefängniß hergerichtet war.
Dr. Geffckens Sohn, ein Student, hatte die Entlassung seines Vater aus der Haft nachgesucht, ist aber abschlägig beschieden worden. Ebenso hat die Frau Geffckens den Versuch gemacht, in Friedrichsruh die Freilassung ihres Mannes zu erlangen, sie ist jedoch vom Reichskanzler nicht empfangen worden. Die von einigen Zeitungen bereits gemeldete Entlassung Geffckens bestätigt sich nicht. Zum Untersuchungsrichter ist Landrichter Hirschfeld in Berlin bestellt worden. Verteidiger Geffckens ist Rechtsanwalt Dr. Predöhl in Hamburg, Anwalt der Familie in her Entmündigungsfrage R.=A. Dr. Noltke. Der Hamburger Korrespondent berichtet unter Vorbehalt Geffckens Auszüge seien auf Grund abschriftlicher Notizen entstanden, welche er einem ihm von dritter Hand leihweise übergebenen Tagebuch=Exemplar entnommen und zum Druck nach der Lektüre des Manuskripts aus dem Gedächtniß niedergeschrieben habe.
Das vom Redacteur der "Deutschen Rundschau", Rodenberg, ausgelieferte Manuscript des Tagebuchs Kaiser Friedrichs ist ganz von Geffckens eigener Hand geschrieben.
Das Oktoberheft der "Deutschen Rundschau" ist nun nachträglich noch beschlagnahmt worden und das läßt darauf schließen, das Anklage wegen Landesverrath gegen Dr. Geffcken erhoben wird.


- Schönberg. Die Aktionäre der hiesigen Genossenschaftsmeierei (E. G.) erzielten aus der im Monat Septbr. gelieferten Milch eine Einnahme von 10 Pfg. pr. Liter. Da für Amortisation des Anlagekapitals sowie für sonstige Unkosten 2 Pfg. per Liter abgeschrieben werden mußten, so verblieb ein Reinertrag von 8 Pfg. per Liter.
- Neustrelitz, 13. October. Dem Vernehmen nach werden Se. Königl. Hoheit der Großherzog morgen aus Brüssel hierher zurückkehren.
- Neustrelitz, 13. October. Das heute ausgegebene Bulletin lautet: I. K. H. die Erbgroßherzogin und der neugeborne Prinz befinden sich sehr gut. Dr. Goetz.
- Zu dem Pferdemarkt in Lübeck, welcher am Donnerstag abgehalten wurde, waren nur 109 Pferde, darunter etwa 60 Stück 1 1/2 jährige Füllen gebracht. Unter den übrigen 50 Pferden befanden sich nur wenig gute, sondern meistens Schlachtpferde. Da keine Landleute vorhanden, ging der Handel nur flau.
- Die freie Stadt Hamburg tritt am 15. Oktober in den deutschen Zollverein ein. Die Stadt gleicht einem großen Auctionssaal, wo die Parole lautet: Fort mit Schaden vor dem Zollanschluß! Hamburg ist angefüllt mit fremden Waaren, namentlich englischen Manufakturen, Kurzwaaren u. s. w.; da heißt es aufräumen mit den alten fremden Vorräten, damit nicht der Zoll des Reichsgebietes auf das fremde Gut gelegt werde. Die Einzelhändler machen eine Ernte, wie sie kaum das Weihnachtsfest zu bringen pflegt; denn jeder Fußgänger und jeder Fahrgast bringt seinen Erkauf heim und hochbepackte Paketwagen durcheilen die Straßen: Jeder will sich noch zollfrei versehen.
- Bei der städtischen Versatz=Anstalt in Hamburg wurden erhebliche Unterschleife entdeckt. Zwei Angestellte haben unter Anwendung falscher Stempel Sparkassenbücher gefälscht und mit bedeutenden Darlehen belegt. Man spricht von 30 000 bis 40 000 Mk. Die Untersuchung ist bereits eingeleitet.
- In der neuesten Sammlung von eigenhändigen Denksprüchen hoher und berühmter Personen, deren Titel: "In Luft und Sonne" lautet, finden sich u. a. folgende. Kaiser Wilhelm I.: "Alleweg guet Zolr'n" (Zollern?). Die Kaiserin: "Fürchte Gott, thue recht, scheue Niemand." Kaiser Friedrich (als Kronprinz in St. Remo) :"So fährt ein recht

[ => Original lesen: 1888 Nr. 81 Seite 6]

edler Sinn - Ueber alles Widrige hin." Die damalige Kronprinzessin Victoria: "Will eignes Leid Dein Herz zu sehr bedrücken - Dann laß Dein Aug' auf fremdes Leid nur blicken. - So trefflich kann Dich nichts vergessen lehren. - Als das Bemühen, fremdem Leid zu wehren." König Albert von Sachsen: "Wo die Sonne hineinkommt, kommt der Arzt nicht hinein." Prinzregent Luitpold: "Pflege der Jugend schafft rüstiges Alter." Der alte Moltke: Sonne und Luft, Licht und Leben." Sein Nachfolger Graf Waldersee: "Ich wag's, Gott walt's." Der Generalpostmeister Stephan : "Nehmt nur die Ideale, so leert ihr die Welt aus und alles stürzt um; in luftleerem Raum fallen alle Körper mit gleicher Geschwindigkeit." Ernst v. Wildenbruch: Glaub' an die Sache, der du dienst." Der berühmte Berliner Arzt Dr. Gerhardt: "Niemand ist erbarmungswürdiger als das kranke Kind des Armen. Seiner Erkrankung vorzubeugen, ist unendlich verdienstlicher, als sie heben."
- Die Municipalität der Stadt Rom hat durch einen großmütigen Beschluß dafür gesorgt, daß sich auch die Armen der Anwesenheit des deutschen Kaisers freuen können: Zu Ehren des hohen Gastes werden alle im städtischen Leihhaus verfallenen Pfänder bis zu 3 Lire den Inhabern der Scheine unentgeltlich zurückgegeben.
- Der in Bremen tagende XVII. Protestantentag beschloß in seiner Hauptversammlung eine Resolution, welche sich gegen die Versuche ausspricht, ein katholisches Kirchenregiment zur Vernichtung der Freiheit und der Selbständigkeit der Gemeinde herzustellen, ingleichen gegen die Bestrebungen, dem Staate die Aufsicht und Leitung der Schule zu entziehen.
- Die Absicht des neuen Exerzier=Reglements, allmählich größere Einfachheit herbeizuführen, kommt auch bei den Ehrenbezeugungen zur Geltung. In Zukunft wird dem jüngsten Lieutenant dasselbe "Honneur" vom Wachposten erwiesen werden, wie dem Kaiser selbst, nämlich es wird präsentirt. Damit fällt für den Posten auch die anerkannte Schwierigkeit hinweg, die so manchem zum Arrest verhelfen hat, daß er Stabsoffiziere von Hauptleuten etc., wenn sie den Mantel trugen noch unterscheiden sollte, obwohl kein Merkmal vorhanden ist.
- Am 20. v. M. sind in der neuen Kaserne zu Zerbst nach der Zeitung "Deutschland" zwei Gewehre gestohlen worden. Fünfzig Mann Militair wurden auf die Suche geschickt, da man vermuthet, die Gewehre seien in der Nähe des Frauenthores in den Anlagen versteckt. Die Nachforschungen hatten jedoch keinen Erfolg. Der Diebstahl wird auf einen Racheakt zurückgeführt, denn daß es sich um die Absicht handelt, das Geheimniß des neuen Gewehres zu verrathen, glaubt niemand.
- Beim Essen an einem Knöchelchen erstickte am Tische und im Beisein seiner Eltern ein 21jähriger Commis. Ein losgelöstes Stück des Knochens eines Cotelettes war dem beim Mittagstisch der Eltern besuchsweise anwesenden jungen Manne in der Kehle stecken geblieben und führte den Erstickungstod herbei, ehe ärztliche Hülfe zur Stelle geschafft werden konnte.
- Unter dem Deckmantel der Frömmigkeit hat schon mancher Schurke sein Unwesen getrieben. So ist jetzt in Oschatz ein als überaus fromm bekannter Kartonnagenfabrikant, Namens Wugk, der auch eifriges Mitglied und Schriftführer des dortigen Jünglingsvereins ist, verhaftet worden, weil er in Riesa mehrere falsche Hundertmarkscheine verausgabt hat. Die in der Wohnung Wugks vorgenommene Haussuchung ergab, daß sich dieser fromme Herr in umfangreicher Weise mit der Anfertigung falscher Kassenscheine befaßt hat; denn man fand eine große Anzahl fertiger und unfertiger Scheine in seiner Wohnung vor.
- Ein Einjährig=Freiwilliger, der verheirathet und Vater von acht Kindern ist, befindet sich seit dem 1. October unter der Garnison Mülhausen in Elsaß. Es ist ein Wirth aus Pfirt, der jung, sehr jung, eine Wittwe mit Kindern geheiratet hat und dessen Ehe mit derselben wiederum mit Kindern reich gesegnet war. Das Dienen beim Militär schob derselbe von Jahr zu Jahr hinaus, und als der Zeitpunkt kam, wo dies unbedingt geschehen mußte, da wandte er sich an die höchsten Behörden um Freigabe seiner Person. Seine Bitte aber hatte keinen Erfolg.
- 500 Einjährige sind am 1. October bei den Münchener Regimentern eingetreten.
- Dem Reichswaisenhause in Schwabach, welchem bekanntlich von der bayerischen Staatsregierung Körperschaftsrechte verliehen worden, sind jetzt 200 000 Mk. seitens der Reichsfechtschule überwiesen worden. Die bis jetzt von der Reichsfechtschule gesammelten Gelder betragen 811 950 Mk., wovon für die Waisenhäuser (Baueinrichtung und laufende Ausgaben) 400,197 Mk. verausgabt worden.
- In allen deutschen Gebirgen hat der Schnee seinen Antrittsbesuch gemacht, und hie und da länger verweilt, als für solche Besuche schicklich ist. Der Regen und die wärmere Temperatur haben ihn zum Rückzug gezwungen.
- Im nordwestlichen Oesterreich=Schlesien und Mähren sind starke Schneefälle eingetreten.
- Im Kanton Graubünden hat am Sonntag ein großer Schneefall stattgefunden. Auch auf den Zuger Höhen liegt Schnee. In Bern fällt Regen mit Schnee gemischt.
- Die ungarischen Staatsbahnen haben für den Süddeutschen Getreideverkehr die für die Schweiz giltigen niedrigen Tarife eingeführt.
- Aus Mürzsteg wird noch gemeldet: Als der Kaiser Franz Joseph am Sonntag die Kirche verließ und Alles ehrerbietig die Köpfe entblößt hatte, stand hart am Kirchenportale ein Student aus Graz, der ein ungeziemendes Benehmen zur Schau trug. Er wurde von der Gensdarmerie verhaftet und wegen Verdachtes der Majestätsbeleidigung dem Kreisgerichte in Leoben eingeliefert, soll jedoch als harmlos und nicht ganz bei Sinnen freigelassen werden.
- In Wien sind die Judenfeinde und Behörden schon wieder einmal aneinander gerathen. Die Antisemiten versenden Briefe mit schwarzrothgoldenen Siegelmarken, welche die Aufschrift enthalten: "Wir Deutsche fürchten Gott und sonst Niemanden." Die Regierung hat darauf die Beförderung solcher Briefe verboten.
- Der erste Polizeimann war der fabelhafte Argus, der 100 Augen gehabt haben soll. Die Londoner Polizei hat viel mehr Augen, aber alles sieht sie doch nicht und oft das Schlimmste nicht, wie jetzt geklagt wird. Am Ende vorigen Jahres zählte diese Polizei 12 460 Mann, den Wachtdienst in den Straßen versehen bei Tag 8 773 Constabler und 60 pCt. dieser Anzahl den Nachtdienst von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens. Ihre Thätigkeit erstreckt sich über 683 Quadratmeilen. Für den Jahressold der Polizei ist die Summe von 1 096 279 Lstrl. ausgeworfen. Seit 1849, in welchem die hauptstädtische Polizei nur 5 493 Mann stark war, sind in London 808 652 neue Häuser erbaut worden und neue Straßen und Plätze entstanden, welche eine Ausdehnung von 1833 (engl.) Meilen haben während die Bevölkerung von rund 2 473 758 auf 5 476 447 Seelen stieg. Der Polizeichef betonte in seinem Bericht an den Minister des Innern, daß infolge der rapiden Vergrößerung der Hauptstadt und des Wachsthum ihrer Bevölkerung eine Verstärkung der Polizeimacht dringend geboten sei. Das Publikum behauptet, die Organisation tauge nichts.
- Aus New=York wird gemeldet, daß die Prat'sche Petroleum=Raffinerie, die größte Amerikas, in Brand gerathen ist. Der Hamburger Petroleumdampfer "Hafis", welcher am Bollwerk lag und für Hamburg Ladung aufnahm, wurde von dem Feuer ergriffen und brannte aus. Die Flammen breiteten sich auch noch auf andere dort liegende Schiffe aus, die sämmtlich zerstört wurden.
- Ein Opfer des Geruchs. "Sie wollen ausziehen Herr Müller?" - "Ja, ich kann's nimmer aushalten. Alle Tage kocht eine der Parteien meine Leibspeis' und immer zieht der Geruch herauf in meine Wohnung im vierten Stock.
- Unteroffizier zum Gemeinen Strempel, der beim Bockspringen auf dem Bock sitzen bleibt: "Strempel, Nilpferd, Känguruh, habe ich denn gesagt, daß Sie da oben bivakiren sollen?"


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