No. 77
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Oktober
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 77 Seite 1]

Wer ist der Urheber der Publikation von Kaiser Friedrichs Tagebuch? Der Nat. Ztg. wird mitgetheilt, das Manuskript des Tagebuches habe dem Fürsten Bismarck am Donnerstag bereits vorgelegen. Der Autor, der übrigens thatsächlich ein Exemplar des Tagebuches besitzt, welches ihm Kaiser Friedrich s. Z. verehrte, soll ein alter Bekannter und früherer diplomatischer Kollege Fürst Bismarcks sein, der recht wohl in der Lage war, die Folgen der Publikation zu ermessen. (Der Name liegt bereits vor. Man möchte indessen eine offizielle Kundmachung vor der Nennung abwarten.)
Namentlich eine Stelle im Tagebuch des Kaisers Friedrich wird gegen die Echtheit, wenigstens einzelner Theile desselben geltend gemacht. Es ist die Stelle, in welcher es heißt, "er werde der erste Fürst sein, welcher den verfassungsmäßigen Einrichtungen ohne allen Rückhalt ehrlich zugethan vor sein Volk zu treten habe." Das, sagt man, habe er schwerlich geschrieben, denn diese Bemerkung enthalte eine schwere und ungerechte Beschuldigung des Kaisers Wilhelm.
Aus Kaiser Friedrichs Tagebuch geht u. a. hervor, daß der Kronprinz schon während des Krieges, in welchem die Engländer den Franzosen Waffen verkauft haben, für gute Beziehungen Deutschlands zu England sehr bemüht war. Er erzählt dabei, daß der gefangene Napoleon III. u. a. die deutschen Friedensbedingungen zu ermäßigen suchte durch das Versprechen eines gemeinsamen Krieges gegen England. Der alte Thiers schlug damals vor, den belgischen König zum Kaiser der Franzosen zu machen; Bismarck lachte ihn aus.
Die Münchener "Neuesten Nachrichten", fragen: "Würde Kaiser Friedrich selbst die Veröffentlichung seines Tagebuches gewollt haben? Diese vertraulichen Aufzeichnungen, welche Gedanken und Wünsche eines reichen Geistes und eines warmfühlenden Herzens ohne Rückhalt wiedergeben, die je nach der Stimmung des Verfassers und im Drang der Ereignisse großer Tage geschrieben sind: wurde der Autor gewünscht haben, sie auf dem Markt des Lebens Jedermann zur Diskussion gestellt zu sehen? Und würde er gar gestattet haben, daß ein Dritter "Auszüge" nach seinem Verständniß von Diskretion daraus veranstalte? Ohne Not, glaube wir, hat der Autor der "Auszüge" Dinge mitgetheilt, die vielfach schmerzlich berühren müssen, gerade z. B. in Süddeutschland. Insofern die Veröffentlichung der "Deutschen Rundschau", immer ihre Echtheit vorausgesetzt, das bisher kaum nach Gebühr gewürdigte Verdienst "unseres Fritz" als Bannerträger des deutschen Kaisergedankens ins rechte Licht setzt, wird jeder Deutsche, der den so früh ins Grab gesunkenen herrlichen Mann bewundert und verehrt, sie freudig begrüßen. Aber der edle Verfasser des Tagebuches wäre der Letzte gewesen, der mit seinen Urtheilen und Darstellungen Jemanden verletzen und ihm wehe thun wollte. Und ebensowenig würde es seiner Sinnesart entsprochen haben, daß sich nun über seinem Grabe der Hader der Parteien erhoben hat. Kaiser Friedrichs intimste Aufzeichnungen durften nur mit seinem
Willen veröffentlicht werden, oder mit Zustimmung seiner Wittwe und seines Sohnes, des jetzigen Kaisers, die Beide der Veröffentlichung fern stehen."
Nach einer Mittheilung der Allgemeinen Zeitung in München steht die Veröffentlichung des Tagebuchs des Kaisers Friedrich über den Krieg von 1866 unmittelbar bevor.
Die Villa Reiß bei Cronberg wurde definitiv für die Kaiserin Friedrich angekauft. Darüber herrschte in Cronberg große Freude und das Städtchen prangte in reichem Flaggenschmuck. Ueber den Zeitpunkt, wann Kaiserin Friedrich in ihr neues Besitzthum einziehen wird, verlautet noch nichts Bestimmtes.
Dem Reichstage wird in nächster Session eine Vorlage, betreffend den Bau neuer Kriegsschiffe zugehen.
Windthorst versucht in allen Ländern Europas, wo Katholiken wohnen, und sogar in Amerika, einen Sturmlauf zu Gunsten der Herstellung des römischen Kirchenstaates zu entfachen. Er schreibt, in allen Ländern müssen die Katholiken alljährlich Versammlungen halten und die Abgeordneten jährlich zu einem Weltkongreß zusammentreten.
Für den Aufenthalt des Kaisers in Wien ist folgendes Programm festgesetzt worden: Ankunft in Wien am 3. Oktober früh; am Nachmittag Familientafel, am Abend Konzert in der Hofburg. Am 4. Oktober Frühstück beim deutschen Botschafter Prinzen Reuß, Galatafel in der Hofburg, und Abendgesellschaft beim Erzherzog Karl Ludwig. Am 5. Oktober Frühstück in Schönbrunn, Abreise zu den Jagden nach Steiermark, an denen auch der König von Sachsen Theil nimmt.
Graf Münster, der deutsche Botschafter in Paris hat kurz nach seiner Rückkehr aus Berlin den französischen Minister des Aeußeren, Goblet, besucht und diesen aufmerksam darauf gemacht, daß seit dem bekannten Attentat Garniers auf ein Mitglied der Botschaft ein ganzer Monat verflossen und daß es Zeit sei, die Untersuchung zum Abschluß zu bringen. Der Botschafter soll auch nicht ermangelt haben, dem Minister zu bemerken, daß das unerhörte Treiben der Hetzblätter einen gefährlichen Umfang annehme, daß die fortgesetzten Beschimpfungen des deutschen Kaisers unerträglich erscheinen, und daß die französische Regierung, welche ja stets versichert, die Aufrechterhaltung des Friedens zu wünschen, solches am besten dadurch bethätigen würde, wenn sie endlich ihren Einfluß geltend mache, oder auch nur ihren guten Willen bekunde, um zu erreichen, daß die Hetzpresse wenigstens einigermaßen ihr den Frieden bedrohendes Treiben einstellt. Es muß sich bald zeigen, ob Herr Goblet diesen Vorstellungen zugänglich gewesen ist.
Boulanger läßt ein Manifest an das französische Volk in 10 Millionen Exemplaren drucken, das am Tag der Kammereröffnung ausgegeben werden soll. Er verlangt ein Konsulat, aber nicht Kaiserreich, Abschaffung des Parlamentarismus, des "Juden= und Finanzkrebses", der die Ersparnisse Frankreichs verzehrt" u. a. m.
An der Flottenrevue bei Neapel zu Ehren

[ => Original lesen: 1888 Nr. 77 Seite 2]

Kaiser Wilhelms II. werden 20 Kriegsschiffe und 22 Torpedoboote unter dem Oberbefehl des Admirals Acton theilnehmen. Die Majestäten nehmen ihren Platz auf der Yacht "Savoia." Die in Messina, Catania und Palermo wohnenden Deutschen werden Vertreter nach Rom senden, welche dem Kaiser Wilhelm eine kostbar gebundene Glückwunsch=Adresse überreichen sollen.
König Karl von Rumänien hat während des ganzen letzten Jahres in steter Lebensgefahr geschwebt. Bei den Verhören des Preda Fantanoro, welcher vor drei Monaten in die Fenster des königlichen Palais schoß, stellte sich nämlich heraus, daß dieser, einer der Geheimpolizisten, welche das Palais zu überwachen hatten, ein ganzes Jahr lang mit einem Dolch und einem Revolver in der Tasche umhergegangen ist, um den König zu ermorden. Im entscheidenden Moment verlor er aber stets den Muth. Preda ist für wahnsinnig erklärt. Seine fixe Idee bestand in einem wüthenden Hasse gegen alle Deutschen.
Zuverlässige serbische Berichte stellen fest, daß der König unerschütterlich auf völliger Scheidung beharrt.


- Die vom Güstrower Schwurgericht gegen den Fuhrmannssohn Baeckler aus Crivitz wegen Mordes erkannte Todesstrafe wurde durch landesherrliche Gnade in eine lebenslängliche Zuchthausstrafe umgewandelt.
- Den Hundebesitzern diene zur Nachricht, daß die von den Gerichten ganz verschieden beurtheilte Frage, ob der Besitzer eines Hundes, welcher durch Heulen oder anhaltendes Bellen die Bewohner der Nachbarschaft belästigt, bezw. in ihrer Ruhe stört, wegen ruhestörenden Lärms oder groben Unfugs bestraft werden kann, nunmehr in Berlin, nach völliger Erschöpfung des Instanzenweges, dahin entschieden ist, daß der Besitzer eines derartigen Hundes wegen "groben Unfugs" zu bestrafen ist.
- Ueber eine Spezialmission Kaiser Wilhelm II. enthält die Wiener Extrapost folgende Mittheilung: Kaiser Wilhelm hat gelegentlich seines Besuches eine besonders delikate Misssion übernommen. Der Kaiser überbringt der kleinen Prinzessin Elisabeth eine prächtige Puppe, deren Sprachschatz sich auf sechs Worte erstreckt, und welche Kaiserin Augusta Victoria dem Töchterchen ihrer Freundin, der Kronprinzessin Stephanie sendet. Die Puppe, welche in äußerst kostbare Toilette gekleidet ist, wurde im kaiserlichen Palais von einem großen Theile der aristokratischen weiblichen Jugend Berlins besichtigt und in nicht geringem Grade deren sachverständiges Entzücken erregt haben soll.
- Das Vergnügen, Premierlieutenant zu sein, wird demnächst eine wesentliche Steigerung erfahren, denn, wie die "Köln. Ztg." jetzt aus zuverlässiger Quelle erfahre haben will, soll im Reichstag eine Vorlage wegen Erhöhung des Gehalts der Premierlieutenants eingebracht werden. Freilich ist davon schon öfter die Rede gewesen, ohne daß es bisher dazu gekommen ist.
- Die Offiziere und Einjährig=Freiwilligen der Berliner Escadron des Regiments der Garde du Corps haben 1000 Mark zu einem Denkmal für den während des Manövers bei Fürstenwalde ertrunkenen Unteroffizier der Escadron zusammengebracht.
- Aus dem in Lyon tagenden landwirthschaftlichen Kongreß erstatteten Berichten ergiebt sich, daß die Getreideernte weniger ungünstig ist, als früher angenommen wurde.
- Ein Wirth in Elberfeld verabredete mit einem Kaufmann, daß ihm dieser bis zu einem bestimmten Tag 200 Friedrichskronen a 12 Mk. liefern solle. Der Kaufmann lieferte und verlangte 2400 Mark dafür, der Wirth lehnte die Annahme ab, auch dann als ihm die Stücke durch den Gerichtsvollzieher überbracht wurden. Er sagte der Auftrag sei nur Scherz gewesen. Nun giebts einen theuren Prozeß.
- In Kassel waren im Jahr 1870 außer dem Kaiser Napoleon 3 französische Generale internirt: der Kriegsminister Le Boeuf, Marschall Canrobert und Marschall Bazaine. Die bildschöne Gemahlin des letzteren, eine Creolin, gebar ihm damals ein Söhnlein. Dieses wurde auf eigens eingeführter französischer Erde geboren, damit ihm später seine Geburt im Ausland, und noch dazu auf deutschem Boden, nicht im Wege stände. Der Marschall, der, wie jeder französische General, eine Anwartschaft auf den französischen Thron zu haben glaubte, sorgte auf diese Weise dafür, daß sein Sohn "ein Kind Frankreichs" war! Dieser Sohn ist jetzt spanischer Unteroffizier.
- In der Nacht vom 20. zum 21. v. M. wurde in Neukrug (Kreis Berent Westpreußen) das Schulhaus von Strolchen überfallen und gänzlich zerstört. Der geängstigte Lehrer entfloh, um Hülfe zu holen. Als er mit dem Gendarmen und einem Briefträger zurückkehrte fand er alles im Hause zerschlagen, die Strolche selbst aber nicht mehr vor. Die Familienmitglieder hatten sich in alle Winkel verkrochen und waren den wüthenden Eindringlingen entgangen.
- Für die Auffindung seines von Zigeunern entführten Kindes bietet der Fabrikant Louis Simon auf der Straubenmühle bei Elwangen 500 Mark. Der Knabe ist drei Jahre alt, hat helle, blühende Gesichtsfarbe, blaue Augen und blondes Haar. Er kennt seinen Namen, und wird auf die Aufforderung: "Komm Heinrich, du darfst zu deinem Papa" zu jedem Fremden gehen. Besondere Kennzeichen: der Knabe hat auf der linken Seite des Gesichtes eine 2 Linien breite und tiefe Narbe und daneben ein kleines braunes Muttermal.
- Auf dem Bahnhof der Warschau=Wiener Bahn in St. Petersburg ist am Montag Abend voriger Woche, in einer Kiste verpackt, die Leiche einer jungen Frauensperson gefunden worden. Sie wurde am Tag darauf als die Leiche einer Kaufmannstochter erkannt; die Dame hat in Diensten der geheimen Polizei gestanden und ist in Warschau erwürgt und der Leichnam nach St. Petersburg gesandt worden. Es wird allgemein angenommen, daß hier ein politischer von den Nihilisten ausgeführter Mord vorliegt.
- Ein bedeutender Theil der Arbeiten am Nordostsee=Kanal ist dem Thorner Festungsbauunternehmer Degen übertragen worden. Die Vollendung der Arbeiten ist auf sechs Jahre berechnet. Die Mittheilung: der Gesammtbau sei an eine holländische Firma vergeben, ist demnach unrichtig.
- In England ist ein Büchlein erschienen, das den indischen Gentlemen und Fürsten Anweisungen im guten Ton giebt. Im Kapitel von der Kleidung mahnt er eindringlich, Strümpfe zu tragen, die in Europa Jedermann trage, sogar die Damen.
- Die geheimnißvollen Mordthaten in London haben die Phantasie so erregt, daß jetzt die Annahme auftaucht, der Mörder sei ein Anatom. Die Leichen sollen ganz nach allen Regeln der Kunst seziert sein ?)
- Die Schönheits=Ausstellung in Spaa wurde am 18. September thatsächlich und ganz Programmmäßig eröffnet. An derselben betheiligten sich mehr als zweihundert Damen, darunter einzelne Schönheiten ersten Ranges. Ein starkes Kontingent zu diesem Schönheitsturnier haben Paris, Petersburg, Odessa, Madrid, San Francisco gestellt. Aus Spaa wird darüber vom 20. d. geschrieben: An der Ausstellung nehmen 130 Damen theil. Die meisten Damen hat Wien geliefert. Paris ist durch vier Fräulein vertreten. Außer Concurs steht Fatma Bente Eny, 19 Jahre alt, zu Tunis geboren, arabischen Ursprungs, die als die schönste Frau der Welt gilt. Die erste Concurrentin ist die 18jährige Marguerite Bologne aus Paris. Sehr bewundert werden auch Betty Stukart, 19 Jahre alt, aus Wien, Bertha Gallos aus Bordeaux und Carola Liebel aus Wien, dann die Baronin Anika Dombrensky aus Pilsen. Die Concurrentinnen sind Miß Stopford aus Dublin, Wittwe Antoniolli aus Roanne und Marie Bestelli aus Magenta, sämmtliche drei 34 Jahre alt.
- Der Eiffel=Thurm in Paris, der die nächstjährige Industrie=Ausstellung zu Ehren der Revolution von 1789 krönen soll, hat nicht Seinesgleichen. Er wird 300 Meter hoch, während der Kölner Dom nur 159 Meter mißt, und wird ganz aus Eisen gefügt; er verschlingt 7 Millionen Kilogramm Eisen und kostet 7 Millionen Francs, zu denen der Staat 1 1/2 Millionen Francs beiträgt. Er wird bei weitem das höchste Bauwerk der Welt, die höchste Py=
[ => Original lesen: 1888 Nr. 77 Seite 3]ramide in Egypten mißt nur 146 Meter, die Kathedrale in Rouen 150, der Straßburger Münster 142 Meter über dem Boden. Auf der zweiten Plattform, auf welcher der Erbauer ein Frühstück gab, war die Stille beängstigend, der Lärm von Paris drang hinauf, kurzatmig wie ein Peitschenschlag oder Hammerschlag auf Metall. Der Ingenieur Eiffel ist ein hoher fünfziger und berechnet und zeichnet alles selbst und läßt sich nur von seinem Schwiegersohn und einem Baumeister unterstützen.
- Wie man aus Petersburg meldet, steht der Abschluß einer russischen Anleihe von 100 Mill. mit deutschen Firmen nahe bevor.
- Der Marschall Bazaine ist vom Todte ganz allein überrascht worden, nicht einmal sein ältester Sohn, der in der spanischen Armee dient, war bei ihm. Bazaine hat an einer Herzkrankheit gelitten, die sich durch einen Sturz vom Pferd, den er im Jahr 1885 gethan, noch verschlimmert hatte. Seine Frau und seine jüngeren Kinder haben ihn schon seit Jahren verlassen und befinden Sich in Mexiko. Die Hinterlassenschaft Bazaines ist sehr gering; alle Madrider Blätter haben ihm Nachrufe gewidmet, ihn aber nicht als Verräther, sondern ihn vielmehr als Opfer der politischen Rache dargestellt.
- In Madrid hat am Dienstag das Leichenbegängniß Marschall Bazaines stattgefunden, dem eine gewaltige Volksmenge beiwohnte.
- Der Sohn Bazaines wird die hinterlassenen Papiere seines Vaters veröffentlichen.


Anzeigen.

Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Urliste für die Stadt Schönberg in der Zeit vom 1. bis 8. October d. J. in hiesiger Rathsstube ausliegt. Gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Urliste können Einsprachen von Jedermann innerhalb einer Woche (vom 1. October d. J. angerechnet) erhoben werden, und sind solche schriftlich bei uns einzureichen.
Schönberg, den 24. September 1888.

Der Magistrat.


Torf=Auction.

am Sonnabend, den 6. Oktober d. J. unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen über

150 Mille Preßtorf.

Versammlung Morgens 9 Uhr auf meinem am Lübseer Wege gelegenen Moore.
Roduchelstorf, den 27. September 1888.

P. Grevsmühl.        


Statt jeder besonderen Meldung:
Auguste Meyns
Hermann Studemund
Verlobte.
Bergedorf.                                                     Grevesmühlen i/M.


Ich bringe hiermit in Erinnerung, daß ich selbstverfertigtes Strickgarn in verschiedenen Farben und braunen, blauen und grauen Flanell, auch blaues Wollenzeug, bester Qualität, zum billigsten Preise verkaufe, auch Wolle kratze und spinne.

J. Voss, Tuchmachermeister.        


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Kohlenhelme,
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Stall- und Sturmlaternen
empfiehlt                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Für den Händler Herrn Heuer suche ich zu sofort eine passende Wohnung.

C. Egert.        


Schuh-, Stiefel- und Filzwaaren
in großer Auswahl
empfehle zu den billigsten Preisen.                          
Roßlederne Damenstiefeletten von 6 Mark an.
Lack=Damenstiefeletten von 9 Mark an.
                                                    J. W. Hundt, Schuhmachermeister.


Gewinnliste
der Verloosung bei der Geflügel= und Gartenbau=Ausstellung
zu Schönberg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Lönholdt's
Füll-Regulir-Luftheizungs-
und Ventilations-Oefen
(verbessertes amerikanisches System)
empfiehlt                                                    Aug. Spehr.


Hugo Heincke

empfiehlt sein neu eröffnetes Manufactur=, Kurz= und Weißwaaren=Geschäft angelegentlichst, unter Zusicherung aufmerksamster, reellster Bedienung bei möglichst billigen Preisen.


Kuh Ausschuß=Kühe

von den Gütern: Demern, Kl. Rünz, Löwitz, Bülow, Othensdorf, Zehmen und Nesow sollen

am Dienstag, den 9. October cr.

Mittags 12 Uhr, in Rehna vor dem Schützenhause öffentlich meistbietend gegen Baarzhlung verkauft werden.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 77 Seite 4]

Große Auswahl

in Peitschenstöcken, Peitschen, Spazierstöcken, Harmonikas, Pfeifen, Taschenmesser, Scheeren, Portemonnaies, Hosenträger, Kämme, Spiegel, Uhrketten u. s. w. sowie die neuesten Damenschmucksachen, als Broschen, Ohrringe, Zopfnadeln, Armbänder, Manschettenknöpfe, Fingerringe und sonstige zum Schmuck passende Waaren empfiehlt zu sehr billigen Preisen

H. Brüchmann.        


P. P.                          

Hiermit beehren wir uns, Sie von der Eröffnung eines Herren-Confection-Geschäftes nach Maass unter der Firma

Planthaber & Heitmann

hier, Boye'schem Gasthof gegenüber, in Kenntniß zu setzen. Für größte Solidität unserer Lieferungen übernehmen wir Garantie und bürgen unsere Namen für reellste und prompteste Bedienung.
Selbst nicht von uns entnommene Stoffe werden verarbeitet.
Wir geben uns der angenehmen Erwartung hin, daß Sie bei billigst gestellten Preisen recht bald Veranlassung nehmen werden, uns Ihre werthen Aufträge zuzuwenden.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Planthaber & Heitmann.


Das Putz- und Manufactur-Geschäft von P. Planthaber befindet sich jetzt Siemzerstraße Boye's Gasthof gegenüber.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                                              P. Planthaber.


Zu dem am 7. und 8. October cr. bei mir stattfindenden

Scheiben-Schiessen
ladet ergebenst ein                                                    
                                                    C. Fahrenkrug. Lüdersdorf.
Am 8. October Ball.


Meinen geehrten Gönnern die ergebene Anzeige, daß ich unterm heutigen Tage mein Geschäft nach dem Hause Nr. 11 Lübeckerstrasse verlegt habe. Zugleich empfehle ich:
                Frische                 Leber=Wurst.
                Zungen=Wurst.
                Schinken=Wurst.
                Gekochten Schinken.
                Gekochte Mettwurst.                 Geräucherte Mettwurst.

H. Soltmann.        


Geschäfts=Verlegung.

Meinen geehrten Freunden und Gönnern die ergebene Anzeige, daß ich vom Donnerstag den 4. d. Mts. mein Geschäft nach der oberen Marienstr. 37. verlegt habe. Für das mir bisher in so reichem Maße bewiesene Wohlwollen bestens dankend, bitte ich dasselbe mir auch fernerhin erhalten zu wollen.

Achtungsvoll
W. Maack. Barbier und Zahntechniker.


H. Scheer
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Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 77 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 77 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. October 1888.


- Schönberg. Am Sonntag, den 30. d. Mts., Mittags 1 Uhr, wurde dem Programm gemäß die Geflügel= und Gartenbau=Ausstellung eröffnet und hielt der Cantor Hempel die Eröffnungsrede, in welcher er den großen Nutzen der Geflügelzucht und des Gartenbaues betonte, auch des Umstandes erwähnte, wie nach den statistischen Nachweisungen in den letzten Jahren Deutschland für eingeführtes Obst allein 48 Millionen Mark verausgabt habe und angesichts dieser Thatsache es dringend nothwendig sei, für eine Hebung dieses Nebenzweiges der Landwirthschaft kräftig zu wirken. Zum Schluß brachte er dann ein Hoch auf Unsern Allerdurchlauchtigsten Großherzog aus, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten. Bisher war eine Garten= und Obstbau =Ausstellung hier in Schönberg noch nicht abgehalten worden und sahen daher die Veranstalter sowohl wie das Publikum der Eröffnung mit begreiflicher Spannung entgegen, theilweise auch mit banger Erwartung ob eines Gelingens des Unternehmens. Und siehe da, es waren sämmtliche Abtheilungen der Ausstellung so reichhaltig beschickt, daß auch die hochfliegendsten Hoffnungen bei weitem übertroffen wurden. Und nicht nur reichhaltig vertreten waren Obst, Gemüse, Blumen und das Geflügel, es waren auch in allen diesen Abtheilungen so vorzügliche Sorten und Exemplare anzutreffen, daß selbst die Preisrichter, als welche für Obst, Gemüse und Blumen die Herren Hartwig und Nevermann aus Lübeck, sowie Hörcher aus Wahrsow und für Geflügel die Herren Witting, Lundwall und Schaer von hier fungirten, nicht umhin konnten, ihre besondere Anerkennung auszusuchen. Als besonders hervorragende Stücke der Ausstellung heben wir einen Dörrofen für Obst, ausgestellt von Hrn. Schrep, und eine Brutmaschine, ausgestellt von Hrn. Lundwall, hervor. Die Brutmaschine war in voller Thätigkeit und jedem Besucher Gelegenheit geboten, das Ausschlüpfen der jungen Küken, von den 10 am ersten Tage das Licht der Welt erblickten, zu beobachten; es war denn auch diese Brutmaschine von Neugierigen stets umlagert. - Trotz des nur sehr mäßigen Wetters war die Ausstellung sehr stark besucht und stieg die Anzahl der Besucher theilweise so hoch, daß der große Saal vollständig gefüllt war und Späterkommende wieder umkehren mußten. - An Preisen erhielten:

a. für Obst:

Director Ringeling=Schönberg 1. Preis,
Frau Amtmann Drews=Bauhof 1. Preis,
Schlosser Schrep=Schönberg 2. Preis,
Frau Sattlermeister Bockwoldt=Schönbg. 2. Preis,
Chausseegeldeinneh. Volkmann=Kl. Siemz 3. Preis,
Bürgermeister Bicker=Schönbg. 3. Preis,
Kaufm. Wolgast, Bäcker Wolgast, Gerichtsvollzieher Staffeldt und Actuar Diederich je ein Diplom;

b. für Blumen:

Gärtner Upahl und Gärtner Praeve je einen 1. Preis,
Holdorf=Schönbg. (f. Cakteen) u. Pastorin Kaempffer=Schönbg. (f. einen Blumentisch) je einen 2. Preis,
Lehrer Schaer u. Bezirksfeldwb. Jacobs (f. abgeschn. Rosen) je einen 3. Preis,
Bäcker Wolgast (f. eine Pflanzengruppe) 1 Diplom;

c. für Gemüse:

Gärtner Upahl u. Praeve je einen 1. Preis,
Arbm. Bohnhof u. Frau Bockwoldt je einen 2. Preis,
Bäcker Wolgast u. Frau Petersen je einen 3. Preis,
Gastwirth Krüger, Bäcker Milzow, Kaufm. Wolgast, Gerichtsvollzieher Staffeldt, Bankbeamter Richter (für Blumenkohl) und Bäcker Oldenburg (für Sellerie) je ein Diplom;

d. für Geflügel:
für Hühner:

Volkmann=Kl. Siemz (f. 1,2 Minorka=Hüh.) 1. Preis,
Volkmann=Kl. Siemz (f. 1,2 Silbersprenkel) 1. Preis,
H. Wigger=Grieben (f. 1 Plymouth Rocks) 1. Preis,
Oberförst. Hottelet=Schbg. (f. 1,2 Langshau) 2. Preis,
Kaufm. Maaß=Schönbg. (f. 1,1 Minorka) 2. Preis,
Schlosser Schrep=Schbg. (f. 1,1 Silberlack) 2. Preis,
Kaufm. Sommer=Schbg. (f. 1,1 Rebhuhnfarb. Italiener) 2. Preis,
W. Boye jun.=Schbg. (f. 1,1 schw. Italien.) 3. Preis,
Exekutor Studier=Schbg. (f. 1,1 weiße Italiener) 3. Preis,
Pferdehändler C. Ohls=Schbg. (f. 1,2 rebhuhnfarb. Italiener) 3. Preis,
Bürgermstr. Bicker =Schbg. (f. 1,1 Kreuzungshühner) 3. Preis,

für Tauben:

Volkmann=Kl. Siemz (f. 1 P. Eistauben) 1. Preis,
Volkmann=Kl. Siemz (f. 1 P. Schildtauben) 1. Preis,
Bäckermstr. Miltzow=Schönbg. (f. 1 P. Pfautauben) 1. Preis,
Bäckermstr. Miltzow=Schönbg. (f. 1 P. weiße Pfautauben) 2. Preis,
Kaufm. Hagen=Olndorf (f. 1 P. blaue Möven) 2. Preis,
Bäckermstr. Miltzow=Schönbg. (f. 1 P. Barttümmler) 3. Preis,
Bezirksfeldwebel Jacobs=Schbg. (f. 1 Paar gelbschlägige Möven) 3. Preis,
Bürstenbind. Frentz=Schbg. (f. 1 P. gelbschlägige Möven) 3. Preis,
Pedell Wienck=Schbg. (f. 1 P. Möven) 3. Preis,

für Enten:

Gerichtsvollz. Staffeldt=Schbg. (für 1 P. Kreuzungs=Enten 2. Preis,
Frau Amtmaun Drews=Bauhof (f. 1 P. Rouen=Enten) 3. Preis,

für Ziergeflügel:

Cantor Hempel=Schbg. 3. Preis.
Bankb. Richter=Schbg. (f. einen Kanarienv.) 3. Preis,

- Schönberg. Bei Gelegenheit des letzten großen Feuers in Selmsdorf haben wir in Erfahrung gebracht, daß im Publikum eine Einrichtung noch immer nicht bekannt ist oder doch nicht hinreichend gewürdigt wird, durch welche die Reichspostverwaltung den Einwohnern mit Telephon versehener Dorfschaften die Möglichkeit bietet, in Nothfällen aller Art auch außerhalb der Dienststunden zu jeder Zeit (Tag und Nacht) per Telephon Hülfe herbeizurufen. Es ist dazu nur die Aufstellung eines Alarmapparates an der Hauptstation erforderlich. Die Postverwaltung übernimmt dann den Dienst des Aufpassens auf das Ertönen des Nothsignals unentgeltlich, verlangt jedoch, daß die ersten Anschaffungskosten des Apparates von der betreffenden Ortschaft, welche die Vergünstigung genießt, ersetzt werden. Man sollte nun glauben, daß in Dörfern wie Selmsdorf und Carlow mit Umgegend für solche Zwecke leicht eine so geringe Summe (es handelt sich um eine einmalige Ausgabe von 50 Mk.) zusammenzubringen wäre; bis jetzt aber scheint noch nicht einmal der Versuch dazu gemacht worden zu sein. So mußte denn auch das Selmsdorfer Feuer, weil die Post gerade geschlossen war, nach wie vor durch einen reitenden Boten nach Schönberg gemeldet werden; erst als man durch diesen aufmerksam gemacht war, konnten, wie wir hören, noch einige Depeschen durch die besondere Gefälligkeit des Herrn Postmeisters befördert werden.
- Schönberg. Der "Kölnischen Zeitung" entnahmen wir kürzlich einige Notizen über das französische Lebel=Gewehr. Es ist nicht uninteressant, mit jenen Angaben die entsprechenden Daten für das deutsche Infanterie=Gewehr zu vergleichen. Wir stellen dieselben hier in einer kleinen Tabelle zusammen.

Fr. Gew. D. Gew.
Länge des Gewehrs 1,24 m 1,33 m
Anzahl der Patronen im Magazin           8 8
Kaliber 8 mm 11 mm
Länge des Geschosses 30 mm 30 mm
Gewicht des Geschosses 15 gr. 25 gr.
Gewicht der Pulverladung - 5 gr.
Anzahl der Züge 4 4
[ => Original lesen: 1888 Nr. 77 Seite 6]
Die Züge machen eine ganze Umdrehung auf   240 mm 550 mm
Das Visier reicht bis 2000 m 1600 m

Hiernach bietet das Lebel=Gewehr zwei Vortheile. Einmal sind die Patronen leichter; denn 100 französische Patronen enthalten nur 3 Pfund Blei, 100 deutsche dagegen 5 Pfund. Zweitens reicht der Schuß des französischen Gewehrs bedeutend weiter. Durch das kleinere Kaliber wird nämlich der Widerstand, den die Luft der Bewegung des Geschosses entgegensetzt, sehr vermindert, so daß seine Flugbahn gestreckter wird. Das französische Geschoß erhebt sich daher beim Fernschuß auf eine viel größere Strecke nicht über Mannshöhe über den Erdboden; es bestreicht also auch einen weit größeren Raum. Wegen der langgestreckten Gestalt des Geschosses (von der man sich am besten eine Vorstellung macht, wenn man sich von einem Bleistifte ein 3 Centimeter langes, an einem Ende abgerundetes Stück abgeschnitten denkt) würde dasselbe aber im Fluge sehr leicht umschlagen, wodurch aller Vortheil mehr als verloren ginge; der starke Drall der Züge bewirkt aber eine sehr große Rotationsgeschwindigkeit, so daß sich das französische Geschoß im Fluge nicht weniger als 2500 mal per Sekunde wie ein Kreisel um sich selbst dreht, während das deutsche in derselben Zeit nur 1000 Umdrehungen macht. Es wird dadurch beiden etwa dieselbe Stabilität gegen das Umschlagen gesichert. Somit scheint das Lebel=Gewehr dem deutschen Infanterie=Gewehr bedeutend überlegen zu sein. Die Hauptsache für kleinkalibrige Militärgewehre ist aber das Pulver. Der Schleim des gewöhnlichen Pulvers bewirkt nämlich bei ihnen nach einer geringen Anzahl von Schüssen eine solche Streuung (Abweichung des Geschosses aus der Visierebene), daß alles Zielen illusorisch wird. Sollte sich aber auch das französische Pulver für ein so kleinkalibriges Gewehr als tauglich erweisen, so hängt doch bekanntlich das Treffen im allgemeinen mehr vom Schützen als vom Gewehr ab, und "in die Richtigkeit" sind die deutschen Soldaten den französischen in letzter Zeit ja stets "über" gewesen.
- Der Kaiser hat das Protektorat über die 1889 in Berlin stattfindende Ausstellung für Unfallverhütung übernommen.
- Ein junges und schönes Pfarrtöchterlein überreichte dem Kaiser Wilhelm II. auf dem Manöverfeld bei Dennewitz einen Rosenstrauß mit der poetischen Ansprache:
               "O bitte, grüße Dein hohes Gemahl
               Und die fünf Prinzen allzumal."
Als Dank kam in das Pfarrhaus zurück eine goldene Brosche, die ein in Perlen ausgeführtes "W" trägt.
- Auf dem Gute Schönau wurde am Sonnabend das Erntefest gefeiert und zwar von den Gutsangehörigen der vier Bismarckschen Güter gemeinschaftlich. Als der Erntezug auf dem Gutshof mit Musik angelangt war, wurden vier Erntekränze von je einer Kranzträgerin überreicht, worauf der Inspektor aller vier Güter eine Anrede an die Leute hielt. Dann begann der Tanz. Etwa um 5 Uhr erschien der Reichskanzler im offenen Wagen und sah längere Zeit dem fröhlichen Treiben der Leute zu, bis er den Wagen verließ, ein Glas Bier zur Hand nahm und etwa folgende Anrede an die ihn umstehenden Leute hielt:
"Ich sehe mit Vergnügen, daß ihr alle heiter und vergnügt seid und sage ich noch Allen besten Dank für die Thätigkeit, welche ihr in letzter Zeit habt entwickeln müssen; denn es hieß, die Ernte, welche recht trübe Hoffnungen erwecken mußte, möglichst rasch einzuschaffen, und ist alles noch besser geworden, als man es nach diesem langen Winter und nassen Sommer erwarten konnte. Der Winter hat uns Allen viel Trübes gebracht, wir haben unsern alten Kaiser begraben müssen, und schon wenige Monde später seinen Sohn, unsern Kaiser Friedrich. Hier ist auch nach trüben Tagen wieder Sonnenschein geworden, denn mit Stolz können wir Deutschen auf unsern Kaiser Wilhelm II. blicken, der ein Soldat von Kopf bis zur Sohle ist und gewiß tapfer dreinschlagen wird, mit Hülfe seines Heeres, wenn Deutschland angegriffen würde. Aber Kaiser Wilhelm II. liebt seine Unterthanen zu sehr und wird Alles aufbieten, um ihnen den Frieden zu erhalten; denn diejenigen von Euch, welche vor 18 Jahren mit mir in Frankreich waren, die wissen es, was es heißt, das Erntefest feiern, wenn der Feind im Lande steht, dann bleibt nicht viel für den Landmann übrig, und deshalb wollen wir heute unsers Kaisers gedenken und ihm ein donnerndes Hoch darbringen: "Unser Kaiser lebe hoch."
Fürst Bismarck leerte darauf sein Glas und sagte: "Nun geht hin, Leute, und trinkt auch ein Glas!" was gewissenhaft erfüllt wurde. - Der Fürst blieb dann noch, um mit einigen der Gäste ein paar Worte, häufig recht scherzhaften Inhalts zu wechseln, und wurden ihm auch von drei jungen Damen Blumen überreicht. Beim Fortgehen äußerte sich der Fürst gegen den Inspektor sehr lobend über die ganze Veranstaltung und wünschte, daß den Leuten reichlich zu trinken gegeben werde. Am Abend erhielten die Leute dann Braten und Kartoffeln und süße Speise, worauf nach Dunkelwerden der Tanz auf dem geleerten Kornboden bis 4 Uhr Morgens fortgesetzt wurde.
- Ein lustiges Bild mit der Ueberschrift: "Es ginge wohl, aber es geht nicht" bringt der Berliner "Ulk". Bismarck sitzt, seine lange Pfeife rauchend, in dem Lehnstuhl seines Arbeitszimmers und sieht behaglich lächelnd zu, wie die Herren der Opposition versuchen, sich in seine Aemter und Kleider zu theilen. "Ich habe nichts dagegen," sagt er, "daß die "Jungen" ans Ruder kommen; aber ob ihnen meine Sachen passen werden?" Und sie passen wirklich nicht, Windthorst müht sich mit seinen kurzen Beinchen vergeblich ab, die großen Kürassierstiefeln des Kanzlers anzuziehen und sinkt bis an den Kopf hinein, Richter klettert den hohen Säbel hinan, kommt aber nur bis zur Hälfte, ein Dritter stülpt sich den Helm Bismarcks auf, versinkt aber mit dem ganzen Kopf darin, ein Vierter muß mit dem ganzen Arm in den Reiterhandschuh Bismarcks fahren, der Fünfte und Sechste müssen Huckepack machen, um an das Ministerportefeuille zu kommen und der Siebte reicht nur mit dem halben Kopf auf den Tisch, auf welchem die Reichsakten liegen. Die Herren müssen selber lachen.
- Die Häuser an der Schloßfreiheit in Berlin sind provisorisch für 6 Millionen Mark angekauft worden. Der Platz soll für das Kaiser Wilhelm=National=Denkmal bestimmt sein.
- Im königlichen Opernhause zu Berlin wurde Donnerstag Abend zum erstenmale die Götterdämmerung von Richard Wagner aufgeführt und erzielte einen durchschlagenden großartigen Erfolg.
- Beim Ableben des Vorsitzenden der Kommission für das bürgerl. Gesetzbuch, Geheimraths Pape, wurde bereits mitgetheilt, derselbe sei einer Unterleibsentzündung erlegen. Wie die M. Z. nachfraglich erfährt war diese dadurch veranlaßt worden, daß beim Verehren eines Hähnchens ein Knochen desselben verschluckt wurde, welcher zwar Schlund und Magen glücklich passiert, in den Gedärmen aber sich festgehakt hatte und nicht zu entfernen war.
- Von einer ganz besonderen Bittstellerin berichtet die "Reichenberger Zeitung" aus Friedland, was folgt; Sie war hübsch und jung und möchte für ihr Leben gern einen Mann haben. Das ist aber in unseren Tagen für ein Mädchen nicht so leicht, besonders wenn es kein Geld hat. Doch Emmy wußte sich Rath. Der Kaiser spendet ja, wie die Zeitungen melden, tagtäglich Tausende bald zu diesem, bald zu jenem Zweck; warum sollte er nicht einem armen hübschen Mädchen eine Mitgift schenken? Wie wäre es, so dachte sich die heirathslustige Schöne, wenn ich dem gütigen Kaiser einen Brief schriebe, und ihn um eine Aussteuer bitten würde! Gedacht, gethan. Sie ließ sich in ihrem Sonntagsstaat photographieren, schrieb einen Brief an den Monarchen, worin sie ihre Verhältnisse auseinandersetzte, und bat schließlich, ihr als Mitgift 25 000 Gulden zu spenden. Die kaiserliche Kabinetskanzlei mag diese Forderung etwas unbescheiden gefunden haben, denn vor einigen Tagen kamen Brief und Photographie zurück, aber ohne die 25 000 Gulden.
- Das Joachimsthaler Gymnasium in Berlin ist geschlossen worden, weil ein großer Theil der Schüler an der ägyptischen Augenkrankheit darnieder liegt, welche immer weiter um sich greift.


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