No. 72
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. September
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 72 Seite 1]

Das "Armee=Verordnungsblatt" veröffentlicht folgende kaiserliche Kabinettsordre, betreffend die Herausgabe des neuen Exerzierreglements für Infanterie:
In dankbaren Gedenken an meines in Gott ruhenden Herrn Vaters Majestät übergebe ich hiermit der Armee das aus seiner Anregung hervorgegangene neue Exerzier=Reglement für die Infanterie. Dasselbe soll neben voller Aufrechterhaltung der althergebrachten Zucht und Ordnung, der Ausbildung für die Bedürfnisse des Gefechts weiteren Raum schaffen. Der durch Vereinfachung mancher Formen erreichte Vortheil darf nicht dadurch verloren gehen, daß von irgend Jemand zur Erzielung gesteigerter äußerlicher Gleichmäßigkeit oder in anderer Absicht mündliche oder schriftliche Zusätze zu dem Reglement gemacht werden. Es soll vielmehr der für Ausbildung und Anwendung absichtlich gelassene Spielraum nirgends eine grundsätzliche Beschränkung erfahren. Jeden Verstoß gegen diesen meinen Willen werde ich unnachsichtlich durch Verabschiedung ahnden. Im Uebrigen ist jede Zuwiderhandlung gegen die Festsetzungen des 1. und 3. Theils mit Ernst zu rügen, mißverständliche Auffassung des 2. Theils dagegen in belehrender Form zu berichtigen
Berlin, den 1. September 1888.       Wilhelm.
Am Sonntag Vormittag begleitete der Kaiser seine Gemahlin auf deren erstem Kirchgange nach der Geburt des jüngsten Prinzen nach der Friedenskirche zu Potsdam. Nach dem Gottesdienste kehrten der Kaiser und die Kaiserin sofort nach dem Marmorpalais zurück.
Die Theilnahme des Kaisers an den Feierlichkeiten zur Eröffnung des Hamburger Zollanschlusses ist nunmehr definitiv zugesagt. Infolge dieser freudigen Nachricht waren am Sonnabend alle Zollanschlußbauten reich beflaggt. Die Arbeiten am Hafen, welche zum Eintreten des Zollanschlusses nothwendig sind, können als abgeschlossen betrachtet werden, ebenso ist die elektrische Beleuchtung fertig gestellt.
Wie zuverlässig verlautet, sollen für den Kaiser für das diesjährige Feldmanöver 2 Lagerzelte mitgeführt werden, welche gelegentlich von ihm als Unterkunft benutzt werden sollen. Dieselben sind in England angefertigt und von dort dem Kaiser zum Geschenk gemacht.
Fürst Bismarck wird für den 15. September in Berlin erwartet, um einem Ministerrath zu präsidiren.
Der diesjährige Ueberschuß im preußischen Staatshaushalt soll, wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, nahezu hundert Millionen betragen. Regierung und Landtag werden durch diese Fülle der Gaben in eine angenehm zu nennende Verlegenheit gesetzt - indessen wird die Sache weniger angenehm, wenn man bedenkt, daß nun erwogen werden muß, was zu geschehen hat, um die Einnahme so zu bemessen, daß sie den Voranschlag nicht wieder so beträchtlich übersteigen. In erster Reihe kommt es darauf an, zu wissen, aus welchen Einnahmequellen vornehmlich die Ueberschüsse resultieren. Da es feststeht, daß der Eisenbahn=Etat einen Hauptantheil an dem Anschwellen der Einnahmeziffern hat, tritt die Frage der Ermäßigung der Tarife wieder in den Vordergrund.
Das ärztliche Vereinsblatt für Deutschland, Organ des fünftausend Mitglieder starken deutschen Aerzte=Vereinsbundes, veröffentlicht eine scharfe Erklärung gegen Mackenzie, in der es heißt, Mackenzies Verhalten verdiene keine Entschuldigung. Nicht nur habe er durch die unrichtige Diagnose die erfolgreiche rechtzeitige Operation verhindert, er habe den damaligen Kronprinzen auch durch eine unnütze Treiberei von Ort zu Ort der Kontrolle der deutschen Aerzte entzogen. Indem habe er seine eigene Behandlung nicht einmal konsequent durchgeführt. "Wir beklagen es also auf das Tiefste, daß das teure Haupt unseres Herrscherstammes eine so ungeeignete ärztliche Behandlung genoß und zugleich, daß auf deutsche Kunst und Wissenschaft, wenn auch vorübergehend, mit Unrecht ein Schatten fiel."
Im Befinden des Wirkl. Geh. Rathes Dr. Pape ist am Montag eine weitere Verschlimmerung eingetreten, die den Tod zur Folge hatte. Die Sitzungen der Civilgesetzbuchs=Commission finden jetzt unter Vorsitz des Geh. Rathes Johns statt.
Während der Festtage in Rom und Neapel anläßlich des Besuches Kaiser Wilhelms II. wird außer einem italienischen Geschwader, ein englisches, ein deutsches und ein österreichisches im Golf von Neapel anwesend sein. Diese imposante friedliche Flottendemonstration, die zu Ehren Kaiser Wilhelms sich vollzieht, bildet einen der interessantesten Punkte des Programms der Monarchen=Zusammenkunft.
Unheimliche Gerüchte zirkulieren schon seit längerer Zeit in Rom über die Gesundheit des Königs von Italien. Dieselbe läßt thatsächlich viel zu wünschen übrig. König Humbert leidet in neuerer Zeit ungemein an periodischen Ohnmachtsanfällen. So wird erst jetzt bekannt, daß der König jüngst bei der großen Parade zu Faenza in der Romagna inmitten der glänzenden Suite vom Pferde sank und sicher dabei Schaden genommen hätte, wenn nicht zwei Stallmeister noch rechtzeitig ihn aufgefangen hätten.
Die Spionenriecherei der Franzosen wäre zum Lachen, wenn sie nicht manchmal so ernste Folgen haben könnte. In Grenoble sind zwei Vollblut=Ungarn, welche die Reblauskrankheit studieren sollten, als deutsche Spione verhaftet, aber noch desselben Abends wieder freigegeben worden. Der in Nizza verhaftete deutsche "Spion" von Hohenburg wird noch immer festgehalten, obschon er sich an den deutschen Konsul gewendet hat, dem er seit längerer Zeit als Sprachlehrer bekannt ist.
Seine lange bourbonische Nase giebt Fürst Ferdinand von Bulgarien den europäischen Witzblättern gern zum Besten, er wartet ab und setzt sich immer fester in den Sattel. Sein Einfluß wächst. Vorsichtig, tastend, oft einen Schritt zurücknehmend, den er vorwärts zu machen versuchte, geht er zu Werk. Er ist nicht schwach und wetterwendisch, sondern hat fest sein Ziel im Auge, das er mit Vorsicht

[ => Original lesen: 1888 Nr. 72 Seite 2]

verfolgt. Es ist interessant, das Urtheil kluger Männer in Bulgarien zu hören, wenn sie ihn mit seinem Vorgänger, dem tapferen Battenberger, vergleichen. Alexander, sagen sie, wäre ohne den Sieg von Slivniza verloren gewesen, er war dem Land zu russisch, zu unbestimmt, zu seinem Schaden auch zu vertrauensselig, zu offen, trug das Herz zu sehr auf der Zunge. Der Coburger ist diplomatischer und leidenschaftsloser, er weiß, wenn es noth thut, den Fürsten zu zeigen, versteht es aber auch, sich klug unterzuordnen, er paßt ganz gut zu den klugen Bulgaren, die selten heftig ihre Stimmungen äußern, sondern ihr Ziel mit schlauen Behelfen und listigen Windungen erreichen. Dazu hat Ferdinand eine glückliche Eigenschaft, die in Bulgarien viel werth ist: er ist reich und hat eine offene Hand. Sein Geld wandert in alle Richtungen des Landes, auf seinem Schreibtisch thürmen sich Bittgesuche und keines bleibt unerledigt, die Wände seines Schlosses beleben sich mit Bildern sehr zweifelhaften Werthes, der Fürst hat sie von jungen Bulgaren gekauft, die den Beruf in sich fühlen, Künstler zu werden. Er unterstützt Vereine, die seiner bedürfen, Offiziere, die Einnahmen und Ausgaben nicht im Gleichgewicht zu halten verstehen, Gemeinden, welche sich vergeblich an die Regierung gewendet haben. So trägt sein Vermögen dazu bei, daß die Leute lernen, von ihm Hülfe und Rettung zu erwarten.
- Schönberg. Die hiesige Genossenschafts=Meierei bezahlte an ihre Aktionäre im Monat August 8 Pf., an die Lieferanten einen Bruchtheil weniger für den Liter Milch.
- Schönberg. Am Montag wird im Boye'schen Saale hieselbst der in ganz Deutschland bekannte Darsteller Reuter'scher Charaktere und Reutervorleser Herr August Böhmer Vorlesungen aus Fritz Reuters Dichtungen halten. Demselben geht ein künstlerischer Ruf in diesem Fache voraus. Von Interesse dürfte es sein zu erfahren, daß Herr Böhmer im vorigen Winter die Ehre hatte, von Sr. Hoheit dem Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg nach Potsdam berufen zu werden, um in dessen Palais eine Reuter=Vorlesung zu halten und wurde derselbe von dem unter den Gästen anwesenden jetzigen Kaiser Wilhelm II. nebst Gemahlin ganz besonders ausgezeichnet. Am 29. August recitirte Herr Böhmer im Großherzoglichen Kursaal am Heilgendamm in Gegenwart des Mecklenburgischen Hofes und erhielt nach Schluß der Vorlesung von den Allerhöchsten Herrschaften, die sich den Künstler vorstellen ließen, um ihm für den hohen Kunstgenuß ihren Dank auszusprechen, die ehrenvolle Einladung, im Herbst nach Schwerin zu kommen und im Großherzoglichen Schloß eine Vorlesung zu halten, sowie an der dortigen Hofbühne in seiner Meisterleistung als "Bräsig" anzutreten. Wir sind überzeugt, daß das kunstsinnige Schönberger Publikum die Darbietungen eines so berühmten Künstlers auch durch zahlreichen Besuch zu schätzen wissen wird.
- Wie sehr die Behandlung von Hornvieh die größte Vorsicht gebietet, mag nachstehender Fall, der sich dieser Tage in Garlitz in der Sudeniederung zugetragen, zeigen. Die Frau eines dortigen Händlers begiebt sich des Mittags in den Kuhstall zum Melken. Der Knabe bleibt auf der Futterdiele vor den Kühen stehen. Indem die Frau die eine Kuh melkt, drängt sich die andere, der sie den Rücken zugewandt, seitwärts an sie hinan und die Frau wird von derselben umgestoßen. Die Arme, so zwischen den Kühen liegend, daß ihr Kopf den Köpfen der Thiere zugewandt, wird jetzt mit den Hörnern und Füßen derselben so bearbeitet, daß sie bald die Besinnung verliert. Außerdem wird auch der Knabe von einer der Kühe erfaßt und zum Glück soweit in den Stall geschleudert, daß er hinter dem Vieh zu liegen kommt. Die Tochter der Frau, die Mutter des Knaben, kehrt gerade in diesem Augenblick vom Felde heim. Durch das Wuthgebrüll der Kühe aufmerksam gemacht, eilte sie sofort in den Stall und entreißt unter Aufbietung aller Kräfte und mit eigner Lebensgefahr ihre Mutter einem schrecklichen Tode. Am Kopf und Oberkörper mit Wunden und Beulen bedeckt, ist dieselbe erst nach etlichen Stunden ins Bewußtsein zurückgekommen, nachdem ein Arzt telegraphisch herbeigerufen. Hoffnung auf erhalten des Lebens ist vorhanden. Der Knabe ist, der "M. Z." zufolge, unverletzt geblieben.


Farbige Seidenstoffe v. Mk. 1,55 bis 12,55 p. Met. (ca. 2000 versch. Farb. u. Dess.) - Atlasse, Faille, Française, "Monopol", Foulards, Grenadines, Surah, Sat. merv., Damaste, Brocatelle, Steppdecken- u. Fahnenstoffe, Ripse, Taffete etc. - vers. roben und stückweise zollfrei in's Haus das Seidenf. Depôt G. Henneberg (k. u. K. Hoflief.) Zürich Muster umgehend. Briefe kosten 20 Pf. Porto.


Anzeigen.

Am Dienstag, den 18. September d. J., Nachmittags 3 Uhr, sollen im Mühlen= und Moorkamp vor dem Siemzerthore (dem sog. Fock'schem Acker) 54 Parzellen auf 10 hinter einanderfolgende Jahre an Ort und Stelle meistbietend verpachtet werden.
Die Verpachtungs=Bedingungen werden vor der Verpachtung verlesen.
Pachtliebhaber sind hierdurch zu zahlreichem Erscheinen eingeladen.
Schönberg, den 12. September 1888.

Der Magistrat.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Sonnabend, den 15. d. Mts. Nachmittags 3 Uhr sollen beim Arbeitsmann Hagen in Torriesdorf

1, 2 Ferkel und
2, die auf ca. 50 Quadratruthen Ackerland ausgepflanzten Kartoffeln
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.

Staffelt, Gerichtsvollzieher.        


Torf=Auction.

Am Sonnabend, den 15. d. Mts., Morgens 9 Uhr, werde ich

100 Mille Formtorf

öffentlich meistbietend verkaufen. Kaufliebhaber wollen sich zur genannten Zeit bei mir einfinden.
Roduchelstorf d. 7. September 1888.

P. Bockholdt.        


Auction in Selmsdorf

am Sonntag, den 16. September, Nachmittags 1 1/2 Uhr über

Haus- und Küchengeräthe, Buchenholz 1 Wagen mit eisernen Achsen und Wagenketten.

Büdner Johann Freitag.        


Zur Deckung der Brandschäden, Unterhaltung der Spritzen und zu den Verwaltungskosten vernothwendigt sich für das Jahr 1888 ein Beitrag von Cl. Ia. 15 Pf., Cl. Ib. 18 Pf., Cl. II. 24 Pf., Cl. III. 30 Pf. für je 100 Mk. der Versicherungssumme.
Der Zahlungstag wird den einzelnen Ortschaften noch besonders angezeigt werden.
Schönberg, den 13. September 1888.

Die Direktion der Feuer-Versicherungs-Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg.
C. J. W. Burmeister.                           F. Stüve.


Möbel-Versicherungs-Verein im Fürstenthum Ratzeburg.
Versammlung am 23. September,
Nachmittags 3 Uhr,
beim Gastwirth Jabs in Schlag=Resdorf.

Der Verein tritt in Wirksamkeit am 1. Oktober d. Js. resp. am 1. Januar 1889. Anmeldungen zum Eintritt bitten wir bis dahin bei den Kreisvorstehern oder beim Vorstand zu machen.
Schlag=Resdorf, den 10. September 1888.

W. Ollmann. Sekretär.        


Ausloosung
von 13 Antheilscheinen aus dem Schützenhause.
Folgende Nummern: 298, 150, 245, 228, 262, 412, 153, 410, 58, 419, 351, 319, 132.
Schönberg, den 12. September 1888.

Der Vorstand.
C. Schultz.           F. Baer.           J. Greiff.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 72 Seite 3]

Geschäfts=Eröffnung.
Am heutigen Tage eröffnen wir hierselbst Sandstresse 19
unter der Firma
Gebr. Ballerstedt
ein Geschäft in
Damen-Kleiderstoffen & Confection,
und halten unser reichhaltiges, mit allen Neuheiten der Saison ausgestattetes Lager bestens empfohlen.
                                              &nbs                                                    
Gebr. Ballerstedt.


2 mal täglich (auch Montags)
M. 4, - per Quartal bei allen Deutschen Postanstalten.
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Unparteiische Zeitung.
Schnelle, ausführliche und unparteiische politische Berichterstattung. - Wiedergabe interessirender Meinungsäußerungen der Parteiblätter aller Richtungen. - Ausführliche Parlaments-Berichte. - Militairische Aufsätze. - Interessante locale Theater- und Gerichts-Nachrichten. - Gute Feuilletons. - Eingehendste Nachrichten über Musik, Kunst und Wissenschaft. - Ausführlicher Handelstheil. -Vollständigstes Coursblatt. - Lotterielisten. - Personal=Veränderungen in der Armee und in der Civilverwaltung vollständig.
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Gleichzeitig zwei
äußerst spannende Romane:

1. "Verwirrte Fäden" von August König
2. "Lieben und Leiden", von M. Bernhard.

Der Anfang der beiden Romane wird auf Verlangen gratis und franko nachgeliefert.

        

7 (Gratis-)Beiblätter

1. "Der Hausfreund" illustrirte Zeitschrift von 16 Druckseiten wöchentlich.
2. "Illustrirte Modenzeitung" monatlich
3. "Humoristisches Echo" wöchentlich
4. "Verloosungsblatt", zehntägig
5. "Landwirthschaftl. Zeitung", vierzehntägig.
6. "Zeitung für Hausfrauen", do.
7. "Producenten und Waaren=Marktbericht", wöchentlich.

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Probenummern gratis und franco


Dem geehrten Publikum empfehlen wir unser neu eingerichtetes Roll= und Wagenfuhrwerk zur geneigten Benutzung von einzelnen Frachtgütern sowohl als auch ganzen Frachtfuhren von und nach dem Bahnhofe Schönberg, sowie auch zur bevorstehenden Umzugszeit zum Transport von Gegenständen aller Art.
Schönberg im September 1889.

L. Schütt.         F. Bielfeldt.


Die Großherzoglichen Gypswerke zu Lübtheen haben mir für den hiesigen Platz ihre Fabrikate übertragen und empfehle ich

reinen fein gemahlenen Düngergyps
ff. Putz=Gyps                                                    
zu Fabrikpreisen.
                                                    J. H. Freitag.


Ende dieses Monats trifft eine Sendung guter Eßkartoffel zu billigen Preisen bei mir ein und nehme ich Bestellungen gern entgegen.

J. H. Freitag.        


Reise=Koffer

in allen gangbaren Größen, solid und dauerhaft gearbeitet, von Mark 3,50 an, stets in großer Auswahl vorräthig bei

H. Bockwoldt, Sattler.        


R. Jatzow, Augenarzt,
verreist am Sonntag, den 16. September.


Preiswerth zu verkaufen ca. 60 []Ruthen
guten Klee
aus dem Stamme.                                                    
                                                    P. Fanselow.


Zu verkaufen ein schöner sprechender                          
Papagei,
bei                                                    H. Mettscher, Schuhmachermeister.


Ich beabsichtige meine                          
obere Wohnung
nach vorne zu Ostern 1889 zu vermiethen.                          
                                                    M. Schultze Wwe.
                                                    Lübeckerstraße 8.


Zu Michaelis ist eine                                                    
Wohnung
zu vermiethen bei                                                      
                                                    H. Lohse in Rupensdorf.


Suche zum 1. November d. J.                          
ein junges Mädchen
zur Stütze der Hausfrau, welches schneidern kann.                          
                                                    Frau C. Hoffmann,
                                                    Lübeck, Hüxstraße 51.


Feine Eßkartoffeln
im October zu liefern empfiehlt billigst                          
                                                    Aug Spehr.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 72 Seite 4]

Schönberg.
Im Saale des Herrn Boye am
Montag, den 17. September, Abends 8 Uhr:
Fritz Reuter Vorlesung
von August Böhmer.
Entree an der Abendkasse 75 Pfg. - Billets zu ermäßigten Preise von 60 Pfg. sind vorher bei Hrn. Boye zu haben.
Es circulirt eine Subscriptionsliste.


Ausstellung
von Geflügel, Blumen, Gemüse und Obst
am 30. September und 1. October d. Js.
zu Schönberg i. M.
im Saale des Gastwirths Freitag.

Zur Betheiligung an dieser Ausstellung laden wir hierdurch mit dem Bemerken ergebenst ein, daß zur Ausstellung nur selbstgewonnene Erzeugnisse des Gartens und Obstbaues gelangen sollen, und Jeder im hiesigen Fürstenthume theilnehmen kann.
Eine vorherige Anmeldung der auszustellenden Gegenstände ist nicht erforderlich, die Einlieferung derselben erfolgt im Saale des Hrn. Freitag am Sonnabend, den 29. September von Morgens 8 bis Abends 5 Uhr, abgeschnittene Blumen jedoch können noch am 30. September von Morgens 6 bis 8 Uhr eingeliefert werden.
Die Rückgabe der ausgestellten Sachen geschieht am Dienstag, den 2. October, von Morgens 8 bis 12 Uhr Mittags. Etwa in dieser Zeit nicht abgeholte Ausstellungsgegenstände können bis Freitag, den 5. October, Mittags, durch Vermittelung des Herrn Lundwall abgefordert werden, alle bis dahin nicht zurückgenommenen Gegenstände verfallen zum Besten der Kasse.
Eintrittskarten zum Besuche der Ausstellung kosten für Erwachsene 20 Pfg., für Kinder 10 Pfg. und werden an der Casse gelöst.
An Preisen werden vertheilt werden für Blumen 6 Geldpreise und 4 Diplome, für Obst 6 Geldpreise und 4 Diplome, für Gemüse 6 Geldpreise und 4 Diplome und für Geflügel 60 Mark Geldpreise und 20 Diplome.
Schönberg, den 9. September 1888.

Der Vorstand des Vereins für Geflügelzucht.


Stadt Lübeck.
Am Sonntag, den 16. d. Mts.
Auskegeln von Geflügel.
Abends: Tanzmusik.
Es ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. H. Freitag.
NB. Am Monntag, den 23. d. Mts.
                                                    
Großes Concert mit nachfolgendem Ball.


Zu dem am 16. und 17. September bei mir stattfindenden

Scheiben=Schiessen

nach guten Gewinnen erlaube mir hiermit ergebenst einzuaden.

Am Montag, den 17. September: Tanz
                          Gastwirth=Ww. Holst, Neue Welt.


Zum Erntebier
am Sonntag, den 16. d. Mts.
ladet freundlichst ein                                                    
Sülsdorf.                                                    J. Wienck, Gastwirth.


Särge aus Eichen= und Tannen=Holz hält in großer Auswahl vorräthig und empfiehlt solche zu den billigsten Preisen.

Kiel & Rindfleisch.       


Ich beabsichtige meine Ländereien nebst Wiesen von jetzt an auf mehren Jahre im ganzen oder parzellenweise zu verpachten. Pächter wollen sich bei mir melden.

J. Voß, Tuchmacher.        


Kirchliche Nachrichten
Sonntag, den 16. September.

        Frühkirche: Pastor Langbein.
        Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
        Amtswoche: Pastor Kaempffer.

Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 11.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 72 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 72 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 14. September 1888.


- Als einst Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich, durch ein kleines schlesisches Städchen fuhr, hatten sich alle Vereine im Festzug auf dem Bahnhofe aufgestellt, um den Kronprinzen zu begrüßen. Der Zug fuhr langsam und der Kronprinz grüßte. Die Männerchöre stimmten einen Festgesang an. Zwanzig Tenoristen schmetterten wie eine Fanfare die Anfangsworte der Festhymne heraus, die Bässe wiederholten eine Oktave tiefer dieselben Worte, noch einmal nahm der Tenor den Anfang auf und dann brausten 50 kräftige Männerstimmen dem hinausschauenden Königssohn entgegen. Da verfinsterte sich plötzlich dessen Auge, die Züge seiner Begleiter wurden zornig und der Zug brauste weiter. Verduzt stand die Sängerschaar und das Publikum über das unterbrochene Opferfest. Was war geschehen? Die Hymne war eine Art von Canon. Der Tenor hatte begonnen: "Hängt ihn auf", kraftvoll hatte der Baß geantwortet: Hängt ihn auf! und endlich der ganze Chor, "Hängt ihn auf!" Dann war der Zug weiter gefahren. Die Sänger hatten aber hinterdrein gesungen; "Hängt ihn auf den frischen Loorberkranz, dem Königssohn zum Preise, der recht nach Zollernweise etc." Die Sache klärte sich bald auf und der Kronprinz hat später viel darüber gelacht.
- Ueber die Einstellung der Rekruten hat das Kriegsministerium in Berlin angeordnet: die Einstellung der Rekruten zum Dienst mit der Waffe nach näherer Anordnung der Generalkommandos bei der Kavallerie in der Zeit vom 1.-6. Oktober, bei den übrigen Truppentheilen in der Zeit vom 5.-10. November zu erfolgen; die für das Pommersche Fuß=Artillerie=Regiment Nr. 2, die Unteroffizierschulen, ferner die als Oekonomie=Handwerker ausgehobenen Rekruten sind am 1. Oktober und die Trainsoldaten für den Frühjahrstrain am 1. Mai 1888 einzustellen.
- Auch in diesem Jahre werden gegen Ende Oktober in Blankenburg am Harz große Hofjagden abgehalten werden, wozu der Regent Prinz Albrecht bereits Einladungen an deutsche Fürsten und andere hervorragende Persönlichkeiten ergehen ließ. Man rechnet auch auf die Theilnahme des Kaisers Wilhelm an diesen Jagden, welche voraussichtlich am 25. und 26. Oktober stattfinden werden.
- "Wann wird der Gustav=Adolf=Schwindel endlich einmal aufhören?" fragte jüngst ein in Westfalen erscheinendes ultramontanes Blatt. Die Generalversammlung des Vereins in Halle giebt darauf die rechte Antwort durch Thatsachen: die Theilnahme wächst innerlich und äußerlich, der Verein blüht und Kaiser Wilhelm hat wie sein kaiserlicher Vater und Großvater das Protektorat "wie ein heiliges Vermächtniß seines Hauses" übernommen und seinem jüngsten Sohn die Namen Gustav Adolf gegeben. Die Einnahmen sind auf 907 000 Mark gestiegen und haben die vorjährigen um 104 000 überstiegen; die Verwendungen seit seinem Bestehen haben die Höhe von 2 1/2 Millionen erreicht, es sind in diesem Jahre mit Hülfe des Vereins 17 Kirchen und Kapellen gebaut, 4 Schulhäuser eingeweiht und 4 Pfarrhäuser vollendet worden. 353 äußerst bedrängte Gemeinden bitten um Unterstützung zum Kirchbau, 153 zum Schulhausbau, 119 zum Pfarrhausbau. Am thätigsten für den Verein ist Württemberg. Der Schriftführer v. Criegern schloß seinem Vortrag mit den Worten: "Endlich scheinen die Millionen von schlafenden Evangelischen zu erwachen, die meinen, daß sie die höchsten Güter, die sie besitzen, ohne eigene Mitarbeit genießen können.
- Mackenzies letzte Forderung ist, wie das "Berliner Fremdenblatt" meldet, vor einigen Tagen vom Berliner Hofmarschallamt im Betrag von 315 Pfund Sterling = 6300 Mk. ausgezahlt worden. Mackenzie hat diesen Betrag für die vier Tage, die er nach dem Tod Kaiser Friedrichs in Friedrichskron sich aufgehalten hat, verlangt. Die Auszahlung verzögerte sich so lange, weil Mackenzie eine an ihn von dem Hofmarschallamt gerichtete Frage, ob dies seine letzte Forderung sei, nicht beantwortet hatte. Erst als von der Beantwortung dieser Frage die Auszahlung abhängig gemacht wurde, erklärte Mackenzie, daß diese Forderung seine letzte sei. Ueberhaupt hat zwischen Mackenzie und dem Hofmarschallamt wegen einzelner Forderungen öfter eine längere Correspondenz stattfinden müssen.
- Dreikaiser=Nickel werden vom Volksmunde die Zehnpfennigstücke mit der verhängnißvollen Jahreszahl 1888 genannt. Auch für diese Münzen finden sich Sammler.
- Die 100. Apotheke in Berlin ist am Freitag eröffnet worden.
- In Berlin brennt's fast jeden Tag. Im Jahre 1887 hat's dort gegeben 34 große, 96 mittlere, 835 kleine mit und 3036 kleine Brände ohne Allarmierung der Feuerwehr. 6-12 Brände an einem Tag scheinen die Regel.
- Es giebt auch einen Dummen=Jungen=Trost. Alexander von Humboldt, an den man später aus der neuen in die alte Welt schrieb: "An Humboldt in Deutschland" galt und hieß bis zum 12. Jahre in seiner Familie nur der "dumme Junge". Dem berühmten Botaniker Linné erklärten seine Lehrer täglich, aus Dir wird nie etwas Gescheites, und ebenso erging es dem berühmten Arzt Hufeland. Verlassen aber darf sich keiner darauf. Obgleich mancher Student auf der Universität nicht so oft gepaukt und so oft die Kollegien geschwänzt hat, wie der Studiosus Bismarck, ein Bismarck ist er doch nicht geworden, oder er müßte noch im tiefsten Inkognito leben.
- Auf dem Schlachtfeld von Auerstädt bei Jena wurde am 9. September dem Herzog von Braunschweig ein neues Denkmal errichtet und geweiht. Der 71jährige Herzog, der die Schlacht am 14. Oktober 1806 kommandirte, verlor durch einen französischen Schuß beide Augen, mußte bis nach Ottensen bei Hamburg flüchten und starb dort. Großherzog Karl August hatte ihm 1808 auf dem Schlachtfeld einen Sandstein=Obelisken errichten lassen, der seitdem verfallen ist; daher hat die braunschweigische Regierung ihm einen neuen Denkstein errichtet.
- Auf der Polizei in Aachen wird man umsonst photographiert, wenn man ein Sozialdemokrat ist. Einer, dem's dieser Tage so erging, trotz seines Protestes, ging sofort zum Gericht und verklagte die Polizei.
- August Willer ist der Name des berüchtigten Silberdiebes in Frankfurt a. M. Die Polizei hat unendliche Mühe gehabt, ihn herauszubringen, denn Willer ist ein alter gewitzter Verbrecher, hat ein halbes Dutzend Namen geführt und seit Jahrzehnten, jedesmals unter anderem Namen, in den verschiedensten Zuchthäusern Deutschlands gesessen und ist meist wieder ausgebrochen, oder auf dem Transport entflohen. Er hat so viele Verbrechen und Strafurtheile auf dem Kerbholz, daß er hundert Jahre alt werden müßte, um sie abzusitzen. Seit vier Jahren trieb er in Frankfurt a. M. sein Handwerk, bei Tag als biederer Rentner und Ehrenmann, bei Nacht als Einbrecher. Den Philistern an seinem Stammtisch steigen die Haare zu Berg über ihren vertrauten und biederen Kammeraden. Wie oft haben sie mit ihm über den frechen Silberdieb geplaudert.
- In Offenbach trat nach dreijährigen Bohrversuchen eine (Mineral) Natron=Lithionquelle zu Tage, welche nach Fresenius Analyse alle ähnlichen Quellen Europas an Ergiebigkeit weit übertrifft.
- Ein in Merheim bei Kalk wohnenden Arbeiter wurde im Feldzug 1870 von einer Kugel in den Kopf getroffen, wodurch ihm ein Auge verloren ging. Er wurde geheilt, litt aber seitdem an heftigen Nervenschmerzen, gegen die kein Arzt helfen konnte. Am letzten Sonnabend trat bei dem Mann heftiges Na=

[ => Original lesen: 1888 Nr. 72 Seite 6]

senbluten ein und am Montag öffnete sich ihm im Rachen ein Geschwür, aus welchem die seit 18 Jahren in seinem Kopf befindliche Kugel, ein Mitrailleusengeschoß, ca. 40 Gramm schwer, zu Tage trat. Der alte Krieger befindet sich in sorgfältiger ärztlicher Behandlung und wird hoffentlich mit der Kugel nun auch sein langjähriges Leiden los sein.
- Ein Schornstein aus Papier, 54 Fuß hoch, ist jetzt in Breslau aufgestellt. Die Papiermasse ist zu solchen Zwecken ganz gewaltig zusammengepreßt und ist dann sehr hart.
- Wenn's gut fortgeht, so sind die Schulden des unglücklichen Königs Ludwig II. in zwei Jahren vollständig getilgt. Es ist viel gespart und viele Mobilien und Immobilien sind verkauft worden und die Hunderttausende von Wißbegierigen, welche die Schlösser des Königs besucht haben, haben auch dazu beigetragen, den Berg abzutragen, den viele für ein Riesengebirge angesehen hatten.
- Auf der Deutschherrenwiese in Nürnberg läßt sich der Schnelläufer Dibbels aus Wien sehen. Er umläuft in einer Stunde 38 Mal die Runde, was einer Länge von 19 km. gleichkommt. 5 der besten Turner wollten mit ihm laufen, aber keiner konnte mehr als 4-5 Runden ausholten. In den nächsten Tagen wird Dibbels mit einem trabenden Pferd um die Wette laufen.
- Beim Erklären seines Magazingewehres schoß in Abensburg bei Regensburg ein im Manöver befindlicher Soldat einem in der Nähe stehenden Mann den Pfropfen einer Platzpatrone so unglücklich an den Kopf, daß der Getroffene besinnungslos zusammenbrach und man seinen Zustand für lebensgefährlich hält.
- Infolge starken Anschwellens der Etsch werden Ueberschwemmungen befürchtet.
- Auf dem Friedhof auf der Schelz in Wien sind am Dienstag die Gebeine der im Jahre 1848 gefallenen Kämpfer, der sog. März=Gefallenen ausgegraben und auf dem Zentral=Friedhof wieder beerdigt worden.
- Das belgische Ministerium hat die gänzliche Aufhebung der Zuckerbesteuerung beschlossen, was für die Staatskasse eine Mindereinnahme von sechs Millionen Francs bedeuten würde.
- Es ist unglaublich, was die Franzosen in phantastischen Erfindungen leisten. So erzählt die "France" in Paris, in Pont à Mousson hätten im Jahr 1870 sieben preußische Husaren sich vor einem französischen Reiter in ein großes Faß verkrochen, seien aber von diesem herausgeholt und gefangen genommen worden. Ein französischer Offizier habe den Säbelhieb eines Preußen mit seinem Spazierstöckchen pariert, dann hätten sich die Franzosen an den für die Preußen gedeckten Tisch gesetzt und es sich vortrefflich schmecken lassen. Die haben jetzt gut reden!
- Auf dem Friedhof zu St. Quen, so wird aus Paris berichtet "spukte es" seit einiger Zeit. Vorübergehende hatten die Geister laut lachen hören. Nach einiger Ueberwachung entdeckte die Polizei 18 Landstreicher und Diebe, die sich in einer Familiengruft häuslich eingerichtet hatten und auf das Wohl ihrer gastfreundlichen Wirthe tranken. Die Geister wurden anderweitig untergebracht und jetzt herrscht wieder Grabesstille auf dem Friedhofe zu St. Quen, wie es sich gehört.
- Um recht vielen Italienern, namentlich den in entfernten Provinzen lebenden, es zu ermöglichen, den Kaiser Wilhelm in Rom zu sehen, werden die Eisenbahn=Directionen Fahrkarten zu ermäßigten Preisen verabfolgen lassen. In den guten Hotels der Hauptstadt sind bereits alle Zimmer im voraus bestellt. Der Präsident des Römischen Schützenvereins ladet die Vorstände aller anderen Vereine in einem Rundschreiben ein, nach Rom zu kommen und den Alliirten Italiens zu bewillkommnen.
- Wie wenig die Reiselust im Abnehmen begriffen ist, geht daraus hervor, daß in der vergangenen Woche trotz des ungünstigen Wetters nahezu 11 000 Passagiere den Kanal zwischen Dover und dem Kontinent passierten.
- In London macht die Heirath der einzigen Tochter eines der reichsten Bankiers mit einem nichts weniger als hübschen Circusclown ungemeines Aufsehen. Das junge Mädchen, welches über ihr mütterliches Vermögen frei verfügen kann, hat 25 000 Pfund mitgenommen. Als der Vater die Hochzeit hintertreiben wollte, war das Pärchen bei seiner Ankunft am Hafen bereits nach Italien abgereist.
- Die russische geistliche Censur hat sich zwei großartige Stückchen geleistet: Es müssen ihr nämlich die geistlichen Lieder, wenn sie zu irgend welcher feierlichen Gelegenheit besonders gedruckt werden sollen, erst zur Bestätigung vorgelegt werden, trotzdem sie in dem seit vielen Jahren existirenden russischen evangelischen Gesangbuch enthalten sind. In einem Falle strich nun die Censur das Lied: "Ein' feste Burg ist unser Gott" als zu tendenziös, und in einem anderen Falle strich sie "Allein Gott in der Höh' sei Ehr' ", da außer dem lieben Herrgott auch dem Kaiser und der übrigen Obrigkeit Ehre gebühre.
- Aus Teheran melden russische Blätter, daß dort große Vorbereitungen für die Reise des Schah nach Rußland getroffen werden. Der Schah wird im September in Baku eintreffen; er führt viele Geschenke mit sich, unter diesen auch 16 arabische Pferde edelster Zucht.
- Aus Madrid wird über einen ohne ernste Folgen gebliebenen Unfall der Königin gemeldet. Der Wagen der Königin wurde von einem anderen Wagen, dessen Pferde durchgegangen waren, angerannt. Dieser Unfall hatte zu dem Gerücht Anlaß gegeben, daß die Königin verwundet worden sei, doch ist dasselbe unbegründet, die Königin befindet sich völlig wohl.
- Die spanische Regierung ergreift jetzt auch Maßregeln gegen die Phylloxera, und zwar mit einem Dekret, dessen Gründe ausführen, das die Phylloxera schon 80 000 Hektaren Weinland zerstört hat, im Werth von 25 Millionen Pesates; wenn das so fortginge, würde nach und nach der ganze Weinbau Spaniens, der auf einen jährlichen Ertrag von 400 Millionen geschätzt wird, vernichtet werden. Das Dekret setzt eine Ueberwachungkommission ein, empfiehlt die Anpflanzung amerikanischer Reben u. s. w. Daß die Regierung endlich etwas thut, erregt in den weinbauenden Gegenden große Genugthuung.
- Fallobst zu verwerthen. Mehrfache Versuche haben gezeigt, daß nicht ganz reife Aepfel mehr Stoffe zur Geleebildung enthalten, als vollkommen reife Früchte. Aus diesem Grunde ist Fallobst gut zu gebrauchen und findet dabei die nützlichste Verwendung; dasselbe ist auch der Billigkeit halber zu empfehlen. Da man auch ganz kleine Mengen von Gelee oder Saft bereiten kann, so ist ein geringes Quantum kein Hinderniß. Das nach folgendem Verfahren bereitete Gelee ist ganz vorzüglich: Man kocht die vorher gewaschenen, ungeschälten Aepfel im Kessel möglichst weich, ohne daß sie zu Mus werden. Dann läßt man sie in einem entsprechend großen Gefäße zwei bis drei Tage stehen, denn dies ist zur Geleebildung unerläßlich. Hierauf werden die Aepfel in einen groben Sack gethan und über ein offenes Gefäß gehängt, so daß der Saft abtropft. Läßt das Abtropfeil nach, so wird es durch gelindes Drücken oder Pressen befördert. Man darf aber nicht so stark pressen, daß der Saft trübe und breiartig abfließt. Hört das Abtropfen auf, so wird die Flüssigkeit in einem Kessel oder auf dem Herde syrupdick eingekocht. Zucker wird nach Geschmack hinzugethan, doch ist es rathsam, lieber mehr als wenig zu nehmen. Ehe die Masse dick wird, setzt man beliebig Vanille oder Zimmt, Ingwer etc. zu. Der erkaltete Saft wird in Flaschen gefüllt und gut verkorkt, Gelee in Einmachgläser oder Töpfe. Diese Fruchtsäfte sind köstlich zu Brod und Puddingsaucen und für Kinder ein Leckerbissen. Hat man Quitten, so werden die schlechteren Früchte zerschnitten und mitgekocht oder man nimmt blos die Schalen von Einmachquitten. In diesem Falle läßt man andere Würzen weg. Man kann auch reines Quittengelee kochen, indem man steinige Früchte, welche eingemacht unangenehm hart sind, wie die Aepfel behandelt.
- Gemüthlich. Gensdarm: "Sie haben einen falschen Paß!" Reisender: "Nee der Baß ist Sie ganz richtig," Gensdarm: "Donnerwetter ich sage, er ist falsch!" Reisender: "Nee mein gutestes Herrchen, der Baß ist Sie ganz richtig, aber ich bin falsch."


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