No. 69
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 04. September
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1888 Nr. 69 Seite 1]

Die Taufe des jüngsten Sohnes des Kaiserpaares fand am Freitag Nachmittag 2 Uhr im Stadtschloß zu Potsdam in dem zu einer Taufkapelle eingerichteten Bibliothekzimmer Friedrichs des Großen statt. Vor dem Tauftische stand der mit Purpursammet bekleidete Schemel, auf dem während der heiligen Handlung das Kind gehalten wird. Grüne Gewächse und Blumen umgaben von allen Seiten die Altarstätte, und inmitten dieses duftenden, frühlingsgleichen Rahmens erschien die hohe Mutter des Täuflings, die Kaiserin Augusta Viktoria. Kaiser Wilhelm hatte seine Gemahlin bis zu der Taufstelle geführt, wo die hohe Frau sich an der rechten Seite des Altars niederließ. Das blonde Haupt bedeckte ein Spitzenhäubchen, der einzige Schmuck auf dem Haare, der zugleich andeuten sollte, daß sich die Kaiserin noch im Zustande einer Wöchnerin befinde. Dieses Häubchen wird bekanntlich bei der heiligen Handlung von allen Taufmüttern des preußischen Königshauses getragen. Da die Hoftrauer für die Zeit der Feier abgelegt war, so erschien die Kaiserin in einem Kleide von weißem Atlas, an den Aermeln und am Halse geschlossen, verziert mit einem weißen in Seide gestickten Gazevolant. In der Umgebung befanden sich die Kaiserinnen Augusta und Friedrich, der junge Kronprinz und dessen Brüder. - Ein Extrazug hatte von Berlin die fürstlichen Taufpaten, Taufzeugen und Gäste gebracht. Es waren der König und die Königin von Sachsen, der König von Schweden und Norwegen, der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg=Schwerin, der Kronprinz von Griechenland, Prinz Heinrich, der Erzherzog Karl Ludwig und die Erzherzogin Maria Theresia von Oesterreich, Prinz Friedrich Leopold, Prinzessin Friedrich Karl, Prinz Albrecht und Prinz Alexander, der Herzog Ernst Günther von Schleswig=Holstein, Herzog Georg Ludwig von Oldenburg, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg=Schwerin, der Erbprinz von Sachsen=Meiningen, Prinz Albrecht von Anhalt, die Erbprinzen von Hohenzollern, von Waldeck, Erbprinz von Reuß j. L., Prinz Karl und Prinz Friedrich von Hohenzollern. Taufpaten waren vom Königlichen Hause Prinzessin Heinrich, Prinzessin Sophie, Prinz Friedrich Leopold, Prinz Alexander. Dann der Fürst von Hohenzollern, die Fürstin von Hohenzollern. - Bei dem Beginn der Taufhandlung durch den Oberhofprediger Dr. Kögel überreichte die Ober=Hofmeisterin Gräfin von Brockdorff der Königin von Sachsen den Täufling, welchen im Moment der Taufe der König von Schweden übernahm. Nachdem die Paten die an sie gerichteten Fragen beantwortet hatten, wurde der Täufling mit dem Taufwasser benetzt und auf den Namen: Oskar, Karl, Gustav, Adolf getauft. Nach Schluß der Handlung, während welcher Kanonenschläge erdröhnten, übergab der König von Schweden den getauften Prinzen der Ober=Hofmeisterin, welche ihn der kaiserlichen Mutter überreichte. Ein Weihegesang bildete den Schluß der Feierlichkeit. Dann segnete der Geistliche die Wöchnerin und das Kind feierlich ein. Der Taufrede lagen die Bibelworte zu Grunde: "Es werden wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von Dir weichen u. s. w." An die Taufe schloß sich eine Cour im Theezimmer Friedrichs des Großen. An die Cour schloß sich ein großes Galadiner.
Die Reise des Fürsten Bismarck nach Kissingen gilt jetzt als endgiltig aufgegeben. Der Gesundheitszustand des Reichskanzler soll gegenwärtig so befriedigend sein, daß eine Kur in Kissingen nicht nöthig ist.
Kaiser Wilhelm soll vor einiger Zeit, der Nat.=Ztg. zufolge, dem Grafen Herbert Bismarck gegenüber folgende Aeußerung gethan haben: "Ich kenne nur Vaterlandsfreunde und Gegner unserer gesunden Entwicklung. Niemand wird mir zutrauen, das Rad der Zeit zurückschrauben zu wollen. Im Gegentheil, es ist der Hohenzollern Stolz, über das zugleich edelste und gereiftetste, wie gesittetste Volk zu regieren. Und in dies Lob schließe ich Alldeutschland ein. Unsere ganze Gesetzgebung ist von humanen Grundanschauungen diktirt, wer dies verkennt und die Geister gegen einander hetzt, gehöre er welcher Richtung immer an, hat auf meinen Beifall nicht zu rechnen. Es giebt wahrlich Ernsteres zu thun."
Von Personen, die mit dem Hofe enge Fühlung haben, wird erzählt, der Kaiser habe sein außerordentliches Interesse an dem Gedeihen von Handel und Industrie ausgesprochen und seinen festen Willen bekundet, alles in seinen Kräften stehende zu thun, um dem deutschen Erwerbsleben nachhaltige Impulse zu gewähren. Was dem Kaiser bei seinen dankenswerthen Absichten vorschwebt, scheint nach der nämlichen Quelle zunächst eine Förderung der kolonialpolitischen Handelsunternehmungen zu sein.
Der Kaiser hat eine Büste seiner Person zum Geschenk für den Zaren bestimmt. Dieselbe wird jetzt in einem Stadtbahnbogen des Ausstellungsparkes in Marmor ausgeführt.
Bei Besprechung der auf den Rücktritt Moltkes bezüglichen Schriftstücke betont die Wiener "Neue Freie Presse" die Dankbarkeit der Hohenzollern, welcher es zuzuschreiben sei, daß sie stets die ergebensten bis zum Tod ausharrenden Anhänger gefunden hätten. So ein warmer herzlicher Ton, wie im kaiserlichen Handschreiben an Moltke, werde anderwärts auch den größten Leistungen gegenüber nicht leicht angeschlagen.
Herr von Bennigsen, der bisherige Landesdirektor in Hannover, ist, wie der "Reichs= und Staatsanzeiger" meldet, vom Kaiser zum Oberpräsidenten der Provinz Hannover ernannt worden. Von neuem wird Herr v. Bennigsen auf Grund dieser Ernennung jetzt als "der kommende Mann" bezeichnet, denn man sagt sich, vom Oberpräsidenten bis zum Minister ist nur ein Schritt. Jedenfalls ist nun erwiesen, um was es sich bei dem Besuch des Herrn v. Bennigsen in Friedrichsruh beim Reichskanzler gehandelt hat.
Anläßlich der Abreife der kaiserlichen Prinzen von Oberhof haben die dorthin kommandirten Gendarmeriewachtmeister Wönne und Nußpieker aus der Hand des Kronprinzen selbst eine Auszeichnung erhalten. Während der Exerzierstunde am Montag

[ => Original lesen: 1888 Nr. 69 Seite 2]

hielt der Kronprinz eine kleine Ansprache, in welcher er sagte, daß sein Vater ihn beauftragt habe, den beiden Beamten für die bewiesene Pflichttreue einen Orden zu überreichen. Gleichzeitig übergab der Kronprinz den überraschten und hocherfreuten Beamten das Allgemeine Militär=Ehrenzeichen. Für die Armen von Oberhof sind aus der kaiserlichen Chatulle 300 Mark gespendet worden. Außerdem haben die Herren Postverwalter Keine, Schulze Mund werthvolle Andenken erhalten.
Der König Oskar von Schweden ist, wie Berliner Blätter melden, vom Kaiser zum Admiral a la suite der deutschen Marine angestellt worden. Eine hohe Auszeichnung für beide Theile, sowohl für den König, den Freund unseres Kaisers, wie für unsere junge Marine!
Eine Einberufung des preußischen Staatsraths soll für den Spätherbst bevorstehen. Als Zweck der Berufung werden preußische Gutachten über Reichstagvorlagen genannt. Die "Frankfurter Zeitung", die diese Nachricht bringt, meint, das könne sich nur auf die Alters= und Invaliden=Versicherung oder auf das Genossenschaftsrecht beziehen. Von weiteren Vorlagen ist bis jetzt nichts bekannt geworden.
Die bei Kiel soeben stattgehabten Flottenmanöver haben als Resultat ergeben, daß ein Eindringen in die Kieler Bucht für eine feindliche Flotte unmöglich ist. Die vom Admiral Knorr befehligte Angriffsflotte unternahm in der Nacht zum Donnerstag einen außerordentlich sorgfältig vorbereiteten und sehr schnell durchgeführten Landungsversuch, welcher mit großer Umsicht ins Werk gesetzt wurde. An dem wirksamen Geschützfeuer scheiterte aber der Angriff total.
Aus Füssen bei Hohenschwangau kommt die Nachricht, daß der Prinz=Regent Luitpold von Bayern dort bei seiner Reise ins Allgäu mit großem Enthusiasmus begrüßt worden ist. Die Bewohner der Gegend von Füssen standen der neuen Ordnung der Dinge in Bayern bekanntlich sehr feindlich gegenüber und dachten bei der Entmündigung König Ludwigs II. sogar an offenen Aufstand.
Das bayerische Kriegsministerium wird, wie man aus München vernimmt, ebenfalls ein neues Exerzierreglement für die bayerische Armee zur Einführung bringen. Dasselbe schließt sich in allen wesentlichen Punkten dem neuen Reglement an, welches für die preußische Armee jetzt eingeführt wird. Die Rekruten, die im November zur Einstellung kommen, sollen bereits nach dem neuen Reglement, das jetzt dem Prinzregenten vorliegt, einexerziert werden.
Die Feste der Stadt Rom zu Ehren des deutschen Kaisers sind nunmehr festgestellt; es sind nach einer Mittheilung des "Diritto" folgende: Große Festkantate, komponirt von Vasella und ausgeführt von 6 Militärkapellen und der städtischen Kapelle; Zapfenstreich mit Fackelzug; großer Empfang auf dem Kapitel, glänzende Beleuchtung des Kolosseums, des Forum Trojanum, des Pantheon, der Piazza Viktoria Emanuele u. s. w.; Vorstellung im Argentina=Theater mit Verdis "Othello"; großes Künstlerfest für die italienischen und insbesondere deutschen Künstler. Ueber die Festlichkeiten, welche die Regierung veranstalten wird, ist Bestimmtes noch nicht bekannt geworden. Jedenfalls findet eine große Revue statt.
Ueber die Reisen des Zaren hört man jetzt, er werde in der nächsten Woche von Nikolajew auf dem Dampfer "Moskau" nach Sebastapol und später nach Batum gehen. Von dort beabsichtigt der Zar, sich mit der Bahn nach Tiflis zu begeben. Vorher finden die Manöver bei Jelisawetgrad in Süd=Rußland statt.
Die Kaiserin von Rußland ist am Montag Abend in Gmunden eingetroffen und von dem Herzog und der Herzogin von Cumberland, sowie von der Prinzessin von Wales und deren Töchter am Bahnhofe empfangen worden. Wie verlautet wird der Kaiser von Oesterreich auf seiner Rückreise den in Gmunden weilenden hohen Gästen einen Besuch abstatten.
An den großen Manövern bei Jelissawetgrad nehmen 80 Bataillone, 78 Schwadronen und 184 Geschütze, d. h. etwa 60 000 Mann russischer Truppen Theil. Es handelt sich um einen Mobilmachungsversuch. Die Reserven der Infanterie und Artillerie ergänzen sich auf Kriegsstärke durch Offiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes. Die Einbeorderung, der Bahntransport, die Pferdestellung, Verpflegung, die Feldpost, kurz alles erfolgt nach den Vorschriften, welche für die Mobilmachung gelten. Während der gesammten Manöver sind ausschließlich die Kriegsverhältnisse maßgebend. Alle bekannten russischen Generale sind deshalb auch zu diesen Manövern entboten.
Die in türkischen Diensten stehenden deutschen Generäle, die Paschas von Hobe, Kamphövener und Ristow, haben ihr Entlassungsgesuch zurückgezogen und das ihnen von türkischer Seite angebotene Gehalt von 40 000 Franks jährlich angenommen. Diese Summe bildet immerhin ein hübsches Gehalt, selbst für einen General und nur der Umstand, daß in letzter Zeit so unregelmäßig bezahlt wurde, kann die Genugthuung der Empfänger einigermaßen beeinträchtigen.
Der französische Ministerpräsident Flouquet ist am Mittwoch nach Toulon abgereist, um den Flottenmanövern beizuwohnen. Nach einer Meldung des "Temps" wird das Mittelmeergeschwader nur noch diese Woche vereint bleiben und am Montag zur Abrüste nach Toulon zurückkehren. Den Blättern ist eine offiziöse Note zugegangen, derzufolge die ganze Armee am 1. September mit dem Lebelgewehr ausgerüstet und die Fabrikation desselben bis zum 1. April 1889 vollständig beendigt sein werde. Das Thun und Treiben Boulangers hüllt sich augenblicklich in ein mystisches Dunkel, jedenfalls ein neues und nicht unwirksames Mittel, das Interesse der Massen rege zu erhalten. Kaum sind die Gerüchte von einer Zusammenkunft mit dem Prinzen Napoleon abgetan, so heißt es schon wieder, Boulanger sei am Dienstag Morgen mit einem Wagen nach Fontainebleau gefahren und habe von dort die Reise in unbekannter Richtung fortgesetzt. Zur Beruhigung läßt die Regierung in ihren Blättern verkünden, daß das Treiben des Exgenerals auf das Aufmerksamste überwacht werde.
Was will Boulanger in Schweden? Die Cocarde, sein Leiborgan, meldet, er habe am Montag Abend "im strengsten Incognito" Paris verlassen, um sich nach Schweden zu begeben.
Der Erzbischof von Algier, Kardinal Lavigerie, hat mit seinem Unternehmen, einen Kreuzzug gegen die arabischen Sklavenhändler ins Leben zu rufen, in Belgien wenig Erfolg erzielt. Er forderte 100 Mann Polizei und eine Million Franks, stellte sich mit 2000 Franks an die Spitze der öffentlichen Zeichnung und verbreitete mit einem von ihm selbst getragenen Kostenaufwand von 2500 Franks in ganz Belgien seinen Vortrag. Nun haben sich zwar weit über 100 Kreuzfahrer gemeldet, aber die gesammte Zeichnung hat nur 25 849 Franks ergeben. Der Kardinal verläßt daher Brüssel, um seine weitere Wanderung durch Europa anzutreten.
Der Herzog von Edinburg weilt augenblicklich in Konstantinopel. Der Sultan hat ihm den früheren Großvater Edhem Pascha und seinen Adjutanten, Achmet Pascha, zur Begrüßung nach den Dardanellen entgegengeschickt. Der Herzog hat am 29. August der Feier des Geburtstages des Sultans beigewohnt und die Absicht gehabt, am Donnerstag wieder abzureisen. Im September werden in Konstantinopel die Großfürsten Alexei und Sergei, die Brüder des Zaren, erwartet, die eine Reise nach Jerusalem machen, um dort der Einweihung einer griechischen Kirche beizuwohnen, die zu Ehren ihrer Mutter errichte worden ist. Auf der Rückreise werden beide Athen besuchen.
Es bestätigt sich, daß der König der Belgier eine Konferenz wünscht, welche besonders die Einfuhr von Pulver und Waffen nach Afrika verhindern soll, um den Arabern im Innern, sowohl Tippu=Tib wie dem Mahdi, die Munition abzuschneiden und dadurch den Anfang zu einer Erstickung der arabischen Bewegung zu machen.
Die Aussöhnung der regierenden Familie mit Don Carlos ist, wie aus Madrid gemeldet wird, beschlossene Sache und soll durch die bevorstehende Verlobung Don Jaimes, des am 27. Juni 1870 geborenen Sohnes Don Carlos, mit der Prinzessin von Asturien, der am 11. September 1880 geborenen ältesten Tochter der Königin=Regentin, verwirklicht werden. Der carlistische General Graf Laserta hat

[ => Original lesen: 1888 Nr. 69 Seite 3]

die Genehmigung des Don Carlos überwacht. Große Aufregung herrscht unter den Carlisten, 24 carlistische Blätter protestiren gegen die Versöhnung.
Die Scheidung des serbischen Königspaares verzögert sich. Nach einer Mittheilung aus Belgrad verlangte König Milan die Uebermittelung der von der Königin eingelangten Antwort und behufs Prüfung derselben eine dreimonatliche Vertagung der Scheidungs=Verhandlung.


Schwarze Seidenstoffe v. Mk. 1,25 bis 18,05 p. Met. (ca. 150 versch. Qual.) - Atlasse, Faille Française, Moscovite, Moirée, Sicilienne, Ottoman, "Monopol", Rhadamés, Grenadines, Surah, Satin merveilleux, Satin Luxor, Damaste, Ripse, Taffétte etc. - vers. roben= und stückweise zolllfrei in's Haus das Seidenfabrik=Depôt G. Henneberg (K. u K. Hoflief.) Zürich Muster umgehend. Briefe kosten 20 Pf. Porto.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Herrnburg sub Nr. 5 belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths und Müllers Ludwig Roeper daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag,den 2. Oktober 1888,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 12. Juli 1888.

Großherzogliches Amtsgericht
G. Horn.

A. Dufft.        


Antragsmäßig soll über die zu Ziethen sub Nr. III belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Johann Lange daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 15. Oktober d. J.,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welchen ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg den 28. Juli 1888.

Großherzliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.        


Die Lieferung des Bedarfs an bestem Petroleum für die Straßenlaternen in hiesiger Stadt und auf dem Amte während der bevorstehenden Wintermonate soll event. dem Mindestfordernden übergeben werden. Reflectanten werden hierdurch aufgefordert, ihre Preisofferten

bis zum 4. September cr.

schriftlich bei uns einzureichen.
Schönberg, den 28. August 1888.

Der Magistrat.


Bekanntmachung.

Das diesjährige Missionsfest wird in der Kirche zu Schönberg am

Mittwoch, den 5. September

gefeiert werden.
Der Gottesdienst wird 10 1/2 Uhr Vormittags beginnen, die Festpredigt Herr Pastor Pistorius aus Schwerin halten, den Bericht Herr Pastor Langmann erstatten.
Gemeinsames Mittagessen 1 Uhr im Lokale des Herrn Gastwirth Boye. Nachmittagsfeier 3 Uhr ebendaselbst.
Alle Freunde der Missionssache von Nah und Fern ladet freundlichst ein

Der Vorstand des Missionsvereins.


Für herzliche Theilnahme, bei der Beerdigung unserer lieben Mutter, sowie dem Herrn Pastor Kaempfer für seine trostreichen Worte, sagen wir unsern tiefgefühlten Dank.

                                                    H. Fick.
                                                    M. Leichert, geb. Fick.


Das älteste und größte
Bettfedern-Lager
William Lübeck in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme (nicht unter 10 Pfd.) gute, neue

Bettfedern für 60 Pfg. das Pfund,
vorzüglich gute Sorte Mark 1,25
prima Halbdaunen nur Mk. 1,60, Mk. 2,
reiner Flaum nur Mk. 2,50 und Mk. 3.

Bei Abnahme von 50 Pfd. 5 pCt. Rabatt.
Umtausch gestattet.
Prima Inletstoff zu einem großen Bett (Decke, Unterbett, Kissen und Pfühl),
zusammen für nur 14 Mark.


Rechtanwalt Fölsch ist bis zum 15. Mts. verreist.


Dr. med. Weyh
homöop. Arzt.
Lübeck, Beckergrube Nr. 38.
Sprechstunde: 8 bis 10 und 4 bis 5 Uhr.


2000 Pfd. Riesen=Roggen

(hiesiger diesjähriger Ernte) sind zu verkaufen. Von wem? sagt die Expedition der Anzeigen.


Beabsichtige die obere Wohnung zu Ostern 1889 anderweitig zu vermiethen.                          
                                                    Johannes Dettmann.;


Pantoffel Cordpantoffel Frauengrösse à Dutz Paar m. gesteppt. Filzsohl. M. 3.90, m. imit. Lederaufl. M. 4.75 m. Rinderspaltleder M. 5, mit holzgenagelten Tuchsohlen M. 6.50 bis M.10, Tuchschuhe, Cordschuhe m. holzgenagelten Tuchsohlen M. 11 Holzsohlenschuhe liefert G. Engelhardt, Zeitz.


Mecklenburgische Hagel- und Mobiliar-Brand-Versicherungs-Gesellschaft in Neubrandenburg.

Dem Protocollführer Herrn Freitag zu Schönberg im Fürstenthum Ratzeburg haben wir eine Agentur für unsere Gesellschaft und für die von uns mitverwaltete Mecklenburgische Immobiliar=Brand=Versicherungs=Societät hieselbst übertragen.

Neubrandenburg im August 1888.                                                     Das Directorium.

Unter Bezugnahme auf vorstehende Annonce empfehle ich mich zur Besorgung von Versicherungen bei der Mecklenburgischen Hagel=, Mobiliar= und Immobiliar=Brand=Versicherungs=Gesellschaft zu Neubrandenburg und erkläre mich zur Ertheilung bezüglicher Auskunft gerne erbötig.
Schönberg im August 1888.

                                                    W. Freitag. Protocollführer.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 69 Seite 4]

Schönberg.
Nur einen Tag auf dem Markt-Platze.
am 4. September
mit drei Vorstellungen, um 4. 6 und 8 Uhr Abends.
Einzug mit Musik 11 1/2 Uhr Vormittags.
Die in der Manege geborenen 8 jungen Löwen werden während der Vorstellung dem Publikum zum Besehen in die Hand gegeben.
Grosse Sehenswürdigkeit!                                                     Grosse Sehenswürdigkeit!!
WOMBWELL's
Königliche Windsor-Castle und Crystal-Palast
MENAGERIE.
28 Löwen (Errichtet im Jahre 1805) 500 Thiere. Grösste und bisher unerreichte Art, welche je in Deutschland gesehen worden ist,
mit den seltensten und prachtvollsten Exemplaren aus allen Theilen der Welt.

Dieser Königlichen Pracht=Menagerie wurde wiederholt die allerhöchste Ehre zu Theil, sowohl in Windsor als auch im Crystal=Palast in London, von Ihrer Majestät der Königin Victoria, Seiner Königlichen Hoheit Prinz von Wales und sämmtlichen Mitgliedern der Königlichen Familie, sowie auch von sämmtlichen anwesenden Naturforschern besucht und mit der allerhöchsten Anerkennung ausgezeichnet.
Die Dressur und Vorführung der dressirten Thiere geschieht durch Mr. Cooper, den ältesten und erfahrensten Thierbändiger, bekannt in Deutschland durch den "Circus Renz," "Circus Salomonsky" und den "amerikanischen Circus Myers"; ferner durch die junge Lady Miß Scherazado.
Dressirte Gruppen werden vorgeführt: 2 Löwen=Gruppen (ausgewachsen), jede zu 4 Stück; eine Leoparden=Gruppe, 5 Stück; eine Bären= und Hyänen=Gruppe und 3 große Elephanten.
Die Menagerie wird mittels 18 Prachtwagen, mit einem eigenen Gespann von 50 englischen Pferden, verfrachtet; der Kassenwagen selbst (gezogen von 6 Pferden), ein Prachtexemplar und Geschenk der Königin von England, sowie der Musikwagen, gezogen von 6 Kameelen, wird besonders der Aufmerksamkeit des verehrl. Publikums empfohlen.
Die Ankunft der Menagerie in einer jeden Stadt ist ungefähr um 11 Uhr Morgens. Der Aufbau des Menagerie=Zeltes dauert eine Stunde, so auch der Abbruch, wobei 50 Arbeiter beschäftigt sind; der Kassenwagen mit einer Fronte von 12 Metern, ist ein Kunstwerk und mit einer brillanten Gemälde=Gallerie ausgestattet.
Vorstellungen finden statt: am Tage der Ankunft um 4, 6 und 8 Uhr Abends. Die Fütterung sämmtlicher Thiere um 9 1/2 Uhr Abends.
Bei einem längeren Aufenthalt in einer Stadt als einen Tag ist die Menagerie von 12 Uhr Mittags zur Besichtigung geöffnet.
Die eigene Musikkapelle, 10 Mann, concertirt während der Besichtigung und Vorstellung der Menagerie.
Auf Wunsch von Corporationen und Massenbesuch der Schuljugend finden Extra=Vorstellungen mit eingehenden wissenschaftlichen Erklärungen nach vorher vereinbarten ermäßigten Preisen statt.

Preise der Plätze: 1. Platz 1 Mk. 2. Platz 50 Pf.
Kinder auf beiden Plätzen die halben Entrées.
                                                                              EDMONDS, Director.
Gesunde Schlachtpferde und =Kühe werden gekauft
Mittwoch, den 5. September in Rehna.


Zu dem am Sonntag, den 9. und Montag, den 10. September bei mir stattfindenden

Scheibenschiessen

nach guten Gewinnen lade meine Freunde und Gönner ergebenst ein.

Am Montag, d. 10. September Ball.
Palingen.                                                     Gastwirth Oldenburg.


Am Sonntag, den 9. September
wird bei mir ein                                                    
Erntefest mit Tanzmusik
stattfinden, wozu ich hierdurch freundlichst einlade.
                                                    Gastwirth Sterly,
                                                    Selmsdorf.


Vom 1. Juni 1888: Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,3 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,3 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 69 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 69 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 4. September 1888.


- Schönberg. In Veranlassung der eben beendeten Erinnerungsfeier an die Jahre 1870/71 wollen wir hierauf eine Episode aus den Freiheitskriegen zurückgreifen und einen Tag in's Gedächtniß rufen - den 5. September 1813 - der für unser Schönberg verhängnißvoll wurde. - Von den furchtbaren Kriegsdrangsalen, unter denen das Fürstenthum Ratzeburg und speciell Schönberg in den Jahren von 1806-13 so sehr zu leiden hatte, bildet der Brand von Schönberg gewissermaßen den Schlußstein. - Aus den Kämpfen welche die Verbündeten mit den Franzosen Ausgangs August 1813 im westlichen Mecklenburg zu bestehen hatten und in welchen noch am 26. August der jugendliche begeisterte Theodor Körner bei Gadebusch seinen Tod fand, zogen sich die Franzosen in eiliger Flucht nach Schönberg zurück. Es war dies die Division Loison vom Prinz Echmühl'schen Corps mit einer Abtheilung Dänen, Kavallerie, Artillerie und Infanterie, verfolgt vom verbündeten Wallmoden'schen Corps, zu welchem die braven Lützower und die hanseatische Legion gehörte. Am frühen Morgen des 5. September - an einem Sonntage - erschienen die Hanseaten unter ihrem Führer dem Major von Arnim vor Schönberg und suchten den einzig möglichen westlichen Eingang über die Sabowerbrücke zu erzwingen. Die Franzosen aber, um dies möglichst zu verhindern, legten Feuer an die Brücke und bald standen 22 (freilich größtentheils nur strohgedeckte Gehöfte der Sabower= und Lübeckerstraße in Flammen. Der Zugang zu diesen Straßen war marktseitig durch doppelte französische Postenkette abgesperrt und die geängstigten Bewohner, welche löschen oder ihre Habe retten wollten, wurden mit Bajonett und Kolbenstößen zurückgetrieben. Unter dem Schutz des Feuers zogen die Franzosen - nachdem sie in der allgemeinen Verwirrung noch eiligst eine Plünderung der Stadt vorgenommen - nach Lübeck auf den Wegen nach Ratzeburg, Herrnburg und Selmsdorf zurück. Die alsbald nachdrängende hanseatische Reiterei machte zwischen hier und Lübeck noch hunderte von Gefangenen. Bei Wesloe fiel an demselben Tage der Commandeur der Hanseaten, Major von Arnim. Seine Leiche wurde nach Schönberg gebracht und hier in der Kirche feierlichst beigesetzt. Heute aber, nach 75 Jahren, wollen wir die Hoffnung aussprechen, daß unsere theure Vaterstadt für alle Zeiten von solchen Kriegsdrangsalen verschont bleiben möge.
- Die große Feuersbrunst, welche am Sonntag und Montag auf der Insel Steinwärder gegenüber der Stadt Hamburg gewüthet hat, ist durch eine Petroleumlampe entstanden, welche in die Waaren gefallen und explodiert war. Das Feuer griff so schnell um sich, daß nur wenige Arbeiter aus den Luken ins Wasser springen konnten. Von den vermißten 5 Arbeitern wurden am Montag 2 nur aus Rückgrat, Rippen und Beckenknochen verkohlten Gerippe aufgefunden. Ob die Leichen der übrigen 3 Vermißten unter dem haushoch liegenden Trümmerhaufen aufgefunden werden, ist noch fraglich, es ist auch möglich, daß die drei Arbeiter ins Wasser gesprungen und ertrunken sind. Der Gesamtschaden wird auf 5 1/2 Millionen Mk. geschätzt. In den Schuppen der Herren S. u. L. Durlacher sind allein für 300 000 Mk. Wein, 3000 Kisten Champagner und 50 000 Sack Zucker zu Grunde gegangen. Die meisten in Hamburg vertretenen Versicherungsgesellschaften sind an dem Verlust betheiligt. Acht Dampfspritzen und die Mannschaften dreier Hamburger Feuerwehrzüge haben den ungeheuren Brand in 10 Stunden bewältigt.
- Die Zahl der Opfer des letzten großen Brandes in Hamburg ist einschließlich von vier Vermißten nunmehr auf 10 gestiegen.
- Am Mittwoch Abend sind in Hamburg auf der Alster 4 junge Leute, welche eine Ruderpartie machten, ertrunken.
- Neue Münzen mit dem Bild Kaiser Wilhelm II. werden noch in diesem Jahr geprägt werden. Das Modell zu einem Stempel mit dem Kopf Kaiser Wilhelms ist bereits in Angriff genommen worden.
- Der frühere Fürst von Bulgarien, Prinz Alexander von Battenberg, welcher seit einigen Tagen auf dem Schlosse Neu=Asseburg als Gast des Kammerherrn v. Prittwitz aufhält, besuchte auch Burg und Stadt Mansfeld, um die dort befindlichen Lutherstätten zu besichtigen.
- Als Bade= und Kurort steht Berlin erst im Anfange seiner Entwickelung und dürfte schnell darin wachsen. Der Untergrund der Stadt scheint mit Salzsoole gesättigt zu sein. Die Admiralsbad=Gesellschaft hat jetzt das Haus Lützowstraße 74 erworben, daselbst Salzsoole erbohrt und dort ein zweites Bad errichtet.
- Das Kanonenboot,, Drache" wurde in Gegenwart des Graf Monts durch einen Torpedoschuß des "Blücher" bei Kiel zerstört.
- In Hannover ist am Montag der ehemalige Generallieutenant Weste, einer der wenigen noch lebenden Kämpfer von Waterloo, im Alter von 91 Jahren gestorben.
- Ueber die Erhebungen betr. die "Wunderheilungen" wird der "Kölnischen Zeitung" des Weiteren aus Aachen geschrieben: Die Nachricht, der Kultusminister lasse Erhebungen über die während der letzten Heiligthumsfahrt durch eine Berührung mit dem Lendentuch angeblich bewirkten wunderbaren Heilungen anstellen, bestätigt sich in ihrem vollen Umfang; außerdem soll der Minister einen Bericht über den gesammten Verlauf der Heiligthumsfahrt eingefordert und bereits erhalten haben.
- Vor der Strafkammer in Frankfurt a. M. soll demnächst der Prozeß gegen den Dieb der Brillanten der Fürstin Gortschakoff, der seiner Zeit so viel von sich reden machte, beginnen. Man glaubt die Fürstin werde persönlich im Termin erscheinen.
- In der Nähe der Ortschaft Steinbeißen bei Landau wurden nach einem furchtbaren Gewitter unter einem Baume 200-300 tote Stare gefunden, allem Anscheine nach sind die Vögel vom Blitze getötet worden.
- Ein bedauerlicher Unfall ereignete sich in den Geschäftsräumen eines Kaufmann in Wriezen a. O. Der Lehrbursche war mit zwei anderen Personen beschäftigt, ein ca. drei Centner schweres Syrupfaß mittels der Schrotleiter aus dem Keller nach oben zu bringen. Während die zwei älteren Personen mit Stricken das Faß nach oben zogen, half der Lehrling durch schieben. Plötzlich glitt der Strick des einen Arbeiters vom Fasse ab, das Faß fiel zurück und rollte über den Unglücklichen so hinweg, daß ihm der Kopf zerschmettert wurde.
- Mancher in Leipzig ging um das neue schöne Siegesdenkmal für 1870 rings herum , um die Namen der Leipziger zu lesen, die den Sieg mit dem Leben bezahlt haben. Sie waren aber vergessen worden. Die Leipziger gehen nun um so fleißiger in die Thomaskirche, wo diese Namen auf großen Tafeln verzeichnet werden. Die Kirche soll ja auch die Vaterlandsliebe pflegen, die treu ist bis in den Tod. So giebt's nun eine doppelte Andacht.
- Die deutsche Rechtswissenschaft hat einen ihrer hervorragendsten Vertreter verloren, den Geh. Justizrat Professor Georg Beseler, welcher am Dienstag in Harzburg aus dem Leben geschieden ist. Beseler war am 2. September 1809 zu Rödemiß in Schleswig geboren; er studirte in Kiel und München und wirkte später als Professor in Basel, Greifswald, Rostock und seit 1859 in Berlin. In der Nationalversammlung von 1848 war er als Vertreter von Greifswald Führer des rechten Zentrums. Der zweiten preußischen Kammer und dem Abgeordnetenhaus hat er wiederholt angehört, im Reichstag, in welchen er 1874 gewählt wurde, schloß er sich der nationalliberalen Partei an. 1875 wurde er

[ => Original lesen: 1888 Nr. 69 Seite 6]

auf Präsentation der Berliner Universität ins Herrenhaus auf Lebenszeit berufen. Sowohl seine umfassende wissenschaftliche Thätigkeit wie sein Wirken im öffentlichen Leben sichern ihm ein ehrenvolles Andenken.
- Von dem französischen Lebel=Gewehr erhält die "Kölnische Zeitung" folgende Beschreibung; Das Gewehr hat vom Kolben bis zur Mündung 124 cm. Länge. Das Kaliber beträgt 8 mm, die vier Züge haben eine Tiefe von 0,15 mm, winden sich, abweichend von der sonst üblichen Richtung von rechts nach links, gerade umgekehrt von links nach rechts und vollenden auf die Länge von 24 cm schon eine ganze Umdrehung. Das Visir zeigt eine Eintheilung bis auf 2000 m. Entfernung. Der Schloßmechanismus ist dem unserigen ähnlich, d. h. der die Entzündung veranlassende Schlagbolzen wird durch eine Spiralfeder in Bewegung gesetzt. Das Magazin für Patronen liegt unter dem Lauf im Vorderschaft und enthält 8 Patronen, welche durch eine löffelartige, bei der Handhabung des Verschlusses selbst in Thätigkeit tretende Vorrichtung gehoben und dem Lauf zugeführt werden. Die Patrone ist eine Metallhülsen=Patrone, das Geschoß cylindro=ogival, wiegt 15 g und ist 30 mm, also fast vier Kaliber lang. Die Ladung soll keinen Rauch und nur geringen Rauch beim Abfeuern erzeugen. Die letzteren Angaben werden nicht wörtlich zu nehmen sein. Es wird sich also nur darum handeln, daß die in der Neuzeit so sehr verbesserte Schießpulverbereitung reinere Bestandtheile als früher verwendet, wodurch der Rauch gemildert und nicht mehr so dunkel gefärbt ist, sowie, daß durch die größere Beherrschung der Pulverpressung die Erst= und Nachwirkung des Pulvers in ein befriedigendes Verhältniß gesetzt, die Plötzlichkeit der Gasentwicklung beim Abfeuern und somit der Knall gemildert, die Nachwirkung auf das Geschoß aber dennoch genügend garantiert werden kann.
- Die türkische Regierung ist gewillt, preußische Büchsenmacher anzustellen. Auf eine von der Direktion der Spandauer Gewehrfabrik gehaltene Umfrage haben sich drei Arbeiter bereit erklärt, das Anerbieten der Türkei anzunehmen. Es wird bei der Auswahl der Leute Werth auf Kenntnisse in der französischen Sprache gelegt.
- Der Inspektor des zoologischen Gartens in Posen, Herr Peschke, den ein Bär vor einigen Wochen schwer verwundet hat, ist jetzt nach qualvollen Leiden den erhaltenen Verwundungen erlegen.
- Am nächsten Sonnabend wird die neue Küstenbahn zwischen Helsingborg und Göteborg mit einem durchgehenden Courierzuge Kopenhagen=Göteborg=Christiania dem Verkehr übergeben.
- Der direkte Eisenbahnverkehr zwischen Wien und Konstantinopel und umgekehrt vollzieht sich in ganz regelmäßiger Weise. Ein Correspondent der Köln. Ztg. schreibt darüber: Seit vorgestern erhalten wir die deutsche Post nur auf diesem Wege. Wir können uns noch immer nicht recht hineinfinden, jeden Tag die Zeitung zu bekommen. Wenn ich heute am 25. die Kölnische Zeitung vom 22. lese, so ist es mir immer noch so zu Muthe wie dem Bauer oder dem Indianer, der zum ersten Male die Lokomotive zu sehen bekommt; sonst hatte man immer vier oder fünf Nummern auf einmal zu bewältigen.
- Englische Blätter bringen folgende Parte: "In ihrem Hause in Kensington starb am 16. d. unsere geliebte unvergeßliche Tante und Großtante Mrs. Susanne Moore nach kurzem Leiden. Die Verblichene erreichte ein Alter von 112 Jahren. Die Krankheit und der daraus folgende Tod entstammten dem Aergernisse, das die Tante empfand, weil ihr eine Toilette, die sie bestellt hatte, nicht pünktlich abgeliefert wurde.
- Verunglückte Luftschifffahrt. Ein Ballon mit dem bekannten englischen Aeronauten Limmonds und zwei anderen Personen stieg am Montag nachmittag von der irischen Ausstellung in London auf, um den Kontinent zu gewinnen. Der Ballon fiel indessen abends 6 Uhr bei Maldon in Essex herab, alle drei Insassen wurden schwer verletzt. Luftschiffer Limmonds erlag wenige Stunden später bereits seinen Verletzungen.
- Die Londoner General=Omnibus=Kompagnie hat im verflossenen Halbjahr in ihren Omnibussen 46 325 713 Personen gegen 43 809 330 Personen im entsprechenden Halbjahr von 1887 befördert. Ihre Omnibusse haben im Ganzen 8 661 342 englische Meilen zurückgelegt.
- Eine eigenthümliche Belohnung erbat sich jüngst ein englischer Soldat, der bei London den Sohn eines reichen Kaufmanns vor dem Tode des Ertrinkens rettete. Nachdem er das ihm angebotene Geld stolz zurückgewiesen hatte, sagte er zu dem von ihm geretteten Herrn: "Sie theilten mir mit, daß Sie reich und unverheirathet sind. Wenn Sie wirklich dankerfüllt sind, so heirathen Sie meine Schwester, ein schönes braves Mädchen, das als Bonne verzogener Kinder zu Tode gequält wird." Mathew ließ sich dem Mädchen vorstellen, und nachdem er sich mit seinen Eltern berathen, erfüllte er den Wunsch seines Retters.
- Politische Blumen. Bekanntlich hat Boulanger die rothe Nelke als seine Blume erwählt. Als die Gräfin von Paris dies erfahren, hat sie sofort auf diese ihre bisherige Lieblingsblume verzichtet und unter den Rosen die Rose de France als ihre Lieblingsblume erwählt. Bei dem Festessen der Royalisten am Donnerstag trug der Herzog von Audiffret=Pasquier dieselbe, jedoch in Gold. Nach aufgehobener Tafel erklärte er dies den Festgenossen, indem er die Tugenden der zukünftigen Königin von Frankreich pries. Die Legitimisten hatten die Lilie und die weiße Nelke, die Bonapartisten verehren das Veilchen, die Communards die rothgefärbte Immortelle.
- Die Königin Isabella von Spanien ist am Mittwoch zum Besuche ihrer Tochter, der Prinzessin Ludwig Ferdinand, in München eingetroffen.
- Die Verheirathung des Kaisers von China soll im ersten Monat des chinesischen Jahres stattfinden. Zur Feier des Ereignisses wurden 6 Millionen Taels (ungefähr 25 Millionen Mark) dazu bewilligt.
- In Marokko herrschen grauenvolle Zustände. Ein Verwandter des Sultans wurde bekanntlich von einem Berberstamme verrätherisch erschlagen, nachdem er zuvor in einen Hinterhalt gelockt war und der Sultan hat nun an dem schuldigen Stamme eine entsetzliche Rache genommen, indem er alle Angehörigen des betreffenden Stammes, gleichviel ob Weib oder Kind, jung oder alt, nach orientalischer Sitte niederhauen ließ. Darüber sind aber andere Berberstämme im höchsten Grade erbittert und haben den Sultan auf dem Rückmarsche mit großer Macht überfallen, so daß er sich jeden Schritt Bodens hat erkämpfen müssen. Nur mit großem Verlust konnte sich der Herrscher von Marokko in Sicherheit bringen und rüstet nun zu einem neuen Zuge, um an den aufrührerischen Stämmen fürchterliche Rache zu nehmen.
- Ein intelligenter Kleiderkünstler. Der Schneider Willard in Pittsburg hat eine Versbesserung in Herrenbeinkleidern erfunden. Viele Männer haben die leidige Gewohnheit, an der Stelle wo die Beinkleider bei sitzender Lebensweise ihrer Eigenthümer am sterblichsten sind, Zündhölzer anzustreichen. Willard ist nun nicht etwa auf die Idee gekommen, ihnen das abzugewöhnen, sondern er näht an der bereits angedeuteten Stelle der Unaussprechlichen ein Stück Sandpapier auf, wodurch das Anzünden der Streichhölzer erleichtert wird.
- Höchste Eifersucht. ". . Ich bitte Dich, Mama, alle andern - nur keine von meinen Schwestern als Brautjungfern!" - "Aber Kind!" - "Nein, Mama - die wären im Stande und sagten schnell statt meiner: Ja!"
                          - Ein neues Mittel.
              Zum Besten aller Leichdorngeplagten,
              Von Stichen zernagten,
              Gedrückten, gezwickten,
              Im Wandel verzagten,
              Hat man zu lindern das grimmige Leid,
              In unserer erfindungsreichen Zeit
              Ein Mittel erdacht,
              Das all diesem Zwicken,
              Stechen und Drücken
              Ein Ende macht.
              Das Pflaster selbst ist ein langes Wort,
              Hilft aber sofort.
              Es heißt: Silizylsäurevaselinguttaperchamull,
              Man legt es darauf und der Schmerz ist Null.


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD