No. 26
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 30. März
1888
achtundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1888 Nr. 26 Seite 1]

Des heiligen Osterfestes wegen erscheint die nächste Nummer der "Wöchentlichen Anzeigen" am Freitag, den 6. April.

        Nr. 7 des Offic. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1888 enthält in der

II. Abtheilung:
(1.) Bekanntmachung, betr. die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pro Monat Februar 1888.
(2.) Bekanntmachung, betr. die zehnjährigen Durchschnittspreise des Liquidationsjahres 1. April 1888/89.
(3.) Bekanntmachung, betr. den Austausch von Briefen mit Werthangabe mit der Republik Salvador im internationalen Verkehr.
III. Abtheilung: Dienst= etc. Nachrichten.

        Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben den bisherigen Regierungs=Assessor Wilhelm von der Decken zum Direktor bei dem Großherzoglichen Landgerichte hieselbst von Ostern d. J. an zu ernennen geruht.
        Neustrelitz, den 15. März 1888.
        Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben nach dem Ableben des Landgerichtsrathes Wohlfahrt den Landgerichtsrath Brückner hierselbst wiederum zum Dirigenten und ersten Hypothekenbewahrer bei der Großherzoglichen Hypothekenkammer für Landgüter in Neustrelitz zu ernennen geruht.
        Neustrelitz, den 15. März 1888.
        Se. Königliche Hoheit der Großherzog haben nach dem Ableben des Landgerichtsrathes Wohlfahrt den Landgerichtsdirektor Wilhelm von der Decken hieselbst von Ostern d. J. ab wiederum zum Substituten des diesseitigen ordentlichen juristischen Mitgliedes des oberen Kirchengerichts in Rostock zu ernennen geruht.
        Neustrelitz, den 15. März 1888.


Die Vereidigung des Gesamtministeriums hat, wie der "Staatsanzeiger" meldet, am Sonnabend in Charlottenburg stattgefunden. Kronprinz Wilhelm und Prinz Heinrich haben dem Akt beigewohnt, dem eine Sitzung des Kronraths folgte. Die Ministerberathungen unter Vorsitz des Kaisers werden künftig nicht mehr "Conseil", sondern "Kronrath" heißen.
Die Adresse des Reichstages an Kaiser Friedrich hat die Form eines Buches in Folioformat, ist in blauen Sammet gebunden und trägt auf dem Deckel als einzigen Zierrath den Reichsadler in Silber. Die einzelnen Blätter sind mit Trauerrand umgeben, der Text der Adresse ist von der Hand eines Beamten des Reichstages kalligraphisch geschrieben. Unter der Adresse befindet sich nur die Unterschrift des Präsidenten von Wedell. Die Adressen des preußischen Herren= und Abgeordnetenhauses sind in Form eines Blattes oder Bogens gehalten; die des Herrenhauses trägt die Unterschriften sämtlicher in Berlin anwesenden Mitglieder, die des Abgeordnetenhauses ist von dem gesamten Präsidium und den Schriftführern unterschrieben. Die Adressen liegen in Sammetumschlägen.
Durch Theilnehmer an dem im Schlosse zu Charlottenburg abgehaltenen Gottesdienste ist bekannt geworden, daß auf Befehl des Kaisers in dem allgemeinen Kirchengebet bei der Fürbitte: "Laß, o Herr, deine Gnade groß werden über den Kaiser, unsern König und Herrn", die Einschaltung "deinen Knecht" zur Anwendung gekommen ist.
Folgende authentische Angaben werden vom Berliner Korrespondenten des offiziösen Wr. Extrablatte über das Testament des Kaisers Wilhelm gemacht: Das hinterlassene Vermögen beträgt 48 Millionen Mark, von denen der größte Theil für den Kron=Tresor - das von Friedrich Wilhelm III. angelegte Vermögen des Königshauses - vermacht ist, während ungefähr zwei fünftel des Vermögens für Kaiser Friedrich und Kaiserin Augusta bestimmt sind. Das Palais Unter den Linden, Schloß Babelsberg, der Lieblings=Aufenthalt des verstorbenen Kaisers, und Schloß Koblenz verbleiben der Kaiserin Augusta. Sämmtliche Diener des Kaisers sind mit entsprechenden Legaten bedacht.
Das Palais des Kaisers Wilhelm Unter den Linden in Berlin wird, wenn auch kein Nationaleigenthum, so doch ein Nationalheiligthum werden. Die Gemächer, in welchen der Kaiser gewohnt und geschlafen hat und gestorben ist, bleiben vollständig in ihrem jetzigen Zustand, sie waren vorläufig versiegelt worden, nur ein Blumenschmuck war in denselben zurückgeblieben, der mit Rosen durchflochtene Lorbeerkranz, den Fürst Bismarck unmittelbar nach dem Tod des Kaisers gesandt hat, es war der erste, der eintraf. So bleibt das Andenken des Kaisers und seines Kanzlers zugleich erhalten. (Am Freitag Vormittag ist in Gegenwart des Ministers Friedberg, des Grafen Stolberg und des Grafen Perponcher die Entsiegelung der Zimmer wieder erfolgt.)
Nach Eröffnung des Testaments des Kaisers Wilhelm wird sein zur freien Verfügung des Kaisers Friedrich stehender Nachlaß auf 40 bis 50 Millionen Mark angegeben.
So unruhige Tage wie in der vorigen Woche hat das alte Königsschloß in Berlin selten gesehen. In demselben waren die meisten fürstlichen Gäste mit Gefolge einquartirt. Fast täglich waren Tafeln für 180 bis 300 Gäste herzurichten, mehr als 100 Wagen standen im Dienst. Kaiser Wilhelms alte und ältere Diener sind mit vollem Gehalt in den Ruhestand getreten, über die jüngeren ist noch keine Verfügung getroffen. Alle erklären weinend, einen solchen Herrn finden wir nie wieder.
In der Armee sollen für die nächste Zukunft größere Veränderungen bevorstehen. Kaiser Friedrich arbeitet viel mit dem General v. Albedyll, dem Chef des Militärkabinetts. Auch will man wissen, daß für die nächste Zeit noch eine Reihe von Gnadenakten, Standeserhöhungen u. s. w. eintreten sollen. Man nennt bereits einige Persönlichkeiten, die in den Fürsten= oder Grafenstand erhoben werden würden.
Der Kaiser überreichte am Sonnabend dem Dr. Hermann Krause persönlich seine Ernennung zum Professor an der Berliner Universität mit herz=

[ => Original lesen: 1888 Nr. 26 Seite 2]

lichem Glückwunsch. Mackenzie und Howell sollen einen Orden erhalten, doch muß dazu erst die Zustimmung der Londoner Regierung nachgesucht werden, da englische Unterthanen keine fremden Auszeichnungen annehmen dürfen.
Das "Militärwochenblatt" schreibt in seiner Nummer vom 24. d. M.: Es darf auch in der tiefen Trauer dieser Zeit an dem Gedeihen der Armee ein Tag nicht unbeachtet vorübergehen, welcher unter anderen, fröhlicheren Verhältnißen gewiß der lebendigsten Antheilnahme sicher gewesen wäre. Am 23. dieses Mts. waren 50 Jahre vollendet seit Otto von Bismarck zur Fahne des Garde=Jäger=Bataillons den Eid der Treue schwur. Die ganze Welt weiß, wie er ihn gehalten, wie sein ganzes Leben dem Dienste des Königs und des Vaterlandes geweiht geblieben ist. Die Armee, deren Tapferkeit und Hingebung der von ihm geführten Politik stets die zuverlässige Grundlage geboten hat, rechnet es sich zur höchsten Ehre, ihn zu ihren verdientesten Generälen zählen zu dürfen. Unvergessen werden ihr die anerkennenden Worte bleiben, die der Reichskanzler in der denkwürdigen Reichstagssitzung vom 6. Febr. d. J. sprach. Und wenn er diesen Theil seiner Rede mit den Worten schloß: "Darin sind wir jedermann überlegen und deshalb können sie es uns nicht nachmachen", so klingt aus dem Herzen der Armee, in die er vor 50 Jahren eintrat, ihm der Wunsch entgegen! "Gott erhalte ihn noch lange, denn ihm wird es keiner nachmachen."
Ueber das geplante Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm, welches der Reichstag mit Stimmeneinigkeit beschlossen hat, macht die offiziöse "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" jetzt folgenden Vorschlag. Darin stimmen wohl alle Meinungen überein, sagt das Blatt, daß ein Denkmal, welches der Thaten und Erfolge des Begründers des Deutschen Reichs würdig sein soll, nur dem vereinten Schaffen der bildenden Künste, der Bildhauerei, der Baukunst und der Malerei gelingen werde; die bis jetzt zu Tag getretenen Ansichten, eine Auffassung in der Art des Niederwalddenkmals, oder die in Vorschlag gebracht Rekonstruktion des Pergamenischen Altars als Unterbau für ein Reiterstandbild, dürfen kaum in ernstere Erwägungen zu ziehen sein. Dagegen könnte mit Recht auf das in der Ausführung begriffene Denkmal für den Begründer des italienischen Einheitsstaats, ein Reiterstandbild als hervorragender Mittelpunkt vor einem baukünstlerischen Aufbau, als auf ein Vorbild für das geplante Denkmal für Kaiser Wilhelm hingewiesen werden. Der monumentale Aufbau, welcher dem Reiterstandbild als Hintergrund dienen soll, müsse als nothwendiger Theil des Denkmals neu errichtet werden, denn das Kaiserstandbild passe vor keins der vorhandenen Bauwerke der Reichshauptstadt. Eine Ruhmeshalle, zu welcher das Säulenforum vor dem Viktor=Emanuel=Denkmal den Italienern dienen soll, besitze Deutschland bereits, dagegen fehle dem deutschen Volk ein Festraum, groß und bedeutend, zur Begehung von nationalen Feierlichkeiten, einer Kaiserkrönung, einer Huldigung u. s. w. Ein solcher Dom solle aber kein Profanbau sein, sondern, der tiefen Religiosität des verewigen Kaisers entsprechend, eine Festkirche, die wie das Patheon in Rom, die Westminster=Abtei und die St. Pauls=Kirche in London, gleichzeitig eine Denkmalskirche sein könne. Als Ort für das Denkmal schlägt das offiziöse Blatt die Ostseite des Lustgartens vor, wo Raum genug für einen Bau in den Verhältnissen der Peterskirche vorhanden sei. Dem Kaiser, der die Vollendung des Kölner Doms bewirkt und noch in seinen letzten Tagen dem deutschen Volk den kirchlichen Frieden gegeben habe, schuldeten es alle Deutschen ohne Unterschied des Bekenntnisses, daß die Festkirche dem evangelischen Ritus geweiht werde.
Der Reichstag hat in seiner diesjährigen Sitzungsperiode folgende Gesetze berathen und angenommen: Das Wehrgesetz und die Anleihe zu militärischen Zwecken und strategischen Eisenbahnen, die neue Branntweinsteuer, die Erhöhung der Kornzölle, die Verlängerung der Wahlperioden von 3 auf 5 Jahre, die weitere Ausdehnung der Unfallversicherung, die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten und das Vogelschutz=Gesetz.
Don Karlos, der Spanier, hat wieder einmal ein Manifest erlassen, in welchem er die parlamentarische Verfassung, moderne Regierungsideen und sogar die religiöse Toleranz annehmen zu wollen erklärt. Die Karlisten sind darüber nicht erbaut, denn sie fürchten, das Manifest sei die Einleitung zur Aussöhnung der beiden Zweige der Bourbons. Dieser Plan besteht bekanntlich schon lange; der Vatikan ist dafür gewonnen und auch die Exkönigin Isabella soll ihn gebilligt haben.
Eine gute Frucht haben die Verhandlungen des deutschen Reichstage über das Treiben sozialdemokratischer Flüchtlinge doch gezeitigt. Das Asylrecht wird künftig in der Schweiz strenger gehandhabt werden. Es wird eine Polizei=Zentralstelle errichtet, deren Aufsicht die Polizeibeamten der einzelnen Kantone unterstellt werden, und streng wird der Grundsatz durchgeführt werden, daß den Fremden das Asyl zwar gewährt aber von dem Augenblick an entzogen wird, in dem sie sich desselben durch Umtriebe und aufreizendes Treiben unwürdig erweisen. Wegen der Schmähschrift "Der rothe Teufel" und des "Sozialdemokraten" sind Untersuchungen eingeleitet. Die Verfasser und Verbreiter des Schandgedichtes beim Baseler Karneval sind bereits ermittelt und zur Verantwortung gezogen. Die deutsche Regierung hatte Beschwerde erhoben. Der Schweizer Bundesrath hat dagegen über das Auftreten von "Agents provocateurs" sich beschwert.


- Schönberg. In der am 27. d. Mts. abgehaltenen Generalversammlung des landwirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Ratzeburg wurde zunächst der Vorstand durch Wahl eines Vorsitzenden und eines Stellvertreters ergänzt, da der bisherige Vorsitzende sein Amt niedergelegt hatte. Zum Vorsitzenden wurde der Herr Amtsrath Wicke=Demern und zum Stellvertreter der Herr Major Görbitz=Löwitz erwählt. Wie wir hören, ist die Abhaltung einer Thierschau in Schönberg für den 5. Juni d. J. in Aussicht genommen, woran sich für denselben Tag ein Pferderennen anschließen soll.
- Schönberg. Der Postassistent Reincke hier ist in gleicher Eigenschaft an das Postamt in Gadebusch versetzt und muß daselbst seinen Dienst bereits zu Ostern cr. antreten. Hier in Schönberg wird er durch den Postassistenten Ave, z. Zt. in Neubrandenburg, ersetzt werden.
- Schönberg. Der Gerichts=Assessor Dr. jur. Selmer in Neustrelitz, welcher bisher beim Landgerichte daselbst als Hülfsarbeiter beschäftigt worden, ist zum Landgerichtsassessor ernannt und wird von Ostern d. J. ab zufolge Allerhöchster Bestimmung von Großherzoglicher Landesregierung als Hülfsarbeiter beschäftigt werden.
- Schönberg. Gestern, am Gründonnerstag, wurden in der hiesigen Kirche 97 Kinder confirmirt und zum Empfang des heiligen Abendmahls zugelassen. Von den Confirmanden waren 46 Mädchen und 51 Knaben.
Eine Dame in Lübeck in der Fischergrube kam Vorgestern die Treppe herab, sie sah auf einer anderen zur Etage führenden Treppe eine Katze mit glühenden Augen und aufrecht gesträubten Haaren sitzen. Auf den Lockruf der Dame sprang die Katze mit einem mächtigen Satz auf sie zu und biß sich durch die Kleider in ihrem Oberschenkel fest. Auf das Geschrei der Unglücklichen eilten Hausbewohner herbei, denen es schließlich gelang, das wüthende Thier loszureißen. Der Frohn tödtete die Bestie, die sich in einer vorgehaltenen Dungforke buchstäblich aufspießte. Der vom Polizei=Thierarzt untersuchte Kadaver wies untrügliche Zeichen der Tollwuth auf. Der Magen war leer, im Darm befand sich Stroh und Holz und die Drüsen waren angeschwollen. Die Dame hat sich sofort in ärztliche Behandlung gegeben.
- Zur Unterstützung der Ueberschwemmten in Dömnitz und Umgegend sind bisher eingegangen vom Uhrmacher Vogel 2 Mk. J. B. 1 Mk. Ackerbürger Holldorff 1 Mk. H. Th. 1 Mk. Sammlung von W. Wieschendorf 10 Mk. Schulze Wigger=Sahmkow 3 Mk. Hufschmied Dräger 2 Mk. Stadtdiener Stree 50 Pfg. Chirurg Leichert 1 Mk. Buchbinder Sievers u. Frau 10 Mk. Lehrer Wegner 1 Mk. Lehrer Kelling 1 Mk. Steuerrath Grapow 5 Mk. Schmied Bremer 3 Mk. Bankbeamten Schacht 2 Mk. Bankbeamten Richter 2 Mk. Mühlenpächter Franck 5 Mk. Unbenannt 1 Mk. Hauswirth Wiencke=Sülsdorf 3 Mk. Ackerbürger Oldörp 3 Mk. F. L. 5 Mk. Weinhändler Drenckhahn 5 Mk. Pedell Wienck 2 Mk. Lohgerber L. Burmeister 1 Mk. Apotheker Montag 5 Mk. H. 1 Mk. Burmeister=Rodenberg 20 Mk. Im Ganzen Mk. 96,50 und 1 Kiste Kleidungsstücke vom Herrn Kaufmann Schwedt. Weitere Gaben erbittet

J. H. Böckmann.        


[ => Original lesen: 1888 Nr. 26 Seite 3]

Seiden=Etamine u. seid. Grenadines, schwarz u. farbig (auch alle Lichtfarben) Mk. 1,55 p. Met. bis Mk. 14,80 (in 12 versch. Qual.) - versendet robenweise porto= und zollfrei das Fabrik=Dépôt G. Henneberg (K. u. K. Hofl.) Zürich. Muster umgehend. Briefe kosten 20 Pf. Porto.


Anzeigen.

Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Donnerstag, den 5. April d. J., Nachmittags 1 Uhr sollen in Ziethen öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden:

1 Kommode, 1 Küchenschrank, 1 kl. Decimalwaage, 1 Wanduhr, 1 Regulator, 1 Eckschrank, 2 Sopha's, 2 Kleider= u. 1 Leinenschrank, 1 Spiel= u. 1 Sophatisch, 1 Lehn= u. 4 Rohrstühle, 1 Kleidersecretair, 1 Koffer und 2 große Tischlampen.
Versammlungsort der Käufer beim Gastwirth Thies in Ziethen.
Schönberg, den 29. März 1888.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Dienstag, den 3. April cr., Vormittags 9 Uhr beginnend, sollen im Pfandlokal zu Schönberg

1 Sopha, 2 Lehnstühle, 1 Kleiderschrank, Bettstellen mit und ohne Matratzen, Rohrstühle, Tische, 1 Küchenschrank, 1 eiserner Ofen, Wassereimer, 1 Ladentisch, 1 Hängelampe, 1 Wassertonne, 1 Nähtisch, 1 Bücherborte, div. Bücher, sowie eine größere Partie Tapisseriewaaren, als namentlich alle Arten Wolle, Garn, Schnur, Spitzen, Besatz, Canevas, Quäste, angefangene Stickereien namentlich auch zu Schuhen und Pantoffeln, verschiedene Decken, Teppichmuster, Perlen, Lesezeichen, Haussegen etc., Messer=, Wand= und Papierkörbe, diverse Galanteriewaaren und Vieles mehr,
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 24. März 1888.

C. Staffeldt, Gerichtsvollzieher.        


<Auctions=Anzeige.

Am Tage nach Ostern, den 3. April d. J., Vormittags von 10 Uhr an, sollen beim Gastwirth Krellenberg in Carlow meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

2 Bauwagen mit eisernen Achsen, davon einer mit 2 Gang Rädern und hiervon 1 Gang mit 9 ctm. breiten Reifen, 3 Pflüge, 1 Reißer, 1 Walze, 1 schottische Egge, 1 Häcksellade, 3 Stand zweischl. Betten, 2 Kleiderschränke, 2 Koffer, 1 tann. Komode, 1 Nähmaschine, 3 Bettstellen, weiß woll. Zeug, flächsen und heeden Leinen, gute Manns- und Frauen-Kleidungsstücke Kisten, Tonnen, Bütten und noch verschiedene Sachen.
Carlow, den 15. März 1888.

Struck, Landreiter.        


Mädchenschule in Schönberg.

Aufnahme neuer Schülerinnen: Montag, den 9. April, morgens 10 Uhr im Mädchenschulhause.
Anfang des neuen Schuljahrs: Dienstag, den 10. April, morgens 8 Uhr.
Bei der Aufnahme ist ein Impf= bez. Wiederimpfschein vorzulegen, von auswärtigen Schülerinnen außerdem ein Taufschein.

H. Kort, Rektor.        


Auction.

Freitag, den 6. April d. J., Morgens 9 1/2 Uhr an, sollen bei der Hebestelle Schönberg folgende Sachen meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden:

1 Sopha, Tische, Stühle, 1 Chatulle, 1 Kommode, 1 Kleiderschrank, 1 zweischläfrige Bettstelle, Kammerborte, Küben, 1 Schiebkarre, 1 Ziehwagen, Acker= u. Küchengeräthschaften, und was sich sonst noch vorfindet.


Hagelschaden=Versicherungs=Verein für Mecklenburg=Schwerin und Strelitz
zu Grevesmühlen.

Die Districte des Vereins werden von den nachstehenden Herren vertreten.

I. District: Grevesmühlen=Ratzeburg.

Vorsteher: Herr Ehlers=Kalkhorst,
Substitut: Herr Revierförster Wiegandt=Vitense.

II. District: Gadebusch=Hagenow.

Vorsteher: Herr Revierförster Rochow=Zachun,
Substitut: Herr Drenckhan=Bakendorf.

III. District: Parchim=Malchow.

Vorsteher: Herr Baumann=Dütschow,
Substitut: Herr Wachenhusen=Bauhof=Lübz.

IV. District: Güstrow=Sternberg.

Vorsteher: Herr Lübbe=Thurow,
Substitut: Herr Fratzscher=Witzin.

V. District: Neubukow Bützow.

Vorsteher: Herr Uhthoff=Kl. Warin,
Substitut: Herr Köster=Kleekamp.

VI. District: Rostock Tessin.

Vorsteher: Herr Heucke=Cammin,
Substitut: Herr Bruhn=Bookhorst.

VII. District: Malchin =Laage.

Vorsteher: Herr Behm=Dehmen,
Substitut: Herr Busch=Lüningsdorf.

VIII. District: Waren=Strelitz.

Vorsteher: Herr Martens=Christinenhof.
Substitut: Herr von Hobe=Lansen.

Statuten und Formulare zu den Antrags=Listen, welche letztere den sämmtlichen Mitgliedern bereits unter Kreuzband zugegangen, sind von dem Unterschriebenen zu beziehen.
Für neu eintretende Mitglieder, deren Früchte in den letzten Jahren nicht von ersatzfähigem Hagelschaden betroffen sind, wird bemerkt, daß dieselben auf ihren Beitrag den im § 35 der revidirten Statuten vorgeschriebenen Rabatt erhalten und solcher nach der Zahl der Jahre, welche ohne Entschädigung verlaufen, bis auf 50 % steigt.
Grevesmühlen, den 1. April 1888.

Der Secretair des Vereins:
Senator Ed. Freytag.


Verlobte:
Maria Ollmann
Johannes Kähler
Schlag=Sülsdorf.                                                     Gr. Molzahn.


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[ => Original lesen: 1888 Nr. 26 Seite 4]

Baugewerk-, Maschinen- und Mühlenbau-Schule
Neustadt in Mecklenburg. Auskunft durch den Director Jentzen.


Für die
Ueberschwemmten

wird der Gesangverein Teutonia am Sonntag, den 8. Abends im neuen Saale des Herrn Boye

ein Concert

geben, zu welchem die Bewohner von Stadt und Land freundlichst eingeladen werden.

Entree nach Belieben - Anfang 7 1/2 Uhr.
Schönberg, den 29. März 1888. 
                                                    Der Vorstand.


Schmiede= und Schlosser=Innung.
Versammlung am 3. April,
Nachmittags 2 Uhr.
Tagesordnung:

1. Einzahlung des jährl. Beitrags zur Innungskasse, zum Verbande, sowie des halbj. Abonnementsbetrages für die Schmiedezeitung.
2. Empfangnahme der Bestimmungen für die Werkstatt, betreffend die Aushändigung der Legitimationsbücher für die Gesellen.
3. Sonstige Besprechungen.
Die Mitglieder werden ersucht recht zahlreich zu erscheinen.

                                                    Der Vorstand.


Während der Festtage:                                                    
"Kieler Doppel-Eiche"
vom Faß bei                                                    
                                                    Boye.


Während der Festtage
Bock=Bier
vom Fass, wozu freundlichst einladet                          
                                                    H. Rebbin. Menzendorf.


Zu der am 2. Ostertage stattfindenden
Tanzmusik f. d. Nacht
ladet ergebenst ein                                                    
                                                    J. Wiencke, Gastwirth,
                                                    Sülsdorf.


Klee= und Grassämereien, Knaulgras,

unter Controle der landwirthschaftlichen Versuchsstation empfiehlt

Aug. Spehr.        


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Sarg-Magazin

eichen=, tannen= und Kinder=Särge, hält stets vorräthig und empfiehlt solche zu den billigsten Preisen.

C. Stemmann, Tischlermeister,
Wilh. Stüve Nachfl.


Ein Lehrling
für meine Colonialwaaren-Handlung.
                                                    F. W. Schopen,
                                                    Lübeck, Schulstraße.


Gesucht zum 1. Mai ein

zuverlässiger Knecht,

nur solche wollen sich melden, die gute Zeugniße aufweisen können.

                                                    Joh. Boy, Fischräucherer,
                                                    Lübeck, Mauer b. d. Krähenstr. 84.


Gesucht zum 1. Mai:
Ein tüchtiges Mädchen
oder eine Mamsell in Hausarbeit erfahren.                          
                                                    Frau C. Hoch, Lübeck,
                                                    Friedrich=Wilhelmstraße 19.


Kirchliche Nachrichten.
1. Ostertag.

        Frühkirche: Pastor Langbein.
        Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
        Abendkirche (6 Uhr:) Pastor Langbein.

2. Ostertag.

        Frühkirche: Pastor Kaempffer.
        Vormittagskirche: Pastor Langbein.
        Abendkirche (6 Uhr:) Lehrer Steinführer.
        Amtswoche: Pastor Langbein.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Der Gesammtauflage unserer heutigen Nummer liegt ein Prospekt der Firma H. Brüchmann in Schöneberg über seine fabricirenden und auf Lager habenden Zeugfarben bei.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 13.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1888 Nr. 26 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 26 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 30. März 1888.


Die deutschen Gold= und Silbermünzen werden nächstens das Bild Kaiser Friedrichs tragen. Alle Anstalten dazu sind in den Münzstätten getroffen.
- Kaiser Friedrich hat dem Privatdozenten Dr. Krause in Berlin, der in San Remo bei ihm geweilt hat und auch jetzt noch an der Behandlung Theil nimmt, den Titel Professor verliehen.
- Für die Trauerkour, die am Sonnabend um 3 Uhr im kgl. Schloß zu Berlin abgehalten worden ist, war die ganze Reihe von Gemächern vom Kapitelsaal an bis zum Königszimmer in Trauer gehüllt. Die Vorhänge waren herabgelassen, die Kerzen an den Kronleuchtern und auf den Kandelabern angezündet. Unter Vortritt des Ober=Zeremonienmeisters Grafen zu Eulenburg und des Ober=Hof= und Hausmarschalls Grafen Radolinski erschien die Kaiserin im Thronsaal und nahm vor dem Thronsessel Platz. In ihrer Umgebung befanden sich die Ober=Hofmeisterin Fürstin Hatzfeldt=Trachenberg, die Palastdame Gräfin Brühl, die Hofdamen und der Oberhofmeister Graf Seckendorf. Zur Linken der Kaiserin an der Seite der Thronstufen nahm der Oberst=Kämmerer Graf zu Stolberg=Wernigerode Aufstellung. Von der Schwarzen Adlerkammer her betrat die Kronprinzessin zuerst den Saal, nach ihr der Kronprinz, darauf Prinz Heinrich. Es folgten die Prinzessinnen, dann die Fürsten aus souveränen Häusern, der Hof des Hochseligen Kaisers, um durch eine Verbeugung ihre Trauerkundgebung der Kaiserin dar zubringen. Dann kam das diplomatische Korps, die inländischen Damen und Herren nach den verschiedenen Kategorien. Von den Offizierkorps der Garnisonen Berlin, Potsdam, Spandau gab jedes Bataillon und jedes Kavallerie=Regiment u. s. w. vier Offiziere. Die Feierlichkeit währte gegen eine Stunde. Derartige Trauerkouren sind am preußischen Hof nach dem Ableben eines Familiengliedes Regel.
- Der russische Thronfolger hat sich, wie aus St. Petersburg gemeldet wird, über den Empfang, welcher ihm bei den Trauerfeierlichkeiten in Berlin zu Theil geworden ist, in den herzlichsten Ausdrücken ausgesprochen. Es habe ihn tief ergriffen, so hat er erzählt, als Kaiser Friedrich ihn oben auf der Treppe empfangen und in seine Arme geschlossen habe. Die Unterredung mit dem Reichskanzler Fürsten Bismarck, die er gehabt, sei ihm von höchsten Interesse gewesen und der warme herzliche Ton, in welchem Bismarck zu ihm gesprochen hat, habe ihn ungemein wohlthuend berührt, im Allgemeinen bezeichnet der Thronfolger seine Berliner Erinnerungen als unauslöschlich für sein ganzes Leben. Ebenso sind die französischen Abgesandten, General Billot und die übrigen Offiziere, wie aus Paris berichtet wird, des Lobes voll über die Aufmerksamkeiten, die man ihnen in der deutschen Reichshauptstadt erwiesen hat. Die Leichenfeierlichkeit und die Trauer des Volkes sei, so haben sie erzählt, überwältigend auch für die Fremden gewesen.
- Den Gipfel der Gemeinheit hat in einem den Kaisern Wilhelm und Friedrich gewidmeten Artikel die ultramontane Zeitung "Burggräfler" in Meran erstiegen, so gemein, daß man den Artikel nicht einmal zum abschreckenden Beispiel mittheilen kann.
- Das Palais unseres jetzigen Kaisers Unter den Linden, früher als kronprinzliches Palais bezeichnet, rückt gegenwärtig wieder in den Vordergrund des Interesses. Es ist ein Bau, welcher mannigfache Schicksale erlebt hat und reich an Erinnerungen ist, vielleicht ebenso reich wie Schloß Montbijou. Seine stattliche Front bildet einen hervorragenden Schmuck jener Gegend am Zeughause, wo die gesammte architektonische Physiognomie überhaupt einen großartigen monumentalen Charakter, wie er nur wenigen Hauptstädten Europas eigenthümlich ist, trägt. Schon in der zweiten Hälfte des Siebenzehnten Jahrhunderts stand das Palais in seinen Uranfängen da; im Jahre 1687 hatte an dieser Stelle der damals ziemlich wüsten Stadtgegend der Architekt Nehring für den Feldmarschall v. Schomberg ein größeres Wohnhaus errichtet, welches aber keineswegs den Namen eines Palais verdiente. Als von Schomberg nach einiger Zeit die brandenburgischen Dienste verließ und in englische trat, wurde das Gouvernement in das Gebäude verlegt. Bis zum Jahre 1734 verblieb - so schreibt man der Magdeburger Zeitung - das Gouvernement an dieser Stelle, um dann auf Befehl König Friedrich Wilhelms I. nach der Königsstraße überzusiedeln. Der Monarch ließ den Bau mit einem danebenstehenden Privathause zusammenziehen, verbessern und mit neuen Mobilien ausstatten und schenkte den gesammten Besitz seinem Sohne, dem Kronprinzen. Als Friedrich der Große die Regierung antrat, überließ er das Palais seinem Bruder, dem Prinzen August Wilhelm von Preußen. Nach dem Tode dieses Prinzen verblieb dort seine Wittwe, und nach deren Tode siedelte der damalige Kronprinz, spätere König Friedrich Wilhelm III., in den Bau, der außerdem noch von zahlreichen Hofstaaten der verstorbenen Prinzessin bewohnt wurde, über. Bis zu seinem Tode blieb der König dort wohnen. Die Königin Luise hat hier an der Seite ihres Gemahls so manche glückliche Stunde verlebt. Ihr Sohn Wilhelm, der jüngst verstorbene Kaiser, wurde hier geboren. Kurz, ein Kaleidoskop bunter, wechselvoller Bilder zieht vorüber, wer eingehender in die Geschichte dieses Hauses eindringt. Damals war die Façade äußerst schmucklos und einfach. Breite toskanische Pilaster ragten, wie die alten Ansichten zeigen, im Mittelbau durch beide Geschosse empor, während oberhalb des Hauptgesimses sich das für damalige Palaisbauten charakteristische Mansardendach aufsetzte. Im Jahre 1811 hatte der König jenen schwibbogenartigen Zwischenbau aufführen lassen, der, über die Breite der Oberwallstraße hinweg, das Gebäude mit dem benachbarten Prinzessinnen=Palais, wo lange Jahre die Fürstin Liegnitz gewohnt hat, verbindet. Eine durchgreifende Veränderung fand erst statt, als es galt, für den damaligen Kronprinzen Friedrich, unseren jetzigen Kaiser, ein Heim zu schaffen. Unter Strack's Leitung wurde dieselbe von 1856-1857 vorgenommen. Das Palais erhielt ein zweites, durch eine Ballustrade gekröntes Stockwerk, einen von vier hohen corinthischen Säulen getragenen Balcon über der Rampe vor der Hauptfront, und eine Decoration, für welche jene des gegenüberliegenden Zeughauses bestimmend war. Der östlichen Seite wurde außerdem eine auf corinthischen Säulen ruhende Veranda angefügt. Vornehm ist die innere Ausstattung. Das auf Säulen von buntem westfälischen Marmor ruhende Haupt=Treppenhaus macht einen großartigen prächtigen Eindruck und führt in stimmungsvoller Weise zu den vornehm decorirten Fest= und Wohnräumen über. Unter diesen ist besonders bemerkenswerth jene durch Oberlicht erleuchtete Rotunde, welche den Namen Gedenkhalle führt, weil in ihr alle Erinnerungszeichen an die Hoheit des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm mit der Prinzeß Viktoria und an alle weiteren ereignißvollen Tage, welche das hohe Paar erlebt, aufgestellt sind. Hier hat auch die Fülle der zur Silberhochzeit aus allen deutschen Gauen dargebrachten Gaben ihren Platz gefunden, und vor Allem fällt die von der Kunstakademie gewidmete Broncetafel, welche Toberentz in Breslau modellirt, in Wachs geformt und gegossen, in's Auge. In den übrigen Sälen giebt sich sofort die Neigung der hohen Bewohner für die Kunst und das Kunstgewerbe zu erkennen. Malerei und Pla=

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stik sind in wahrhaft feinen Perlen vertreten. Alte Schränke, zum Theil im Charakter englischer Gothik, Erinnerungen an die zahlreichen Reisen, welche der Kaiser als Kronprinz unternommen, Reste alter kunstgewerblicher Textilarbeiten, Schnitzereien in Holz und Elfenbein fesseln das Auge. Selbst das Arbeitszimmer des Monarchen hat durch verschiedene Kunstgegenstände einen weniger ernsten Anstrich erhalten, wie solcher gewöhnlich in einem Raume, welcher der stillen Geistesarbeit dient, anzutreffen ist. Unmittelbar dem Eingange gegenüber steht auf einer Staffelei das von einem kostbaren Goldrahmen umgebene Porträt der Gemahlin des Kaisers, welches Angeli im Jahre 1876 gemalt hat, bekanntlich eine der glücklichsten und schönsten Schöpfungen des wiener Meisters. Auf der anderen Seite der Staffelei bemerkt man das Bildniß der jetzigen Frau Kronprinzessin Wilhelm. Ueber dem Sopha hängen zwei große Landschaften, darunter eine bei Vollmond=Beleuchtung, und zwei kleinere Landschaften, ferner zwei schmale Gemälde mit biblischen Gestalten. Zwischen den beiden Eckfenstern steht, den Winkel abstumpfend, ein hohes, einfaches Schreibpult aus hellem, polirten Holz mit einer blauen Schreibdecke. Gänsefedern liegen auf der Platte und bezeugen, daß der Kaiser dieses Schreibmaterial den Stahlfedern vorzieht. Oberhalb des Schreibpultes ist ein Consol angebracht und von diesem schaut in Gestalt einer broncefarbenen Thonbüste ein jugendfrisches Kindergesicht herab - dasjenige des verstorbenen jüngsten Sohnes des Kaisers, des Prinzen Waldemar. Irren wir nicht, so ist diese Büste von der eigenen Hand der Kaiserin modellirt. Zahlreiche kleinere Bilder und Bildnisse der Mitglieder des königlichen Hauses, meist gemeinsam in einen großen Rahmen gefaßt, schmücken die übrigen Wandflächen. Ein dunkler Teppich deckt den Fußboden. Eine Chaiselongue, mehrere Fauteuils, von denen einer seitlich mit einem drehbaren Lesepult versehen ist, ein einfaches, doppeltes Bücherbrett, mehrere Stände für das Ausbreiten von Landkarten und für Acten, sowie eine Art Reitsessel, dessen Sitz durch einen echten englischen Reitsattel ersetzt wird, bilden die übrige Einrichtung. Die Aussicht von diesem Zimmer auf der Linken ist eine wahrhaft entzückende. Von großartiger Wirkung ist endlich der große Speisesaal, dessen Einrichtung und Decoration bekanntlich eine Gabe der Städte der Monarchie zur Silberhochzeit des hohen Paares bildete. Die gediegene Pracht dieses Raumes ist ein sprechendes Zeugniß für die Leistungsfähigkeit des deutschen Kunstgewerbes. Das jetzige kaiserliche Palais hat aber vor manchem anderen Wohnsitz höchster Personen noch einen anderen Vorzug, und dieser besteht in ausgezeichnet angelegten und vorzüglich erhaltenen Wirthschaftsräumen. Die jetzige Kaiserin ist auf ihre Küchenräume, ihre Leinwand= und Silberkammer genau eben so stolz, wie jede andere Hausfrau. Man glaube nicht, daß sie keine Zeit habe, sich in Folge ihrer hohen Stellung um diese Dinge zu bekümmern. Nein, wenn je eine wirthschaftlich veranlagte Natur auf Preußens Thron gesessen, so ist es diejenige der Königin=Kaiserin Victoria. Ihrem Haushalt widmet sie dieselbe peinliche Sorgfalt und Liebe, wie den Dingen der Kunst und den übrigen Erscheinungen des öffentlichen Lebens.
- Der griechische Kronprinz geht auf Freiersfüßen, ob in Berlin oder London, weiß niemand gewiß. Die "Magdeburger Zeitung" will wissen, in Berlin, wo er um die Prinzessin Sophie, dritte Tochter des Kaisers, werbe; seither hieß es, er habe seine Augen auf eine Tochter des Prinzen von Wales geworfen. Wenn einmal die Türkei getheilt Wird, dann bekommt Griechenland ein Stück davon.
- Prinzessin Klementine von Coburg, die Mutter des Prinzen Ferdinand, ist nach mehrmonatlichem Aufenthalt in Sofia wieder in Wien angelangt. Sie soll in Bulgarien ziemlich viel Geld gebraucht haben, was erklärlich erscheint, der Familie aber durchaus nicht behagen will.
- Die Königin von England ist mit dem Prinzen und der Prinzessin von Battenberg am Sonnabend in Florenz eingetroffen, wo sie in der Villa Palmieri Wohnung genommen hat. Sie wird daselbst mehrere Wochen verweilen.
- Das preußische Justizministerium hat für die Referendare die amtsgerichtliche Ausbildungszeit seit 1879 jetzt zum dritten Mal anders eingerichtet. Anfangs mußten die Referendare anderthalb Jahre ohne Unterbrechung beim Amtsgericht sich ausbilden, um dann erst zum Landgericht, Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Notar und zuletzt zum Oberlandesgericht überzugehen. Seit 4 Jahren wurde der Vorbereitungsdienst beim Amtsgericht so eingetheilt, daß er zuerst nur sechs Monate, nachher vor dem halbjährigen Schlußstadium beim Oberlandesgericht ein ganzes Jahr beim Amtsgericht dauerte. Auch diese Einrichtung hatte sich wegen der Kürze des ersten Stadiums von sechs Monaten nicht bewährt, wie fast alle Landgerichtsvorstände bezeugt haben. Nun sollen die 1 1/2 Jahre in zweimal neun Monate getheilt, auf diese Weise die Referendare gründlicher für Landgerichtsdienst, Staatsanwaltschaft, Notariat und Rechtsanwaltschaft vorbereitet und nach Erledigung dieser Ausbildungs=Stationen zum zweiten Mal neun Monate lang beim Amtsgericht geübt werden, um schließlich zum Oberlandesgericht zu gelangen. Voraussichtlich hat man hiermit das Richtige, wenigstens die richtige Mitte getroffen.
- Den Epauletts der Offiziere und den Kürassen sagt man nach, daß sie auf dem Sterbeetat stehen. Die Kürasse sind nur noch ein Schmuck, denn bei der Gewalt der neuen Geschosse macht jede Kugel ein Loch.
- Wie groß die Opferwilligkeit in der sozialdemokratischen Partei ist, ergiebt sich aufs Neue aus einem Verzeichniß von Geldbeiträgen für Parteizwecke, über deren Eingang die Abgg. Bebel, Grillenberger, Meister und Singer quittieren. Dasselbe umfaßt die Monate Dezember, Januar und Februar und weist nach: 1. für Unterstützungszwecke etwa 5500 Mk., 2. für den Reichstagswahlfonds 13,100 Mk. (darunter aus "Nirgendheim als Antwort auf den Beschluß des Reichstags die fünfjährige Wahlperiode betreffend" 7400 Mk. von R. O., "nochmal, damit es für die nächste Wahlschlacht taugt" 3000 Mk.), 3. für Hasenklever und seine Familie 5808 Mk., zusammen nahe an 25,000 Mk.
- Eine große Anzahl von Eisernen Kreuzen und Kriegsdenkmünzen lagert auf dem Fundbureau des Berliner Polizeipräsidiums. Die Funde wurden vor dem Dome und auf dem Pariser Platz während der Trauerwoche gemacht; besonders auf dem Pariser Platz fand man viele dieser Ehrenzeichen, die von Mitgliedern der Kriegervereine während des Gedränges und des Handgemenges mit den Turnern verloren worden sein dürften.
- Ein unangenehmes Nachspiel werden die Berlins Gastwirthe erleben, welche während der Beisetzungsfeierlichkeiten Kaiser Wilhelms ihre Preise erhöht, verdoppelt und verdreifacht haben. Gegen diese Wirthe wird, wie die Post berichtet, wegen Verletzung des § 75 der Gewerbeordnung jetzt strafrechtlich vorgegangen werden.
- Zur Beseitigung des Schnees im diesjährigen Winter waren im Etat der Stadt Berlin für 175 000 Mark, für die Hülfsarbeiter 100 000 Mark ausgeworfen. Dieser Etat ist nun bereits um 425 000 Mark überschritten und es werden zu gänzlicher Befreiung der Stadt von den Schneemassen noch täglich 6000 Mark bis auf weiteres erfordert.
- Die Stadt Worms hat große Dinge vor. Sie gedenkt ein nationales deutsches Volkstheater zu gründen, auf dessen Bühne alljährlich mindestens einmal durch die Bürger Stoffe aus unserer großen Vergangenheit auf einer eigenartig eingerichteten Doppelbühne zur Darstellung gelangen sollen.
- In Brünn fand am Donnerstag in einer Apotheke eine furchtbare Explosion statt, durch welche das ganze Gebäude zerstört wurde. Zwei Personen sind todt, mehrere verwundet.
- Eine seltsame Entführung. Ueber die Bemühungen der kommandierenden Offiziere zu den Zeiten, in denen die Soldaten noch geworben, oder nach Befinden mit Gewalt entführt und in die Regimenter gesteckt wurden, stattliche Rekruten zu erlangen, wird ein interessantes Stückchen aus dem Jahr 1804 erzählt, welches in Kleinzschocher bei Leipzig passiert ist. Damals garnisonierte in Leipzig der Stab und das erste Bataillon des Infante=
[ => Original lesen: 1888 Nr. 26 Seite 7]rieregiments von Bünau, während das zweite Bataillon in Eilenburg und die beiden Grenadierkompagnien in Delitzsch standen. Der Werbedistrikt des Regiments umfaßte die Aemter Leipzig, Delitzsch, ausgenommen Rötgen, Eilenburg, Bitterfeld, Düben, ohne die Stadt Düben, Barby, Gommern und Gräfenhainichen, Kommandeur des Regiments war der Oberst Friedrich Gottlieb Donat. Nun hatten Werber dieses Regiments in Erfahrung gebracht, daß auf dem Rittergut zu Kleinzschocher ein stattlicher Schafknecht diente, und es wurden alle möglichen Versuche gemacht, durch Geld und Versprechungen den Mann für das Regiment zu gewinnen; aber alles war vergeblich. Er zeigte keine Lust zum Soldatenstand, und die Bestürmungen der Werber hatten nur die Folge, daß er vorsichtig wurde, um sich vor gewaltsamer Entführung zu sichern. Und in der That war diese Vorsicht am Platz, denn der Schafknecht erlangte Kenntniß, daß er in einer Nacht, in der die Schafe in Hürden auf dem Feld blieben, in seiner Wachthütte, die auf einem Karren mit zwei Rädern stand, überfallen und davongeführt werden sollte. Die Werber hatten es aber mit einem schlauen Burschen zu thun. Am Abend, an dem der Ueberfall geschehen sollte, hatte er unter irgend einem Vorgeben einen kleinen, buckligen Schuhflicker im Dorf gebeten, die Nacht bei den Schafen zu bleiben. Und richtig, in später Nachtstunde erschienen Soldaten, verriegelten die Thür der Schafhütte, in welcher der Schuhflicker in süßem Schlummer lag, und nun ging es über Hals und Kopf mit dem Karren auf und davon nach Leipzig. An der Hauptwache angekommen, klärte sich die Sache auf. Aus dem Karren fuhr schimpfend und polternd der kleine Flickschuster heraus, und die von ihren Anstrengungen schweißtriefenden Soldaten prügelten ihn, den sie für den Ansteller der ganzen Geschichte hielten, auch noch tüchtig durch. Beschwerden gegen Werbeunfug halfen damals wenig, und so behielten der Schuster seine Prügel, der Schafknecht seine Freiheit und die angeführten Werber das Nachsehen.


Marion.
Originalroman von Marie Romany.
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1888 Nr. 26 Seite 8]

Marion.
Originalroman von Marie Romany.
[Fortsetzung.]


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