No. 14
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 18. Februar
1887
siebenundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1887 Nr. 14 Seite 1]

Der Vorstand des Deutschen Krieger=Bundes erläßt in der "Parole" folgenden Aufruf:
Ungewöhnliche Umstände rechtfertig ungewöhnliche Maßregeln. Das deutsche Volk ist durch die bevorstehenden Reichstagswahlen vor eine Entscheidung gestellt, die die nächste Zukunft unseres Vaterlandes bestimmen wird, wie sie die heiligsten Interessen der alten Soldaten berührt. Da schaut Ihr auf die Männer, die Euer Vertrauen an die Spitze Eures großen Bundes gestellt hat, und erwartet von ihnen ein berathendes, aufklärendes Wort. Wir wollen es Euch nicht vorenthalten.
Kamerad! Wir mischen uns nicht in den Streit der Parteien, wir haben nur das Eine, das Vaterland im Auge. Wir können und werden Euch nicht angeben, wen oder in welcher Richtung Ihr wählen sollt. Das müßt Ihr mit Gott und Eurem Soldatenherzen abmachen und nach reiflicher Ueberlegung allein entscheiden. Uns ist nicht bange, daß Ihr das Richtige trefft.
Zweierlei aber müssen wir Euch dringend an's Herz legen, Euch bitten und beschwören, daß Ihr es beherzigt.
Das Erste ist: Fehle Niemand von Euch am 21. Februar an der Wahlurne! Das Vaterland ruft, das Ihr mit Euren Leibern gedeckt habt und jederzeit wieder zu decken bereit seid. Schmach über den alten Soldaten, der solchem Rufe nicht Folge leistet! Entschuldigungen für ihn giebt es nicht.
Das Zweite ist: Es giebt keine Parteirücksicht, kein Parteiinteresse, das Euch veranlassen könnte, bei der Wahl oder Stichwahl einem Sozialdemokraten oder einem anderen erklärten Gegner unseres deutschen Reiches und seiner monarchischen Grundlagen Eure Stimme zuzuwenden. Wer Euch das Gegentheil sagt, ist ein Betrüger. Ihm weist mit Verachtung den Rücken!
Kameraden! Es können leicht und bald schwere Zeiten für unser theures Vaterland kommen. Sorge jeder, daß ihm dann sein Gewissen in Rücksicht auf seine Abstimmung bei den jetzigen Wahlen keinen Vorwurf macht. Sorge jeder von uns, daß wir Alle nach wie vor offen den Blick erheben und freudigen Herzens einstimmen können in den alten Kriegerruf:
In Treue fest! Gott schütze das Reich! Se. Majestät der Kaiser lebe hoch!
Der Vorstand des Deutschen Krieger=Bundes.
Diese warmen und wahren patriotischen Worte möchten wir auch allen Wählern unseres Fürstenthums dringend an's Herz legen. Denn Krieger sind wir am 21. Februar Alle, gleichviel ob wir des Königs Rock getragen haben oder nicht, Krieger für des Vaterlandes Ehre! Zwar ist darüber kein Wort zu verlieren, daß für einen sogenannten deutschfreisinnigen Candidaten bei unserer reichstreuen Bevölkerung nichts zu holen ist. Ein Mann, der sich in der brennenden Frage des Tages zu jener wunderbar gemischten Gesellschaft bekennt, wie sie Windthorst und Richter aus ihrer eignen Gefolgschaft und den sonstigen Reichsfeinden zusammengesetzt haben, würde nur Gelächter bei uns ernten. Aber es genügt nicht, einen solchen Septennatsfeind nicht zu wählen, - Wahlenthaltung an jenem wichtigen Tage ist ein Fehler; mehr als das, eine Verletzung der Pflicht eines rechten deutschen Mannes; ja der 21. Februar soll ein Ehrentag Deutschlands werden, er soll beweisen, daß das deutsche Volk unbeirrt durch das wüste Geschrei selbstsüchtiger Parteien fortwandelt auf dem Wege der Ehre und Größe, den es nach Gottes Rathschluß der Kaiser und seiner Peladine Bismarck und Moltke geführt, er soll unserem greisen Kaiser ein Vertrauens= und Dankes=Votum seines Volkes bringen. Darum aber genügt es nicht, daß die Septennatsfreunde mit Mehrheit gewählt werden, sondern sie müssen auch mit einer so gewaltigen Mehrheit gewählt werden, daß alle Reichsfeinde drinnen und draußen völlig zerknickt den Muth verlieren, indem sie erkennen, daß das einige Deutschland das Grab ist für ihre Eitelkeit und Großmannssucht. Darum keine schwächliche Wahlenthaltung, sondern für diesmal Aufgeben aller Partei=Zwistigkeiten und mannhaftes einstimmiges Eintreten für den Kandidaten, der reichstreu für das Septennat stimmen wird, Herrn von Oertzen=Brunn!
Von dem Erlaß einer kaiserlichen Wahlproclamation ist definitiv Abstand genommen.
Katholische Notable fordern die Katholiken des Rheinlands zum Abfall vom Centrum und zur Bildung einer conservativen katholischen Partei auf.
Ueber Stettin und Umgegend ist der kleine Belagerungszustand verhängt.
Der französische Botschafter Herbette in Berlin hat auf eine Aufrage seines Ministers Flourens wegen des Grafen Moltke Aeußerung, die Lage sei sehr ernst, geantwortet, Graf Bismarck habe ihm bemerkt, Moltke's Worte bezögen sich nicht auf die auswärtige Politik, sondern auf die Parteizerwürfnisse in Deutschland; Graf Bismarck habe dabei die Versicherung wiederholt, Deutschland werde den Frieden nicht stören.
Eine Aussöhnung zwischen dem Papste und dem Könige von Italien soll Deutschland vermitteln helfen! Wie verschiedentlich mitgetheilt wird, ist das ein Wunsch des Papstes. Ausgesprochen ist ein solcher Plan sehr leicht, aber ungemein schwer ausgeführt. Die italienischen Blätter, an der Spitze die Regierungspresse, haben es erst in diesen Tagen rund heraus ausgesprochen, Italien werde und könne auf Rom niemals verzichten.
Der Hauptmann im großen Generalstabe, Graf von Schmettau, seither Adjudant des General=Quartiermeisters Grafen von Waldersee, ist als Militär=Attache zur kaiserlichen Gesandtschaft nach Brüssel commandirt worden; der Posten eines Militär=Attachés in Brüssel war schon seit langer Zeit unbesetzt.
Vom 30. Januar bis 5. Februar sind aus Deutschland nach Frankreich ausgeführt worden: 307 Wagenladungen Balken und Bretter, davon 91 nach Nancy, 66 nach Toul, 15 nach Lüneville, 11 nach St. Dié, 15 nach Commercy, 17 nach Verdun, 12 nach Belfort. Jetzt haben französische Agenten mit 3 böhmischen Firmen große Holzlieferungen abgeschlossen, welche zu militärischen Zwecken verwendet

[ => Original lesen: 1887 Nr. 14 Seite 2]

wendet werden sollen, da vom Böhmerwald die Bezugsbedingungen gegenwärtig außerordentlich günstige sind.
Ueber die französischen Barackenbauten wird von Paris aus geschrieben: Die vielbesprochenen Baracken sind in Nancy, Saint=Dié, Bruyeres, Epinal fast vollendet. Sie bestehen fast ganz aus Holz, sind etwa 120 Meter lang und 20 Meter breit. Jede Baracke hat 10 Abtheilungen und ist bestimmt, 240 Bretter aufzunehmen. In Nancy hat man 16 solcher Baracken auf einem weiten Platze im Sainte=Marie=Viertel und 8 nächst der Kavalleriekaserne erbaut. Sie sind bestimmt, einem Infanterie=Regiment, das aus Neuchateau kommen wird und 3 Batterien Artillerie zur Wohnung zu dienen.


- Die am Anfang d. M. zur Erlernung des Gebrauches des neueingeführten Repetir=Gewehres wieder einberufenen Reservisten der drei ältesten Jahrgänge bei einem Theil der in Mecklenburg garnisonirenden Truppen, werden in den nächsten Tagen wieder entlassen, da der Zweck dieser Einberufung damit erfüllt sein wird. Obgleich unter der einberufenen Mannschaft sich schon viele Familienväter befanden, für welche solcher zeitweiliger Waffendienst ein schweres Opfer war, so wird doch allgemein der rege Eifer, mit dem sie die Handhabung der neuen Waffe erlernten, wie die sonstige treffliche Manneszucht, von den Offizieren sehr gerühmt.
- Die Städte Schlesiens wollen dem Kaiser Wilhelm in einer gemeinsamen Adresse bei Vollendung seines 90. Lebensjahres beglückwünschen. Die Adresse wird in künstlerischer Weise ausgestattet werden.
- In Dresden ist der berühmte Pianofortefabrikant Kaps gestorben.


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Anzeigen.

Die Herren Wahlvorsteher im Mecklenburg=Strelitz'schen Wahlkreise ersuche ich auf Grund des §. 25 des Reichs=Wahlreglements, mir hierher nach Neustrelitz die über die Wahl des Reichstags=Abgeordneten aufgenommenen Protocolle mit den zugehörigen Schriftstücken so zeitig zuzusenden, daß dieselben spätestens bis zum Donnerstag Abend, den 24. dieses Monats, in meine Hände gelangen.
Am Freitag, den 25. Februar dieses Jahres, findet aus den eingegangenen Protocollen die Ermittelung des Wahlergebnisses auf dem Rathhause zu Neustrelitz in dem Sitzungs=Zimmer des Magistrats und Polizei=Collegium von Morgens 10 Uhr an statt.
Neustrelitz, den 14. Februar 1887.

Amtsrichter Horn.
als Wahlkommissar für den Mecklenburg=Strelitz'schen Wahlkreis.


Antragsmäßig soll über das zu Schönberg vor der Sabowerstraße sub No. 29 a belegene Wohnhaus c. p. des Zimmermeisters Chr. Egert allhier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 2. Mai d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 12. Februar 1887.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.         


In Folge der Allerhöchsten Verordnungen vom 4. Januar 1887, betreffend die im Jahre 1887 zu erhebenden Pferde und Rindviehseuchensteuern, wird hindurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die aufgenommenen Verzeichnisse der Pferde und Rindviehbestände in der Stadt Schönberg in hiesiger Rathsstube 14 Tage lang, und zwar von Freitag, den 18. Februar c. bis zum Donnerstag, den 3. März c., beide Tage einschließlich, zur etwaigen Richtigstellung öffentlich ausliegen.
Schönberg, den 17. Februar 1887.

Der Magistrat.


Holz=Auction
im Vitenser Forste,
Revier: Cordshäger Holz,
am Dienstag, den 22. Februar 1887

unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über:
                          Eichhester zu Nutz= und Pfahlholz,
                          Eichen Stangenholz,
                          Buchen Kluftholz,
                          Buchen Knüppelholz,
                          Buchen Zweigholz,
                          Fichten Stangenholz von Bohnenstangen, Hopfenstangen und Schleet=Stärke,
                          Fichten Knüppelholz.
Versammlung Morgens 9 Uhr auf der großen Kreuzschneiße im Cordshäger Holz.
Rehna, den 16. Februar 1887.

Großherzogliche Forstinspection.


Holz=Auction Nr. 17.

Am Dienstag, den 22. Februar Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Spolert auf der Bäck nachstehende Holzsortimente meistbietend, das Fadenholz bei freier Concurrenz, sämmtliches Fuderholz bei beschränkter Concurrenz verkauft werden.

1. Aus dem Steinort:

106 Rmet. buchen Kluft I, II Cl. Olm und Knüppel,
    8 Fuder buchen Pollholz,

2. Aus dem Hasselholz:

  77 Rmet. buchen Kluft I, II Cl. Olm und Knüppel,
  10 Fuder buchen Pollholz,

3. Aus dem Seebruch.

    3 Rmet. eichen Kluft II Cl.,
118 Rmet. buchen Kluft I, II Cl. und Olm,
  11 Fuder buchen Pollholz,

4. Rabenwiese auf Römnitzer Feld:

    3 Rmet. ellern Knüppel,
    2 Fuder weiden Kiepenholz,

5. Aus dem Garnseerholze:

  11 buchen Nutzholzblöcke mit 12,74 Festm.

6. Aus dem Bahlen:

    1 buchen Nutzholzblock mit 2,16 Festm.

Schönberg, den 13. Februar 1887.

                                                    Der Oberförster
                                                                   C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 18.

Am Donnerstag, den 24. Februar Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Lenschow zu Selmsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend bei freier Concurrenz gegen Baarzahlung verkauft werden.

Aus dem Heidenholze:

          6 Stück Eichen Langhölzer mit 2,08 Festm.
          3 Rmet. Eichen Kluft I Cl.
          4 Rmet. Eichen Knüppel.

[ => Original lesen: 1887 Nr. 14 Seite 3]

        14 Fuder starkes Eichen Durchforstholz.
          1 Fuder Eichen Pollholz.
        13 Stück Buchen Nutzholzblöcke mit 19,57 Festmeter.
      180 Rmet. Buchen Kluft I, II Cl. u. Knüppel.
        36 Fuder Buchen Durchforstholz u. Pollholz.
          1 Rmet. Birken Knüppel.
        17 Fuder Ellern Wadelholz II Cl.
  ca.   8 Fuder Heckenholz, Haseln pp. ca. 62 Rmet. Kiefern Kluft und Knüppel.
Schönberg, den 13. Februar 1887.

                                                    Der Oberförster:
                                                                     C. Hottelet.


Diedrich Teschau, Lübeck,
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Stadt Lübeck.
Sonntag, den 20. Februar 1887:
Concert u. Vorstellung
der
Specialitäten-Gesellschaft
des Herrn Gottfr. Lewertoff aus Hamburg,
bestehend aus 8 Personen.
U. A. Auftreten des Damen=Imitators Herr Masse Harris, der Kostüm=Soubrette Frl. Steuer.
Anfang 5 Uhr.


Stadt Lübeck.

Am Sonntag, den 20. und Montag, den 21. d. M.:

Fastnachtstanzmusik,

für die Nacht; zu derselben ladet ganz ergebenst ein

                                                    J. H. Freitag.


Tesch's Restauration.
Am Sonntag und am Wahltage:
Bockbier vom Fass,
Erlanger= u. Rostocker in Fl.,
Kalte u. warme Speisen à la Carte.


Gesucht zu Ostern

ein Mädchen,

das in Milcherwirthschaft und Landwirthschaft erfahren ist von

                                                    Frau D. Wieschendorf.
                                                    Stove.


Pferd Mein rothbrauner hannöverscher Hengst deckt fremde Stuten für 10 Mk. und 1 Mk. an den Stall.

                                                    Hauswirth Oldenburg
                                                    in Rieps.


An die                          
Reichstagswähler in Mecklenburg=Strelitz.

Nach der am 15. Januar erfolgten Auflösung des Deutschen Reichstags ist an unsern bisherigen Abgeordneten, den Herrn Kammerherrn von Oertzen=Brunn, von vielen Seiten das Ersuchen gerichtet, noch einmal die Vertretung unseres Wahlkreises im Reichstage zu übernehmen.
Mögen nun die Meinungen der Wähler über die Stellung unseres bisherigen Herrn Abgeordneten zu den einzelnen politischen Fragen getheilt sein, so sind wir doch einig in dem persönlichen Vertrauen zu dem Charakter desselben, zu der Rechtlichkeit seiner Gesinnungen und zu seiner, in vieljähriger gemeinnütziger Arbeit bewährten Tüchtigkeit.
Ohne daher auf die Streitfragen näher einzugehen, welche zur Zeit in vielen Wahlkreisen die Leidenschaften erregen, beschränken wir uns, in Erwägung der in unserm Wahlkreise obwaltenden Verhältnisse, auf die Aufforderung, bei der am 21. Februar bevorstehenden Neuwahl des Reichstages unsern bisherigen Abgeordneten, den Herrn

Kammerherrn von Oertzen-Brunn,

abermals zu unsrem Vertreter zu erwählen.
Neubrandenburg, im Februar 1887.

Im Auftrage zahlreicher Wähler:
Landsyndicus Rath Ahlers.         G. v. Oertzen-Leppin.         Rath Raspe.


Am 1. März d. J. besteht der Viehversicherungs=Verein im Fürstenthum Ratzeburg 25 Jahre. Zur Feier dieses Stiftungsfestes wird am

Dienstag, den 1. März cr. Nachmittags 4 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst ein

Festessen mit Damen

und Abendgesellschaftliche Unterhaltung stattfinden.
Hierzu gestatten wir uns, alle unsere Mitglieder und sonstigen Freunde des Vereins ergebenst einzuladen.
Anmeldungen zur Theilnahme werden bis zum 25. d. M. von Herrn J. Boye und den Unterschriebenen entgegengenommen.
Schönberg, den 14. Februar 1887.

Direction des Viehversicherungs Vereins im Fürstenthum Ratzeburg.
As. Ahrendt.                           Wilh. Heincke.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 14 Seite 4]

Wahlaufruf!

                Wieder treten wir an die Wahlurnen. Warum? Weil eine Verbindung der reichsfeindlichen Parteien dem Kaiser und unsrem Kanzler die Mittel verweigerten, unser Vaterland zu schützen, weil diese Reichsfeinde sich nicht entblödeten, uns wehrlos zu machen, während der Feind sich an der Grenze zum Einbruch in unsre friedlichen Gauen rüstet, weil sie die Stirn hatten, gegen die Vertrauensmänner des deutschen Volks, Moltke und Bismarck, den Vorwurf der Unwahrheit zu erheben. Weiter bedeutet die Ablehnung des Septennats, welches diese Männer und vor Allem auch der Kaiser für nothwendig erachtet haben, nichts. Jetzt heißt es, durch die Wahlen zeigen: das deutsche Volk steht unverbrüchlich zu seinem Heldenkaiser, es trauet mit voller Zuversicht seinem großen Schlachtendenker und seinem Staatsmann, um welche die ganze Welt das deutsche Volk beneidet. Jetzt weg mit kleinlichen Parteiunterschieden! Hie Kaiser und Reich! hie Aufgeben der Nation und Auflösung der theuer erkauften Größe und Einheit!
                Wer sein Vaterland liebt, wähle einen Mann, der mit Sicherheit für das Septennat stimmt. Alle, die früher nationalliberal wählten, werden diesmal für den conservativen Kandidaten - Herrn von Oertzen=Brunn - ihre Stimmen geben, da der frühere Candidat der nationalliberalen Partei, Herr Pogge, der jedenfalls auch für das Septennat gestimmt hätte, abgelehnt hat, sich wieder aufstellen zu lassen.
                Also, Ratzeburger, treu für Kaiser und Reich, für Fürst und Vaterland! treu folgen Männern, wie Moltke und Bismarck! treu sorgen für die Sicherheit des Vaterlands! Darum wählt einig den Herrn von Oertzen=Brunn, von dem Ihr sicher seid, daß er für das Septennat stimmt!

Lehrer Albrecht=Neschow.
Bürgermeister Bicker.
Küster L. Bohn=Demern.
Schulze W. Borchert=Raddingsdorf.
Lehrer C. Breest=Kuhlrade.
Domainenpächt. Breuel=Selmsdorf.
Schulze Burmeister=Kleinfeld.
Schulze Burmeister=Bechelsdorf.
Lehrer Callies=Lübseerhagen.
Organist und Lehrer J. Carlau=Schlagsdorf.
Domainenp. Dierking=Lockwisch.
Domainenp. H. Drews=Zarnewenz.
Schulze H. Dräger=Lauen.
Lehrer H. Dunker=Mannhagen.
Ortsvorst. J. Eckmann=Hammer.
Pastor J. Eulenberg=Schlagsdorf.
Schulze H. Faasch=Selmsdorf.
Lehrer Greve=Bäck.
Lehrer H. Grevsmühl=Klocksdorf.
Schulze Grevsmühl=Retelsdorf.
Schulze J. Grieben=Herrnburg.
Domainenp. Hancke=Gr. Molzahn.
Schulze J. Hartmann=Demern.
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Domainenpächt. L. Hesse=Römnitz.
Amtsrichter G. Horn.
Pastor Horn=Selmsdorf.
Domainenpächt. Hörcher=Wahrsow.
Pastor Janell=Herrnburg.
Pastor Kaempffer.
Domainenpächter W. Kaiser=Stove.
Lehrer Koopmann=Niendorf.
Realschul=Lehrer Krempien.
Lehrer L. Krüger=Gr. Mist.
Lehrer A. Kuhlow=Sabow.
Pastor Langmann=Carlow.
Lehrer Lenschow=Grieben.
Lehrer Lohse=Gr. Rünz.
Dr. M. Marung.
Lehrer C. Mette=Duvennest.
Lehrer Mette=Palingen.
Schulze Meyer=Schlag=Sülsdorf.
Gerichts=Assessor Dr. Müller.
Lehrer H. Oldörp=Kl. Mist.
Lehrer W. Ollmann=Schg.=Resdorf.
Lehrer W. Ollmann=Schlag=Sülsdorf.
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Lehrer J. Otto=Thandorf.
Küster J. Piper=Ziethen.
Realschul=Lehrer Pleines.
Domainenp. Rieckhoff=Rabensdorf.
Hauswirth P. Robrahn=Carlow.
Consistorialrath Propst Rußwurm=Domhof Ratzeburg.
Pastor P. Rußwurm=Ziethen.
Lehrer F. Saß=Palingen.
Lehrer W. Schriever=Gr. Siemz.
Domainenp. E. Sick=Schlagsdorf.
Lehrer Simon=Kl. Molzahn.
Lehrer J. H. Spehr=Cronscamp.
Ortsvorsteher J. F. Spolert=Domhof Ratzeburg.
Ortsvorsteher H. Spolert=Bäck.
Amtmann Aug. Staeding=Neuhof.
Lehrer H. Stuth=Walksfelde.
Amtsrath G. W. Wicke=Demern.
Mühlenpächt. Wieschendorf=Maurinmühle.
Schulze Wigger=Rüschenbeck.
Schulze A. Wigger=Sahmkow.
Schulze Wittfoht=Duvennest.
Lehrer J. Woisin=Kleinfeld.


Baugewerk-, Maschinen- und Mühlenbau-Schule
Neustadt in Mecklenburg. Auskunft durch den Director Jentzen.


Ausverkauf bei Ludwig Wendt in Lübeck
bis Ende Februar
von allen Artikeln des reichhaltigen
Konfektion- und Manufakturwaarenlagers.


Eine perfecte Plätterin,

die mehrere Jahre in Hamburg geplättet hat, sucht Beschäftigung in und außer dem Hause. Zu erfragen Siemzerstraße No. 168.


Gesucht zu Ostern                                                    
ein Knabe
der die Schule verläßt, zum Hüten der Schaafe. Näheres zu erfragen bei                                                    
Schönberg.                                                     F. Lundwall.


Am 15. d. Mts. entschlief nach längerem Leiden unser einziger Sohn Wilhelm. Die Beerdigung findet Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, statt.

                                                    J. Jabs und Frau.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 20. Februar.

Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Langbein.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage, ein Wahlaufruf und Illustrirtes Beiblatt Nr. 8.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 14 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 14 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 18. Februar 1887.


- Der Reservisten=Sonntag. Die Hauptstraßen Berlins zeigten am letzen Sonntag ein auffällig militärisches Gepräge. Unter den Massen von Spaziergängern, welche der heitere Sonnenschein ins Freie lockte, dominirte der Uniformrock und namentlich unter den Linden und in der Friedrichsstraße begegnete man zahlreichen Trupps von älteren, zum Theil mit martialische Bärten ausgestatteten Soldaten. Das waren die Reservisten, welche gegenwärtig zu der zwölftägigen Uebung mit dem Repetiergewehr eingezogen sind. Stolz zogen sie durch die Straßen, hier und da bekannte Kameraden aus ihrer früheren Dienstzeit begrüßend oder irgend ein Haus mit besonderem Interesse betrachtend, an das sich alte "süße" Erinnerungen knüpften. In vielen Restaurants, vom Schankkeller bis zur "echten Kneipe" wimmelte es von Reservisten, welche nach jahrelanger Trennung hier ein fröhliches Wiedersehen feierten und sich ihre Erlebnisse und Karrieren erzählten. Als um 3/4 1 Uhr die Schloßwache aufzog, strömten die Reservisten wieder auf die Straße, um dieses altbekannte und doch stets gern gesehene militärische Schauspiel von Neuem zu bewundern. Vor dem kaiserlichen Palast um das Friedrichsdenkmal staute sich eine ungeheure Volksmenge, und als die Wache mit klingendem Spiel vor den Fenstern des Kriegsherrn in bekannter Weise vorbeimarschirte, als der Monarch mit freundlich=mildem Grüßen am Fenster erschien, da durchbrausten hundertfache Hurrahs die Luft, und die Reservemänner waren nicht die schwächsten "Rufer im Streite." Im Laufe des Nachmittage nahmen ihre Exkursionen eine etwas andere Richtung an. Die holde Weiblichkeit zog auch die wildesten Krieger an und in manchen Lokalen mit Kellnerinnen=Bedienung sah es wie in einem Kriegslager à la Wallenstein aus. Die verschiedensten Waffengattungen saßen da einträchtig bei einander, von der Spandauer Garnison waren viele herübergekommen und unisono "stiegen" die alten, lieben Soldatenlieder. Und während manche Reservistenfrau traurig an ihren Gatten denkt und sich ausmalt, wie er trübselig den Kopf hängen läßt und sich nach Hause sehnt, saß der "Kopfhänger" fröhlich beim Bier. Der letzte Sonntag mag vielen Reservisten diverse Thaler gekostet, oder einen mehr oder weniger intensiven "Brummschädel" eingetragen haben. Die am Montag begonnenen Uebungen werden aber diesen "Patienten" hinreichende Gelegenheit bieten, in der kalten Winterluft sich wieder aufzumuntern.
- Am 25. September v. J. hat der 20jährige ledige Korbflechter Jos. Buckreus aus Thonberg in der Nähe des Dorfes Schleireuth in Thüringen einen 8 1/2 jährigen Knaben ermordet, um eine Kuh rauben und verkaufen zu können, welche der Knabe weidete. Der Verbrecher hatte sich von hinten wie eine Katze herangeschlichen und demselben den Hals bis auf den Rückenwirbel durchgeschnitten. Nachdem der Unmensch die Leiche in einem Bach geworfen, trieb er die Kuh fort und versuchte dieselbe zu verkaufen, was ihm indeß nicht gelang. Dieser Tage hat das oberfränkische Schwurgericht dem Buckreus zum Tode verurtheilt.
- In Leipzig sind am Sonnabend 30 000 sozialistische Wahlflugblätter, weil sie den Bestimmungen des Preßgesetzes nicht genügten, von der Polizei confiscirt worden.
- Aus Offenbach ist am Sonntag der bisherige Reichstagsabgeordnete Liebknecht in Folge des kleinen Belagerungszustandes ausgewiesen worden. Er war erst am Morgen mit dem Schnellzug von Sachsen angekommen und schon um 11 Uhr wurde ihm der Ausweisungsbefehl zugestellt mit der Bemerkung, daß er Offenbach bis ein Uhr verlassen müsse. Liebknecht fuhr, begleitet von mehreren Parteigenossen, zu Wagen nach dem Kreis Duisburg, um dort zu reden.
- In Köln ist man gegenwärtig mit dem Abtragen des auf den Gewölben der Forts befindlichen Rasen beschäftigt, um die Werke mit Asphalt und dann mit Cement zu überziehen, auch sollen die einzelnen Forts durch eine über die Ringstraße hinziehende Eisenbahn verbunden werden.
- In Metz wurden am Sonntag bei mehreren, den besseren Ständen angehörenden Einwohnern (Einheimischen) Haussuchungen vorgenommen, weil dieselben im Verdacht stehen sollen, sich des Landesverraths schuldig gemacht zu haben.
- Durch die vor einigen Tagen erfolgte Einziehung der Reserven ist im Umkreis von Metz wahre Panik unter der Landbevölkerung entstanden, die noch dadurch erhöht wird, daß seit einigen Tagen an den Forts= und Festungswerken sichtlich gearbeitet wird. Etwa 1000 Arbeiter, meistens aus der Saargegend und der Pfalz, sind dabei beschäftigt und täglich treffen neue Schaaren, besonders aus Saarbrücken, wo ein eigenes Arbeiterwerbebureau eingerichtet ist, ein. Die gewöhnlichen Arbeiter erhalten 3 Mk., Handwerker 4 Mk. täglich. Die Arbeiten bestehen darin, daß die Erdwälle der Forts mit einer schützenden Betondecke überzogen werden. Da die französischen, mit Melinit gefüllten Granaten sogenannte Bohrgeschosse sind, so soll durch den Betonüberzug verhindert werden, daß dieselben in die Erdwälle eindringen und dort explodieren, vielmehr diese Explosion bereits beim ersten Aufschlagen erfolgen muß. Von den eingezogenen Reservisten hat sich leider eine Anzahl verleiten lassen, über die französ. Grenze zu gehen und sich nicht zu stellen, doch muß die Zahl nicht so erheblich sein, als die französ. Presse schon im Voraus zu verbreiten sich bemühte. Es waren in Voraussicht eines solchen Vorkommnisses reichlich 10 Proz. mehr als die geforderte Zahl einberufen, und trotzdem der Ausfall an Deserteuren davon gedeckt werden mußte, konnten fast sämmtliche Reklamationen berücksichtigt werden. Bei den dortigen 4 Regimentern sollen im Ganzen 80 Mann gefehlt haben.
- Um eine prächtige Winterlandschaft im Hochgebirge zu genießen, fuhr Prinz=Regent Luitpold mit Gefolge an den Königssee und von dort über den See Bartholomä mit 12 Schlitten. Dort gabs bei Mondschein Spaziergänge und Schlittschuhfahrten und im kleinen Forsthaus ein vergnügtes Jägerleben. Anderen Tages wurden die Stätten der Wildfütterung besucht, an deren einer 45 gewaltige Hirsche und 176 Altthiere und Wildkälber sich eingefunden hatten. Der Prinz und seine Kavaliere vergnügten sich mit Eißschießen, erlebten einen ungeheuren Schneesturm und kehrten am dritten Tage heim.
- Der Verkehr auf den rumänischen Staatsbahnen mußte wegen heftigen Schneefalles vollständig eingestellt werden.
- Während in Paris seit einer Woche trockenes kaltes Wetter ist, welches die Schlittschuhläufer im Bois de Boulogne in Entzücken versetzt, werden von Neuem über Süd=Ost=Frankreich wehenden Schneestürme gemeldet. Vier Eisenbahnzüge aus dem Süden nach Paris blieben am 12. d. im Schnee stecken, der Verkehr zwischen Spanien und Frankreich ist gänzlich unterbrochen auf der Linie Pervignan=Barcelona. In Bourg=Madame, Quillian (Aude) liegt der Schnee 50 Centimeter hoch. Zahlreiche Eisenbahnzüge haben Schutz vor dem Unwetter im Bahnhofe von Beziers gesucht. Auch in Ober= und Mittelitalien, in Südostspanien von Gerona=Valencia, in Marseille, Nimes u. s. w. sind große Schneemassen gefallen.
- Aus Madrid schreibt man unterm 11. ds. Mts.: In den letzten Tagen ist außerordentlich viel Schnee gefallen, und zwar von Katalonien bis nach Valencia und sogar auf den Balearen. Im Norden ist vielfach der Verkehr unterbrochen worden. Jetzt ist Kälte eingetreten; heute früh waren - 8 Gr., heute Abend - 5 Gr. Celsius. Etwas Unerhörtes für Spanien!


[ => Original lesen: 1887 Nr. 14 Seite 6]

Ein fahrender Künstler.
Erzählung von Herrn. K. Paul.
(Nachdruck verboten.)
(Schluß.)


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