No. 10
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Februar
1886
sechsundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1886 Nr. 10 Seite 1]

Die Polendebatte im preußischen Abgeordnetenhause.

Seit Bestehen des Reichstages hat selten ein Einzellandtag für seine Verhandlungen das allgemeine Interesse so sehr in Anspruch genommen, wie das preußische Abgeordnetenhaus mit seinen Verhandlungen über die Ausweisungen aus den östlichen Provinzen. Schon der Reichstag hatte sich dieser Angelegenheit bemächtigt und wenn auch die erste Interpellation durch die Verlesung einer kaiserlichen Botschaft verhindert wurde, so hatte die Mehrheit des Hauses dennoch Veranlassung genommen, sich über den Umfang und die Art der Ausweisungsmaßregeln mißbilligend auszusprechen. Die preußische Regierung und der Bundesrath stellten sich auf den Standpunkt, daß die ganze Angelegenheit den Reichstag nicht anginge, daß diese vielmehr eine rein preußische Verwaltungssache sei, deren Behandlung und Erörterung dem preußischen Landtage zustehe.
Der letztere hat nun auch die Ausweisungen vor sein Forum gezogen; aber da im Landtage die vereinigten Konservativen und Nationalliberalen die Mehrheit haben, so war naturgemäß der Gesichtswinkel, unter dem die Maßregeln sich dem Landtage darstellten, ein anderer, wie der des Reichstages, welcher keine konservativ=nationalliberale Mehrheit besitzt. Es kann daher ebensowenig überraschen, daß der Reichstag sich gegen, wie daß der Landtag für die Regierungsmaßregeln entschied. Die Verhandlungen des letzteren verdanken aber das Interesse, das ihnen allgemein, selbst vom Auslande, entgegengebracht wird, wesentlich dem Umstande, daß die Regierung durch ihre hervorragendsten Vertreter sich an den Verhandlungen betheiligte, während bei der Polendebatte im Reichstage die für die Regierungsvertreter bestimmten Plätze leer blieben.
Vor allem haben die Reden des Fürsten Bismarck einen gewaltigen Eindruck hervorgerufen. Sie enthalten einen solchen Reichtum an politischen Ueberraschungen, daß es kaum möglich ist, die Fülle der Gesichtspunkte und ihren weitverzweigten Zusammenhang auf den ersten Blick zu überschauen. Wenn auch der gigantische Plan, die polnischen großgrundbesitzenden Adligen gegen eine Entschädigung von etwa 300 Mill. Mark zu expropriiren, nie zur Ausführung gelangt, so wirkte er doch, in die Debatte geworfen, geradezu verblüffend. In dieser Richtung aber soll sich in Zukunft die preußische Politik in den Ostprovinzen bewegen: diejenigen Güter, die freiwillig zum Verkauf kommen, und auch diejenigen Domänen, die sich dazu eignen, sollen dazu benutzt werden, um darauf deutsche Bauern und Landwirthe anzusiedeln. Es soll eine Immediat=Kommission gebildet werden, die unter dem Ministerium steht, die aber von beiden Häusern des Landtags gewählte Vertreter in ihrer Mitte hätte, damit beide Häuser sowohl eine Einwirkung wie eine Kontrolle hätten hinsichtlich dessen, was geschieht. Außerdem sind Maßregeln in Aussicht genommen, die darauf hinausgehen, mehr Polen als Beamte auch in anderen Provinzen anzustellen, damit sie besser die Früchte der deutschen Civilisation kennen lernen. Daß mehr deutsche Schulen in den Gegenden mit gemischter Bevölkerung errichtet werden sollen, ist schon früher gesagt worden.
Die vom Fürsten Bismarck gekennzeichneten Pläne lassen sich nicht mit den herkömmlichen büreaukratischen Hilfsmitteln und Grundsätzen durchführen und deshalb ist die in Aussicht genommene Immediatkommission ein gutes Mittel, wenn man sich für die deutsche Kolonisation in den Ostprovinzen in der vom Fürsten Bismarck vorgeschlagenen Weise überhaupt erklärt. Ein Zweifel darüber kann nicht bestehen: auf polnischer Seite müssen die Verhandlungen die Wirkung hervorrufen, alle Kräfte zur Abwehr der Germanisierung anzustrengen; verfolgt also die Regierung das von ihr gesteckte Ziel nicht mit ganzer Energie und Festigkeit, dann würde die einzuschlagende Politik dem Deutschthum in den Ostseeprovinzen nicht nur nicht nützen, sondern geradezu schaden.


Sonnabend beendete der Reichstag die zweite Lesung des Etats, Ende dieser Woche soll die dritte vorgenommen werden. Danach tritt eine kurze Vertagung ein, damit die Commissionen Zeit gewinnen, ihre Arbeiten zu fördern.
Die Reichstags=Kommission für die Vorlage betreffs des Nord=Ostseekanals hat am 26. d. durch einstimmige Annahme des § 1 den Bau des Kanals beschlossen.
Vaticanisch=officiöse Blätter berichten, die avisirte kirchenpolitische Vorlage sei Resultat langer Verhandlungen mit dem Vatikan und habe, als erster Schritt zur organischen Revision der Maigesetze, das Päpstliche Placet.
Die Finanzminister einzelner Bundesstaaten wollen nach Berlin kommen, um an den Bundesraths=Verhandlungen über das Branntwein=Monopol theilzunehmen; es erklärt sich daraus die Verzögerung in den Berathungen.
In dem Diätenprozesse gegen den Abg. Kräcker hat das Oberlandesgericht in Breslau, abweichend von den bisherigen Urtheilen, darauf erkannt: es solle Beweis erhoben werden, ob die sozialistischen Abgeordneten eine Verpflichtung eingegangen seien, für die Diätengewährung im Sinne der Partei zu stimmen. Als Zeugen sollen u. a. Bebel, Liebknecht, Rittinghausen und Singer vernommen werden.
Der Probst Dinder in Königsberg ist zum Erzbischof von Posen=Gnesen ernannt worden. Probst Dinder ist ein Deutscher, aber der polnischen Sprache mächtig, ein Mann von bedeutender Befähigung, vieler Gewandheit und diplomatischen Formen.
Prinz Wilhelm, der Enkel unseres Kaisers, hat am Mittwoch seinen 27sten Geburtstag gefeiert. Dieser Tag war zugleich ein Jubiläumstag für den Kronprinzen, der vor 25 Jahren am 2ten Geburtstag seines ältesten Sohnes zum Statthalter von Pommern ernannt wurde, eine Würde, die er noch heute inne hat.
Daß Fürst Bismarck in seinem Dankschreiben an den Papst diesen mit "Sire" anredet, welcher

[ => Original lesen: 1886 Nr. 10 Seite 2]

Titel nur hohen weltlichen Herrschen zukommt, ist in Italien übel vermerkt worden. In der Deputirtenkammer soll sogar deswegen eine Anfrage an die Regierung gerichtet werden.
Die Ausweisung des dänischen Literaten Bang aus Berlin hatte viel Lärm gemacht; denn es urtheilten Viele, ohne die Sache zu kennen. Der Grund seiner Ausweisung ist ein Brief an eine Norwegische Zeitung und dieser Brief enthält die boshaftesten und albernsten Beleidigungen gegen die kaiserliche Familie, Bismarck und Moltke. So versichert der "Hamburger Correspondent", welchem der Brief in den Norwegischen Zeitungen vorliegt.
Der Herzog von Sevilla, welcher vor einiger Zeit als Kommandierender der Schloßwache in Madrid sich gegen die Königin von Spanien unehrerbietig benommen hatte, ist auf Beschluß des Kriegsgerichts in der Armee=Rangliste gestrichen worden.
Die Serben und Bulgaren werden bald einig sein. Zur Fortsetzung des Krieges scheinen beide Theile keine Lust mehr zu verspüren, man wird sich deshalb im Laufe der Woche in Bukarest treffen, um dort über die Friedensbedingungen zu verhandeln. Die bulgarischen Delegirten werden von dem Türken Djamil Pascha und dem Minister Zanow, die serbischen von dem Oberst Mitjatovic geführt. Wir wünschen auf beiden Seiten recht viel guten Willen.


- Eine Schlittenfahrt des Königs Ludwig. Aus dem bayrischen Hochland wird erzählt: Der Winter ist in unserm Gebirg mit seiner ganzen Pracht eingezogen. Die Berge erscheinen höher und mächtiger in ihrem weißen und glänzenden Kleid, und die Sonne erglänzt auf den mächtigen Silberfeldern in den wunderbarsten Farben. Am schönsten ist es zu dieser Zeit in Linderhof, dem geheimnisvollen Trianon des König Ludwig. Auch bequemer ist in Linderhof und Umgebung der Verkehr als anderswo in den Bergen; denn Hunderte von Arbeitern sind täglich beschäftigt, insbesondere die herrliche Straße vom Schnee freizuhalten, welche zwischen den dunklen Bäumen des Ammerwaldes dahinzieht. Wie ein Zaubermärchen begegnet dem Wanderer hie und da die wunderbare Erscheinung des königlichen Schlittens, der meistens in stiller Nacht durch den Wald dahinfliegt. Man denke sich einen goldenen Schlitten mit Krone und Wappen und mit einem vergoldeten Coupee, der die Form eines Schwanes mit aufgeblähten Flügeln hat. Im Innern des Coupees sieht man auf blauem goldgestickten Hintergrund die volle Gestalt und das blasse Gesicht des Königs, neben dem einer seiner Lieblinge zu sitzen pflegt. Das Innere ist magisch erhellt von einem milden strahlenden Licht, das aus dem Coupee heraus in breitem Kreis den Schlitten und die dampfenden Pferde beleuchtet und sogar den Vorreiter mit seiner Laterne weit überstrahlt. Es soll elektrisches Licht sein, das durch Accumulatoren im Innern des Schlittens erzeugt wird. Wie ein Blitz fliegt der goldene Schlitten vorüber, so daß man kaum Zeit hat, die Brillanten=Agraffe an dem Künstlerhut des Königs oder die Uniform des jungen Chevaulegers neben ihm ins Auge zu fassen. Bald ist die Cavalcade hinter einer Biegung der Straße verschwunden.
- Wie man in früheren Zeiten die Menschen eingeschläfert hat, das wird in der "Chronigue industrielle" erzählt. Nach ihren Angaben hätte man neuerdings ein Manuskript Abélards aufgefunden, welches interessante Aufschlüsse enthält über die Art, wie ehemals die Aerzte die Patienten, welche sie operiren wollten, in den Schlaf zu versenken suchten. Plininus spricht von einem Stein aus Memphis, welcher gerieben und mit Weinessig angewandt, die Stelle, welche man Schneiden oder brennen wollte, unempfindlich machte. Nach ihm sagen Disconide und Matthèole, daß man einen zu operirenden Patienten einschläferte, indem man ihm mittelst des Brotes oder eines anderen Nahrungsmittels Saft der Blätter oder des Wurzeldekokts von Madragore, Alraun, oder eine Dosis von der Morionpflanze beibrachte. Opium und Hanf wurden von den chinesischen Aerzten angewandt. In der Pharmazie des dreizehnten Jahrhunderts fand man ein Präparat, komponirt von Opium, Bilsenkraut, Madragore, Schierling und anderen Pflanzen, mit dem man einen Schwamm tränkte. An der Sonne getrocknet, wurden diese Schwämme, wenn man sie brauchte, angefeuchtet, dem Patienten unter die Nase gehalten, bis er einschlief.
- Die Zahl der Epileptischen in Deutschland beträgt 70 bis 75 000, in Preußen allein 40 bis 50 000.
- (Der Kaiser von Korea) hat für neu zu prägende Münzen Stempel in Deutschland anfertigen lassen, die jetzt wohl schon in ihrem Bestimmungsorte angelangt sind. Bis zum Jahre 1884 besaß Korea nur gegossene, den chinesischen ähnliche Bronzemünzen. Die neuen Münzen zeigen 2 Drachen, sowie Umschriften in chinesisch=koreanischen Zügen.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über das zu Schönberg an der Siemzer Straße sub Nr. 183 belegene Wohnhaus c. p. der Ehefrau des Kornhändlers Kron allhier, Maria geb. Maaß, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 20. Februar 1886,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 30. November 1885.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Verkaufs=Anzeige.

1. Am nächsten Sonnabend, den 6. d. Mts., Vormittags 11 Uhr sollen im Kruge zu Lüdersdorf nachstehende im Orte gepfändete Gegenstände, als:

1 Kommode, 1 Nähtisch,
1 Polsterstuhl

und 2. am Montag, den 8. d. Mts., Mittags 12 Uhr im Hause des Schulzen Grieben in Herrnburg ein im Orte gepfändeter

Eckschrank

öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden.
Schönberg, den 1. Februar 1886.

                                                    Kutzbach, Landreiter.


Verpachtung.

Am Sonnabend, den 6. Februar d. J., Vormittags 9 1/2 Uhr sollen im Kruge zu Lüdersdorf die der Schmiedewittwe Schütt in Wahrsow gehörige Wiese öffentlich meistbietend auf 6 hintereinander folgende Jahre verpachtet werden. Aus den vor Beginn des Termins bekannt zu machenden Bedingungen ist hervorzuheben, daß der Pachtzins für das erste Jahr sofort nach erfolgtem Zuschlage zu entrichten ist.
Schönberg, den 28. Januar 1886.

                                                    C. Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


[ => Original lesen: 1886 Nr. 10 Seite 3]

Holz=Auction Nr. 20.

Am Mittwoch, den 3. Februar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Thies zu Ziethen nachstehende Holzsortimente meistbietend bei freier Concurrenz verkauft werden.

a. Aus dem Garnseerholze:

    6 buchen Nutzholzblöcke
420 Rmet. buchen Kluft I. II. u. Olm
  17 Rmet. buchen Knüppel
  16 Rmet. eichen Kluft II. Cl. u. Knüppel
    9 Rmet. birken Kluft u. Knüppel

b. Aus dem Bahlen:

    1 Fichten Block mit ca. 4 Festmeter
  18 Rmet. buchen Kluft II. Cl.
    3 Rmet. buchen Olm Anbruch
    8 Rmet. eichen Kluft II. Cl. u. Knüppel.
Schönberg, den 24. Januar 1886.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 21.

Am Mittwoch, den 10. Februar, Morgens 9 Uhr in Kösters Hotel zu Schönberg

Aus dem Rupensdorfer Holze:
Förster=Koppel und Alter=Schlag.

190 Rmet. Buchen Kluft und Knüppel
  40 Fuder buchen Durchforstholz und Reiser.
Das Holz wird Ende dieser Woche fertig und beginnt mit Nr. 358.
Schönberg, den 1. Februar 1886.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

Sonntag, den 7. Februar, Nachmittags 3 Uhr.
III. ordentliche Versammlung im XIII. Vereinsjahr:
Tagesordnung:
Parolefrage.                                             
Wichtige innere Vereinsangelegenheiten.
                                                    Der Vorstand.


Nachdem der Schulze Lühr zu Lüdersdorf und der Pächter Heitmann zu Falkenhagen in ihrer Eigenschaft als Aelterleute statutenmäßig aus unserer Gesellschaft ausgeschieden, sind der Hauswirth Nevermann zu Wahrsow und der Hauswirth Seeler zu Sahmkow wiederum zu Aelterleuten und Taxatoren für die betreffenden Districte ernannt worden, welches wir hiermit zur Kenntniß unserer Interessenten bringen.
Schönberg, den 1. Februar 1886.

Direction der Viehversicherungs=Gesellschaft im Fürstenthum Ratzeburg.
As. Ahrendt.           Wilh. Heincke.


Hagelschaden-Versicherungs-Verein für Mecklenburg-Schwerin und Stelitz.

Die 33. ordentliche Generalversammlung der Herren Vereinsmitglieder wird

am Mittwoch, den 3. März d. Js.,
Morgens 11 Uhr,

zu Schwerin in "Stern's Hotel" stattfinden und kommen folgende Gegenstände zur Verhandlung:

1. Bericht über die im Jahre 1885 stattgehabte Verwaltung und Vorlage der Rechnung vom 1. März 1886, sowie der revidirten Rechnung vom 1. März 1884/5.
2. Wahl neuer Beamte für die nach Ablauf ihrer Dienstzeit statutenmäßig ausscheidenden Herren und zwar
a) des Direktors für die Jahre 1886/89 incl.
b) der Districts=Vorsteher im 2., 6. und 8. District.
3) Wahl neuer Taxanten für diejenigen Herren, deren Dienstzeit abgelaufen.
4) Berathung und Beschlußnahme über Anträge auf eine Veränderung der im § 35 der Statuten vorgeschriebenen Gefahrklassen.
5) Beschlußnahme über Vereinsangelegenheiten, welche von der Direction zur Entscheidung der General=Versammlung gestellt werden.
Die Herren Vereins=Mitglieder werden ersucht, sich zahlreich einzufinden.
Grevesmühlen, den 28. Januar 1886.

Die Direction:
M. von Leers auf Mühlen=Eixen.


Meine Verlobung mit Fräulein Bertha Büsch aus Trams i/M. beehre ich mich ergebenst anzuzeigen.
Ratzeburg im Januar 1886.

                                                    Johannes Spehr.


Marie Grevsmühl
Fritz Thiele
Verlobte.
Schönberg i. M.                                                     Altona.


Danksagung.

Für die vielen Beweise inniger Liebe und Theilnahme, welche uns während der schweren Krankheit und Hinscheiden unserer geliebten Tochter

Elsa

zu Theil wurden, für die trostreichen Worte des Herrn Pastoren, für die zahlreichen Kränze und Blumenspenden, sowie für die ehrenvolle Begleitung zu ihrer letzten Ruhestätte sagen wir auf diesem Wege unsern tiefgefühlten Dank.

                                                    Die trauernden Hinterbliebenen

                                                    J. Lenschow, Klempnermeister,
                                                    nebst Familie.


Die im 51. Jahrgang wöchentlich 2 mal erscheinende

Allgemeine Zeitung
für deutsche Land= und Forstwirthe
mit ihren Beilagen:
Die Hausfrau (Dienstags),
Allgemeine Zeitung
für Viehzucht und Viehhandel (Sonntags),

wird allen Land= und Forstwirthen, besonders auch den Herren Beamten, sowie kleineren Besitzern in Stadt und Land, Gastwirthen, Restaurationen, in denen Landwirthe verkehren, dringend zum Abonnement empfohlen.
Preis pro Quartal 3 Mark direkt von der Expedition.

Wirksamstes Insertions=Organ
(Zeile 30 Pfg.)
Probenummern gratis und franco von der Expedition der "Allgemeinen Zeitung" Berlin W. 35.


Das grosse
Bettfedern-Lager
William Lübeck in Altona.

versendet zollfrei gegen Nachnahme (nicht unter 10 Pfund) gute
neue Bettfedern für 60 Pfg. d. Pfd.
vorzüglich gute Sorte 1,25 Pfennig (Mecklenburg). d. Pfd.
Prima Halbdaunen 1,60 Pfennig (Mecklenburg). d. Pfd. und 2 M. d. Pfd.
Bei Abnahme v. 50 Pfd. 5 % Rabatt.


[ => Original lesen: 1886 Nr. 10 Seite 4]

Gothaer Lebensversicherungsbank.

Versich.=Bestand am 1. Jan. 1886: 66 460 Personen mit 490 500 000 M.
Bankfonds am 1. Jan. 1886: ca. 128 900 000 M.
Versicherungssumme ausbezahlt seit Beginn ca. 164 400 000 M.
Neuer Zugang im Jahre 1885 36 250 000 M.

Dividende 1886 für 1881:

43 % der Jahres=Normalprämie nach dem alten Verteilungssystem,
33 % der Jahres=Normalprämie und 2,2 % der Prämienreserve als Dividende nach dem im Jahre 1883 eingeführten neuen "gemischten" Verteilungssystem, was im Verhältnis zur Jahres=Normalprämie für das jüngste beteilige Versicherungsalter 34 % und für das höchste beteiligte Versicherungsalter 115 % als Gesamtdividende ergiebt.
Neu Beitretende haben sich bei der Antragstellung für das alte oder neue Dividendensystem zu entscheiden.
Alles Nähere zu erfragen bei

                                                    Wilh. Schrep.


Ausverkauf bei Ludwig Wendt in Lübeck
bis Ende Februar
von allen gangbaren Artikeln des reichhaltigen
Confection- und Manufakturwarenlagers
zu sehr billigen Preisen.


Billette zu dem am 8. Februar bei mir stattfindenden

Maskenball

sind bei den Herren Buchbinder Hempel und Cigarrenfabrikanten Ch. Rieckhof zu haben.
Maskenbillet M. 1, nummerirter Platz 1,30 Pfennig (Mecklenburg).
Anfang 7 Uhr. Versammlung der Masken im alten Saal.
Für eine elegante und billige Maskengarderobe ist bestens gesorgt und steht selbige vom 7. Februar ab dem geehrten Publikum zur Verfügung.

Nur anständige Masken haben Zutritt.
                                                    J. Boye.


Preußische Dienstboten
hat stets nachzuweisen                                                    
                                                    S. Dettmann.
                                                    Grevesmühlen i/M., Neustadt 26.


Ausverkauf.

Ich habe noch sehr preiswürdig zu verkaufen:
1 nußb. Kleiderschrank, 1 do. Leinenschrank, 1 mahg. Leinenschrank, 1 do. Sopha mit 4 Polsterstühlen, 1 Sophatisch, 2 gut erhaltene Bettstellen mit Matratzen, 1 nußb. lackirte Bettstelle, 1 große Garderobe, 1 Spiegel mit Console, 1 eichener Lehnstuhl, 1 gebrauchter eschen Eckschrank und Sophatisch.

Schönberg.                                                     E. Hauschild.


Bei einer gebildeten Familie finden                                                    
kleine Mädchen,

welche die Schule in Lübeck besuchen sollen, freundliche Aufnahme. Offerten sub. St 19 bef:

                                                    Fräulein Dorette Gusmann
                                                    in Lübeck.


Wegen Veränderung meines Magazins habe ich
eine Parthie Möbeln,

verkaufen.                          
                                                                              W. Nothdurft, Tischlermeister.
                                                                                   Schönberg, Siemzerstraße Nr. 148 a.


Gesucht wird zu sofort oder Ostern ein verheiratheter oder unverheiratheter

Kuhhirte

auf Hof Wahrsow.



Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei      Emil Jannicke, Bandagist.


Für die Schulden meines Mannes hafte ich nicht.
                                                                              Frau Schlatow.


Nachrichten des Standesamts=Bezirks Carlow
vom 1. Januar bis zum 1. Februar 1886.

a. Geburten:

Dem Schmied Julius Gerhard zu Carlow ein Sohn;
dem Weber Heinrich Warnke zu Carlow ein Sohn;
dem Arbeitsmann H. Joachim Holst zu Stove ein Sohn;
der unverehelichten Anna Sommermeier zu Cronscamp ein S.

b. Eheschließungen:

Der Hauswirth=Anerbe Hans Joachim Meyburg zu Klocksdorf mit Anna Catharina Marie Ahrendt zu Klocksdorf.

c. Sterbefälle:

Die Wittwe Anna Lise Wienck, zu Hof Stove 76 Jahr 2 Mon. alt.
der Arbeitsmann Hans Peter Sefke zu Kuhlrade 61 J. alt.
Emma Anna Wilhelmine Holst zu Sahmkow 3 Mon. alt;
Hermann Johann Joachim Lüttjohann zu Carlow 9 M. alt;
Joachim Wilhelm Bruhn zu Carlow 9 Mon. alt.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1886 Nr. 10 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 10 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. Februar 1886.


Des Kulturkampfes Ende.

Wie das Geläute ferner Dorfglocken, die die Kräfte des müden Wanderers neu beleben, wie nach heißer anstrengender Jagd das Hallali als fröhlicher Schlußakt an das Ohr des Waidmanns schlägt, so tönt von Rom her eine frohe Kunde zu dem auf seinen Werdegang begriffenen deutschen Volk. Des Kulturkampfes Ende, das sind die Worte, die zu uns herüberdringen und lauter und lauter, immer deutlicher und klarer vernehmen wir sie, je gespannter wir lauschen; ein Friedenssignal von unermeßlicher Tragweite, eine selige Botschaft nach einem Kampf voll Bitterniß erfüllt die ganze civilisirte Welt.
Als damals das Unglaubliche glaubhaft, das Unwahrscheinliche zur Thatsache, der Papst in Rom zum Schiedsrichter ernannt wurde zwischen zwei um fernen Kolonialbesitz streitenden Nationen, da sagten sich viele schon, daß gerade dieser geniale Griff des deutschen Kanzlers, der beiläufig bemerkt, auch der humoristischen Seite nicht entbehrte, an die Unparteilichkeit des Papstes zu appellieren, nicht ohne Folgen für den Kulturkampf bleiben werde. Diese Voraussicht ist nunmehr zur Gewißheit geworden. Die Ehre, welche Leo XIII. erwiesen ward, hat diesen veranlaßt, auch seinerseits mit Gunstbezeugungen nicht zu geizen, und so stehen sich jetzt der erste Kanzler des neuerstandenen deutschen Reiches und der Nachfolger des ersten unfehlbaren Papstes, des großen Fluchers Pio Nono, mit ausgestreckten Händen gegenüber, um ihren Frieden mit einander zu schließen, d. h. einen modus vivendi, die Möglichkeit für Staat und Kirche in Freundschaft neben einander fortzubestehen, zu finden. Das ist die Lage der Dinge auf kirchenpolitischem Gebiet, das ist die Situation, die zwischen Rom und Berlin im Zeitraum weniger Monate nach dem alten Grundsatz geschaffen wurde, daß eine Liebe stets der anderen werth ist.
Doch betrachten wir uns die beiden Männer und das, was sie sich gegenseitig zu bieten haben, genauer. Da steht der Kanzler, unstreitig ein Diplomat, wie die Welt ihrer nur wenige noch gesehen hat. Sein Ziel ist der Friede, denn der Wille seines Herrn und Kaisers ist auf den Frieden gerichtet; seine Sorge ist die Festigung des großen Staatsgebäudes, dessen Grundlagen auf den Schlachtfeldern Oesterreichs und Frankreichs in blutigem Ringen gelegt wurden. Steht auch das Reich nach außen hin kräftig da, im Innern giebt es noch viel zu schaffen und die dringendste Aufgabe von allen heißt: ein Verträgniß zwischen Katholiken und Protestanten, eine gegenseitige Duldung bei Kirche und Staat. Und die Zeit ist günstig. Hat Leo XIII., der nicht nur durch seine lateinischen Verse als feiner Kopf, als ein Mann von Welt und Bildung sich legitimirt hat, denn nicht in seinem Schreiben, welches den Christusorden begleitete, das Reich eine gewaltige Größe, die alle erkennen und anerkennen, mit Macht und Kräften für die Dauer ausgerüstet, genannt? Und steht denn in diesen von der eigenen Hand des Pontifex niedergeschriebenen Zeilen nicht deutlich zu lesen, daß Rom mit dem "gewaltigen" deutschen Reich zu rechnen sich angeschickt und damit auch seinerseits den warmen Wunsch empfunden hat, mit dem von Pio Nono verfluchten "ketzerischen Kaiserthum" zu einem Ausgleich zu gelangen? Von beiden Seiten also liegt der Wunsch, liegt das Bedürfniß nach Frieden vor; von beiden Seiten hat man es folglich aufgegeben, sich besiegen zu wollen. Nicht um die Unterwerfung des einen Theils handelt es sich, es ist das Bestreben, sich, so gut es geht, zu vertragen, welches triumphirt, weil man sich nicht überwinden kann. Das ist in der That des "Kulturkampfes" Ende. Und wenn im letzten Augenblick nicht noch ein unerwarteter Zwischenfall seine Tücken übt, dann kommt der Friede zu Stande.
Schon ist es gewiß, daß eine neue kirchenpolitische Vorlage den preußischen Landtag beschäftigen wird; hat Leo XIII. dies in seiner Encyclika, in welcher er die Bischöfe Preußens und den katholischen Theil des Volkes zur Treue für den König und zur Liebe zum Vaterland aufforderte, in klaren Worten doch gewünscht, als er um die Beseitigung des kirchlichen Gerichtshofes und um die Freigebung der Erziehung der katholischen Geistlichkeit bat. Es ist der Rest der Maigesetze, der mit der neuen Vorlage an den Landtag zu Grabe führt! Und dann? Dann ist alles Andere schnell erledigt. Die große Hauptsache aber ist und bleibt, daß alles vor sich gegangen ist über die Köpfe des Centrums, über die Windthorst, Schorlemer, Rintelen, Hüne und wie sie alle heißen, hinweg!
So weit für heute. Was uns die Zukunft bringen wird, wer will das sagen? Der Friede zwischen Staat und Kirche, der wird geschlossen werden; es soll und muß ein Ausgleich sich ergeben. Daß damit aber jener Kampf, der schon Jahrhunderte in Deutschland tobt, der einen dreißig Jahre langen blutigen Krieg in unserem Vaterland gezeitigt hat und der noch heute Elend, Zwist und tiefen Kummer über Tausende von Familien bringt, beendet sei, das glaubt und meint gewiß niemand. Mag der "Kulturkampf" auch zu Ende gehn, der Kampf der Geister bleibt. Ob Rom, ob Deutschland diesen Kampf gewinnt, das wird weitere Jahrhunderte noch währen, bis sich's entscheidet.


- Der frühere Landrath in Ratzeburg, v. Benningsen=Foerder, ist in Berlin am Sonntag den 31. Januar am Gelenkrheumatismus gestorben.
- Das Königreich Schweden giebt eine Anleihe von 81 Millionen M. aus. Die Summe dient zum Theil zur Rückzahlung alter Anleihen, zum anderen Theil ist dieselbe zu productiven Staatszwecken bestimmt. Der Zinsfuß ist auf 3 1/2 %, der Subscriptionspreis auf 93 festgesetzt. Man sieht, das Geld ist heutzutage billig.
- Das Haus in Berlin, in welchem der alte Zieten vor hundert Jahren seine Augen geschlossen hat, steht in der Kochstraße und wurde am 27. Januar mit einer Gedenktafel geschmückt; auch das Standbild Zietens auf dem Wilhelmsplatz trug am Todestage einen Kranz. Als der alte Herr einmal an der Tafel seines Königs, des alten Fritz, eingeschlafen war, wollte man ihn wecken, der König aber sagte, laßt ihn schlafen, er hat oft genug für uns gewacht.
- Wer sich am wilden Schweinskopf satt essen will, der mache eine Winterreise an den Rhein. Die wilden Sauen haben dort so sehr überhand genommen, daß täglich Jagden gehalten werden, die sehr ergiebig sind. Sogar die Loreley hallt nicht von Heine und der schönsten Jungfrau wieder, sondern von dem Halli und Hallo der Jäger und dem ärgerlichen Grunzen der Sauen. Schweinskopf mit allem was dazu gehört, ist jetzt ein tägliches Gericht und der Rüdesheimer und Rauenthaler schmeckt nicht übel dazu.
- Orpheus, der die Thiere mit seiner Musik gezähmt, der Rattenfänger von Hameln, der die Kinder hinter seiner Pfeife hergezogen hat, sind ausgestochen worden von dem deutschen Geiger Joachim. Dieser hat die Pariser mit seiner Geige so bezaubert, daß sie ganz vergaßen, daß er ein Deutscher und noch dazu ein Prüssien ist. Auch Franz Liszt scheint die Musik jung zu erhalten. Trotz seines hohen Alters reist er nächstens nach Petersburg um Conzerte zu leiten, nur selbst spielen will er nicht.
- (Wölfe in den Reichslanden.) Aus Elsaß=Lothringen kommen vielfache Klagen über das Zunehmen der Wölfe.
- Der Buchdrucker Julius Rasmussen, der

[ => Original lesen: 1886 Nr. 10 Seite 6]

am 21. Oktober v. J. in Kopenhagen auf den Staatsminister Estrup geschossen hatte, ist jetzt wegen Mordversuchs zu 14 Jahren Zuchthaus und der Tragung der Gerichtskosten verurteilt worden.
- Die Wittwe des verstorbenen Königs Georg von Hannover ist an Rippenfellentzündung und Bronchitis nicht unbedenklich erkrankt.
- Das an der Stelle des niedergebrannten Ringheaters in Wien erbaute kaiserliche Stiftungshaus ist am Dienstag durch den Kaiser eingeweiht worden. Der feierlichen Eröffnung des Hauses ging die kirchliche Weihe der Kapelle voran, die als Sühnkapelle zur Erinnerung an das Unglück, das am 8. Dezember 1881 an dieser Stelle sich ereignet hat, errichtet worden ist.
- (Prinzessin Klotilde), die Tochter Viktor Emanuels und Gemahlin des Prinzen Jerome Bonaparte, von dem sie schon seit Jahren getrennt lebt, wird nach Paris kommen, um ihren schwererkrankten Gatten selbst zu pflegen. Die Prinzessin lebte bisher in Italien eingezogen wie eine Nonne und hofft auch ihren Gatten zu einem frommen Lebenswandel zu bekehren.
- (Das englische Unterhaus) hat zum Mitgliede auch den Führer der Feldarbeiter, namens Josef Arch, der von seinem vornehmen Kollegen bedeutend absticht. Stämmig, breitschultrig, von starkem Leibesumfang; ein hochgewölbter breiter Schädel über dem von Entschlossenheit zeugenden, von Pockennarben durchfurchten Antlitz, aus welchem grünlich=graue Augen scharf hervorblitzen, wie man sie oft an Schiffern sieht; das Gewand ein kurzer Rock aus grobem, grauen Wollenzeug; den niedrigen Filzhut auf dem Kopf; so tritt er auf. Er soll ein schlagfertiger Redner sein.
- (Ueberschwemmungen in Italien.) Aus allen Theilen Italiens werden große Ueberschwemmungen gemeldet. In Rom stehen das Pantheon und die angrenzenden Stadtteile theilweise unter Wasser. In Sizilien fand mehrere Tage ein wolkenbruchartiger Regen statt. In Mailand mußte der Magistrat täglich 100 000 Lira auswerfen, um die Schneemassen aus der Stadt zu schaffen. In Vicenza stürzte die technische Schule unter dem Druck der Schneemassen ein. In Venedig steht der ganze San=Marco=Platz unter Wasser, so daß theilweise auch die Passage unter den Arkaden stockt. Man befürchtet eine allgemeine Wassersnoth in Oberitalien.
- Ein feiner Kopf in Amerika) hat, wie ein dortiges Witzblatt meldet, ein verbessertes Hühnernest erfunden, welches mit einem schon auf leisen Druck sich öffnenden Fallthürchen versehen ist. Sobald die Henne nun ein Ei legt, fällt dieses allsogleich durch die kleine Fallthür. Die Henne, welche sich natürlich nach dem Ei umsieht und keines gewahr wird, legt nun geschwind ein anderes.
- (Ueber das Duell.) Der berühmte Philosoph und Mathematiker Kästner in Göttingen erklärte in einer Gesellschaft, daß eine vernünftige Veranlassung zum Zweikampfe garnicht denkbar sei. "Was würden Sie denn thun," rief ein Offizier, "wenn ich Ihnen ins Gesicht sagte, Sie wären ein Esel?" - "Ich würde Sie ersuchen, es zu beweisen. Beweisen Sie, mein Herr, beweisen Sie, würde ich sagen. Und Sie würden es entweder beweisen oder nicht beweisen können. Beweisen Sie es, so müßte ich die Beschimpfung als berechtigt einstecken; das wäre ihre Genugthuung. Beweisen Sie es nicht, so bliebe der Esel auf Ihnen haften, und das wäre meine Genugthuung."
- Verletzungen der inneren Handfläche (s. g. Maus) sind wegen der an dieser Stelle zusammenlaufenden, vielfachen Nerven leicht lebensgefährlich. Die Frau eines Lehrers in Darmstadt verfiel in Starrkrampf, nachdem sie den Flaschenhals einer Essigflasche mit flacher Hand zugeschlagen und abgebrochen hatte, wobei ein Glassplitter ihr eine kleine Wunde verursachte. Der Glassplitter wurde sofort entfernt, der wegen unerträglicher Schmerzen herbeigerufene Arzt fand aber die Frau bereits todt, an Starrkrampf gestorben.
- (Ein Hofnarr) am Hofe Franz des Ersten, Königs von Frankreich, beklagte sich einst bei dem Monarchen, daß ein Kavalier ihm gedroht habe, er wolle ihn ermorden. "Wenn er das thut," sagte der König, "so lasse ich ihn fünf Minuten darauf hängen." - "Angenehmer wäre es mir," meinte der Narr, "wenn mein gnädiger Fürst ihn fünf Minuten zuvor hängen ließe."
- Die Erleuchtung Roms mit elektrischem Licht soll anfangs Juni d. J. ins Werk gesetzt werden. Es werden vier Maschienen, im ganzen von 700 Pferdekraft erforderlich sein, um 18 000 Lampen zu erhalten.
- Wie gewaltig der Werth der Grundstücke in Berlin gestiegen ist, darüber giebt folgende kleine Statistik interessante Aufschlüsse. Als die Tempelhofer Bauern im Anfang der 60er Jahre ihre Hutungen zur Anlage der Belle=Alliancestraße parzellirten, verkauften sie die []=Ruthe mit 17 bis 22 Thalern. Heute kostet dort die []=Ruthe 600 Thaler! Ein Berliner Stadtrath bezahlte um dieselbe Zeit sein Grundstück gegenüber dem Anhalter Bahnhof mit 40 bis 44 Thalern für die []=Ruthe; heute bekommt man dieselbe in der Königgrätzerstraße nicht unter 800 Thaler! Am Kreuzberg war Berlin damals zu Ende; man wohnte dort nur bei "Mutter Grün" und kochte beim Invaliden Kaffee. Das Grundstück, welches die Stadt Berlin zur Anlage des Kreuzberg=Parkes seiner Zeit für Hundert=Tausende gekauft hat, hatte der erste Besitzer für 49 Thaler und eine Ziege erworben! Er umging damit den Stempel, der bei 50 Thalern anfing.
- Dieser Tage wurde aus dem Zuchthause in Köln ein Mann entlassen, welcher 1883 wegen Straßenraubes zu 6 Jahren verurtheilt war. Eine Frau, die damalige Hauptbelastungszeugin, hatte auf dem Sterbebette bekannt, daß sie bei der Verhandlung gegen den armen Mann ein falsches Zeugniß abgelegt habe.
- Unlängst starb in Straßburg ein vom Hausknecht zum halben Millionär emporgekommener Privatier. Sein Geiz ging, obwohl er kinderlos war, so weit, daß er beim Herannahen seines Todes sich beeilte, seine Wohnung zu kündigen, um die Miethe seinen Erben zu ersparen. Weiter kann man die Methode in der Uebung der Sparsamkeit wohl nicht treiben.
- Die Spielhölle von Monte Carlo hat am Mittwoch ein neues Opfer gefordert. Der Kassierer eines großen Nizzaer Geschäfts verspielte erst mehrere Tausend seinem Hause gehörige Goldstücke und hängte sich dann dicht vor dem Portale an einem Lorbeerbaum auf.
- Der Herr Geschäftsführer. Der reiche Pariser Fabrikant Dulet hatte seit zwei Jahren einen jungen Kommis in seinem Geschäft, mit dessen Leistungen er so zufrieden war, daß er ihm seinen Familienkreis erschloß. Eines schönen Morgens ließ er den jungen Mann zu sich kommen und sagte ihm: "Sie sind jung, brav und arbeitsam, meine Mimi ist siebzehn Jahre alt und Sie gefallen ihr. Das Mädchen hat als Erbtheil ihrer guten Mutter hunderttausend Francs Mitgift; wenn Sie wollen, machen wir im Fasching Hochzeit." Der Kommis Ernest Lamotte ward todtenbleich, dann sagte er seinem Chef: "Waren Sie die zwei Jahre mit mir zufrieden?" "Gewiß." "Bin ich meiner Pflicht ganz und voll nachgekommen?" "Sie sind immer wie ein wackerer Mann auf Ihrem Posten gewesen." "Nun denn, so mache ich Ihnen, unbesorgt um meine Zukunft, das Geständniß, daß ich nicht Ernest, sondern Ernestine heiße, kein Mann, sondern ein Weib bin. Ich habe alle ins Handelsfach einschlägigen Studien absolvirt, allein einer Person mit Unterröcken zahlt man vierzig Francs monatlich, während ich als Mann bei Ihnen das Sechsfache bezog." Als Herr Dulet sich von seinem Erstaunen einigermaßen erholt hatte, reichte er dem Kommis und Geschäftsführer die Hand und sagte: "Meiner Mimi hoffe ich die Sache auszureden; ihr Gatte können Sie nicht sein, aber vielleicht hätten Sie Lust, Mimis zweite Mutter zu werden?" Nun war es an Ernestine, überrascht zu sein. Sie erbat sich eine Bedenkzeit, die bis jetzt noch nicht abgelaufen ist.


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