No. 5
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 15. Januar
1886
sechsundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1886 Nr. 5 Seite 1]

Die Branntweinmonopol=Vorlage

ist im Laufe des Sonnabends ihrem Wortlauf nach bekannt gegeben worden. Dieselbe ist ein recht umfängliches Aktenstück, so daß wir uns darauf beschränken müssen, den wesentlichen Inhalt mitzutheilen.
Nach der Vorlage soll die Herstellung rohen Branntweins der privaten Gewerbsthätigkeit überlassen bleiben, das Reich diesen gesammten rohen Branntwein von den Herstellern und Branntweine aller Art aus dem Auslande beziehen; das Reich übernimmt die Reinigung zu alkoholischen Getränken und den Verkauf. Die Gesammtverwaltung führt ein dem Reichskanzler unterstelltes Monopolamt. Dasselbe stellt für den Verkauf im großen Agenten, die Landesregierungen stellten für den Verkauf im kleinen Verschleißer an.
Die bestehenden Brennereien können in Zukunft dieselbe Menge rohen Branntweins wie früher bereiten. Kleinen Brennern können in dieser Beziehung von den Landesregierungen besondere Vergünstigungen eingeräumt werden. Der Bundesrath bestimmt die Preise für Rohbranntwein, die den Herstellern gezahlt werden sollen; einstweilen soll für Kartoffelbranntwein 30 bis 40 Mark (bessere Arten entsprechend höher) gezahlt werden. (Gegenwärtig beträgt der Marktpreis pro Hektoliter Kartoffelspiritus 38 M., wovon dem Hersteller nach Abzug der Steuer etwa 22 M. verbleiben. Da das Monopol den Brennern höhere Preise zahlt, dabei aber noch erhebliche Ueberschüsse für das Reich erzielt werden sollen, würden die Branntweinpreise erheblich steigen.)
Das Guthaben für abgelieferten Branntwein kann von den Brennern sofort bei der zuständigen Zahlstelle erhoben werden. Ansprüche Dritter können nur auf richterliches Ersuchen berücksichtigt werden.
Die Monopolverwaltung übernimmt die Reinigung des Branntweins und stellt die dem inländischen Bedürfniß entsprechenden alkoholischen Getränke her und führt ausländischen Branntwein, soweit Bedürfniß dafür vorhanden ist, ein. Der Verkaufspreis des Branntweins wird vom Bundesrath mit der Maßgabe bestimmt, daß bei ordinärem Trinkbranntwein ein Preis von mindestens 2 M. und höchstens 3 M. für das Liter reinen Alkohols anzusetzen ist. (Demnach würde Branntwein, der 33 1/3 Prozent Alkohol enthält, 66 Pfennig (Mecklenburg). bis 1 M. kosten. Bei einem angenommenen Verbrauch von 200 Mill. Liter reinen Alkohols würde die Einnahme im Detailverkauf in Mittel 500 Mill. M. betragen. Davon gehen der Ankaufspreis für den Roh=Branntwein, die Reinigungs= und Verarbeitungskosten, die Provision für Agenten und Verschleißer, sowie die Verwaltungskosten ab. Wieviel da übrig bleibt läßt sich wegen des Mangels eines Voranschlages nicht sagen; nach ungefährer Schätzung 300 Mill. M.)
Für gewerbliche Heizungs= und Beleuchtungszwecke, sowie für, die Essigbereitung wird seitens der Monopolverwaltung Branntwein zum Selbstkostenpreise geliefert. Der Verkauf von Branntweinen aller Art zum inländischen Verbrauch erfolgt ausschließlich durch die Branntweinagenten und Verschleißer, welche die Verkaufspreise, die Maßstäbe des Verkaufs und die Lieferung der Waare in der Originalverpackung an die Käufer genau innehalten müssen. Gastwirthe, Restaurateure, Inhaber von Konditoreien, Vorstände von Kasinos und dergl. können den von der Monopolverwaltung entnommenen Branntwein ohne Beschränkung auf die von Verschleißern innezuhaltenden (also zu höherem oder zu niedrigerem) Preise verkaufen. Personen, welchen die Erlaubniß zum Branntweinausschank ertheilt ist ist es gestattet, Trinkbranntwein aller Art zum Zwecke des sofortigen Genusses untereinander oder mit anderen Stoffen zu mischen und zu verabfolgen.
31 Paragraphen des Entwurfs umfassen die Sicherungs= und Strafbestimmungen, welche auf Schädigung des Monopols gesetzt sind. Die Kontrollvorschriften sind sehr eingehend und zum Theil umständlich.
Das Gesetz soll am 1. August 1888 in Kraft treten. Für Aufhebung oder Beschränkung der Privatbetriebe sind Entschädigungen vom ein= bis fünffachen Jahresverdienste der Betreffenden vorgesehen.


Der Reichstag erledigte am Freitag in nur anderthalbstündiger Sitzung das Kontrollgesetz über die elsaß=lothringischen Etats und mehrere Wahlprüfungen, bei welcher Gelegenheit die Wahlen der Abgeordneten v. d. Osten, Schenck, Hänel und Gebhard ohne wesentliche Debatte für gültig erklärt wurden. Der ganze Eisenbahnetat der Reichslande wurde binnen ganz kurzer Zeit in zweiter Berathung angenommen. Für Sonnabend stand die Vorlage betr. den Nord=Ostsee=Kanal zur Verhandlung.
Der präsumtive Thronfolger, Prinz Wilhelm von Württemberg, hat sich mit der Prinzessin Charlotte von Schaumburg=Lippe, Tochter des Prinzen Wilhelm von Schaumburg=Lippe, verlobt.
Nun ist's zu spät. Die Holländer hätten es sehr gern gesehen, wenn einer ihrer Häfen von den deutschen Postdampfern als Anlaufshafen gewählt worden wäre. Aber ihre Häfen sollen nicht halb so gut im Stande sein wie die belgischen. Also wählte man Antwerpen. Jetzt haben die Holländer beschlossen, ihre Häfen auszubauen und zu verbessern, besonders soll bei Scheveningen ein neuer schöner Hafen angelegt werden. Auch die "praktischen" Holländer scheinen bisweilen wie andere unpraktische Leute den Brunnen erst zuzudecken, wenn das Kind drin liegt.
Belgien. Die Schaffung einer Marine für Belgien ist auf Andringen des Königs nunmehr endgültig vom Ministerium beschlossen worden. (Belgien besitzt 68 Kilometer Küste, aber thatsächlich weder Schiffe noch Matrosen. Die 1500 Fischer an der Küste sind ohne jede seemännische Erziehung und die früheren seelustigen Flamländer haben sich ganz dem Meere entfremdet. Dazu fordert die Errichtung des Kongostaates geschulte Offiziere und Matrosen. Die Dampfschifffahrt des Ober=Kongo soll eine regelmäßige werden.)
Frankreich. Auf eine von dem Handelsminister unlängst an die vornehmsten Syndikatskammern gerichtete Umfrage betreffs der allgemeinen Pariser Ausstellung für 1889, nämlich ob es sich empfehle,

[ => Original lesen: 1886 Nr. 5 Seite 2]

derselben einen nationalen oder internationalen Charakter zu geben, haben sich die Syndikatskammern mit weit überwiegender Mehrheit für Veranstaltung einer allgemeinen internationalen Ausstellung erklärt.
Türkei. Die Friedensverhandlungen zwischen Serbien und Bulgarien machen nicht die geringsten Fortschritte, dagegen vollzieht sich die thatsächliche Vereinigung von Bulgarien und Ostrumelien langsam zwar, aber desto sicherer. In Rumelien sind schon die bulgarischen Justizgesetze eingeführt worden und rumelische Abgeordnete beabsichtigen, da Fürst Alexander vorläufig nicht nach Philippopel kommt, zur Sobranje (Volksvertretung) nach Sophia zu reisen. - In der griechischen Armee finden zahlreiche Beurlaubungen statt.
Der König von Serbien hat gleich zwei Tapferkeits=Medaillen für den beendeten serbisch=bulgarischen Krieg gestiftet, eine goldene und eine silberne. Wer tapfer sich benommen, soll die silberne bekommen, wer aber ganz tapfer war, erhält eine goldene sogar. Wenn die Politische Correspondenz übrigens gut unterrichtet ist, so hat's "da hinten" mit dem Kriegführen bald ein für alle Mal aufgehört, denn Rußland soll den Mächten vorgeschlagen haben, den Kleinen die Gewehre zu nehmen, sie entweder ganz oder doch wenigstens theilweise zu entwaffnen.


Anzeigen.

Auf den Antrag des Vormundes, Ortsvorstehers Eckmann zum Hammer, soll über die daselbst sub Nr. I belegene Erbpachtstelle der Geschwister Hammann, Vornamens Rudolf, Johann und Heinrich, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Montag, den 15. Februar 1886,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 18. November 1885.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Holz=Auction Nr. 9.
Am Montag, den 18. Januar, Morgens 10 Uhr sollen im Carlower Holze an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden:
         80 Fuder meist Starkes buchen Durchforstholz.
Versammlung der Käufer auf dem Hauptwege im Carlower Holze bei der Mittelrieh.
Schönberg, den 10. Januar 1886.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 10.

Am Dienstag, den 19. Januar, Morgens 10 Uhr beim Gastwirth Fahrenkrug in Sülsdorf

Aus den Lenschower Tannen:

12 Rmet. Eichen Knüppelholz
  5 Fuder eichen Wadelholz I Cl. für Kiepenmacher
16 Fuder eichen Reiserholz
  5 Rmet. birken Kluft
  7 Fuder birken Wadelholz I. und II. Cl.
  6 Fuder ellern Wadelholz I. und II. Cl.
46 Stück tannen Kiepenhölzer
80 Rmet. tannen Kluftholz
  4 Rmet. tannen Knüppelholz
46 Rmet. tannen Rodestämme
  3 Fuder tannen Durchforstholz v. Schleetstücke
Der Forstaufseher Radloff ertheilt nähere Auskunft.
Schönberg, den 11. Januar 1886.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 11.

Am Mittwoch, den 20. Januar, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Michaelsen zu Selmsdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend gegen Baarzahlung bei freier Concurrenz verkauft werden.

a. Aus den Palinger Tannen:

  31 Rmet. tannen Kluft
449 Rmet. tannen Knüppel

b. Aus den Lauer Tannen:

  15 Fuder tannen Durchforstholz v. Schleetstücke
Schönberg, den 11. Januar 1886.

                                                    Der Oberförster
                                                    C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 12.

Am Donnerstag, den 21. Januar, Morgens 10 Uhr beim Gastwirth Oldörp zu Boitin=Resdorf

Aus den Resdorfer Söhren:

  3 Rmet. Eichen Kluft I. Cl.
  7 Rmet. eichen Knüppel
10 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl. für Kiepenmacher
  2 Fuder eichen Reiser
32 Rmet. buchen Kluft und Knüppel
16 Fuder buchen Durchforstholz II. u. III. Cl,
  8 Fuder buchen Reiser
13 Rmet. tannen Knüppel
  2 Fuder Dorn.
Schönberg, den 11. Januar 1886.

Der Oberförster:               
C. Hottelet.       


Holz=Auction Nr. 13.

Am Montag, den 22. Januar Morgens 9 Uhr in Kösters Hotel zu Schönberg.

Aus dem Rupensdorfer Holze.

    2 Stück Eichen Nutzholz=Blöcke
    4 Stück eichen Wagendeichseln
  10 Rmet. eichen Kluft und Knüppel
    4 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.
    8 Fuder eichen Durchforstholz für Kiepenmacher
    8 Fuder eichen Durchforstholz II. u. III Cl.
148 Rmet. buchen Kluft und Knüppel
  53 Fuder buchen Durchforstholz und Reiser
    3 Stück birken Nutzholz=Blöcke
    7 Rmet. birken Knüppel.
Das Holz beginnt mit Nr. 206, steht beim Rupensdorfer Bock, am Langberg und im Schälschlage.
Schönberg, den 13. Januar 1886.

Der Oberförster:               
C. Hottelet.       


Holz=Auction
im Vitenser Forste,
Revier: Strohkircher Holz,
am Montag, den 18. Januar 1886

unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über:
                Buchen Nutzholz=Drümme,
                buchen Kluftholz,
                buchen Knüppelholz,
                buchen Zweigholz.
Versammlung Morgens 10 Uhr im Hau des Strohkircher Holzes.
Rehna, den 12. Januar 1886.

Großherzogliche Forstinspection.


Am Montag, den 18. d. M., Vormittags 10 Uhr werde ich beim Ackerbürger Herrn P. Burmeister eine

größere Schrotmühle,
(3 Sack pro St.),
in Betrieb setzen, wozu freundlichst einlade.                          
                                                    F. C. Wascher.


Den Schuhmacher Wagner'schen Eheleuten zu ihrer heutigen goldenen Hochzeit ein

dreimaliges Hoch!
                                                    Mehrere Nachbarn.


[ => Original lesen: 1886 Nr. 5 Seite 3]

Die Anmeldung zur Stammrolle aller im Jahre 1866 und früher geborenen resp. mit ihrer endgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehenen militairpflichtigen jungen Leute, welche in der Stadt Schönberg ihren Aufenthalt haben, hat am

Sonnabend, den 30. Januar d. J.
Vormittags in den Stunden von 10-12 Uhr,

bei uns zu geschehen. Auswärts geborene Militairpflichtige haben ihren Geburtsschein (der zu diesem Zwecke kostenfrei erheilt wird), die bereits früher Gemusterten ihren Loosungsschein vorzulegen.
Schönberg, den 13. Januar 1885.

Der Magistrat.


Gr. Siemzer Schweinegilde.

Der diesjährige Vereinsball findet am Sonntag, 24. Januar im neuen Boyeschen Saale statt.

Anfang 7 Uhr.
                                                    Der Vorstand.


Concert=Anzeige.

Zum Besten der Heizung unserer Kirche wird der Unterzeichnete, unter gefälliger Mitwirkung des hiesigen Gesangvereins, am Sonntage, den 17. d. Mts. in der Kirche hier ein geistliches Concert geben, wozu er ein hochgeehrtes Publikum Schönbergs und Umgegend freundlichst einladet.

Anfang des Concerts 4 Uhr Nachmittags.
Entree nach Belieben.

Programm,

1. Adagio für Orgel von F. Liszt.
2. Chor: Heilig etc. von Kuntzen.
3. Arie für Bariton.
4. Der 86. Psalm für Solo, Chor, Posaune und Orgel von J. H. Meier.
5. Präludium u. Fuge, für die Orgel v. J. S. Bach.
6. Andante religioso für Cello und Orgel.
7. "Der Frühling" a. d. Oratorium: Die Jahreszeiten von J. Haydn.
8. Sonate (Andante, Scherzo und Finale für die Orgel von Rheinsberger.
Schönberg, den 12. Januar 1886.

                                                    J. H. Meier.


Genehmigt durch Allerhöchsten Erlass
Sr. Majestät des Kaisers.
Erste Marienburger Geldlotterie.
3372 Geldgewinne. - Ohne jeglichen Abzug.
90,000 Mark,
50,000. 15,000. 6000. 3000. 1500 u. s. w.

Gegen Empfang von 3 Mark à Loos und 30 Pfennig (Mecklenburg) für Porto und Liste versende Originalloose und z. Zt. Ziehungsliste.

Aufträge erbitte baldigst.
A. Goldfarb, Hamburg.
Coupons und Briefmarken nehme in Zahlung.


Hiermit erlaube ich mir die ergebene Anzeige zu machen, daß ich mich als

Tischlermeister

in Boitin=Resdorf etablirt habe und halte mich zu allen in mein Fach schlagenden Arbeiten unter Zusicherung prompter und billigster Bedienung bestens empfohlen.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Heinr. Oldenburg,
                                                    Tischlermeister.


Ein Sohn rechtlicher Eltern, der Lust hat die
Bäckerei
zu erlernen, kann zu Ostern bei mir in die Lehre treten.

                                                                              R. Silber,
Schönberg i. M.                                                     Bäckermeister.


Vorläufige Anzeige.

Im Laufe der nächsten 14 Tage, nähere Anzeige folgt,

Großes
Militair-Concert (Streichmusik)
gegeben vom ganzen Musikcorps des Jäger=Bataillons Nr. 14 zu Schwerin unter Leitung seines Dirigenten A. Reckling.
Entree vorher durch Missive à Person 50 Pfennig (Mecklenburg).
An der Kasse à Person 75 Pfennig (Mecklenburg).
Nach dem Concert BALL.
                                                    J. Köster Wwe.


Sonntag, den 17. Januar d. J.                          
Concert
der Günther'schen Berg=Capelle. Nach dem Concert
Ball.
Entree die Person 50 Pf.                Anfang 7 Uhr.
Schönberg.                                                     J. Boye.


Haus=Verkauf.

Haus Wegen Aufgabe meiner Tischlerei und Domicilveränderung beabsichtige ich mein Haus mit Garten bis 20. d. Mts. preiswürdig unter der Hand zu verkaufen.
Reflektanten wollen gefälligst persönlich mit mir in Unterhandlung treten.
Ebenfalls verkaufe bis zum 20. d. Mts. vorräthige neue Mobilien, als: Schränke, Tische, Stühle, Bettstellen, Schreibsecretair, Kommoden, Sophagestelle zu Herstellungspreisen, ferner 7 fast neue Hobelbänke mit Werkzeug, gebrauchte Mobilien, diverse Leutebetten und Bettstellen, Kleiderschränke, sowie vorräthiges Material, als: Holzvorräthe, Spiritus, Firniß, Schellack, Schlösser, Leim u. s. w. sehr billig.

                                                    E. Hauschild,
                                                    Bildhauer und Tischlerei.


Zu Ostern habe ich noch                          
eine Stube
zu vermiethen                                                    
                                                    Johs. Meyer,
                                                    Cigarrenfabrikant.


Hochfeine gelbe                          
Brecherbsen
empfiehlt                                                     H. Wolgast,
                                                                     Bäckerei und Mehlhandlung.


Hochfeine grüne Brecherbsen
empfiehlt                                                    W. Creutzfeld,
                                                                      Carlow i/M.


Eiserne Schlittschuhe,
das Paar 1,40 Pfennig (Mecklenburg) empfiehlt in großer Auswahl
                                                    W. Creutzfeldt,
                                                    Carlow i/M.


Ein noch gut erhaltener                          
Einspänner=Wagen
ist zu verkaufen. Näheres beim                                                    
Gastwirth Staack,
                                                    Schönberg.


Unentgeltlich

versendet Anweisung z. radicalen Heilung der Trunksucht auch ohne Vorwissen und ohne Berufsstörung. Die Privat=Anstalt für Alkoholismus, (Baden.) Briefen sind 20 Pfg. Rückporto beizufügen. Die nach Vorschrift des Herrn Prof. Dr. L. zu vollziehende Heilmethode ist gegen anderen als hervorragendste anerkannt.


[ => Original lesen: 1886 Nr. 5 Seite 4]

Die Mecklenburgische Hypotheken- und Wechselbank

übernimmt zur Verzinsung: Einlagen auf Sparbücher 4 pCt.
gegen Schuldverschreibungen auf 6 monatliche Kündigung oder 6 Monate fest 4 pCt.
                                                    auf 3 monatliche Kündigung oder 3 Monate fest 3 1/2 pCt.
                                                    auf 4tägige Kündigung 3 pCt.
                                                    auf Conto Corrent 3 pCt.
und gewährt Darlehen gegen Hinterlage oder gute Bürgschaft zu zeitgemäßem Zinsfuße ohne Provisionsberechnung.
Ferner wird die Couvertirung der 4 1/2 procentigen Pfandbriefe der Mecklb. Hypotheken= und Wechselbank in 4 procentige den bekannt gemachten Bedingungen gemäß ohne jegliche Kosten vermittelt von der

                                                    Agentur in Schönberg:
                                                    J. H. Böckmann.


Vielfach prämiirt.
Pulverfabrik Rottweil-Hamburg in Hamburg

offerirt als Spezialität den Herren Interessenten ihre unter Verwendung der vorzüglichsten Materialien; sowie auf Grund eingehender Versuche selbst hergestellten

geladenen Jagdpatronen "Waidmannsheil."

Vorzüge im Gebrauch sind: Kernschuß, vorzügliche Deckung, Schonung und Reinhaltung der Waffe, absolute Zuverlässigkeit, civiler Preis.
Die Patronen sind bei unseren sämmtlichen Verkaufsstellen assortirt in System, Caliber, sowie Schrot=Nummer und überall zu Original=Fabrikpreisen erhältlich.
Depositair für Lübeck Herren Grevsmühl & Riesland.
Depositair für Wismar Herren Gebrüder Frahm Nachfolger
Depositair für Schönberg Herrn C. Schwedt, Kaufmann.

Vielfach prämiirt.


Vom 9. September v. J. bis heute sind nachstehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:
  1. Vom Hauswirth Böttcher=Petersberg 1 Pferd 250 M.
  2.   "   Hauswirth H. Meier=Mahlzow 1 Kuh 135 M.
  3.   "   Hauswirth Ollrogge Wwe. Menzendorf 1 Pferd 100 M.
  4.   "   Hauswirth Wigger in Lockwisch 1 Kuh 135 M.
  5.   "   Hauswirth Hecht in Schlagsdorf 1 Pferd 300 M.
  6.   "   Ackerbürger Wulf=Ratzeburg 1 Pferd 250 M.
  7.   "   Krüger Jabs=Schlag=Resdorf 1 Kuh 135 M.
  8.   "   Müller Thies=Niendorf 1 Pferd 150 M.
  9.   "   Bäcker Kleinfeldt=Selmsdorf 1 Kuh 135 M.
10.   "   Hauswirth H. Wigger=Grieben 1 Starke 100 M.
11.   "   Schulzen Faasch=Selmsdorf 1 Kuh 135 M.
12.   "   Hauswirth Westphal=Kl. Bünsdorf 1 Kuh 135 M.
13.   "   Ackerbürger Spehr hier 1 Kuh 135 M.
14.   "   Ackerbürger Wulf vor Ratzeburg 1 Kuh 135 M.
15.   "   Fischer Städing=Lankow 1 Kuh 120 M.
16.   "   Büdner Schütt=Lüdersdorf 1 Kuh 135 M.
17.   "   Hauswirth Beckmann=Cronscamp 1 Pferd 550 M.
und werden unsere Interessenten ersucht, zur Deckung dieser Schäden einen Beitrag von 80 Pfennige pro 100 M. Versicherungssumme am

Montag, den 18. Januar, Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 2. Januar 1886.

Direction des Viehversicherungs=Vereins im Fürstenthum Ratzeburg.
As. Ahrendt.            Wilh. Heinke.


Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt.
Die Anstalt ist während des                          
Antoniitermins
vom 17. bis 24. Januar d. J.
an den Werktagen
von 8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
und an den Sonntagen
von 8 bis 10 Uhr Vormittags
geöffnet.                                                    
Schönberg, den 9. Januar 1886.                          
                                                    Das Directorium.


Die Schulgelderhebung

findet in den nächsten beiden Wochen, vom 18. -30. Januar, statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.

                                                    J. Wegner.
                                                    Schulgelderheber.


Gesucht Antoni=Termin d. J. in hiesige Bauerstellen:

1 Posten Geld von 5000 Rmk. hinter 2400 Rmk.
2 Posten Geld von 1500 Rmk.
1 Posten Geld von 6000 Rmk.
sowie verschiedene kleinere Posten zu sicherer Hypothek und dem üblichen Zinsfuß durch

                                                    P. Maass, Marienstraße.


Kirchliche Nachrichten
Sonntag, den 17. Januar.

Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Abendkirche fällt aus.
Amtswoche: Pastor Langbein.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1886 Nr. 5 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 5 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 15. Januar 1886.


Dreimal in einem Jahre hat Papst Leo XIII. dem Fürsten Bismarck persönliche Auszeichnungen erwiesen. Zuerst ließ er ihn in Lebensgröße von dem Münchener Lenbach malen und in seinem Arbeitszimmer aufstellen; nachher schickte er ihm seine eigenen Gedichte mit einer Widmung. Die dritte und größte Auszeichnung ist der Dankbrief (mit Christusorden, der sonst nur an Souveräne verliehen wird), ein so wichtiges politisches Aktenstück, daß es im Reichsanzeiger veröffentlicht wurde. Einen Feind läßt man nicht malen und widmet ihm auch nicht Gedichte. Auf den Papst und Bismarck darf man schwerlich das alte Wort Virgils anwenden: Ich fürchte die Danaer (Gegner), selbst wenn sie Geschenke bringen. Es haben aber Viele Lust zu dieser Anwendung. Hoffentlich liest man auch Bismarcks Antwort im Reichsanzeiger.
Oesterreich=Ungarn. Der Reichs=Kriegsminister hat beschlossen, den Impfzwang im Heere durchzuführen. Alle Anfang Oktober jeden Jahres einrückenden Rekruten (ungefähr 93 000 Mann) werden fortan unmittelbar nach ihrem Eintreffen bei den Truppenkörpern geimpft werden.
Spanien. Die Neuwahlen zu den Kortes sollen Ende März, der Zusammentritt der neuen Kortes im April stattfinden.
Von Neuem dringen beunruhigende Nachrichten über die Cholera zu uns. In Algesiras sind, wie über Madrid gemeldet wird, in den ersten Tagen ds. Mts. 22 Erkrankungen und 11 Todesfälle an der Cholera vorgekommen.


- Altona. Ein hier wohnender Arbeiter, Mitglied mehrerer Krankenkassen, hat es verstanden, den ihn behandelnden Arzt dadurch zu täuschen, daß er sich künstlich den Leib aufblies, um durch dieses Manöver für eine längere Zeit aus verschiedenen Krankenkassen Unterstützung zu erschwindeln. Es ist festgestellt worden, daß dieser Mann im Verlauf von drei Jahren elf Krankenkassen angehörte und während dieser Zeit 4000 M. an Krankengeld bezogen hat; außerdem gehörten noch die Frau, der Sohn, die Tochter und der Einlogierer verschiedenen Krankenkassen an, so daß in der Behausung regelmäßig zwei Kranke waren; es wird angenommen, daß die Familie seit Jahren nur von Krankenunterstützung gelebt hat. Nach Mittheilung von Kassenvorständen steht dieser Fall indessen nicht vereinzelt da.
- Die Brauerei=Manschprozesse in Bayern haben, wie der "Nürnb. Anz." mittheilt, der Kasse des Justizministeriums nahezu 250 000 M. an Geldstrafen eingebracht.
- Eine unerhörte Grausamkeit ist dieser Tage gegen einen Förster in einem Walde bei Siegen verübt worden. Der Mann kam gerade dazu, um vier Holzdiebe abfassen zu können, als sich diese plötzlich auf ihn warfen, ihn überwältigten und an einen Baum banden, worauf sie ihn seinem Schicksal überließen. Zwei Tage und zwei Nächte mußte der Unglückliche aushalten, bis er, nachdem er vor Hunger, Kälte und Frost fast entkräftet war, von einem Kollegen gefunden und heimgefahren wurde. Von den Thätern, die sich die Gesichter geschwärzt hatten, fehlt jede Spur.
- Einer der einflußreichsten Regenten, Pater Beckx, das Haupt des Jesuitenordens, der im Geheimen die halbe Welt regiert, liegt im Sterben. Er ist 30 Jahre alt geworden und brachte es vom Beichtvater kleiner und großer Fürsten bis zum Jesuitengeneral. Der Orden ist noch mehr militärisch als geistlich organisirt, unbedingter Gehorsam ist das oberste Gesetz, deshalb heißt sein Leiter General. Das seltsame x in Beckx's Namen war auch charakteristisch, etwas Unbekanntes, Geheimnißvolles wie eine schwer zu lösende Formel. Die Jesuiten lassen ihren Orden und die Welt nie ohne Regierung; deshalb wählen sie bei Lebzeiten des Generals einen Stellvertreter; dieser ist seit Jahren Pater Anderley, ein Schweizer, der ein Dutzend Sprachen spricht und im Kloster Fiesole bei Florenz seinen Herrschersitz hat.
- Der vergangene Sonntag hat die Kaiserstadt Wien tief vom Schnee verhüllt gefunden. Einen Meter hoch hatten die weißen Massen sich aufgethürmt, so daß in den Straßen der Verkehr stockte, Wagen und Menschen sich nicht bewegen konnten und die Eisenbahnzüge Schwierigkeiten hatten, aus= und einzufahren. Auch aus den Provinzen liegen Meldungen über ungewöhnlich starke Schneefälle vor.
- Trier. Ein Schuhmacher war im Jahre 1860 als Rekrut nach sechswöchentlicher Dienstzeit entflohen. Fünf Jahre hat er in Algier unter der französischen Fremdenlegion gedient. Mit dem Wanderstabe hat er alsdann fast den ganzen Erdball durchmessen. Als wettergestählten Mann ergriff ihn die Sehnsucht nach der deutschen Heimat. Vor einigen Tagen kam er in Trier an und meldete sich freiwillig als Fahnenflüchtiger. Er wurde zu seinem inzwischen nach Diedenhofen verlegten (70. Infanterie=)Regimente gebracht.
- Auch ein Gedicht. Der Lehrer eines in der Nähe von Soest gelegenen Dorfes fordert seine Schüler zum Hersagen irgend eines ihnen bekannten Gedichtchens auf. Ein blonder Krauskopf reckte seine Arme schnell empor und deklamirte: "Lieber ledig leben, als der Frau die Hosen geben!" Auf die Frage des ebenso erstaunten als belustigten Lehrers, wo er dieses Gedicht gelernt habe, antwortete der Junge: "Dat steiht in usem Nappe!" Wie sich fand, war der Reim die Inschrift eines Geschirrs im Elternhause des Schülers.
- Der Adolph'schen Lichtdruckerei in Zittau ist aus Bulgarien eine Bestellung auf 20 000 Photographien des Fürsten Alexander in Quartformat zugegangen. Jeder Bulgare will das Bild seines tapferen Fürsten in der Behausung haben.
Die Fürstin von Rumänien ist jetzt ganz Carmen Sylva. Sie dichtet ihr schönstes Lied, ein Wiegenlied und hofft es nächstens singen zu können, was über alle gedruckten Lieder geht.
- Jerusalem. Die russische Regierung läßt in und um Jerusalem großartige Ausgrabungen vornehmen. Es gelang u. a. das Thor von Golgatha freizulegen.
- Die Art, wie man in Amerika das Gepäck auf den Eisenbahnen befördert, hat ihre Schattenseiten, sie ist aber jedenfalls bequem. Man löst bei einer der vielen Expeditionsstellen in der Stadt das Billet, bezeichnet den Zug, mit dem man fahren will, und erhält sofort Nachricht, wann der Wagen zum Abholen des Gepäcks vor der Wohnung sein wird. Der Reisende erhält dann beim Abholen des Gepäcks eine Blechmarcke (Check), worauf Abfahrts= und Bestimmungs=Station eingezeichnet sind. Eine gleiche Marke wird mit einem Lederriemen am Gepäck befestigt. Fährt der Reisende mit seinem Gepäck direkt zum Bahnhof, so spielt sich dort die Aufgabe des Gepäcks ab. Von da ab bekümmert man sich gar nicht mehr um das Gepäck. Eine halbe Stunde vor der Beendigung der Tour kommt ein Beamter und fragt, wohin das Gepäck geschafft werden soll; für die Blechmarke erhält der Reisende auf schmalem Papierstreifen einen Empfangschein. Eine Stunde nach Ankunft des Zuges ist dann das Gepäck sicher im Hotel oder in der Wohnung des Reisenden; will derselbe das Gepäck vom Bahnhof selbst mitnehmen, so giebt er den Schein dem Gepäckträger und dieser bringt dasselbe zum Wagen oder Hotel=Omnibus.
- Ein Bruder Studio im Rausch. "Und wenn sich der Schwarm verlaufen hat zur mitter=

[ => Original lesen: 1886 Nr. 5 Seite 6]

nächtigen Stunde, dann findet unter den Edleren statt eine würdige Tafelrunde." So haben es die Alten gehalten, so halten's auch die Jungen. Auch jener neugebackene Doktor, der gestern vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht 1 zu Berlin erscheinen mußte, hat eine fröhliche Studentenzeit hinter sich. Bevor er in das Philistertum seinen traurigen Einzug hielt, wollte er sich noch einmal im Kreise seiner Kommilitonen einen kräftigen Schluck zu Gemüthe führen. Sie tranken und tranken und tranken immer noch eins. Der fleißigste Zecher war natürlich der alte Student und junge Doktor. Wie viel er geleistet, vermag kein Sterblicher mit Sicherheit anzugeben, ja, wir verzichten selbst auf eine Vermuthung, denn hier, wenn auch nur zur ungefähren Orientirung - eine Zahl angeben zu wollen, wäre sogar Vermessenheit. Wir begnügen uns daher, allgemein festzustellen: er trank fürchterlich viel. Endlich, als es schon Morgen werden wollte, erhoben sich die allerletzten Ritter von der Gemütlichkeit und schrägelten mit schweren Schritten die Leipziger Straße entlang. Der Doktor lallte vor sich hin: Das . . . sch . . . scheint be . . . denklich mir . . . ein W . . . Wagestück, da kehr' . . . ich . . . lieber ins W . . . Wirthshaus zurück." Und eilig lenkte er seine Schritte nach dem Cafe Keck, das er für das soeben verlassene Kneiplokal hielt. Seine Kommilitonen folgten ihm nach. Die lustige Gesellschaft ließ sich an einem Tisch nieder, in dessen Nachbarschaft mehrere langbezopfte Chinesen saßen. Die Studenten machten einen Scherz nach dem anderen; die Söhne des Reiches der Mitte waren keine Spaßverderber, sie thaten im Gegentheil wacker mit. Der Doktor trieb es aber doch zu bunt, die Chinesen entbrannten in hellem Zorn und sprangen von ihren Stühlen auf. Flugs erhoben sich auch die Musensöhne. Es hätte nicht viel gefehlt, so wäre es zu der schönsten Schlägerei gekommen. Da trat aber der Geschäftsführer des Cafes dazwischen und forderte den Doktor wiederholt auf, das Lokal zu verlassen. Der Doktor folgte nicht. Es wurde ein Schutzmann geholt. Auch diesem widersetzte sich der Trunkene und beleidigte ihn sogar. Die Folge davon war eine Anklage gegen den jungen Doktor wegen Hausfriedensbruchs, Beleidigung und Widerstands gegen, die Staatsgewalt. Das Schöffengericht konnte sich nicht davon überzeugen, daß der Angeklagte sinnlos betrunken gewesen sei, und verurtheilte ihn zu einer Geldstrafe von 220 Mark.
- Allen Weintrinkern sei hiermit die frohe Nachricht verkündet, daß das große Faß zu Heidelberg während des Universitäts=Jubiläums seinem alten Berufe wieder zugeführt werden soll. Ein dortiger Wirth beabsichtigt nämlich, während des Jubiläums Wein aus dem großen Fasse zu verzapfen, und hat sich deswegen an den dortigen Stadtrath gewandt, welcher in seiner letzten Sitzung beschlossen hat, das Gesuch der großherzoglichen Domänendirektion empfehlend zu überweisen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß nur guter Wein zu angemessenem Preise verabreicht werden darf. Der angemessenste Preis ist nach unserer Ansicht "umsonst."


Die graue Stute ist doch das beste Pferd.

Das bekannte englische Sprichwort: Gray mare being the better horse, die graue Stute ist doch das beste Pferd, soll folgenden schalkhaften Ursprung haben: Zu der Zeit, als England noch das lustige (merry) war, heirathete ein Ritter ein junges Fräulein von Vermögen. Das wäre allerdings nichts besonderes Neues gewesen. Nach einiger Zeit überzeugte er sich jedoch, daß die schöne Dame ihr eigenes Köpfchen hatte und stets Recht behalten wollte. Das wäre nun auch wieder nichts besonderes Neues gewesen. Er begab sich also zu seinem Schwiegervater und klagte ihm seine Noth, indem er sich bereit erklärte, ihm die schöne "Widerbellerin", die er nicht zähmen könne, wieder zurückzugeben. Der Schwiegervater war ein vernünftiger und lustiger Mann. Er sagte zum Schwiegersohn: "Was bist Du doch für ein Thor, Dich über etwas zu beschweren, das alle Ehemänner ertragen müssen!" Der Schwiegersohn wollte Einwendungen erheben und schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Der Alte aber sprach: "Hier hast Du fünf Pferde und einen Korb mit sechs Schock Eiern. Die Pferde spanne vor einen Wagen, setze den Korb mit Eiern darauf und fahre wohin Du willst. Kommst Du in ein Haus, wo der Mann Herr ist, da läßt Du ein Pferd, wo aber die Frau regiert, da läßt Du ein Ei. Findest Du, daß Du die Eier eher los geworden bist, als die Pferde, so kehre um und beruhige Dich bei dem gemeinsamen Uebel. Würdest Du aber die Pferde eher los, so nehme ich meine Tochter wieder zurück." Der alte Ritter gab sein Ehrenwort darauf und der junge gab es auch, daß er ehrlich sein wollte, und machte sich auf die Wanderung. In dem ersten Haus, an dessen Thür er pochte, hörte er die Frau mit polternder Stimme rufen: "Mann, hörst Du nicht pochen ? Thu' Deine Schuldigkeit und sieh, wer da ist!" Hier gab der junge Ritter sein erstes Ei ab. In den nächsten Häusern begegnete ihm wohl anderes aber stets ähnliches, so daß er in wenigen Tagen die Eier fast gänzlich vergeben hatte. Da stand er trübselig und kratzte sich hinter den Ohren. Wie er aufblickte, sah er ein schönes Schloß auf einem Felsen liegen. "Du willst es doch einmal versuchen," dachte er, "vielleicht wirst du ein Pferd los." Er klopfte an die Pforte und fragte nach dem Schloßherrn. "Der ist nicht zu Hause", antwortete der Diener. "Wenn Ihr aber die gnädige Frau sprechen wollt, so werdet Ihr diese im Wohnzimmer finden." Sie empfing ihn mit vieler Artigkeit und wollte sogleich ihren gestrengen Eheherrn holen lassen; wäre es aber möglich, so möchte Sie ihn ungern stören. "Mein Geschäft, schöne Frau", erwiederte der junge Ritter der Schloßfrau, "ist, eine Frage zu thun, die Sie mir eben so gut beantworten können wie Ihr Gemahl, wenn Sie sonst aufrichtig sein wollen. Sie werden diese Frage freilich sehr unhöflich und unpassend finden, allein es hängt davon der Gewinn einer bedeutenden Wette ab. Es kommt nämlich auf nichts Geringeres an, als zu wissen, ob Ihr Gemahl Sie beherrscht, oder ob Sie Ihren Gemahl beherrschen?" "In der That, mein Herr," versetzte die Dame, "diese Frage ist sonderbar. Da es aber eine Wette gilt, für die ich mich interessire, auch ohne Sie zu kennen, so versichere ich Ihnen der Wahrheit gemäß, daß ich stets stolz darauf gewesen bin, meinem Gemahl zu gehorchen. Erscheint Ihnen diese Behauptung verdächtig, so fragen Sie ihn selbst; ich höre seine Tritte." Der gestrenge Eheherr trat mit der größten Festigkeit in Tritt und Geberde ins Wohnzimmer und, als er den Gegenstand des Gesprächs erfahren hatte, bestätigte er die Versicherung seines gehorsamen Weibes. Der junge Ritter, hoch erfreut, ein Pferd los zu werden, bat den glücklichen Ehemann, sich unter den angespannten das beste Pferd auszusuchen. Dieser nahm sein geliebtes Weib bei der Hand und führte sie mit hinaus in den Hof, wo die Pferde standen. Ein schönes schwarzes Roß machte den stärksten Eindruck auf den selten glücklichen Ehemann. Sofort wählte er dieses. Der gehorsamen Ehefrau gefiel aber eine graue Stute besser, weil sie im Geheimen den Wunsch hatte, dieselbe als Reitpferd für sich zu benutzen. Der Ehemann gab die triftigsten Gründe an, warum er den Schwarzen für das beste Pferde halte und denselben wählen wollte, allein die Dame wollte ihre Ansprüche auf die graue Stute durchaus nicht fahren lassen. "Was?" sagte sie, "Ihr Männer wollt Euch auf Pferde besser verstehen als wir Frauen? Ich sage, die graue Stute ist das beste Pferd; die nimmst Du!" "Nun gut," versetzte der demütig gewordene Eheherr, "wenn es denn so sein muß." "Ja!" erwiderte der junge Ritter, zu der Dame sich wendend, "wenn es denn so sein muß, so müssen Sie mit einem Ei zufrieden sein." Und hiermit drückte er ihr mit allem Anstand ein Ei in die Hand. Ob er auch nur eins von seinen Pferden angebracht hat, davon schweigt die Geschichte; die Eier ist er aber alle los geworden und seine schöne junge Xanthippe hat er ohne Murren behalten.


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