No. 101
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 29. Dezember
1885
fünfundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1885 Nr. 101 Seite 1]

Die Karolinen=Frage ist gelöst. Spanien behält seine geliebten Inseln, wir aber dürfen Handel treiben, Kohlenstationen anlegen, kurz alles thun was uns förderlich sein kann, nur Geld brauchen wir nicht für Verwaltung und Erhaltung auszugeben, das besorgen die Spanier nach wie vor. Der Kaiser hat jetzt nach Unterzeichnung des Protocolles dem Papst durch den Gesandten v. Schlözer seinen Dank aussprechen lassen. Durch diese Vermittelung habe der Papst die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien gestärkt und der Kaiser sei überzeugt, der Papst empfinde dieselbe Befriedigung über den Erfolg des Friedenswerkes, wie die Souveräne der beiden betheiligten Nationen.
Der 90ste Geburtstag Leopold von Rankes ist zu einem hohen Ehrentag für "den Meister der deutschen Geschichtschreibung" geworden. Von allen Seiten, aus aller Herren Ländern, von Hoch und gering kamen Glückwünsche, Zeichen der Anerkennung und Beweise der Verehrung in Fülle. Der Kaiser, die Kaiserin, der Kronprinz und die Kronprinzessin, der König von Sachsen, Fürst Bismarck, Graf Moltke, sie alle und noch andere hohe Personen mehr waren durch Gratulationsschreiben oder Geschenke vertreten. Der Kaiser schickte sein Bild und ein langes eigenhändiges Schreiben.
Die Agence Havas meldet, der Friedensvertrag, welchen Frankreich auf Madagaskar mit den Howas abgeschlossen habe, enthalte folgende Bedingungen: Frankreich erhält das Protectorat über ganz Madagaskar und werde in Tananarivo durch einen Residenten vertreten sein, der die auswärtigen Angelegenheiten Madagaskars leiten und das Recht haben solle, sich eine Escorte zu halten. Die Howas zahlen 10 Millionen Frcs. Kriegsentschädigung; bis dies geschehen ist, bleibt Tamatave von den Franzosen besetzt.
Der erste weibliche Leibarzt ist ernannt. Er, oder richtiger, Sie heißt Fräulein Dr. Maria Ferné, hat in Zürich studirt und promovirt und ist soeben von der Königin von Italien fest bei Hofe angestellt worden.


- Lübeck. Für alle auswärtigen Theaterbesucher ist es sicher von Interesse zu erfahren, daß die Direction des Stadttheaters, Donnerstag, den 31. December, Nachmittags 4 Uhr eine außerordentliche Vorstellung für die auswärtigen Kunstfreunde arrangirt. Zur Aufführung gelangt "Don Cesar" von Dellinger", die sensationellste Operette dieser Saison, die auf allen deutschen Bühnen Aufsehen erregt und auch in Lübeck schon zahlreiche Wiederholungen erlebte. - Wir können der Direktion nur dankbar sein, daß sie auch uns an diesem Tage Gelegenheit bietet, das interessante Werk kennen zu lernen und daß es uns möglich wird nach der Vorstellung wieder zurückzukehren.
- "Stille Nacht, heilige Nacht!" In Hütte und Palast ist zu Weihnacht wie in früheren Jahren am heiligen Abend, dies Lied erklungen, das zu den weihevollsten Kirchenliedern gehört, ohne daß die andachtsvollen Sänger sich bewußt gewesen, wer dasselbe gedichtet und in Musik gesetzt hat. Das Lied findet sich wohl in den meisten Liedersammlungen, und zwar in mancherlei Bearbeitungen, über den Komponisten geben jedoch die wenigsten Sammlungen nähere Auskunft. In manchen finden wir die Bezeichnung Volkslied oder Volksweise, in anderen heißt es: "Aus dem Zillerthal", und wieder in andern: "Angeblich von Haydn". Authentischen Aufschluß über Dichter und Komponisten ertheilt nunmehr ein Mitarbeiter des Neuen Tgbl. in Stuttgart. Derselbe schreibt: "In Folge besonderer Nachforschungen ist es mir gelungen, zu erfahren, daß der Text des Liedes im Jahre 1818 gedichtet und am heiligen Abend desselben Jahres in Musik gesetzt wurde. Der Urheber der drei schönen Verse war Joseph Mohr, Hilfspriester zu Oberndorf bei Salzburg. Sein Freund setzte den Text in Musik, er heißt Franz Gruber aus Dorf Hochburg, unweit des Inn, und war Lehrer und Organist in Arnsdorf.
- Unweit des Dorfes Griebo in Anhalt befindet sich in der Elbe eine Hauptkolonie der Biber; von dort aus machen sie stromab und stromauf ihre Ausflüge. Der Wildhändler Grotius in Berlin erhielt dieser Tage aus Griebo eine Anzahl von durch Biber abgeschnittener Baumstämme nebst einen Korb voll Spähnen, an denen man sehr deutlich die Arbeit des Bibers sehen kann. Bei den Stämmen befindet sich eine 30 Centimeter im Durchmesser haltende Esche, die 50 Fuß hoch gewesen ist, und eine 25 Centimeter starke Eiche. Eine fast ganz durchschnittene 2 Fuß starke Eiche steht noch bei Griebo. Der Schnitt bildet zwei mit den Spitzen auf einander gehende Kegel und die Nagespähne sind 3 bis 4 Centimeter breit und 8 Centimeter lang. Es ist erstaunlich, daß ein verhältnißmäßig so kleines Thier wie der Biber eine derartig schwere Arbeit verrichten kann.
- In den Industriestädten in Rheinland und Westfalen ist es nicht selten, daß die Einwohner 300 bis 600 Procent der Staatssteuer als Gemeindeumlagen zahlen, während Berlin nur 150 bis 160 Prozent zahlt, wenn man die Miethssteuer im Verhältnis hinzurechnet. Die Rheinländer haben nun den Verdacht, daß die Steuerschraube in Berlin schonender arbeitet als am Rhein etc., die Berliner aber antworten, umgekehrt, bei uns wird nur Niemand übersehen, übergangen oder unterschätzt. Keine Stadt liefert dem Staat pro Kopf der Bevölkerung einen so ansehnlichen Ertrag an direkten Steuern wie Berlin, und doch ist die größere Wohlhabenheit und Steuerfähigkeit sicher bei den Städten am Rhein und in Westfalen.
- Für Hopfen=Bauer! Die Nürnberger "Allgemeine Brauer= und Hopfenzeitung" bringt einen Mahnruf gegen die Ueberproduktion des Hopfens, den sie mit einer Tabelle über die Markthopfenpreise unterstützt. "Man hat," sagt sie, "schon öfter den Hopfenbau ein Hazardspiel genannt; seit dem Glücksjahr 1882 bis zum Mißjahr 1885 herab scheint aber alles Glück dieser Kultur durch Ueberproduktion geschwunden zu sein, und deshalb kann nur noch von Verlusten in diesem kostspieligen aber wichtigen Zweig der Landwirthschaft die Rede

[ => Original lesen: 1885 Nr. 101 Seite 2]

sein." Aus der Tabelle über die Hopfenpreise des Nürnberger Marktes Ende November in den Jahren 1885, 1884, 1883 und 1882 ergiebt sich z. B., daß Primamarkthopfen, der im Jahr 1882 mit 380 bis 390 Mk. notirt war im folgenden Jahr auf 159-165 Mk., im vorigen Jahr auf 90-95 Mk. und heuer gar auf 35-40 Mk. sank. Dazu kommt, daß die auf dem Kontinent geernteten Hopfenmengen nicht zur Hälfte mit 40-50 Mk. pr. 50 Kgr. der vierte Theil nur mit 20-30 Mk. bezahlt wird, während die Produktionskosten mindestens 70 bis 75 Mk. betragen.
- In München wollte sich ein Kaufmann mit Freunden eben in den Schlitten setzen, um spazieren zu fahren, da legte der Gerichtsvollzieher seine Hand auf Pferd und Schlitten und die Fahrt wurde zu Wasser.
- Die bayrischen Städte über 10,000 Köpfe ordnen sich nach Rang und Reihe also: München 260 000 Einwohner, Nürnberg 116 183, Augsburg 65 476, Würzburg 55 036, Fürth 36 214, Regensburg 36 024, Kaiserslautern 31 831, Bamberg 31 295, Bayreuth 23 531, Hof 21 890, Ludwigshafen 21 037, Landshut 17 868, Ingolstadt 16 390, Speyer 15 872, Erlangen 15 814, Passau 15 409, Amberg 15 705, Pirmasens 14 878, Kempten 14 310, Ansbach 14 057, Straubing 13 106, Schweinfurt 12 659, Aschaffenburg 12 611, Neustadt a. H. 12 242, Frankenthal 10 925, Zweibrücken 10 657 Einwohner.
- In Erlangen wurden zwei Corpsstudenten erst nach vierwöchentlicher Zwangshaft wegen Zeugnißverweigerung aus der Haft entlassen.
- Auch Könige haben Weihnachtswünsche und König Humbert von Italien hat das offen eingestanden. Königin Margherita, welche alle Weihnachtsgeschenke für die Personen ihrer Umgebung bis hinunter zur letzten Aushilfsfrau des Schlosses selbst einkauft, fragte ihren Gemahl, ob er denn gar keinen Wunsch für das herannahende Weihnachtsfest habe. "O gewiß", meinte der König, "ich habe meine Wünsche wie jeder andere die seinigen, ja ich habe sogar einen besonderen, den du mir erfüllen könntest." "Nun?" fragte die Königin erfreut und der König antwortete: "Ich habe auf der letzten Jagd in Castelporziano unbändig gefroren, schenke mir, ich würde dir dafür sehr dankbar sein, eine recht warme, gut gefütterte Jagdweste."


Ein Wiederfinden am Christabend.
Von Paul Schmidt.
[Erzählung.]
(Schluß.)

[ => Original lesen: 1885 Nr. 101 Seite 3]

Ein Wiederfinden am Christabend.
Von Paul Schmidt.
[Erzählung.]
[Schluß.]


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Schlagsdorf sub Nr. 21 belegene Büdnerei des Rademachers Joachim Heinrich Jabs daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 20. März 1886,
Vormittags 10 Uhr

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 24. December 1885.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
(L. S.)                                                     A. Dufft.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Am Sonnabend, den 2. Januar n. J. Vormittags 10 Uhr, werde ich in Schönberg

2 Kühe

öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkaufen.
Sammelplatz der Käufer beim Gastwirth Boye in Schönberg.

Staffeldt, Gerichtsvollzieher.         


Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


[ => Original lesen: 1885 Nr. 101 Seite 4]

Holz=Auction
im Kirchenholz zu Selmsdorf.

Am Sonnabend, den 2. Januar 1886, Morgens 10 Uhr sollen an Ort und Stelle bei freier Concurrenz nachfolgende Holzsortimente gegen Baarzahlung verkauft werden:

  2 eichen Enden = 2,28 Festmeter Nutzholz=Blöcke.
13 Raummeter eichen Kluft I. Kl.
  5 Raummeter eichen Knüppel.
  3 Fuder eichen Durchforstholz I. Kl.
  0,5 Fuder Pollholz.
  6 Raummeter buchen Kluft II. Kl.
10 Raummeter buchen Knüppel.
  7 Fuder buchen Pollholz.
  7 Fuder Aspen=Durchforstholz III. Kl.
  1 Fuder Aspen=Reiser.
Hohemeile, den 22. December 1885.

W. Polle.         


Versammlung
der Zimmer=, Maurer= und Maschienenbauer Krankenkasse am                                              
Sonntag, den 3. Januar 1886
Nachmittags 1 Uhr,
im Krüger'schen Locale.                                                                                      
Tagesordnung:
Rechnungsablage, Neuwahl zweier Vorstandsmitglieder.                                                    
                                                        Der Vorstand.

NB. Die Vorstands=Mitglieder werden gebeten sowie Revisoren und Krankenbesucher gleich nach 12 Uhr zu erscheinen.


Danksagung.

Für die vielen Beweise herzlicher Theilnahme während der schweren Krankheit unseres geliebten unvergeßlichen Sohnes

Heinrich,

für die überaus große Begleitung zu seiner letzten Ruhestätte, sowie Allen, welche dem lieben Dahingeschiedenen die letzte Ehre erwiesen, ebenso für die zahlreichen Kränze und Blumenspenden, für den sinnreichen Choral bei seinem letzten Gange und die erhebende Musik am Grabe, sowie auch für die trostreichen Worte des Herrn Pastoren sagen wir unseren herzlichen Dank

                                                    Klempnermeister J. Lenschow
                                                    nebst Familie.
Schönberg, den 23. December 1885.


Stadt=Theater in Lübeck.
Direction: Sigmund Lautenburg.
Donnerstag, 31. December 1885
Nachmittags 4 Uhr:
Große Extra=Vorstellung
der allabendlich mit Jubel aufgenommenen Operette
Don Cesar,
Romantische Operette in 3 Acten von
Rudolf Dellinger.

            I. Rang, Loge und Balcon 3 Mk.
            Parquet 2 Mk. 50 Pf.
            Parterre 1 Mk. - Pf
            II. Rang und Loge 1 Mk 25 Pf.
Bestellungen auf Billets werden auch brieflich entgegengenommen.

Die Direction.         


Schutzmarke G. Rohloff Möbel Gute Berliner Möbel,
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G. Rohloff in Berlin, Fischerbrücke 17. b
Preis u. Zeichnungen sende franco.


Hiermit beehre ich mich anzuzeigen, daß ich das Geschäft meines verstorbenen Mannes des Stellmachermeisters W. Badstein, unter Leitung eines erfahrenen Gesellen fortführe. Für das meinem Manne in so reichem Maße geschenkte Vertrauen herzlich dankend, bitte ich, dasselbe auch auf mich übertragen zu wollen.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    M. Badstein, Wwe.
Schönberg, den 29. December 1885.


Lübeck
Spethmanns Hotel & Restaurant.
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zu jeder Tageszeit. -                                                    
Münchener u. hiesiges Bier.
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Schönberg.                                                    Buchbinder.


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C. Sievers.         


Blasenkrankheiten

(auch Bettn. Stein etc.) Schwäche etc., selbst in den verzw. Fällen, heilt sicher in kurzer Zeit. - Prosp. gratis - F. C. Bauer, Specialist, Basel-Binningen (Schweiz).


Am Mittwoch, den 6. Januar
findet bei mir ein                                                    
Neujahrsball
statt, wozu freundlichst einladet                          
Rabensdorf.                                                    H. Voss.
                                                                     Gastwirth.


Ein Mädchen,

Zu häuslichen Arbeiten wird zu Ostern gesucht gegen hohen Lohn in

Spehrs Hôtel.         


Bei ihrer Abreise ersuchte mich die Wittwe des verstorbenen Lehrers Herrn Ihlenfeld zu Teschow, etwaige Forderungen an sie oder den Nachlaß ihres verstorbenen Mannes zu berichtigen. Ich bitte deshalb, mir solche in den nächsten Tagen anmelden zu wollen.

C. Sievers.         


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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