No. 83
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. Oktober
1885
fünfundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1885 Nr. 83 Seite 1]

          Nr. 19 des Offic. Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg pro 1885 enthält in der
          I. Abtheilung.

(8.) Verordnung, betreffend die am 1. December 1885 vorzunehmende Volkszählung.
          II. Abtheilung:
(1.) Bekanntmachung, betreffend die Besetzung der Subaltern= und Unterbeamtenstellen bei den Reichs= und Staatsbehörden mit Militairanwärtern.
(2.) Bekanntmachung, betreffend das Formular für die Unfall=Anzeigen.


Prinz Albrecht von Preußen weilt augenblicklich auf seinem Schloß Kamenz in Schlesien. Dorthin hat sich die von der Landesversammlung gewählte Kommission mit dem Minister Grafen Görtz=Wrisberg, um den Prinzen zu fragen, "ob er mag?" begeben. Er wird doch! Und zwar um so mehr, als es wahrscheinlich wird, daß er das Commando über das X. Armeecorps behalten darf. Es ist sonst nicht Sitte, daß Landesherrn im Frieden militärische Commandos führen, aber Prinz Albrecht ist ja auch nicht Landesherr, sondern nur Regent und deshalb wird er wahrscheinlich auch ferner in Hannover commandiren dürfen.
Höchst erfreulich ist es, Folgendes zu hören. Nach den dem Bundesrath zugegangenen Spezialetats für 1886/87 werden von den Erträgnissen aus Zöllen, der Tabaksteuer und Aversen, die insgesammt auf 258,600 000 M. veranschlagt werden, 128,600 000 M., sowie aus den den Bundesstaaten allein zukommenden Stempelbeträgen 22,375 000 M. zur Vertheilung an die Bundesstaaten gelangen, demnach im Ganzen 53,565 000 M. mehr als im Vorjahr.
Die zweite deutsche Note in Bezug auf die Karolinen ist nun auch in Madrid angelangt. Ihr Inhalt ist einfach: die spanischen Ansprüche werden bestritten, die deutschen Ansprüche aufrechterhalten und der Papst als Vermittler empfohlen. Der Verkehr ist in dieser Angelegenheit ein besonders langsamer, da alles schriftlich abgemacht wird. In den mündlichen Abmachungen mit dem spanischen Minister Elduayen hat man nämlich ein Haar gefunden; dieser Herr soll bisweilen nach 5 Minuten nicht mehr wissen, was er vor 5 Minuten gesagt hat.
Liest der Kaiser von Oesterreich die Reden im Herren= und Abgeordnetenhaus? Dann wird er erschrecken über die Höhe des Hasses zwischen Deutschen und Czechen in Böhmen und Mähren, eines Hasses, der schon in das Heer eingedrungen ist. Böhmen, sagte der Abgeordnete Krzepek, ist zu einem nationalen Schlachtfelde zwischen Deutschen und Czechen geworden. In gewissen Gegenden sind die Eltern, welche ihre Kinder in deutsche Schulen schicken, brutalen Gewaltthaten ausgesetzt. Es ist Mode geworden, Hunden den Namen Bismarck oder Deutscher Abgeordneter beizulegen. In kleinen Orten sind die Deutschen wie vogelfrei, deutschen Soldaten wird bei Märschen und Manöver von Czechen der Trunk Wasser verweigert oder nur gegen Bezahlung verabreicht. Im Heere gibts Prügeleien zwischen Deutschen und Czechen, sogar bei Anwesenheit des Kaisers in Pilsen. Der Oberst in Pilsen hielt eine lobende Ansprache an sein Regiment und entschuldigte sich, daß er der czechischen Sprache nicht mächtig sei. Was war die Antwort der czechischen Soldaten in Reih und Glied? Sie stimmten ein czechisches Spottlied auf die Deutschen an. Czechische Landwehrmänner sangen in Gegenwart von Offizieren das Hetzlied; "Und wären Deutsche auch so viel als Teufel, Gott ist mit uns und unser Zorn wird sie alle zerschmettern." Die Post= und Telegraphenanstalten, die Gerichte, die Schulen werden immer mehr mit Czechen besetzt, die angehende Mehrzahl der Geistlichen ist czechisch und den Deutschen todtfeindlich.
In Frankreich sind die Wahlen bis auf wenige bekannt. Die neue Kammer besteht aus 202 Gegnern der Republik, Bonapartisten, Orleanisten u. s. w., aus 21 Republikanern, die zu keiner Partei gehören, 155 Radicalen der äußersten Linken und 192 Opportunisten oder Parteigängern der jetzigen Regierung. Diesmal also ist's der Republik noch nicht an Kopf und Kragen gegangen; sie hat die Mehrheit, wenn ihre Anhänger einig sind.
Eine gute Wirkung hat das neue Wahlsystem in Frankreich doch gehabt: es ist frisches Blut in die Deputirtenkammer gekommen. Von den 574 gewählten Abgeordneten haben nur 286 auch der vorigen Kammer angehört, 288 sind homines novi also solche, unter denen sich vielleicht einige befinden, die auch eine oder die andere neue Idee mitbringen. Derartige Menschen sind bekanntlich selten im 19. Jahrhundert und ganz besonders in den europäischen Parlamenten! Sonst ist in Bezug auf Frankreich noch zu berichten, daß in Tonking das Christenmorden seinen Fortgang nimmt und daß der General de Courcy zu wenig Truppen hat, um irgend einen energischen Streich auszuführen.
Am 10. November wird die neugewählte Deputirtenkammer in Frankreich zusammentreten, um zunächst die Wahlen zu prüfen. Es sollen einige "unsichere Kantonisten" dazwischen sein, natürlich unter den Monarchisten, denn von ihren Anhängern können die Republikaner keinen entbehren, also dürfen deren Wahlen auch nicht angefochten und nicht für ungültig erklärt werden. Man darf gespannt sein, wie lange die Einigkeit unter den Radikalen und den gemäßigten Republikanern dauern wird! Bei der ersten Uneinigkeit triumphiren die Monarchisten. Légrand, der Ackerbau=, und Hervé=Magnon, der Handels=Minister, können gehen, sie sind nicht wieder gewählt; ebenso die Unterstaatssecretaire Heroult und Reusseau. Wird sie bitter genug schmerzen, von der Ministerbank in's Nichts, aus dem sie kamen, zurückgeschmettert zu werden. Der Kongreß, die Vereinigung der Deputirtenkammer und des Senats, wird am 21. Dezember zusammentreten, um den neuen Präsidenten der Republik, der wohl wieder Jules Grévy heißen wird, zu wählen.
Der König von Spanien kränkelt. Die Aerzte wissen nicht recht, wo das Uebel sitzt, es scheint aber in der Nähe der Lunge oder gar in der Lunge selbst sich eingenistet zu haben. Der König leidet fast beständig an Fiber und Appetitlosigkeit und ist in Folge dessen sehr entkräftet.

[ => Original lesen: 1885 Nr. 83 Seite 2]

- Von Seiten beider Großherzogthümer Mecklenburg ist beim Bundesrath ein Antrag auf Erledigung einer zwischen ihnen und Lübeck bestehenden Grenzstreitigkeit eingebracht worden. Seit Jahrhunderten haben - so wird in dem Antrage ausgeführt - zwischen den beiden Großherzogthümern einerseits und Lübeck anderseits Streitigkeiten darüber bestanden, ob den Großherzogthümern, welche unter sich über die zwischen ihnen zu ziehende Grenzlinie einig sind, oder dem Staate Lübeck die Hoheit über die Grenzgewässer Stepnitz mit Maurine, Dassower See, Pötnitzer Wyk und Trave zusteht. Nachdem wiederholt vergebliche Versuche gemacht worden sind, diese Streitigkeiten auf dem Wege gütlicher Einigung zu beseitigen, beantragen die beiden Großherzogthümer jetzt: der Bundesrath wolle feststellen, daß dem Staate Lübeck an der Stepnitz mit Maurine, dem Dassower See und dem Pötnitzer Wyk Hoheitsrechte überhaupt nicht zustehen, daß, auf der Trave aber der Thalweg des Fahrwassers die lübecksche Grenze bildet. Bezüglich der geschäftlichen Behandlung erklären die Staatsministerien der beiden Großherzogthümer sich damit einverstanden, daß die Erledigung des Grenzstreites einem deutschen Gericht übertragen wird, und daß die drei beteiligten Staaten verpflichtet erklärt werden, sich dem Schiedsspruch des beauftragten Gerichtshofes zu unterwerfen. Nachdem alsdann in dem Antrage die geltend gemachten Ansprüche begründet worden, schließt derselbe mit der Erklärung, daß die Großherzogthümer bei dem überwiegenden Interesse, welches Lübeck an der Seeschifffahrt auf der Trave habe, bereit sein würden, auf das ihnen zustehende Hoheitsrecht über dieselbe zu verzichten, falls Lübeck 1) sich verpflichtet, mit dem Bett der Trave, so weit von derselben mecklenburgisches Gebiet berührt wird, ohne Zustimmung des mecklenburgischen Uferstaates keine Veränderungen vorzunehmen, welche auf das mecklenburgische Ufer einwirken, insbesondere auch an demselben keine Bahnen oder dergleichen zu erbauen; 2) die privaten Rechte mecklenburgischer Landesangehörigen an der Trave als Schifffahrt, Kahnhaltung, Errichtung von Wasch= und Kahnstegen, Fischerei, Rohr= und Grasschneidung etc. in dem weitesten Umfange, wie solche jetzt bestehen und ausgeübt werden, anerkannt.
- In Tölz in Oberbayern sprengte Nachmittags ein Reiter ohne Hut, in Hemdsärmeln und barfuß durch die Stadt, ohne irgend eine Frage anders zu beantworten als: ich hab' keine Zeit! Bald aber wurde es bekannt, daß der Reiter einen Arzt holte. Im benachbarten Ellbach hatte der Wirth seinen 17jährigen Stiefsohn, seine Frau und dann sich selbst erschossen.
- Vor dem Schwurgericht in Augsburg wurde ein Dienstknecht zum Tod verurtheilt, der einen Bauer mit 72 Hieben und Stichen umgebracht und ihn beraubt hatte; desgleichen ein Sohn, der seine 60jährige Mutter hatte verhungern lassen.
- In Osnabrück wurde der Director der Hildesheimer Taubstummenanstalt, Kößler, wegen 18 unsittlicher Handlungen zu 2 Jahren Gefängniß verurteilt. Möhring, Director der Schleizer Taubstummenanstalt, der als Entlastungszeuge aufgetreten war, wurde kurz vor seiner Abreise wegen Verdachts des Meineides verhaftet.
- Ein verhängnißvoller Irrthum passirte vor Kurzem einem Arzt in Warschau bei einer Augenoperation. Ein junges Mädchen litt an einem Augenübel, welches ein Auge ergriffen hatte und auch auf das zweite überzugehen drohte, wenn nicht schleunigst zur Entfernung des kranken Augapfels geschritten würde. Die Kranke wurde chloroformirt und die Operation gelang, wie es den Anschein hatte, sehr gut. Wer beschreibt aber den jähen Schrecken der Anwesenden, als sich beim Erwachen der Kranken herausstellte, daß das gesunde Auge entfernt worden war. Der Operateur war vernichtet und floh aus dem Hause, in welchem er durch seinen Irrthum ein solches Unheil angerichtet hatte.
- Der ganze Bezirk O in Berlin und dessen gesammte Frauenwelt ist in Aufregung. Ein noch junger und durchaus nicht unansehnlicher wohlhabender Bäckermeister gedenkt demnächst die fünfte Frau heimzuführen. Die vier Vorgängerinnen im Reich hat ihm nach kurzem Glück stets der Tod entrissen. Man bewundert den Muth der Fünften umsomehr, als aus allen voraufgegangenen vier Ehen Kinder vorhanden sind, sie also vierfache Stiefmutter werden wird.
- Ein neues Lebenszeichen aus Kamerun sieht man jetzt bei einem Colonialwaarenhändler in der Dresdenerstraße in Berlin, nämlich eine Garnitur von Säcken mit Kaffee, über denen man die Inschrift liest: "Kamerun=Kaffee, Import Woermann". Das Pfund kostet 80 Pfg. Wer also sich gedrungen fühlt, deutschen Colonialkaffee zu genießen, kann hier seinem Drang vollauf Genüge thun.
- Zur Wiesenkultur. In seiner Schrift: "Der rationale Wiesenbau", führt Professor Anderegg u. a. folgendes an: Eine Wiese wurde in 4 gleichgroße Parzellen abgeteilt und diese in verschiedener Weise behandelt.
Parz. 1, nicht geeggt, nicht gedüngt, ergab 377 kg Heu,
Parz. 2, nicht geeggt, aber gedüngt, ergab 733 kg Heu,
Parz. 3, geeggt, aber nicht gedüngt, ergab 770 kg Heu,
Parz. 4, geeggt und gedüngt, ergab 1563 kg Heu,
wird sonach durch bloßes Eggen der Wiese ziemlich derselbe Ertrag als durch Dünger erzielt, während Eggen und Düngen den doppelten Ertrag gegenüber blos Eggen oder blos Düngen ergab und diesem Ziele gilt es für uns mit allem Eifer nachzustreben, um von unsern oft noch sehr stiefmütterlich behandelten Wiesen bedeutend höhere Erträge zu erreichen.
- Man ist geneigt, den Landmann für einen Menschen zu halten, der sich nur schwer vom Gelde trennt. Es mag der Grund hierfür wohl darin zu suchen sein, daß die Quelle des ländlichen Vermögens schwere Arbeit ist. Um so mehr Beachtung verdient die Denkart und die Handlungsweise eines Bauern, welche einen schönen Beleg dafür liefert, daß keine Regel ohne Ausnahme ist. Vor längerer Zeit erkrankte ein Landmann bedenklich und glaubte sein Haus bestellen zu müssen. Er ließ den Notar zu sich kommen und bestimmte, daß 4000 M. seines Vermögens an entferntere Verwandte fallen sollten. Er überwand jedoch die Krisis und fühlte sich bald wieder wohl und munter, so daß er hoffen konnte, noch eine Reihe von Jahren sein Leben zu genießen. Der glückliche Verlauf der Krankheit aber rief Bedenken eigenthümlicher Art in der Seele des Landmanns wach. Eines Tages tritt Letzterer in das Expeditionszimmer seines Notars und spricht: "Herr Advokat, Sie wissen, daß ich meinen Verwandten 4000 M. ausgesetzt habe. Ich kann noch lange leben; meine Verwandten dagegen sind alt, und außerdem haben sie Alle nicht viel zu beißen. Es könnte passiren, daß sie vor mir sterben, und dann hätten sie von dem Geld nichts. Hier sind die 4000 M.; vertheilen Sie das Geld an die Erben, wie ich's bestimmt habe.
- Man macht auch aus Kartoffeln Conserven. Solcher Conserven für die Flotte sind bei einer sächsischen Handlung für 50 000 Mark bestellt worden. Die Kartoffeln werden gedörrt, wobei sie an 65 PC. Gewicht verlieren. Auf den Schiffen werden sie beim Gebrauch wieder aufgeweicht und sind dann fast so gut wie frische Kartoffeln.
- Im Leipziger Tageblatt zeigt Schuhmacher Julink die Geburt seines 29. Kindes an.
- Arger Bettel wurde in der freien Schweiz mit dem Verkauf von Edelweiß getrieben; auf Schritt und Tritt wurden die Reisenden mit Edelweiß angefallen. Neuerdings aber ist der Verkauf und die Ausfuhr in den alten Cantonen bei 10-100 M. Strafe verboten worden, weniger wohl der geplagten Fremden wegen, als weil die edle Pflanze nahe daran war, mit Stumpf und Stiel ausgerottet zu werden.
- Von den 3300 nachträglich bewilligten Kriegspensionsgesuchen sind nicht weniger als 1060 auf Bayern entfallen.
- Der einzige Ueberlebende von der "Augusta"=Mannschaft. Aus Swinemünde schreibt man: Für Viele wird es von Interesse sein, in Betreff des einzigen Ueberlebenden von der Besatzung der "Augusta", eines Matrosen, etwas Näheres zu hören, namentlich, welchem Umstand er es zu verdanken hatte, daß er dem traurigen Schicksal, welchem die gesammte Besatzung außer ihm anheim gefallen ist, entronnen ist. Dieser Matrose ist 22 Jahre alt, hier geboren, wo seine Eltern noch leben. Er hatte bereits 6 Jahre auf Kauffahrteischiffen gefah=

[ => Original lesen: 1885 Nr. 83 Seite 3]

ren und drei Strandungen mitgemacht, wobei er immer glücklich gerettet wurde; das erste Mal an der mexikanischen Küste, wo das Schiff verloren ging und er 8 Wochen an Land verleiben mußte, bevor er in seine Heimath zurückkehren konnte. Am 1. Februar d. J. wurde er zur Marine ausgehoben und der Besatzung der "Augusta" zugetheilt; später wurde er Stewart (Restaurateur) auf derselben. Als die "Augusta" auf der Fahrt nach Westafrika bei Gibraltar angelangt war, wurde er von einem Officier beauftragt, noch einige Gegenstände für ihn zu kaufen; es war das letzte Boot, mit welchem er an Land fuhr. Nachdem er den Auftrag ausgeführt hatte, ging er nach der Landungsstelle des Bootes, legte die gekauften Sachen zu den von dem Koch, welcher mit ihm zusammen gefahren war und einen gleichen Auftrag erhalten hatte, bereits angekauften Gegenständen hinzu und kehrte wieder nach der Stadt zurück, um den Koch, welchen er nicht antraf, zu suchen. Als er nach einiger Zeit wieder bei der Anlegestelle ankam, wurde er zu seinem Schrecken gewahr, daß das Boot bereits nach der "Augusta" abgefahren war. Nun suchte er ein Boot und einen Bootsfahrer zu erlangen, der ihn nach dem Schiff rudern sollte, er konnte aber eines solchen nicht habhaft werden und irrte die ganze Nacht danach vergeblich umher. Als er am anderen Morgen sich nach der "Augusta" umsah, hatte dieselbe bereits die Anker gelichtet und war fortgesegelt. Unter diesen Umständen blieb ihm weiter nichts übrig, als zu dem deutschen Consul zu gehen und ihm mitzutheilen, wie es ihm ergangen sei. Dieser sorgte dafür, daß er mit der ersten Gelegenheit nach Wilhelmshaven befördert wurde. Daß die Eltern überglücklich sind, ihren einzigen Sohn von der Katastrophe verschont und am Leben zu wissen, bedarf wohl keiner Versicherung.


                          Alle Mann!
Nachruf an die mit der "Augusta" Verschollenen.

        "Wo weilet Ihr?" - Mit bangen Sorgen
      Fragt man im deutschen Vaterland -
      "Ihr Wackren all', die gegen Morgen
      Mit der "Augusta" man entsandt?
      Ruht Ihr auf kühlem Meeresgrunde?
      Kamt Ihr im Land der Schatten an?
      Schlug Euch im Sturm die Todesstunde?
      Seid Ihr verloren, Alle Mann?"

        Wir ruhn in Frieden, laßt das Fragen.
      Wie lebend, so im Tod vereint
      Hat uns der Sturm dahin verschlagen,
      Wo nie ein Retter uns erscheint.
      Mit Ehren haben wir gerungen
      Im Kampfe, den der Feind gewann,
      Die Fluth hat unser Schiff verschlungen -
      Wir sanken mit ihm, Alle Mann!

        Schön war der Tag. Die Segel blähte
      Ein sanfter West. Vom Abendroth
      Vergoldet an der Gaffel wehte
      Die deutsche Flagge schwarz=weiß=roth.
      Wir sangen unsrer Heimath Lieder
      Und dachten froh des Tages, wann
      Wir kehrten heim gen Westen wieder
      Zu unsern Lieben, Alle Mann!

        So sind wir rasch dahingeflogen.
      Doch als im Meer die Sonne sank
      Ist fern im Osten aufgezogen
      Sturmdräuend eine Wolkenbank
      Vom Blitz durchzuckt. Auf Windesflügeln
      Kam sausend der Taifun heran,
      Wir standen, seine Wuth zu zügeln,
      Auf unserm Posten, Alle Mann!

        Der Tanz begann. Aus tiefen Gründen
      Schäumt auf das sturmgepeitschte Meer,
      Es gähnt der Tod aus Tausend Schlünden,
      Das kleine muthbeseelte Heer
      Stand fest. Die Masten hielt umklammert
      Der Arm, und Stund' um Stund' verrann;
      Ob auch die Lippe bleich, gejammert
      Hat Keiner; muthig Alle Mann!

        Da kam von Gischt und Schaum umgeben
      Ein Wasserberg herangerollt,
      Der an dreihundert junge Leben
      Mit sammt dem Schiff verderben sollt!
      Er stürzte brüllend auf uns nieder,
      Hoch bis zum Flaggenkopf hinan
      Spritzte die Fluth; zur Seite nieder
      Warf sie das Schiff und Alle Mann!

        Jetzt taucht es ein. Ein Schrei zum Himmel
      Schwang sich empor. Ein Todesschrei
      Von Sterbenden, ein schwach Gewimmel;
      Dann ward es still - es war vorbei!
      Noch einmal hoben aus dem Schlunde
      Den Blick wir betend himmelan
      Und fuhren mit dem Schiff zu Grunde,
      Cap'tän und Mannschaft - Alle Mann!

        Hier ruh'n wir nun, ein Häuflein Helden,
      Und drüber hin die Woge zieht;
      Kein Mund wird unsern Tod Euch melden,
      Kein Sieg'sbericht, kein stolzes Lied.
      Ob, als der Tod uns auserwählte,
      Um uns auch keine Thräne rann,
      Ob auch dem Grab der Lorbeer fehlte:
      Wir ruh'n in Ehren "Alle Mann!"


Anzeigen.

Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Donnerstag, den 29. Mts., Vormittags 6 Uhr sollen in Schlagbrügge

2 Kühe, 2 Starken und
1 Stuhlwagen

öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Sammelplatz der Käufer beim Krüger Witt in Schlagbrügge.
Schönberg, den 24. October 1885.

Staffeldt, Gerichtsvollzieher.         


Auction
Sonnabend, den 31. October,
Vormittags 10 Uhr,

im Kruggehöft zu Carlow über Hausstandssachen: Schränke, Sophas, Tische, Stühle und verschiedene andere Sachen.


Schneider,

die gewillt sind, der zukünftigen Innung beizutreten, wollen sich bei den Unterzeichneten bis zum

4. November cr.

melden.

A. H. Freitag.       H. Fanselow.
Aelterleute der Schneiderzunft.


General=Versammlung
des
landwirthschaftlichen Vereins kleiner Landwirthe für das Fürstenthum Ratzeburg
am
Sonnabend, den 31. October ds. J.

Vormittags 10 Uhr im Locale des Herrn Gastwirth G. Boye, Schönberg,

Der Vorstand.         


Allen, welche meinem lieben Mann und unsern Vater und Schwiegervater Ch. Spehr zu seiner letzten Ruhestätte begleitet haben, sagen wir hierdurch unsern herzlichsten Dank.

Die tiefbetrübten Hinterbliebenen.         


Hamburg - Amerika.
Jeden Mittwoch und Sonntag nach New-York
Schiff
mit Post=Dampfschiffen der
Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft
Auskunft und Ueberfahrts=Verträge bei           
Friedr. Frick in Röbel.


Särge

von Eichen= und Tannenholz halten in jeder Ausstattung zu billigen Preisen stets vorräthig und empfehlen

Kiel & Rindfleisch,         
Tischlermeister.               


Särge!
stets vorräthig, große Auswahl, billige Preise.
                                                    bei G. Berger, Selmsdorf.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 83 Seite 4]

Fleisch-Extract
2 goldene Medaillen
Schutzmarke Fleisch Extrakt
Das reinste und gehaltvollste von alten Sorten Fleisch-Extract.                          
                                                    General-Vertreter
                                                    Ferd. Köhler,
                                                    grosse Altefähre 35, Lübeck.


Feuerversicherungsverein
Mecklenburgischer Kirchendiener und Forstbeamten.
Rechnungsablage 1884/85.

Einnahme an Beitrag 3541,42 M.
Cassenbestand des vorigen Jahres 7653,47 M.
Einnahme von Zinsen 290,31 M.
Summa 11 485,20 M.
Ausgabe an Postporto pp. 474,81 M.
desgl. " Drucksachen 18,50 M.
desgl. " Brandschäden 451,25 M.
Summa 944,56 M.
Cassenbestand 10 540,64 M.

Lübtheen, den 16. Oktober 1885.

Rosenwanger.       v. Stark p.       L. Hennings.
Revisoren.                           Cassier.     


Feuerversicherungsverein

Mecklenburgischer Kirchendiener und Forstbeamten.
I. ordentliche Generalversammlung Dienstag, den 17. November, Mittags 12 Uhr zu Schwerin Stern's Hotel.

Tagesordnung:

1. Bericht. Rechnungsablage. Liberatorium.
2. Aenderung der Beitragssimpla und der Beitragspflicht. Erhöhung des Reservefonds.
3. Kündigungsrecht des Vorstandes.
4. Versicherung auf kurze Zeit.
5. Zusatz zu §. 16 der Statuten betreffend Verweigerung der Annahme von Postnachnahme.
6. Mankogeld für den Rechnungsführer.
7. Abhaltung der Generalversammlung statt im Herbst im Frühling.
8. Neuwahl zweier Vorstandsmitglieder. Neuwahl der Revisoren und deren Substituten.
Lübtheen, den 23. October 1885.

Der Vorstand.         


Sonntag, den 1. November cr.:

Concert
der Günther'schen Bergkapelle. Nach dem Concert
BALL.
Entree à Person 50 Pfennig (Mecklenburg).                                                     Anfang 7 Uhr.
Schönberg.                                                     J. Köster Ww.


Zum Ball
am Freitag, den 30. October ladet
freundlichst ein                                                    J. Wienck,
Sülsdorf b. Selmsdorf.                                                Gastwirth.     


Ein Knabe,

der Lust hat das Schuhmacherhandwerk zu erleben, kann Ostern in die Lehre treten bei

                                                    Schuhmachermeister J. Bruhn,
                                                    Carlow.


Winter-Mäntel

für Damen u. Kinder, in den neusten Facons und solidesten Stoffen, ganz vorzüglich sitzend empfiehlt in großartiger Auswahl zu den billigsten Preisen das

Manufakturwaaren- u. Confektion-Geschäft
von
Hugo Zünkel.
Lübeck, Schüsselbuden 32, hinter der neuen Post.


Das bedeutende
Bettfedern-Lager
Harry Unna in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme
(nicht unter 10 Pfund) gute neue
Bettfedern für 60 Pfennig

das Pfund, vorzüglich gute Sorte für M. 1.25, prima Halbduunen nur M. 1.60.
Verpackung zum Kostenpreis. Bei Abnahme von 50 Pfund 5 pCt. Rabatt. Umtausch gestattet.


Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


Am Mittwoch, den 28. October fahre ich mit meinem Omnibus nach dem

Ratzeburger Viehmarkt

Abfahrt von hier Morgens 5 1/2 Uhr,
Abfahrt von der Neuen Welt Morgens 7 Uhr.

L. Schütt.         


Am Mittwoch, den 28. October fahre ich mit meiner Braeck nach dem

Ratzeburger Viehmarkt.

Abfahrt von Schönberg Morgens 5 Uhr.

M. Köster.         


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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