No. 81
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. Oktober
1885
fünfundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1885 Nr. 81 Seite 1]

                 Der Schlachtermeister August Buschow hieselbst beabsichtigt, auf dem Grundstück Nr. 34 vor der Sabower Straße allhier Schlächterei zu betreiben und hat bei Einreichung eines bezüglichen Situationsplans die obrigkeitliche Erlaubniß hierzu nachgesucht.
                 Indem wir dies in Gemäßheit des § 16 der Gewerbeordnung zur allgemeinen Kenntniß bringen, ergeht hierdurch die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die neue Anlage binnen 14 Tagen bei uns anzubringen.
                 Schönberg, den 16. October 1885.

Großherzoglich Meckl. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Die Nachrichten, welche heute von der Balkanhalbinsel vorliegen lauten ungemein ernst. In Serbien, Griechenland und Bulgarien wird in fieberhafter Eile gerüstet und auch die Pforte bietet Alles auf, um von den Ereignissen, die eintreten können, nicht überrascht zu werden. Man scheint von Seiten der Balkanvölker entschlossen, den Drohungen der Großmächte nicht nachzugeben, und diese scheinen unter sich nicht einig zu sein, so daß von einem gemeinsamen Vorgehen nicht wohl die Rede sein kann. Griechenland und Serbien weigern sich, die Union in Bulgarien anzuerkennen, wenn sie nicht irgend eine Entschädigung erhalten. Fürst Alexander aber hat in einer Ansprache, die er in Philippopel an mehrere vornehme Bulgaren gehalten hat, gleich nach drei Seiten hin Front gemacht, ein Kunststück, das ihm sobald nicht nachgemacht werden wird. Er sagte unter anderem:
"Sollte die Conferenz die bulgarische Union nicht anerkennen, so bin ich bereit, für diese Idee auf dem Schlachtfeld zu fallen. Entweder wird Bulgarien vereinigt bleiben oder meine Gebeine werden in diesem Land begraben werden. Ich beuge mich weder vor dem Willen Europas, wenn derselbe gegen uns ist, noch weiche ich vor den türkischen Waffen. Europa und die Türkei sollen sehen, daß aus einer von einer heiligen Idee beseelten Nation ein furchtbarer Feind wird. Ist Rußland mehr gegen mich als gegen die Vereinigung, so bin ich bereit, abzudanken."
Die serbische Armee, die bei Nisch lagerte, hat sich gegen Ak=Palanka und Leskewatz in Bewegung gesetzt. Ersteres liegt auf der Straße nach Sofia, letzteres südlich von Nisch. Darüber, was die Botschafter der Mächte inzwischen treiben, liegen verschiedene Nachrichten vor, die neueste lautet, der frühere Zustand solle in Bulgarien wieder hergestellt und die Türkei mit der Durchführung dieser Aufgabe betraut werden.
Die Griechen sind toll. Ihr Gesandter in Konstantinopel hat der Pforte erklärt, die griechischen Truppen würden in Macedonien einrücken, wenn der alte Zustand in Rumelien nicht alsbald wieder hergestellt werde. Zwischen Serbien und Griechenland soll ein Vertrag zum Zweck gemeinsamen Vorgehens abgeschlossen worden sein. Eine Collectivnote der Mächte wird Serbien und Griechenland zur Abrüstung auffordern. Die Note ist angeblich bereits von Oesterreich unterzeichnet. Eine türkische Abtheilung soll in Salonichi, eine andere in Sofia einrücken.


- Schönberg. Die Feier des Geburtstages unseres Großherzogs gestaltete sich in diesem Jahre gewissermaßen zu einer außerordentlichen, da der hiesige Kriegerverein die Einweihung der von Sr. Königlichen Hoheit dem Verein allergnädigst verliehenen Fahne damit verbunden hatte. Ein Zapfenstreich am Abend vorher und die Reveille am Morgen leiteten das Fest ein; die Häuser der Stadt und die auf dem Markte aufgerichteten Flaggenstangen schmückten sich mit Fahnen und Wimpeln; ein festlicher Zug empfing die Deputation des Klützer Kriegervereins mit ihrer Fahne und geleitete sie sowohl, wie die Fahne des hiesigen Kampfgenossenvereins und den Vorstand desselben nach dem Vereinslokale, dem Gasthause des Herrn Boye. Hier wurden die Gäste von nah und fern (aus Neustrelitz war vom Verbandspräsidium Herr Dr. Zander erschienen) beim Frühschoppen begrüßt, und frische Marschmusik und die alten Vaterlands= und Soldatenlieder erhöhten die fröhliche Stimmung. Der feine Sprühregen, welcher den ganzen Tag anzuhalten drohte, hörte glücklich etwa eine Stunde lang auf, als gegen zwei Uhr die Vereine auf den Markt rückten und um die zu diesem Zwecke erbaute Tribüne Aufstellung nahmen. Die vor Spehr's Hotel versammelten Ehrengäste traten hierauf in den Kreis, und nachdem die Musik den Choral: "Ein' feste Burg ist unter Gott", angestimmt, bestieg Herr Pastor Kämpffer die Tribüne, um in ergreifenden Worten auf die Bedeutung der Fahne selbst und auf ihre Inschrift: "Mit Gott für Fürst und Vaterland" hinzuweisen. Am Schlusse seiner Rede weihte der Herr Pastor die Fahne feierlich ein. Nach einem weiteren Choralverse betraten dann der Vorsitzende und der Schriftführer des Kriegervereins, welche als Deputirte die Fahne von Sr. Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzoge abgeholt hatten, mit derselben die Tribüne, und ersterer sprach einige Worte über die dem nun folgenden Akte voraufgegangenen und mit ihm verknüpften Ereignisse, befestigte eine vom Woldegker Kriegervereine gewidmete silberne Schnalle an dem Fahnenschafte, nahm vom Vorsitzenden des Kampfgenossenvereins, dem Herrn Dr. M. Marung, einen von diesem Vereine der Fahne gestifteten Lorbeerkranz dankend entgegen, schwenkte darauf die Fahne zum ersten Male über dem Verein und übergab sie unter dem Donner von 21 Kanonenschüssen und den brausenden Hochs der Versammlung auf Se. Königliche Hoheit den Großherzog dem Fahnenträger. -Ein Diner von über 160 Gedecken vereinte von 3 Uhr ab in dem festlich geschmückten, neuen Saale des Herrn Boye alle Stände; und derselbe Saal vermochte am Abend

[ => Original lesen: 1885 Nr. 81 Seite 2]

die Tanzlustigen fast nicht zu fassen, die hier bis zum Schluß des Festballes in kaum verminderter Zahl in harmloser Fröhlichkeit beisammen blieben.
- Am letzten Sonnabend ist vor dem Großherzogl. Amtsgerichte zu Gadebusch das Testament des verstorbenen Gutsbesitzers Grieffenhagen auf Rosenhagen eröffnet worden. Der Verstorbene hat, wie man der "M. Z." mittheilt sein gesamtes Vermögen, bestehend aus einem schuldenfreien Gute und ungefähr 475 000 M. an Werthpapieren zur Gründung einer Stiftung bestimmt, aus deren Zinsen alte hülfsbedürftige Personen eine Unterstützung von je dreißig Mark jährlich erhalten sollen; außerdem erhält jeder seiner Tagelöhner nach seiner Wahl entweder 200 Quadratruthen Acker zum Aufbau einer Häuslerei oder 600 M.
- Auch ein Vergnügen! Im Bremer Stadttheater hatte sich der über der Bühne befindliche Riesel=Apparat in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch von selbst in Thätigkeit gesetzt und bewährte sich so ausgezeichnet, daß die Bühne und der darunter liegende Keller bald vollständig unter Wasser standen. Die herbeigerufene Feuerwehr beendete das mit durchschlagendem Erfolg begleitete "erste Auftreten" des Apparats, von dem man nun mit Gewißheit voraussetzen kann, daß er auch in der Stunde der Gefahr seine Schuldigkeit thun werde.
- Nicht übel! Der Ehevertrag zwischen dem Erbgroßherzog von Baden und der Prinzessin Hilda von Nassau wurde von dem Präsidenten Regenauer von badischer Seite mit einem Beamten des Nassauer Fürstenhauses in Heidelberg abgeschlossen. Als nun jüngst in Karlsruhe fast all die schönen Festtage verregneten, entstand dort das Witzwort: Wie kann es auch anders sein, wenn Regenauer mit einem Nassauer den Vertrag macht!
- Die Berliner haben halt böse Zungen. Lieschen Rother hat nicht nur an Professor Graef, sondern auch an den bekannten Kaufmann Rudolf Hertzog Bettelbriefe geschrieben. Nun sagen die Berliner, sie habe nicht nur "ein gräfliches, sondern sogar ein herzogliches Verhältniß" haben wollen. Der Mutter Rother aber, die mit dem Droschkenkutscher Ihlow in wilder Ehe gelebt hat, haben sie den Spitznamen "die Venus von Ihlow" gegeben.
- Alle Zeitungen werden um Abdruck folgender Notiz gebeten deren Inhalt an die verklungene Geschichte von Kaspar Hauser erinnert. Auf der Insel Jersey an der Küste von Frankreich ist im Herbst 1883 ein junger Mann gefunden worden, der durchaus keine Auskunft über sich geben kann. Er mag von 18 bis 20 Jahre alt sein, ist groß, hat dunkles Haar, helle Gesichtsfarbe und graue Augen. Zeigt man ihm Gegenstände, so bringt er mit Mühe einige Worte hervor, die deutsch sind. Sollte ein solcher Mensch irgend vermißt worden sein, so werden seine Freunde dringend ersucht, sich sofort an die beifolgende Adresse zu wenden. Menschliche Barmherzigkeit bittet um gefälligen Nachdruck dieser Anzeige in allen deutschen Zeitungen, so daß der Unglückliche seine Heimath wiederfinden möge. T. H. 40. Belmont road, St. Heliers Jersey Channel Island.
- In Leipzig im Zoologischen Garten gab es dieser Tage eine aufregende Scene. Freund Braun, der Bär, hatte sich mit seiner Gattin veruneinigt, gerieht mit ihr in's Raufen und würgte sie, ehe man es verhindern konnte, ab. Damit aber noch nicht genug, machte er sich auch noch daran, seine todte "bessere Hälfte" zu verzehren. Nur mit Mühe konnte der Cadaver dem wüthenden Thier entrissen werden.
- Ihres Pelzwerkes wegen erschien dieser Tage die bekannte Schauspielerin Sarah Bernhardt vor dem Pariser Civiltribunal als Klägerin gegen den Kürschner Bardot. Die Künstlerin hatte zu Beginn der Sommersaison dem Mann ihre gesammten Pelzwaaren zur Aufbewahrung übergeben; nun erzählte sie dem Ritter ihr Leid. Die Motten haben die kostbaren Stücke verzehrt. Auf die Frage, welche Entschädigungssumme die Künstlerin beanspruche, sagte Madame Bernhardt schluchzend: "Ich verlange nichts, denn welchen Ersatz könnte man mir auch für einen Zobelmantel bieten, wie einen zweiten nur die Zarin besitzt; was sollte mich über den Verlust eines Entrées mit Silberfuchs trösten, das ich einst der Baronin Rothschild vor der Nase weggekauft habe? Muß ich Ihnen weiter von meinen Garnituren aus Hermelin, Blaufuchs und anderem erzählen? Ihnen die kostbaren Eisbärdecken schildern, die mir in Kanada von einer Jägerdeputation überbracht wurden? Nein, verurtheilen Sie den Mann zu irgend einer Strafsumme für die Armen, mir kann er auch nicht den tausendsten Theil von dem ersetzen, was seine Gewissenlosigkeit mir geraubt hat." Herr Bardot mußte denn auch Zweitausend Francs für die Armen erlegen, die Künstlerin aber sieht fröstelnd dem Winter ohne Pelz entgegen.
- Ein französischer Portraitmaler, Penali mit Namen, hatte sich vor kurzem in Lyon mit einer reichen, schönen Fabrikantentochter, Fräulein Minnie Bernard, verlobt. Die Hochzeitstoiletten waren bereits bestellt, der Tag für die Trauung war festgesetzt. Vor einigen Tagen sagte Penali zu seiner Braut: "Ich hoffe, Du bist meiner Dir bekannten Antipathie entgegengekommen und hast all' die Kleider ohne Tournure bestellt." Fräulein Bernard lachte und sagte: "Ehe ich ein Brautkleid ohne Tournure trage, lege ich es lieber gar nicht an." Der Künstler machte darauf eine kleine Scene, in der er der Braut die Wahl zwischen seiner Liebe und der Tournure ließ und, als sich die junge Dame für die letztere entschied, trat er noch am selben Abend eine Reise nach Aegypten an.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Pogetz sub No. VII belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Hans Jochen Robrahn daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 24. October 1885,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 31. Juli 1885.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

A. Dufft.         


In Sachen betreffend die Zwangsversteigerung der dem Hufner D. Lepthien zu Lüdersdorf gehörigen daselbst sub Nr. VI belegenen Halbstelle c. p. ist in dem am 25. September cr. abgehaltenen Termine sofort zu Protocoll das Ausschlußurtheil erlassen und verkündet worden,

daß alle Diejenigen, welche dingliche Rechte und Ansprüche an das Grundstück und an die zur Immobiliarmasse desselben gehörenden Gegenstände haben, soweit diese Rechte und Ansprüche nicht von der Anmeldungspflicht ausgenommen oder bisher angemeldet sind mit diesen ihren Rechten und Ansprüchen ausgeschlossen sein sollen,
was hierdurch gemeinkundig gemacht wird.
Zugleich wird der auf

Freitag, den 23. October 1885,
Vormittags 11 Uhr

[ => Original lesen: 1885 Nr. 81 Seite 3]

angesetzte Ueberbotstermin mit dem Bemerken in Erinnerung gebracht, daß in dem ersten Verkaufstermin ein Bot überall nicht abgegeben worden ist.
Schönberg, den 16. October 1885.

Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

H. Diederich.         


Der Schneider Johann Vallbracht, geboren am 12. September 1850 zu Alraft, Kreis Eder, zuletzt in Schönberg, wird beschuldigt, - als Wehrmann der Landwehr - ohne Erlaubniß ausgewandert zu sein, Uebertretung gegen § 360 No. 3 des Strafgesetzbuches.
Derselbe wird auf

Freitag, den 6. November 1885,
Vormittags 10 Uhr

vor das Großherzogl. Schöffengericht zu Schönberg i/M. zur Hauptverhandlung geladen.
Bei unentschuldigtem Ausbleiben wirb derselbe auf Grund der nach § 472 der Strafprozeßordnung von dem Großherzogl. Landwehr=Bezirks=Commando zu Neustrelitz ausgestellten Erklärung verurteilt werden.
Schönberg, den 17. September 1885.

Die Großherzogliche Staatsanwaltschaft.
(gez.) H. Fölsch.
                                                    Beglaubigt
                                                    Schnell, Protocolist.


Der Schlachter Ludwig Johann Adolph Rewohl, geboren am 27. August 1855 zu Schwerin, zuletzt in Schönberg i./M., wird beschuldigt, als Ersatzreservist erster Klasse ausgewandert zu sein, ohne von der bevorstehenden Auswanderung der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben, - Uebertretung gegen §. 360 No. 3 des Strafgesetzbuchs.
Derselbe wird auf

den 6. November 1885,
Vormittags 10 Uhr,

vor das Großherzogl. Schöffengericht zu Schönberg i./M. zur Hauptverhandlung geladen.
Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach §. 472 der Strafprozeßordnung von dem Großherzogl. Landwehr=Bezirks=Commando zu Schwerin ausgestellten Erklärung verurtheilt werden.
Schönberg, den 5. September 1885.

Der Großherzogl. Amtsanwalt.
H. Fölsch.


Am Donnerstag, den 22. October, Vormittags 10 Uhr, werde ich auf dem Lüdersdorfer Bahnhof

42 Kiepentannen

öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkaufen.

                                                    F. Willms
                                                    Herrnburg.


Gestern Abend 10 1/2 Uhr entschlief sanft mein lieber Mann und unser guter Vater, Schwiegervater und Großvater Chr. Spehr im 66. Lebensjahre.

                                                    E. Spehr geb. Siebenmark,
                                                    nebst Kindern und Schwiegersohn.

Die Beerdigung findet am Donnerstag, d. 22. d. M. nachmittags 2 1/2 Uhr statt.


Hamburg - Amerika.
Jeden Mittwoch und Sonntag nach New-York
Schiff
mit Post=Dampfschiffen der
Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft
Auskunft und Ueberfahrts=Verträge bei           
Friedr. Frick in Röbel.


Ein weißer rauher Schafbock

hat sich zwischen meiner Heerde angefunden. Der rechtmäßige Eigenthümer kann denselben gegen Erstattung der Kosten wieder abholen.
Hof=Wahrsow, den 15. October 1885.

G. Hörcher.         


Waffen

(Prämiirt auf der Hamburg-Altonaer Internationalen Ausstellung 1869 mit der grossen silbernen Medaille.)
Revolver in allen Systemen u. Größen, in Lefaucheux, Centralfeuer u. Randfeuer, (letztere auch echt amerikanische), Büchsflinten, Pürschbüchsen, Entenflinten, Vorder- und Hinterlader-Scheibenbüchsen, Flobert-Salonbüchsen (Techins), in den neuesten Systemen Zimmerstutzen, Gartenbüchsen, Bolzenbüchsen, Luftgewehre, Luftpistolen, Stockflinten in Lefaucheux und Centralfeuer, Schiess-Spazierstöcke neuester Construction, Lefaucheux-Pistolen, Terzerole, Flobert-, Salon- und Scheibenpistolen, Revolver-Todtschläger mit Dolch; Lebensvertheidiger, Schlagringe, Dolch- und Degenstöcke, Dolchmesser, Dolche, Säbel, Degen, Hirschfänger, Jagdmesser, Fechterklingen- und Utensilien, Schiess-Scheiben, Patronen, Patronenhülsen, Patent-Jagdschrot (Hagel), Schiesspulver, Zündhütchen und Munition aller Art (auch Raketen) zu allen Schußwaffen, sowie sämmtliche Jagd-Artikel und Requisiten für Jäger, etc. etc., empfiehlt die Waffenfabrik von

F. W. Ortmann in Solingen.
Preislisten versende franco und gratis.


Das bedeutende
Bettfedern-Lager
Harry Unna in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme
(nicht unter 10 Pfund) gute neue
Bettfedern für 60 Pfennig

das Pfund, vorzüglich gute Sorte für M. 1.25, prima Halbduunen nur M. 1.60.
Verpackung zum Kostenpreis. Bei Abnahme von 50 Pfund 5 pCt. Rabatt. Umtausch gestattet.


Die Schulgelderhebung.

findet in den nächsten beiden Wochen - vom 19. bis 31. October - statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.

J. Wegner.         


Wohnungsveränderung.

Von jetzt an wohne ich bei dem Herrn Böttchermeister Möller in der Lübeckerstraße, neben Schwedt. Ich empfehle mich auch fernerhin mit allen sämmtlichen Haararbeiten als : Flechten, Blumen, Ketten, Ringe u. s. w. Flechten zu färben, auch Farbe für graue Haare.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Frau Söhlbrandt.


Eine Kuh,

welche 7 Jahr alt und 14 Tage vorm Kalben steht und welche als Leinen=Kuh für Pflug, Wagen und Egge eingelernt, ist von mir zum Verkauf zu empfehlen.

Roduchelstorf.                                                     L. Peters, Büdner.


Zahnschmerzen aller Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.       


Zugelaufen vor ca. 8 Tagen

ein Schafbock,

den der Eigenthümer gegen Erstattung der Kosten zurückerhalten kann beim

                                                    Hauswirth Ollrogge,
                                                    in Boitin=Resdorf.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 81 Seite 4]
Mädchen-Jacken. Grösstes Lager Lübecks

Eröffnung der Herbst- und Winter-Saison.
-----------------------
Feste Preise! Die
Berliner
Streng reelle Bedienung!
Damen-Mäntel-Fabrik
von
M. Jacoby
Breitestraße 51 LÜBECK Breitestraße 51
empfiehlt zur bevorstehenden
Herbst- und Winter-Saison
ihr reichhaltigst sortirtes, mit allen Neuheiten der Saison ausgestattetes Lager
von
Regen- und Winter-Mänteln
vom einfachsten bis hochelegantesten Genre in nur soliden Stoffen, geschmackvoller Ausführung und hervorragend sauberer Arbeit zu billigsten Preisen.
Jede Façon, jede Grösse stets vorräthig.
Ohne Preisangabe ganz erheblich billiger als jede Concurrenz.
Regen- und Winter-Kindermäntel
in allen Grössen zu denkbar billigsten Preisen.

Breitestrasse 51
Abend-Mäntel.


Fleisch-Extract
2 goldene Medaillen
Schutzmarke Fleisch Extrakt
Das reinste und gehaltvollste von alten Sorten Fleisch-Extract.                          
                                                    General-Vertreter
                                                    Ferd. Köhler,
                                                    grosse Altefähre 35, Lübeck.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1885 Nr. 81 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 81 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 20. October 1885.


Der Commodore Paschen, der seine Sache vor Sansibar so gut gemacht hat, daß nicht ein einziger Schuß zu fallen brauchte und der Sultan doch in allen Stücken nachgab, ist außer der Reihe zum Contreadmiral befördert worden. Man sagt, das habe er Bismarck zu verdanken, der ihm diese Auszeichnung verschafft haben soll.
Straßburg rüstet sich zum Empfang des neuen Statthalters Fürsten Hohenlohe. Sämmtlich dort bestehenden Vereine, etwa 20 an Zahl, werden dem Fürsten einen Fackelzug bringen. Der Tag der Ankunft ist noch nicht bestimmt.
Das neue Reichstags=Gebäude in Berlin wächst nun bereits über die Erde hinaus, die Fundamentirung ist fertig.
Der preußische Fiskus hat nun auch gegen Herrn Dirichlet Klage erhoben auf Herausgabe von 2000 M., die derselbe an "Diäten" bezogen haben soll. Das wird "dem Bauern Dirichlet, wie er sich selbst zu nennen pflegt, nicht angenehm sein.
Assessoren und Referendare gibt's in Preußen zwar noch nicht ganz so viel wie Sand am Meer, aber trotzdem ist ihre Zahl eine zu große. Zu Ende Juni gab's 1010 von ersteren und 3839 von letzteren. Im Jahre 1884 war die Zahl der Assessoren 894. Im Jahr 1874 dagegen gab's nur 271 Assessoren und 1744 Referendare. Darauf kann sich ein jeder selbst einen Vers machen.
Die französische Regierung ist vorurtheilsfrei genug, dem neuen Statthalter in Elsaß=Lothringen, Fürsten Hohenlohe, dem bisherigen deutschen Botschafter in Paris, im offiziösen "Temps" einen warmen Nachruf widmen zu lassen. Das ist freundlich von den Herren in Paris.
Also die Sorge um einen neuen Präsidenten für die Republik wäre man in Frankreich los. Beliebt's den Herren, so können sie den alten, Herrn Jules Grévy, der in der That ja noch ganz gut ist, behalten. Er hat dem Ministerium die Erklärung zugehen lassen, daß er mit Ablauf seiner Amtszeit wieder Kandidat für die Präsidentschaft sein werde. Der Congreß soll schon gegen Mitte Dezember zusammentreten, damit der Lärm der Präsidentschaftswahl vor dem Weihnachtsfest noch vorüber ist.
Die stolzen Spanier grollen. Sie sind von dem Inhalt der letzten deutschen Note nur sehr wenig befriedigt und meinen, der Ton und die Forderungen derselben ständen mit den freundschaftlichen Versicherungen Deutschlands in direktem Widerspruch. Sie hoffen nun, daß der Papst gerechter gegen das beleidigte Spanien verfahren werde. Von den Karolinen sind direkte Nachrichten noch immer nicht eingegangen, über die dortigen Vorgänge weiß man also auch heute noch nichts Bestimmtes.
Großer Krieg zwischen Ministerium und Volksvertretung in Dänemark. Das Ministerium hatte ein provisorisches Finanzgesetz vorgelegt; das Folkething, die zweite Kammer, aber lehnte es mit 79 gegen 17 Stimmen ab, das Gesetz zu debattiren und darauf erhoben sich die Herren Minister und verließen das Lokal. Was nun?
Hinten hängt die Knute, das ist in wenig Worten die ganze Wahrheit der russischen inneren Politik. Ein Ukas untersagt jegliche Feier der 25jährigen Wiederkehr irgend eines historischen Ereignisses, gleichviel welches es sei. Und warum, wenn man fragen darf? Weil sich einige Querköpfe so weit vergessen haben, den im Februar herankommenden 25sten Jahrestag der Aufhebung der Leibeigenschaft feierlich begehen zu wollen!
Gravil Pascha Chrestowitsch, der einstige Gouverneur von Ost=Rumelien, ist in Konstantinopel angelangt. Also haben die Bulgaren ihn freigegeben. Behalten aber haben sie Drigalski=Pascha, von dem sie wahrscheinlich mehr befürchten, wie von dem alten Gavril, der mit ihnen unter einer Decke gesteckt haben soll.


- Professor Graef soll sein "Märchen", obschon das Bild noch nicht vollendet ist, für 30 000 Mk. verkauft haben. Im Uebrigen soll er mit Aufträgen so überhäuft werden, daß der unangenehme Prozeß für ihn einen durchaus nicht unangenehmen metallischen Nachgeschmack bekommt.
- Der Flickschneider Michiels in Alost in Belgien hantirte eben an einer alten Hose, da trat ein Herr ein, zog seinen Rock aus und sagte, bitte, flicken Sie mir einen Knopf an, er ist unterwegs abgesprungen. Während der Schneider flickte, sah sich der Fremde in der Stube um und blieb vor einem alten Bild stehen, das verstaubt und verräuchert in der Ecke hing. Endlich nahm er's von der Wand, trug's an das Fenster und fragte: Woher haben Sie das Bild? - In der Auktion gekauft für einen Frank; es hat's Niemand haben wollen! So? Wissen Sie, daß Sie einen Schatz haben? Das Bild ist ein echter Rubens, da steht des Künstlers Zeichen und da die Jahreszahl: 1614. So war's, das Bild ist echt und stellt Christus dar, wie er die Welt segnet. Große Gebote sind dem Schneider bereits gethan, der nun den abgesprungenen Knopf und den ehrlichen Fremden segnet.
- Ein Referendar in Annaberg war außer sich, denn er hatte aus seinem früheren Wohnort einen Brief erhalten mit der Bemerkung des Briefträgers: "Adressat ist jetzt in Annaberg Hausknecht." Er verklagte den Briefträger bei seiner vorgesetzten Behörde und nun kam heraus, daß der Briefträger selber - Hausknecht hieß. Er hatte nur den Punkt zwischen dem Vermerk und seinem Namen vergessen; es sollte nämlich heißen: "Adressat ist jetzt in Annaberg. Hausknecht." Die Injurienklage löste sich in allgemeine Heiterkeit auf.
In Gotha wird demnächst, wie die Magdeburger Ztg. berichtet, der Injurienrichter darüber zu befinden haben, ob es einen Mann beleidigt, wenn ein Mädchen ihn ohne seinen Willen küßt. Ein dortiger ehrsamer Rentner ist beim Scat neulich in die Lage gerathen, daß eine Kellnerin im Uebermuth ihm einen Kuß auf die Wange gab. Obwohl allseitig die Sache als ein harmloser Scherz aufgefaßt wurde, so hat der biedere Rentner doch in Anbetracht der Scene, die ihm seine bessere Hälfte zu Hause machte, als sie von der Geschichte erfuhr, die Beleidigungsklage gegen die kußlustige Hebe angestrengt.
- Der höchste Schornstein der Welt befindet sich auf der Bleihütte des Mechernicher Bergwerksactienvereins. Dort ist am 19. September ein Schornstein fertig gestellt worden, der 134,6 Meter hoch ist. Da der berühmte Schornstein der chemischen Fabrik St. Rollox zu Glasgow eine Gesammthöhe von nur 132,5 Meter hat, so dürfte die Ehre des Besitzes des höchsten Schornsteins nunmehr Deutschland zufallen.
- Wie viel eigentlich eine Million ist, das hat sich Mancher noch nicht so recht klar gemacht. Legt man eine Million Fünfmark=Scheine auf einander, so erhält man einen Pack von 250 Fuß, und doch ist dabei angenommen, daß hundert Fünfmark=Scheine ein Päckchen von nur 1/4 Zoll ergeben; 1000 Stück würden 2 1/2 Zoll auftragen, 100 000 Stück 25 Fuß, 1 000 000 Stück 250 Fuß; oder nehme man an, ein Mensch hätte jede Stunde seines Lebens, von seiner Geburt an, Tag und Nacht gleich durchgerechnet, einen Thaler zu verzehren, so würde dieser Mensch, wenn er das seltene Alter von hundert Jahren erreichte, bei weitem noch keine Million in dieser langen Zeit verbraucht haben; 1 Stunde 1 Thaler, 1 Tag 24 Thaler, 1 Jahr 8760 Thaler, 100 Jahre 876 000 Thaler.
- Ein bedauerlicher Unglücksfall hat sich am

[ => Original lesen: 1885 Nr. 81 Seite 6]

Mittwoch Nachmittag um 5 Uhr in Hamburg ereignet. An der Ecke der Caffemacherreihe in der Nähe des Speckplatzes stürzte plötzlich ein 4stöckiger Neubau zusammen. Die Richtfeier hatte am vergangenen Sonnabend stattgefunden. Von der Feuerwehr, die sofort mit den Rettungsarbeiten beauftragt wurde, sind bis zum Abend 2 Todte und 2 schwer Verwundete aus den Trümmern hervorgezogen worden. Man vermuthet, daß sich noch 6 Personen unter den Trümmern befinden.
- Der "geschlachtete" Knabe in Bochum stellt sich als eine Ente heraus; die ganze Schauergeschichte ist bis auf eine Prügelei, die unter 3 Knaben thatsächlich stattgefunden hat, nicht wahr gewesen.
- In Wiesbaden ist 92 Jahre alt Oberstlieutenant Müller gestorben. Er war der letzte Deutsche, der bei Waterloo 1815 gekämpft hat. Im deutsch=dänischen Feldzug hat er am 5. April 1849 mit seiner Sechspfünderbatterie das dänische Kriegsschiff Christian VIII. in Brand geschossen, so daß es in die Luft flog, und sodann die "Sesion" durch Zerstörung des Steuerruders kampfunfähig gemacht.
- Fürst Bismarck hat seine Photographie dem Präsidenten Cleveland übersendet. Es ist das bekannte Bild des Fürsten in Kürassieruniform, von einem höchst geschmackvollen Rahmen umgeben und mit einer eigenhändigen Widmung des Reichskanzlers versehen. Präsident Cleveland äußerte seine besondere Freude über das Geschenk und beabsichtige dasselbe mit seiner Photographie in gleichem Rahmen zu erwidern. Er hat das Bild des Fürsten in seinem Arbeitszimmer über dem Schreibtisch aufgehängt.
- Für Junggesellen und solche, die so kühn sind, es nicht bleiben zu wollen, bringt die Berliner Volkszeitung eine gelungene Travestie des Hamlet=Monologes. Nachdenklich, unentschossen, düster betritt der Junggeselle die Bühne und spricht:
      Fre'in - oder nicht frein - das ist hier die Frage!
      Ob's edler Seelen würdiger, dies Elend
      Des Junggesellenstandes schweigend weiter
      Zu tragen oder mit entschlossener Kühnheit
      Es abzuschütteln. - Sich verloben - weiter nichts
      Und sich zu sagen, daß wir damit enden
      Das Kneipenleben und die Unsolidität,
      Die unsres Fleisches Erbteil - 's ist ein Ziel
      Aufs Innigste zu wünschen. - Sich verloben -
      Verloben? - doch heirathen auch - da liegt's!
      Was nach der Hochzeit Alles kommen mag!
      Das ist es! Ja, da stutzen wir, und diese
      Erwägung ist's, die zu so hohen Jahren
      Als Junggesell uns kommen läßt; denn wer
      Ertrüge all die Unbill dieses Standes,
      Wie abgeriss'nen Knöpfe und die Löcher
      In allen Strümpfen - den vergess'nen Sslips,
      Die schiefgeknöpfte Weste - all das Unrecht,
      Das von unwürd'gen Wirthinnen muß dulden
      Der friedliche Chambregarnist, wenn er
      Sich den befreienden Entlassungsschein
      Mit einem Gang zum Altar schreiben könnte!
      Wer würde alle diese Lasten tragen,
      Wenn nicht die Furcht vor etwas nach der Hochzeit,
      Vor dem Pantoffel unsren Willen lähmte
      Und machte, daß wir lieber jene Qualen
      Ertragen, als zu unbekannten fliehn.
      So macht uns die Erwägung all zu Memmen
      Und des Entschlusses angeborner Frische
      Wird des Gedankens Blässe angekränkelt.
      Doch komme, was da kommen mag, ich wag' es!
      Nicht länger trag' ich dieses schnöde Dasein -
      Ich nehme mir ein Weib, und dieses Weib
      Sei Grete, und jetzt ist's beschlossene Sache.
      Auf meine Knappen! Mampe! Caliban!
      Zäumt mir mein Dänenroß, reicht mir mein Schwert,
      Ich gehe einen schweren Kampf zu kämpfen,
      Allein auf meiner Fahne schwebt der Sieg.
      Die Folgen fürcht' ich nicht, und mag die Wucht
      Mit der ihr reizendes Pantöffelchen
      Auf mir - dem unterlegnen Sieger - lastet
      Schwer sein, wie Pelion, Olymp und Ossa,
      Ich denke, diese Schultern werden's tragen!
- Wer sich in dem Wahn befindet, von dem vor einiger in St. Petersburg verstorbenen Baron Alexander v. Stieglitz, dem "russischen Krösus, noch etwas erben zu können, der ernüchtere sich schleunigst, es gibt nichts mehr. Alle Kosten, etwaige Erbansprüche geltend zu machen, sind zum Fenster hinausgeworfenes Geld, die Millionen des Herrn v. Stieglitz sind bereits vertheilt und die Besitzthümer des Verstorbenen sind in andere Hände übergegangen. Ex est voluptas, es ist in St. Petersburg nichts mehr zu holen.


Der eiserne Ring des eisernen Kanzlers.

Fürst Bismarck trägt an einem Finger einen großen eisernen Ring. Dieser Ring hat eine russische Inschrift; auf ihm ist das Wort "Nitschewo" (das thut nichts) eingravirt. Was es mit diesem Ringe und seiner Inschrift für eine Bewandtniß hat, das zu erfahren, ist dem Berliner Korrespondenten der "Petersburskij Wjedm." gelungen, der die Erklärung aus des Fürsten eigenem Munde erhielt und darüber seinem Blatte, unter dem Hinzufügen, daß der Ring eine gewisse politische Bedeutung habe, ungefähr Folgendes schreibt:
Im Jahre 1862, als der damalige Freiherr von Bismarck=Schönhausen noch Gesandter in Petersburg war, erhielt derselbe im Winter eine Einladung zu einer circa 100 Werst von Petersburg anberaumten kaiserlichen Jagd. Bismarck, als eifriger Jäger, fuhr bereits früher dorthin ab, um vor Ankunft des Kaisers auf eigene Hand zu jagen, verirrte sich und sah sich, als die Stunde des Rendezvous nahte, einem kleinen ihm gänzlich unbekannten Dörfchen gegenüber. Er konnte sich allenfalls russisch verständlich machen und fragte einen Bauern, wie weit es bis zu jenem Sammelplatze wäre?
"Zwanzig Werst", lautete die Antwort!
"Willst Du mich hinfahren?"
"Sehr gern, Herr!"
Wenige Minuten später saß der preußische Gesandte in einem kleinen mit zwei jämmerlichen Pferdchen bespannten Bauernschlitten und fuhr ab.
"Wirst Du mich auch noch zur Zeit hinbringen; ich habe es sehr, sehr eilig?" - fragte Bismarck seinen russischen Rosselenker.
"Nitschewo". - erwiederte dieser.
"Du hast ja Ratten vor Deinem Schlitten, aber keine Pferde warf der Ungeduldige ein, dem die Fahrt zu langsam ging.
"Nitschewo," accompagnirte der Bauer diesen Vorwurf, aber nunmehr ließ er die kleinen Pferdchen dermaßen ausgreifen, daß dem Insassen schier der Atem ausgehen wollte.
"Hallo, jetzt fährst Du ja wie ein Toller", meinte Bismarck jetzt, aber -
"Nitschewo", tönte es ihm entgegen!
"Du wirst noch umwerfen!" -
"Nitschewo", und bei diesen lakonischen "Nitschewos", als einzige Entgegnung auf alle Bemerkungen des Insassen, blieb es, bis - dieser plötzlich außerhalb des Schlittens im Schnee lag.
Auch jetzt sollte ihn wieder ein "Nitschewo" über den kleinen Unfall trösten, doch Bismarck, ärgerlich über die hervorgerufene Verzögerung und die Pomadigkeit des Bauern hatte die größte Lust, ein vom Schlitten losgegangenes Eisenstückchen, das ihm gerade zur Hand lag, auf dem Rücken desselben tanzen zu lassen, da - besann er sich eines Bessern, behielt das Eisenstäbchen zum Andenken und ließ sich später aus demselben jenen "Nitschewo=Ring" anfertigen, den er jetzt noch trägt.
So ungefähr lautet die kleine Geschichte des Ringes! Als Fürst Bismarck sie dem Korrespondenten erzählt, fügte er noch im weiteren Verlauf des Gespräches hinzu:
"Meine guten Deutschen machen mir oft den Vorwurf, daß ich Rußland gegenüber zu nachsichtig bin. Man muß aber bedenken, daß ich allein in ganz Deutschland die Gewohnheit habe, in kritischen Momenten "Nitschewo" zu sagen, während in Rußland hundert Millionen Menschen leben, die in gleichen Momenten allesamt das Wort "Nitschewo" im Munde führen."


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD